Phyllis und Damon

[191] Schöne Sachen schwatzt mir Damon

Von der Liebe vor;

In mein Herz kommt nichts, er schwatzet

Ewig für mein Ohr!


Schwüre, Klagen, Schmeicheleien

Sagt er mir genug!

Aber etwas ihm zu glauben,

Bin ich schon zu klug.


Allemal macht er mich lachen,

Redet er von Schmerz;

Denn in allen seinen Reden

Redet nie sein Herz!


Damon! o, des Herzens Sprache

Kenn' ich allzu wohl!

Kurz ist sie, der Mund ist ledig,

Und das Herz ist voll!
[191]

O was starren deine Reden

Von Vernunft und Witz?

Im Verstande nicht, im Herzen

Ist der Liebe Sitz!


Schwatze mir von deiner Liebe

Nur so viel nicht vor!

In mein Herz kommt nichts, du schwatzest

Ewig für mein Ohr!

Quelle:
Johann Wilhelm Ludwig Gleim: Ausgewählte Werke, Leipzig 1885, S. 191-192.
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