DAS ERSTE

[105] Ihr hattet augen trüb durch ferne träume

Und sorgtet nicht mehr um das heilige lehn.

Ihr fühltet endes-hauch durch alle räume –

Nun hebt das haupt! denn euch ist heil geschehn.


In eurem schleppenden und kalten jahre

Brach nun ein frühling neuer wunder aus ·

Mit blumiger hand · mit schimmer um die haare

Erschien ein gott und trat zu euch ins haus.


Vereint euch froh da ihr nicht mehr beklommen

Vor lang verwichner pracht erröten müsst:

Auch ihr habt eines gottes ruf vernommen

Und eines gottes mund hat euch geküsst.


Nun klagt nicht mehr – denn auch ihr wart erkoren –

Dass eure tage unerfüllt entschwebt ...

Preist eure stadt die einen gott geboren!

Preist eure zeit in der ein gott gelebt!

Quelle:
Stefan George: Der siebente Ring. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 6 / 7, Berlin 1931, S. 105.
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