Der Briefträger

[46] Meine Lotte, die Gräfin, war eben dabei

Zu schlürfen vom Mokka drei Tassen,

Um mir zum Frühstück den würzigen Rauch

In die Nase ziehen zu lassen:


Da rief es von draußen schon wieder: »Herein!«

Und es trat, als von Lotten geklopft war,

Der Briefträger ein, ein knieschlotternder Greis,

Der gepudert, toupirt und bezopft war.


Er setzte sich nieder und suchte sodann

Unter Aechzen und Athemgeschnappe,

Einen Brief, dessen Siegel zerbrochen schon war,

Langsam hervor aus der Mappe.


»Drei kupferne Pim ... Pampels Porto ... u ... und,«

Sprach er stotternd, ihn mir überreichend,[46]

»Und zehn für die Durchsicht der Regier ... gier ... gierung!«

Versetzte er hustend und keuchend.


Ich zahlte, wogegen so freundlich er war,

Mein Erstaunen in etwas zu mildern

Und das, was despotische Willkühr mir schien,

Als sittliche Ordnung zu schildern.


»Die Regier ... ung erachtet die Oeff.. entlichkeit,

So weit sie ihr nutzbar, f f für heilig,

Den geheimen Verkehr zwischen Bürgern a ... a ...

A ... aber für sehr na ... nachtheilig.


Sie mu ... mu ... muß immer in Kenntniß von dem,

Was No ... Noth thu ... thu ... thu ... thut thut ... bleiben,

Und darum A ... A ... Alles wi ... wissen, wa ... was

Die Burr ... Bürger dede ... denken und treiben.


Das Po ... Po ... Po ... Porto ist billig, der Pppreis

Für's D.. Durchlesen allerdings theuer,[47]

Doch ist dies eine weh ... wenig drückende und

Mu ... Moralisch wirr ... wirkende Steuer.


Sie h ... emmt den geheimen und geist'gen Verkehr,

So Bei ... Beide im Dienst sind beim Satan;

Sie hält die Burr ... Bürger vom Schrei ... Schreiben ab,

Und spie ... spornt sie zur Arbeit und That an.« –


»Die höhere Dummheit, die sich offenbart

In all solchem Schu- und Verriegeln,

Anerkenne ich gern, doch warum trotzdem

Ihre Briefe die Leute noch siegeln...?«


»Das müssen,« unterbrach mich der Alte, »sie thun

Weil's zum fi ... na ... na ... nanziellen Wohl ist

Des Sult ... ha ... ha ... han's, weil der Siegel la ... la ...

La ... Lack sein Monopo ... pol ist.«


Nach diesem Gestottere stotterte er

Ein Adieu noch unwirsch und verdrießlich,

Und schlotterte Kniee und wackelte Zopf

Und hustete stark und verließ mich.
[48]

Ich aber ich, konnte nunmehr das Billet,

Das staatsrevidirte, entfalten,

Und will meinen irdischen Lesern nicht vor-

Länger das, was dasselbe-enthalten.

Quelle:
Adolf Glassbrenner: Die Verkehrte Welt. Berlin 1862, S. 46-49.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Verkehrte Welt
Die Verkehrte Welt: Eine Komisches Gedicht (German Edition)

Buchempfehlung

Dulk, Albert

Die Wände. Eine politische Komödie in einem Akte

Die Wände. Eine politische Komödie in einem Akte

Diese »politische Komödie in einem Akt« spiegelt die Idee des souveränen Volkswillen aus der Märzrevolution wider.

30 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon