NACHTHYMNE

[31] Dein auge blau · ein türkis · leuchtet lange

Zu reich dem Einen · ich verharre bange.

Den kiesel tröstet deines kleides saum.

Kaum tröstet mich ein traum.[32]


Die alten götter waren nicht so strenge.

Wenn aus der schönen mutberauschten menge

Ein jüngling angeglüht von frommem feuer

Zu ihrem lobe liess des lichtes pfade:

So war das reine opfer ihnen teuer

So lächelten und winkten sie mit gnade.


Bin ich so ferne schon von opferjahren?

Entweiht mich süsses lüsten nach dem tode

Und sang ich nicht zu dröhnenden fanfaren

Der freudenliebe sonnen-ode?


Geruhe du nur dass ein kurzer schimmer

Aus deiner wimper brechend mich versehre:

Des glückes hoffnung misst ich gern für immer ·

Nach deinem preise schlöss ich meinen psalter

Und spottete dem schatten einer ehre

Und stürbe wertlos wie ein abendfalter.

Quelle:
Stefan George: Hymnen, Pilgerfahrten, Algabal. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 2, Berlin 1928, S. 31-33.
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Sämtliche Werke in 18 Bänden. Bd. 2: Hymnen. Pilgerfahrten. Algabal.
Hymnen: Pilgerfahrten ; Algabal (German Edition)