DAS SECHSTE

[111] Du freudenbote führtest weiland

Durch einen winter grames voll

Mich in ein wunderbares eiland

Das ganz von blüt und knospe quoll.


Verborgne fülle deiner güter

Entdecktest du dem Einen hier

Und deine liebe ward dem hüter

Und deines eignen blühens zier.


Im hain rief wach der feierfrohe

Der erstlingsopfer fromme hast

Von deren frühgeschauter lohe

Im sinn mir blieb nur schwacher glast[112]


In trockne scheiter flog der bolzen

Des Helfers mit entflammtem schwung ·

Zerspaltne feuer all verschmolzen

Im streben nach vergöttlichung.


Ich sah vom berg aus ein erneuter

Wonach mein drang umsonst gefragt:

Das Fernenland – du warst der deuter

Da es aus nebeln mir getagt.


Rein blinkten unsre tempelbögen:

Du blicktest auf .. da floh voll scham

Was unrein war zu seinen trögen ·

Da blieb nur wer als priester kam ...


Nun dringt dein name durch die weiten

Zu läutern unser herz und hirn ..

Am dunklen grund der ewigkeiten

Entsteigt durch mich nun dein gestirn.

Quelle:
Stefan George: Der siebente Ring. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 6 / 7, Berlin 1931, S. 111-113.
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Sämtliche Werke in 18 Bänden. Bd. 6/7: Der siebente Ring
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