Die Fabel von den Fröschen

[139] Die Frösche hatten einen König!

Wir sind ein großes Volk! Er hat für uns zu wenig

Verstandesfähigkeit, und seine schöne Frau

Ist keine Königin, wie wir sie haben wollen

Seht! Sie beherscht den Mann, und ist ihm viel zu schlau,

Sie taugen beyde nichts, sie sollen

Herunter von dem Thron, sie sitzen zu bequem!

Und kurz: Uns Fröschen ist kein König angenehm,

Wir können wohl uns selbst regieren

Wir brauchen keine Majestät!

Wir alle sind uns selbst die Majestät! Wir haben

Des Frosches edles Recht begraben,

Laßts, sprach ein weiser Frosch, laßts wieder auferstehn!

Ja! quakten Tausende, Ja! ja! das muß geschehn!

Gequakt, gethan! die Quaker fiengen

Den König, sperrten ihn in einen Kefig ein!

Er soll nicht mehr der König seyn!

Koaxte man, ermordete den besten

Der Könige, beging die größten

Schandthaten! Tausend Könige

Regierten, tausend! Ach! und Weh!

Erscholl umher im Königreiche!

Man sah zehntausend dünne Bäuche,

Heißhunger übte die Gewalt

Die Gott der Herr ihm gab! das Königreich verarmte

Vier Jahre noch nicht alt

War's aufgerieben! Gott erbarmte

Sich gnädigst seiner, gab den Einen König bald

Dem irrgeführten Volke wieder![140]

Man sang: Es wird schon gehn

Wie wütend nun nicht mehr, sang neue Freudenlieder,

Dem Einen Könige, man schrieb

(Die Frösche schreiben auch, wie wir, Gedanken nieder,)

Was nun nicht mehr verborgen blieb!


Nun ist euch wohl, ihr Herrn! ihr Frösche! nun ins Freie!

Von tausend Königen nicht mehr ins Netz gekörnt!

Koaxt so viel ihr wollt, nun wieder, ach! und lernt;

Daß Einer besser ist, als tausend, und als Zweye![141]

Quelle:
Johann Wilhelm Ludwig Gleim: Gedichte, Stuttgart 1969, S. 139-142.
Lizenz:
Kategorien: