Paphos

[5] Dich, wo mein Herz, wenn es dich fühlet,

Froh, wie in seiner Heimath glüht,

Dich, Paphos, hab ich oft gespielet,

Sey du auch itzt mein reizend Lied.

Von deinen Blumen-Düften trunken,

Und ganz Gefühl für deinen May,

Lernt ich, hin auf dein Moos gesunken,

Daß ich beglückt, wie Amor, sey.


Hier bin ich, dem Geräusch entwichen!

Sey mir gegrüßt, balsamscher Hayn!

Ein ganzer Frühling von Gerüchen

Ladt mich in deine Schatten ein.

Er hüpft daher auf goldnen Aesten,

Der Lenz, in Blüthen eingehüllt,

Um den ein Schwarm von lichten Westen

Der Bäume Wipfel säuselnd füllt.

Die offnen Fluren abzukühlen,

Fliehn sie durch die erwärmte Luft,

Ruhn itzt ermüdet aus, und spielen,

Und übergießen sich mit Duft.

Dann buhlen sie mit jungen Rosen,

Die durch die Liebe früher blühn;

Und, ihnen schöner liebzukosen,

Fliehn sie, und küssen sie im Fliehn.


Fern liegt von mir auf jähen Gipfeln,

Der Liebe heiligster Palast,

Den rings umher mit ew'gen Wipfeln

Ein junger Myrtenhayn umfaßt.

Auf den von seinem Feuersitze

Der Tag verstohlen niedersieht,

Wenn er in jugendlicher Hitze

Am Horizont vorüberflieht.

Dem Arm des Mulciber entrissen,

Hat Venus hier mit stillen Küssen

Einst den Adon zuerst erfreut.

Er starb, der Liebling der Cythere:

Doch ihn verewigen Altäre,

Die Paphos seinem Ruhm geweiht.[6]

Noch itzt beweinet ihn Cythere:

Man glaubt, sie würd untröstlich seyn,

Wenn sonst kein Liebling übrig wäre,

Die Göttinn wieder zu erfreun.


Sie kömmt, die Königinn der Herzen!

Sie kömmt, die Mutter der Natur!

Verfolgt von Amorn und von Scherzen

Betritt ihr schöner Fuß die Flur,

Und hinterläßt auf seiner Spur,

Den Aushauch einer Veilchen-Flur.

Ihr hüpft ihr schlauer Sohn zur Seiten,

Der manchen Sklaven ihr gemacht;

Auch Heben seh ich sie begleiten,

Die mir durch sie so freundlich lacht.

Schon tanzen in geschlungnen Reihen

Die Grazien, die Schmeicheleyen,

Die Freuden, und die Buhlereyen,

Der Liebesgötter lärmend Heer,

Und alle Nymphen um sie her.

Geschmückt mit heil'gen Lorbeer-Kränzen,

Mischt sich zu ihren frohen Täuzen

Der Liebesdichter seligs Chor:

Einst hörten Erden ihre Lieder.

Der Tod hob sie auf Schwan-Gefieder

In diese bessre Welt empor.

Quelle:
Heinrich Wilhelm von Gerstenberg: Tändeleyen. Stuttgart 1966, S. 6-7.
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