O Tod, o Tod, du greulichs Bild

[338] Nach Paul Röbers »O Tod, o Tod, schreckliches Bild«


1.

O Tod, o Tod, du greulichs Bild

Und Feind voll Zorns und Blitzen,

Wie machst du dich so groß und wild

Mit deiner Pfeile Spitzen?

Hier ist ein Herz, das dich nicht acht

Und spottet deiner schnöden Macht

Und der zerbrochnen Pfeile.


2.

Komm nur mit deinem Bogen bald

Und ziele mir zum Herzen;

In deiner seltsamen Gestalt

Versuchs mit Pein und Schmerzen:[338]

Was wirst du damit richten aus?

Ich werde dir doch aus dem Haus

Einmal gewiß entlaufen.


3.

Ich weiß, daß dir zerschlagen ist

Dein Schloß und seine Riegel

Durch meinen Heiland Jesum Christ;

Der brach des Grabes Siegel

Und führte dich zum Siegesschau,

Auf daß uns nicht mehr vor dir grau;

Ein Spott ist aus dir worden.


4.

Besiehe deinen Palast wohl

Und deines Reiches Wesen,

Obs noch anitzo sei so voll

Als es zuvor gewesen:

Ist Moses nicht aus deiner Hand

Entwischt und im gelobten Land

Auf Tabor schön erschienen?


5.

Wo ist der alten Heilgen Zahl,

Die auch daselbst begraben?

Sie sind erhöht im Himmelssaal,

Da sie sich ewig laben.

Des starken Jesus Heldenhand

Hat dir zersprengt all deine Band,

Als er dein Kämpfer wurde.


6.

Was solls denn nun, o Jesu, sein,

Daß mich der Tod so schrecket?

Hat doch Elisa Totenbein,

Was tot war, auferwecket:

Viel mehr wirst du, den Trost hab ich,

Zum Leben kräftig rüsten mich,

Drum schlaf ich ein mit Freuden.

Quelle:
Paul Gerhardt: Dichtungen und Schriften, München 1957, S. 338-339.
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