BOECKLIN

[13] Trompetenstoss mag aus- und einbegleiten

Umflitterten popanz und feisten krämer –

Die ziehst verschont von gnaden die entehren

Aus stiller schar der nah- und fernen frommen

Den sonnen zu. Dir winken ruh die Schöne

Der städte und Toskanas treue fichten

Und weiter an ligurischen gestades

Erglühtem fels das mütterliche meer.


Als damals hässlich eitle hast begann ·

Die glieder so verschnürt dass eins nur wuchre ·

DER unrat schürfte · DER den himmel stürmte:

Entflohest du des alltags frechem jubel:

»Was einzig hebt aus schlamm und schutt – ihr ehrt

Und kennts nicht mehr · dies kleinod reinster helle

Das alle farben strahlt rett ich zur fremde

Bis ihr entblindet wieder nach ihm ruft.«[14]


Ja wirklicher als jene knechteswelt

Erschufst du die der freien warmen leiber

Mit gierden süss und heiss · mit klaren freuden.

Du riefst aus silberluft und schmalen wipfeln

Aus zaubergrüner flut aus blumigem anger

Aus nächtiger schlucht die urgebornen schauer

Und vors gesims der lorbeern und oliven

Gelobtes land im duft der sagenferne.


Du gabst dem schmerz sein mass: die brandung musste

Vertönen · schrei durch güldne harfe sausen ·

Und steter hoffnung tiefste bläue wölktest

Du über öde fall und untergang ..

Dass heut wir leichten hauptes wandeln dürfen

Nicht arm im dunkel schluchzen war dein walten ·

Du nur verwehrtest dass uns (dank dir Wächter!)

In kalter zeit das heilige feuer losch.

Quelle:
Stefan George: Der siebente Ring. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 6 / 7, Berlin 1931, S. 13-15.
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