1797

12/3459.


An Friedrich Schiller

Leipzig den 1. Jan. 1797.

Ehe ich von hier weggehe muß ich noch ein Lebenszeichen von mir geben und kürzlich meine Geschichte melden. Nachdem wir am 28. Dec. uns durch die Windweben auf dem Ettersberge durchgewürgt hatten und auf Buttelstädt gekommen waren, fanden wir recht leidliche Bahn und übernachteten in Rippach, am 29. früh um 11 Uhr waren wir in Leipzig und haben der Zeit eine Menge Menschen gesehen, waren meist Mittag und Abends zu Tische geladen und ich entwich mit Roth der einen Hälfte dieser Wohlthat. Einige recht interessante Menschen haben sich unter der Menge gefunden, alte Freunde und Bekannte habe ich auch wieder gesehen, so wie einige vorzügliche Kunstwerke, die mir die Augen wieder ausgewaschen haben.

Nun ist noch heute ein saurer Neujahrstag zu überstehen, indem frühmorgens ein Cabinet besehen wird, Mittags ein großes Gastmahl genossen, Abends das Concert besucht wird, und ein langes Abendessen[1] dar auf gleichfalls unvermeidlich ist. Wenn wir nun so um 1 Uhr nach Hause kommen steht uns, nach einem kurzen Schlaf, die Reise nach Dessau bevor, die wegen des eingefallenen starken Thauwetters einigermaßen bedenklich ist, doch wird auch das glücklich vorübergehen.

So sehr ich mich freue nach dieser Zerstreuung bald zu Ihnen in die Jenaische Einsamkeit zurückzukehren, so lieb ist mir's, daß ich einmal wieder so eine große Menschenmasse sehe, zu der ich eigentlich gar kein Verhältniß habe. Ich konnte über die Wirkung der litterarischen positiven und polemischen Schriften manche gute Bemerkung machen, und das versprochene Gegenmanifest wird nicht um desto schlimmer werden.

Leben Sie recht wohl. Da wir schon morgen nach Dessau gehen, so scheint es daß die Reise überhaupt nicht gar zu lange dauern wird.

Sagen Sie Herrn von Humboldt daß ich Doctor Fischern gesehen habe, und daß er mir recht wohl gefallen hat. Die Kürze der Tage und das äußerst böse Thauwetter hindern mich übrigens meinen Aufenthalt so zu nutzen wie ich wohl wünschte, doch findet man zufällig manches was man sonst vergebens sucht. Leben Sie nochmals wohl, vergnügt und fleißig.

G.[2]


12/3460.


An Christiane Vulpius

Leipzig den 1. Januar 1797.

Ehe ich von hier weggehe muß ich noch ein Lebenszeichen von mir geben und kürzlich meine Geschichte melden. Nachdem wir am 28. Dec. uns durch die Windweben auf dem Ettersberge durchgewürgt hatten und auf Buttelstädt gekommen waren, fanden wir recht leidliche Bahn und übernachteten in Rippach, am 29. früh um 11 Uhr waren wir in Leipzig und haben der Zeit eine Menge Menschen gesehen, waren meist Mittag und Abends zu Tische geladen und ich entwich mit Roth der einen Hälfte dieser Wohlthat. Einige recht interessante Menschen haben sich unter der Menge gefunden, alte Freunde und Bekannte habe ich auch wieder gesehen, so wie einige vorzügliche Kunstwerke, die mir die Augen wieder ausgewaschen haben.

Nun ist noch heute ein saurer Neujahrstag zu überstehen, indem frühmorgens ein Cabinet besehen wird, Mittags ein großes Gastmahl genossen, Abends das Concert besucht wird, und ein langes Abendessen darauf gleichfalls unvermeidlich ist. Wenn wir nun so um 1 Uhr nach Hause kommen steht uns, nach einem kurzen Schlaf, die Reise nach Dessau bevor, die wegen des eingefallenen starken Thauwetters einigermaßen bedenklich ist, doch wird auch das glücklich vorübergehen.

Ich erwarte eben den Juden Elkan, der mir Ketten bringen wird und überhaupt sehr geschäftig ist. Es geht mir im Ganzen recht gut, doch macht mir das Thauwetter den Aufenthalt hier sehr unangenehm, und eine große Schlittenfahrt die das Militar angestellt hatte verlor dadurch allen Glanz.

Von allen diesen Dingen werde ich dir manches erzählen, schwerlich aber werde ich den Gedanken länger hier zu bleiben ausführen, es ist in dieser Jahrszeit kein Heil und keine Zufriedenheit zu erwarten. Lebe recht wohl und grüße den Kleinen.

G.


12/3461.


An Christiane Vulpius

Es geht ein Bote nach Weimar und ich will dir mit demselben nur einige Worte schreiben. Wir sind zwar auf dem Schlitten, aber nicht auf dem Schnee hier angekommen und haben eine sehr übele Fahrt gehabt, nun sind wir hier in Dessau und das Wetter scheint nicht besser zu werden. Freitag Abends sind[3] wir wieder in Leipzig und werden etwa Donnerstag den 12. oder Freitag den 13. wieder in Weimar seyn.

Der Jude hat mir, als ein wahrer Jude, abscheuliche alte Ketten gebracht und ich will, wenn ich wieder nach Leipzig komme, selbst zu Rost gehen, denn wenn ich auch etwas mehr zahlen muß, so habe ich doch dafür auch gewiß etwas gutes, das dir Freude macht.

An das Gedicht habe ich wenigstens gedacht und werde den Plan ausarbeiten, so weit mir nur möglich ist, so kann es alsdann einmal, ehe wir es uns versehen, fertig seyn. Lebe recht wohl, grüße Herrn Jacobi und macht Euch auf der Redoute recht lustig.

Dessau den 3. Januar 97.

G.


12/3462.


An Friedrich Schiller

Nach einer 14tägigen Abwesenheit bin ich glücklich wieder zurückgekommen, von meiner Reise sehr wohl zufrieden, auf der mir manches Angenehme und nichts Unangenehmes begegnet ist. Ich habe viel davon zu erzählen und werde, sobald ich nur wieder hier ein wenig Ordnung gemacht, wenn es auch nur auf einen Tag ist, zu Ihnen hinüber kommen. Leider kann ich nicht sogleich, so sehr ich auch wünschte Herrn Oberbergrath Humboldt noch zu sprechen. Grüßen Sie[4] beyde Brüder auf's beste und schönste und sagen Sie daß ich sogleich Anstalt machen werde die verzeichneten Bücher Herrn Gentz zu verschaffen.

Ich verlange sehr Sie wieder zu sehen, denn ich bin bald in dem Zustande daß ich für lauter Materie nicht mehr schreiben kann, bis wir uns wieder gesehen und recht ausgeschwätzt haben.

Poetisches hat mir die Reise nichts eingetragen als daß ich den Schluß meines epischen Gedichts vollkommen schematisirt habe. Schreiben Sie mir was Ihnen indessen die Muse gegönnt hat. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und sagen mir wie die Kleinen sich befinden.

Weimar am 11. Januar 97.


Mit dem Buche, das mir Rath Schlegel mitbrachte, geht es mir wunderlich. Notwendig muß es einer der damals gegenwärtigen Freunde eingesteckt haben, denn ich habe es nicht wieder gesehen und deßhalb auch vergessen; ich will sogleich herumschicken um zu erfahren wo es steckt. Wenn Sie Schlegeln sehen, so sagen Sie ihm daß ich ihm ein Compliment von einer recht schönen Frau zu bringen habe, die sich sehr lebhaft für ihn zu interessiren schien.

G.[5]


12/3463.


An Carl Ludwig von Knebel

[11. Januar.]

Indem ich dir meine Ankunft melde mit der Hoffnung dich bald zu sehen; so frage ich an ob du nicht etwa jene Herzensergießungen eines Klosterbruders, welche Rath Schlegel damals mitbrachte, zu dir genommen hast? oder ob du weißt wer etwa von der Gesellschaft das Buch haben könnte? ich werde wieder daran erinnert, hatte es ganz vergessen und finde es nicht in meinem Zimmer.

Es ist mir die Zeit über recht wohl gegangen und die Menge der Menschen und neuer Gegenstände hat mich recht wohl unterhalten, wovon mündlich mehr.

G.


12/3464.


An Bernhard Heinrich Overberg

[Concept.]

[12. Januar.]

Die Sammlung geschnittner Steine, welche sich durch die Güte der Fürstin Gallitzin schon einige Jahre bey mir befindet steht schon verschiedene Monate reisefertig und ich würde sie sogleich abgehen lassen, wenn ich nicht ein Bedenken hätte, worüber ich mir eine Entscheidung erbitte.

Da ich diesen Schatz durch die fahrende Post abschicken muß, so bin ich zugleich genöthigt eine Summe des Werthes anzugeben, diese ist zwar, besonders in[6] diesem Falle, ganz willkührlich und eine hohe Summe würde, unnöthigerweise, sowohl die Aufmerksamkeit auf dieses Packet allzusehr erwecken, als auch die Kosten des Transports vergrößern, jedoch getraue ich mir nicht eine geringere nach eigner Willkür darauf zu setzen und bitte deshalb mich zu belehren auf wie hoch ich das Kästchen einschreiben lassen soll? Es kann auf eine deshalb gefällige Antwort sogleich abgehen.

Es war mir sehr angenehm den dieser Gelegenheit die Versicherung zu erhalten, daß Ew. Wohlgeb. mir noch ein gütiges Andenken schenken wollen. Nur die weite Entfernung kann mich abhalten das anvertraute Pfand selbst zu überbringen, der würdigsten Frau meinen lebhaften Dank mündlich zu sagen und mich auch Ihres Umgangs wieder auf einige Zeit zu erfreuen. Der ich mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne.


12/3465.


An Adelheid Amalia Fürstin von Gallitzin

[Concept.]

[12. Januar.]

Die mir anvertraute kostbare Sammlung geschnittner Steine steht bey mir schon mehrere Monate reisefertig, denn da ich vergangenen Sommer hoffte nach Italien zu gehen, so hatte ich unter andern Anordnungen auch diese vorzüglich nicht vergessen. Da sich aber meine Reise verschob, so verschob ich auch[7] Sie, wertheste Freundin, über die weitere Bestimmung dieser Kunstwerke zu fragen; wie man sich denn so ungern von etwas trennt, das man so werth hält.

Nun veranlaßt mich Herr Overberg in Ihrem Nahmen die Sammlung zurückzuschicken, und sie soll sogleich abgehen sobald er mir Ihre Entschließung meldet, über einen Punct, wegen dessen ich in meinem Briefe an ihn anfrage.

Möchte ich doch, indem ich Ihnen diesen Schatz zurücksende, recht deutlich machen können, welche Wohlthat Sie mir durch Ihr Vertrauen erzeigt haben. Sie haben mir und einem werthen Freunde, der jetzt wieder nach Italien gegangen ist, Gelegenheit gegeben einen Theil der alten Kunst näher kennen zu lernen, der so schwer zu beurtheilen ist. Wir konnten diese vortrefflichen Werke wiederholt betrachten, uns an ihnen bilden und jede Art von vorgefaßter Meynung, durch eine anhaltende Prüfung, berichtigen. Eine solche Übung der Sinne und des Geistes, wodurch wir das Vortreffliche kennen und dasselbe von dem Mindern unterscheiden lernen, ist mehr werth als der eigenthümliche Besitz, denn wir werden durch jene Bildung zur Theilnahme an altem Guten fähig und geschickt. Möchten doch diejenigen, denen große Summen Geldes zur freyen Anwendung gegeben sind, eben so sehen und denken wie ich, und Sie, meine würdige Freundin, durch einen Tausch bald in den Fall setzen sich in Wohlthaten zu erfreuen, eine Lust, die Ihrer[8] allein werth bleibt, nachdem Sie vor so manchen andern Freuden vorüber gegangen sind.

Erhalten Sie mir Ihr Andenken und Ihr Wohlwollen, das ich vielleicht um so mehr verdiene als ich auf einem Wege wandle, auf dem man wenig Begleiter findet.

Möchten doch Ihre körperliche Leiden erträglich seyn und Sie noch lange Sich und den Ihrigen erhalten werden. Sie erlauben mir daß ich bey Übersendung der Steine noch ein Wort hinzufüge.


12/3466.


An Gabriel Jonathan Schleusner

[Concept.]

[nach dem 15. Januar.]

Ihr nordischer Correspondent, werthester Herr Doctor, scheint mir, aus seinem Briefe, ein sehr wunderlicher Mann zu seyn, und zu der Classe zu gehören, denen man nicht allein ihre Träume auslegen, sondern sogar selbst erst erzählen soll. Nach allem hin und herdenken will mir nicht deutlich werden was er eigentlich wünscht, und ich müßte mich sehr irren, wenn er es selbst wüßte. Vielleicht geben die Briefe des Herrn Latrobe einigen Aufschluß über den Mann, denn um ihn nach Gewissen zu befriedigen müßte man wenigstens einen Octavband schreiben und ein Werk ausarbeiten, das freylich dieser Kunst noch fehlt. Ich dächte daher wir interloquirten,[9] und ich setzte ein kleines Blatt vorläufiger Fragen auf, in welchen ich den Umfang der Sache wenigstens schematisch skizziren wollte. Er sieht daraus unsern guten Willen und nach seiner Antwort werden wir aus der großen Masse von Werken doch wenigstens eine Art von Auswahl machen können. Denn wenn er nur die paar genannten Bücher besitzt, wenn er nicht gereist, keinen Baumeister neben sich hat, so ist er freylich noch weit zurück und hat noch einen unendlichen Weg zu machen bis er zur Beurtheilung des ästhetischen Werths eines Gebäudes gelangen möchte, eine Aufgabe, die in jeder Kunst so schwer ist und besonders in dieser, da ihre Werke als schöne Werke sich selbstständig darstellen sollen und doch wieder durch das Nothwendige und Nützliche äußerst beschränkt und bedingt sind, ja ohne dasselbe gar nicht gedacht werden können. Das versprochene Blatt hoffe ich Ihnen nicht lange schuldig zu bleiben.

Die Bemerkung der Braunschweiger Ärzte verdient alle Aufmerksamkeit. Der Kreis der Beobachtung ist so weit, daß wir, um uns nur einigermaßen drinne zu bewegen, so gar vieles auf Treue und Glauben annehmen müssen. Lassen Sie uns doch, wenn wir wieder zusammen kommen, die Hirne frischgeschlachteter Thiere einsehen. Werden sie ohne Wasser gefunden . . .[10]


12/3467.


An Hans Friedrich Vieweg

[16. Januar.]

Ich übersende Ihnen im versiegelten Anschlusse ein Manuscript. Will Herr Vieweg dafür nicht 200 Friedrichsd'or zahlen, so beliebe er den Pack zurückzusenden, ohne ihn zu entsiegeln.


12/3468.


An Carl August Böttiger

[Für das epische Gedicht Herrmann und Dorothea verlange ich

Eintausend Thaler in Golde.

Weimar d. 16. Jan. 1797.

Goethe.]

Herr Oberconsistorial Rath Böttiger wird ersucht gegenwärtiges bis zur bekannten Epoche bey sich uneröffnet liegen zu lassen.

Goethe.


12/3469.


An Hans Friedrich Vieweg

[Concept.]

Ich bin geneigt Herrn Vieweg in Berlin ein episches Gedicht Herrmann und Dorothea das ohngefähr 2000 Hexameter stark seyn wird zum Verlag zu überlassen. Und zwar dergestalt daß solches den[11] Inhalt seines Almanachs auf 1798 ausmache und daß ich nach Verlauf von 2 Jahren allenfalls dasselbe in meinen Schriften wieder aufführen könne. Was das Honorar betrifft so stelle ich Herrn Oberconsistorialrath Böttiger ein versiegeltes Billet zu, worinn meine Forderung enthalten ist und erwarte was Herr Vieweg mir für meine Arbeit anbieten zu können glaubt. Ist sein Anerbieten geringer als meine Forderung, so nehme ich meinen versiegelten Zettel uneröffnet zurück, und die Negotiation zerschlägt sich, ist es höher, so verlange ich nicht mehr als in dem, alsdann von Herrn Oberconsistorialrath zu eröffnenden Zettel verzeichnet ist.

Die Anzahl der Exemplarien welche gewöhnlich an den Verlasser abgegeben werden stelle Herrn Vieweg anheim.

Zu Kupfern bringe ich Vorstellungen aus Wilhelm Meister zum Vorschlag und werde sogleich eine Anzahl Gegenstände dazu vorschlagen.

Das Manuscript kann, zum Theil, zu Anfang April, der Schluß aber gewiß auf die Jubilatemesse abgegeben werden, auf welcher auch das Honorar bezahlt würde.

Weimar den 16. Jan. 1797.[12]


12/3470.


An Friedrich Schiller

Die wenigen Stunden, die ich neulich mit Ihnen zugebracht habe, haben mich auf eine Reihe von Zeit nach unserer alten Art wieder recht lüstern gemacht; sobald ich nur einigermaßen hier verschiedenes ausgeführt und manches eingerichtet habe, bringe ich wieder eine Zeit mit Ihnen zu, die, wie ich hoffe, in mehr als Einem Sinn für uns beyde fruchtbar seyn wird. Benutzen Sie ja Ihre besten Stunden, um die Tragödie weiter zu bringen, damit wir anfangen können uns zusammen darüber zu unterhalten.

Ich empfange soeben Ihren lieben Brief und läugne nicht daß mir die wunderbare Epoche, in die ich eintrete, selbst sehr merkwürdig ist. Ich bin darüber leider noch nicht ganz beruhigt, denn ich schleppe von der analytischen Zeit noch so vieles mit, das ich nicht los werden und kaum verarbeiten kann. Indessen bleibt mir nichts übrig als auf diesem Strom mein Fahrzeug so gut zu lenken als es nur gehen will. Was bey dieser Disposition eine Reise für Wirkung thut habe ich schon die letzten 14 Tage gesehen; indessen läßt sich in's Ferne und Ganze nichts voraussagen, da diese regulirte Naturkraft sowie alle unregulirten durch nichts in der Welt geleitet werden kann, sondern, wie sie sich selbst bilden muß, auch aus sich selbst und auf ihre eigne Weise wirkt. Es[13] wird uns dieses Phänomen zu manchen Betrachtungen Anlaß geben.

Der versprochene Aufsatz ist so reif daß ich ihn in einer Stunde dictiren könnte, ich muß aber nothwendig vorher mit Ihnen noch über die Sache sprechen und ich werde um so mehr eilen bald wieder bey Ihnen zu seyn. Sollte sich ein längerer Aufenthalt in Jena noch nicht möglich machen, so komme ich bald wieder auf einen Tag; solch ein kurzes Zusammenseyn ist immer sehr fruchtbar.

Eine Abtheilung Cellini corrigire ich gegenwärtig; haben Sie eine Abschrift von derjenigen die im nächsten Stück erwartet wird, so schicken Sie mir solche doch.

Ich schließe für dießmal und wünsche recht wohl zu leben.

Weimar am 18. Jan. 1797.

G.


12/3471.


An Angelika Kauffmann

Die Hoffnung, Sie, verehrteste Freundin, in dem vorigen Jahr besuchen zu können, ist leider durch den unglücklichsten Krieg, der mir den Weg versperrte und uns nachher so nah bedrohte, wenigstens für den Augenblick vereitelt worden. Professor Meyer war indessen so glücklich Ihnen aufzuwarten, er ist nach Florenz gegangen und kehrt nach Rom zurück, sein[14] Aufenthalt in Italien ist noch immer der Grund meiner Hoffnung jene herrlichen Gegenden, obwohl nicht so ruhig wie das erstemal, durchzusehen. Erlauben Sie mir diesmal ein paar Fragen und beantworten solche, wenn das Schreiben Ihnen irgend beschwerlich fallen sollte, meinem Freunde, wenn er aufwarten sollte, mündlich.

Das vortreffliche Bildniß unserer Herzogin, für welches in einem neuen Gartengebäude des Herzogs, ich darf wohl sagen, ein eignes Zimmer bestimmt ist, hat sein äußeres Ansehen einigermaßen verändert, indem der Firnis entweder verflogen oder eingeschlagen ist, so daß die Lebhaftigkeit der Farben und ihre Harmonie nicht wie zuerst gesehen wird. Es ist nun zwar kein Zweifel daß ein neuer darüber zu ziehender Firnis das Bild in seinen vorigen Glanz wieder herstellen werde, allein ich bin äußerst sorgsam, man möchte einen falschen Firnis wählen und durch eine falsche Behandlungsart dem Bilde schaden. Wollten Sie daher die Güte haben mir anzuzeigen, welchen Firnis man zu wählen habe und was etwa bey dem Auftragen desselben zu bedenken sey.

Eine zweyte Anfrage und Bitte folgt hiernächst.

Ein Freund von mir, ein angesehener Handelsmann in Leipzig, hat einen Katalog Ihrer sämmtlichen Arbeiten, welche in Kupfer gestochen sind, seit mehreren Jahren mit großer Sorgfalt verfertigt und ist im Begriff solchen herauszugeben, nun wünscht er[15] nichts mehr als eine kurze Nachricht von dem Leben der Künstlerinn welche er so sehr schätzt, und mit deren Werken er sich so lange beschäftigt, seiner Arbeit vorsetzen zu können. Als er mir diesen Wunsch zu erkennen gab, erinnerte ich mich daß Herr Zucchi, als er Nachrichten von seiner Familie sammelte, auch eine Nachricht von den Lebensumständen seiner Gattin mit aufgezeichnet hatte. Sollten Sie so geneigt seyn mir diese zu communiciren, so würden Sie mir dadurch einen neuen Beweis Ihrer Freundschaft geben und alle Ihre Verehrer dadurch höchlich erfreuen.

Vor wenigen Tagen habe ich durch Sie auch in Dessau einer sehr lebhaften Freude genossen, indem ich das vortreffliche Bild Amor und Psyche mit dem größten Antheil betrachtete, wie sonderbar erschienen diese lebendigen himmlischen Gestalten in den formlosen nordischen Schneeflächen, denen nur ein wildes Schwein und ein vermummter Jäger zur würdigen Staffage dient. Leben Sie recht wohl und haben Sie die Güte mir auf eine oder andere Weise eine gefällige Antwort zugehen zu lassen.

Weimar am 18. Jan. 1797.

Goethe.


12/3472.


An Johann Heinrich Meyer

Nach einer 14tägigen Reise nach Leipzig und Dessau, auf welcher ich Durchl. den Herzog begleitete,[16] muß ich Ihnen sogleich einiges schreiben und melden, da ich ohnedieß schon eine Zeit lang gefeyert habe. – Der leidige Krieg scheint sich noch nicht endigen zu wollen und in der Lombardie geht es wilder und confuser zu als jemals. Ich habe daher den Gedanken gehabt: ob ich nicht über Wien und Triest suchen sollte, direct nach Ancona oder vielleicht gar nach Neapel zu kommen. – Hiezu findet sich eine schöne Gelegenheit, indem der Graf Fries auf Ostern von Leipzig abgeht, das ein sehr artiger junger Mann ist, und mit dessen Hofmeister ich, als einem Jugendfreunde, in Verbindung stehe. In Wien könnte ich mich mit dem besten Empfehlungsschreiben durch das ganze Italien ausrüsten lassen und alsdann meinen Weg weiter verfolgen. Dieses würde mit Ihrem Plan, gegen Fastnacht südlicher zurück zu gehen, übereinstimmen und es wäre vergnüglich genug, wenn wir uns am Molo von Neapel erst wiedersähen. Wenn ich denke daß man auf dieser Seite mit schneller extra Post den Weg bis an's Meer zurücklegen kann, ohne das Kriegstheater zu berühren, und mir von der andern Seite den Schneckengang durch die Schweiz über Turin und Genua denke, beynah ganz durch zerrüttete Länder, so kommt mir der erste Weg äußerst vorzüglich vor, und die Differenz der Entfernung verschwindet. Ich werde gleich die Negotiation mit den Freunden eingehen und sodann das weitere melden. –

In Dessau habe ich ein schönes Bild der Angelika[17] gesehen, Amor und Psyche, ich glaube Sie schrieben mir einmal davon. Auch hat mich in Leipzig ein kleines italienisches Bild, das man dem Dominikin zuschreibt, sehr interessirt. Es stellt Hagar mit dem Kinde und dem Engel vor, ist sehr schön empfunden, erfunden, gedacht, colorirt und gemahlt. Es sind Stellen drinne die an Guido, Guercin, und Dominikin erinnern, es fehlt ihm aber, besonders in der Composition, die letzte Reise, die man um so mehr vermißt als der Künstler sich ganz nah hinanzuarbeiten gewußt hat. Die Stellung der Figuren, die Richtung der Glieder, die Austheilung der Extremitäten, sind schon sehr obligat, und das Auge leitet Forderungen daraus her, die doch nicht ganz befriedigt werden; daher bleibt das Bild für den Kenner und Ankenner einigermaßen problematisch und läßt bey allem Genuß noch einen Wunsch übrig. Ich hoffe eine Durchzeichnung auf Wachspapier zu erhalten und sie Ihnen dereinst vorzulegen, vielleicht entschließen Sie sich in einer Zeichnung, die Composition völlig zurecht zu rücken, und den setzt einigermaßen unangenehmen Bruch vollzählig zu machen. Mehrere gute niederländische Bilder habe ich auch in Leipzig gesehen. In Dessau hat man ein Kupferstecher Institut unternommen, wovon die Folge erst zeigen muß ob es bestehen kann. Man hat verschiedene Künstler hingezogen, die in schwarzer Kunst, Aquatinta und punctirter Manier nach Zeichnungen und Copien[18] arbeiten, welche man von weiten und nahen her anschafft. Unter den Künstlern sind einige recht geschickte Leute und in der Wahl der Gegenstände fängt man auch an sorgfältig zu werden, von Nahl und Seidelmann, von Biermann und andern sind schöne Zeichnungen vorräthig, und aus der Art wie man nach Ihnen gefragt hat, vermuthe ich daß man Absicht hat auch Sie in das Interesse zu ziehen. Alles kommt auf den Absatz an, bey welchem Freund Bertuch seine Künste zeigen wird. Die Nahmen der Künstler und die Constitution des Ganzen schreibe ich Ihnen nächstens, denn es mag sich heben und erhalten, oder sinken und zu Grunde gehen, so ist es immer für den Künstler ein merkwürdiges Phänomen, und er kann hoffen, wenn es reussirt sich mit ernsthaften Arbeiten daran anzuschließen. Pickler, ein junger Mann von Wien, behandelt die schwarze Kunst mit viel Naturell und Glück, auch sind einige Landschaften in Aquatinta vorzüglich gut gerathen, weil sie Zeichnungen, und nicht, wie Prestel oft, Gemählde vor sich haben. – Durch die französische Emigration sind auch italienische Bilder und Werke der solidern französischen Schule über Hamburg nach Sachsen gekommen. Das Winklerische Cabinet liegt, wie das Praunische, begraben, die Theilnehmer wünschen es zu verkaufen, sind aber so reich, daß sie auf ihren Schatz noch lange halten werden, sie lassen es indessen niemand sehen, weil sie es im Ganzen verkaufen wollen[19] und zu den vielen Neugierigen wenig Vertrauen haben. Übrigens geht die Liebhaberey im Ganzen ihren alten Gang, Vorurtheil und Vorliebe greifen nach irgend einem Schein, die historische Kenntniß macht gegen den Werth des Kunstwerks gleichgültig, und ohne sie tappt der Liebhaber doch nur herum, was man besitzt hält man für's beste, die Großen hören auf, sich zuzueignen was einen Kunstwerth hat, und Privatleute sammeln schon mit dem Bewußtseyn von ihren Erben alles wieder zerstreut zu sehen. So ist es beschaffen und so wird es eine Weile bleiben. – Herr Leo in Leipzig scheint, wie mehrere Herausgeber von Zeitschriften, seine Bogen ohne große Kosten füllen zu wollen. Ich habe ihm für Ihre 4 ersten Zeichnungen 8 Louisd'or gefordert, worauf er sie, zwar auf die höflichste Art, aber doch zurückgeschickt hat. Ihre zweyte Sendung, die mir auch ganz besondere Freude macht, ist indessen angelangt. Wenn Sie für diese Blätter überhaupt mit einem geringern Preise zufrieden seyn können, so nehme ich sie lieber zu dem Schloßbau und verwahre sie als einen geheimen Schatz, denn ich sehe doch voraus, daß wir, nach unserer eingeführten Handelsweise, gelegentlich in die größte Verlegenheit kommen müssen und sich unser Schloß, durch Zufall, mit kostbaren Meublen, ohne Übereinstimmung, füllen wird. Wenigstens hat man alsdann etwas in der Hand, was man geringern Dingen entgegenhalten und, wo nicht seine Freude an[20] der Ausführung, doch sein Gewissen beym Rathgeben retten kann. – Die Kiste an den Herzog von Gotha mit jenem bewußten Manuscript ist angekommen, sie enthielt nichts an mich. Schreiben Sie mir doch was Sie nun alles von erworbenen Schätzen bey sich verwahren und herumführen. – Was Sie über die leichten Gewölbe schreiben, ist wirklich so wunderbar, daß man dergleichen Arbeiten sehen müßte um sie sich denken zu können. Ich werde mit unserm Baumeister davon sprechen, so viel weiß ich daß er sich schon bey seinen Gewölben auf die packende Kraft des Gipfes, den er unter den Kalk mischt, sehr verläßt. Die Ziegelstücken werden angefeuchtet, weil nach seiner Meynung der Gips sonst zu schnell binden würde, es wäre also vielleicht die Frage den Versuch mit bloßem Gips und trocknen Ziegeln zu machen. Erkundigen Sie sich doch ob gar kein Kalk unter die Mischung kommt.

Weimar den 19. Jan. 97.

G.


Weimar den 19. Jan. 97.

So eben erhalte ich Ihren lieben Brief Nr. 14 und leider ist von mir keiner indessen unterweges, die kleine Reise hat mich sehr zerstreut und meine Arbeiten unterbrochen, indessen sie mich doch von einer andern Seite sehr gefördert hat. Auf der Rückseite dieses Blättchens also noch einige Worte.

Aus beyliegendem Brief an Angelica den Sie[21] vielleicht nur mit ein paar Worten begleiten und dann weiter nach Rom schicken, werden Sie eine Frage über die zu wählende Firnisart finden, worüber ich mir auch Ihre Gedanken ausbitte.

Daß das Stückchen Musenalmanach abermals Ihren Beyfall hat, freut mich außerordentlich, aber nach dem was Sie äußern wird Sie vielleicht nicht wenig wundern wenn ich Ihnen sage, daß die Bogen welche Sie besitzen noch die gelindesten des Büchleins sind. Da wir voraussahen daß wir schon durch diese Äußerungen uns Feinde und Widersacher genug zuziehen würden so hielten wir für das beste gleich auf einmal dem Fasse den Boden auszustoßen und in ungefähr 450 Distichen den Baven und Mäven, den Phantasten und Heuchlern, theils namentlich theils mit leichter und schwererer Deutung zu Leibe zu gehen, worüber ein fürchterlicher Lärm entstanden ist, wovon Sie seiner Zeit mehr vernehmen sollen, wenn ich Ihnen nur erst selbst das Corpus delicti in die Hand gebracht habe.


12/3473.


An Johann Friedrich Rudolf Steiner

Nachstehende sonderbare Art flache Gewölbe, durch die bloße bindende Kraft des Gipfes, zu verfertigen, wird mir so eben aus Italien geschrieben, ich wünschte von Herrn Baumeister Steiner zu vernehmen

1) Ob ihm etwas ähnliches bekannt sey?

[22] 2) Ob derselbe glaubt daß, bey den Eigenschaften unseres Gipses, etwas ähnliches mit Succeß vorzunehmen wäre? und ob derselbe

3) vielleicht noch einige Fragen anzugeben hätte, die erörtert werden müßten, ehe man sich von dieser Operation einen vollständigen Begriff machen könnte.

Weimar den 19. Jan. 97.

Goethe.


12/3474.


An Johann Heinrich Jung

[Concept.]

Sie haben mir nach so langer Zeit durch Ihren Brief und das darinn geschenkte Vertrauen eine große Freude gemacht. Es war um so nöthiger die genannten Personen zu empfehlen, da, bey der großen Menge von Unglücklichen, der Würdige wie der Unwürdige, schon beynah überall erschöpfte Gemüther und Beutel findet. Ich habe in Rücksicht auf Ihr Zeugniß zuerst Herrn von Malberg, und dann auch die Frauenzimmer freundlich aufgenommen, und sie in die Wege geleitet auf denen sie auch wie mir scheint ihren Zweck erreicht haben, wenigstens scheinen sie zufrieden von hier weggegangen zu seyn.

Auch von Gotha aus habe ich die Versichrung erhalten daß man sie mit einiger Aufmerksamkeit aufnehmen wollte. So viel habe ich Ihnen zu melden für Pflicht geachtet, damit ich durch mein Stillschweigen[23] nicht etwa auch in den Verdacht der Ungefälligkeit und Unthätigkeit bey Ihnen verfallen möchte. Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich der Fortdauer Ihres Andenckens empfehle.

W. d. 19. Jan. 97.[24]


12/3474a.


An den Herzog Carl August

Unterthänigstes pro Memoria.

Aus beyliegendem Entwurfe werden Ew. Durchl. zu ersten geruhen, wie weit man mit der, auf höchst Ihro Befehl mit Demoiselle Jagemann angefangenen Unterhandlung gekommen. Sollten höchst Dieselben die darinn enthaltenen Puncte billigen, so würde man von Seiten der Theater-Direction die Vollziehung des Contractes bewirken und Ew. Durchl. würden die Gnade haben ihr ein Decret als Hofsängerinn, mit dem Versprechen einer Pension von 200 rh. von der nächstaufgehenden Stelle einer Hofsängerinn, jedoch unter der Bedingung: daß sie mit der Theater-Direction eingegangenen Contracte in allen Stücken nachlebe, zu ertheilen.

Sodann werden Ew. Durchl. sowohl wegen der[61] indeß zu zahlenden 200 rh. als wegen der von dem Theater außerordentlich zu übernehmenden neuen Besoldung gnädigste Befehle zu ertheilen worüber von meiner Seite der unterthänigste Vorschlag geschieht, daß zwar einstweilen die Auszahlung aus der Theaterkasse geschehe, sie aber in der Folge dadurch entschädigt werde daß ihr der noch flehende Zuschluß auf zwey Sommermonate allenfalls aus der Eisenachischen Kammer gezahlt werde, dagegen man denn im Herbste an gedachten Orte zu spielen Anstalt treffen und das dortige Publikum zu unterhalten suchen würde.

Fernere gnädigste Befehle hierüber erwartend

Weimar am 27. Januar 1797.

J. W. v. Goethe.[62]


12/3475.


An Carl August Böttiger

Für die Mittheilung der Göttinger Anzeigen dancke recht sehr. Es ist mir angenehm daß man, bey einer so unreinen Form, von dem Gehalt was Gutes sagen mag, und mancher sich manches daraus nehmen kann. Lassen Sie uns auf die Ausbildung des Gedichts desto mehr Sorgfalt wenden.

Sie erhalten zugleich eine Gabe Dianens. Ich hoffte sie mit Freunden zu verzehren, nun stehen aber soviel zerstreute Tage bevor, daß ich wünsche Sie mögen diesen Theil mit den Ihrigen vergnügt genießen.

W. d. 28. Jan. 97.

G.


12/3476.


An Friedrich Schiller

Sonntag den 29. Jan. 1797.

Wenigstens soll heute Abend Ihnen ein eilfertiges Blatt gewidmet seyn, damit Sie doch im allgemeinen erfahren wie es mit mir steht.

Ich habe diese Woche einige bedeutende Contracte zu Stande gebracht. Erstlich habe ich Dem. Jagemann[24] für den hiesigen Hof und das Theater gewonnen; sie ist als Hofsängerin angenommen und wird in den Opern manchmal singen, wodurch denn unsere Bühne ein ganz neues Leben erhält. Ferner habe ich auch mein episches Gedicht verhandelt, wobey sich einige artige Begebenheiten ereignet haben.

Daß bey solchen Umständen an keine ästhetische Stimmung zu denken ist läßt sich leicht begreifen, indessen schließen sich die Farbentafeln immer besser aneinander, und in Betrachtung organischer Naturen bin ich auch nicht müßig gewesen, es leuchten mir in diesen langen Nächten ganz sonderbare Lichter, ich hoffe es sollen keine Irrwische seyn.

Ihre Farbenbeobachtung mit dem gelben Glase ist sehr artig, ich glaube, daß ich diesen Fall unter ein mir schon bekanntes Phänomen subsummiren kann, doch bin ich neugierig bey Ihnen gerade den Punct zu sehen auf welchem es beobachtet worden.

Grüßen Sie doch Humboldt vielmals, und bitten um Vergebung daß ich die auf Italien sich beziehende Bücher noch nicht geschickt, Mittwoch soll etwas kommen.

Von Xenialischen Dingen habe ich die Zeit nichts gehört in der Welt in der ich lebe klingt nichts litterarisches weder vor noch nach, der Moment des Anschlagens ist der einzige der bemerkt wird. In Kurzem wird sich zeigen ob ich auf längere Zeit zu[25] Ihnen kommen kann, oder ob ich nochmals nur eine augenblickliche Visite machen werde.

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie was Sie umgiebt und halten sich zum Wallenstein so viel nur immer möglich ist.

G.


12/3477.


An Hans Friedrich Vieweg

[Concept.]

Ihr Anerbieten trifft genau mit dem Blatte welches Herr Oberconsistorialrath Böttiger in Händen hat überein, und ich überlasse Ihnen, mit Vergnügen, das benannte Gedicht, auf die in Ihrem Briefe bemerkten Bedingungen, nämlich für den Calender von 1798, und für die beyden darauf folgenden Jahre, zum alleinigen Verlag und Besitz.

Daß Sie eine geringere Ausgabe drucken lassen bin ich gleichfalls zufrieden, und werde der Übersendung des Honorars nach völliger Einsendung des Manuscripts entgegen sehen.

Nach meiner vorigen Äußerung wünschte ich die erste Hälfte des Gedichtes Anfangs April zu schicken, weil ich das Ganze erst fertig zu haben wünschte, ehe ich einen Theil aus den Händen gäbe, dazu brauche ich zwar nicht viel Zeit, aber die reinste Stimmung, wie sie die Unruhe des Winters und die Zerstreuung desselben nicht leicht hervorbringen. Sollten Sie jedoch Ihrer Anstalten wegen das Manuscript nothwendig[26] früher brauchen, so läßt sich Rath schaffen und ich bitte Sie sich hierüber näher zu erklären. Freylich da ich einmal so viel Sorgfalt an diese Arbeit gewendet habe; so wünschte ich sie nun zuletzt soweit meine Kräfte reichen zu vollenden.

Herr Oberconsistorialrath Böttiger wird noch einiges hinzufügen und ich wünsche recht wohl zu leben.

W. am 30. Jan. 97.[27]


12/3477a.


An Jean Joseph Mounier

Das neue Stück, welches ich hier zurücksende, ist sehr zierlich und geistreich. Wenn die Gefälligkeit der französischen Verse in deutscher Prosa übertragen werden kann, so ist an einem guten Effect nicht zu zweifeln. Es läßt sich freylich nicht voraus sehen wie, bey einem so sehr unterschiedenen Publicum, ein in mancherley Betrachtungen für uns so fremdes Kunstwerk aufgenommen werden kann. Ich hoffe mündlich nächstens mehr zu sagen.

[Weimar] Den 31sten Jan. 1797.

Goethe.[62]


12/3478.


An Friedrich Schiller

Sie erhalten auch endlich wieder einmal einen Beytrag von mir und zwar einen ziemlich starken Heft Cellini, nun steht noch der letzte bevor, und ich wünsche daß wir alsdann wieder einen solchen Fund thun mögen. Auch einige Lenziana liegen bey. Ob und wie etwas davon zu brauchen ist, werden Sie beurtheilen. Auf alle Fälle lassen Sie diese wunderlichen Hefte liegen bis wir uns nochmals darüber besprochen haben.

Mein Gartenhaus stünde Ihnen recht sehr zu Diensten, es ist aber nur ein Sommeraufenthalt für wenig Personen. Da ich selbst so lange Zeit darinne gewohnt habe und auch Ihre Lebensweise kenne, so darf ich mit Gewißheit sagen daß Sie darinn nicht hausen können, um so mehr als ich Waschküche und Holzstall wegbrechen lassen, die einer etwas größeren[27] Haushaltung völlig unentbehrlich sind. Es kommen noch mehr Umstände dazu, die ich mündlich erzählen will.

Der zu verkaufende Garten in Jena ist wohl der Schmidtische? Wenn er wohnbar ist, sollten Sie ihn nehmen. Wäre denn einmal Ihr Herr Schwager hier eingerichtet, so könnte man auf ein freywerdendes Quartier aufpassen und den Garten werden Sie, da die Grundstücke immer steigen, ohne Schaden wieder los. Jetzt ist ein Quartier, wie Sie es wünschen, hier auf keine Weise zu finden.

Von Rom habe ich einen wunderlichen Aufsatz erhalten, der vielleicht für die Horen brauchbar ist. Er hat den ehemals so genannten Mahler Müller zum Verfasser, und ist gegen Fernow gerichtet. In den Grundsätzten die er aufstellt hat er sehr recht, er sagt viel gründliches, wahres und gutes, so ist der Aufsatz auch stellenweise gut geschrieben, hat aber im Ganzen doch etwas unbehülfliches und in einzelnen Stellen ist der Punct nicht recht getroffen. Ich lasse das Werkchen abschreiben und theile es alsdenn mit. Da er genannt seyn will, so könnte man es wohl mit seinem Nahmen abdrucken lassen und am Schlusse eine Note hinzufügen, wodurch man sich in die Mitte stellte und eine Art von pro und contra eröffnete. Herr Fernow möchte alsdenn im Merkur, Herr Müller in den Horen seine rechtliche Nothdurft anbringen und man hätte dabey Gelegenheit die mancherley[28] Albernheiten, die Herr Fernow mit großer Freyheit im Merkur debitirt, mit wenig Worten herauszuheben.

Körnern danken Sie recht vielmals für das überschickte Duett und den Catalogus, ersteres ist schon übersetzt und auf dem Theater. Leben Sie recht wohl! mein Winterhimmel klärt sich auf und ich hoffe bald bey Ihnen zu seyn, alles geht mir gut von statten und ich wünsche Ihnen das gleiche.

Weimar am 1. Febr. 97.

G.


12/3479.


An Franz Kirms

ad 1. Ich bin zufrieden, und finde vielmehr vor nöthig, daß die Aufkündigungszeit in den neuen Contracten, wie bisher vierteljährig, und also in dem Schallischen wie in dem Haidischen auf Weihnachten festgesetzt werde. Es würde uns so gut als die Schauspieler äußerst geniren und mancherley unangenehme Verhältnisse geben, wenn wir halbjährige Aufkündigung festsetzen wollten.

ad 2. Liebe ich mir diese nähern Bestimmungen nicht, am wenigsten, wenn in den Worten gar kein Sinn ist, denn ich wünschte wohl daß mir jemand erklärte, was 2te Charakterrollen heißen sollen. Herr Schall wird künftig wie bisher spielen was ihm zugetheilt wird.

W. am 1. Febr. 1797.

G.[29]


12/3480.


An Friedrich Schiller

Nach einer sehr staubigen und gedrängten Redoute kann ich Ihnen nur wenige Worte sagen.

Erstlich sende ich hier das Opus des Mahler Müllers abgeschrieben, ich habe es nicht wieder durchsehen können und lege daher auch das Original bey. Da Sie es wohl nicht sogleich brauchen, so conferiren wir vorher nochmals drüber und Sie überlegen ja wohl ob am Style irgend etwas zu thun ist. Leider vergleicht er sich selbst ganz richtig mit einem Geist der nothgedrungen spricht, nur äußert er sich nicht so leicht und lustig wie Ariel. Vieles werden Sie finden ist ganz aus unserm Sinne geschrieben und, auch unvollkommen wie sie ist, bleibt eine solche öffentliche, ungesuchte und unvorbereitete Beystimmung schätzbar. Am Ende ist's und bleibt's denn doch ein Stein, den wir in des Nachbars Garten werfen, wenn er auch ein bischen aufpatscht, was hat's zu bedeuten. Selbst wenn wirklich etwas an Fernow ist, muß es durch Opposition ausgebildet werden, denn seine deutsche Subjectivität spricht nur immer entscheidender und alberner von Rom her.

Zweytens sende ich Ihnen einen Gesang eines wunderlichen Gedichtes. Da ich den Verfasser kenne, so macht mich das im Urtheil irre. Was sagen Sie? glauben Sie daß er poetisch Talent hat? Es ist eine[30] gewisse anmuthige freye Weltansicht drinne und eine hübsche Jugend; aber freylich alles nur Stoff, und wie mich dünkt keine Spur von einer zusammenfassenden Form. Gesetzt man hätte eine poetische Schule, wo man die Hauptvortheile und Erfordnisse der Dichtkunst, wenigstens dem Verstande eines solchen jungen Mannes klar machen könnte, was glaubten Sie, das aus einem solchen Naturell gezogen werden könnte? Jetzt weiß ich ihm keinen Rath zu geben als daß er kleinere Sachen machen soll.

Meine Aussicht auf längere Zeit bey Ihnen zu bleiben, verschiebt sich abermals weiter hinaus. Die Anstellung der Jagemann und ihre Einleitung auf's Theater macht meine Gegenwart höchst nöthig, doch soll mich nicht leicht etwas abhalten Sonntag den 12ten zu Ihnen zu kommen, wir haben Vollmond und brauchen bey der Rückkehr das zerrissene Mühlthal nicht zu fürchten.

Den Vieilleville will ich schicken, denn ich darf nichts neues unternehmen. Vielleicht bildet sich die Idee zu einem Mährchen, die mir gekommen ist, weiter aus. Es ist nur gar zu verständig und verständlich, drum will mir's nicht recht behagen, kann ich aber das Schiffchen auf dem Ocean der Imagination recht herumjagen, so giebt es doch vielleicht eine leidliche Composition die den Leuten besser gefällt als wenn sie besser wäre. Das Mährchen mit dem Weibchen im Kasten lacht mich manchmal[31] auch wieder an, es will aber noch nicht recht reif werden.

Übrigens sind jetzt alle meine Wünsche auf die Vollendung des Gedichtes gerichtet und ich muß meine Gedanken mit Gewalt davon zurückhalten, damit mir das Detail nicht in Augenblicken zu deutlich werde wo ich es nicht ausführen kann. Leben Sie recht wohl und lassen mich etwas von Ihrer Stimmung und Ihren Arbeiten wissen.

Weimar d. 4. Febr. 97.

G.


12/3481.


An Adelheid Amalia Fürstin von Gallitzin

[Concept.]

Heute früh ist die Sammlung mit der fahrenden Post abgegangen und ich wünsche daß sie glücklich ankommen möge. Wenn man den Ausdruck des Dancks in die besten Wohlgerüche verwandeln könnte, so würde Ihnen bey Eröffnung des Kästchens der angenehmste Duft entgegendringen. Leider läßt sich eine wahrhafte Dankbarkeit mit Worten nicht ausdrücken und eben so wenig darf sie an eine unmittelbare Wiedervergeltung denken, lassen Sie mir deswegen nur mit wenigen Worten wiederholen daß Ihre Wohltat sehr groß war, sowohl des Vertrauens, das Sie mir zeigten, als des Kunstgenusses den Sie mir gewährten. Die Kentnisse die ich mir dadurch erwarb,[32] werden mich mein ganzes Leben begleiten, so wie Ihnen das Bewußtseyn bleiben muß einen Freund ganz auf seine eigenste Weise glücklich gemacht zu haben.

Sie erlauben mir nun daß ich auch einiges von meinen Zuständen sage. Außer den Begebenheiten, Geschäften und Zerstreuungen, die jeder Tag hervorbringt und dadurch gleichsam sich selbst verzehrt, führe ich das Interesse der Naturbetrachtung immer bey mir im Stillen fort. Ich habe die Gestalt, die Bildung und Umbildung organischer Körper besonders in's Auge gefaßt, und, wie ich, vor verschiedenen Jahren, über die Metamorphose der Pflanzen eine kleinere Schrift zum Versuche herausgab, so habe ich bisher immer weiter beobachtet und gedacht, und mich auch über das Thierreich ausgebreitet. Ich sehe hierinne eine sehr schöne Beschäftigung auch für die spätern Jahre, wo man immer Ursache hat mehr von den Gegenständen zu nehmen, da man nicht mehr, wie in früherer Zeit, ihnen so vieles geben kann.

Die mit diesen Betrachtungen verwandten Naturwissenschaften habe ich nicht versäumt, besonders habe ich die Farbenlehre, von der Sie mich schon, in jenen glücklichen Stunden die ich mit Ihnen zubrachte, so eingenommen fanden, fleißig bearbeitet und mich äußerst bemüht alle Phänomene kennen zu lernen und sie in der reinsten Ordnung, die mir möglich war, zusammen zu stellen.

[33] Diese Arbeiten haben mich genöthigt meinen Geist zu prüfen und zu üben, und wenn auch für die Wissenschaften kein Resultat daraus entspränge, so würde der Vortheil den ich selbst daraus ziehe mir immer unschätzbar seyn. Denn wie bedeutend ist es die Grenzen des menschlichen Geistes immer näher kennen zu lernen, und dabey immer deutlicher einzusehen daß man nur desto mehr verrichten kann, je reiner und sichrer man das Organ braucht das uns überhaupt als Menschen und besonders als individuellen Naturen gegeben ist.

Auch verläßt mich bey diesen ernsteren, und, wie es beynah scheinen sollte, trockneren Betrachtungen, die Lust und Liebe zur Dichtkunst nicht. Indem ich ganz freye Stunden abwarte in denen sie allein möglich wird, so habe ich den Vortheil daß das, was bey mir ohne mein eignes Bewußtsein reif geworden, gleichsam von selbst abfällt und mir eine bequeme, überraschende Erscheinung giebt.

Schon vor einiger Zeit schrieb ich Ihnen daß ich mich mit dem epischen Altvater beschäftige, jetzt kann ich Ihnen sagen daß ich mit einem eignen Gedichte, von der erzählenden Art, beynahe fertig bin. Ich darf es Ihnen ja wohl, so bald es gedruckt ist, zuschicken?

Übrigens bin ich, mit den meinigen, gesund, mit allen Einschränkungen die mich umgeben bekannt und zufrieden, in einem mäßigen Genusse der Gegenwart und ohne Sorge für die Zukunft.

[34] Leben auch Sie recht wohl verehrteste Freundin und gedenken meiner in dem Kreise der Ihrigen denen ich mich sämmtlich zu empfehlen bitte.

W. d. 6. Febr. 1797.


12/3482.


An Friedrich Schiller

Ich freue mich daß Sie in Ihrem abgesonderten Wesen die ästethischen Krisen abwarten können, ich bin wie ein Ball den eine Stunde der andern zuwirft. In den Frühstunden suche ich die letzte Lieferung Cellini zu bearbeiten. Der Guß des Perseus ist fürwahr einer von den lichten Puncten, so wie bey der ganzen Arbeit an der Statue bis zuletzt Naturell, Kunst, Handwerk, Leidenschaft und Zufall alles durcheinander wirkt und dadurch das Kunstwerk gleichsam zum Naturproduct machen.

Über die Metamorphose der Insecten gelingen mir auch gegenwärtig gute Bemerkungen. Die Raupen, die sich letzten September in Jena verpuppten, erscheinen, weil ich sie den Winter in der warmen Stube hielt, nun schon nach und nach als Schmetterlinge und ich suche sie auf dem Wege zu dieser neuen Verwandlung zu ertappen. Wenn ich meine Beobachtungen nur noch ein Jahr fortsetze, so werde ich einen ziemlichen Raum durchlaufen haben, denn ich komme nun schon oft wieder auf ganz bekannte Plätze.

[35] Ich wünsche daß der Handel mit dem Gartenhaus gelingen möge. Wenn Sie etwas daran zu bauen haben, so steht Ihnen mein Gutachten zu Diensten.

Die Wielandische Äußerung habe ich nicht gesehen noch nichts davon gehört, es läßt sich vermuthen daß er in der heilsamen Mittelstraße geblieben ist. Leben Sie recht wohl, noch hoffe ich Sonntags zu kommen, Sonnabend Abend erfahren Sie die Gewißheit.

Weimar den 8. Febr. 1797.

G.


12/3483.


An Sara Wulff

Weimar, den 9. Februar 1797.

Was werden Sie sagen? wertheste Frau, wenn ich Ihnen erzähle, daß zu eben der Zeit, als Ihr freundschaftliches Röllchen auf dem Wege zu mir war, ich ihm entgegenreiste und mich Ihnen näherte. In Leipzig und Dessau hielt ich mich einige Zeit auf, und, wäre nicht die traurige Nachricht von dem Tode des, auch mir so theuren, Königlichen Prinzen eben erschollen, so hätte ich mich wohl verleiten lassen weiter zu gehen, Berlin zu besuchen, mich an den kunstreichen Darstellungen des Carnevals zu ergötzen und aus der großen Masse interessanter Menschen, die sich dort befinden, zu den wenigen Freunden, deren ich mir daselbst schmeicheln kann, vielleicht noch einige zu erwerben. Bey meiner Rückkunft empfing mich[36] Ihre Arbeit doppelt freundlich, sowohl als ein Beweis Ihres in der Ferne fortdauernden Andenkens, als auch als ein Zeugniß Ihrer völlig wieder hergestellten Gesundheit, denn wie wollte man ohne eine glückliche Harmonie seiner Kräfte ein so angenehmes Werk hervorbringen, als dasjenige ist, das Sie freundschaftlich für mich gearbeitet haben. Verzeihen Sie, wenn ich Sie nicht sogleich über dessen Ankunft beruhigte, denn ich wollte nicht einen bloßen Empfangschein überschicken, sondern zugleich noch etwas mehr sagen, und dazu erwartet man denn lange eine Stimmung, die nicht kommt, wenn man sie nicht zu erschaffen weiß. Ihr zweyter Brief bestimmt meine Unentschlossenheit, und ich eile Ihnen für das schöne Geschenk zu danken, das mich so oft an Ihr Andenken, Ihre gute Meinung und Ihr Talent erinnern wird. Wie sehr danke ich Ihnen zugleich für den Antheil, den Sie an meinen Arbeiten nehmen. Da ein Schriftsteller sich muß gefallen lassen, daß so manches wunderlich genug genommen und beurtheilt wird, so findet er sich freylich sehr getröstet, wenn seine Arbeit einmal bey einem gebildeten Individuo als Naturproduct wirkt, und zwar in seiner ganzen Breite und Tiefe. Bald sehen Sie wieder ein episches Gedicht von mir, dem ich eine so gute Aufnahme, auch in Ihrem Zirkel wünsche als die Neigung stark ist, womit ich es angegriffen habe und nun bald zu vollenden hoffe. Grüßen Sie Ihre Freundin, deren[37] ich mich noch recht gut erinnere, und gedenken meiner bei guten und trüben Tagen, in der lebhaften Stadt so wie auf dem stillen Lande.

Goethe.


12/3484.


An Friedrich Schiller

Die Horen habe ich erhalten und danke für deren schnelle Sendung; morgen bin ich bey Ihnen und wir können uns über manches ausreden. Morgen Abend gehe ich zwar weg, hoffe aber über acht Tage auf längere Zeit wieder zu kommen.

Dem verwünschten Nicolai konnte nichts erwünschter seyn als daß er nur wieder einmal angegriffen wurde, bey ihm ist immer bonus odor ex re quallibet, und das Geld das ihm der Band einbringt ist ihm gar nicht zuwider. Überhaupt können die Herren uns sämmtlich Dank wissen, daß wir ihnen Gelegenheit geben einige Bogen zu füllen und sich bezahlen zu lassen, ohne großen Aufwand von productiver Kraft.

Lassen Sie ja den Garten nicht weg, ich bin dem Local sehr günstig, es ist außer der Anmuth auch noch eine sehr gesunde Stelle. Leben Sie recht wohl, ich freue mich auf morgen. Ich esse mit Ihnen, aber allein, Geh. R. Voigt, der mit mir kommt, wird bey Hufelands einkehren und nachmittags verschränken wir unsere Besuche.

W. d. 11. Febr. 97.

G.[38]


12/3485.


An Christian Gottlob Voigt

Ich hoffe, Sie haben Ihre einsame Fahrt, wie ich gestern die meinige, glücklich zurückgelegt und habe morgen das Vergnügen mit Ihnen noch über einige Begebenheiten dieser Tage zu sprechen. Könnten Sie wohl durch Ihre Connexionen in Berlin mir einen Chrysopras verschaffen, wie er auf beiliegendem Blättchen gezeichnet ist? Man würde gern einen billigen Preis dafür zahlen; vielleicht könnte man einen auf die Bedingung des Zurückschickens, wenn er nicht anstünde, erhalten.

W. den 14. Febr. 97.

G.


12/3486.


An M. A. Ackermann

[Concept.]

[15. Februar.]

Auf Ihren ersten Brief habe ich nicht sogleich geantwortet, weil ich nichts traurigeres weiß als das Gefühl, daß man, beym besten Willen, nicht helfen könne, und nichts unangenehmers als ein solches Bekenntniß, das man, leider mehr als jemals, bey so mancher Bitte und bey so manchem Wunsch zu erwiedern genöthigt ist. Eine Stelle von der Art, wie Sie wünschen, ist hier nicht offen noch so bald denkbar, auch würde ich Ihnen nicht rathen hierher zu ziehen, wenn Sie selbst etwas zuzusetzen hätten. Die Quartiere[39] sind rar, alles durch den Zudrang so vieler Menschen und durch die Zeitumstände übermäßig theuer, und Sie würden selbst den Unterschied eines schwerern Geldfußes empfinden. Da ich nun weder persönlich noch durch meine Verhältnisse Ihnen nützlich zu seyn weiß und doch nach der wenigen Kenntniß, die ich von Ihrer Lage und Ihren Schicksalen habe, einen aufrichtigen Theil an Ihnen nehme, so brauche ich nicht zu wiederholen, wie sehr es mich schmerzt Ihnen dieses sagen zu müssen. Ich kann nicht einmal mit Freyheit des Gemüths das gewöhnlich Lebe wohl hinzufügen und wünsche nur daß Sie mit den Ihrigen eine gute Gesundheit genießen mögen, welche so manches übertragen hilft.


12/3487.


An Jeanette Louise von Werthern

Gnädige Gräfin!

Die Beschwerde über den Billeteur und Cassier, welche Sie bey mir angebracht, habe sogleich untersuchen lassen und habe die Ehre ihre beyderseitigen Aussagen in Abschrift zu übersenden. Der Billeteur überbringt sie selbst, um sich, in so fern er gefehlt hat, zu entschuldigen.

Auch die zwölf Groschen liegen hierbey, und ich wünsche nunmehr Sie, meine gnädige Gräfin, völlig[40] beruhigt zu sehen, der ich mich mit aller Verehrung unterzeichne

W. d. 16.

Dero ganz gehorsamster Diener

Febr. 1797.

Goethe.


12/3488.


An Friedrich Schiller

Ich wage es endlich Ihnen die drey ersten Gesänge des epischen Gedichtes zu schicken, haben Sie die Güte es mit Aufmerksamkeit durchzusehen und theilen Sie mir Ihre Bemerkungen mit, Herrn von Humboldt bitte ich gleichfalls um diesen Freundschaftsdienst. Geben Sie beyde das Manuscript nicht aus der Hand und lassen Sie mich es bald wieder haben. Ich bin jetzt an dem vierten Gesang und hoffe mit diesem wenigstens auch bald im Reinen zu seyn.

Ihrem Herrn Schwager wollte ich mein Gartenhaus bis Ostern, aber freylich nur bis dahin, gern überlassen, doch würde es nur als die letzte Ausflucht zu empfehlen seyn, denn es würde doch viel Umstände machen es für die jetzige Jahrszeit in Stand zu setzen, denn es ist kein Ofen darinne, und Meubles könnte ich auch nicht geben. Allein das ganze Germarische Haus ist leer und die Fräulein, die ich so eben fragen lasse, will es im Ganzen oder zum Theil auf 6 Wochen vermiethen, auch wohl Meubles dazugeben.

Bey dem großen Drange aber, der hier nach Quartieren ist, stehe ich nicht dafür daß diese Gelegenheit[41] nur eine Woche offen bleibt. Sie müßten mit daher durch einen Boten anzeigen wie viel Raum man verlangt, und mir etwa zugleich melden wer bisher Ihres Herrn Schwagers Angelegenheiten besorgt hat, damit man sich mit ihm bereden könne.

Meyer grüßt auf's beste und hat beyliegendes sehr artiges Titelkupfer geschickt, das aber freylich in die Hände eines sehr guten Kupferstechers fallen sollte, worüber wir uns noch bereden wollen.

Der heutige Oberon fordert mich zur Probe. Das nächstemal mehr.

Weimar am 18. Febr. 97.

G.


12/3489.


An Gottlieb Hufeland

Schon wieder bin ich nach Jena und zwar, wie ich hoffe, auf längere Zeit zurückgekehrt, und komme sogleich in den Fall Sie um eine Gefälligkeit zu ersuchen.

Durchl. der Herzog wünschen den zweyten Theil der Ruinen von Athen zu sehen, und lassen zugleich anfragen: ob man das hier vorräthige Exemplar, ohne den ersten Theil, käuflich erhalten könne? denn den ersten besitzt man schon in Weimar. Wollten Sie mir diesen Band schicken, so würde ich denselben heute, wohl eingepackt, mit den Botenweibern, nach Weimar senden.

[42] Ich hoffe bald das Vergnügen zu haben Sie zu sehen. Jena den 22. Febr. 1797.

Goethe.


12/3490.


An Gabriel Jonathan Schleusner

Hier schicke ich, werthester Herr Doctor, einen kleinen Aufsatz über die Grundlage zu einer architectonischen Bibliothek, wie ich ihn heute früh dictirt habe, er enthält freylich zu wenig und zu viel. Wenigstens aber wird Ihren Correspondenten seines dieser Bücher angeschafft zu haben reuen. Wir sprechen darüber, und es läßt sich wohl noch manches zweckmäßig in der Kürze hinzuthun, und man kann, wenn man nur erst sieht wo Ihr Correspondent hinauswill, nach und nach, mehr darauf bauen. Ich wünsche recht wohl zu leben und hoffe Sie heute Abend zu sehen.

Jena am 22. Febr. 1797.

Goethe.


Die Anfrage Ihres Herrn Correspondenten, werthester Herr Doctor, deutet auf eine Lücke in der Kunstliteratur, dergleichen sich leider noch mehrere finden mögen; ein Buch wie er es wünscht, ist nicht geschrieben, und ist auch sobald noch nicht denkbar. Um ein Bücherverzeichniß aufzusetzen aus welchem sich eine Kunst mit Zeitersparniß studiren ließe, müßte man[43] mit sich und anderen schon über die Methode, und also gewissermaßen über die Theorie einig sein, das ist hier nun leider keineswegs der Fall, und jeder Liebhaber und Künstler muß zu seinem großen, oft unersetzlichen Nachtheil, den Weg einer halb raisonnirten Empirie gehen und sich in den Irrgarten hinein und heraus finden, so gut er kann. Da dieß aber der Fall mit mehr andern hochgepriesenen Wissenschaften ist, so wollen wir uns darein ergeben, und Ihrem Herrn Correspondenten wenigstens unsern guten Willen zeigen. Das Wünschenswertheste wäre freilich, daß der Liebhaber, der sich ausbilden will, die Gebäude selbst am Platze sähe, um nicht allein ihre architektonischen, sondern auch ihre optischen Verhältnisse kennen zu lernen. Ein verständig gewählter oder geschaffener Ort ist der Hauptvortheil eines Gebäudes und die wirkliche Größe des Kunstwerks ist eine unerläßliche Forderung, wenn es wirken soll. Will man aus Büchern sich entweder zu dieser Anschauung vorbereiten, oder sie im Gedächtniß wieder auffrischen, und sich mit den äußeren Gesetzen der Kunst bekannt machen, so wird man wohlthun, eine Bibliothek um sich zu versammeln, die uns mit der Geschichte der Baukunst nach und nach bekannt macht. Zu diesem Studio ist im Allgemeinen Dr. Stieglitzens Geschichte der Baukunst ein recht brauchbares Werk. Die Entdeckung und nähere Bekanntmachung der älteren griechischen Monumente, in Groß Griechenland, Sicilien und[44] dem eigentlichen Griechenland, hat viel Einfluß auf unsere Begriffe von der Baukunst gehabt, und diese Muster wirken auch schon stark auf die Ausübung, indessen ist mir kein Lehrbuch bekannt, wo sie an der Stelle, die ihnen gebührt, aufgeführt wären, da alle bisherigen ältern Schriften dieser Art dem von Vitruv eingeschlagenen Weg gefolgt sind. Ein wahrer Liebhaber der Kunst kann daher diejenigen Bücher, worinn diese Monumente aufgestellt sind, nicht entbehren und es wären daher folgende vor allen Dingen anzuschaffen. Le Roi Reise nach Griechenland. Die Ruinen von Pestum, die Alterthümer von Athen, Houel's Reise durch Sicilien. In diesen Werten kann man den reinen großen und soliden Styl kennen lernen, in welchem jene glücklichen Menschen arbeiteten, obgleich auch manches spätere darinne vorkommt, das der gute Geschmack abzusondern hat. Houel's Werk macht uns besonders anschaulich, wie jenes kluge Volk in den Mitteln zu seinen großen Zwecken haushälterisch gewesen, wie sie Felsen und Berge nicht allein als Fundament, sondern auch als Theil des Gebäudes benutzt, der rohen Masse in ihrer Naturlage eine bequeme und schöne Form gegeben, und durch die Kunst das Fehlende nur gleichsam supplirt, wie sie die Aussichten herrlich genutzt, und was sonst noch alles zu ihrem Ruhm gereichen mag. Von römischen Alterthümern ist eine Menge gestochen und herausgegeben. Im vorigen Jahrhundert arbeiteten verschiedene Künstler[45] an solchen Werken, die in dem Verlag des de Rossi herauskamen, sie enthalten außer den perspektivischen Ansichten des gegenwärtigen Zustandes am untern Theil des Blattes kleine Grundrisse und Profile, auch restaurirte Ansichten, sie sind recht gut und architektonisch zweckmäßig radirt. Rolli und andere arbeiteten auf diesem Wege fort. In dieser Schule bildete sich Piranese, aus dessen Werken nur ein Theil herauszunehmen wäre, da er oft zu viel dem Effekt aufgeopfert. Sein Werk della Magnificenza di Roma ist für die Verzierung einzelner Glieder sehr schätzbar. In der Mitte des 16. Jahrhunderts stach Labacco verschiedene Monumente, nebst ihren Theilen in Kupfer. Wenn man das Original und gute Abdrücke erhalten kann, so bleiben sie Muster der Behandlung dieser Gegenstände mit dem Grabstichel. Vorerst würde ich einem Liebhaber anrathen, sich die Antiquitäten von Rom von Desgodez anzuschaffen. Die Lehrbücher der verschiedenen Meister aus dem 15ten und 16ten Jahrhundert kann man nicht entbehren, sie enthalten Ausmessungen der alten Monumente, Abbildungen der vorzüglichen Gebäude, welche jeder Meister aufführte, oder entwarf, und jeder stellt nach seiner Art die Grundsätze der Kunst auf, wobei sie alle den Vitruv im Auge hatten, von dem die neueste deutsche Übersetzung von Rode in Dessau anzuschaffen ist.

Serlio's Werk ist in mehreren Theilen sehr brauchbar, besonders sind seine Substruktionen, seine Rustika[46] und dergleichen sehr zweckmäßig und gut, und wenn man von seinen übrigen Aufrissen eine gewisse falsche Art von Verzierung wegdenkt, so liegen meist gute Verhältnisse zum Grunde.

Palladio ist geistreich und gratiös und wohl in schicklicher Anwendung architektonischer Fiktionen der erste; sein Werk über die Baukunst ist um so merkwürdiger, da es auch Risse von Gebäuden enthält, die nicht fertig geworden sind, worunter das Kloster della Carita in Venedig gehört, welches er nach dem Muster eines antiken Gebäudes, wie uns die Beschreibung davon durch Vitruv überliefert ist, aufführen wollte, und das dem Risse und dem fertig gewordenen Theile nach, gewiß eines der merkwürdigsten Gebäude der neuen Welt geworden wäre. So ist auch sein Vorschlag zum Ponte Rialto außerordentlich schön, und die jetzige Ausführung dagegen nicht zu vergleichen. Auch kann man aus diesem Werke seine vorzüglichsten Vicentinischen Gebäude kennen lernen. Diese sind jedoch nachher theils in kleinerem, theils in größerem Format, mit vieler Sorgfalt und Aufwand herausgegeben worden. Auch existirt ein Band seiner Kirchen, und ein Band antiker Bäder von ihm. Seine Gebäude haben in der Lombardei das Übergewicht. Seine Ausmessungen und Zeichnungen antiker Gebäude sind nicht immer richtig.

Scamozzi's Werk ist das vollständigste, solideste und trefflichste, das die Architektur aufzuweisen hat,[47] dieses Werk allein genugsam durchzustudiren, würde einen Freund der Kunst schon weit genug bringen. Das wenige, was ihm an der Methode fehlen möchte, weiß ein guter Kopf leicht zu ersetzen. Aus diesen 3 Büchern kann man auch kennen lernen, was in Venedig für eine Bauart geliebt worden sei.

Die Florentiner schlugen sich lange mit dem Gespenste des gothischen Geschmacks herum, und entfernten es nur mit Mühe, bis sie sich auch zur edlen Einfalt erhoben. Dem Bruneleski hängt immer noch etwas gothisches an, dann kommt der zierliche Alberti, der solide Michelozzo, endlich Cronaca, dessen Kirche S. Francesco in Monte wegen Simplicität, Adel und angemessener Zierrathen ruhmwürdig ist. Die bürgerlichen Häuser bauten die Florentiner, so wie die Sieneser anfangs in einem sehr schweren Geschmack sie sehen Festungen und Staatsgefängnissen gleich. Ich will mich nach einem Werk erkundigen, aus dem man diese neuere Toscanische Bauart sich bekannt machen kann. Vignola ist ein sehr angenehmer und geniereicher Baukünstler, wenn er gleich in einigen Sachen schon zu weit geht. Sein Werk muß mit Beurtheilung gebraucht und gelesen werden. Man hat einzelne Gebäude desselben, das Schloß zu Caprarola, das Lusthaus Papa Julia, die kleine Kirche, die vor der Porta del Populo steht, mit allen deren Theilen in Kupfer gebracht, die ein Liebhaber der Kunst besitzen sollte. Um sich von den römischen neueren Gebäuden im Allgemeinen[48] einen Begriff zu machen, kann man den Theil der Santratischen Akademie, der sie enthält, sehr gut nutzen. Besonders finden sich einige von Bramante, die sehr merkwürdig sind. Man fängt jetzt in Rom an, wieder auf's neue, sowohl Grundrisse, als Profile und Aufrisse der merkwürdigsten neueren Gebäude herauszugeben, wovon ich mir viel Gutes verspreche.

Die Geschichte der Erbauung der Peterskirche, der verschiedenen Vorschläge, Risse und Modelle ist eines eigenen Studiums werth, wie denn auch ein eigenes Werk darüber existirt.

Weinlich's Briefe über Rom sind ein sehr gutes Buch, das ein Liebhaber nicht entbehren kann. Von französischen Schriften wollte ich nur vorerst das Werk des Franz Blondel empfehlen. Es ist manches daraus zu lernen und giebt Gelegenheit, da er hier und da mit einem gewissen sceptischen Raisonnement, das sich in die Beurtheilung der Kunst einschleichen wollte, polemisirt, auch diese Vorstellungsart, die sich von Zeit zu Zeit in Künsten wiedersehen läßt, näher kennen zu lernen. Des Abbé Laugier Werk über die Baukunst sollte ein Freund der Kunst auch kennen, seine Grundsätze leiten auf einen guten Weg, sind aber zu einseitig, und ihre Anwendung muß beurheilt und geprüft werden. Wenn man auf die Muster des sinkenden Geschmacks auch einiges Geld verschwenden will, so wären die Ruinen von Palmyra und die[49] Alterthümer von Spalatro, die Clerisseau herausgegeben hat, anzuschaffen. Mit den ägyptischen Alterthümern mache man sich aus Reisebeschreibungen mit so wenig Kosten als möglich bekannt.

Dieses wäre, werthester Herr Doctor, was ich aus dem Stegreife und aus dem Gedächtniß niederschreibe. Die ausführlichen Titel der Werke will ich hinzusetzen, sobald ich wieder nach Weimar komme, wo sich die meisten befinden.

Ich wünsche, daß dieser unvollkommene Aufsatz Ihrem Herrn Correspondenten nützlich sein, und ihm Anlaß geben möge uns seine Bedürfnisse näher anzugeben, ich werde mit Vergnügen das weitere, was mir bekannt ist, mittheilen.


12/3491.


An die Schloßbau-Commission

Ich muß voraussetzen, daß der Mann, den man uns empfiehlt, die erforderliche Geschicklichkeit hat, und dann wäre es in der Lage in der wir uns befinden eine gute Acquisition. Wir haben zwar viele, und mit unter geschickte, Tischermeister, denen auch einiger Erwerb bey dem Schloßbau zu gönnen ist, allein es läßt sich der Arbeit so viel voraussehen, daß wenn nicht wenigstens ein Theil davon fabrikmäßig, und mit allen Vortheilen welche Maschinen und mehrere zusammenarbeitende Menschen gewähren, gefertigt[50] wird, sich das Ende derselben gar nicht absehen läßt. Serenissimus sind nicht abgeneigt diesen Mann zu engagieren, ich überlasse die Bedingungen, unter denen man ihn herbeyziehen könnte höherem Ermessen und einer nähern Negotiation und schränke mich blos auf das Local ein das man ihm allenfalls einrichten könnte.

Daß er für die erste Zeit in das Schloß selbst genommen würde, möchte der Sache ganz gemäß seyn, und da, nach meiner Einsicht in die verschiedenen Epochen des Baues, die so genannten Churfürstlichen Zimmer wohl am letzten gebraucht werden möchten, so könnten solche wohl zu einer dergleichen Haupt tischlerwerkstatt eingerichtet werden.

Sollte man sich dazu entschließen, so könnte man die Tüncher im Frühjahre gleich hineinlegen, sodann die Blindböden fertig machen, und was man sonst zu einer solchen Einrichtung nöthig und schicklich hielt, besorgen. Man könnte alsdann so einem Manne Thüren, Lambris, Meubles, feinere Fußböden in Accord geben und von den übrigen Tischern nach Maßgabe der Umstände auch einen und den andern beschäftigen. Soviel nur vorerst zur Einleitung dieses Geschäftes, wobey freylich noch manches zu bedenken und zu überlegen ist.

Jena d. 24. Feb. 1797.

G.[51]


12/3492.


An Christiane Vulpius

Es war mir neulich auch gar nicht recht euch zu verlassen, wir waren, obgleich nicht gesprächig, doch gar wohlbehaglich beysammen. Die Botenweiber haben alles richtig überbracht. Buch, Uhr, Geld, und was sonst von Packeten und Briefen war, auch den Wein; diesmal habe ich nichts zu verlangen und sage dir nur: daß ich wohl bin und an allerley Dingen arbeite, in Erwartung der Laune zum Gedicht. Beyliegende Austheilung gieb deinem Bruder und sag ihm: daß ich ihm ehestens wegen des Nathans schreiben würde. Das andere schicke sogleich an Herrn Geheimde Rath Voigt.

Lebe recht wohl, grüße den Kleinen, und wenn das Haus in der Ordnung ist besorge alsdann die Aufsätzchen auf das allerschönste, indessen will ich sehen was ich hier vollbringen kann.

Jena, am 24. Febr. 97.

G.


12/3493.


An Friedrich Schiller

Aus meinen betrübten Umständen muß ich Ihnen noch einen guten Abend wünschen. Ich bin wirklich mit Hausarrest belegt, sitze am warmen Ofen und friere von innen heraus, der Kopf ist mir eingenommen[52] und meine arme Intelligenz wäre nicht im Stande, durch einen freyen Denkactus, den einfachsten Wurm zu produciren, vielmehr muß sie dem Salmiak und dem Liquiriziensaft, als Dingen, die an sich den häßlichsten Geschmack haben, wider ihren Willen die Existenz zugestehn. Wir wollen hoffen daß wir, aus der Erniedrigung dieser realen Bedrängnisse, zur Herrlichkeit poetischer Darstellungen nächstens gelangen werden, und glauben dieß um so sichrer als uns die Wunder der stetigen Naturwirkungen bekannt sind. Leben Sie recht wohl. Hofrath Loder vertröstet mich auf einige Tage Geduld.

[Jena] d. 27. Febr. 97.

G.


12/3494.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

[Jena, Anfang März.]

Der Besuch der Musen, die sich zwar wieder zur rechten Zeit eingefunden haben, hat sich dießmal auf eine unfreundliche Weise, durch einen sehr heftigen Cathar, angekündigt, doch scheinen sie den asthenischen Zustand, in welchen ich durch dieses Übel versetzt bin, nicht zu verschmähen, vielmehr sich nur desto freundlicher zu betragen. Wenn der Faden nicht abreißt, hoffe ich mit meiner Arbeit bald fertig zu seyn, zu der ich besondere Lust habe, weil sie wirklich als etwas ganzes erscheinen kann.

[53] Sonst habe ich in den ersten Tagen allerley Briefe und alte Schulden abgethan und mich dadurch in einen freyern Geisteszustand versetzt. Unter den Personen die ich gesehen habe war auch der Conducteur Pistorius, der mir ganz wohl gefallen hat, und sehr fleißig zu seyn scheint. Freylich kann man noch nicht sagen was er mit dem Vorrath machen wird, den er gegenwärtig aufhäuft, das muß man von jedem Studirenden erwarten, ich kann auch nicht an ihm tadeln daß er so vielerley Collegia genommen hat, denn freylich hängt alles zusammen und eins fordert das andere. Der junge Steinert macht seine Sachen auch ganz gut und bereitet sich zu seiner Lehrstelle vor. Er hat angefangen nach meiner Angabe einige Vorschriften auszuarbeiten.

Der Bergrath von Humboldt ist hier Ein wahrhaftes Cornu Copiae der Naturwissenschaften. Sein Umgang ist äußerst interessant und lehrreich. Man könnte in 8 Tagen nicht aus Büchern herauslesen was er einem in einer Stunde vorträgt.

Schiller wird wahrscheinlich den Schmidtischen Garten an der Leutra kaufen, ich wünsche ihm eine Existenz an und in der freyen Luft, wenn nur bey seiner bisherigen Entwöhnung die Veränderung nicht gar zu lebhaft ist.

Vielleicht finden Sie auf beyliegendem Blättchen etwas in Ihre Sammlungen, einiges schien mir dahin zu gehören.[54]


12/3495.


An Friedrich Schiller

Der Cathar ist zwar auf dem Abmarsche, doch soll ich noch die Stube hüten und die Gewohnheit fängt an mir diesen Aufenthalt erträglich zu machen.

Nachdem die Insecten mich an den vergangenen Tagen beschäftigt, so habe ich heute Muth gefaßt den vierten Gesang völlig in Ordnung zu bringen, und es ist mir gelungen, ich schöpfe daraus einige Hoffnung für die Folge. Leben Sie recht wohl und seyn Sie von Ihrer Seite fleißig und sagen Sie der lieben Frau: daß ich für meine Theescheue durch den abscheulichsten Kräuterthee bestraft werde.

Jena am 1. März 1797.

G.


12/3496.


An Friedrich Schiller

Ich habe gleich an Geh. Rath Voigt geschrieben und schicke Ihnen den Brief um ihn nach Belieben absenden zu können. Zugleich erhalten Sie ein monstroses Manuscript, welches zu beurtheilen keines aller meiner Organe geschickt ist. Möchten Sie es diese Nacht nicht brauchen!

Mein Cathar ist zwar merklich besser, doch fange ich an die Stube lieb zu gewinnen, und da es ohnedem scheint daß die Musen mir günstig werden wollen,[55] so könnte ich wohl selbst meinen Hausarrest auf einige Tage verlängern, denn der Gewinnst wäre zu groß wenn man so unversehens an's Ziel gelangte.

Könnten Sie mir nicht einige Blätter von dem schönen glatten Papier zukommen lassen? und mir zugleich sagen wie groß die Bogen sind und was das Buch kostet? Leben Sie wohl und führen Sie nur auch, wachend oder träumend, Ihre Piccolomini's auf dem guten Wege weiter.

[Jena] den 1. März 1797.

G.


12/3497.


An Carl Ludwig von Knebel

Einen freundlichen Gruß habe ich zu rechter Zeit erhalten und mich dessen erfreut, seitdem habe ich mich zu meinen poetischen Arbeiten, nach gewohnter Weise, vorbereitet und bin nun so nach und nach zur Stimmung gekommen, in der ich, wenn sie mich nicht zu früh verläßt, mein Gedicht zu endigen hoffe.

Ich habe in der Zwischenzeit mit meinen Beobachtungen und Zusammenstellungen, die du kennst, fortgefahren; nun ist der Bergrath von Humboldt hier, der, wie ein reiches Cornu copiae, seine Gaben mit Liberalität mittheilt und dessen Umgang äußerst erfreulich und nützlich ist.

Damit du siehst, daß meine Spaziergänge nicht ganz unfruchtbar sind, so schicke ich dir das Schwänzlein[56] eines beliebten Thiers, welches ich in dein Naturalien Cabinet auszuheben bitte.

Es ist übrigens hier meist in allen Fächern ein so schnelles litterarisches Treiben, daß einem der Kopf ganz drehend wird, wenn man drauf horcht. Es ist aber sehr merkwürdig zu sehen wie in unserer Zeit nichts, auch nur einen Augenblick, an seiner Stelle bleiben kann und alles sich wo nicht verbessert doch immer verändert. Die litterarische Welt hat das eigne daß in ihr nichts zerstört wird ohne daß etwas neues daraus entsteht, und zwar etwas neues derselben Art. Es bleibt in ihr dadurch ein ewiges Leben, sie ist immer Greis, Mann, Jüngling und Kind zugleich, und da wo nicht alles, doch das meiste bey der Zerstörung auch noch erhalten wird, so kommt ihr kein anderer Zustand gleich. Das macht auch daß alle, die rein darinne leben, eine Art von Seeligkeit und Selbstgenügsamkeit genießen, von der man auswärts keinen Begriff hat.

Diese Bemerkung die sich mir aufdringt und die ich nur so hinwerfe verdiente besser gesagt und abgehandelt zu werden.

Ich habe diese Tage den Swammerdamm studirt, es ist eine außerordentlich schöne Natur und ein trefflicher Beobachter. Er erhob sich unglaublich über sein Zeitalter, durch eine treue Beobachtung der Phänomene, durch eine klare Aufstellung und eine verständige Zusammenstellung derselben, er dachte gut[57] und es fehlte ihm bis auf einen gewissen Punct weder an Klarheit noch an Methode. Im Vortrag ist er nicht immer glücklich, und im polemischen Theile giebt er seine eigne erkannte Wahrheit einigermaßen auf, um dem Feinde desto sichrer aus dem Felde zu schleichen.

Lebe wohl und verzeih daß ich dergleichen Urtheile und Meynungen schreibe, so leicht hin, wie sie allenfalls im Discours passiren.

Ich muß mich nun die erste Zeit recht zusammenhalten bis mein letzter Gesang auch aus seiner Puppe ausgekrochen ist und ihm die Flügel gewachsen sind, dann hoffe ich wieder eine Zeit lang will's Gott als ein freyer Mensch zu leben.

Jena am 2. März 1797.

G.


12/3498.


An Johann Friedrich Unger

[Concept.]

Aus Ihrem Briefe, mein werthester Herr Unger, habe ich mit Vergnügen gesehen daß Sie bald wieder einen Band meiner Schriften zu drucken wünschen. Ich habe eine Arbeit liegen die beynahe so viel Masse machen möchte; da ich aber vorher noch einige kleinere Sachen, auf einem andern Weg, in's Publikum zu bringen gedenke, so möchte wohl noch einige Zeit hingehen ehe die Reihe an jene Arbeit käme, sobald als[58] ich hierzu eine nähere Hoffnungen habe, werde ich Sie sogleich davon benachrichtigen.

Indessen wünsche ich recht wohl zu leben.

Jena am. 3. März 97.


12/3499.


An Friedrich Schiller

Ich kann glücklicherweise vermelden daß das Gedicht im Gange ist und, wenn der Faden nicht abreißt, wahrscheinlich glücklich vollbracht werden wird. So verschmähen also die Musen den asthenischen Zustand nicht, in welchen ich mich durch das Übel versetzt fühle, vielleicht ist er gar ihren Einflüssen günstig, wir wollen nun einige Tage so abwarten.

Daß wir an Voigt wegen der Gartensache schrieben, war sehr gut, bey der Pupillen-Deputation ist bis dato noch nichts eingegangen, die Sache muß also bey dem akademischen Syndicat betrieben werden. Ich dächte Sie schrieben Faselius was Sie hier von mir erfahren, und ersuchten ihn bey dem Syndicus Asverus auszuwirken, daß die Sache hinüber komme, drüben soll sie keinen Aufschub leiden. Ich wünsche sehr, daß die Sache zu Stande komme, auch darum damit ich Ihnen bey meinem Hierseyn noch einigen Rath zu künftiger Einrichtung geben könne. Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

Jena am 3. März 1797.

G.[59]


12/3500.


An Christiane Vulpius

Nun kann ich dir die gute Nachricht sagen: daß das Gedicht wieder im Werk ist und daß es wahrscheinlich in kurzem fertig seyn wird. Ein leidiger Cathar, den ich mir wahrscheinlich durch einen Spaziergang zuzog, hat mich diese Tage her geplagt, jedoch, weil ich zu Hause bleiben mußte, meine Arbeit mehr gefördert als gehindert. Man kann schon zufrieden seyn wenn das Übel nur zu etwas gut ist.

Ich sehe indessen auch die ersten Gesänge durch und so wird eins mit dem andern fertig werden. Bis heut über 8 Tage wird alles entschieden seyn und ich wünsche zu hören daß dir's recht wohl geht. Lebe wohl und grüße und küsse den Kleinen und laß die inliegenden Packete gut besorgen.

Jena d. 3. März 1797.

G.


12/3501.


An Friedrich Schiller

Die Arbeit rückt zu und fängt schon an Masse zu machen, worüber ich denn sehr erfreut bin und Ihnen als einem treuen Freunde und Nachbar die Freude sogleich mittheile. Es kommt nur noch auf zwey Tage an, so ist der Schatz gehoben, und ist er nur erst einmal über der Erde, so findet sich alsdenn das Poliren von selbst. Merkwürdig ist's wie das Gedicht[60] gegen sein Ende sich ganz zu seinem Idyllichen Ursprung hinneigt.

Jena am 4. März 1797.

Wie geht es Ihnen?

G.


12/3502.


An Christiane Vulpius

Ich habe von Hamburg Nachricht daß 6 Spickgänse an mich unterweges sind. Es wird eine mit dem Porto keinen halben Thaler kosten und dafür kann man sie brauchen, hebe sie sorgfältig auf wenn sie ankommen. Man fragt auch an was ich etwa sonst noch wünsche? Da die Jahrszeit schon so gelind ist möchte nicht wohl räthlich seyn etwas anders als etwa geräucherte Zungen kommen zu lassen, sage mir deine Meinung darüber und schreibe mir gleich wenn die Gänse ankommen. Du hast doch eine einzelne neulich in einer Schachtel erhalten?

Ich kann denken wie du über das Feuer erschrocken bist, und bedaure dich herzlich; doch kann es, bey unsern guten Anstalten, nicht schaden wenn manchmal ein kleines Unglück begegnet, damit nur die Aufmerksamkeit nicht einschläft. Ich will aber doch, sobald ich hinüber komme, die Treppe an deiner Seite hinaufwärts machen lassen und Hornyen, auf einen solchen Fall, die Sorge für das Museum übertragen, dadurch wärest du schon einer großen Sorge überhoben.

[61] Mit dem Gedichte geht es gut, wie es aber mit meinem Kommen oder deinem Abholen werden kann läßt sich noch nicht sagen. An der nächsten Woche erwarte ich einige Besuche, vielleicht auch den Herzog.

Lebe du indessen recht wohl mit dem Kleinen.

Jena am 5. März 1797.

G.

Inliegendes laß gleich besorgen.


12/3503.


An Christiane Vulpius

Ich schicke dir hiermit einige Packete die du sogleich wirst abgeben lassen. Ich kann dir nur so viel sagen, daß ich mich wieder sehr nach dir und dem Kleinen sehne. Mein Cathar ist wieder ziemlich vorbey, doch hat er mich mehr als billig war geplagt. Mit dem Gedichte geht es ganz gut und ich bin nahe am Ende, doch weil ich die ersten Gesänge wieder vornehmen muß, so giebt es noch manches zu thun und ich will daran arbeiten so lange ich Lust behalte, damit ich mich so viel als möglich frey davon mache. Ich will deswegen lieber etwas länger hier bleiben und mich aller der Vortheile bedienen, die ich aus der hiesigen Lage ziehen kann, wir können nachher desto ruhiger eine Zeit lang zusammen seyn. Ich habe bisher wegen des Cathars keinen Wein getrunken, du brauchst mir also nichts zu schicken.

[62] Aber ein paar Pantoffeln mußt du mir gleich bestellen, da meine alten gar zu schlecht worden sind, du läßt sie mir wie die vorigen mit Leinwand füttern und schickst mir sie sobald als möglich. Lebe wohl, grüße den Kleinen und sage mir, wie es euch ergeht.

Wegen Riehls wird sich die Sache vielleicht ma chen lassen. Ich will erst hören was mir der Hofkammerrath schreibt, ich will alsdann meine Meynung sagen. Auf alle Fälle leide ich keine Wohnung im Comödienhause mehr, das übrige was dabey für Vortheile sind, die kann ich ihm so gut als einem andern gönnen.

Lebe nochmals recht wohl.

Jena am 7. März 1797.


Laß doch bey Starken fragen ob die Silhouetten noch nicht fertig sind? so wie auch bey Facius nach dem Siegel.

G.


12/3504.


An Christiane Vulpius

Durch die Anwesenheit des Herzogs bin ich ein wenig an meinem Gedicht gestört worden, doch ist es noch recht gut im Gange und wird gewiß fertig, wenn ich mir nur die gehörige Zeit lasse. Ich will nicht eher von hier weggehen, bis das Ganze beysammen ist und bis die ersten drey Gesänge abgeschrieben und fortgeschickt sind. Dadurch gewinne ich auch ein paar Monate die schönste Ruhe und[63] Freyheit, denn ich mögte jetzt um vieles nicht den guten Gang unterbrechen, in welchen ich diese Arbeit eingeleitet habe.

Sobald das Gedicht fertig ist soll die Seife ankommen und noch etwas dazu, damit du dich auch auf deine Art mit mir freuen könnest.

Das Packet was in der Pappe liegt schickst du an Fräulein Gore, die Pappe selbst aber an Starke, dem du zugleich einen Thaler bezahlst.

Mein Cathar hat sich recht hübsch gegeben, es ist nur noch ein wenig rauher Hals übrig geblieben.

Lebe recht wohl, grüße das Kind und sag ihm daß ich es recht lieb habe. Der Brief, den du mir durch die Essigfrau geschickt hast, ist auch so eben angekommen, es war recht schön daß du mir die guten Nach richten von Meyern so bald schicktest, er sitzt noch ganz ruhig in Florenz. Er grüßt dich und das Kind auf 's allerschönste.

Jena d. 10. März 97.

G.


12/3505.


An Christiane Vulpius

Die Tage waren bisher nicht schön und das Wetterglas prophezeit noch keine bessere, darum tröste ich mich in meiner Einsamkeit, denn der Schloßhof ist noch kein guter Spielplatz.

Mein Cathar mag den Leuten schlimmer vorgekommen seyn als er war, da ich ganzer 8 Tage[64] zu Hause blieb, jetzt befinde ich mich wieder völlig hergestellt und habe nichts verloren, da mein Gedicht sich zu Ende neigt; ich will aber, da ich einmal so weit bin, von hier nicht weggehen bis das Ganze fertig ist und die drey ersten Gesänge nach Berlin abgeschickt sind.

Die warmen Schuhe sind leider zu klein, ich bringe sie wieder mit und wir können sie ja wohl vertauschen. Ich will mich indessen mit den alten behelfen.

Da ich von Schillers das Essen habe, so geht es mir von der Seite recht wohl. Man hat uns von Beutnitz Schwarzwurzeln versprochen, ich dächte ich nähm auch eine Parthie.

Lebe recht wohl, grüße den Kleinen, schicke mir was indessen angekommen ist und behalte mich lieb.

Jena am 14. März 1797.


Die Stelle des Theater Dieners vergebe ich nicht biß ich wieder nach Weimar komme.

G.


12/3506.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 14. März]

Ihr letztes Hierseyn, wofür wir noch alle zu danken haben, hat eine sehr gute Wirkung hinterlassen und unsere kleine Akademie ist auf's neue thätig und[65] lebhaft geworden. Wir hoffen sie bald in Weimar fortzusetzen, denn der Bergrath von Humboldt denkt wenn es Ihnen gelegen ist zu Ende dieses Monats aufzuwarten und Doctor Scherern mitzubringen. Aus beyliegendem pro Memoria werden Sie sehen wie wir die Sache eingeleitet haben und ich bin überzeugt daß Sie von dieser Acquisition manches Nützliche und Vergnügliche einernten werden. Ich habe mich um seine gegenwärtigen Umstände erkundigt und man kann wohl sagen daß er dürftig sey. Wollten Sie ihm daher ein kleines Geschenk gleichsam pro Arrha machen, so würden Sie eine Gabe sehr wohl anwenden. Er hält sich zwar in Kleidern sehr ordentlich, doch ist er gewiß zu einer Reise nicht equipirt.

Den Brief vom 9ten habe wohl erhalten und habe wegen des Einflusses des Galvanischen Fluidi auf die limphatischen Gefäße nachgefragt. Es ist derselbe nicht wohl zu bewirken weil dieses Fluidum nur auf entblößte Nerven seine Kraft äußert, welche bey dem Menschen nur durch starke Hautverletzungen oder gar tiefere Incisionen bloßzumachen sind. Was es wirkt, wenn es durch einen Körper durchgeleitet wird, ist nicht sowohl zu bestimmen.

Bergrath v. Humboldt hat auch schon daran gedacht, diese Entdeckung mit dem animalischen Magnetismus zu verbinden, er hat deßhalb Doctor Petzold in Dresden, der sich damit abgiebt, verschiedene Versuche angegeben, wodurch zu entdecken wäre, ob die[66] Erscheinung mit dem Galvanischen Fluidum in Verbindung steht.

Das pro Memoria an den Grafen Reden soll nächstens folgen und mit den gehörigen Ausdrücken gefaßt werden.

Dem sehr verkappten Dichter, dessen Werke Sie mir zu übersenden die Güte haben, ist wirklich Glück zu wünschen, daß ihm die Musen so viele ruhige, ja man darf wohl sagen unbedeutende Augenblicke gönnen, als zu dergleichen Productionen nöthig sind.

Die kleine blonde Freundin wird ja wohl, wenn ihr die Trauer schön steht, sich über das erfolgte Ableben einigermaßen trösten.

Den neuen Theaterdiener mögte ich gern aus dem eigenen Kreise nehmen und jemanden dazu befördern, der entweder durch Dienst oder Talent schon mit der Anstalt verwandt wäre.

Unterthänigstes pro Memoria.

Über die Anstellung des Doctor Scherers, welche Ew. Durchl. beabsichtigen, habe ich mit ihm selbst und dem Bergrath von Humboldt gesprochen, wornach ich folgendes zu referiren und unmaßgeblich vorzuschlagen habe.

Doctor Scherer hat gegenwärtig keine andere Verbindung als daß er wegen einiger Werke, besonders wegen eines über die Geschichte der Gas Arten, mit einem Buchhändler contrahirt hat, zu deren Ausarbeitung aber eine längere Zeit erfordert wird. Er[67] würde seine hiesigen Vorlesungen gleichfalls aufgeben können, und so ganz zu Befehle stehn.

Seine chemischen Kenntnisse sind nicht allein in Deutschland sondern auch außerhalb anerkannt, und er könnte nicht in diesen vorzügliche Schritte gemacht haben, wenn er nicht in den verwandten Wissenschaften, als der Naturgeschichte, Physik und Technik, gleichfalls bewandert wäre, er wird sich daher nach Ew. Durchl. Absicht in diesen Fächern noch besonders qualificiren können.

Was die Zeit betrifft, in welcher nunmehr das nöthigste vorzunehmen wäre, gehen unsere Vorschläge dahin: Zu Ende dieses Monats gedenkt der Ober-Bergrath von Humboldt Ew. Durchl. aufzuwarten und gedachten Doctor Scherer gleichfalls vorzustellen, der sich die Erlaubniß erbitten wird, einige Experimente vortragen zu dürfen.

Da ein kleines Laboratorium eines der ersten Erfordernissen zu seinen künftigen Arbeiten ist, so wäre vielleicht solches, so wie auch seine Wohnung dabey am schicklichsten in Belvedere einzurichten, um so mehr als er in dem Falle wenn das Mouniersche Institut noch zu Stande käme, sich an dasselbe anschließen könnte. Er besitzt schon einen schönen Glasapparat zu Bereitung der Luftarten, so wie auch eine chemische Bibliothek, und es würde alles das was noch nöthig wäre nach und nach ohne große Kosten angeschafft werden können, da wenig Instrumente in der[68] Hand eines thätigen Mannes mehr wirken als große Sammlungen die nur zur Schau dastehen. Zu der Einrichtung eines Laboratorii würden also der Bergrath von Humboldt und Doctor Scherer bey ihrer nächsten Anwesenheit in Weimar beyräthig seyn. Nach unserm Vorschlag würde sodann Doctor Scherer nach Ostern nach Freyberg gehen, und daselbst sowohl im Geognostischen als Technischen sich umsehen. Von da würde er seine Reise nach Reichenhall in Ober-Bayern richten, woselbst er auf den Salinen sich sowohl überhaupt mit den Einrichtungen, als besonders mit den Vortheilen der Feurung bekannt zu machen hätte, welche dort auf einen vollkommenen Grad eingerichtet ist. Er würde alsdann durch das Bayreuthische zurückkehren und daselbst sowohl eine große Gebürgsreihe als auch manches technische kennen lernen. Er könnte sodann den Thüringer Wald, von dem ihm schon ein Theil bekannt ist, bereisen und sich besonders im Eisenachischen umsehen und Ew. Durchl. würden Ihre Absichten überhaupt näher erklären, worauf er sowohl außerhalb als innerhalb Ihres Landes sein Augenmerk zu richten hätte. Diese Reise würde in 5 bis 6 Monaten mit Nutzen zu vollbringen seyn, und er würde die sämmtlichen Data in dieser Zeit zusammenbringen, welche er künftigen Winter durchzuarbeiten Zeit und Gelegenheit haben würde, wohin besonders auch Vorschläge zu einer vollständigen Benutzung aller Salinen-Producte gehören.

[69] Wir sind überzeugt daß Ew. Durchl. bey dieser Acquisition sowohl für Sich und Ihren Kreis sehr viel Gutes zu erwarten haben als Sich auch um die Wissenschaft überhaupt abermals ein neues Verdienst machen werden.

Weitere Befehle erwartet

Jena d. 13. März 1796.


12/3507.


An Franz Kirms

Den Versuch den Ew. Wohlgeb. wegen des Lauchstädter Hauses machen wollen, kann ich nicht mißbilligen, ich schicke aber die Concepte zurück, mit dem Ersuchen, solche drüben mundiren zu lassen und mir zur Unterschrift herüber zu schicken, da die Zeit zu kurz ist und sie vor Abgang der Botenweiber nicht fertig werden würden. Sollte man noch nöthig finden sie Montags fortzuschicken, so erhielt ich die Munda ja wohl Sonntags durch einen Boten. Die Austheilung auf die nächste Woche hat völlig meinen Beyfall.

Es soll mich freuen wenn durch Ihre Anhaltsamkeit jene andere Sache auch noch einen glücklichen Ausgang gewinnt. Leben Sie indessen recht wohl.

Jena am 17. März 1797.

G.[70]


12/3508.


An Christiane Vulpius

Ich muß dir noch indem ich das Geld absende einen guten Abend sagen. Es war mir gar zu angenehm dich einmal wieder zu sehen und ich habe jetzt wieder Lust noch die Sachen wegzuarbeiten die zunächst vor mir liegen, damit ich dich recht frey und heiter wiedersehen kann. Lebe recht wohl. Grüße das Kind und behalte mich lieb. [Jena] d. 17. März 1797.

G.


12/3509.


An Johann Heinrich Meyer

Ihre Briefe Nr. 14. 15 und 16 sind nach einander angekommen, der letzte gestern über die Schweiz und ist nur 20 Tage unterweges geblieben. Ich will nicht leugnen daß ich diesen Monat über auch sehr mit der bösen Laune zu kämpfen hatte, denn kaum war der schöne Plan über Wien zu gehen ausgedacht, als die Folgen der Einnahme von Mantua auch diese Tour mit neuen Hindernissen bedrohten. Indessen hat Gerning mich eingeladen im April mit ihm über die Schweiz zu gehen, ich glaube und traue ihm aber nicht, denn er ist schon ein ganzes Jahr im Gedanken unterweges. Über Wien war es mir in vielem Sinne reizend, besonders auch weil Humboldts dahin gehen, wodurch mir der Aufenthalt daselbst sehr angenehm[71] und nützlich geworden wäre. Ich habe indessen meine Zeit gut angewendet, das Epische Gedicht wird gegen Ostern fertig und kommt auch in Kalenderform bey Vieweg in Berlin heraus. Auf diesem Wege wird es am meisten gelesen und am besten bezahlt. Was kann ein Autor mehr verlangen. – So wird auch wahrscheinlich die Sache mit dem Gute indessen richtig, welche durch die Subhastation und das Bieten und wieder Bieten sehr aufgehalten worden ist. Übrigens habe ich fast alle meine Fäden losgeknüpft und mein Haus bestellt, so daß ich wie ein Schiff im Hafen nur auf einen günstigen Wind warte. Es freut mich über die Maßen daß ich Sie noch in Florenz denken kann und daß ich hoffen kann Sie ruhig unter diesen Schätzen zu finden. Möchte das gute Geschick uns bald zusammen führen und uns für die mancherley Unruhe und Sehnsucht endlich belohnen. Bey Bannini habe ich schon einmal gewohnt, es ist sehr artig da und ich werde gewiß daselbst wieder einkehren und ich hoffe wir wollen manches gute Mittagmahl in den heitern Zimmern einnehmen. Fahren Sie fort fleißig zu seyn, ich will es auch daran an meiner Seite nicht fehlen lassen. Was Ihre Zeichnungen betrifft, so dächte ich Sie sendeten solche, wenn Sie Gelegenheit haben, wohlgepackt nach der Schweiz, wäre ich noch in Deutschland, so ließe ich sie kommen und hätte indeß doch ein Labsal; sähe ich sie erst nach unserer Zurückkunft, so ist es auch eine aufgesparte[72] Freude. Auf alle Fälle sind die Schätze in Sicherheit. – Das Titelkupfer zum Almanach so wie die Decke haben uns große Freude gemacht, man sieht an beyden wohl recht daß Sie an der Quelle sind. Wenn wir sie nur auch schon zu unserer Zufriedenheit gestochen sähen. – Hufeland hat ein Werk über die Verlängerung des Lebens herausgegeben, dazu wollte er gern eine Zeichnung der Parzen haben, ich gab ihm Ihre kleine Ölskizze. Sie können leicht denken daß der Kupferstecher mitunter wunderlichen Gebrauch davon gemacht hat. – An Ihre Bedürfnisse soll sogleich gedacht werden. Geht Gerning früher so gebe ich ihm die Hemden mit und bringe Ihnen nachher selbst noch einige. Schreiben Sie ja wenn Sie sonst noch etwas Wäsche bedürfen. – Durch Bury habe ich einen Aufsatz von Müllern in Rom gegen Fernow und Carstens erhalten, es ist viel gutes darinn, wir wollen ihn wenn er gereinigt ist in die Horen setzen und so wird auch auf diese Weise der Krieg fortgesetzt, denn man muß nun einmal für allemal immer auf denselbigen Fleck pochen. – Sie schreiben von 8 bis 10 Pilastern von Arabesken, die nach den vatikanischen Logen gemahlt sind, ich dächte Sie kauften solche, wenn der Preis billig ist, und schicken sie mit den übrigen Sachen durch die Schweiz heraus. – Sagen Sie mir doch, hat man ein Werk in welchem die florentinischen Gebäude in Kupfer dargestellt sind? oder sind einzelne Gebäude gut gestochen? Man sollte doch zu den Belegen[73] etwas der Art in unsere Sammlung anschaffen. – Mit dem Bilde der Madonna del Sacco werden Sie sich gewiß Ehre machen und die tiefere Einsicht in das vorzügliche Werk eines so trefflichen Meisters ist Ihnen in jedem Sinne wichtig.

Ich hoffte noch manches hinzu zu fügen, ich will aber nur machen daß heute der Brief fortkommt, denn er ist schon 8 Tage angefangen. Mein Gedicht und dessen letzte Ausarbeitung erfordert viel Aufmerksamkeit, Anfangs April geht die erste Hälfte ab. Dann ist noch der jüngere Herr von Humboldt hier, dessen großer Rotation in physikalischen und chemischen Dingen man auch nicht widerstehen kann. Sodann giebt Fichte eine neue Darstellung seiner Wissenschaftslehre, stückweise, in einem philosophischen Journal heraus, die wir denn Abends zusammen durchgehen, und so überschlägt sich die Zeit wie ein Stein vom Berge herunter und man weiß nicht wo sie hinkommt und wo man ist. Bey manchen dieser Verhandlungen werden Sie recht lebhaft gewünscht, wie noch Schiller gestern Abend that, indessen ich mich herzlich zu Ihnen sehne um durch Anschauung so mancher herrlichen Formen mich wieder zu beleben. Denn für uns andere, die wir doch eigentlich zu Künstlern geboren sind, bleiben doch immer die Speculation, so wie das Studium der elementaren Naturlehre, falsche Tendenzen, denen man freylich nicht ausweichen kann, weil alles was einen umgiebt sich dahin neigt und[74] gewaltsam dahin strebt. Leben Sie wohl, nächstens mehr.

Jena d. 18. März 1797.

G.


12/3510.


An Charlotte von Schiller

[Jena, 18. März.]

Bey dem schönen Wetter wäre es wohlgethan, wenn man sich heute früh in den Garten verfügte, ich dächte Sie schickten mir die Schlüssel, damit ich einstweilen davon Besitz nehmen und das Ganze beschauen und betrachten könnte und Sie kämen alsdann zu welcher Stunde es Ihnen beliebte. Ich hoffe Schiller wird von der Parthie seyn.

G.


12/3511.


An Charlotte von Schiller

[Jena, 19. März.]

Ich schicke die Schlüssel, daß der Tischer nicht aufgehalten werde. Melde mich auf den Mittag an und bitte um die Glastäfelchen, durch deren Zusammendrücken man die schönen Farben hervorbringt.

Wünsche wohl geschlafen zu haben.

G.[75]


12/3512.


An Christiane Vulpius

Ich bin nun so weit daß die letzte Hälfte des Gedichts nun auch rein abgeschrieben ist, freylich nicht zum letztenmale, indeß ist schon viel gewonnen, die erste Hälfte ist beynah ganz im Reinen, doch giebt's immer dabey noch genug zu thun, es wird sich nun bald ausweisen wann ich wieder kommen kann.

Schicke mir einige Bouteillen Wein, und laß doch auf die Stöpsel recht acht haben, es waren einige gar zu schlecht.

Sonst weiß ich weiter nichts zu sagen, denn ich habe mich diese Zeit fast bloß mit dem Gedicht beschäftigt, und fast weiter nichts gehört noch gesehn. Lebe recht wohl und grüße mir das Kind.

Jena am 21. März 1797.

G.


12/3513.


An Christiane Vulpius

Ich habe nunmehr festgesetzt daß ich heute über 8 Tage den 31. März wieder bey dir anlangen will. Alle meine Sachen sind bisher recht gut gegangen und ich habe sogar wieder allerley neue Ideen, die auf die Zukunft gute Frucht bringen werden. Denn es ist nun einmal nicht anders daß man, sobald man fertig ist gleich wieder was neues im Sinne haben müsse.

[76] Schicke mir doch die grüne Manchesterbeinkleider, ich bin einmal wieder in allem auf das erbärmlichste herunter gerissen, und es ist auch deßwegen höchst nöthig daß ich wieder nach Hause komme. Schicke mir etwa noch 4 Bout. Wein und was sonst noch angekommen ist und lebe recht wohl und liebe mich.

Jena am 24. März 1797.

G.


12/3514.


An Christiane Vulpius

Hier schicke ich dir, mein liebes Kind, etwas Geld damit du diese Woche versorgt seyst. Wie gern käme ich gleich heute zu dir, denn ich habe eigentlich hier nichts mehr zu thun. Nur möchte ich abwarten biß Schiller mit einem Stück seiner Arbeit fertig ist, das er mir vorlesen will. Alles andre könnt ich recht wohl drüben, in der Nachbarschaft meiner lieben Kinder thun. Ich sehne mich recht euch wieder zu sehen und komme vergnügt zurück, da mir alles nach Wunsch gelungen ist. Lebe recht wohl, und behalte mich lieb.

Jena d. 26. März 1797.

G.


12/3515.


An Carl August Böttiger

Hier erscheint Kitarophilos mit einer demüthigen Abbitte; Sie werden ihm auch ja wohl zu dieser[77] Kirchenbuße ein Plätzchen gönnen? Ich wünsche recht wohl zu leben und hoffe, Sie nun recht bald zu sehen.

Jena, 26. März 97.

G.


12/3516.


An Johann Friedrich Unger

[Concept.]

Sie haben mir, werthester Herr Unger, durch die übersendeten radirten Blätter, ein ganz besonderes Vergnügen gemacht. Man muß ein so solider, geistreicher und geübter Künstler seyn wie Herr Schadow, um vorübergehende Momente dergestalt zu fassen und wieder darzustellen, ja mehrere Momente in einen zu vereinigen, durch welche Operation ein fest aufgedrucktes Kunstwerk sich, vor den Augen des Zuschauers, immer in einer Art von Bewegung erhält. Danken Sie ihm ja für den seltenen Genuß den er mir dadurch gegeben hat. Es will auch gewiß nicht wenig heißen die individuelle Natur der Tänzer, das Eigne ihrer Kunst, das augenblickliche der Bewegungen, ja selbst wenn man will das beschränkte, conventionelle dieser Art dergestalt zu beherrschen, daß in der Abbildung nur gleichsam die Idee erscheine, und doch so bestimmt, charakteristisch lebendig und auf einem sichern Grunde. Aller Tanz muß seiner Natur nach an's manierirte gränzen und von allen geringern Künstlern wird die[78] Abbildung eines Tanzenden gewiß dahin hinüber geführt werden. Herr Schadow hat, wie mich dünkt, immer den Punct glücklich getroffen wo sich diese Bewegungen einem reinern Styl nähern. Der allgemeine Beyfall den Madame Vigano erhält zeigt freylich daß sie selbst mit großer Energie auf einen reinen Styl arbeitet, dem denn sich doch in der Kunstwelt, wenn die Menschen einmal die Augen aufthun, nichts an die Seite setzen kann.

Nun wünschte ich aber auch über Ihre frühere Anfrage ein bestimmteres Wort sagen zu können, jedoch weiß ich leider weniger als jemals, wie es mit irgend einer Art von Production werden kann.

Einige kleinere Sachen denke ich auf einem andern Weg in's Publikum zu bringen, und was die größern betrifft, die sind denn freylich schon gewohnt sich zu gedulden. Leider ist es nun bald ein Jahr daß ich nach Italien reisefertig bin und die Hoffnung auf Ruhe und Ordnung, deren ich zu meinen Zwecken so sehr bedürfte, hat mich noch immer getäuscht, indessen wirft sich ein Tag dem andern zu und der Abend ist oft da ohne daß man sich den Gewinn des Moments aufweisen kann.

Die Gegenwart des Herrn Berg Rath v. Humboldt macht mir, ich darf wohl sagen, eine ganz besondere Epoche, indem er alles in Bewegung setzt was mich von so vielen Seiten interessiren kann, ich darf ihn wohl in seiner Art einzig nennen, denn ich habe[79] Niemanden gekannt der mit einer so bestimmt gerichteten Thätigkeit eine solche Vielseitigkeit des Geistes verbände, es ist incalculabel was er noch für die Wissenschaften thun kann. Leben Sie recht wohl und fahren fort meiner zu gedenken.

Jena am 28. März 1797.


12/3517.


An G. W. A. von Pape

[Concept.]

[Jena, 28. März.]

Sie haben mir, werthester Herr Assessor, durch Ihren Brief eine sehr angenehme Rückerinnerung gegeben. Wie anders sah es damals in dem guten Rom aus als jetzt, wo der Fremde wie der Einheimische in einer unangenehmen Bewegung und Erwartung der Zukunft leben muß. Schon anderthalb Jahr ist ein Freund, dessen Sie sich auch wohl noch erinnern, Professor Meyer, ein Schweizer, wieder nach Italien, und ich habe, von einer Zeit zur andern, auf bessere Momente gewartet, um ihm zu folgen, und die Lage ist immer schlimmer geworden. Indessen suche ich meine Zeit so gut als möglich anzuwenden und habe eben ein episches Gedicht, das den Titel: Herrmann und Dorothea führen wird, zu Ende gebracht. Es wird vielleicht gegen den Herbst öffentlich erscheinen und ich wünsche daß Sie meiner dabey im Guten gedenken mögen. Lassen Sie mir von Zeit zu Zeit etwas von sich[80] wissen, und sagen Sie mir besonders was Sie am meisten beschäftigt, damit ich, nach einem so lang unterbrochenen Verhältnisse, Ihnen wieder näher wer den möge. Ich wünsche recht wohl zu leben.

Jena am 28. März 97.


12/3518.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich habe dir, mein werther Freund, lange nicht geschrieben und dich nicht, wie ich vorhatte eingeladen, es hat sich dießmal alles so gedrängt, daß mich die Mannigfaltigteit der Existenz und die Anforderungen des Tages fast betäubt haben. Wenn du mein Gedicht sehen wirst, das beynahe ganz geendigt und von vorn bis hinten nochmals durchgearbeitet ist, so wirst du am besten beurtheilen können, daß ich diese 4 Wochen nicht müßig war. Dann fordert die Thätigkeit der Freunde und Kunstverwandten auch noch zur Theilnahme auf. Schiller ist fleißig an seinem Wallenstein, der ältere Humboldt arbeitet an der Übersetzung des Agamemnon von Aeschylus, der ältere Schlegel an einer des Julius Cäsar von Shäkespear, und indem ich so sehr Ursache habe über die Natur des epischen Gedichts nachzudenken, so werde ich zugleich veranlaßt auch auf das Trauerspiel aufmerksam zu seyn, wodurch denn manches besondere Verhältniß zur Sprache kommt.

[81] Dabey bringt noch die Gegenwart des jüngern von Humboldt, die allein hinreichte eine ganze Lebensepoche interessant auszufüllen, alles in Bewegung was nur chemisch, physisch und physiologisch interessant seyn kann, so daß es mir manchmal recht schwer ward mich in meinen Kreis zurück zu ziehen.

Nimmst du nun dazu daß Fichte eine neue Darstellung seiner Wissenschaftslehre, im Philosophischen Journal, herauszugeben anfängt, und daß ich, bey der speculativen Tendenz des Kreises in dem ich lebe, wenigstens im Ganzen Antheil daran nehmen muß, so wirst du leicht sehen, daß man manchmal nicht wissen mag wo einem der Kopf steht, besonders wenn noch reichliche Abendessen die Nacht verkürzen und die den Studien so nöthige Mäßigkeit nicht begünstigen. Ich freue mich daher bald wieder nach Weimar zu kommen um mich wieder in einem andern Kreise zu erholen. Unglaublich aber ist's was für ein Treiben die wissenschaftlichen Dinge herumpeitscht und mit welcher Schnelligkeit die jungen Leute das, was sich erwerben läßt, ergreifen. Lebe indessen wohl in deinem ruhigen Garten wo ich dich zu Ende der Woche wieder zu sehen hoffe.

Jena den 28. März 1797.

G.[82]


12/3519.


An Friedrich Schiller

Mir ergeht es gerade umgekehrt Auf die Sammlung unserer Zustände in Jena bin ich in die lebhafte Zerstreuung vielerley kleiner Geschäfte gerathen, die mich eine Zeit lang hin und her ziehen werden, indessen werde ich allerley thun, wozu ich nicht die reinste Stimmung brauche.

Sie haben ganz recht daß in den Gestalten der alten Dichtkunst, wie in der Bildhauerkunst, ein Abstractum erscheint, das seine Höhe nur durch das was man Styl nennt erreichen kann. Es giebt auch Abstracta durch Manier wie bey den Franzosen. Auf dem Glück der Fabel beruth freylich alles, man ist wegen des Hauptaufwandes sicher, die meisten Leser und Zuschauer nehmen denn doch nichts weiter mit davon, und dem Dichter bleibt doch das ganze Verdienst einer lebendigen Ausführung, die desto stetiger seyn kann je besser die Fabel ist. Wir wollen auch deßhalb künftig sorgfältiger als bisher das was zu unternehmen ist prüfen.

Hier kommt Vieilleville 1ter Theil, die übrigen kann ich nach und nach schicken.

Grüßen Sie Ihre liebe Frau, ich habe sie leider bey ihrem hiesigen Aufenthalte nicht gesehen.

Zu dem Diplom gratulire ich. Dergleichen Erscheinungen sind, als barometrische Anzeigen der öffentlichen Meinung, nicht zu verachten.

[83] Leben Sie recht wohl und schreiben Sie mir öfter, ob ich gleich in der ersten Zeit ein schlechter Correspondent seyn werde.

Weimar am 5. April 1797.

G.


12/3520.


An Friedrich Schiller

Herr von Humboldt, der erst morgen früh abgeht, läßt Sie schönstens grüßen und ersucht Sie beyliegenden Brief sogleich bestellen zu lassen.

Wir haben über die letzten Gesänge ein genaues prosodisches Gericht gehalten und sie so viel es möglich war gereinigt. Die ersten sind nun bald in's reine geschrieben und nehmen sich, mit ihren doppelten Inschriften, gar artig aus. Ich hoffe sie die nächste Woche abzusenden.

Auch sollen Sie vor Mittwoch noch ein Stück Cellini zu zwölf geschriebnen Bogen erhalten. Es bleiben alsdenn etwa noch sechs für den Schluß.

Übrigens geht es etwas bunt zu und ich werde in den nächsten 14 Tagen zu wenigem kommen.

Die astrologischen Verbindungen, die Sie mir mittheilen, sind wunderlich genug, ich verlange zu sehen was Sie für einen Gebrauch von diesem Material machen werden.

Ich wünsche die Materie, die uns beyde so sehr interessirt, bald weiter mit Ihnen durchzusprechen.

[84] Diejenigen Vortheile, deren ich mich in meinem letzten Gedicht bediente, habe ich alle von der bilden den Kunst gelernt. Denn bey einem gleichzeitigen, sinnlich vor Augen stehenden Werke ist das überflüssige weit auffallender, als bey einem das in der Succession vor den Augen des Geistes vorbeygeht. Auf dem Theater würde man große Vortheile davon spüren. So fiel mir neulich auf daß man auf unserm Theater, wenn man an Gruppen denkt, immer nur sentimentale oder pathetische hervorbringt, da doch noch hundert andere denkbar sind. So erschienen mir diese Tage einige Scenen im Aristophanes völlig wie antike Basreliefen und sind gewiß auch in diesem Sinne vorgestellt worden. Es kommt im Ganzen und im Einzelnen alles darauf an: daß alles von einander abgesondert, daß kein Moment dem andern gleich sey; so wie bey den Charakteren daß sie zwar bedeutend von einander abstehen, aber doch immer unter Ein Geschlecht gehören.

Leben Sie recht wohl und arbeiten Sie fleißig, sobald ich ein wenig Luft habe, denke ich an den Almanach.

Weimar den 8. April 97.

G.


12/3521.


An Carl August Böttiger

Hier kommen endlich die vier ersten Musen, haben Sie die Güte das was an ihren Worten und Werken[85] zu erinnern ist mit Bleistift zu unterstreichen, worüber wir sodann mündlich conferiren. Ich wünsche sodann auch Ihnen und unserm wackern Schotten die letzten Gesänge vorzulesen. Weimar den 11. April 97.

G.


12/3522.


An Friedrich Schiller

Möge doch der kleine Ernst bald die gefährliche Krise überstehen und Sie wieder beruhigen!

Hier folgt Cellini, der nun bald mit einer kleinen Sendung völlig seinen Abschied nehmen wird.

Ich bin, indem ich den patriarchalischen Überresten nachspürte, in das alte Testament gerathen und habe mich auf's neue nicht genug über die Confusion und die Widersprüche der fünf Bücher Mosis verwundern können, die denn freylich wie bekannt aus hunderterley schriftlichen und mündlichen Traditionen zusammengestellt seyn mögen. Über den Zug der Kinder Israel durch die Wüsten habe ich einige artige Bemerkungen gemacht, und es ist der verwegne Gedanke in mir aufgestanden: ob nicht die große Zeit welche sie darinne zugebracht haben sollen, erst eine spätere Erfindung sey? Ich will gelegentlich, in einem kleinen Aufsatze, mittheilen was mich auf diesen Gedanken gebracht hat.

Leben Sie recht wohl und grüßen Humboldts mit Überreichung beyliegender Berlinischen Monatschrift,[86] und geben mir bald von sich und den Ihrigen gute Nachricht.

Weimar am 12. Apr. 97.

G.


12/3523.


An Friedrich Schiller

Schon durch Humboldt habe ich vernommen, daß Ihr Ernst wieder außer Gefahr sey und mich im stillen darüber gefreut, nun wünsche ich Ihnen herzlich zu dessen Genesung Glück.

Das Oratorium ist gestern recht gut aufgeführt worden und ich habe manche Betrachtung über historische Kunst machen können. Es ist recht schade daß wir dergleichen Erfahrungen nicht gemeinschaftlich erleben, denn wir würden uns doch viel geschwinder in dem Einen was noth ist bestärken.

Montags gehen die vier Ersten Musen ab, indeß ich mich mit den fünf letztern fleißig beschäftige, und nun besonders die prosodischen Bemerkungen Freund Humboldts benutze.

Zugleich habe ich noch immer die Kinder Israel in der Wüste begleitet, und kann, bey Ihren Grundsätzen, hoffen, daß dereinst mein Versuch über Mose Gnade vor Ihren Augen finden soll. Meine kristisch-historisch-poetische Arbeit geht davon aus: daß die vorhandenen Bücher sich selbst widersprechen und sich selbst verrathen, und der ganze Spaß den ich mir[87] mache läuft dahinaus, das menschlich wahrscheinliche von dem absichtlichen und blos imaginirten zu sondern und doch für meine Meinung überall Belege aufzufinden. Alle Hypothesen dieser Art bestechen blos durch das Natürliche des Gedankens und durch die Mannigfaltigkeit der Phänomene auf die er sich gründet. Es ist mir recht wohl, wieder einmal etwas, auf kurze Zeit, zu haben bey dem ich, mit Interesse, im eigentlichen Sinne, spielen kann. Die Poesie, wie wir sie seit einiger Zeit treiben, ist eine gar zu ernsthafte Beschäftigung. Leben Sie recht wohl und erfreuen sich der schönen Jahrszeit.

Weimar den 15. Apr. 1797.

G.


12/3524.


An Alexander von Humboldt

[Concept.]

[Mitte April.]

In dieser Osterzeit konnte mir nichts anangenehmers begegnen als daß Ihre Gesundheit Ihnen erlaubt uns zu besuchen und besonders mich mit Ihrem nähern Umgang zu erfreuen. Hätte nur nicht Ihr guter Bruder sogleich Ihre Stelle einnehmen müssen! ich wünsche daß er recht bald wieder von seinem Übel befreyt seyn möge.

Wegen der Zeit Ihrer Ankunft hierher thue ich den Vorschlag daß Sie solche auf Mittwoch Nachmittag festsetzen mögen, wir blieben alsdenn Abends[88] allein und warteten ab was die folgenden Tage bringen.

Könnten Sie sich einrichten länger hier zu bleiben als nur 3 oder 4 Tage so würde es recht gut seyn; denn es ist noch alles beysammen was Sie interssiren kann. Lieutenant Vent ist auch hier und würde mit Vergnügen Ihnen den Sextanten expliciren. Anfangs Mai geht der Herzog fort und vielleicht bin ich um jene Zeit auch nicht zu Hause. Lassen Sie uns also das Ende des Aprils so gut als möglich nutzen.

Doctor Scherern ließen wir später kommen, wenn wir finden, daß für seine Erscheinung die beste Zeit ist.

Ich habe Sie so manches zu fragen und hoffe mich recht lange Ihres Einflusses und Ihrer Theilnahme zu erfreuen.


12/3525.


An Friedrich Schiller

Ich erfreue mich besonders daß Sie von der Sorge wegen des Kindes befreyt sind und hoffe daß seine Genesung so fortschreiten wird. Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau auf's beste.

Herrn Bouterweck habe ich nicht gesehen und bin nicht übel zufrieden daß diese Herren mich vermeiden.

Ich studire jetzt in großer Eile das alte Testament und Homer, lese zugleich Eichhorns Einleitung in's[89] erste und Wolfs Prolegomena zu dem letzten. Es gehen mir dabey die wunderbarsten Lichter auf, worüber wir künftig gar manches werden zu sprechen haben.

Schreiben Sie ja sobald als möglich Ihr Schema zum Wallenstein und theilen Sie mir's mit. Bey meinen jetzigen Studien wird mir eine solche Überlegung sehr interessant und auch für Sie zum Nutzen seyn.

Einen Gedanken über das epische Gedicht will ich doch gleich mittheilen. Da es in der größten Ruhe und Behaglichkeit angehört werden soll, so macht der Verstand vielleicht mehr als an andere Dichtarten seine Forderungen, und mich wunderte dießmal bey Durchlesung der Odyssee grade diese Verstandesforderungen so vollständig befriedigt zu sehen. Betrachtet man nun genau was von den Bemühungen der alten Grammatiker und Kritiker, so wie von ihrem Talent und Charakter erzählt wird, so sieht man deutlich daß es Verstandsmenschen waren, die nicht eher ruthen bis jene große Darstellungen mit ihrer Vorstellungsart überein kamen. Und so sind wir, wie denn auch Wolf sich zu zeigen bemüht, unsern gegenwärtigen Homer den Alexandrinern schuldig, das denn freylich diesen Gedichten ein ganz anderes Ansehen giebt.

Noch eine specielle Bemerkung. Einige Verse im Homer, die für völlig falsch und ganz neu ausgegeben werden, sind von der Art wie ich einige selbst in mein[90] Gedicht, nachdem es fertig war, eingeschoben habe um das Ganze klarer und faßlicher zu machen und künftige Ereignisse bey Zeiten vorzubereiten. Ich bin sehr neugierig was ich an meinem Gedicht, wenn ich mit meinen jetzigen Studien durch bin, zu mehren oder zu mindern werde geneigt seyn, indessen mag die erste Recension in die Welt gehen.

Eine Haupteigenschaft des epischen Gedichts ist daß es immer vor und zurück geht, daher sind alle retardirende Motive episch. Es dürfen aber keine eigentliche Hindernisse seyn, welche eigentlich in's Drama gehören.

Sollte dieses Erforderniß des Retardirens, welches durch die beyden Homerischen Gedichte überschwenglich erfüllt wird, und welches auch in dem Plan des meinigen lag, wirklich wesentlich und nicht zu erlassen seyn, so würden alle Plane, die grade hin nach dem Ende zu schreiten, völlig zu verwerfen oder als eine subordinirte historische Gattung anzusehen seyn. Der Plan meines zweyten Gedichts hat diesen Fehler, wenn es einer ist, und ich werde mich hüten, bis wir hierüber ganz im klaren sind, auch nur einen Vers davon niederzuschreiben. Mir scheint die Idee außerordentlich fruchtbar. Wenn sie richtig ist, muß sie uns viel weiter bringen und ich will ihr gern alles aufopfern.

Mit dem Drama scheint mir's umgekehrt zu seyn, doch hievon nächstens mehr. Leben Sie recht wohl.

Weimar am 19. April 1797.

G.[91]


12/3526.


An Friedrich Schiller

Ich danke Ihnen für Ihre fortgesetzten Betrachtungen über das epische Gedicht, ich hoffe, Sie werden bald nach Ihrer Art, in einer schönen Folge, die Natur und Wesen desselben entwickeln, hier indessen einige meiner Vermuthungen.

Ich suchte das Gesetz der Retardation unter ein höheres unterzuordnen, und da scheint es unter dem zu stehen, welches gebietet: daß man von einem guten Gedicht den Ausgang wissen könne, ja wissen müsse und daß eigentlich das Wie blos das Interesse machen dürfe. Dadurch erhält die Neugierde gar keinen Antheil an einem solchen Werke und sein Zweck kann, wie Sie sagen, in jedem Puncte seiner Bewegung liegen.

Die Odysse ist in ihren kleinsten Theilen beynah retardirend, dafür wird aber auch vielleicht funfzigmal versichert und betheuert daß die Sache einen glücklichen Ausgang haben werde. So viele den Ausgang anticipirende Vorbedeutungen und Weissagungen stellen, wie mich dünkt, das Gleichgewicht gegen die ewige Retardation wieder her. In meinem Herrmann bringt die Eigenschaft des Plans den besondern Reiz hervor daß alles ausgemacht und fertig scheint und durch die retrograde Bewegung gleichsam wieder ein neues Gedicht angeht.

[92] So hat auch das epische Gedicht den großen Vortheil daß seine Expositon, sie mag noch so lang seyn, den Dichter gar nicht genirt, ja daß er sie in die Mitte des Werks bringen kann, wie in der Odyssee sehr künstlich geschehen ist. Denn auch diese retrograde Bewegung ist wohlthätig; aber eben deßhalb dünkt mich macht die Exposition dem Dramatiker viel zu schaffen, weil man von ihm ein ewiges Fortschreiten fordert und ich würde das den besten dramatischen Stoff nennen wo die Exposition schon ein Theil der Entwicklung ist.

Daß ich aber nunmehr dahin zurückkehre wo ich angefangen habe, so wollte ich Ihnen folgendes zur Prüfung unterwerfen:

Mein neuer Stoff hat keinen einzigen retardirenden Moment, es schreitet alles von Anfang bis zu Ende in einer graden Reihe fort, allein er hat die Eigenschaft daß große Anstalten gemacht werden, daß man viele Kräfte mit Verstand und Klugheit in Bewegung setzt, daß aber die Entwicklung auf eine Weise geschieht, die den Anstalten ganz entgegen ist und auf einem ganz unerwarteten jedoch natürlichen Wege. Nun fragt sich ob sich ein solcher Plan auch für einen epischen ausgeben könne, da er unter dem allgemeinen Gesetz begriffen ist: daß das eigentliche Wie und nicht das Was das Interesse macht, oder ob man ein solches Gedicht nicht zu einer subordinirten Classe historischer Gedichte rechnen müsse. Sehen Sie nun,[93] mein Werther, wie sich etwa diese zerstreute und flüchtige Gedanken besser ausarbeiten und verknüpfen. Ich habe jetzt keine interessantere Betrachtung als über die Eigenschaften der Stoffe in wie fern sie diese oder jene Behandlung fordern. Ich habe mich darinnen so oft in meinem Leben vergriffen, daß ich endlich einmal in's Klare kommen möchte um wenigstens künftig von diesem Irrthum nicht mehr zu leiden. Zu mehrerer Deutlichkeit schicke ich nächstens meinen neuen Plan.

Noch über einige Puncte Ihrer vorigen Briefe.

Woltmanns Menschengeschichte ist freylich ein seltsames Werk. Der Vorbericht liegt ganz außer meinem Gesichtskreise, das ägyptische Wesen kann ich nicht beurtheilen, aber wie er bey Behandlung der Israelitischen Geschichte das alte Testament, so wie es liegt, ohne die mindeste Kritik, als eine reine Quelle der Begebenheiten annehmen konnte, ist mir unbegreiflich. Die ganze Arbeit ist auf Sand gebaut, und ein wahres Wunderwerk, wenn man bedenkt daß Eichhorns Einleitung schon zehen Jahre alt ist und die Herderischen Arbeiten schon viel länger wirken. Von den unbilligen Widersachern dieser alten Schriften will ich gar nicht einmal reden.

Die Duisburger Fabrik, von der ich auch ein Musterbild erhalten habe, ist ein curioses Unternehmen, das durch unsere Freunde im Modejournal verdient gelobt zu werden. Es ist ein Kunstgriff diese[94] Arbeiten für mechanisch auszugeben, den die Engländer auch schon einmal mit ihrer Polygraphischen Gesellschaft versucht haben. Es ist eigentlich nichts mechanisches daran, als daß alles was dazu gehört mit der größten Reinlichkeit und in Menge durch einige mechanische Hülfsmittel gemacht wird, und so gehört freylich eine große Anstalt dazu, aber die Figuren sind nichts desto weniger gemahlt. Anstatt daß sonst Ein Mensch alles thut, so concurriren hier viele. Das Wachstuch des Grundes wird erst mit großer Sorgfalt bereitet und alsdann die Figur, wahrscheinlich von Blech ausgeschnitten, draufgelegt; nun streicht man den Raum umher sorgfältig mit einer andern Farbe über, und nun werden subalterne Künstler angestellt um die Figur auszumahlen, das denn auch in großen Parthien geschieht, bis zuletzt der Geschickteste die Contoure rectificirt und das Ganze vollendet. Sie haben artige Kunstgriffe um den Pinsel zu verbergen und machen allerley Späße, damit man glauben solle das Werk könne gedruckt seyn. Langer, ein Inspector von der Düsseldorfer Galerie, ein guter und geschickter Mann, ist dabey interessirt und sie mögen immer auch in ihrer Art dem Publiko das Geld abnehmen. Nur weiß ich nicht recht wie die Sachen gebraucht werden sollen, sie sind nicht gut genug um in Rahmen aufgehängt zu werden, und dergleichen schon fertige Bilder in die Wände einzupassen hat große Schwierigkeiten. Zu Thürstücken[95] möchte es noch am ersten gehen. Zu loben ist daran die wahrhaft englische Accuratesse. Man muß das weitere abwarten.

Ich wünsche daß Sie bald in Ihren Garten ziehen und von allen Seiten beruhigt seyn mögen. Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau auf's beste, sowie auch Humboldt dem ich eine baldige Wiederherstellung wünsche.

W. d. 22. Apr. 97.

G.


12/3527.


An Carl August Böttiger

Hierbey überschicke ich den Brief von Duisburg, der mir die Melpomene anmeldete. Wahrscheinlich ist er gleichlautend mit andern die hierher geschickt worden sind. Wäre es nicht Sache daß Sie daraus ein kleine Anzeige in's Modejournal machten? Ich habe dem Professor Langer nach Düsseldorf, der wie es scheint das Werk dirigirt, um einige nähere Auskunft geschrieben, da man denn künftig etwas umständlicher seyn könnte.

Auch habe ich Sie im Nahmen Meyers um eine Gefälligkeit zu ersuchen. Göschen hat ihm zu einiger Ergötzlichkeit, wegen der verfertigten Zeichnungen, die Edition der Wielandischen Werke in groß 8° zugedacht, wovon auch schon 10 Bände eingekommen sind. Wollten Sie wohl die Güte haben zu veranlassen,[96] daß die übrigen auch gelegentlich hierher an mich geschickt würden!

Ich wünsche recht wohl zu leben.

Weimar am 26. April 1797.

Goethe.


12/3528.


An Johann Peter Langer

Die Abbildung der Muse welche Sie mir zugeschickt haben ist wohl erhalten bey mir angekommen, und Ihre Anstalt ist durch dieses Bild, so wie durch die übrigen die Sie zu uns geschickt haben, genugsam bekannt geworden. In dem Mode-Journal wird man vorläufig einige Anzeige davon machen, und ich erwarte ob Sie etwas weiteres und umständlicheres in's Publikum gebracht wünschen.

Die Arbeit empfiehlt sich durch Geschmack und Zierlichkeit und durch die große Reinlichkeit der mechanischen Ausführung. Es entsteht dabey die doppelte Frage: ob solche wohl, ohne beschädigt zu werden, aufgerollt verschickt werden kann, weil sonst der Transport zu kostpielig werden würde, und ob überhaupt der Preis von der Art ist, daß er die deutschen Bauenden nicht abschreckt. Ferner gehört noch ein gewisses Geschick des Architecten dazu, um diese Dinge in die Wände zu vertheilen und zu befestigen, weil sie nothwendig einen Theil der Architectur ausmachen müssen. Ich würde Ihnen daher rathen sich in jeder[97] ansehnlichen Stadt Deutschlands an einen Architecten zu wenden, und den mit in Ihr Interesse zu ziehen, damit er theils die Arbeit empfehle, theils wenn sie empfohlen ist möglich mache. So würde ich Ihnen z.B. in Hamburg Herrn Arens nennen, einen Mann von viel Thätigkeit und Einfluß, in Leipzig Herrn Baudirector Dauthe u.s.w.

In wie fern bey uns künftig, beym Ausbau des Schlosses, von diesen Arbeiten Gebrauch gemacht werden könne, muß die Zeit lehren. Geben Sie mir indessen Nachricht welche Preise Sie dem Publiko setzen wollen, und was Sie allenfalls Rabat geben.

Überhaupt wünschte ich bald von Ihnen eine nähere Bestimmung, was dem Publiko allenfalls zu sagen wäre.

Ich wünsche daß der Friede auch Sie bald wieder in den Besitz Ihrer Kunstwerke setzen möge, deren ich mich immer so wie Ihrer Gefälligkeit noch mit vielem Vergnügen erinnere.

Ich wünsche recht wohl zu leben und empfehle mich Ihrem Andenken. Weimar am 26. April 1797.

Goethe.


12/3529.


An Friedrich Constantin von Stein

Weimar, den 26. April 1797.

Du hast mir, mein lieber Freund, durch den übersendeten Auswuchs einer Fichte viel Vergnügen gemacht,[98] es ist nunmehr das dritte Stuck meiner Sammlung, von beiden andern sehr verschieden, und zur Erklärung dieses Naturphänomens sehr geschickt. Wenn dir sonst irgend etwas Ähnliches vorkommt, so gedenke mein, und empfiehl mich bei dieser Gelegenheit dem Herrn Oberforstmeister v. Wedel.

Der Herr Oberbergrath von Humboldt war einige Tage bei mir und hat durch seine Kenntniß und Thätigkeit unsern Kreis außerordentlich belebt.

Ich freue mich darauf, dich hier zu sehen, denn mit meiner italiänischen Reise steht es noch im Weiten, und du solltest mich in der Gegenwart nicht so sehr wegen meines Zeitgeizes berufen, als in der Entfernung, ob ich gleich gestehe, daß mir mein altes Symbol immer wichtiger wird:

tempus divitiae meae, tempus ager meus.

Es ist mir sehr lieb, daß meine Einpackekunst bei deinem Kasten sich bewährt hat, und meine besondern Inventionen besonders im Boden ihre Wirkung nicht verfehlt haben.

August grüßt dich schönstens, obgleich halb unbekannterweise. Er ist recht hübsch und artig geworden, jetzt wird er unter Herrn Professor Kästner's Aufsicht von einem jungen Eisert unterrichtet.

Lebe wohl, und genieße die Gegenwart, indem du dich für die Zukunft ausbildest.

G.[99]


12/3530.


An Friedrich Schiller

Mit dem Frieden hat es seine Richtigkeit. Eben als die Franzosen wieder in Frankfurt einrückten und noch mit den Österreichern im Handgemenge waren, kam ein Courier der die Friedensnachricht brachte, die Feindseligkeiten wurden sogleich eingestellt und die beyderseitigen Generale speisten mit dem Bürgermeister, im rothen Hause. Die Frankfurter haben doch also für ihr Geld und ihr Leiden einen Theater Coup erlebt, dergleichen wohl nicht viel in der Geschichte vorkommen, und wir hätten denn auch diese wichtige Epoche erlebt. Wir wollen sehen was den Einzelnen und dem Ganzen durch diese Veränderung zuwächst.

Mit dem was Sie in Ihrem heutigen Briefe über Drama und Epos sagen bin ich sehr einverstanden; so wie ich immer gewohnt bin daß Sie mir meine Träume erzählen und auslegen. Ich kann nun nichts weiter hinzufügen, sondern ich muß Ihnen meinen Plan schicken, oder selbst bringen. Es werden dabey sehr feine Puncte zur Sprache kommen, von denen ich jetzt im allgemeinen nichts erwähnen mag. Wird der Stoff nicht für rein episch erkannt, ob er gleich in mehr als Einem Sinne bedeutend und interessant ist, so muß sich darthun lassen in welcher andern Form er eigentlich behandelt werden müßte.

[100] Leben Sie recht wohl, genießen Sie Ihres Gartens und der Wiedergenesung Ihres Kleinen.

Mit Humboldt habe ich die Zeit sehr angenehm und nützlich zugebracht, meine naturhistorischen Arbeiten sind durch seine Gegenwart wieder aus ihrem Winterschlafe geweckt worden, wenn sie nur nicht bald wieder in einen Frühlingsschlaf verfallen!

Weimar am 26. April 1797.

G.


Ich kann mich doch nicht enthalten noch eine Frage über unsere dramatisch epische Angelegenheit zu thun. Was sagen Sie zu folgenden Sätzen:

Im Trauerspiel kann und soll das Schicksal, oder welches einerley ist, die entschiedne Natur des Menschen, die ihn blind da oder dorthin führt, walten und herrschen, sie muß ihn niemals zu seinem Zweck, sondern immer von seinem Zweck abführen, der Held darf seines Verstandes nicht mächtig seyn, der Verstand darf gar nicht in die Tragödie entriren als bey Nebenpersonen zur Desavantage des Haupthelden u.s.w.

Im Epos ist es grade umgekehrt, blos der Verstand, wie in der Odyssee, oder eine zweckmäßige Leidenschaft, wie in der Ilias, sind epische Agentien. Der Zug der Argonauten als ein Abentheuer ist nicht episch.[101]


12/3531.


An Carl Ludwig Woltmann

[Concept.]

Für die übersendete Menschengeschichte schreibe ich hiermit meinen verspäteten Dank, ich habe sie mit vielem Vergnügen gelesen und wünschte mich mit Ihnen darüber nun auch mündlich unterhalten zu können; denn für die Betrachtungen, die bey einem solchen Werke entstehen, ist in einem Briefe kein Raum. So wünschte ich z.B. die Ursache zu wissen, warum Sie bey der Darstellung der Israelitischen Geschichte den alten jüdischen Schriften mehr historischen Werth beygelegt haben, als sie je behaupten können, da es doch vielmehr wie mir scheint selbst Ihrem Plan, eine allgemeine Menschengeschichte darzustellen, günstiger gewesen wäre, wenn nicht Ein Volk und in diesem Ein Mensch eine so große Rolle spielte. Doch das ist eben das worüber man nicht schreiben sondern sprechen, nicht aburtheilen sondern hören soll. Vielleicht habe ich das Vergnügen Sie vor Ihrer Abreise noch zu sehen und wünsche daß Ihre Gesundheit sich bald wieder herstellen möge.

Weimar am 26. April 1797.

Goethe.[102]


12/3532.


An Hans Wilhelm von Thümmel

[Concept.]

[26. April.]

Ew. Hochwohlgeb.

erhalten hiebey ein Empfehlungsschreiben für den Zimmermann Fritzsche, an den Baumeister Arens, von mir, so wie noch drey andere, welche mir Herr Ober Berg Rath zugestellt hat. Da es mit solchen Briefen immer eine Art von Glücksspiel ist und man nicht wissen kann in welcher Lage oder Laune man den Empfänger antrifft; so ist es gut mehr als Ein Loos in der Hand zu haben. Ich wünsche daß ich hierdurch zu Beförderung der guten Absicht welche Ew. Hochwohlgeb. bezwecken, um so mehr etwas beytragen möge, als die Bildung eines geschickten Handwerkers nicht allein für seinen Bezirk, sondern auch für die ganze Nachbarschaft nützlich und bedeutend ist.

Sollte ich Ew. Hochwohlgeb., ohne Ihre Unbequemlichkeit, bey einer bevorstehenden Durchreise wieder einmal sehen und sprechen können, so wird es mir zum besondern Vergnügen gereichen. Der ich die Ehre habe mich mit vollkommner Hochachtung zu nennen


12/3533.


An Johann August Arens

[Concept.]

[26. April.]

. . . Nun hat man, nach denen Angaben wodurch Sie sich, mein werthester Herr Baumeister, in unsrer[103] Gegend bekannt gemacht, ein besonderes Vertrauen zu Ihnen und ist überzeugt daß gedachtem Manne Ihre Bekanntschaft zum größten Vortheil gereichen werde. Ich empfehle ihn daher in gegenwärtigem Schreiben um so lieber, als mir Ihre Gefälligkeit und Ihre Neigung gute Absichten zu befördern bekannt ist, und sich mir dadurch eine Gelegenheit anbietet Sie meines Andenkens und meiner Hochachtung zu versichern. Die von Ihnen uns vorgezeichnete Plane sind wir noch immer auszuführen beschäftigt, zu deren Revision ich Sie dereinst bey uns zu sehen hoffe; sowie eine dankbare Erinnerung für Ihre Bemühungen nicht verlöschen wird. Der ich indessen recht wohl zu leben wünsche.


12/3534.


An Friedrich Schiller

Gestern, als ich der Fabel meines neuen Gedichtes nachdachte, um sie für Sie aufzusetzen, ergriff mich, auf's neue, eine ganz besondere Liebe zu diesem Werke, welche nach allem was indeß zwischen uns verhandelt worden ist, ein gutes Vorurtheil für dasselbe giebt. Da ich nun weiß daß ich nie etwas fertig mache, wenn ich den Plan zur Arbeit nur irgend vertraut, oder jemanden offenbart habe, so will ich lieber mit dieser Mittheilung noch zurückhalten, wir wollen uns im allgemeinen über die Materie besprechen, und ich kann nach den Resultaten im Stillen meinen Gegenstand[104] prüfen. Sollte ich dabey noch Muth und Lust behalten, so würde ich es ausarbeiten, und fertig gäbe es immer mehr Stoff zum Nachdenken, als in der Anlage. Sollte ich daran verzweifeln so ist es immer noch Zeit auch nur mit der Idee hervorzutreten.

Haben Sie Schlegels Abhandlung über das epische Gedicht, im 11ten Stück Deutschlands, vom vorigen Jahr, gesehen? lesen Sie es ja! Es ist sonderbar wie er, als ein guter Kopf, auf dem rechten Wege ist und sich ihn doch gleich wieder selbst verrennt. Weil das epische Gedicht nicht die dramatische Einheit haben kann, weil man eine solche absolute Einheit in der Ilias und Odyssee nicht gerade nachweisen kann, vielmehr nach der neuern Idee sie noch für zerstückelter angiebt als sie sind; so soll das epische Gedicht keine Einheit haben, noch fordern, das heißt, nach meiner Vorstellung: es soll aufhören ein Gedicht zu seyn. Und das sollen reine Begriffe seyn, denen doch selbst die Erfahrung, wenn man genau aufmerkt, widerspricht. Denn die Ilias und Odyssee, und wenn sie durch die Hände von tausend Dichtern und Redacteurs gegangen wären, zeigen die gewaltsame Tendenz der poetischen und kritischen Natur nach Einheit. Und am Ende ist diese neue Schlegelsche Ausführung doch nur zu Gunsten der Wolfischen Meinung, die eines solchen Beystandes gar nicht einmal bedarf. Denn daraus daß jene großen Gedichte erst nach und nach[105] entstanden sind, und zu keiner vollständigen und vollkommenen Einheit haben gebracht werden können (obgleich beyde vielleicht weit vollkommner organisirt sind als man denkt), folgt noch nicht: daß ein solches Gedicht auf keine Weise vollständig, vollkommen und Eins werden könne noch solle.

Ich habe indessen über unsere bisherigen Verhandlungen einen kleinen Aufsatz aus Ihren Briefen gemacht; arbeiten Sie doch die Sache weiter aus, sie ist uns beyden in theoretischer und praktischer Hinsicht jetzt die wichtigste.

Ich habe die Dichtkunst des Aristoteles wieder, mit dem größten Vergnügen, durchgelesen, es ist eine schöne Sache um den Verstand in seiner höchsten Erscheinung: Es ist sehr merkwürdig wie sich Aristoteles blos an die Erfahrung hält und dadurch, wenn man will, ein wenig zu materiell wird, dafür aber auch meistens desto solider auftritt. So war es mir auch sehr erquickend zu lesen mit welcher Liberalität er die Dichter gegen Grübler und Krittler in Schutz nimmt, immer nur auf's wesentliche dringt und in allem andern so lax ist, daß ich mich an mehr als Einer Stelle verwundert habe. Dafür ist aber auch seine ganze Ansicht der Dichtkunst und der besonders von ihm begünstigten Theile so belebend, daß ich ihn nächstens wieder vornehmen werde, besonders wegen einiger bedeutenden Stellen, die nicht ganz klar sind und deren Sinn ich wohl erforschen möchte. Freylich über das[106] epische Gedicht findet man gar keinen Aufschluß in dem Sinne wie wir ihn wünschen.

Hier schicke ich die zwey letzten Verse eines Gedichts. Die empfindsame Gärtnerin. Es sollte ein Pendant zu den Musen und Grazien in der Mark geben, vielleicht wird es nicht so gut, eben weil es ein Pendant ist.

Ich erhole mich in diesen Stunden erst wieder von der Zerstreuung des vergangenen Monats, bringe verschiedene Geschäftssachen in Ordnung und bey Seite, damit mir der Mai frey werde. Wenn es mir möglich wird so besuche ich Sie. Leben Sie indessen recht wohl.

W. d. 28. April 1797.

G.


12/3535.


An Johann Heinrich Meyer

Bisher habe ich mir immer, wenn ich ungeduldig werden wollte, Sie, mein werthester Freund, zum Muster vorgestellt, denn Ihre Lage, obgleich mitten unter den herrlichsten Kunstwerken, war doch ohne Mittheilung und gemeinschaftlichen Genuß, durch welche doch erst alles was unser ist und wird zum Leben kommt. Dagegen ich, obgleich abgeschnitten von dem so sehr gewünschten Anschauen der bildenden Künste, doch in einem fortdauernden Ideenwechsel lebte, und in vielen Sachen die mich sehr interessirten vorwärts kam; nun aber gesteh' ich Ihnen gern daß[107] meine Unruhe und mein Unmuth auf einen hohen Grad zunimmt, da nicht allein alle Wege für den Augenblick versperrt, sondern auch die Aussichten auf die nächste Zeit äußerst schlimm sind. In Wien hat man alle Fremde ausgeboten, Graf Fries geht selbst erst im September zurück, der Weg von da auf Triest ist für jetzt auch versperrt und für die Zukunft wie die übrigen verheert und unangenehm, in dem obern Italien selbst, wie muß es da nicht aussehen! wenn, außer den kriegführenden Heeren noch zwey Partheien selbst gegen einander kämpfen, und selbst nach einem Frieden wie unsicher und zerrüttet muß es eine lange Zeit in einem Lande bleiben wo keine Policey ist noch seyn wird. Einige Personen, die jetzt über Mailand heraus sind, können nicht genug erzählen: wie gequält und gehindert man überall wegen der Pässe ist, wie man aufgehalten und herumgeschleppt wird und was sie sonst von der Noth des Fortkommens und übrigen Lebens erzählen. Sie können leicht denken daß unter diesen Umständen mich alles, was einigen Antheil an mir nimmt, von einer Reise abmahnt, und, ob ich gleich recht gut weiß, daß man bey allen einigermaßen gewagten Unternehmungen auf die Negativen nicht achten soll, so ist doch der Fall von der Art daß man selbst durch eignes Nachdenken das Unräthliche einer solchen Expedition sehr leicht einsehen kann. Dieses alles zusammendrängt mir beynah den Entschluß ab, diesen Sommer, und vielleicht das ganze[108] Jahr, an eine solche Reise nicht weiter zu denken. Ich schreibe Ihnen dieses sogleich um auf alle Fälle mich noch mit Ihnen darüber schriftlich unterhalten zu können. Denn was ich Ihnen rathen soll weiß ich warlich nicht. So sehr Sie mir auf allen Seiten fehlen und so sehr ich durch Ihre Abwesenheit auch von allem Genuß der bildenden Kunst getrennt bin, so möchte ich doch Sie nicht gern so bald von der Nahrung Ihres Talentes, die Sie künftig in Deutschland wieder ganz vermissen werden, getrennt wissen. Wenn mein Plan durch die äußern Umstände zum Scheitern gebracht wird, so wünschte ich doch den Ihrigen vollendet zu sehen. Ich habe mir wieder eine eigne Welt gemacht und das große Interesse, das ich an der epischen Dichtung gefaßt habe, wird mich schon eine Zeit lang hinhalten. Mein Gedicht ist fertig, es besteht aus zweytausend Hexametern und ist in neun Gesänge getheilt, und ich sehe darinn wenigstens einen Theil meiner Wünsche erfüllt; meine hiesigen und benachbarten Freunde sind wohl damit zufrieden, und es kommt hauptsächlich noch darauf an: ob es auch vor Ihnen die Probe aushält? denn die höchste Instanz, vor der es gerichtet werden kann, ist die, vor welche der Menschenmahler seine Compositionen bringt, und es wird die Frage seyn ob Sie unter dem modernen Costum die wahren ächten Menschenproportionen und Gliederformen anerkennen werden? der Gegenstand selbst ist äußerst glücklich,[109] ein Sujet wie man es in seinem Leben vielleicht nicht zweymal findet. Wie denn überhaupt die Gegenstände zu wahren Kunstwerken seltner gefunden werden als man denkt, deswegen auch die Alten beständig sich nur in einem gewissen Kreis bewegen. In der Lage in der ich mich befinde, habe ich mir zugeschworen an nichts mehr Theil zu nehmen als an dem was ich so in meiner Gewalt habe wie ein Gedicht, wo man weiß daß man zuletzt nur sich zu tadeln oder zu loben hat, an einem Werke an dem man, wenn der Plan einmal gut ist, nicht das Schicksal des Penelopäischen Schleyers erlebt; denn leider in allen übrigen irdischen Dingen lösen einem die Menschen gewöhnlich wieder auf was man mit großer Sorgfalt gewoben hat, und das Leben gleicht jener beschwerlichen Art zu wallfahrten, wo man drey Schritte vor und zwey zurück thun muß. Kommen Sie zurück, so wünschte ich Sie könnten sich auch auf jene Weise zuschwören, daß Sie nur innerhalb einer bestimmten Fläche, ja ich möchte wohl sagen innerhalb eines Rahmens, wo Sie ganz Herr und Meister sind, Ihre Kunst ausüben wollen. Zwar ist, ich gestehe es, ein solcher Entschluß sehr illiberal und nur Verzweiflung kann einen dazu bringen; es ist aber doch immer besser ein für allemal zu entsagen, als immer einmal über den andern Tag rasend zu werden.

Vorstehendes war schon vor einigen Tagen geschrieben, nicht im besten Humor, als auf einmal die[110] Friedensnachricht von Frankfurt kam. Wir erwarten zwar noch die Bestätigung und von den Bedingungen und Umständen ist uns noch nichts bekannt, ich will aber diesen Brief nicht aufhalten, damit Sie doch wieder etwas von mir vernehmen und inliegendes, das man mir an Sie gegeben hat, nicht liegen bleibe. Leben Sie wohl, lassen Sie mich bald wieder von sich hören. In weniger Zeit muß sich nun vieles aufklären und ich hoffe, der Wunsch uns in Italien zuerst wieder zu sehen soll uns endlich gewährt werden.

Weimar am 28. April 1797.

G.


12/3536.


An Johann Erichson

[Concept.]

Indem ich die mir anvertrauten Gedichte zurückschicke, füge ich nach Ihrem Wunsch einige Betrachtungen bey. Sie scheinen mir in dem Irrthum zu stehen, den ich schon bey mehreren Jünglingen bemerkt habe, daß man einer Neigung zur Poesie, die man fühlt, sich ausschließlich überlassen müsse, da doch selbst dem Dichter, den die Natur entschieden dazu bestimmt haben mag, erst Leben und Wissenschaft den Stoff geben, ohne welchen seine Arbeiten immer leer bleiben müßten. Nach meiner Einsicht versäumen Sie vielmehr gar nichts, wenn Sie sich dem thätigen Leben oder den Wissenschaftlichen widmen, denn erst alsdann wenn Sie in einem dieser Kreise eine weite[111] Bahn durchlaufen haben, werden Sie Ihres Talents gewiß werden. Bemächtigt es sich aller Erfahrungen und Kenntnisse die Sie gesammelt haben mit Gewalt, weiß es alle die fremdesten Elemente in eine Einheit zu verbinden, so ist das Phänomen da, welches Sie zu wünschen scheinen, das aber auf keinem andern Wege hervorgebracht werden kann. Sollte sich im Gegentheil zeigen, daß diese Neigung zur Dichtkunst jene Probe nicht aushielte, so würden Sie doch den andern Gewinn rein besitzen. Auch kann es niemand gereuen, selbst wenn er zu ganz andern Dingen bestimmt ist, sich wenigstens mit den äußern Formen der Dichtkunst bekannt gemacht zu haben. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

W. den 28. April 1797.


12/3537.


An Friedrich Bury

[Concept.]

Ich danke Ihnen recht sehr daß Sie wieder einmal etwas von sich hören lassen, und freue mich zu vernehmen, daß Sie mit Ihrem Zustand, in den Sie sich durch Ihre Thätigkeit und gutes Glück versetzt sehen, so wohl zufrieden seyn können. Ich hoffe Sie werden die gegenwärtige unruhige Lage auch mit gutem Muth überstehen, und noch kann ich die Hoffnung nicht aufgeben Sie wieder auf dem heiligen Grund und Boden zu umarmen.

[112] Sagen Sie Herrn Müller für den überschickten Aufsatz Dank, wir werden denselben in die Horen setzen, weil man in dem Merkur wohl nicht gerne einen Aufsatz eingerückt hätte, der so manches niederschlägt was man bisher in diesem Journal mit vieler Behaglichkeit vorgetragen hat. Es ist schade für Herrn Fernow daß er, bey so schönen Anlagen, die man ihm nicht absprechen kann, sich mit seinen Urtheilen dergestalt übereilt, und, ohne vollständige Kenntniß, so manches äußert, womit denn freylich der ältere Kenner, der einen weitern Kreis durchlaufen hat, nicht zufrieden seyn kann. Leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in freundschaftlichem Andenken. Professor Meyer ist noch in Florenz, und hat viele gute Arbeiten verfertigt. Wann werde ich wohl einmal wieder etwas von ihm und Ihnen zu sehen bekommen?

Weimar d. 28. Apr.


12/3538.


An Johann Isaak von Gerning

[Concept.]

[28. April.]

Jetzt kann ein Brief kaum hin und wieder gehen, so hat die Welt schon wieder eine andere Gestalt. Wahrscheinlich werden Sie auch in dieser höchsten Krise, da in der Lombardie alles auf dem Spiele steht, die Reise nicht unternehmen, sollte es aber noch[113] seyn, so bin ich so frey Ihnen an Herrn Meyern einige Kleinigkeiten mitzugeben. Sie haben ja wohl die Güte mir deßhalb zur rechten Zeit zu schreiben. Für die Besorgung der Bücher, welche glücklich angekommen sind, danke recht sehr, das Geld werde sogleich an das Industrie-Comptoir zahlen. Die überschickte Silhouette ist sehr gut gerathen.


12/3539.


An Gottlieb Hufeland

Durch Herrn Hofrath Schiller, der mit Herrn Boie in Correspondenz steht, ließ ich diesen ersuchen mir den englischen Cellini, gegen eine Vergütung, abzutreten, er hatte die Gefälligkeit mir solchen pure zu überlassen und ich bin eben im Begriff, nebst meiner Danksagung, ihm dagegen eine kleine Artigkeit zu machen. Wollten Ew. Wohlgeb. die Güte haben dieses, nebst meiner Empfehlung, Herrn Hofrath Eschenburg zu melden? Ich bitte um Verzeihung daß diese meine Angelegenheit Ihnen abermals Mühe macht, ich verdanke Ihnen um so mehr den Vortheil, den ich aus diesem Buche bey meiner Arbeit gezogen habe. Ich wünsche recht wohl zu leben und hoffe Sie bald zu sehen und Ihnen die letzten Gesänge meines Gedichts vorzutragen.

Weimar am 3. Mai 1797.

Goethe.[114]


12/3540.


An Friedrich Schiller

Gestern habe ich angefangen an meinem Moses zu dictiren. Güßefeld verlangt für eine Charte in klein Folio zu zeichnen 4 Louisd'or und will den Stich derselben für etwa 2 Carolin in Nürnberg besorgen. Glauben Sie daß der Spaß die Auslage werth sey, so will ich gleich Anstalt machen, es gehen doch immer ein paar Monate hin bis die Charte fertig wird. Mein Aufsatz kann recht artig werden, um so mehr als in der neuern Zeit die Theologen selbst die Bibelchronologie öffentlich verdächtig machen und überall eingeschobene Jahre zu Ausgleichung gewisser Cyklen vermuthen.

Hier schicke ich den Aristoteles, wünsche viel Freude daran und sage für heute nichts weiter.

Weimar am 3. Mai 97.


G.


Auch schicke ich den zweyten Theil des Vieilleville und den verlangten Don Jouan. Der Gedanke, eine Romanze aus diesem zu machen, ist sehr glücklich.

Die allgemein bekannte Fabel, durch eine poetische Behandlung, wie sie Ihnen zu Gebote steht, in ein neues Licht gestellt, wird guten Effect thun.

Ich wünsche Glück zur neuen Wohnung und werde eilen Sie sobald als möglich darinn zu besuchen.

G.[115]


12/3541.


An Christian Gottlob Voigt

[4. Mai.]

Da Serenissimus, wie ich höre, die Bergwerkssache im Conseil wollen vorgetragen haben, so werden wir denn wohl, zwar nicht ohne Ihre besondere Unbequemlichkeit, über diese Epoche hinauskommen; denn ich mag es überlegen wie ich will, so scheint kein andrer Ausweg. Ich sage hier noch einige Worte, die vielleicht beim Vortrag benutzt werden können.

Lassen Sie fühlen, daß wir nothwendig bei der montägigen Monatssession ein solches Argument haben müssen, um den Deputirten, und durch sie den Gewerken die ungesäumte Bezahlung der rückständigen Termine zwischen hier und Johannis ernstlich anzusinnen, um bis Michael einigermaßen auszulangen, auf welche Zeit sich ein abermaliger Termin unausbleiblich nöthig macht.

Auch könnten Sie wol einfließen lassen, daß ich Herrn Bergrath von Humboldt zu disponiren hoffe, mit mir die nächste Woche hinauf zu gehen, um theils seine Lampen in loco zu versuchen und denen, die sie brauchen sollen, die nöthige Anleitung zu geben. Ich schicke ihm heute einen Expressen, um von der Zeit, die ihm am gelegensten ist, gewiß zu werden. Ich wünsche Glück zu allen heutigen Vorhaben.

G.[116]


12/3541a.


An Jean Joseph Mounier

Die Übersetzung des Schauspiels sende ich hierbey zurück. Sowohl der Inhalt als die Sprache müßten große Veränderungen leiden, wenn es auf unserm, oder wie ich urtheilen kann, auf irgend einem deutschen Theater aufführbar seyn sollte. Es thut mir leid, indem ich gewünscht hätte, daß Sie daraus einiges Vergnügen und einige Nutzen ziehen möchten.

Weimar, am 4. Mai 1797.

G.[63]


12/3542.


An Christian Gottlob Voigt

Oberbergrath von Humboldt hat meinen Antrag, wenigstens für den Moment, abgelehnt; vielleicht gewinne ich ihn noch für diese Expedition, wenn ich, in etwa 8 Tagen, nach Jena komme. Es bleibt uns also nichts übrig, als die Maschine mit der Anweisung hinaufzuschicken; ich bitte aber damit noch einige Tage zu warten, weil ich einige Anfragen und Vorschläge mit hinaufzusenden wünschte. Auf alle Fälle habe ich das Vergnügen Sie morgen zu sprechen; wegen der Stunde will ich bei Zeiten anfragen lassen.

W. d. 6. Mai 97.

G.


12/3543.


An Friedrich Schiller

Ich bin sehr erfreut daß wir grade zur rechten Stunde den Aristoteles aufgeschlagen haben. Ein Buch wird doch immer erst gefunden, wenn es verstanden wird. Ich erinnere mich recht gut daß ich vor dreyßig Jahren diese Übersetzung gelesen und doch auch von dem Sinne des Werks gar nichts begriffen habe. Ich hoffe mich bald mit Ihnen darüber weiter zu unterhalten. Das Exemplar ist nicht mein.

Voß hat mir einen sehr artigen Brief geschrieben und kündigt mir seine Arbeiten über die alte Geographie an, auf die ich sehr verlange.

[117] Sowohl der Brief als das Couvert versprechen ein paar Homerische Karten, die ich aber nicht finde, vielleicht kommen sie mit den Ovidischen Verwandlungen.

In diesen Tagen, da ich mich seiner Homerischen Übersetzung wieder viel bediente, habe ich den großen Werth derselben wieder auf's neue bewundern und verehren müssen. Es ist mir eine Tournüre eingefallen wie man ihm, auf eine liberale Art, könnte Gerechtigkeit widerfahren lassen, wobey es nicht ohne Ärgerniß seiner salbaderischen Widersacher abgehen sollte. Wir sprechen mündlich hierüber.

Daß wir den Ertrag von Lenzens Mumie auf die Karte von Palästina anwenden wollen, ist mir ganz recht. Doch will ich noch einen Augenblick inne halten, bis ich sehe ob auch mein Moses wirklich fertig wird. Bisher hatte ich mich von der Idee Italiens fast ganz los gemacht, jetzt, da die Hoffnung wieder lebendig wird, so sehe ich wie nöthig es ist meine Collectaneen wieder vorzunehmen, zu ordnen und zu schematisiren.

Den 15ten dieses denke ich wieder bey Ihnen zu seyn und eine Zeit lang zu bleiben, heute bin ich von einer zerstreuten Woche noch ganz verstimmt. Leben Sie recht wohl und erfreuen sich der freyen Luft und der Einsamkeit.

Weimar am 6. Mai 1797.

G.[118]


12/3544.


An Johann Heinrich Meyer

Weimar am 8. Mai 1797.

Ihren Brief vom 16. April, der mir Ihren fieberhaften Zustand, und zugleich doch auch Ihre Besserung meldete, erhalte ich heute und will, weil es Posttag ist, sogleich einige Worte dagegen sagen. Ich wünsche recht herzlich daß sich Ihr Zustand möge verbessert haben. Am 28. April schrieb ich Ihnen einen Brief voll übler Laune, die Friedensnachrichten, die in dem Augenblick dazu kamen, rectificirten den Inhalt. Seit der Zeit habe ich mir vorgesetzt so sicher als ein Mensch sich etwas vorsetzen kann:

Daß ich Anfangs Juli hier weggehe, nach Frankfurt, mit meiner Mutter noch mancherley zu arangiren, und daß ich alsdann, von da aus, nach Italien gehen will, um Sie aufzusuchen. Ich darf Sie also wohl bitten in jenen Gegenden zu verweilen und wenn Sie nicht thätig seyn können inzwischen zu vegetiren. Sollten Sie aber Ihrer Gesundheit wegen nach der Schweiz zurück gehen wollen, so schreiben Sie mir, wo ich Sie treffe. Ich kann rechnen daß Sie diesen Brief Ende Mai's erhalten, antworten Sie mir aber nur unter dem Einschluß von Frau Rath Goethe nach Frankfurt am Main, so finde ich Ihren Brief gewiß, und werde mich darnach richten. In der Zwischenzeit erfahren wir die Verhältnisse des[119] obern Italiens und sehen uns mit Zufriedenheit, wo es auch sey, wieder. Ich wiederhole nur kürzlich daß es mir ganz gleich ist, in welche Gegend ich mich von Frankfurt aus bewege, wenn ich nur erfahre wo ich Sie am nächsten treffen kann. Leben Sie recht wohl. Mir geht alles recht gut so daß ich, nach dem erklärten Frieden, hoffen kann Sie auch auf einem befriedigten, obgleich sehr zerrütteten Boden wiederzusehen.

G.


12/3545.


An Friedrich Schiller

Noch etwa acht Tage habe ich hier zu thun, indem sich bis dahin manches entscheiden muß. Ich wünsche sehr wieder einige Zeit bey Ihnen zuzubringen, besonders bin ich jetzt leider wieder in einem Zustande von Unentschiedenheit in welchem ich nichts rechtes thun kann und mag.

Von Humboldt habe ich einen weitläufigen und freundschaftlichen Brief, mit einigen guten Anmerkungen über die ersten Gesänge, die er in Berlin nochmals gelesen hat. Auf den Montag schicke ich abermals viere fort und komme nach Jena um den letzten zu endigen. Auch mir kommt der Friede zu statten und mein Gedicht gewinnt dadurch eine reinere Einheit.

Ich wünsche Sie in Ihrem Garten recht vergnügt und thätig zu finden. Leben Sie recht wohl, ich kann[120] in meiner heutigen Zerstreuung von dem vielen was ich zu sagen habe nichts zu Papiere bringen.

Weimar am 13. Mai 1797.

G.


12/3546.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

Weimar am 15. Mai 1797.

Wie viel Dank bin ich Ihnen schuldig, werthester Freund, daß Sie, bey so vielen eignen Geschäften, meinem Gedicht noch eine solche Aufmerksamkeit widmen wollen, die ich selbst darauf zu wenden nicht im Stande wäre; wie sehr bin ich Ihnen verpflichtet für die feinen kritischen Bemerkungen, da ich an meinen Sachen, sobald die Stimmung, die sie hervorbrachte, vorüber ist, so wenig zu thun im Stande bin.

Auf einem beyliegenden Blatte finden Sie die Veränderungen, die ich versucht habe, und es soll ganz von Ihnen abhängen, ob Sie solche genehmigen, das Alte beybehalten, oder etwas eigenes, Ihrer Überzeugung gemäßes, einschalten wollen.

Der Druck ist freylich nicht sehr reizend, allein da es einmal Kalenderformat seyn soll, und da man noch überdieß wegen schon fertiger Decke genirt ist, so muß er denn wohl hingehen, übrigens ist er denn doch deutlich und nicht unangenehm zu lesen. Da es bey diesem Gedicht auch mit um die augenblickliche Ausbreitung zu thun ist, so war diese Kalendergestalt,[121] nach der jetzigen Lage der Dinge, immer das bequemste Vehikel.

Zur zweyten Ausgabe würde ich die lateinische Schrift wählen, da sie heiterer aussieht, und da auch wir nun schon einen deutschen Druck haben, ich glaube denn doch zu bemerken, daß der gebildete Theil des Publikums sich durchaus zu lateinischen Lettern hinneigt.

Auf den Kupfern, welche die Musen vorstellen sollten, bestehe ich nicht weiter, so wie es auch scheint, daß Vieweg sich wegen der Landschaften beruhigt. Es traf sich mit diesen Blättchen gar zu sonderbar, daß sie gerade Vorstellungen enthalten, die mir äußerst verhaßt sind, und die ganz antipodisch zu meiner Denk- und Dichtart stehen. Böttiger, der mir manches von Vieweg gebracht hat, erwähnt derselben nicht weiter, und ich wünsche, daß es auch dabey verbleibe.

Die vier nächsten Musen gehen heute über acht Tage ab. Erlaubt es Ihnen Ihre Zeit, so gönnen Sie auch diesen einen aufmerksamen Blick. Wie manches wird noch darinnen anzuzeichnen seyn! ob ich gleich selbst nicht einmal die Schreibfehler darinn mehr gewahr werde, besonders da ich es vor einigen Tagen wieder vorgelesen habe, wodurch mir alles Interesse auf eine ganze Zeit wieder erschöpft ist.

Heute über acht Tage denke ich denn auch wieder nach Jena zu gehen, da ich denn den Schluß des neunten Gesanges bald zu finden hoffe, besonders da die Erfüllung des Friedens auch meine Arbeit begünstigt.

[122] Möchte ich Sie doch auch daselbst, bey Ihrer Frau Gemahlin und Ihrem Herrn Bruder finden, wie wir Sie dem Geist nach gegenwärtig denken können.

An Herrn Unger will ich wegen des Agamemnons gern ein Wort gelangen lassen. Ich wünschte gar sehr, daß Sie auf jede Weise aufgemuntert würden, in Ihrer Arbeit fortzufahren.

Könnten Sie mir einige schöne Stickmuster, zu Ofenschirmen, leicht gezeichnet und hübsch colorirt, verschaffen; so würde ich die Auslage mit Dank ersetzen. Die Zeichnung brauchte nur in kleinem Format zu seyn, ich würde sie hier schon in's Große übertragen lassen.

Leben Sie recht wohl und haben Sie nochmals meinen besten Dank. Ich bin sehr neugierig, was aus der Theilung des obern Italiens werden wird, da eine Republik bestehen, und der Kaiser wegen der Niederlande entschädigt werden soll. Wahrscheinlich hat man noch zu guter letzt mit den Venezianern Händel angefangen, um ihnen ihre Zeche hoch anzurechnen. Das alles muß sich in kurzer Zeit entscheiden, denn man wird bald sehen, was die Österreicher in Besitz nehmen, wenn sich die Franzosen zurückziehen, und dann werden wir auch bald näher einsehen, was aus unsern eignen Wandrungen werden kann. Nochmals das beste Lebewohl.

W. d. 14. May 1797.[123]


12/3547.


An Johann Gottfried Herder

Ein Votum über das besondere Bild, das ich dem Prinzen mit den besten Empfehlungen zu übersenden bitte, sowie ein Schein über die erhaltnen Acten liegt bey.

Der Beyfall, den du meinem Gedichte geben magst, ist mir unschätzbar, ich wünsche, daß du es desselben bis zu Ende und auch künftig werth finden mögest.

Lebe wohl und erfreue dich der versammelten Deinen.

Weimar am 17. Mai 1797.

G.


12/3548.


An Friedrich Schiller

Es thut mir leid daß Sie vom nahen Bauwesen so viel dulden! es ist ein böses Leiden und dabey ein reizender Zeitverderb, in seiner Nähe arbeitende Handwerker zu haben. Ich wünsche daß auch diese Ereignisse Sie nicht allzusehr zerstreuen mögen.

Ich suche so viel als möglich aufzuräumen, um mir ein paar ganz freye Wochen zu verdienen, und wo möglich die Stimmung vom Schluß meines Gedichts zu finden. Von der übrigen lieben deutschen Literatur habe ich rein Abschied genommen. Fast bey allen Urtheilen waltet nur der gute oder der böse[124] Wille gegen die Person, und die Fratze des Parteygeists ist mir mehr zuwider als irgend eine andere Carricatur.

Seitdem die Hoffnung das gelobte, obgleich jetzt sehr mißhandelte, Land zu sehen bey mir wieder auflebt, bin ich mit aller Welt Freund und mehr als jemals überzeugt: daß man im theoretischen und praktischen, und besonders in unserm Falle im wissenschaftlichen und dichterischen immer mehr mit sich selbst eins zu werden und eins zu bleiben suchen müsse. Übrigens mag alles gehen wie es kann.

Lassen Sie uns, so lange wir beysammen bleiben, auch unsere Zweyheit immer mehr in Einklang bringen, damit selbst eine längere Entfernung unserm Verhältniß nichts anhaben könne.

Den Schluß des Cellini will ich in Jena gleich zum Anfange vornehmen, vielleicht findet sich auch sonst noch etwas und vielleicht wird Moses durch die Unterhaltung wieder lebendig. Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre liebe Frau und genießen der freyen Luft, die Ihnen doch früh oder spät gute Stimmung gewähren wird.

Weimar am 17. Mai 1797.

G.


12/3549.


An Franz Kirms

So gern ich Herrn und Madame Weyrauch auf alle Weise zu soulagiren wünschte, so kann ich doch[125] denselben eine Vermehrung der Gage nicht zugestehn. Jedoch soll es mir lieb seyn, wenn sie auf die vorigen Bedingungen ihren Contract auf anderthalb Jahre bis Ostern 1799 verlängern wollen, um nach den sich ergebenden Verhältnissen unsers Theaters ihre Talente auch künftig in Ausübung zu setzen.

Weimar am 19. Mai 1797.

G.


12/3550.


An Gottlieb Hufeland

Wollten Ew. Wohlgeb. die Güte haben, mit der heutigen Post, bey Ihrem Herrn Schwager anzufragen: ob das Loos

No. 7666.

in der hamburger Stadtlotterie selbst, entweder ganz oder zum Theil, vielleicht noch zu haben wäre.

Ich habe bedacht daß es doch angenehm seyn müßte, in einem, zwar unwahrscheinlichen, aber doch möglichen Falle, das Gut zugleich mit dem großen Loose zu gewinnen. Sie sehen daß ich mich gleich recht in den Sinn eines Lotteriespielers versetze, an den Zufall muß man gleich übertriebene Forderungen machen. Ich fürchte nur die Nummer ist schon in alle Welt ausgegangen.

Erfreuen Sie sich des schönen Morgens in Ihrem Garten.

Jena am 20. Mai 1797.

G.[126]


12/3551.


An Friedrich Schiller

Ich fange nun schon an mich dergestalt an mein einsames Schloß- und Bibliothekwesen zu gewöhnen, daß ich mich kaum herausreißen kann und meine Tage neben den Büttnerischen Laren, zwar unbemerkt, aber doch nicht ungenutzt vorbeystreichen. um 7 Uhr geh ich in's Concert und dann zu Loder, ich werde also Sie und den freundlichen Himmel heute nicht sehen. Das Wetter verspricht gute Dauer, denn das Barometer ist gestiegen.

Über die Einleitung unseres Blumenmädchens hab ich auch gedacht. Der Sache ist, glaub ich, durch einen doppelten Titel und ein doppeltes Titelblatt geholfen, wo auf dem äußern, sonst der Schmutztitel genannt, die Stelle des Plinius dem Leser gleich entgegen kommt. Ich lasse in diesem Sinne gegenwärtig eine Abschrift für Sie machen.

Hierbey erhalten Sie zugleich noch ein kleines Gedicht, mit dem Wunsch daß es Ihnen wohl und vergnüglich seyn möge. Mir geht es übrigens so gut daß die Vernunft des Petrarchs alle Ursache hätte mir einen großen Sermon zu halten.

[Jena] d. 23. Mai 1797.

G.[127]


12/3552.


An Carl August Böttiger

Es ist mir sehr angenehm zu hören daß Sie mit der Interpunction des Gedichtes zufrieden sind und wir haben Ursache dem Freunde dankbar zu seyn, der uns diesen Dienst leistet, es ist eine Kunst die ich nie habe lernen können.

Sie werden die nächste Woche Hofrath Schiller'n und mir sehr willkommen seyn; kann ich voraus wissen, wann Sie kommen, so läßt sich vielleicht noch besser einrichten daß wir einen Abend ungestört beysammen seyn können. Ich bin neugierig zu hören wie es in Italien aussieht, ich fürchte nur der Friede vollendet wie am Rhein das Übel das der Krieg angefangen hat.

Meinem ruhigen Aufenthalte hier ist die Muse nicht ganz ungünstig, doch habe ich den Schluß des Gedichtes noch zu erwarten.

Leben Sie recht wohl und erfreuen Sie uns bald mit Ihrer Ankunft. Jena am 26. Mai 1797.


Eben vernehme ich nach dem Himmelfahrtstage die Abdanckung des Doge. Gestern mag es wunderlich in Venedig ausgesehen haben.

G.[128]


12/3553.


An Christiane Vulpius

Ich hoffe daß ihr euch bey dem schönen Wetter wohlbefindet und freue mich daß euch der Hochzeitspaß so gut gelungen ist. Die übersendeten Steine sind gut angekommen wie auch der schöne Spargel.

Ich bin die Zeit auf allerley Art fleißig gewesen und hoffe noch manches in diesen Tagen zu Stande zu bringen.

Gestern Abend fuhr ich allein auf die Triesnitz wo es recht lustig herging, ich hätte dich und das Kind dabey gewünscht.

Schicke mir ein oder zwey Paar weiße seidne Strümpfe, es kommen doch mancherley Fälle wo man sie nicht entbehren kann.

Lebe recht wohl, grüße das Kind, schicke mir was angekommen und schreibe was allenfalls vorgefallen ist.

Jena am 26. Mai 1797.

Inliegende Quittung übersendest du Ulmann.

G.


Wenn Herr Rath Jagemann Bücher schickt so schicke mir solche wohlgepackt bald möglichst her über.[129]


12/3554.


An Friedrich Schiller

Hier schicke ich eine Copie der Quittung und lege auch die Berechnung bey die ich mir aber zurück erbitte. Können Sie mir sagen wie viel ich erhalte, so wird es mir angenehm seyn.

Die beyden handfesten Pursche Moses und Cellini haben sich heute zusammen eingestellt, wenn man sie neben einander sieht, so haben sie eine wundersame Ähnlichkeit. Sie werden doch gestehen, daß dieß eine Parallele ist, die selbst Plutarchen nicht eingafallen wäre. Leben Sie recht wohl bey diesem leidlichern Tage.

Jena d. 27. Mai 1797.

G.


12/3555.


An Friedrich Schiller

Ich sende hiermit Ihren reellen Theaterbeutel mit Dank zurück, es hat wohl selten ein dramatischer Schriftsteller einen solchen ausgespendet.

Ich habe auch nunmehr die Rechnung ajustiren lassen, die Ihrige in Copia beygefügt und das Ganze unterschrieben, wodurch denn also das Jahr saldirt wäre. Nur wünschte ich die Escherische Quittung oder eine beglaubte Abschrift derselben wegen der gezahlten 200 Stück Laubthaler zu haben, weil ich sie bey meiner Meyerischen Rechnung bedarf.

[130] Gerning scheint Ernst zu machen, er meldet daß er Pfingsten nach Italien gehen will.

Böttiger wird morgen ankommen und einige Tage bleiben, es wird nun von Ihnen abhängen wann er Ihren Grund und Boden einmal betreten darf.

Heute werde ich nicht das Vergnügen haben Sie zu sehen, bey Tage wage ich mich nicht vor die Thüre und Abends bin ich zu einigen Feyerlichkeiten geladen.

Der Eindruck von dem wiederholten Lesen des Prologs ist mir sehr gut und gehörig geblieben, allein der Aufwand wäre für ein einziges Drama zu groß. Da Sie einmal durch einen sonderbaren Zusammenfluß von Umständen diese Zeitepoche historisch und dichterisch bearbeitet haben; so liegt Ihnen individuell in der Hand wornach man sich im allgemeinen so weit umsieht: ein eigner Cyclus, in den Sie, wenn Sie Lust haben, auch Privatgegenstände hineinwerfen und sich für Ihre ganze dichterische Laufbahn alle Exposition ersparen können.

Sie äußerten neulich schon eine solche Idee und sie dringt sich mir jetzt erst recht auf.

Sie erhalten zugleich ein Gedicht das sich auch an einen gewissen Kreis anschließt. Leben Sie recht wohl und erfreuen sich des Abends der schön zu werden verspricht.

Jena am 28. Mai 1797.

G.[131]


12/3556.


An Christiane Vulpius

Es hat mich recht sehr gefreut daß du mir auch einmal einen langen Brief geschrieben hast, und ich antworte dir sogleich mit der Post, um dir zu sagen: daß es mir auch ganz wohl geht, ob ich gleich, wenn ich die Wahl hätte, lieber in meinem Hause wäre, weil die Veränderung von Schillers Wohnung und das warme Wetter, bey dem man bey Tage nicht gut ausgehen kann, mir gar nicht behaglich ist.

Brechten giebst du beyliegenden Brief und drey Hemden mit, du kannst sie nur in ein paar große Bogen einschlagen und zusiegeln.

Der Frau von Stein schicke ja von Zeit zu Zeit etwas Spargel und schicke das Kind überhaupt manchmal hin.

Die Angelegenheit von der du mir schreibst will ich besorgen, ich kann wohl einsehen warum man damit zu langsam ist. Lebe recht wohl, Dienstag ein mehreres. Sage Brechten, den Brief an Herrn Gerning wollte ich auf der Post schicken.

Jena am 28. Mai 1797.

Herr Cotta hat sich mit lauter schönen Doppellouisd'oren gezeigt, an denen ich nur erst eine Freude haben kann wenn ich dir sie aufzähle, oder sie zu deinem und des Kindes Nutzen anlege.

[132] Sage mir was du lieber magst: ein Goldstück für dich, zum Spase, oder etwas in die Haushaltung, wie man hier mancherley anschafft.

Lebe wohl. Liebe mich. Sobald ich nur kann komme ich zurück. Wenn ich aufrichtig seyn soll; so ist mir hier noch keinen Tag wohl geworden.

In die Veränderung von Schillers Wohnung kann ich mich nicht schicken, es ist mir alles so unbequem und hinderlich. Adieu mein liebes grüße das Kind.

G.


12/3557.


An August Wilhelm Schlegel

Mit einem Briefe von Herrn Geheimde Rath Voigt schicke ich zugleich die ersten Theile des Gozzi, für Ihren Herrn Bruder, die übrigen stehen nach und nach auch zu Diensten. Wenn ich nicht irre so sind Gesners französische Idyllen noch bey Ihnen, die ich mir gelegentlich zurück erbitte. Ich wünsche Ihnen recht wohl zu leben.

Jena am 28. Mai 1797.

Goethe.


12/3558.


An Christiane Vulpius

Den inliegenden Brief an meine Mutter giebst du Mittwoch Abend auf die Post und das Stück vom[133] Reichsanzeiger schickst du gleichfalls auf die Post zurück, man hat es mir aus Irrthum unter den andern Zeitungen zugeschickt.

Ich bin hier fleißig so wie es gehen will, und mache eins nach dem andern fertig. Besorge nur von deiner Seite daß wir packen und reisen können sobald wir wollen, und daß ich nachher damit keine Sorge noch Beschwerlichkeit habe. Für alles übrige was nöthig ist will ich sorgen.

Ich sehe aus dem Brief des Zapfs daß seine Frau, in seiner Abwesenheit, weil sie keinen rothen Wein hatte, einen Eimer Werthheimer geschickt hat. Es ist auch kein Unglück und ich sage dir es nur damit du beym Abfüllen nicht etwa deswegen besorgt wirst.

Schicke mir doch meine Sporn, die Stiefel sind so weit daß sie mir fast von den Füßen fallen. Lebe wohl und schicke mir was indessen angekommen ist.

Jena d. 30. Mai 97.

G.


12/3559.


An Carl August Böttiger

Den letzten Gesang schicke ich Morgen durch einen Boten, damit Freund Vieweg nicht abgehalten werde, ich wünsche selbst, daß Herr von Humboldt noch einen Blick darauf werfen möge. Die eingegangenen 100 Ducaten bitte nebst beyliegendem Billete in mein[134] Haus zu schicken und nur gegen einen Empfangschein abgeben zu lassen.

Grüßen Sie Herrn Vieweg schönstens und danken ihm für vollwichtige Bezahlung, ich werde, wenn ich den kleinen Rest des Gedichts schicke, selbst schreiben.

Was noch abgeht ist wenig über 100 Hexameter also etwa noch vier Blätter.

Zu der andern Ausgabe bin ich ganz wohl mit der hierbey zurückkommenden lateinischen Schrift zufrieden, nur wünsche ich einen breiten Steg und überhaupt viel Rand, als die wahre Zierde jedes Buches.

Indem ich Ihnen für die vielen gefälligen Bemühungen Dank sage, muß ich nur gestehen daß ich mit Hofrath Loder schon wieder in dem Fall bin Ihre freundschaftliche Thätigkeit anzurufen. Er wird anatomische Observationen, mit Kupfern, in klein Folio, bey Dietrich herausgeben, und es ist schon eine alte Abrede daß ich meine Arbeiten über comparirte Anatomie anschließen will; nun entsteht die Frage wie ich meine deutschen Abhandlungen in ein klares, lebhaftes, der Sache angemeßnes Latein übergetragen sehen könnte. Sie stellen sich wohl vor was wir dabey wünschen. Wenigstens erlauben Sie daß ich Ihnen bey erster Gelegenheit meine Arbeit vorlese, mit der ich schon ziemlich im Reinen bin. Das erste Stück sollte die allgemeine Einleitung und das Specimen einer Monographie über das os intermaxillare enthalten.

[135] Die Zeichnungen der Düsseldorfer Tapeten so wie die dazu gehörigen Papiere liegen gleichfalls bey.

Ich empfehle mich bestens Ihrem Andenken.

Jena am 3. Juni 1797.

Goethe.


12/3560.


An Friedrich Schiller

Hierbey Urania. Möchten uns doch die neune, die uns bisher beygestanden haben, bald noch zum epischen Schweife verhelfen.

Meine Schriften, artig geheftet, liegen nunmehr für Boie da, ich will einen Brief dazu schreiben und sie, wohlgepackt, fortschicken. Sie haben wohl die Güte mir die Adresse anzuzeigen.

Ich lege auch die Zeichnung für die Decke des Musenalmanachs bey, die Absicht ist freylich daß das Kupfer auf bunt Papier gedruckt und die Lichter mit Gold gehöht werden sollten. Es ist zu wünschen daß ein geschickter Kupferstecher mit Beurtheilung bey der Arbeit verfahre, damit sie auch ohne jene Aufhöhung guten Effect thue.

Ich bitte mir den Gesang, sobald Sie ihn gelesen haben, wieder zurückzuschicken, indem ich ihn gleich abzusenden denke. Leben Sie recht wohl und lassen den heutigen schönen Tag fruchtbar seyn.

[Jena] d. 3. Juni 1797.

G.[136]


12/3560a.


An Gottlob Friedrich Ernst Schönborn

[Concept.]

Bey verschiedenen guten Eigenschaften, werthester Freund, die wir vielleicht haben mögen, scheint uns doch unser Geburtsstern die Luft zu correspondiren und uns mit abwesenden Freunden zu unterhalten beyden versagt zu haben.

Ich höre von Zeit zu Zeit, durch reisende Freunde, daß Sie leben, sich wohl befinden und meiner auch noch gern gedenken; man wird Ihnen von mir das Gleiche erzählt haben.

Da nun abermals ein junger Mann, mit dem ich in guten Verhältnissen stehe, Doctor und Bergrath Scherer, ein sehr geschickter Chemiker, unmittelbar nach England reist und im Kurzen den Vortheil haben wird in Ihrer Nähe zu seyn; so freue ich mich eine Gelegenheit zu haben mein Andenken bey Ihnen zu erneuern und einen Zeugen Ihres Wohlergehens künftig unter den Unsrigen zu wissen. Leben Sie recht wohl und erhalten mir ein fortdauerndes Andenken.

Weimar am 3. Juni 1797.[76]


12/3566.


An Christian Gottlob Voigt

[Jena, 4. Juni.]

Der Bote der mir den Tod des guten Lesslers verkündigt, trifft mich eben in der Litteratur wo[145] ich das liebliche Fest ganz munter gefeyert habe. Um nichts aufzuhalten schick ich meine Unterschrift in blanko, worüber Sie die Güte haben, die Abschrift des Conzeptes setzen zu lassen. Nach dem habitus scheint mir auch ohne nähere Kenntniß der vorgeschlagne Candidat der beste. Leben Sie recht wohl.

Ich siegle mit den Rosen der schönen Wirthinn.

G.[146]


12/3561.


An den Herzog Carl August

Die Opale, durch welche Sie uns Ihr Andenken so schön und glänzend gezeigt haben, erschienen zur größten Freude des hießigen mineralogischen Kreises und wurden durch Kenner mancherley Art weit höher geschätzt als sie bezahlt worden. Ich habe sie nur einsweilen, gegen Quittung, in das Cabinet gegeben und was damit geschehen könnte nicht erklärt. Man wird sich glücklich schätzen sie dereinst für einen so mäßigen Preis als Eigenthum des Instituts anzusehn.

Die Münzen, für die ich bestens dancke, haben als ein gütiges Andencken von Ihnen, die Kraft verlohren mich an die traurige Quelle zu erinnern aus der sie geflossen sind.

Oberbergrath v. Humbold ist nun auch mit der sämmtlichen Caravane, bestehend aus zwey Müttern, zwey Männern, fünf Kindern, zwey Mägden und einem Bedienten nach Dresden abgereist und hat vielleicht irgendwo das Glück Ihnen zu begegnen.

Dr. Scherer ist in Weimar gewesen und hat sich in der Brauerey umgesehen, er findet denn freylich schon für den ersten Anblick manches das noch künftiger Verbesserung bedarf. Er ist von allen Seiten mit Adressen und Empfehlungen ausgestattet worden und hat, insofern es die Zeit erlaubte, sich[137] aufs beste vorzubereiten gesucht. Heute reist er ab und ich wünsche daß er recht ausgebildet und brauchbar wiederkommen möge.

Auch mir kommt, indem ich andre sich fortbewegen sehe, die Lust wieder an in die Welt wieder einmal hinaus zu blicken. Ich hoffe dazu Ihre Erlaubniß. Zu Anfangs Juli möchte ich meine Mutter besuchen, um doch einmal die Lage unsres Vermögens näher kennen zu lernen. Sie hat sich, durch höhere Procente und Vortheile gereitzt, bewegen lassen manche Capitalien in die auswärtigen Anleihen zu geben und ich wünschte nicht daß ein großer Theil unsrer Besitzungen auf solchem Boden ruhte. Meyer ist in Florenz nicht wohl, ich erwarte, daß er nach der Schweiz zurückgeht, wo er schon einmal wieder genas. Vielleicht würde ich einige Zeit mit ihm am Zürcher See zubringen, dessen Athmosphäre Wielanden so wohl bekommen ist.

Indessen hoffe ich biß dahin Sie wiedergesehen zu haben und Ihre Befehle und Gesinnungen zu vernehmen.

Die Früchte des Friedens sind noch immer sehr herbe, noch sieht niemand wie diese Wolcken sich verziehen und wohin sie ziehen können, und wir haben alle Ursache, besonders in diesem zweydeutigen Augenblick, demjenigen zu dancken der zur rechten Zeit die Neutralität für uns einleitete; denn es ist keine Frage daß in diesem Augenblick die Franzosen uns noch zuletzt,[138] so schlimm und schlimmer als die Rhein und Maynländer brandschatzen könnten und würden.

Ich wünsche recht herzlich daß das Bad Ihre physischen Übel abspülen und Sie uns recht gesund und heiter zurücksenden möge.

Leben Sie indeß vergnügt in dem Zirckel den Sie beleben und gedencken unter den Ihrigen auch meiner mit Wohlwollen.

Jena d. 6. Juni 1797.

Goethe.


12/3562.


An Heinrich Christian Boie

Ew. Wohlgeb. für den gütig abgetretnen Cellini zu danken war schon lange meine Schuldigkeit und mein Vorsatz, da ich aber wünschte, die dadurch in Ihrer Bibliothek entstandene Lücke, wenigstens wieder mit einigen Bänden auszufüllen; so mußte ich auf die Ankunft der Sammlung warten, welche hierbey folgt. Wir Autoren sind meistens an gutem Willen reicher als an vollständigen Exemplaren unserer Schrifften, nehmen Sie in dieser Rücksicht die verspätete Gabe freundlich an.

Gern erinnere ich mich der Zeit unserer ersten Verhältnisse, wie manches hat sich seitdem an Menschen und Dingen verändert. Sollten wir uns einmal wieder finden, so würde nach einer so langen Pause, die Vergleichung des Vergangenen mit dem[139] Gegenwärtigen uns zur interessanten Unterhaltung dienen.

Ich freue mich zu hören daß Sie sich wohl befinden und empfehle mich Ihrem ferneren gütigen Andenken.

Jena am 6ten Juni 1797.

Goethe.


12/3563.


An Johann Isaak von Gerning

Nach Ihrem letzten Schreiben kann ich hoffen, daß Sie dieses Packet noch in Frankfurt antreffen wird. Reisen Sie glücklich und eilen Sie der vom Kriege unberührten Partenope zu; grüßen Sie alles daselbst und geben gefällig unterweges inliegendes an Meyer ab.

Ihre Gedichte sende ich hier zurück, ich habe davon eine Abschrift behalten und will sie Herrn Hofrath Schiller gelegentlich vorlegen; er erklärt ohnehin nicht leicht zum voraus, was er in den Almanach aufnehmen will, und bestimmt erst seine Wahl unmittelbar, wenn er an die Redaction geht; möge Ihnen die Muse eine recht freundliche Begleiterin bleiben. Leben Sie wohl, gedenken Sie unser und lassen bald etwas von sich hören.

[Jena] den 6. Juni 97.

Goethe.[140]


12/3564.


An Johann Heinrich Meyer

Ihren Brief vom 13. Mai habe ich den 5. Juni erhalten, woraus ich sehe daß die Posten zwar noch nicht mit der alten Schnelligkeit, doch aber wieder ihren Gang gehen und das macht mir Muth Ihnen gleich wieder zu schreiben. Seitdem ich die Nachricht erhielt daß Sie sich nicht wohl befinden, bin ich unruhiger als jemals, denn ich kenne Ihre Natur, die sich kaum anders als in der vaterländischen Luft wieder herstellt. Sie haben indessen noch zwey Briefe von mir erhalten, einen vom 28. April und einen vom 8. Mai, No. 23 und 24, möchten Sie doch auf den letzten diejenige Entschließung ergriffen haben die zu Ihrem besten dient! Ihre Antwort, die ich nach dem jetzigen Lauf der Posten in Frankfurt gewiß finden kann, wird meine Wege leiten. Selbst mit vielem Vergnügen würde ich Sie in Ihrem Vaterland aufsuchen und an dem Zürcher See einige Zeit mit Ihnen verleben. Möge doch das Gute, das Ihnen aus unserm freundschaftlichen Verhältniß entspringen kann, Sie einigermaßen schadlos halten für die Leiden die Sie in der Zwischenzeit ausgestanden haben und die auch auf mich, in der Ferne, den unangenehmsten Einfluß hatten, denn noch niemals bin ich von einer solchen Ungewißheit hin und her gezerrt worden, noch niemals haben meine Plane und Einschließungen so von[141] Woche zu Woche variirt. Ich ward des besten Lebensgenusses unter Freunden und nahe Verbundnen nicht froh, indeß ich Sie einsam wußte und mir einen Weg nach dem andern abgeschnitten sah.

Nun mag denn Ihr nächster Brief entscheiden und ich will mich darein finden und ergeben was er auch ausspricht. Wo wir auch zusammenkommen, wird es eine unendliche Freude seyn. Die Ausbildung die uns indessen geworden ist wird sich durch Mittheilung auf das schönste vermehren.

Der Müllerische Brief, dessen Sie erwähnen, ist in den Horen nunmehr abgedruckt und zwar mit dem Nahmen des Verfassers, welches, wie Sie wissen, sonst nicht gebräuchlich ist; dadurch wird es also eine ganz individuelle Sache die sich mit der übrigen Masse des Journals nicht amalgamirt.

Es enthält dieser Aufsatz, wie ich wohl schon gesagt habe, gute, gründliche und treffende Stellen, doch ist der Styl im Ganzen ängstlich und schwerfällig und man sieht ihm einen gewissen düstern Parteygeist gar wohl an. Auch mag es dabey sein Bewenden haben und ich glaube Ihnen gern daß ein Umgang mit jenen so wenig moralisch als ästhetisch gereinigten Menschen von keinem sonderlichen Reize seyn möge.

Schiller lebt in seinem neuen Garten recht heiter und thätig, er hat zu seinem Wallenstein sehr große Vorarbeiten gemacht. Wenn die alten Dichter ganz[142] bekannte Mythen, und noch dazu theilweise, in ihren Dramen, vortrugen, so hat ein neurer Dichter, wie die Sachen stehen, immer den Nachtheil daß er erst die Exposition, die doch eigentlich nicht allein auf's Factum, sondern auf die ganze Breite der Existenz, und auf Stimmung geht, mit vortragen muß. Schiller hat deswegen einen sehr guten Gedanken gehabt daß er ein kleines Stück, die Wallensteiner, als Prolog vorausschickt, wo die Masse der Armee, gleichsam wie das Chor der Alten, sich mit Gewalt und Gewicht darstellt, weil am Ende des Hauptstückes doch alles darauf ankommt: daß die Masse nicht mehr bey ihm bleibt, sobald er die Formel des Diensts verändert. Es ist in einer viel pesantern, und also für die Kunst bedeutendern Manier, die Geschichte von Dumouriez. Höchst verlangend bin ich auch Ihre Ideen über das Darstellbare und Darzustellende zu vernehmen. Alles Glück eines Kunstwerks beruht auf dem prägnanten Stoffe den es darzustellen unternimmt. Nun ist der ewige Irrthum daß man bald etwas Bedeutendes, bald etwas Hübsches, Gutes und Gott weiß was alles, sich unterschiebt wenn man doch einmal was machen will und muß.

Wir haben auch in diesen Tagen Gelegenheit gehabt manches abzuhandeln über das was in irgend einer prosodischen Form geht und nicht geht. Es ist wirklich beynahe magisch daß etwas, was in dem[143] einen Sylbenmaße noch ganz gut und charakteristisch ist, in einem andern leer und unerträglich scheint. Doch eben so magisch sind ja die abwechselnden Tänze auf einer Redoute, wo Stimmung, Bewegung, und alles durch das Nachfolgende gleich aufgehoben wird.

Da nun meine ganze Operation von Ihrer Antwort auf meinen Brief vom 8. Mai, der nicht numerirt war, aber eigentlich Nr. 24 ist, abhängt, so will ich nicht wieder schreiben, als bis ich diese erhalten habe und Ihnen nachher gleich antworten wo ich bin und wie ich gehe. Sollten Sie auch auf diesen noch irgend etwas zu vermelden haben, so schicken Sie es nur auf Frankfurt an meine Mutter wo ich schon das weitere besorgen will.

Jena am 6. Juni 1797.

G.


12/3565.


An Christiane Vulpius

Unsere Spazierfahrt war noch zur rechten Zeit angestellt, denn der Regen hat gestern besonders alle Triesnitzliebhaber sehr an ihren Freuden gehindert. Schreibe mir doch ob Böttiger dir die 100 Ducaten mit einem Briefe von mir überschickt hat? ob du den Schein abgegeben und das Gelb verwahrt hast?

Ich schicke drey Täschchen zurück, eins hab ich behalten. Zwar hab ich die Zettelchen verlohren, aber[144] ich erinnere mich daß es einige Groschen über einen Thaler angesetzt war, vielleicht läßt er es für einen Thaler, mehr ist es auch nicht werth.

Dir schicke ich 1 Pfund Spargel die sehr schön sind und dem Kinde Erdbeeren. Meine Mutter hat mir die Nummer des Looses geschickt, sie befindet sich wohl und grüßt.

Sind die Hemden für Meyer Montags abgegangen?

Der Schluß des Gedichtes hat sich noch nicht gezeigt, dagegen habe ich aber eine große Gespensterromanze für den Almanach in diesen Tagen fertig gemacht.

Wir müssen nun eben noch so manches abwarten und uns in der Stille zu unserer Expedition vorbereiten.

Die Sachen die du mir empfohlen hast sind auch besorgt. Lebe recht wohl und grüße das Kind. Da es uns neulich auf unserer kleinen Reise zusammen so gut gegangen ist, so wünsche ich mir bald eine größere, versäume nicht mit Schilling zu sprechen.

Jena am 6. Juni 1797.

G.[145]


12/3567.


An Franz Kirms

Ich will Ew. Wohlgeboren privatim nicht läugnen, daß mir der Aufsatz, welchen Sie mir gestern zuschickten, empfindlich war, da man mir, der ich mich nur um das Ganze und eigentlich um das Kunstfach bisher bekümmert habe, der ich Ihnen die Einrichtung und die Policey im Parterre ganz überlassen habe, gleichsam die Verantwortlichkeit wegen einiger in meiner Abwesenheit vorgefallenen Unarten zuschieben und mir, der ich das Recht habe, auf mehrere Jahre Contracte zu schließen, auf eine nicht wohl überdachte Weise drohen will, daß das Theater einmal unverhofft dissolvirt werden könnte. Ich möchte denn doch wohl wissen, in wessen Gewalt und Willkür das stehen dürfte.

Beyliegendes pro memoria, in welchem ich meine Empfindlichkeit dissimulire, habe ich mit gutwilliger[146] Meynung verfaßt, die ich hier wiederhole: so lange man nicht auf der rechten Seite eine Wache hinstellt (morgen sollte es der tüchtigste Unteroffizier seyn), so lange man Bänke auf Bänke pfropft, wodurch alle Communication und Circulation verhindert wird, so ist man weder vor einer einzelnen noch vor einer all gemeinen Unart sicher, und ich werde, wenn man Remedur von mir fordert, und doch auf meine Vorschläge nicht achtet, mich ausdrücklich von aller Verantwortlichkeit in diesem Punkte lossagen. Einen Husaren auf die rechte Seite zu stellen, habe ich schon früher urgirt, es ist aber nie geschehen, und diese Vorsicht wird jetzt um so leichter, da auf jener Seite gleichfalls ein Eingang ist. Wenn man die Menge in Ruhe halten will, so muß man die erste Unart nicht leiden. Gleich beym Eintritt in den Saal sollte jeder genöthigt werden, den Hut abzuziehen, damit er erinnert würde, daß er dem Orte Achtung schuldig sey. Ich habe bey übervollem Hause, als Iffland's Spiel in den Räubern erwartet wurde, mit ein paar ernsten und derben Worten den Tumult im ersten Augenblick zum Schweigen gebracht, hätte ich nicht den Entschluß gefaßt, damals gleich bey der mindesten Bewegung dreinzufahren, so würde jene Aufführung gewiß eine der unruhigsten gewesen seyn. Ich zweifle nicht, daß die beyden Vorstellungen ruhig vorübergehen werden, und bis künftigen Winter kann sich viel verändern. Verzeihe Ew. Wohlgeboren mir meine Empfindlichkeit![147] Bey unserm engen Verhältniß aber ist Aufrichtigkeit das beste.

Wegen der kleinen Götzin finde ich die Einrichtung, die Sie machen wollen, recht passend, nur glaube ich, ist es billig, daß man ihr ein kleines Geschenk zu. ihrer Entwicklung macht und daß man ihr ein kleines Taschengeld wöchentlich aussetzt.

Jena, d. 9. Juni 97.

Eben als ich den Brief siegeln will, kommt Götze, der Vater, in großer Agitation zu mir. Ich weiß nicht, was ihm für Gespenster erschienen sind, daß man seine Tochter nicht mit nach Lauchstädt schicken wollte. Da ich aber aus Ihrem Briefen Ihre Gesinnung weiß, mit welcher die meinige übereinstimmt, und er mir noch überdies erzählte: daß Sie bey dem Juden und Schuster Credit gemacht haben, so sah ich wohl, daß es nur eine Confusion war, in die er, Gott weiß wie, verfallen ist, und die ich ihm nicht übel nehme, weil ein jeder Mensch in Fällen, die ihm so wichtig scheinen, gar leicht ängstlich und verlegen wird.

Beendigen Sie daher das Geschäft, sobald es Ihre Zeit erlaubt, und setzen Sie doch eine Art von Contract mit der Beckin auf, damit man wisse, was man von ihr erwarten kann. Ich wünsche indessen recht wohl zu leben.

G.[148]


12/3568.


An das fürstliche Hofmarschallamt

Ungern habe ich vernommen, daß bey einigen Vorstellungen sich die jenaischen Studirenden unanständig betragen haben.

Nach allen meinen Erfahrungen wird ein solches Tumultuiren nur von Wenigen erregt und theilt sich erst nach und nach mit; man versucht erst ob es gehe? und wird das Geringe nachgesehen, so ist das Heftigste zu erwarten. Diesmal scheinen nur neue Studirende ihr Probestück gemacht zu haben.

Ich kann, zu Verhütung aller ähnlichen Unannehmlichkeiten, für morgen und künftig nur folgenden Rath geben:

Man stelle auch auf die rechte Seite (der Zuschauer) die bisher gar keine Wache gehabt hat, Einen, und wenn man es für nöthig hält, Zwey Husaren, man befehlige diese, so wie die, die an der Thüre stehen, daß sie keinen Hut auf dem Kopf, selbst vor Anfang des Stücks, leiden. Sollte irgend einer anfangen Lärm zu machen, so muß er gewarnt und, wenn er fortfahren sollte, hinausgeschleppt werden, welches auch nunmehrig auf der rechten Seite möglich wird, weil ein Ausgang hinaus geht.

Ferner stelle man durchaus eine Bank weniger zwischen die festen Bänke und das Orchester, damit die Wache, wenn irgend etwas vorkommt, auch Raum[149] zum Wirken hat. Das Schauspielhaus ist niemals so voll, daß nicht noch hinterwärts Raum genug wäre, alles drängt sich aber vorn auf einen Fleck zusammen, und wie die Sache jetzt steht, kann Niemand weder wehren noch sich rühren. Diese Anstalt, die ich hier vorschlage, ist morgen um so nöthiger, da gewiß wieder neue Versuche eines rohen Betragens vorkommen werden.

Ich ersuche fürstl. Hofmarschallamt, die pünktliche Befolgung dieser Vorschläge, deren guten Effect ich voraus verspreche befehlen zu lassen, da demselben die Beruhigung des Hofes und Publikums, wie billig, am Herzen liegt.

Ich bitte nur allenfalls durch eine Registratur mir von dem Erfolg einige gefällige Nachricht zu geben.

Jena, am 9. Juni 1797.

J. W. v. Goethe.


12/3569.


An Christiane Vulpius

Das Wetterglas ist diese Tage stark gefallen, es fängt an zu regnen und ich fürchte, bey abnehmendem Mond wird es noch schlimmer, wir wollen daher unsere Fahrt noch aussetzen, sage das Schilling damit er sich die Fuhre nach Lauchstädt nicht verschlägt.

Ich schicke hierbey schöne Erdbeeren und wünsche daß sie gut ankommen, leider sind sie schon einige[150] Tage alt, sage dem Kind wenn es mir hübsche Briefe schreibt, so sollen auf den Mittwoch noch frischere ankommen.

Schicke mir doch auch 4 Krüge frisches Seltzer Wasser, es ist mir diese Tage recht ein Bedürfniß geworden.

Für deinen langen Brief danke ich dir recht sehr, es geht schon wirklich mit dem schreiben wenn du es nur recht üben willst.

Hier schicke ich dir einen Brief meiner Mutter daraus du sehen kannst wie gut sie denkt. Alle Einrichtungen können nunmehr auf's beste gemacht werden und ehe 14 Tage herumgehen kann alles in der besten Ordnung seyn.

Die beste Nachricht die ich dir zu geben habe ist denn doch wohl daß das Gedicht fertig ist, und so wäre es recht gut, wenn ich nur sonst ruhen könnte; es wird aber jetzt unermüdet am Almanach gearbeitet, der denn auch recht stattlich ausgestattet werden soll. Lebe recht wohl, besorge inliegende Briefe und Packete sogleich. Noch 8 Tage so wird schon vieles klärer und wir werden einander hoffentlich näher seyn.

Jena d. 9. Juni 1797.

G.


12/3570.


An Friedrich Schiller

Hier schicke ich den Schlegelchen Aufsatz, er scheint mir im Ganzen gut gedacht und gut geschrieben, einige[151] Stellen habe ich angezeichnet, die mit wenigem verbessert werden könnten, Sie thun ja wohl das Gleiche und wenn ich den Aufsatz diesen Abend mit nach Hause nehmen kann, so berichtige ich alles morgen mit ihm, so daß Sie Montag den hungrigen Stunden dieses Frühstück nebst einem Bissen Cellini vorsetzen können. Leben Sie recht wohl und lassen Ihren Taucher je eher je lieber ersaufen. Es ist nicht übel, da ich meine Paare in das Feuer und aus dem Feuer bringe, daß Ihr Held sich das entgegengesetzte Element aussucht.

[Jena] den 10. Juni 1797.

G.


12/3571.


An den Herzog Carl August

Der Vorwurf meiner Schreibefaulheit, den Sie mir, bester Fürst, durch Geh. R. Voigt machen lassen, ist leider nicht unverdient, meine Dinten und Papierscheue nimmt gleichsam mit jedem Tage zu, umsomehr als ich einen Geist zur rechten Hand habe, der, mit der größten Leichtigkeit, meine Gesinnungen und Einfälle zu Papier bringt. Indessen wird ein Brief, der den sechsten hier abging, meinem sinckenden Credit wieder ein wenig aufgeholfen haben, in welchem ich die Abreise der Chemiker nach Osten und Westen ankündigte.

Bald werde ich nun auch mich nach Weimar zurückbegeben, da die beynahe völlige Einsamkeit ihre[152] reichen Früchte getragen hat. Das Gedicht, dessen Anfang Ihnen nicht mißfiel, ist nun geendigt und es wird nun bald in die deutsche Welt ausgehen. Zugleich haben sich eine Idylle, einige Balladen, und andre Liederarten eingefunden. Ich wünsche daß Sie solche nicht ganz ohne Beyfall dereinst vernehmen mögen.

Vorgestern Abend hatte ich eine sonderbare Unterhaltung: Lord Bristol ging, von Carlsbad, hier durch, und da er mich zu sehen verlangte ging ich zu ihm. Er empfing mich gleich mit ein Paar solennen Grobheiten und setzte mich dadurch völlig a mon aise. Glücklicherweise hatte ich guten Humor und meinen französchen Tag, so daß ich ihm nichts schuldig blieb, und wir, nachdem wir eine Stunde lang disserirt, disputirt, etwas grob gescherzt und mitunter verständig gesprochen hatten, mit aller Höflichkeit und Zufriedenheit auseinander schieden. Es ist mir sehr angenehm dieses wunderliche Original, von dem man so viel gehört hat, endlich einmal mit Augen gesehen zu haben, denn ohne unmittelbare Anschauung des Individuums kann man sich von der seltsamen Zusammensetzung keinen Begriff machen.

Sie haben jetzt den Fürsten von Ligne in der Nähe der auch eine eigne und merckwürdige Natur seyn muß.

So mancherley Wünsche ich auch in dieser an mancherley Schicksalen schwangeren Zeit hege, so steht[153] doch der Wunsch für Ihr Wohl immer oben an, und so waren die Nachrichten, die ich von Weimar erhalte: daß die Cur gute Wirckung thut, mir höchst erfreulich; indessen kommt auch die Zeit heran wo mir die Freude bevorsteht Sie wieder zu sehen und von mancherley mündliche Nachricht und Rechenschaft zu geben.

Da alles hier seinen gewöhnlichen Gang geht so iß nicht viel zu sagen. Kempelens Sprachmaschine, welche Hofr. Loder besitzt und die zwar nicht sehr beredt ist, doch aber verschiedne kindische Worte und Töne ganz artig hervorbringt, ist hier, durch einen Tischer Schreiber, recht gut nachgemacht worden – Die Opale sind noch nachher von Kennern bewundert worden und werden lange eine der ersten Zierden des Cabinets bleiben – Hofr. Loder hat von Göttingen, wohin er in den Feyertagen einen Sprung gethan, ein merckwürdig Cabinetstück mitgebracht, eine Billard-Kugel, die ein Hund zufällig verschluckte und nach 24 Stunden um zwey Drittel verdaut von sich gab. Sie ist sphäroidisch geworden, hat eine wunderbar fein-ungleiche Oberfläche, ohngefähr als wenn man halbtrocknen Thon auf Leinwand aufdruckt. Man ist unentschieden: ob es die ungleich verdauten Theile des Elfenbeins oder Eindrücke der Tunica villosa des Magens sind.

Seit Pfingsten haben wir sehr regnigtes Wetter das von Reisenden und Spaziergängen gescholten,[154] von Ackerleuten und Gärtnern aber gepriesen wird. Ich wünsche daß Sie zu Ihrem Zwecke einer leidlichen Witterung genießen mögen. Leben Sie recht wohl und erfreuen uns balde mit Ihrer Gegenwart. Jena den 12. Juni. Als am ersten Ziehungstage der Hamburger Lotterie, welche wegen des berühmten Gutes Schockwitz diesmal so viele Menschen mehr interessirt. 1797.

Goethe.


12/3572.


An Carl August Böttiger

Ew. Wohlgeboren gratuliren mir gewiß, daß das Ende des Gedichtes endlich erschienen sey; ich wünsche nur auch Ihre Gratulation zu vernehmen, daß eben dieses Ende gerathen sey; haben Sie die Güte, solches nunmehr an Herrn Vieweg zu befördern.

Da unsere Muse nach allen Kräften beschäftigt ist, einige Balladen Individuen hervorzubringen, so werden ihre historischen Untersuchungen nicht sehr weit gehen. Es wäre daher sehr freundschaftlich, wenn Sie uns Ihre Entdeckungen über die Urahnen dieser Familie mittheilten und dadurch uns auch in theoretischer Rücksicht fördern wollten.

Ich wünsche recht wohl zu leben und hoffe nun bald mit meiner kleinen Ausbeute der Einsamkeit wieder bey Ihnen anzulangen.

Jena am 13. Jun. 1797.

Goethe.[155]


12/3573.


An Friedrich Schiller

Dem Herren in der Wüste bracht'

Der Satan einen Stein,

Und sagte: Herr, durch deine Macht,

Laß es ein Brötchen seyn!


Von vielen Steinen sendet dir

Der Freund ein Musterstück,

Ideen giebst du bald dafür

Ihm tausendfach zurück.

Jena am 13. Juni 1797.

G.


12/3574.


An Friedrich Schiller

Ich schicke das Restchen Cellini und das Blumenmädchen und erbitte mir dagegen die Dame des belles cousines, zu der ich unbekannter Weise eine besondere Neigung hege. Sodann auch den Almanach der die Würde der Frauen enthält, zu einem schwer zu errathenden Zwecke.

Das Barometer steht noch immer tief und nöthigt uns zu häuslicher, innerlicher Behaglichkeit. Ich komme diesen Nachmittag nur ein wenig, weil ich diesen Abend leider das helle Nachtmahl nicht mit einnehmen kann.

Jena d. 13. Jun. 97.

G.[156]


12/3575.


An Christiane Vulpius

Ich schicke dir hier das gewöhnliche Packet, du wirst so gut seyn und die Einlagen bald bestellen. Das Barometer steht noch immer tief und wir werden unsere große Tour wohl nicht machen können. Indessen erkundige dich doch wenn Schillings Wagen von Lauchstädt zurückkommt? Da kannst du mich abholen, denn es ist nun Zeit daß ich einmal wieder meinen Aufenthalt verändere. Indessen habe ich alle Ursache diesmal zufrieden zu seyn indem ich nicht allein viel gearbeitet sondern wieder zu künftigen Arbeiten gar manchen Gedanken gefaßt habe.

Lebe wohl, grüße das Kind und gedenket mein, wenn ihr das Obst das ich euch schicke zusammen verzehrt.

Jena am 13. Juni 1797.

G.


Es versteht sich daß ich vorher den Tag schreibe wenn du herüberkommst.


12/3576.


An die Herzogin Louise

[Concept.]

[Jena, 13. Juni.]

Sie haben an dem Gedichte einen so gütigen Antheil genommen daß ich wohl wagen darf den Schluß[157] zu überschicken in der Hoffnung daß Sie ihn dem übrigen nicht ungleich finden werden. Das Ganze schien mir zu fordern daß die zwey Gesinnungen in die sich jetzt beynahe die ganze Welt theilt neben einander und zwar auf die Weise wie es geschehen ist dargestellt würden.

Zugleich lege ich die Abschrift einer Idylle bey, deren anmuthiger Gegenstand in der Ausführung und Nachbildung freylich nicht ganz erreicht werden konnte. Erlauben Sie daß ich das was diesen poetischen Blumenfrüchten an Würze abgehen möchte durch einige Naturproducte nachhelfe die hier im Thale etwas früher als auf den weimarischen Höhen zu reisen pflegen.


12/3577.


An Friedrich Schiller

Ich werde Sie leider heute nicht sehen, der Regen und die Nothwendigkeit heute Abend in dem Clubb einigermaßen angezogen zu seyn, hindern mich an meiner gewöhnlichen Wallfahrt.

Ich schicke den veränderten Schlegelschen Aufsatz, zu beliebigem Gebrauche, und wünsche daß der Taucher möge glücklich absolvirt seyn.

Ich habe mich heute früh an Amlet des Saxo Grammaticus gemacht, es ist leider die Erzählung, ohne daß sie stark durch's Läuterfeuer geht, nicht zu[158] brauchen, kann man aber Herr darüber werden, so wird es immer artig und wegen der Vergleichung merkwürdig.

Das Barometer will noch immer nicht weiter steigen und der Himmel scheint ohne dasselbe, aus eigner Macht und Gewalt, kein gut Wetter machen zu wollen. Leben Sie recht wohl.

[Jena] den 14. Juni 1797.

G.


12/3578.


An Johann Isaak von Gerning

Es wäre doch schön, wenn wir noch, nach so mancherley Störung und Veränderung unserer Plane, zusammen nach dem gelobten Lande wallfahrteten!

Ich würde Ihre Einladung sogleich ohne Anstand annehmen, wenn ich den Tag meiner Abreise von hier genau bestimmen könnte und wenn ich nicht sorgen müßte, daß Meyer wegen seiner Gesundheit in die Schweiz diesen Sommer zurückgeht, wo ich ihn aufzusuchen versprochen habe. Beydes muß sich bald entscheiden.

Ob ich nun gleich bey dieser Ungewißheit Ihren wie es scheint schon festgesetzten Reisetermin nicht weiter hinausschieben möchte, so werde ich doch, sobald ich meiner Sache gewiß bin, Ihnen unter Einschluß meiner Mutter schreiben, vernehmen ob Sie noch in Frankfurt sind und im Falle mich in Ihrer Gesellschaft[159] auf den Weg erfreuen. Leben Sie indessen recht wohl und schreiben mir nur ein Wort, wenn Sie von Frankfurt abgehen.

Jena, den 14. Juni 1797.

Goethe.


12/3579.


An Christiane Vulpius

Ich muß dir wieder einen Boten schicken damit du inliegenden Brief heute Abend noch auf die Post giebst. Gerning lädt mich ein mit ihm über Regenspurg und Wien nach Italien zu gehen, ich kann mich aber nicht darauf einlassen, weil ich noch Nachricht von Meyer erwarte und ungewiß bin ob dieser nicht gar wegen seiner Gesundheit heraus und in die Schweiz geht.

Schicke mir durch diesen Boten was du den Botenweibern mitzugeben gedachtest, zwar wird er auch nicht früher wieder herüber kommen.

Ich wünsche nun bald wieder bey dir zu seyn denn meine hiesigen Arbeiten sind vollbracht, nur noch wenige Dinge sind zu berichtigen dann schreibe ich dir entweder daß du mich abholen sollst oder komme einmal unvermuthet selbst.

Lebe wohl und liebe mich und küsse das Kind.

Jena d. 14. Juni 1797.

G.[160]


12/3580.


An August Wilhelm Schlegel

Indem ich das Manuscript zurückschicke, merke ich nur an, daß Hofrath Schiller die Stelle Fol. 4 deshalb angestrichen, weil sie ihm nicht verständlich ist, indem von Verwicklung und Auslösung, den Haupterfordernißen eines guten Dramas, als von einem fremden zufälligen Verdienste gesprochen ist. Wollten Sie dieses zu erläutern, sowie die andern Stellen abzuändern die Güte haben? und mir etwa bald nach Tische das Manuscript zurückschicken, indem es noch heute abgehen könnte. Ich wünsche recht wohl zu leben.

[Jena] den 14ten Juni 1797.

Goethe.


12/3581.


An Friedrich Schiller

Leider muß ich mit meiner mineralogischen Gabe zugleich anzeigen daß ich abgerufen werde und heute Abend wegreise, ich komme auf alle Fälle noch einen Augenblick und bitte durch Überbringern um die beyden Fischbücher.

[Jena] den 16. Juni 1797.

G.[161]


12/3582.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeb.

muß ich völlig überlassen wie Sie aus dem gegenwärtigen Falle auf irgend eine Weise glauben uns helfen zu können, bey solchen Gelegenheiten bin ich kein glücklicher Rathgeber.

An dem Unfall der den Herrn Steuerrath Lubekus betroffen, nehme ich herzlichen Antheil.

den 17. Juni 97.

G.


12/3583.


An Friedrich Schiller

Bey dem heutigen Regenwetter mag es auf Ihrer Burg sehr einsam aussehen, doch ist eine weite Aussicht, wo Erde und Himmel so vielerley Ansichten geben, mehr werth als man glaubt, wenn man sie täglich genießt. Ich wünsche bey dieser äußern Einschränkung guten Fortgang der Geschäfte.

Der Handschuh ist ein sehr glücklicher Gegenstand und die Ausführung gut gerathen, wir wollen ja dergleichen Gegenstände die uns auffallen künftig gleich benutzen. Hier ist die ganz reine That, ohne Zweck oder vielmehr im umgekehrten Zweck, was so sonderbar wohlgefallt.

Ich habe diese Tage mancherley angegriffen und nichts gethan. Die Geschichte der Peterskirche habe[162] ich besser und vollständiger schematisirt und sowohl diese Arbeit als der Moses und andere werden schon nach und nach reif werden. Ich muß die jetzige Zeit, die nur ein zerstreutes Interesse bey der Ungewißheit, in der ich schwebe, hervorbringt, so gut als es gehen will, benutzen, bis ich wieder auf eine Einheit hingeführt werde.

Den Chor aus Prometheus finde ich nicht, auch kann ich mich nicht erinnern daß ich ihn von Humboldt wieder erhalten habe, deswegen ich auch glaubte das Gedicht sey schon in Ihren Händen. Auf alle Fälle hat ihn Frau von Humboldt abgeschrieben und er wird also leicht von Dresden zu haben seyn.

Vorgestern habe ich Wieland besucht, der in einem sehr artigen, geräumigen und wohnhaft eingerichteten Hause, in der traurigsten Gegend von der Welt, lebt, der Weg dahin ist noch dazu meistentheils sehr schlimm. Ein Glück ist's daß jedem nur sein eigner Zustand zu behagen braucht, ich wünsche daß dem guten Alten der seinige nie verleiden möge! Das Schlimmste ist wirklich, nach meiner Vorstellung, daß bey Regenwetter und kurzen Tagen an gar keine Communication mit andern Menschen zu denken ist.

Mein Zustand, der zwischen Nähe und Ferne, zwischen einer großen und kleinen Expedition sich hin und wieder wiegt, hat in dem Augenblicke wenig erfreuliches, und ich werde mich noch einige Wochen so[163] hinhalten müssen. Bringe ich den guten Meyer auf Michael wieder zurück, so soll unser Winterleben eine gute Wendung nehmen. Wir haben in den letzten vier Wochen theoretisch und praktisch wirklich wieder schöne Fortschritte gethan, und wenn meine Natur die Wirkung hat die Ihrige in's begrenzte zu ziehen, so habe ich durch Sie den Vortheil daß ich auch wohl manchmal über meine Grenzen hinausgezogen werde, wenigstens daß ich nicht so lange mich auf einem so engen Fleck herumtreibe. Kommt der alte Meister noch dazu, der die Reichthümer einer fremden Kunst mit zum besten giebt, so soll es wohl an guten Wirkungen nicht fehlen. Ich lege den Handschuh wieder bey, der zum Taucher wirklich ein artiges Nach- und Gegenstück macht, und durch sein eignes Verdienst das Verdienst jener Dichtung um so mehr erhöht. Leben Sie recht wohl und lassen Sie bald von sich hören.

Weimar d. 21. Juni 1797.

G.


12/3584.


An Franz Kirms

Es ist leider nicht gut daß wir um eines anscheinenden Gewinnes willen uns in den Fall versetzt haben unser Wort nicht halten zu können. Alle Entschuldigungen die wir machen mögen sind von keinem Gewicht, es ist also ziemlich gleich was wir[164] anführen, und es würde viel anständiger seyn die Sache ganz aufzugeben wenn wir befürchten müßten künftig wieder in denselben Fall zu kommen.

Wegen des Leisringischen Gesuchs bin ich recht wohl zufrieden daß Ihr Vorschlag mit einem Curator ausgeführt werde, doch scheint mir sich Seyfahrt dazu nicht zu qualificiren.

Amor und Metzner wären denn wohl abschläglich zu bescheiden.

Ich will sehen daß ich den Brief an Herrn von Moll bis morgen Abend schreiben kann.

den 22. Juni 1797.

G.


12/3585.


An Christian Gottfried Körner

Auf Ihre gütigen Briefe zu antworten habe ich angestanden, bis der angekündigte Herr von Senfft bei uns eingetroffen wäre; da er nun, wie ich höre, durch einen andern Weg in sein Land zieht, so will ich nicht länger säumen Ihnen für gütige Besorgung meiner kleinen Aufträge zu danken.

Sie haben nun die Humboldtische Familie bey sich und werden sich in deren Umgange gewiß erfreuen. Grüßen Sie alle bestens und bitten Sie den Herrn Legationsrath, wenn er schon angekommen sein sollte, daß er uns doch bald von sich Nachricht giebt.

[165] Die vergangenen vier Wochen habe ich in Jena zugebracht und daselbst theils mein episches Gedicht geendigt, theils mich mit Schillern zum neuen Almanach gehalten. Dieser soll, denk' ich, nicht übel ausgestattet erscheinen; von jenem habe ich zuletzt keine, reine Abschrift in Händen behalten, sonst würde ich Ihnen das Ganze geschickt und es nochmals zu freundschaftlichem Antheil empfohlen haben. Nehmen Sie es freundlich auf, wenn es gedruckt vor Sie kommt.

Dürfte ich Sie um die Gefälligkeit bitten, mir den italienisch und deutschen Text der Prinzessin Amalfi baldmöglichst zu überschicken? Die Partitur besitz' ich, das Büchelchen ist mir verloren gegangen.

Wollten Sie gleichfalls den Text der Prinzessin Palmyra beilegen, so würden Sie mir eine besondere Gefälligkeit erzeigen.

Haben Sie schon etwas von dem Prolog zum Wallenstein gesehen? Er ist sehr glücklich gerathen und giebt einen freien Blick in die große und sonderbare Welt, in welcher das Stück spielen wird.

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre Frauenzimmer und denken Sie in Ihrem herrlichen Elbthale, umgeben von so viel Schätzen der Kunst und Natur, recht oft an Ihre Freunde, die an der Saale und Ilm durch zauberische Künste sich nur einen Theil jenes Genusses verschaffen können, den Ihnen die Wirklichkeit so reichlich darreicht.

Weimar am 22ten Juni 97.

Goethe.[166]


12/3586.


An Friedrich Schiller

Da es höchst nöthig ist daß ich mir, in meinem jetzigen unruhigen Zustande, etwas zu thun gebe, so habe ich mich entschlossen an meinen Faust zu gehen und ihn, wo nicht zu vollenden, doch wenigstens um ein gutes Theil weiter zu bringen, indem ich das was gedruckt ist, wieder auflöse und, mit dem was schon fertig oder erfunden ist, in große Massen disponire, und so die Ausführung des Plans, der eigentlich nur eine Idee ist, näher vorbereite. Nun habe ich eben diese Idee und deren Darstellung wieder vorgenommen und bin mit mir selbst ziemlich einig. Nun wünschte ich aber daß Sie die Güte hätten die Sache einmal, in schlafloser Nacht, durchzudenken, mir die Forderungen, die Sie an das Ganze machen würden, vorzulegen und so mir meine eignen Träume, als ein wahrer Prophet, zu erzählen und zu deuten.

Da die verschiednen Theile dieses Gedichts, in Absicht auf die Stimmung, verschieden behandelt werden können, wenn sie sich nur dem Geist und Ton des Ganzen subordiniren, da übrigens die ganze Arbeit subjectiv ist, so kann ich in einzelnen Momenten daran arbeiten und so bin ich auch jetzt etwas zu leisten im Stande.

Unser Balladenstudium hat mich wieder auf diesen Dunst- und Nebelweg gebracht, und die Umstände[167] rathen mir, in mehr als in Einem Sinne, eine Zeit lang darauf herum zu irren.

Das interessante meines neuen epischen Plans geht vielleicht auch in einem solchen Reim- und Strophendunst in die Luft, mir wollen es noch ein wenig cohobiren lassen. Für heute leben Sie recht wohl! Karl war gestern in meinem Garten, ohngeachtet des übeln Wetters, recht vergnügt. Ich hätte gern Ihre liebe Frau, wenn sie hier geblieben wäre, mit den Ihrigen, heute Abend bey mir gesehen. Wenn Sie sich nur auch einmal wieder entschließen könnten die Jenaische Chaussee zu messen. Freylich wünschte ich Ihnen bessere Tage zu so einer Expedition.

Weimar d. 22. Juni 1797.

G.


12/3587.


An Friedrich Schiller

Dank für Ihre ersten Worte über den wieder auflebenden Faust. Wir werden wohl in der Ansicht dieses Werkes nicht variiren, doch giebt's gleich einen ganz andern Muth zur Arbeit, wenn man seine Gedanken und Vorsätze auch von außen bezeichnet sieht, und Ihre Theilnahme ist in mehr als Einem Sinne fruchtbar.

Daß ich jetzt dieses Werk angegriffen habe ist eigentlich eine Klugheitssache, denn da ich bey Meyers Gesundheitsumständen noch immer erwarten muß[168] einen nordischen Winter zuzubringen, so mag ich, durch Unmuth über fehlgeschlagene Hoffnung, weder mir noch meinen Freunden lästig seyn und bereite mir einen Rückzug in diese Symbol-, Ideen- und Nebelwelt mit Lust und Liebe vor.

Ich werde nur vorerst die großen erfundenen und halb bearbeiteten Massen zu enden und mit dem was gedruckt ist zusammen zu stellen suchen, und da so lange treiben bis sich der Kreis selbst erschöpft.

Leben Sie recht wohl, fahren Sie fort mir etwas über Gegenstand und Behandlung zu sagen und schicken Sie mir die Balladeja.

Weimar d. 24. Juni 1797.

G.


12/3588.


An Friedrich Schiller

Der Ring des Polykrates ist sehr gut dargestellt. Der königliche Freund vor dessen, wie vor des Zuhörers, Augen alles geschieht und der Schluß, der die Erfüllung in Suspenso läßt, alles ist sehr gut. Ich wünsche daß mir mein Gegenstück eben so gerathen möge! Ihre Bemerkungen zu Faust waren mir sehr erfreulich. Sie treffen, wie es natürlich war, mit meinen Vorsätzen und Planen recht gut zusammen, nur daß ich mir's bey dieser barbarischen Composition bequemer mache und die höchsten Forderungen mehr zu berühren als zu erfüllen denke. So werden wohl[169] Verstand und Vernunft, wie zwey Klopffechter, sich grimmig herumschlagen, um Abends zusammen freundschaftlich auszuruhen. Ich werde sorgen daß die Theile anmuhtig und unterhaltend sind und etwas denken lassen, bey dem Ganzen, das immer ein Fragment bleiben wird, mag mir die neue Theorie des epischen Gedichts zu statten kommen.

Das Barometer ist in steter Bewegung, wir können uns in dieser Jahrszeit keine beständige Wittrung versprechen. Man empfindet diese Unbequemlichkeit nicht eher als bis man Anforderungen an eine reine Existenz in freyer Luft macht, der Herbst ist immer unsere beste Zeit.

Leben Sie recht wohl und fahren Sie fleißig fort Ihren Almanach auszustatten. Da ich durch meinen Faust bey dem Reimwesen gehalten werde, so werde ich gewiß auch noch einiges liefern; es scheint mir jetzt auch ausgemacht daß meine Tieger und Löwen in diese Form gehören, ich fürchte nur fast daß das eigentliche Interessante des Sujetes sich zuletzt gar in eine Ballade auflösen möchte. Wir wollen abwarten an welches Ufer der Genius das Schifflein treibt.

Den Ring schicke ich Mittwochs mit den Botenweibern.


Weimar am 27. Juni 1797.

G.[170]


12/3589.


An Friedrich Schiller

Denen beyden mir überschicken Gedichten, die hier zurück kommen, bin ich nicht ganz ungünstig und sie werden im Publico gewiß Freunde finden. Freylich ist die Afrikanische Wüste und der Nordpol weder durch sinnliches noch durch inneres Anschauen gemahlt, vielmehr sind sie beyde durch Negationen dargestellt, da sie denn nicht, wie die Absicht doch ist, mit dem hinteren deutsch-lieblichen Bilde genugsam contrastiren. So sieht auch das andere Gedicht mehr naturhistorisch als poetisch aus, und erinnert einen an die Gemählde wo sich die Thiere alle um Adam im Paradiese versammeln. Beyde Gedichte drücken ein sanftes, in Genügsamkeit sich auflösendes Sreben aus. Der Dichter hat einen heitern Blick über die Natur, mit der er doch nur durch Überlieferung bekannt zu seyn scheint. Einige lebhafte Bilder überaschen, ob ich gleich den quellenden Wald, als negirendes Bild gegen die Wüste, nicht gern stehen sehe. In einzelnen Ausdrücken wie im Versmaß wäre noch hie und da einiges zu thun.

Ehe man mehreres von dem Verfasser gesehen hätte, daß man wüßte ob er noch andere Moyens und Talent in andern Versarten hat, wüßte ich nicht was ihm zu rathen wäre. Ich möchte sagen in beyden Gedichten sind gute Ingredienzien zu einem Dichter,[171] die aber allein keinen Dichter machen. Vielleicht thäte er am besten, wenn er einmal ein ganz einfaches Idyllisches Factum wählte und es darstellte, so könnte man eher sehen wie es ihm mit der Menschenmahlerey gelänge, worauf doch am Ende alles ankommt. Ich sollte denken der Äther würde nicht übel im Almanach und der Wanderer gelegentlich ganz gut in den Horen stehen.

Der Ring, den ich hier wieder zurückschicke, hält sich bey wiederholtem Lesen sehr gut, er wird vielmehr besser, wie es jedes Gedicht von Werth thun muß, indem es uns in die Stimmung nöthigt die wir beym ersten Hören und Lesen nicht gleich mitbringen.

Leben Sie wohl bey diesem regnerischen, nicht allein den Gartenbewohnern sondern auch der Heuerndte feindseligen Wetter.

Weimar d. 28. Juni 1797.

G.


Für die Schwämme dancke schönstens.


12/3590.


An den Herzog Carl August

Ihr erster lieber Brief hat mich in Weimar freundlichst empfangen, der zweyte folgte bald und erheiterte mir einen sehr trüben Tag. Ich wünsche nur daß das Wetter zum Schluss Ihrer Cur günstiger[172] seyn möge als es uns hier zu manchen Unternehmungen ist; doch müssen wir uns, da die Landleute im Ganzen damit zufrieden sind, wohl auch darein, so wie in die Nothwendigkeit fügen.

Indessen wird denn wohl Marianne Meyer zurückgekommen seyn und Sie werden diese angenehme und interessante Gesellschafterinn näher kennen gelernt haben, der ich auch herzlich Ihre Bekanntschaft gönne; denn was bleibt uns denn viel reelles vom Leben als das Verhältniß zu vorzüglichen Gleichzeitigen.

Die Ungewißheit, in der ich gegenwärtig vor meiner Abreise schwebe, ist ein peinlicher Zustand, ich habe manches zu ordnen und einzurichten, dabey ich um die übrigen Stunden zu nutzen den wunderlichen Entschluß gefaßt habe meinen Faust wieder vorzunehmen, eine Arbeit die sich zu einer verworrenen Stimmung recht gut paßt.

Im neuen Hause sieht es recht heiter aus, ich wünsche Sie bald darin eingewohnt zu sehen. Die beyden Gemälde gewähren mitten unter der architecktonischen Herrlichkeit einen sehr guten menschlichen Anblick. Möge doch unter den Kronen die der Genius trägt sich auch die Krone des Friedens befinden! Wir stehen noch immer wie bey einer großen Crise zwischen Genesung und Verderben.

Die Architecktonischen Schriften, welche Sie hierher geschickt, sind mir nun auch zu Gesicht gekommen.

[173] Das Portugiesische Kloster und die Ruinen von Spalatro neben einander zu sehen ist sehr interessant da jenes die gothische Architecktur auf seiner höchsten, dieses die römische auf seiner niedrigsten Stufe zeigt.

Hofrath Hirt, ehmals in Rom als Führer der Fremden bekannt, nun in Berlin sehr vortheilhaft angestellt, befindet sich gegenwärtig hier. Er lebt noch immer in der Kunstbetrachtung und dem Kunstgenusse und hat sich durch anhaltenden Fleiß viele Kenntnisse erworben. Seine Gegenwart erinnert sehr lebhaft an iene Zeiten, da man unter den herrlichen Monumenten lebte und kein andres Gespräch kein ander Interesse kannte.

Mounier hat mich gestern besucht und mir Ihr Blat vom 11ten Jun. gebracht. Wenn ich ihm bey seiner Einrichtung rathen und dienen kann werde ich es gerne thun. Er schien ganz munter in seiner Art.

Nun wünsche ich zum Schlusse daß Ihre Cur aufs beste und günstigste möge vollendet werden und Sie von allen Übeln befreyt, bald wieder bey den Ihrigen seyn mögen. W. d. 29. Jun. 97.

Goethe.


12/3591.


An Franz Kirms

[Ende Juni.]

Ich wünsche daß das Stuck viel Geld einbringen möge. Da Geld doch alles entschuldigen soll. Ihre[174] Austheilung finde ich richtig. Wenn der Herzog nicht durch eine interessante Person gespielt wird sinckt die Rolle zu sehr.

G.


12/3592.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

[Juni oder Juli.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben, zu Ende des Jahres 1789, die Güte gehabt, bey der Frau Obermarschallin von Witzleben zu bewirken, daß dieselbe dem Gartenfabrikanten Sutor dreyhundert Thaler zu 4 p. C. gegen meine Bürgschaft darlieh; nun sind zwar die Interessen bisher, wie ich vernehme, ordentlich abgetragen worden, auch habe ich keine Ursache in die Wirthschaft gedachten Sutors einiges Mißtrauen zu setzen, vielmehr scheint er sich als ein rechtschaffner Mann zu nähren, und ich zweifle nicht, daß die Frau Obermarschallin ihm nun selbst ihr Zutrauen wird schenken können. Da aber eine solche Bürgschaft nicht in's Unendliche gehen kann, auch ich, wegen einer wahrscheinlich bevorstehenden Reise, Ursache habe alle dergleichen Verhältnisse völlig in's Reine zu bringen, so ersuche Ew. Hochwohlgeb., der Frau Obermarschallin, mit meinem gehorsamsten Danke für das bisherige Vertrauen, zu eröffnen: daß ich nunmehr gesonnen sey, die von mir geleistete Garantie dergestalt zurück zu nehmen, daß[175] ich mich zu derselben nur bis zu Ablauf des Aufkündigungstermines, welcher dem Contract einverleibt ist, verpflichtet halte. Ich wünsche daß die Frau Obermarschallin hinlängliche Überzeugung von der Sicherheit haben möge, welche die, so viel ich weiß, wohl eingerichtete Fabrik und die sich immer gleich bleibende Thätigkeit gedachten Sutors, auch ohne meine Bürgschaft, ihrem Capital gewährt, daß sie es demselbigen noch fernerhin anzuvertrauen geneigt seyn möge. Der ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen.


12/3593.


An Carl August Böttiger

[Concept.]

[Juli.]

Ich bin geneigt die verlangte Summe von . . . an Herrn Eisert vierteljährig zu zahlen, wenn derselbe eine verhältnißmäßige Bemühung dagegen übernimmt.

So könnte vielleicht in der Folge noch eine und die andere Stunde dem Unterricht gewidmet werden, und auch außer den Stunden wäre die nöthige Aufsicht nicht zu versäumen, theils könnte Herr Eisert den Knaben auf mäßigen Spaziergängen mit sich nehmen, theils wünschte ich, wenn dieser sich auch manchmal mit seinen Gespielen Abends allein überlassen ist, daß Herr Eisert wenigstens einmal nach ihm sähe, und die öfters allzulebhaft werdenden Vergnügungen unterbräche und regelte. Besonders auch[176] zur Winterszeit wäre dieses bey langen Abenden sehr nöthig, und ich müßte mich hierauf bey einer kürzern oder längern Abwesenheit völlig verlassen können. Dieses sind die Hauptpuncte worüber zu conveniren wäre, das Übrige würde nachher leicht zu besprechen seyn indem ich mit dem bisherigen Betragen des Herrn Eiserts recht wohl zufrieden bin.


12/3594.


An Friedrich Schiller

Ich will Ihnen nur auch gestehen daß mir etwas von Ihrer Art und Weise aus den Gedichten entgegensprach, eine ähnliche Richtung ist wohl nicht zu verkennen, allein sie haben weder die Fülle, noch die Stärke, noch die Tiefe Ihrer Arbeiten. Indessen recommandirt diese Gedichte, wie ich schon gesagt habe, eine gewisse Lieblichkeit, Innigkeit und Mäßigkeit und der Verfasser verdient wohl, besonders da Sie frühere Verhältnisse zu ihm haben, daß Sie das mögliche thun um ihn zu lenken und zu leiten.

Unsere Frauen sollen gelobt werden, wenn sie so fortfahren, durch Betrachtung und Übung sich auszubilden. Am Ende haben die neuern Künstler sämmtlich keinen andern Weg. Keine Theorie giebt's, wenigstens keine allgemein verständliche, keine entschiedne Muster sind da, welche ganze Genres repräsentirten, und so muß denn jeder durch Theilnahme und[177] Anähnlichung und viele Übung sein armes Subject ausbilden.

Hofrath Hirt ist hier, er ist mir auf manche Weise eine fremde Erscheinung. Die Monumente der alten und neuen Kunst des herrlichen Landes, die er noch unverrückt verließ, sind ihm sehr lebhaft gegenwärtig und er weiß, als ein Mann von Verstande, eine vollständige Empirie recht gut zu ordnen und zu schätzen, wie er z.E. in der Baukunst, die eigentlich sein Fach ist, recht gut urtheilt. Die bekannte Idee der gleichsam symbolischen Übertragung der vollendeten Holzbau-Construction auf den Bau mit Steinen, weiß er sehr gut durchzuführen und die Zweckmäßigkeit der Theile sowohl zum Gebrauch als zur Schönheit herzuleiten. In den übrigen Künsten hat er auch eine ausgebreitete Erfahrung; aber freylich bey eigentlich ästhetischen Urtheilen steht er noch auf dem Puncte wo wir ihn ehemals verließen, und in Absicht auf antiquarische Kenntnisse kann er neben Böttiger nicht bestehn, weil er weder die Breite noch die Gewandtheit hat. Im Ganzen ist mir seine Gegenwart sehr angenehm, weil sein Streben zugleich lebhaft und behaglich und ernsthaft ist ohne lästig zu seyn. Er hat zu seinen architektonischen Demonstationen sehr viel Blätter zeichnen lassen, wo das Gute und Fehlerhafte recht verständig neben einander gesteht ist.

Nach dem neuen Mitarbeiter so wie nach Carver will ich mich erkundigen.

[178] Hier liegt ein Blatt wegen der andern Bücher bey, das ich zu unterzeichnen und die paar andern mir zurückzuschicken bitte.

Meinen Faust habe ich, in Absicht auf Schema und Übersicht, in der Geschwindigkeit recht vorgeschoben, doch hat die deutliche Baukunst die Luftphantome bald wieder verscheucht. Es käme jetzt nur auf einen ruhigen Monat an, so sollte das Werk zu männiglicher Verwunderung und Entsetzen wie eine große Schwammfamilie, aus der Erde wachsen. Sollte aus meiner Reise nichts werden, so habe ich auf diese Possen mein einziges Vertrauen gesetzt. Ich lasse jetzt das Gedruckte wieder abschreiben und zwar in seine Theile getrennt, da denn das neue desto besser mit dem alten zusammen wachsen kann.

Von Meyer habe ich die Zeit nichts wieder gehört. Von meinem Gedichte sind 7 Bogen angekommen, welche 5 Gesänge und die Hälfte des 6ten enthalten. Leben Sie recht wohl und gedenken Sie mein.

Weimar den 1. Juli 1797.

G.


12/3595.


An Carl Maria Ehrenbert von Moll

[Concept.]

[2. Juli.]

Hochwohlgebohrner

Hochverehrter Herr.

Sähe ich nur einigermaßen eine Möglichkeit das von Ew. Hochwohlgeb. geäußerte Verlangen zu erfüllen,[179] so würde mir Ihr gefälliges Schreiben eine sehr erwünschte Erscheinung gewesen seyn; denn was hätte mir angenehmeres werden können als mit einem Manne, den ich schon so lange zu schätzen Ursache habe, in ein näheres Verhältniß zu kommen.

Ew. Hochwohlgeb. Thätigkeit die Wissenschaften zu befördern ist mir in dem Museum des Herrn Professor Batsch längst bekannt worden, und ich würde, da sich unser Kreis Ihrer Theilnahme zu erfreuen hat, es für eine Schuldigkeit achten auch für den Ihrigen nicht unwirksam zu bleiben. Wie verlegen muß es mich daher machen einen Wunsch zu versagen, durch dessen Erfüllung ich sowohl Sie selbst als auch einen verehrtesten Fürsten und ein ansehnliches Publikum zufrieden stellen könnte.

Leider ist alle theatralische Wirkung nur für den Augenblick; und so ist, ich darf es wohl aus langer Erfahrung sagen, auch alles übrige was sich auf's Theater bezieht; selbst die nächstkünftige Zeit darf uns kaum beschäftigen, und kein Plan gelingt der einigermaßen in die Ferne geht. Wenn die Aufsicht über eine solche Anstalt aufgetragen ist, der muß wohl nach Grundsätzen und im Ganzen in einer Folge handeln; aber er gewöhnt sich doch nach und nach, so wie die Schauspieler selbst, von einem Tage zum andern, von einem Monate zum andern zu leben.

Nach einigen Äußerungen konnten wir Herrn und Madame Hunnius schon etwas früher erwarten, und[180] ich gestehe daß sie jetzt schon unserer Gesellschaft fehlen, die zu Aufführung gewisser beliebter Stücke nicht vollzählig genug ist; beyde werden also mit Sehnsucht erwartet, und man würde sie nicht auf eine längere Zeit entbehren können, da man kein Mittel sieht die vorhandene Lücke auf eine schickliche Weise auszufüllen.

Ich gehe also blos der äußersten Nothwendigkeit nach indem ich mich zu dieser verneinenden Antwort entschließe, die ich so lange aufgeschoben habe, als mir, wegen gewisser Verhältnisse, noch die Hoffnung übrig blieb, sie Ihrer Erwartung gemäßer einrichten zu können. Erhalten Sie mir auch ferner ein wohlwollendes Andenken und lassen Sie mich, wenn ich es gleich in dem gegenwärtigen Falle nicht verdienen konnte, doch künftig des Vortheils eines nähern Verhältnisses genießen, und bleiben überzeugt daß der Antheil, den Sie an meinem schriftstellerischen Gange genommen haben und nehmen werden mir von der größten Wichtigkeit ist.

Der ich die Ehre habe mich mit vorzüglicher Verehrung zu unterzeichnen.[181]


12/3595a.


An Johann Isaak von Gerning

So muß ich Sie doch endlich alleine reisen lassen! Nach Ihrer Angabe trifft Sie dieser Brief noch in Frankfurt. Prof. Meyer ist wahrscheinlich schon nach der Schweiz zurück und seine Gesellschaft wäre mir in Italien jetzo nöthiger als jemals. Leben Sie recht wohl und lassen Sie mich ja bald hören wo Sie sind und wie es Ihnen geht. Schicken Sie den Brief nur an meine Mutter, bleiben Sie den Musen treu und denken Sie manchmal an Ihre thüringischen Freunde.

Weimar am 3. Juli 97.

G.[63]


12/3596.


An Friedrich Schiller

Faust ist die Zeit zurückgelegt worden, die nordischen Phantome sind durch die südlichen Reminiscenzen[181] auf einige Zeit zurückgedrängt worden, doch habe ich das Ganze als Schema und Übersicht sehr umständlich durchgeführt.

Es ist mir sehr lieb daß Sie unsern alten römischen Freund haben persönlich kennen lernen, Sie werden ihn und seine Arbeiten künftig besser verstehen. Man sieht auch bey ihm was bey einem verständigen Menschen eine reiche, beynahe vollständige, Empirie für Gutes hervorbringt. Darinn urtheilen Sie über ihn ganz recht: daß seine logischen Operationen sehr gut von statten gehen, wenn die Prämissen richtig sind; er kommt aber oft in den Fall daß er, wo nicht falsche, doch beschränkte und einseitige Prämissen als allgemeine voraussetzt, da es denn mit dem Schließen nur eine Zeit lang gut geht. So entspringt seine Abneigung gegen Michel Agnolo auch auf einer fixen unhaltbaren Idee, so hat er in dem Aufsatz über Laokoon, den ich hier beylege, gar vielfach recht und doch fällt er im ganzen zu kurz, da er nicht einsieht daß Lessings, Winkelmanns und seine, ja noch mehrere Enunciationen zusammen, erst die Kunst begrenzen. Indessen ist es recht gut, wie er auf's charakteristische und pathetische auch in den bildenden Künsten bringt.

Ich habe bey dieser Gelegenheit mich eines Aufsatzes erinnert, den ich vor mehrern Jahren schrieb, und habe, da ich ihn nicht finden konnte, das Material, dessen ich noch wohl eingedenk bin, nach meiner (und[182] ich darf wohl sagen, unserer) jetzigen Überzeugung zusammengestellt. Vielleicht kann ich es Sonnabend überschicken. Der Hirtische Aufsatz ist eine gute Vorbereitung dazu, da er die neuste Veranlassung gegeben hat. Vielleicht giebt dieses, besonders wenn Meyer mit seinen Schätzen zurückkommt, Anlaß zu mehrerem, so wie ich doch auch gelegentlich wieder an die Peterskirche gehen werde, weil auch diese Abhandlung als Base von so manchem andern betrachtet werden kann.

Das Todtenlied, das hier zurückkommt, hat seinen ächten realistisch humoristischen Charakter, der wilden Naturen, in solchen Fällen, so wohl ansteht. Es ist ein großes Verdienst der Poesie uns auch in diese Stimmungen zu versetzen, so wie es verdienstlich ist den Kreis der poetischen Gegenstände immer zu erweitern. Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre liebe Frau und gebrauchen und genießen der Zeit so viel und so gut als möglich ist.

Von Meyer habe ich noch nichts vernommen.

Weimar am 5. Juli 1797.

G.


Wollten Sie mir doch eine Abschrift der Wallensteiner schicken? ich habe sie unsrer Herzogin versprochen, die sich schon mehrmal mit Interesse nach Ihrer Arbeit erkundigt hat.[183]


12/3597.


An Friedrich Schiller

Ich versäume nicht Ihnen sogleich das Briefchen zu schicken das ich soeben von Meyer erhalte, es war mein sehnlichster und ich darf wohl sagen, in diesem Augenblicke einziger Wunsch: ihn wieder in der Schweiz zu wissen, wo er sich das vorigemal so schön erholt hat, und sich diesmal gewiß auch wieder erholen wird.

Ich bereite mich nun zu meiner Abreise vor, damit ich nach der Ankunft des Herzogs gleich hinweggehen kann. Es wäre in hundert Betrachtungen sehr schön und gut, wenn Sie auf einige Tage herüberkommen könnten, ich würde Sie zwar auf alle Fälle noch einmal besuchen, aber das könnte doch nur auf einige Stunden seyn und wir hätten denn doch noch manches zu bereden. Morgen früh ein mehreres. Leben Sie recht wohl.

Weimar d. 7. Juli 97.

G.


12/3598.


An Johann Heinrich Meyer

Seyn Sie mir bestens auf vaterländischem Grund und Boden gegrüßt. Ihr Brief vom 26. Juni, den ich heute erhalte, hat mir eine große Last vom Herzen gewälzt. Zwar konnte ich hoffen daß Sie auf meinen[184] Brief vom 8. Mai gleich zurückkehren würden, allein bey meiner Liebe zu Ihnen, bey meiner Sorge für Ihre Gesundheit, bey dem Gefühl des Werthes, den ich auf unser einziges Verhältniß lege, war mir die Lage der Sache äußerst schmerzlich und mein durch die Lähmung unseres Plans ohnehin schon sehr gekränktes Gemüth ward nun durch die Nachricht von Ihrem Zustande noch mehr angegriffen. Ich machte mir Vorwürfe daß ich, trotz der Umstände, nicht früher gegangen sey Sie aufzusuchen, ich stellte mir Ihr einsames Verhältniß und Ihre Empfindungen recht lebhaft vor und arbeitete ohne Trieb und Behaglichkeit, blos um mich zu zerstreuen. Nun geht eine neue Epoche an, in welcher alles eine bessere Gestalt gewinnen wird, aus unserm eigentlichen Unternehmen mag nun werden was will. Sorgen Sie einzig für Ihre Gesundheit und ordnen Sie das Gesammelte nach Lust und Belieben. Alles was Sie thun ist gut, denn alles hat einen Bezug auf ein Ganzes.

Ihr Brief hat mich noch in Weimar getroffen, wohin mir meine Mutter ihn schickte. Unser Herzog ist schon einige Monate abwesend, er will mich vor meiner Abreise noch über manches sprechen und ich erwarte ihn. Indessen habe ich alles geordnet und bin so los und ledig als ich jemals war. Ich gehe sodann nach Frankfurt mit den Meinigen um sie meiner Mutter vorzustellen, und nach einem kurzen Aufenthalte sende ich jene zurück und komme Sie[185] am schönen See zu finden. Welch eine angenehme Empfindung ist es mir Sie bis auf jenen glücklichen Augenblick wohl aufgehoben und in einem verbesserten Zustande zu wissen.

Schreiben Sie mir nach dem Empfang dieses nur nach Frankfurt. Von mir erhalten Sie nun alle 8 Tage Nachricht. Zum Willkomm auf deutschem Grund und Boden sende ich Ihnen etwas über die Hälfte meines neuen Gedichtes. Möge Ihnen die Aura die Ihnen daraus entgegenwehet angenehm und erquicklich seyn. Weiter sage ich nichts. Da wir nun glücklicherweise wieder so viel näher gebracht sind so sind nun unsere ersten Schritte bestimmt, und sind wir nur einmal erst wieder zusammen so wollen wir fest aneinander halten und unsere Wege weiter zusammen fortführen. Leben Sie tausendmal wohl.

Weimar den 7. Juli 1797.

G.


Unsre Hausfreundinn grüßt Sie aufs schönste.


12/3599.


An Friedrich Schiller

Der Hirtische Aufsatz hat das große Verdienst daß er das charakteristische so lebhaft einschärft, und bey seiner Erscheinung die Sache mit Gewalt zur Sprache bringen muß. Ich will ihn für die Horen[186] zu erhalten suchen. Hier kommt auch der meinige, den ich Ihnen im Ganzen und im Einzelnen als einen flüchtigen Aufsatz zur Nachsicht empfehle. Ich verlange zu hören wie Sie mit der Methode und dem Sinne zufrieden sind, so wie ich Meyers Urtheile über die eigentliche Darstellung des Kunstwerks begierig zu hören bin. Man könnte über die vornehmsten Statuen des Alterthums und andere Kunstwerke diese Abhandlung ausbreiten und ich bin mit Ihnen überzeugt, daß man dem, der im Felde der Tragödie arbeitet, sehr erwünscht entgegen kommen würde.

Da unser Freund Meyer wieder auf nordischen Grund und Boden gerettet ist, so seh ich manches Gute voraus. Heute sage ich nicht mehr. Leben Sie recht wohl und bringen Sie die Glocke glücklich zu Stande, so wie ich auch noch zu einigen nadowessischen Liedern rathe. Wenn es möglich ist so kommen Sie doch nächste Woche, es wäre doch auch hübsch wenn Sie mit Hirt in ein näheres Verhältniß kämen und von ihm selbst seine architektonischen Deductionen hören könnten.

Weimar d. 8. Juli 97.

G.[187]


12/3600.


An Johann Gottlob Vent

[Concept.]

Der Stadtrath zu Jena hat, wie aus beykommenden Acten ersichtlich ist, den von Herrn Lieutenant Vent gethanen Vorschlag, wegen Simplificirung des Eisrechens, sogleich als zweckmäßig anerkannt. Herr Lieutenant Vent wird daher ersucht sich dieser Sache fernerhin anzunehmen, den gefertigten Riss nebst den Anschlägen zu prüfen, und bey der Ausführung den Arbeitsleuten die nöthige Anleitung zu geben, und überhaupt die Aufsicht darüber zu führen, wogegen der jenaische Stadtrath dessen Auslagen und Bemühungen zu vergüten sich anerklärt hat.

Weimar den 9. Juli 1797.


12/3601.


An Johann Heinrich Meyer

Seitdem ich weiß daß Sie wieder in Ihr Vaterland gerettet sind, ist mein Beginnen von ganz andrer Art als vorher, und meine Gedanken sind nun hauptsächlich darauf gerichtet: daß wir wechselseitig mit demjenigen bekannt werden was jeder bis her einzeln für sich gethan hat. Sie haben durch Anschauung und Betrachtung ein unendliches Feld kennen gelernt und ich habe indessen, von meiner Seite, durch Nachdenken und Gespräch über Theorie[188] und Methode mich weiter auszubilden nicht versäumt; so daß wir nun entweder unmittelbar mit unsern Arbeiten zusammen treffen, oder uns wenigstens sehr leicht werden erklären und vereinigen können.

Ich schicke Ihnen hier einen Aufsatz worin, nach einigem Allgemeinen, über Laokoon gehandelt ist. Die Veranlassung zu diesem Aufsatze sage ich hernach. Schiller ist mit der Methode und dem Sinn desselben zufrieden, es ist nun die Frage: ob Sie mit dem Stoff einig sind? ob Sie glauben daß ich das Kunstwerk richtig gefaßt und den eigentlichen Lebenspunct des dargestellten wahrhaftig angegeben habe? Auf alle Fälle können wir uns künftig vereinigen, theils dieses Kunstwerk, theils andere in einer gewissen Folge dergestalt zu behandeln, daß wir, nach unserm ältern Schema, eine vollständige Entwicklung von der ersten poetischen Conception des Werks, bis auf die letzte mechanische Ausführung zu liefern suchen und dadurch uns und andern mannigfaltig nutzen.

Hofrath Hirt ist hier, der in Berlin eine Existenz ganz nach seinen Wünschen hat, und sich auch bey uns ganz behaglich befindet, bis auf den Punct wenn wir seine Verstandsreductionen nicht als das ultimum, bey Hervorbringung und Beurtheilung der Kunstwerke, wollen gelten lassen. Schiller ist seit einigen Tagen auch hier und steht, bey seinem höchst beweglichen und zarten Idealism, freylich am weitesten von diesem Dogmatiker ab. Es ist gut daß dieses[189] Zusammenbleiben nicht lange dauert, denn sonst würde die Kluft die uns trennt immer sichtbarer werden. Indessen hat seine Gegenwart uns sehr angenehm unterhalten, indem er bey der großen Masse von Erfahrung, die ihm zu Gebote steht, beynah alles in Anregung bringt was in der Kunst interessant ist und dadurch einen Zirkel von Freunden derselben, selbst durch Beschränktheit und Widerspruch, belebt. Er communicirte uns einen kleinen Aufsatz über Laokoon, den Sie vielleicht schon früher kennen und der das Verdienst hat, daß er den Kunstwerken auch das charakteristische und leidenschaftliche als Stoff zuschreibt, welches durch den Mißverstand des Begriffs von Schönheit und göttlicher Ruhe allzusehr verdrängt worden war. Schillern hatte von dieser Seite gedachter Aufsatz besonders gefallen, indem er selbst jetzt über Tragödie denkt und arbeitet, wo eben diese Puncte zur Sprache kommen. Um mich nun eben hierüber am freysten und vollständigsten zu erklären und zu weiteren Gesprächen Gelegenheit zu geben, so wie auch besonders in Rücksicht unserer nächsten gemeinschaftlichen Arbeiten, schrieb ich die Blätter die ich Ihnen nun zur Prüfung überschicke.

Sorgen Sie vor allen Dingen für Ihre Gesundheit in der vaterländischen Luft, und strengen sich, besonders durch Schreiben, ja nicht an, disponiren Sie sich Ihr Schema im ganzen, und rangiren die Schätze Ihrer Collectaneen und Ihres Gedächtnisses, warten[190] Sie alsdann bis wir wieder zusammen kommen, da Sie die Bequemlichkeit des dictirens haben werden, indem ich den Schreiber des gegenwärtigen mitbringe, wodurch das mechanische der Arbeit, welches für eine nicht ganz gesunde Person drückend ist, sehr erleichtert ja gewissermaßen weggehoben wird.

Unser Herzog scheint sich auf seiner Reise zu gefallen, denn er läßt uns eine Woche nach der andern warten, doch beunruhigt mich seine verspätete Ankunft, die ich erwarten muß, gegenwärtig nicht, indem ich Sie in Sicherheit weiß. Ich hoffe Sie haben meinen Brief vom 7. mit dem Anfange des Gedichts richtig erhalten, und ich will es nunmehr so einrichten, daß ich alle Woche etwas an Sie absende, schreiben Sie mir, wenn es auch nur wenig ist, unter der Adresse meiner Mutter nach Frankfurt, ich hoffe Ihnen bald meine Abreise von hier und meine Ankunft dort melden zu können. Ich wünsche daß Sie sich recht bald erholen möchten und daß ich die Freude habe Sie, wo nicht völlig hergestellt, doch in einem recht leidlichen Zustande wieder zu finden.

Leben Sie recht wohl, werthester Freund! wie freue ich mich auf den Augenblick in welchem ich Sie wiedersehen werde, um durch ein vereintes Leben uns für die bisherige Vereinzelung entschädigt zu sehen.

Schiller und die Hausfreunde grüßen, alles freut sich Ihrer Nähe und Bessrung.

Heut über 8 Tage will ich verschiedne Gedichte beylegen.

[191] Wir haben uns vereinigt in den diesjährigen Almanach mehrere Balladen zu geben und uns, bey dieser Arbeit, über Stoff und Behandlung dieser Dichtungsart selbst aufzuklären, und ich hoffe es sollen sich gute Resultate zeigen.

Humboldts werden nun auch von Dresden nach Wien abgehen. Gerning, der noch immerfort bey jedem Anlaß Verse macht, ist über Regenspurg eben dahin abgegangen, beyde Parthien denken von jener Seite nach Italien vorzurücken, die Folge wird lehren wie weit sie kommen.

Die Herzogin Mutter ist nach Kissingen. Wieland lebt in Osmannstädt mit dem nothdürftigen Selbstbetruge. Fräulein v. Imhof entwickelt ein recht schönes poetisches Talent, sie hat einige allerliebste Sachen zum Almanach gegeben. Wir erwarten in diesen Tagen den jungen Stein von Breslau der sich im Weltwesen recht schön ausbildet. Und so hätten Sie denn auch einige Nachricht von dem Personal das einen Theil des weimarischen Kreises ausmacht, bey Ihrer größern Nähe scheint es mir als ob man Ihnen auch hiervon etwas sagen könne und müsse. Knebel ist nach Bayreuth gegangen, er macht Miene in jenen Gegenden zu bleiben, nur fürchte ich er wird nichts mehr am alten Platze finden, besonders ist Nürnberg, das er liebt, in dem jetzigen Augenblick ein trauriger Aufenthalt. Nochmals ein Lebe wohl.

Weimar am 14. Juli 1797.

G.[192]


12/3602.


An Gottlieb Hufeland

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey:

An jährigen Interessen40Rthlr. – Gr.

Für Bücher für Serenissimum.7"7"

Für's halbe Loos 2 Louisd'or

á 5 Rthlr. 1611"8"

Für Bücher von Danzig für mich9"20"

68Rthlr.11Gr.

Über die zwey ersten Posten erbitte mir Quittung und danke für den mir gegebenen Credit.

Der zweyte Theil der Ruinen von Athen befindet sich auf hiesiger fürstl. Bibliothek, nebst einer Note daß er nicht bezahlt sondern auf Ew. Wohlgeb. Verlangen zurückzusenden sey.

Unser guter Meyer ist glücklich am Zürcher See angekommen, und befindet sich um vieles besser, ich hoffe die vaterländische Luft soll ihn bald völlig herstellen, und denke ihn nächstens aufzusuchen, da wir denn wahrscheinlich gegen den Winter zusammen zurückkommen werden. Ich hoffe Ew. Wohlgeb. noch vor meiner Abreise zu sprechen und wünsche indessen recht wohl zu leben.

Weimar am 15. Juli 1797.

Goethe.[193]


12/3603.


An Carl August Böttiger

Die Griechen haben ein Sprichwort: Die Kraniche des Ibicus, dessen Bedeutung Ew. Wohlgeb. bekannt seyn wird; nun soll aus diesem Stoff eine Ballade gebildet werden und wir wünschten zu diesem Behufe einige Nachricht, wo sich die Geschichte begeben und ob von dem Manne selbst etwas näheres als sein letztes Schicksal bekannt wäre?

Wollten Ew. Wohlgeb. uns hierüber einigen Aufschluß geben so würden Sie uns sehr verbinden, so wie wir wünschten daß Sie an einem von diesen Abenden die zwey Schillerischen schon fertigen Balladen anhören möchten.

Weimar am 16. Juli 1797.

Goethe.


12/3604.


An Carl August Böttiger

[17. oder 18. Juli 1797.]

Viel Danck für die Communication der Ode, so wie für die Erlaubniß daß Schiller die Oden mit nach Jena nehmen könne. Sie wollen einzeln gelesen und genossen seyn.

G.[194]


12/3605.


An Friedrich Schiller

Sie hätten mir zum Abschiede nichts Erfreulicheres und Heilsameres geben können als Ihren Aufenthalt der letzten acht Tage, ich glaube mich nicht zu täuschen wenn ich dießmal unser Zusammenseyn wieder für sehr fruchtbar halte, es hat sich so manches für die Gegenwart entwickelt und für die Zukunft vorbereitet, daß ich mit mehr Zufriedenheit abreise, indem ich unterweges recht thätig zu seyn hoffe und bey meiner Rückkunft Ihrer Theilnehmung wieder entgegen sehe. Wenn wir so fortfahren verschiedene Arbeiten gleichzeitig durchzuführen, und, indem wir die größeren sachte fortleiten, uns durch kleinere immer aufmuntern und unterhalten, so kann noch manches zu Stande kommen.

Hier ist der Polykrates zurück, ich wünsche daß die Kraniche mir bald nachziehen mögen, auf den Sonnabend erfahren Sie das Nähere von meiner Abreise. Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau. An Schlegel habe ich heute geschrieben.

Weimar den 19. Juli 1797.

G.


12/3606.


An August Wilhelm Schlegel

Sie haben mich, durch Überschickung Ihres Prometheus, in den Stand gesetzt meinen Gast auf eine[195] recht angenehme Weise zu bewirthen, er dankt Ihnen auf das beste dafür und ich kann sagen daß wir das Gedicht mit vielem Vergnügen wiederholt gelesen haben. Es ist Ihnen gelungen in die Mythe einen tiefen Sinn zu legen und ihn auf eine ernste und edle Art auszudrucken, die Verse sind sehr glücklich und es sind Stellen die durch ihre Hoheit überraschen. Gewiß wird es eine der ersten Zierden des Almanachs seyn.

Wir haben indeß auch fleißig gearbeitet und die Balladen sind noch immer im Gange, vielleicht giebt mir meine vorstehende Reise auch noch einige Beyträge.

Mein Freund Meyer ist, seiner Gesundheit wegen, aus Italien nach der Schweiz zurückgegangen, ich gedenke ihn am Zürcher See zu besuchen, und mit ihm Rath zu pflegen was weiter zu thun sey? So viel ich seine Constitution kenne möchte es wohl nicht räthlich seyn ihn gleich wieder hineinzuführen, und das Bild das dieses schöne Land im Augenblicke darstellt, ist auch für den Beschauer nicht reizend. Wahrscheinlich sind wir gegen den Winter wieder hier, und erfreuen uns des Umgangs unserer Freunde.

Sollte ich Sie vor meiner Abreise nicht wieder sehen, so wünsche ich recht wohl zu leben. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau und grüßen Sie Ihren Herrn Bruder vielmals. Sollten Sie mir von Ihren und seinen neuern Arbeiten einige Nachricht geben wollen, so würde sie unter der Adresse meiner Mutter,[196] der Räthin Goethe, in Frankfurt am Main, sicher und bald an mich gelangen. Der ich indessen nochmals recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 19. Juli 1797.

Goethe.


12/3607.


An Carl August Böttiger

Für den übersendeten Marsyas, den ich gestern sogleich mit vielem Vergnügen gelesen habe, danke ich auf's beste, ich bin auf die Folge sehr verlangend und freue mich, bey annähernden Arbeiten, Ihrer künftigen Mitwirkung.

Herr Hofrath Schiller, der gestern abgegangen ist, empfiehlt sich noch vielmals, er hat mir seinen Polykrates zurückgelassen, den ich nebst dem berühmten Wasserträger in diesen Tagen vorzutragen hoffe. Hierbey kommt mein Versuch über den Laokoon, vielleicht fällt Ihnen noch etwas zu Gunsten der aufgestellten Idee ein. Ich wünsche recht wohl zu leben.

Weimar den 19. Juli 1797.

G.

Die Serpentes constrictores gehen Freytag an Meyern ab. Geben Sie mir vielleicht einen kleinen Einschluß um den Freund auf deutschem Grund und Boden zu empfangen.[197]


12/3608.


An Carl August Böttiger

Hierbey übersende das Käfighaus des Barro mit der Abhandlung, welche Sie Freund Hirten zurückbringen werden. Zugleich lege ich eine etwas steife doch unterrichtende Beschreibung des Igler Thurms bey, vielleicht finde ich auch noch die flüchtige Zeichnung zu einiger Rectification des in Pokock ganz falsch abgebildeten Monumentes. Den 20. Juli 1797.

G.


12/3609.


An Christian Gottfried Körner

Vor meiner Abreise muß ich Ihnen noch ein Wort sagen und für die gütige Versorgung meiner kleinen Aufträge danken. Bin ich Ihnen etwas dafür schuldig, haben Sie ja die Güte Ihre Auslagen Schillern zuzurechnen.

Ich freue mich, daß Sie die Humboldtischen Gebrüder haben kennen lernen: sie geben eine Idee von Thätigkeiten und Talenten, die sehr ergötzend und aufmunternd ist.

Freund Meyer ist in der Schweiz und ich gehe ihn zu besuchen. Was weiter aus uns werden wird, weiß ich nicht. Leben Sie indessen recht vergnügt und lassen sich mein idyllisch-episches Gedicht gefallen.

[198] Leider ist auch dieses wie die meisten meiner Sachen beinah' nur aus dem Stegreife; meine Tage rollen sich gar zu geschwinde auf, und ich möchte mir die Ehre anthun, mich mit der Leier des Orpheus zu vergleichen, die nur noch zufällige Töne von sich giebt, indem sie von den Wellen eilig dem großen Meere zugeschaukelt wird.

Sie haben durch Schillern erfahren, daß wir uns jetzt im Balladenwesen und Unwesen herumtreiben. Die seinigen sind ihm, wie Sie schon wissen, sehr geglückt; ich wünsche, daß die meinigen einigermaßen darneben stehen dürfen: er ist zu dieser Dichtart in jedem Sinne mehr berufen, als ich.

Was mir diese Reise nehmen und geben wird, muß ich nun abwarten; ich kenne mich hierüber und weiß, daß alles was von außen an mich gelangt sehr späte Früchte bringt.

Leben Sie recht wohl in Ihrem schönen und glücklichen Zustand; erhalten Sie mir Ihren Antheil, grüßen Sie mir Ihre Frauenzimmer und gedenken manchmal meiner in Ihrem Kreise.

Weimar am 20. Juli 1797.

Goethe.


12/3610.


An Johann Heinrich Meyer

Hier ist mein werther Freund die dritte wöchentliche Sendung mit der ich Ihnen zugleich ankündigen[199] kann: daß mein Koffer mit dem Postwagen heute früh nach Frankfurt abgegangen ist und daß also schon ein Theil von mir nach Ihnen zu in Bewegung ist; der Körper wird nun auch wohl bald dem Geiste und den Kleidern nachfolgen. Dießmal schick ich Ihnen, damit Sie doch ja auch recht nordisch empfangen werden, ein paar Balladen, bey denen ich wohl nicht zu sagen brauche daß die erste von Schillern, die zweyte von mir ist. Sie werden daraus sehen daß wir, indem wir Ton und Stimmung dieser Dichtart beyzubehalten suchen, die Stoffe würdiger und mannigfaltiger zu wählen besorgt sind, nächstens erhalten Sie noch mehr dergleichen.

Die Note von Böttiger über die zusammenschnürenden Schlangen ist meiner Hypothese über Laokoon sehr günstig, er hatte als er sie schrieb meine Abhandlung nicht gelesen.

Schiller war diese 8 Tage bey mir, ziemlich gesund und sehr munter und thätig. Ihrer ist, ich darf wohl sagen, in jeder Stunde gedacht worden.

Unsere Freundin Amelie hat sich auch in der Dichtkunst wundersam ausgebildet und sehr artige Sachen gemacht, die mit einiger Nachhülfe recht gut erscheinen werden. Man merkt ihren Sachen sehr deutlich die solidern Einsichten in eine andere Kunst an, und wenn sie in beyden fortfährt so kann sie auf einen bedeutenden Grad gelangen.

[200] Heute nicht mehr. Nur noch den herzlichen Wunsch daß Ihre Gesundheit sich immer mehr verbessern möge. Schicken Sie Ihre Briefe nur an meine Mutter.

W. d. 21. Jul. 1797.

G.


12/3611.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

[22. Juli.]

Durchlauchtigster Herzog

Gnädigster Fürst und Herr

Es hat meine Mutter Catharina Elisabetha Goethe, Wittib zu Frankfurt am Main, durch ein, unterm 17. Juni dieses Jahres, ausgestelltes, im Originale hier beyliegendes Instrument, welches ich mir nach zurückbehaltener vidimirter Copie wieder zurück erbitte, auf meine sämmtliche Erbschaft renunciirt.

Da mir nun kein weiterer Notherbe übrig bleibt, und die Disposition über mein Vermögen mir völlig überlassen ist; so wird meinem unterthänigsten Besuche wohl nichts entgegen stehen, das ich an Ew. Hochfürstl. Durchl. hiermit ergehen lasse:

Höchstdieselben geruhen zu verfügen: daß nach meinem erfolgenden Ableben keine Obsignation statt habe, vielmehr meine Erben ohne dieselbe und ohne weitere gerichtliche Inventur zu dem Besitz meines Nachlasses gelangen, um so mehr als wegen desselben in einem Testamente, zu dessen Abholung ich mir eine[201] Deputation unterthänigst erbitte, Verordnung getroffen und ein Executor ernannt ist.

Der ich in Hoffnung gnädigster Gewärung meiner geziemenden Bitte in lebenswähriger tiefster Verehrung mich unterzeichne Ew. Durchl.


12/3612.


An Friedrich Schiller

Heute sage ich nichts als meinen besten Dank für Ihren beyderseitigen Abschiedsgruß und für die überschickten Horen.

Je länger ich hier bleibe je mehr Kleinigkeiten giebt's zu thun, und die Zeit vergeht ohne daß ich etwas empfange noch hervorbringe, und ich muß mich nun in Acht nehmen daß ich nicht ungeduldig werde.

Rath Schlegel verläßt mich eben, es schien blos, daß sein Wunsch Ihnen wieder näher zu werden ihn diesmal hierher geführt habe.

Wollten Sie mir Ihren Taucher, Polykrates und Handschuh wohl nochmals abschreiben lassen, meine Abschriften habe ich an Meyer geschickt, vielleicht fänden sich aber doch unterwegs einige gute Christen- oder Heydenseelen, denen man so etwas vorlesen möchte. Ehe ich weggehe schreibe ich auf alle Fälle noch.

Weimar am 22. Juli 1797.

G.[202]


12/3613.


An den Kurfürsten Friedrich Augustvon Sachsen

Durchlauchtigster Churfürst

Gnädigster Churfürst und Herr

Seitdem Ew. Churfürstl. Durchlaucht der hiesigen Hofschauspieler-Gesellschaft die Concession, während der Badezeit zu Lauchstedt Schauspiele aufführen zu dürfen gnädigst ertheilen lassen, hat sich die obgedachte Schauspieler-Gesellschaft bestrebt, die von ihr gefaßte vortheilhafte Meinung möglichst zu verdienen, und sowohl die hohe Behörde als das Publicum der Bade-Gesellschaft hat bis jetzt auch ihren Bemühungen allen Beyfall geschenkt. Nur ist der enge Raum des kleinen Schauspielhaußes und die aus dessen niedriger Bauart entstehende Hitze ein Anlaß gewesen, daß viele Personen sich dessen enthalten und den Wunsch nach einer Erweiterung und Erhöhung desselben bemerklich gemacht haben. Man würde auch diesen Wunsch bey der Ober-Direction der Schauspieler-Gesellschaft gern erfüllen und die Kosten der Erbauung eines größern Schauspielhauses zu Lauchstedt aufwenden, wenn diese Unternehmung gnädigst approbirt und etwas mehr gesichert werden könnte, als es nach der gegenwärtigen Einrichtung der Fall ist. Denn der Platz zu dem Schauspielhause ist anfänglich nur unter der Bedingung vergönnt worden, daß man denselben auf Erfordern durch Wegnehmung des[203] Hauses wieder zu räumen verbunden ist, auch hat die gnädigste Concession, während der Badezeit zu Lauchstedt Schauspiele aufführen zu dürfen, nur noch auf Drey Jahre, nehmlich bis 1799, Prolongation erhalten. Die Kürze dieser Zeit und die Gefahr, das Haus auf Befehl wieder abtragen zu müssen, lassen aber einige bedeutende Unternehmungen zu dessen Erweiterung und Erhöhung nicht zu, ohne einen allzugroßen Verlust bey dergleichen Aufwand zu befürchten.

In dieser Betrachtung erkühnen wir uns, an Ew. Churfürstl. Durchlaucht uns ehrerbietigst zu wenden und die unterthänigste Bitte vorzulegen, ob es gnädigst gefällig seyn möge, der Ober-Direction mehrgedachter Schauspieler-Gesellschaft die Verstattung der Erbauung eines größern und schicklichern Schauspielhauses auf ihre Kosten zu gestatten und ihr den dazu nöthigen Platz, der durch wenige unnachtheilige Erweiterung des gegenwärtigen erlangt werden würde, gegen die schuldigen Abgaben zu verleihen, auch die Dauer der Concession des Schauspiels auf mehrere Jahre huldreichst zu verlängern.

Die Ober-Direction der Schauspieler-Gesellschaft würde diese landesherrliche gnädigste Vergünstigung mit unterthänigstem Danke vernehmen und sich äußerst angelegen seyn lassen, den Zweck eines wohleingerichteten Schauspiels zu Lauchstedt in jedem Betracht immer mehr zu befördern und mit gnädigster Billigung[204] immer würdiger zu machen; in der tiefsten Devotion jederzeit verharrend

Ew. Churfürstl. Durchlaucht

unterthänigste

Ober-Direction der

Weimar

Hof-Schauspieler-Gesellschaft

den 25. Juli

alhier

1797.

Johann Wolfgang von Goethe.


12/3614.


An Friedrich Schiller

Herzlichen Dank für den Antheil an meinem Befinden! Die Folgen einer Erklärung hatten mich 24 Stunden sehr übel geplagt, nun bin ich aber völlig wieder hergestellt und hoffe noch zu Ende dieser Woche zu reisen. Hier kommt der abermals ermordete, oder vielmehr in Fäulniß übergegangene Gustav der Dritte, es ist so recht eigentlich eine Bettelsuppe, wie sie das deutsche Publicum liebt, diese Art Schriften sind an die Stelle der Gespräche im Reiche der Todten getreten, die auf unsere Wahrheit liebende Nation immer großen Eindruck gemacht haben. Der neue Dichter ist recht brav und es wäre mir angenehm ihn kennen zu lernen, Sie verbessern vielleicht noch hie und da eine Kleinigkeit, nur um der Klarheit willen, seine Einsamkeit und Enge sieht man ihm freylich an.

[205] Der Herzog ist gestern angekommen und sieht recht wohl aus, auch ist die berühmte Marianne Meyer hier, es ist Schade daß sie nicht einige Tage früher kam, ich hätte doch gewünscht daß Sie dieses sonderbare Wesen hätten kennen lernen. Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Ihre liebe Frau. Da ich Gedichte von der Hand Ihres Schreibers sah, glaubte ich schon die Kraniche fliegen zu sehen. Ich bin so außer Stimmung daß ich heute sogar meine Prosa bald schließen muß.

Weimar am 26. Juli 1797.

G.


12/3615.


An Carl August Böttiger

Vom Viewegischen Almanach wünschte ich folgende Exemplare abgegeben.

An die drey Fürstl. Personen; jeder ein Ex.

3

Herder

1

Wieland

1

Schiller

2

Voigt

1

In mein Haus

2

Nach Franckfurt an meine Mutter

2

– – – –

Ex. 12

Die allenfalls übrigen bitte mir aufzuheben.

W. d. 26. Jul. 97.

G.[206]


12/3616.


An Johann Friedrich von Koppenfels

Indem ich Ew. Hochwohlgeb. für die gütige Leitung meines kleinen Privatgeschäftes gehorsamsten Dank sage, bin ich in dem Falle, eine abermalige Gefälligkeit mir von Denselben zu erbitten.

Zu meiner Reise nach Frankfurt und in die Schweiz wünsche ich einen Paß für mich von Fürstl. Regierung zu erhalten, bey welchem kein weiteres Bedenken obwaltet. Da ich aber auch meine kleine Familie biß Frankfurt mitzunehmen denke und sie besonders auf dem Rückwege, den sie allein zurücklegen, sich selbst überlassen muß; so hätte ich auch für Mutter und Sohn um einen besonderen Paß zu bitten. Ich überlasse Ew. Hochwohlgeb. ob Sie unbedenklich finden etwa einen dergleichen auf Frau Vulpius und Sohn ausfertigen zu lassen, oder was Sie sonst schicklich und zweckmäßig finden. Es ist ohnehin nur auf allen Fall, indem Reisende, besonders auf dieser Route, sehr selten um Pässe gefragt werden.

Der ich mich nochmals bestens zu geneigtem Andenken empfehle.

Ew. Hochwohlgeb.

W. den 27. Jul. 1797.

ganz gehorsamster Diener

Goethe.


Dürfte ich bitten die zu Abhohlung meines Testamentes[207] verfügte Deputation, heute, um eilf Uhr bey mir eintreten zu laßen?


12/3617.


An Johann Friedrich von Koppenfels

Ew. Hochwohlgeb.

bin für die die wiederhohlten Gefälligkeiten den verbindlichsten Dank schuldig. Der Nahme der Mutter ist Christiane und das Alter des Sohnes sieben und ein halbes Jahr.

Zu meinen lebhaften Wünschen für Ihre Gesundheit füge ich die Bitte um ein geneigtes Andenken hinzu, und hoffe, daß Sie anstatt Sich zu mir zu bemühen mir erlauben werden vor meiner Abreise noch einen Augenblick anzufragen.

Ew. Hochwohlgeb.

W. d. 28. Jul. 97.

ganz gehorsamster DienerGoethe.


12/3618.


An Philipp Seidel

[Concept.]

[29. Juli.]

Du erhältst hier eine schöne Parthie Doppel-Louisd'or, indem ich, vor meiner Abreise, so wohl die Interessen berichtigen, als einen Theil des Capitals abtragen möchte.[208]


12/3619.


An Friedrich Schiller

Morgen werde ich denn endlich im Ernste hier abgehen, gerade abermals 4 Wochen später als ich mir vorgenommen hatte. Bey der Schwierigkeit loszukommen sollte von rechtswegen meine Reise recht bedeutend werden, ich fürchte aber daß sie den übrigen menschlichen Dingen gleichen wird. Von Frankfurt hören Sie bald wenigstens einige Worte.

Unsere Balladen-Versuche habe ich in diesen Tagen vorgelesen und guten Effect davon gesehen. Bey Ihrem Handschuh hat man den Zweifel erregt ob man sagen könne ein Thier lecke sich die Zunge; ich habe wirklich darauf nicht bestimmt zu antworten gewußt.

Schlegels Aufsatz kommt hier zurück, es ist freylich mit den Gedichten wie mit den Handlungen: man ist übel dran, wenn man sie erst rechtfertigen soll.

Leben Sie recht wohl. Sie sagten neulich daß zur Poesie nur die Poesie Stimmung gäbe, und da das sehr wahr ist, so sieht man wie viel Zeit der Dichter verliert wenn er sich mit der Welt abgiebt, besonders wenn es ihm an Stoff nicht fehlt. Es graut mir schon vor der empirischen Weltbreite, doch wollen wir das Beste hoffen, und wenn wir wieder zusammen kommen uns in manchen Erzählungen und[209] Betrachtungen wieder erholen. Leben Sie recht wohl mit Ihrer lieben Frau und den Ihrigen.

Weimar am 29. Juli 97.

G.


Da Boie noch nichts hat von sich hören lassen, so schicke ich den Postschein wenigstens als Zeugniß meines guten Willens und allenfalls zu irgend einem Gebrauch wenn das Paket sollte verloren seyn. Sie haben ja wohl Gelegenheit sich bey Boie darnach zu erkundigen.


12/3620.


An Gottlieb Hufeland

Mit vielem Dank sende ich das architectonische Werk zurück und empfehle mich nochmals zu geneigtem Andenken. Morgen werde ich endlich nach Frankfurt abgehen, schwerlich wird meine Reise so lange als die Vorbereitung dauern, worüber ich auch am Ende ganz getröstet bin, denn man befindet sich denn doch in einem gewissen gewohnten Kreise, umgeben mit Personen mit denen man sich versteht, immer am besten. Leben Sie recht wohl und empfehlen mich den werthen Ihrigen.

Weimar am 29. Juli 97.

Goethe.[210]


12/3620a.


An Samuel Thomas von Sömmerring

[Frankfurt, 4. August 1797.]

Die Arbeiten, die Sie mir gestern zeigten, haben mich im eigentlichen Sinne geblendet. Die Beobachtung, der Gedanke, die Ausführung, der Geschmack, alles ist daran zu bewundern. Darf ich hoffen, Sie heut um 3 Uhr zu finden? um das gestrige noch einmal und das Versprochene neue zu seyn.

Goethe.[18]


12/3621.


An Johann Heinrich Meyer

Ich will Ihnen, mein lieber Freund, nur geschwind vermelden daß ich in Frankfurt glücklich mit den Meinigen angekommen bin. In diesen ersten Tagen bin ich nur beschäftigt diesen Fremdlingen alles zu zeigen, da sie Montags den 7. schon wieder abreisen.

Ihre lieben Briefe von 20. und 26. Juli habe ich zu meiner größten Freude angetroffen. Wie tröstlich ist es wenn man einander wieder so nahe ist und sich geschwinde mittheilen kann. Wir wollen ja keine große Distanzen wieder zwischen uns legen.

Der Beyfall, den Sie meinem Gedichte geben, ist mir unendlich schätzbar, denn der Menschenmaler ist eigentlich der competenteste Richter der epischen Arbeit. Die nachfolgenden Bogen sollen hoff' ich noch vor mir bey Ihnen eintreffen. Ich habe diese Arbeit mit vieler Sorgfalt und völligem Bewußtseyn, obgleich in kurzer Zeit, fertig gebracht. Eben so freut es mich daß ich Ihnen mit meinen Ideen über Laokoon entgegen komme. Vielleicht schicke ich Ihnen noch einen Aufsatz über unvollkommnere, in einem gewissen Sinne bedeutende, und leider für unsere Zeit verführerische Kunstwerke. Doch ich will darüber nichts voraus sagen. Ich lege noch eine Arbeit bey die für unsern diesjährigen Almanach bestimmt ist.

[211] Für heute nichts weiter, denn ich bringe keine Ideen zusammen. Sobald meine kleine Hausgenossen weg sind und ich mich nun von allem rückwärts noch mehr abgelöst fühle, so schreibe ich weiter. Lassen Sie mich indessen von sich immer etwas hören und besonders die besten Nachrichten von Ihrer Gesundheit.

Frankfurt den 5. August 1797.

G.


12/3622.


An den Herzog Carl August

Franckfurt d. 8. Aug. 97.

Zum erstenmale habe ich die Reise aus Thüringen nach dem Mainstrome durchaus bey Tage, mit Ruhe und Bewußtseyn gemacht und das deutliche Bild der verschiedenen Gegenden, ihrer Charaktere und Übergänge war mir sehr lebhaft und angenehm, auch war die Witterung, bis auf wenige heiße Stunden, erwünscht und der Moment wegen der heranreisenden Feldfrüchte sehr bedeutend. In Thüringen stand alles zum schönsten, im Fuldischen fanden wir die Mandeln auf dem Felde, und zwischen Hanau und Frankfurt nur noch die Stoppeln. Vom Wein verspricht man sich nicht viel, das Obst ist gut gerathen.

In Frankfurt ist alles thätig und lebhaft. Ihre Zeit ist nur zwischen erwerben und verzehren getheilt und das vielfache Unglück scheint nur einen allgemeinen Leichtsinn bewirckt zu haben. Die Millionen[212] die man hingeben mußte sind, so wie die Noth jener Augenblicke, vergessen und jedermann findet es äußerst unbequem, daß er nun zu den Interessen und Abzahlungen auch das seinige beytragen soll. Jedermann beklagt sich über die äußerste Theurung, und fährt doch fort Geld auszugeben und den Luxus zu vermehren über den er sich beschwert. Doch habe ich auch schon einige wunderliche und unerwartete Ausnahmen bemerken können.

Gestern Abend entstand auf einmal ein lebhafter Friedensruf, in wie fern er gegründet sey muß sich bald zeigen.

Ich habe mich in diesen wenigen Tagen schon viel umgesehen, bin die Stadt umfahren und umgangen, außen und innen entsteht ein Gebäude nach dem andern, und der bessere und größere Geschmack läßt sich bemerken, obgleich auch hier und da wieder mancher Rückschritt geschieht. Gestern war ich im Schweizerischen Hause, das auch inwendig viel Gutes enthält, besonders hat mir die Art der Fenster sehr wohl gefallen, ich werde ein kleines Modell davon an die Schloßbaukommission schicken.

Das hiesige Theater hat gute Subjecte, im Ganzen ist es aber für eine so große Anstalt viel zu schwach besetzt, die Lücken, welche bey Ankunft der Franzosen entstunden, sind noch nicht wieder ausgefüllt. Auf den Sonntag wird Palmyra gegeben, worauf ich sehr neugierig bin.

[213] Politische Nachrichten wird Herr Riese geschwinder und geschäftiger als ich überschreiben; ich lege aber doch eine Recension einiger italienischen Zeitungsblätter bey, die mich interessirt haben, weil sie einen Blick in jene Zustände thun lassen.


Am 9. August 97.

Das allgemeine Gespräch und Interesse ist heute die Feyer des morgenden Tages die in Wetzlar begangen werden soll, man erzählt Wunderdinge davon:

Zwanzig Generäle sollen derselben beywohnen, von allen Regimentern sollen Truppen dazu gesammelt werden, militarische Evolutionen sollen geschehen. Gerüste sind aufgerichtet und was dergleichen mehr ist. Indessen fürchten die Einwohner bey dieser Gelegenheit böse Scenen, mehrere haben sich entfernt, man will heute Abend schon kanoniren gehört haben. Indessen lebt man hier in vollkommner Sicherheit und jeder treibt sein Handwerk, eben als wenn nichts gewesen wäre. Man hält den Frieden für gewiß und schmeichelt sich daß der Congreß hier seyn werde, ob man gleich nicht weiß wo man die Gesandschaften unterbringen will. Wenn Alles ruhig bleibt so wird die nächste Messe über die Maßen voll und glänzend werden, es sind schon viele Quartiere bestellt und die Gastwirthe und andere Einwohner setzen unerhörte Preise auf ihre Zimmer.

Gestern war ich bey Herrn von Schwarzkopf, der mit seiner jungen Frau auf einem Bethmannischen[214] Gute wohnt. Es liegt sehr angenehm, eine starke Halbestunde von der Stadt, vor dem Eschenheimer Thore, auf einer sanften Anhöhe, von der man vorwärts die Stadt und den ganzen Grund worinn sie liegt, und hinterwärts den Niddagrund bis an das Gebirg übersieht. Das Gut gehörte ehemals der Familie der von Riese, und ist wegen der Steinbrücke bekannt die sich in dem Bezirk desselben befinden. Der ganze Hügel besteht aus Basalt und der Feldbau wird in einem Erdreiche getrieben das aus Verwitterung dieser Gebirgsart besteht, es ist auf der Höhe ein wenig steinig, aber Früchte und Obstbäume gedeihen vortrefflich. Bethmanns haben viel dazu gekauft und meine Mutter hat ihnen ein schönes Baumstück, das unmittelbar daran stößt, abgelassen.

Die Fruchtbarkeit des herrlichen Grundes um Frankfurt und die Mannigfaltigkeit seiner Erzeugnisse erregt Erstaunen und an den neuen Zäunen, Stacketen und Lusthäusern, die sich weit um die Stadt umher verbreiten, sieht man wie viele wohlhabende Leute in der letzten Zeit nach größern und kleinern Stücken eines fruchtbaren Bodens gegriffen haben. Das große Feld, worauf nur Gemüse gebauet wird, gewährt in der jetzigen Jahrszeit einen sehr angenehmen und mannigfaltigen Anblick.

Überhaupt ist die Lage, wie ich sie an einem schönen Morgen vom Thurme wiedergesehen, ganz herrlich, und zu einem heitern und sinnlichen Genusse[215] ausgestattet, deswegen sich die Menschen auch so frühzeitig hier angesiedelt und ausgebreitet haben. Merkwürdig war mir die frühzeitige städtische Cultur, da ich gestern las: daß schon 1474 befohlen ward die Schindeldächer wegzuthun, da schon früher die Strohdächer abgeschafft waren. Es läßt sich denken wie in dreyhundert Jahren ein solches Beyspiel auf die ganze Gegend gewirkt haben müsse.

Leben Sie recht wohl und gedencken mein. Nehmen Sie diese unbedeutenden Blätter gütig auf. Wenn ich mich gewöhnen kann auf der Reise mich auch Abwesenden mitzutheilen, so giebt es auch wohl immer etwas interessanteres. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlin zu Gnaden.

G.


12/3623.


An Friedrich Schiller

Ohne den mindesten Anstoß bin ich vergnügt und gesund nach Frankfurt gelangt und überlege in einer ruhigen und heitern Wohnung nun erst: was es heiße in meinen Jahren in die Welt zu gehen. In früherer Zeit imponiren und verwirren uns die Gegenstände mehr, weil wir sie nicht beurtheilen noch zusammenfassen können, aber wir werden doch mit ihnen leichter fertig, weil wir nur aufnehmen was in unserm Wege liegt und rechts und links wenig achten. Später kennen wir die Dinge mehr, es interessirt uns deren[216] eine größere Anzahl und wir würden uns gar übel befinden, wenn uns nicht Gemüthsruhe und Methode in diesen Fällen zu Hülfe käme. Ich will nun alles was mir in diesen acht Tagen vorgekommen ist so gut als möglich zurechtstellen, an Frankfurt selbst als einer vielumfassenden Stadt meine Schemata probiren und mich dann zu einer weitern Reise vorbereiten.

Sehr merkwürdig ist mir aufgefallen wie es eigentlich mit dem Publico einer großen Stadt beschaffen ist. Es lebt in einem beständigen Taumel von Erwerben und Verzehren, und das was wir Stimmung nennen, läßt sich weder hervorbringen noch mittheilen, alle Vergnügungen, selbst das Theater, sollen nur zerstreuen und die große Neigung des lesenden Publicums zu Journalen und Romanen entsteht eben daher, weil jene immer und diese meist Zerstreuung in die Zerstreuung bringen.

Ich glaube sogar eine Art von Scheu gegen poetische Productionen, oder wenigstens in so fern sie poetisch sind, bemerkt zu haben, die mir aus eben diesen Ursachen ganz natürlich vorkommt. Die Poesie verlangt, ja sie gebietet Sammlung, sie isolirt den Menschen wider seinen Willen, sie drängt sich wiederholt auf und ist in der breiten Welt (um nicht zu sagen in der großen) so unbequem wie eine treue Liebhaberinn.

Ich gewöhne mich nun alles wie mir die Gegenstände vorkommen und was ich über sie denke aufzuschreiben,[217] ohne die genauste Beobachtung und das reifste Urtheil von mir zu fordern, oder auch an einen künftigen Gebrauch zu denken. Wenn man den Weg einmal ganz zurückgelegt hat, so kann man mit besserer Übersicht das vorräthige immer wieder als Stoff gebrauchen.

Das Theater habe ich einigemal besucht und zu dessen Beurtheilung mir auch einen methodischen Entwurf gemacht. Indem ich ihn nun nach und nach auszufüllen suche so ist mir erst recht aufgefallen: daß man eigentlich nur von fremden Ländern, wo man mit niemand in Verhälniß steht, eine leidliche Reisebeschreibung schreiben könnte. Über den Ort wo man gewöhnlich sich aufhält, wird niemand wagen etwas zu schreiben, es müßte denn von bloßer Aufzählung der vorhandenen Gegenstände die Rede seyn, eben so geht es mit allem was uns noch einigermaßen nah' ist, man fühlt erst daß es eine Impietät wäre, wenn man auch sein gerechtestes, mäßigstes Urtheil über die Dinge öffentlich aussprechen wollte. Diese Betrachtungen führen auf artige Resultate und zeigen mir den Weg, der zu gehen ist. So vergleiche ich z.B. jetzt das hiesige Theater mit dem Weimarischen, habe ich noch das Stuttgarter gesehen, so läßt sich vielleicht über die drey etwas allgemeines sagen das bedeutend ist und das sich auch allenfalls öffentlich produciren läßt.

Leben Sie recht wohl und halten Sie sich ja gesund[218] und vergnügt in Ihrem Gartenhause. Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau. Wenn ich nur einmal wieder in's Jenaische Schloß gelangen kann, soll mich sobald niemand heraus treiben. Es ist nur gut, daß ich zum Musenalmanach das meinige schon beygetragen habe, denn auf der Reise kann ich so wenig hoffen einem Gedichte als dem Phönix zu begegnen. Nochmal das schönste Lebewohl.

Frankfurt am Main d. 9. Aug. 1797.

G.


Schmidt von Friedberg ist bey mir gewesen, es war keine unangenehme aber auch keine wohlthätige Erscheinung. Im ganzen ein hübscher junger Mensch, ein kleiner Kopf auf mäßigen Schultern, treffliche Schenkel und Füße, knapp, reinlich, anständig nach hiesiger Art gekleidet. Die Gesichtszüge klein und eng beysammen, kleine, schwarze Augen, schwarze Haare nahe am Kopf sanscülottisch abgeschnitten. Aber um die Stirne schmiedete ihm ein ehernes Band der Vater der Götter. Mit dem Munde machte er wunderliche Verzerrungen als wenn er dem was er sagte noch einen gewissen eigenthümlichen Ausdruck geben wollte. Er ist der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns, der ihn zum Prediger bestimmte. Dadurch ist der Mensch ganz aus seinem Wege gerückt worden, ich glaube daß er, zu einem beschränkten Handel und Lebenswandel angeführt, recht gut gewesen wäre, da er Energie und eine gewisse[219] Innigkeit zu haben scheint; unter einer Nationalgarde sähe ich ihn am allerliebsten. Die Folge mag es zeigen, aber ich fürchte es ist nicht viel Freude an ihm zu erleben. Voraus also gesetzt daß es kein gedrückter Mensch ist, sondern einer der, nach seiner Aussage, seiner Gestalt, seiner Kleidung in mäßigem Wohlbehagen lebt, so ist es ein böses Zeichen daß sich keine Spur von Streben, Liberalität, Liebe, Zutrauen an ihm offenbart. Er stellte sich mir in dem philisterhaften Egoismus eines Exstudenten dar. Dabey aber auch keine Spur von Roheit, nichts schiefes in seinem Betragen außer der Mundverzerrung.

Ich nahm zur Base meiner Behandlung daß Sie ihn an mich schicken, und setzte also in diesem Sinne vieles voraus, aber es hat doch auch gar nichts allgemeines noch besonderes angeklungen, auch nichts über Reinhold und Fichte, die er doch beyde gehört hat. Überhaupt konnte ich nichts bedeutendes von ihm herauslocken als daß er, seit einem Jahre, gewisse besondere Ansichten der Welt gewonnen habe, wodurch er sich zur Poesie geneigt fühle (das denn ganz gut seyn möchte), daß er aber auch überzeugt sey, nur in einer gewissen Verbindung der Philosophie und Poesie bestehe die wahre Bildung. Wogegen ich nichts zu sagen habe, wenn ich es nur nicht von einem jungen Menschen hören müßte. Übrigens ging er weg wie er gekommen war, ehe doch auch nur irgend ein Gespräch sich eingeleitet hatte, und war[220] mir für diesen kurzen Moment bedeutend genug. Der zurückgezognen Art nach erinnerte er mich an Hölderlin, ob er gleich größer und besser gebildet ist; sobald ich diesen gesehen habe, werde ich mit einer nähern Parallele aufwarten. Da auf meinem Lebensgange besonders in früheren Zeiten mir mehrere Naturen dieser Art begegnet sind und ich erfahren habe wo es eigentlich mit ihnen hinausgeht, so will ich noch ein allgemeines Wort hinzufügen: Menschen, die aus dem Kaufmannsstamm zur Litteratur und besonders zur Poesie übergehen, haben und behalten eine eigne Tournüre. Es läßt sich an einigen ein gewisser Ernst und Innigkeit bemerken, ein gewisses Haften und Festhalten, bey andern ein lebhaftes thätiges Bemühen, allein sie scheinen mir keiner Erhebung fähig, so wenig als des Begriffs, worauf es eigentlich ankommt. Vielleicht thue ich dieser Kaste unrecht und es sind viele aus andern Stämmen, denen es nicht besser geht. Denken Sie einmal Ihre Erfahrung durch, es finden sich wahrscheinlich auch Ausnahmen.


12/3624.


An Christiane Vulpius

Ich bin euch immer in Gedanken nachgefolgt und gestern Abend in der Müllerinn, die mir nur theilweise Vergnügen gemacht hat, dachte ich oft daß ihr nun ruhig in Schlüchtern sitzen würdet. Ich verlange[221] recht sehr zu hören wie ihr eure Reise zurücklegt und hoffe das Beste. Eure Briefchen von Hanau haben mir viel Freude gemacht, sage dem Kleinen daß ich seine Briefe aufhebe und sehen will wie er nun immer besser schreibt. Ich habe angefangen einiges zu überlegen und zu dictiren, aber es wird ganz unmöglich seyn in dieser Wohnung etwas zu arbeiten, ich will noch etwa acht Tage zusehen und dann irgend einen Entschluß fassen. Wenn du wieder stille zu Hause bist so wirst du erst recht gewahr werden was für eine Menge Gegenstände du gesehen hast.

Wenn Packete angekommen sind so mache sie nur auf. Wenn eins mit Noten dabey ist so schickst du es an den Kämmerier Wagner. Lebe recht wohl, schreibe mir bald und behalte mich lieb.

Frankfurt d. 9. Aug. 1797.

G.


12/3625.


An Christian Gottlob Voigt

Sie verzeihen, werthester Freund, wenn ich Ihnen ein kleines Packetchen Briefe zu gefälliger Austheilung übersende und zugleich ein Blatt beylege, welches mir die Hofmannin von Ober Roßla nachgeschickt hat. Ich kann auf die darinn vorgetragene Bitte nicht reflectiren und es mag sich diese Familie selbst zuschreiben daß sie, durch ihr unbilliges Betragen gegen ihre Miterben, sich in den Fall gesetzt sieht, entweder[222] daß Gut zu verlassen oder es zuletzt theurer zu bezahlen. Es verbleibt daher bey unserer Abrede, wir verharren nach unserm Gebote und sollten wir abermals übersetzt werden, so haben Sie nur die Güte nochmals weiter bieten zu lassen und, da von der diesjährigen Erndte nicht mehr die Rede seyn kann, die Sache langsam weiter zu leiten.

Heute sage ich nichts weiter, als daß ich aufrichtig und lebhaft wünsche Sie könnten, und wenn es auch nur auf kurze Zeit wäre, an der herrlichen Gegend und allem, was sie enthält, Theil nehmen, Sie würden es lebhafter empfinden als ich selbst, der ich durch die Erinnerung der alten Zustände und die Vergleichung der so sehr veränderten neuen Erscheinungen, wenigstens in diesen ersten Augenblicken oft irre gemacht werde. Leben Sie recht wohl, erhalten Sie mir ein freundschaftliches Andenken und nehmen Sie einen tausendfachen Dank für die Beruhigung, die Sie mir vor meiner Abreise durch so mannigfaltigen Rath und Beystand gegeben haben.

Frankfurt a. M. d. 10. August 1797.

G.


12/3626.


An Carl Ludwig von Knebel

Deinen lieben Brief habe ich in Frankfurt erhalten und bin gegenwärtig ein Reisender wie du. Ich fühle das sehr lebhaft was du über die Veränderung[223] des Zustandes sagst, denn mir geht es hierinn beynah wie dir und wenn man nicht immer in der Welt lebt so sieht man sie anfangs wieder mit verwunderten Augen an, und so gut man sie kennt machen einen die neuen Erscheinungen wieder auf kurze Zeit aufmerksam, bis man denn das alte plumpe Märchen wieder bald gewahr wird. Ich wünsche dir zu allen deinen Unternehmungen Glück und begreife den Sinn einiger Stellen deines Briefes recht wohl; ich hoffe daß dein gutes Geschick dich verhindern wird dich noch in alten Tagen einer solchen Subalternität zu unterwerfen die jeden rechtlichen Menschen zur Verzweiflung bringen muß. Kannst du eine gute Pfründe sine cura erwischen so thue es ja und laß die andern aus Licht und Luft arbeiten was sie können.

Was mich betrifft, so sehe ich nur immer mehr ein, daß jeder nur sein Handwerk ernsthaft treiben und das übrige alles lustig nehmen soll. Ein paar Verse, die ich zu machen habe, interessiren mich jetzt mehr als viel wichtigere Dinge auf die mir kein Einfluß gestattet ist und wenn ein jeder das Gleiche thut so wird es in der Stadt und im Hause wohlstehen. Die wenigen Tage die ich hier bin hat mich die Betrachtung so mancher Gegenstände schon sehr vergnügt und unterhalten und ich habe für die nächste Zeit noch genug vor mir.

Ich will hernach unsern guten Meyer, der am Zürcher See angekommen ist, aufsuchen und, ehe ich[224] meinen Rückweg antrete, noch irgend eine kleine Tour mit ihm machen. Nach Italien habe ich keine Lust, ich mag die Raupen und Chrysaliden der Freyheit nicht beobachten, weit lieber möchte ich die ausgekrochnen französischen Schmetterlinge sehen.

Lebe recht wohl, und ehe du einen neuen Zustand erwählst, so bedenke alles ja wohl, denn es ist nichts gefährlicher als sich in unserm Alter zu vergreifen. Empfiehl mich Herrn von Schuckmann, es ist einer der schätzbarsten Männer die ich in meinem Leben gekannt habe.

Frankfurt a M. den 10. August 1797.

G.


12/3627.


An Johann Heinrich Meyer

Meine kleinen Hausgeister sind gestern wieder nach Weimar zurück und ich befinde mich nun wieder allein in meiner Vaterstadt aus einem halbbekannten Boden, denn es hat sich auch seit 5 Jahren hier wieder sehr vieles verändert. Sie sind nun auch wieder an Ihrem Geburtsort und es ist abzuwarten, zu welchem neuen Leben wir nun beyde nächstens wieder ausgehen werden. Auf der kurzen Reise von Weimar hierher und diese wenigen Tage hier habe ich über die Methode der Beobachtung auf Reisen, über Bemerken und Aufzeichnen manches gedacht. Die Gegenstände der Erfahrung sind so vielfach daß Sie und immer zerstreuen,[225] indem sie uns einzeln in jedem Augenblick anziehen, die Zeit ist kurz und man ist nicht immer aufzumerken fähig. Ich will die Zeit, die ich hier bleibe, ein Schema und eine bequemere Form eines Tagebuches auszudenken suchen und die zweyte Hälfte meiner Reise durch Deutschland bis zu Ihnen durch diese Hülfsmittel zu benutzen suchen, das übrige wird eine gemeinschaftliche Bemühung vollenden.

Ihren lieben Brief vom 26. Juli erhielt ich am achten Tage, die Mittheilung wird nun immer leichter und tröstlicher und es freut mich herzlich aus Ihren Briefen zu sehen, daß wir beym Durchdenken und Durcharbeiten ähnlicher Gegenstände nur immer näher gekommen sind, es wird eine rechte Freude seyn wenn wir unsere Theorien und Erfahrungen in einander verschlingen.

Das Theater habe ich einigemal besucht und zu dessen Beurtheilung mir auch einen methodischen Entwurf gemacht. Indem ich ihn nun nach und nach auszufüllen suche so ist mir erst recht aufgefallen: daß man eigentlich nur von fremden Ländern, wo man mit niemand in Verhälniß steht, eine leidliche Reisebeschreibung schreiben könnte. Über den Ort wo man gewöhnlich sich aufhält, wird niemand wagen etwas zu schreiben, es müßte denn von bloßer Aufzählung der vorhandenen Gegenstände die Rede seyn, eben so geht es mit allem was uns noch einigermaßen nah' ist, man fühlt erst daß es eine Impietät wäre, wenn man auch sein gerechtestes, mäßigstes Urtheil über die Dinge öffentlich aussprechen wollte. Diese Betrachtungen führen auf artige Resultate und zeigen mir den Weg, der zu gehen ist. So vergleiche ich z.B. jetzt das hiesige Theater mit dem Weimarischen, habe ich noch das Stuttgarter gesehen, so läßt sich vielleicht über die drey etwas allgemeines sagen das bedeutend ist und das sich auch allenfalls öffentlich produciren läßt.

Ich wünsche daß Sie sich als ein ächter Schweizer in Ihrer lieben Heimath bald erholen mögen damit ich Sie recht froh und munter antreffe. Antworten Sie mir nicht auf diesen Brief, denn da Ihre Antwort erst in 12 bis 14 Tagen ankommen könnte, so würde sie mich hier kaum mehr antreffen.

Das zum inliegenden Böttigerischen Blatt gehörige Heft bring ich Ihnen mit. Leben Sie recht wohl.

Frankfurt d. 10. August 97.

G.[226]


12/3628.


An Christiane Vulpius

Ich denke mir nun daß ihr glücklich zu Hause angelangt seyd, und erwarte mit vielem Verlangen Nachricht von eurer Reise, ihr werdet nun genug erzählen von allem was ihr gesehen habt, und indem ich mich in Frankfurt umsehe finde ich noch manches das euch Vergnügen machen wird, wenn ihr wieder herkommt, und das zweytemal macht es fast noch mehr Vergnügen, weil man mit den Gegenständen mehr bekannt ist und sie besser genießen kann.

Sey nur so gut alles was Packete und größere Briefe sind aufzumachen und nach dem Inhalte etwa an's Theater und sonst, oder auch wenn etwas eingeschlossen ist, dasselbe nach der Addresse abzugeben, die kleineren Briefe schickst du mir hierher; du kannst ja allenfalls deinen Bruder notiren lassen was angekommen ist, damit ich nur in kurzem erfahre was zurückbleibt. Die Hitze ist wieder sehr groß und die Gewitter, die von Zeit zu Zeit aufsteigen, gehen mit wenig Regen vorüber, die Gärtnerey verlangt sehr nach ein wenig Feuchtigkeit. Schreibe mir ja wie du dein Hauswesen gefunden hast und grüße das Bübchen.

Die Mama schickt dir eine schöne Chokoladen Tasse, über welche jetzt ein Futteral gemacht wird und wenn ich weiter reise, so soll es auch an allerley guten[227] Gaben nicht fehlen. Ich bliebe gerne hier, aber die Zerstreuung ist so groß, daß ich zu keiner Besinnung komme. Lebe recht wohl und schreibe fleißig.

Frankfurt d. 12. August 97.

G.


12/3629.


An Friedrich Schiller

[Frankfurt, 12. August.]

Es pflegt meist so zu gehen daß man für diejenigen die in Bewegung sind besorgt ist, und es sollte öfters umgekehrt seyn. So sagt mir Ihr lieber Brief, vom 7ten, daß Sie sich nicht zum besten befunden haben, indeß ich von der Witterung wenig oder gar nicht litt. Die Gewitter kühlten, Nachts und Morgens, die Atmosphäre aus, wir fuhren sehr früh, die heißesten Stunden des Tages fütterten wir, und wenn denn auch einige Stunden des Wegs bey warmer Tagszeit zurückgelegt wurden, so ist doch meist auf den Höhen und in den Thälern, wo Bäche fließen, ein Luftzug. Genug ich bin mit geringer Unbequemlichkeit nach Frankfurt gekommen. Hier möchte ich nun mich an ein großes Stadtleben wieder gewöhnen, mich gewöhnen nicht nur zu reisen sondern auch auf der Reise zu leben; wenn mir nur dieses vom Schicksal nicht ganz versagt ist, denn ich fühle recht gut daß meine Natur nur nach Sammlung und Stimmung strebt, und an allem keinen Genuß hat was diese[228] hindert. Hätte ich nicht an meinem Hermann und Dorothea ein Beyspiel daß die modernen Gegenstände, in einem gewissen Sinne genommen, sich zum epischen bequemten, so möchte ich von aller dieser empirischen Breite nichts mehr wissen. Auf dem Theater, so wie ich auch wieder hier sehe, wäre in dem gegenwärtigen Augenblick manches zu thun, aber man müßte es leicht nehmen und in der Gozzischen Manier tractiren; doch es ist in keinem Sinne der Mühe werth.

Meyer hat unsere Balladen sehr gut aufgenommen. Ich habe nun, weil ich von Weimar aus nach Stäfa wöchentlich Briefe an ihn schrieb, schon mehrere Briefe von ihm hier erhalten, es ist eine reine und treufortschreitende Natur, unschätzbar in jedem Sinne. Ich will nur eilen ihn wieder persönlich habhaft zu werden und ihn dann nicht wieder von mir lassen.

Den Alten auf dem Topfberge bedaure ich herzlich, daß er verdammt ist durch, Gott weiß, welche wunderliche Gemüthsart, sich und andern auf eigenem Felde den Weg zu verkümmern. Da gefallen mir die Frankfurter Bankiers, Handelsleute, Agioteurs, Krämer, Juden, Spieler und Unternehmer tausendmal besser, die doch wenigstens selbst was vor sich bringen, wenn sie auch andern ein Bein stellen. – Der Nikolaus Pesce ist, so viel ich mich erinnere, der Held des Märchens das Sie behandelt haben, ein Taucher von Handwerk. Wenn aber unser alter[229] Freund bey einer solchen Bearbeitung sich noch der Chronik erinnern kann die das Geschichtchen erzählt, wie soll man's dem übrigen Publico verdenken wenn es sich bey Romanen erkundigt: ob das denn alles sein wahr sey? Eben so ein merkwürdiges Beyspiel, giebt Diderot, der bey einem so hohen Genie, bey so tiefem Gefühl und klärem Verstand, doch nicht auf den Punkt kommen konnte zu sehen: daß die Cultur durch Kunst ihren eignen Gang gehen muß, daß sie keiner andern subordiniert seyn kann, daß sie sich an alle übrige so bequem anschließt, u.s.w., was doch so leicht zu begreifen wäre; weil das Factum so klar am Tage liegt.

Äußerst fratzenhaft erscheint der arme Rosegarten, der, nachdem er nun zeitlebens gesungen und gezwitschert hat, wie ihm von der lieben Natur die Kehle gebildet und der Schnabel gewachsen war, seine Individualität durch die Folterschrauben der neuen philosophischen Forderungen selbst auszurechnen bemüht ist, und seine Bettlerjacke auf der Erde nachschleift, um zu versichern, daß er doch auch ohngefähr so einen Königsmantel in der Garderobe führe. Ich werde das Exhibitum sogleich an Meyern absenden. Indessen sind diese Menschen, die sich noch denken können daß das Nichts unserer Kunst alles sey, noch besser dran als wir andern, die wir doch mehr oder weniger überzeugt sind: daß das Alles unserer Kunst nichts ist.

[230] Für einen Reisenden geziemt sich ein skeptischer Realism. Was noch idealistisch an mir ist wird in einem Schatullchen, wohlverschlossen, mitgeführt wie jenes unendliche Pygmäenweibchen, Sie werden also von dieser Seite Geduld mit mir haben. Wahrscheinlich werde ich Ihnen jenes Reisegeschichtchen auf der Reise zusammenschreiben können. Übrigens will ich erst ein paar Monate abwarten. Denn obgleich in der Empirie fast alles einzeln unangenehm auf mich wirkt, so thut doch das Ganze sehr wohl, wenn man endlich zum Bewußtseyn seiner eignen Besonnenheit kommt. Leben Sie recht wohl und interpretiren Sie sich, da Sie mich kennen, meine oft wunderlichen Worte, denn es wäre mir unmöglich mich selbst zu rectificiren und diese rhapsodischen Grillen in einen Zusammenhang und Bestand zu bringen.

Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und halten Sie unsere Agnes und Amelie ja recht werth. Man weiß nicht eher was man an solchen Naturen hat als bis man sich in der breiten Welt nach ähnlichen umsieht. Sie, mein Freund, haben die Gabe auch lehrend wirksam zu seyn, die mir ganz versagt ist; diese beiden Schülerinnen werden gewiß noch manches Gute hervorbringen, wenn sie nur ihre Apperçus mittheilen und in Absicht auf Disposition des Ganzen etwas mehr von den Grundforderungen der Kunst einsehen lernen.[231]


Frankfurt d. 14. Aug. 1797.

Gestern habe ich die Oper Palmira aufführen sehen, die im Ganzen genommen sehr gut und anständig gegeben ward. Ich habe auch dabey vorzüglich die Freude gehabt einen Theil ganz vollkommen zu sehen, nämlich die Decorationen; sie sind von einem Mailänder Fuentes, der sich gegenwärtig hier befindet. Bey der Theaterarchitektur ist die große Schwierigkeit, daß man die Grundsätze der ächten Baukunst einsehen, und von ihnen doch wieder zweckmäßig abweichen soll. Die Baukunst im höhern Sinne soll ein ernstes, hohes, festes Daseyn ausdrucken, sie kann sich, ohne schwach zu werden, kaum auf's Anmuthige einlassen, auf dem Theater aber soll alles eine anmuthige Erscheinung seyn. Die theatralische Baukunst muß leicht, geputzt, mannigfaltig seyn, und sie soll doch zugleich das Prächtige, Hohe, Edle darstellen. Die Decorationen sollen überhaupt, besonders die Hintergründe, Tableaus machen, der Decorateur muß noch einen Schritt weiter thun als der Landschaftsmahler, der auch die Architektur nach seinem Bedürfniß zu modificiren weiß. Die Decorationen zu Palmira geben Beyspiele woraus man die Lehre der Theatermahlerey abstrahiren könnte. Es sind 6 Decorationen die auf einander in zwey Akten folgen, ohne daß eine wiederkommt, sie sind mit sehr kluger Abwechslung und Gradation erfunden. Man sieht ihnen an daß der Meister alle Moyens[232] der ernsthaften Baukunst kennt, selbst da, wo er baut wie man nicht bauen soll und würde, behält doch alles den Schein der Möglichkeit bey und alle seine Constructionen gründen sich auf den Begriff dessen was im wirklichen gefordert wird, seine Zierrathen sind sehr reich, aber mit reinem Geschmack angebracht und vertheilt, diesen sieht man die große Stukaturschule an, die sich in Mailand befindet und die man aus den Kupferstichwerken des Albertolli kann kennen lernen. Alle Proportionen gehen ins schlanke, alle Figuren, Statuen, Basreliefs, gemalte Zuschauer gleichfalls, aber die übermäßige Länge und die gewaltsamen Gebärden mancher Figuren sind nicht Manier, sondern die Nothwendigkeit und der Geschmack haben sie so gefordert, das Colorit ist untadelhaft und die Art zu mahlen äußerst frey und bestimmt. Alle die perspectivischen Kunststücke, alle die Reize der nach Directionspuncten gerichteten Massen zeigen sich in diesen Werten. Die Theile sind völlig deutlich und klar ohne hart zu seyn, und das ganze hat die lobenswürdigste Haltung. Man sieht die Studien einer großen Schule und die Überlieferungen mehrerer Menschenleben in dem unendlichen Detail und man darf wohl sagen daß diese Kunst hier auf dem höchsten Grade steht. Nur Schade daß der Mann so kränklich ist, daß man an seinem Leben verzweifelt. Ich will sehen daß ich das was ich hier nur flüchtig hingeworfen habe, besser zusammenstelle und ausführe.

[233] Und so leben Sie wohl und lassen mich bald von sich hören. Ich bin oft auf Ihrer stillen Höhe bey Ihnen und wenn's recht regnet erinnre ich mich des Rauschens der Leutra und ihrer Gossen.

Nicht ehr will ich wieder kommen als biß ich wenigstens eine Sattheit der Empirie empfinde, da wir an eine Totalität nicht dencken dürfen. Leben Sie recht wohl und grüßen alles.

G.


12/3630.


An den Herzog Carl August

Mein Erinnerungsbrief an Scherer hat ihn in Hamburg angetroffen, in beyliegenden Briefen erklärt und entschuldigt er sich über die Langsamkeit seiner Reise. Das an Sie, bester Fürst, gerichtete Schreiben habe ich aufzuschneiden mir die Freyheit genommen weil ich seinem Volum nach eine ausführlichere Relation erwartete. Leider fand ich mich getäuscht, eine Landkarten Anzeige machte den Brief stärcker.

Graf Beust hat mir das andre, hier beyliegende Schreiben übergeben, mit der Bitte Ihnen solches nebst seinem Inhalte zu empfehlen, welches hiermit geschieht. Sollte gegen den Supplikanten nichts zu erinnern seyn, so werden Sie ja wohl denselben bey dem kühnen Schritte den er thut durch ein solches Ehrenzeichen aufmuntern. Wahrscheinlich ist Ihnen schon bekannt daß er die Gräfinn Beust heyrathet.

[234] Wie es mir übrigens geht enthält ein dictirtes Blat das ich, mit Bitte um Ihr fortdaurendes Wohlwollen, hier beylege. Franckfurt d. 15. Aug. 97.

Goethe.


Gestern habe ich die Oper Palmira aufführen sehen, die im Ganzen genommen sehr gut und anständig gegeben ward. Ich habe auch dabey vorzüglich die Freude gehabt einen Theil ganz vollkommen zu sehen, nämlich die Decorationen; sie sind von einem Mailänder Fuentes, der sich gegenwärtig hier befindet. Bey der Theaterarchitektur ist die große Schwierigkeit, daß man die Grundsätze der ächten Baukunst einsehen, und von ihnen doch wieder zweckmäßig abweichen soll. Die Baukunst im höhern Sinne soll ein ernstes, hohes, festes Daseyn ausdrucken, sie kann sich, ohne schwach zu werden, kaum auf's Anmuthige einlassen, auf dem Theater aber soll alles eine anmuthige Erscheinung seyn. Die theatralische Baukunst muß leicht, geputzt, mannigfaltig seyn, und sie soll doch zugleich das Prächtige, Hohe, Edle darstellen. Die Decorationen sollen überhaupt, besonders die Hintergründe, Tableaus machen, der Decorateur muß noch einen Schritt weiter thun als der Landschaftsmahler, der auch die Architektur nach seinem Bedürfniß zu modificiren weiß. Die Decorationen zu Palmira geben Beyspiele woraus man die Lehre der Theatermahlerey abstrahiren könnte. Es sind 6 Decorationen die auf einander in zwey Akten folgen, ohne daß eine wiederkommt, sie sind mit sehr kluger Abwechslung und Gradation erfunden. Man sieht ihnen an daß der Meister alle Moyens der ernsthaften Baukunst kennt, selbst da, wo er baut wie man nicht bauen soll und würde, behält doch alles den Schein der Möglichkeit bey und alle seine Constructionen gründen sich auf den Begriff dessen was im wirklichen gefordert wird, seine Zierrathen sind sehr reich, aber mit reinem Geschmack angebracht und vertheilt, diesen sieht man die große Stukaturschule an, die sich in Mailand befindet und die man aus den Kupferstichwerken des Albertolli kann kennen lernen. Alle Proportionen gehen ins schlanke, alle Figuren, Statuen, Basreliefs, gemalte Zuschauer gleichfalls, aber die übermäßige Länge und die gewaltsamen Gebärden mancher Figuren sind nicht Manier, sondern die Nothwendigkeit und der Geschmack haben sie so gefordert, das Colorit ist untadelhaft und die Art zu mahlen äußerst frey und bestimmt. Alle die perspectivischen Kunststücke, alle die Reize der nach Directionspuncten gerichteten Massen zeigen sich in diesen Werten. Die Theile sind völlig deutlich und klar ohne hart zu seyn, und das ganze hat die lobenswürdigste Haltung. Man sieht die Studien einer großen Schule und die Überlieferungen mehrerer Menschenleben in dem unendlichen Detail und man darf wohl sagen daß diese Kunst hier auf dem höchsten Grade steht. Nur Schade daß der Mann so kränklich ist, daß man an seinem Leben verzweifelt. Ich will sehen daß ich das was ich hier nur flüchtig hingeworfen habe, besser zusammenstelle und ausführe.

NB. Der Garten, die vorletzte Dekoration, ist ein Meisterstück der Erfindung und Ausführung.


Das Hauptinteresse sollte eigentlich gegenwärtig, für die Frankfurter die Wiederbezahlung ihrer Kriegsschulden und die einstweilige Verinteressirung derselben seyn, da aber die Gefahr vorbey ist, haben Wenige Lust thätig mitzuwirken. Der Rath ist hierüber in einer unangenehmen Lage; er und der wackere Theil der Bürger, der sein baares Geld, sein Silbergeschirr, seine Münzkabinette und was sonst noch des edlen Metalls vorräthig war, freywillig hingab, hat nicht allein damals hierdurch und durch die persönliche Leiden der weggeführten Geisel die Stadt und den egoistischen flüchtigen Theil der Reichen vertreten und gerettet, sondern ist auch gutmüthig genug gewesen, für die nicht Schutzverwandten, als die Stifter, Klöster, deutschen Orden u.s.w. die Contributionen in der Masse mit zu erlegen. Da es nun zum Ersatz kommen soll, so existirt weder ein Fuß wornach, noch ein Mittel wodurch man eine so große Summe, als[235] zu dem Interesse und dem Amortisationsfond nöthig ist, beybringen könnte. Der bisherige Schatzungsfuß ist schon für den ordinairen Zustand völlig unpassend, geschweige für einen außerordentlichen Fall. Jede Art von neuer Abgabe drückt irgend wohin und unter den hundert und mehr Menschen die mitzusprechen haben, findet sich immer ein und der andere, der die Last von seiner Seite wegwälzen will. Die Vorschläge des Raths sind an das bürgerliche Collegium ergangen; ich fürchte aber sehr, daß man nicht einig werden wird und daß, wenn man einig wäre, der Reichshofrath doch wieder anders sentiren würde. Indessen bettelt man von Gutwilligen Beyträge, die künftig berechnet werden und, wenn man bey erfolgender Repartition zu viel gegeben hat, verinteressirt werden sollen, einstweilen zusammen, weil die Interessen doch bezahlt werden müssen. Ich wünsche, daß ich mich irre, aber ich fürchte daß diese Angelegenheit so leicht nicht in Ordnung kommen wird.


12/3631.


An Christiane Vulpius

Du hast mir sehr viel Vergnügen gemacht daß du mir gleich den Tag deiner Ankunft geschrieben und dein Tagebuch geschickt hast, fahre ja fort mir fleißig zu schreiben damit ich wisse wie es dir geht und was bey euch vorfällt.

[236] Es freut mich gar sehr daß deine Hinreise zwar nicht ohne Unbequemlichkeit doch glücklich und mit bester Ordnung vollbracht worden, so wie mir unsere ganze Expedition Lust und Muth gegeben hat mit euch künftig dergleichen mehr zu unternehmen, und mit dem Kinde wird es je älter es wird immer eine größere Lust seyn.

Ich habe die Zeit oft an euch gedacht und euch zu mir gewünscht, besonders in der Palmira, welche vergangenen Sonntag gegeben wurde. Die Repräsentation war überhaupt sehr gut und anständig, die Decorationen besonders ganz fürtrefflich. Ich habe nun meistens meine alten guten Freunde gesehen und die nothwendigsten Visiten gemacht, auch finde ich mancherley und sehr gute Unterhaltung, doch reizt das schöne Wetter, das sich bald in Regen abkühlt bald in klaren Tagen gar vergnügliche Stunden macht, mich zur weitern Reise.

Ich will heute über 8 Tage von hier abgehen und kann, wenn du mir den nächsten Freytag schreibst, Montag Abend noch den Brief hier erhalten. Auf alle Fälle setzest du außen drauf: gefällig nachzuschicken und addressirst überhaupt alles immer fort an meine Mutter.

In meinem vorigen Briefe habe ich dir schon wegen ankommenden Packeten und Briefen geschrieben, ich will mich hier noch umständlicher erklären:

Alle Arten von Packeten machst du auf, siehst[237] was sie enthalten und läßt sie alsdann entweder liegen oder giebst sie dahin ab wohin sie allenfalls gehören, die Briefe aber schickst du an meine Mutter.

Wenn du mir schreibst so mußt du immer zugleich auf die Addresse setzen: gefällig nachzuschicken und mußt deinen Brief noch besonders siegeln wenn du ihn auch in ein Packet legst, das Packet aber wird jederzeit an meine Mutter addressirt damit sie es aufmachen und mit den inliegenden Briefen nach meiner Anweisung verfahren kann. So viel von dieser Sache.

Von Hamburg wird ein kleines Fäßchen an mich kommen worinn Seeschnecken sich in Brandewein befinden werden. Denke nicht etwa daß es eine Eßwaare ist, sondern thu die Geschöpfe in ein Zuckerglas und halte sie mit Brandewein bedeckt, bis ich wieder komme. Sonst weiß ich nichts zu erinnern, denn das übrige haben wir ja alles abgeredet.

Schreibe mir ja wie das schwarzseidne Kleid gerathen ist und wann du es zum erstenmal angehabt hast, sage dem guten August daß der Säbel, den ich mitbringe, da er sich so gut auf der Reise aufgeführt und gewiß auch in meiner Abwesenheit ein gutes Kind bleiben wird.

Seit eurer Abreise bin ich noch einigemal ausgefahren und oft gegangen und habe noch manches gefunden das ihr mit Vergnügen sehen werdet, wenn ihr einmal wieder in diese Stadt kommt. Auf alle[238] Fälle werden wir uns bequemer und auf längere Zeit einrichten können.

An das Wasser bin ich nicht wieder gekommen und habe in der Comödie immer nach der Loge hinauf gesehen wo wir so vergnügt zusammen waren.

Und nun, zum Lebe wohl, noch ein Paar Worte von meiner Hand. Ich liebe dich recht herzlich und einzig, du glaubst nicht wie ich dich vermisse. Nur jetzt wünschte ich reicher zu seyn als ich bin, daß ich dich und den Kleinen auf der Reise immer bey mir haben könnte. Künftig, meine beste, wollen wir noch manchen Weg zusammen machen.

Meine Mutter hat dich recht lieb, und lobt dich und erfreut sich des Kleinen. In acht Tagen will ich hier weggehen, denn an eine Arbeit ist nicht zu dencken, du hast selbst die Lage gesehen, und so will ich die Zeit wenigstens anwenden um viel zu sehen. Lebe recht wohl, halte alles in Ordnung, dencke an mich und behalte mich recht lieb. Eh ich weggehe schreibe ich dir noch einmal. Küsse das Kind.

Franckfurt d. 15. Aug. 1797.

G.


12/3632.


An Carl August Böttiger

[Concept.]

[Frankfurt, 16. August.]

Ew. Wohlgeb.

sind wie ich hoffe glücklich von Berlin zurück, und ich muß aus dem lebhaften Frankfurt doch auch etwas[239] von mir hören lassen. Der Aufenthalt ist gegenwärtig hier sehr interessant, jedermann ist noch voll von den kurz vergangenen Geschichten und da die Gefahr vorüber ist, erlustigt man sich an der Erinnrung so mancher unangenehmen, traurigen und schrecklichen Augenblicke. Die ernsthaften stillen Österreicher in der Stadt, die lustigen, ewig beweglichen Franzosen in der Nähe geben manchen interessanten Anblick und Gelegenheit zu mancher artigen Erzählung, der Umgang mit Menschen welche fast alle bedeutende Personen dieses Kriegsdramas gekannt und mit ihnen in Verhältniß gestanden, ist sehr unterhaltend. So sieht man auch die französische Revolution und ihre Wirkungen hier viel näher und unmittelbarer, weil sie so große und wichtige Folgen auch für diese Stadt gehabt hat und weil man mit der Nation in so vielfacher Verbindung steht.

Bey uns sieht man Paris immer nur in einer Ferne, daß es wie ein blauer Berg aussieht, an dem das Auge wenig erkennt, dafür aber auch Imagination so und Leidenschaft desto wirksamer seyn kann. Hier unterscheidet man schon die einzelnen Theile und Localfarben.

Der Antheil an deutscher Litteratur scheint hier sehr mäßig zu seyn, doch dürfen Ew. Wohlgeb. sich besonders schmeicheln, daß Ihre Aufsätze im Modejournal und sonst viel Beyfall finden und eine allgemeine Aufmerksamkeit erregen. Meine Mutter, eine von Ihren eifrigsten Leserinnen, grüßt Sie zum besten.

[240] Wie es in Berlin und andern nordlichen Paradiesen aussieht hoffe ich bald von Ihnen zu hören. Die letzten Bogen des epischen Gedichtes bitte ich baldmöglichst unmittelbar an Herrn Prof. Meyer zu schicken.

Auf einen Brief an mich bitte nur nebst meiner Adresse zu setzen: Bey Fr. R. Goethe, gefällig nachzuschicken. Denn ich denke etwa in 8 Tagen weiter zu gehen und mich, bey dem herrlichen Wetter, das sich nun bald in den ächten, mäßigen Zustand des Nachsommers setzen wird, durch die schöne Bergstraße, das wohlgebaute gute Schwaben nach der Schweiz zu begeben, um auch einen Theil dieses einzigen Landes mir wieder zu vergegenwärtigen.

Schon die Briefe unsers Meisters gereichen mir zu großer Freude, denn ich sehe daraus welche Schätze er uns mitbringt und wie er uns entgegengearbeitet hat.

Meinen Laokoon hat er sehr gut aufgenommen. Eine interessante Stelle seines Briefes lasse ich hier abschreiben.

»Über eine Stelle Ihrer Schrift« pp.

In Rücksicht auf die Vasengemählde hat er auch gewiß manches treffliche mitgebracht, wovon mir einige Stellen seiner Briefe schon ein sehr gutes Zeugniß geben, und er wird zu seiner Zeit gern das nöthige mittheilen. Ihr erstes Heft habe ich noch hier gefunden und werde es mitnehmen, denn unser fürtrefflicher[241] Gerning, der über Regenspurg nach Wien ist, hat, wie billig, die ihm anvertrauten Packete zurückgelassen.

Die Aufführung der Oper Palmira hat mir sehr viel Vergnügen gemacht, besonders waren die Decorationen vielleicht das Höchste was in dieser Kunst geleistet werden kann. Es ist doch wenigstens schön wenn man sagen kann: man habe gleich in den ersten 14 Tagen der Reise ein, in seiner Art, vollkommnes Kunstwerk gesehen.

Indessen muß ich, mit so viel Interessantem sich auch mein Tag ausfüllt, doch mit mir zu Rathe gehen, um mich nicht zu beklagen daß die Braut zu schön ist. Wenn man mehrere Jahre einer stillen gleichen Wirkung, einer poetischen und wissenschaftlichen Existenz gewohnt ist, so hat man fast kein Organ, um in diese lebhafte, sinnliche Welt einzugreifen, und in einem gewissen Alter, da uns die Erfahrung nicht mehr bildet, wissen wir, wenigstens in dem ersten Augenblicke, nicht was man mit den neuen Schätzen anfangen soll. Besonders war die Beobachtung des einzelnen niemals meine Stärke. Ich lasse mich daher diesmal ganz gehen, entferne jeden Zweck der Reise aus meinen Gedanken, nehme von jedem Tag was er mir giebt und suche es zu erhalten. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie alle Freunde und gedenken mein.[242]


12/3633.


An Friedrich Schiller

Frankfurt am 16. Aug. 1797.

Ich bin auf einen Gedanken gekommen, den ich Ihnen, weil er für meine übrige Reise bedeutend werden kann, sogleich mittheilen will, um Ihre Meinung zu vernehmen in wie fern er richtig seyn möchte? und in wie fern ich wohl thue mich seiner Leitung zu überlassen? Ich habe, indem ich meinen ruhigen und kalten Weg des Beobachtens, ja des bloßen Sehens ging, sehr bald bemerkt daß die Rechenschaft, die ich mir von gewissen Gegenständen gab, eine Art von Sentimentalität hatte, die mir dergestalt auffiel daß ich dem Grunde nachzudenken sogleich gereizt wurde, und ich habe folgendes gefunden: Das was ich im allgemeinen sehe und erfahre schließt sich recht gut an alles übrige an, was mir sonst bekannt ist, und ist mir nicht unangenehm, weil es in der ganzen Masse meiner Kenntnisse mitzählt und das Capital vermehren hilft. Dagegen wüßte ich noch nichts was mir auf der ganzen Reise nur irgend eine Art von Empfindung gegeben hätte, sondern ich bin heute so ruhig und unbewegt als ich es jemals, bey den gewöhnlichsten Umständen und Vorfällen gewesen. Woher denn also diese scheinbare Sentimentalität, die mir um so auffallender ist, weil ich seit langer Zeit in meinem Wesen gar keine Spur, außer der poetischen[243] Stimmung, empfunden habe. Möchte nicht also hier selbst poetische Stimmung seyn? bey einem Gegenstande der nicht ganz poetisch ist, wodurch ein gewisser Mittelzustand hervorgebracht wird.

Ich habe daher die Gegenstände, die einen solchen Effect hervorbringen, genau betrachtet und zu meiner Verwunderung bemerkt daß sie eigentlich symbolisch sind, das heißt, wie ich kaum zu sagen brauche, es sind eminente Fälle, die, in einer charakteristischen Mannigfaltigkeit, als Repräsentanten von vielen andern dastehen, eine gewisse Totalität in sich schließen, eine gewisse Reihe fordern, ähnliches und fremdes in meinem Geiste aufregen und so von außen wie von innen an eine gewisse Einheit und Allheit Anspruch machen. Sie sind also, was ein glückliches Sujet dem Dichter ist, glückliche Gegenstände für den Menschen, und weil man, indem man sie mit sich selbst recapitulirt, ihnen keine poetische Form geben kann, so muß man ihnen doch eine ideale geben, eine menschliche im höhern Sinn, das man auch mit einem so sehr mißbrauchten Ausdruck sentimental nannte, und Sie werden also wohl nicht lachen, sondern nur lächeln, wenn ich Ihnen hiermit zu meiner eignen Verwunderung darlege, daß ich, wenn ich irgend von meinen Reisen etwas für Freunde oder für's Publicum aufzeichnen soll, wahrscheinlich noch in Gefahr komme empfindsame Reisen zu schreiben. Doch ich würde, wie Sie mich wohl kennen, kein[244] Wort, auch das verrufenste nicht fürchten, wenn die Behandlung mich rechtfertigen, ja wenn ich so glücklich seyn könnte einem verrufenen Nahmen seine Würde wieder zu geben.

Ich berufe mich auf das, was Sie selbst so schön entwickelt haben, auf das was zwischen uns Sprachgebrauch ist und fahre fort: Wann ist eine sentimentale Erscheinung (die wir nicht verachten dürfen wenn sie auch noch so lästig ist) unerträglich? ich antworte: wenn das Ideale unmittelbar mit dem Gemeinen verbunden wird, es kann dies nur durch eine leere, gehalt- und formlose Manier geschehen, denn beyde werden dadurch vernichtet, die Idee und der Gegenstand, jene, die nur bedeutend seyn und sich nur mit dem bedeutenden beschäftigen kann, und dieser, der recht wacker, brav und gut seyn kann ohne bedeutend zu seyn.

Bis jetzt habe ich nur zwey solcher Gegenstände gefunden: den Platz auf dem ich wohne, der in Absicht seiner Lage und alles dessen was darauf vorgeht in einem jeden Momente symbolisch ist, und den Raum meines großväterlichen Hauses, Hofes und Gartens, der aus dem beschränktesten, patriarchalischen Zustande, in welchem ein alter Schultheiß von Frankfurt lebte, durch klug unternehmende Menschen zum nützlichsten Waaren- und Marktplatz verändert wurde. Die Anstalt ging durch sonderbare Zufälle bey dem Bombardement zu Grunde und ist jetzt, größtentheils[245] als Schutthaufen, noch immer das doppelte dessen werth was vor 11 Jahren von den gegenwärtigen Besitzern an die Meinigen bezahlt worden. In so fern sich nun denken läßt daß das Ganze wieder von einem neuen Unternehmer gekauft und hergestellt werde, so sehn Sie leicht daß es, in mehr als Einem Sinne, als Symbol vieler tausend andern Fälle, in dieser gewerbreichen Stadt, besonders vor meinem Anschauen, dastehen muß.

Bey diesem Falle kommt denn freylich eine liebevolle Erinnrung dazu, wenn man aber, durch diese Fälle aufmerksam gemacht, künftig bey weitern Fortschritten der Reise nicht sowohl auf's merkwürdige sondern auf's bedeutende seine Aufmerksamkeit richtete, so müßte man, für sich und andere, doch zuletzt eine schöne Erndte gewinnen. Ich will es erst noch hier versuchen was ich symbolisches bemerken kann, besonders aber an fremden Orten, die ich zum erstenmal sehe, mich üben. Gelänge das, so müßte man, ohne die Erfahrung in die Breite verfolgen zu wollen, doch, wenn man auf jedem Platz, in jedem Moment, so weit es einem vergönnt wäre, in die Tiefe ginge, noch immer genug Beute aus bekannten Ländern und Gegenden davon tragen.

Sagen Sie mir Ihre Gedanken hierüber in guter Stunde, damit ich erweitert, befestigt, bestärkt und erfreut werde. Die Sache ist wichtig, denn sie hebt den Widerspruch, der zwischen meiner Natur und der[246] unmittelbaren Erfahrung lag, den in früherer Zeit ich niemals lösen konnte, sogleich auf, und glücklich, denn ich gestehe Ihnen, daß ich lieber gerad nach Hause zurückgekehrt wäre, um, aus meinem Innersten, Phantome jeder Art hervorzuarbeiten, als daß ich mich noch einmal, wie sonst (da mir das Aufzählen eines Einzelnen nun einmal nicht gegeben ist) mit der milionenfachen Hydra der Empirie herumgeschlagen hätte; denn wer bey ihr nicht Lust oder Vortheil zu suchen hat der mag sich bey Zeiten zurückziehen.

So viel für heute, ob ich gleich noch ein verwandtes wichtiges Capitel abzuhandeln hätte, das ich nächstens vornehmen und mir auch Ihre Gedanken darüber erbitten werde. Leben Sie recht wohl, grüßen die Ihrigen und lassen von meinen Briefen, außer den Nächsten, niemand nichts wissen noch erfahren.

Frankfurt d. 17. August 1797.

G.


12/3634.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

[Frankfurt, d. 17. Aug. 97.]

Die hiesige Stadt, mit ihrer Beweglichkeit und den Schauspielen verschiedener Art, die sich täglich erneuern, so wie die mannigfaltige Gesellschaft, geben eine gar gute und angenehme Unterhaltung, ein jeder hat zu erzählen wie es ihm in jenen gefährlichen und kritischen Tagen ergangen, wobey denn manche lustige[247] und abentheuerliche Geschichten vorkommen. Am liebsten aber höre ich diejenigen Personen sprechen die, ihrer Geschäfte und Verhältnisse wegen, viele der Hauptpersonen des gegenwärtigen Kriegsdramas kennen gelernt, auch besonders mit den Franzosen mancherley zu schaffen gehabt haben und das Betragen dieses sonderbaren Volkes, von mehr als einer Seite, kennen lernten. Einige Details und Resultate verdienen aufgezeichnet zu werden.

Der Franzos ist nicht einen Augenblick still, er geht, schwätzt, springt, pfeift, singt und macht durchaus einen solchen Lärm, daß man in einer Stadt und in einem Dorfe immer eine größere Anzahl zu sehen glaubt als sich darin befinden, an Statt daß der Österreicher still, ruhig und ohne Äußerung irgend einer Leidenschaft, gerade vor sich hinlebt. Wenn man ihre Sprache nicht versteht, werden sie unwillig, sie scheinen diese Forderung an die ganze Welt zu machen, sie erlauben sich alsdann manches um sich selbst ihre Bedürfnisse zu verschaffen; weiß man aber mit ihnen zu reden und sie zu behandeln, so zeigen sie sich gleich als bons enfans und setzen sehr selten Unart oder Brutalität fort, dagegen erzählt man von ihnen manche Erpressungsgeschichten unter allerley Vorwänden wovon verschiedene lustig genug sind. So sollen sie an einem Ort, wo Cavallerie gelegen, beym Abzuge verlangt haben, daß man ihnen den Mist bezahlen solle. Als man sich dessen geweigert, so setzten[248] sie so viel Wagen in Requisition als nöthig sey um diesen Mist nach Frankreich zu führen, da man sich denn natürlich entschloß lieber ihr erstes Verlangen zu befriedigen. An einigen andern Orten behauptet man: der abreisende General lasse sich jederzeit bestehlen, um wegen Ersatz des Verlustes noch zuletzt von dem Orte eine Auflage fordern zu können. Bey einer Mahlzeit sind ihre Forderungen so bestimmt und umständlich, daß sogar die Zahnstocher nicht vergessen werden. Besonders ist jetzt der gemeine Mann sehr auf's Geld begierig weil er keins erhält, ob er gleich genährt wird und er sucht daher auch von seiner Seite etwas mit Façon zu erpressen und zu er schleichen. So hält z.E. auf dem Wege nach den Bädern jede ausgestellte Post die Reisenden an, untersucht die Pässe und ersinnt alle erdenkliche Schwierigkeiten, die man durch ein kleines Trinkgeld gar leicht hebt, man kommt aber auch wenn man nur Zeit verlieren und sich mit ihnen herumdisputiren will endlich ohne Geld durch. Als Einquartirung in der Stadt haben sie sowohl das erste als zweyte Mal gutes Lob, dagegen waren ihre Requisitionen unendlich und oft lächerlich, da sie wie Kinder oder wahre Naturmenschen alles was sie sahen zu haben wünschten.

In den Canzleien ihrer Generäle wird die große Ordnung und Thätigkeit gerühmt, so auch der Gemeingeist ihrer Soldaten und die lebhafte Richtung aller nach Einem Zweck. Ihre Generale, ob gleich[249] meist junge Leute, sind ernsthaft und verschlossen, gebieterisch gegen ihre Untergebenen und in manchen Fällen heftig und grob gegen Landsleute und Fremde, sie haben den Duell für abgeschafft erklärt, weil eine Probe der Tapferkeit bey Leuten die so oft Gelegenheit hätten sie abzulegen auf eine solche Weise nicht nöthig sey. Zu Wiesbaden forderte ein Trierischer Officier einen französischen General heraus, dieser ließ ihn sogleich arretiren und über die Grenze bringen.

Aus diesen wenigen Zügen läßt sich doch gleich übersehen, daß in Armeen von dieser Art eine ganz eigene Energie und eine sonderbare Kraft wirken müsse und daß eine solche Nation in mehr als einem Sinne fürchterlich sey.

Die Stadt kann von Glück sagen daß sie nicht wieder in ihre Hände gekommen ist, weil sonst der Requisitionen ohngeachtet des Friedens kein Ende gewesen wäre. Die Dörfer in denen sie liegen werden alle ruinirt, jede Gemeinde ist verschuldet und in den Wochenblättern stehn mehrere, welche Capitalien suchen, dadurch ist auch die Theurung in der Stadt sehr groß. Ich werde ehestens eine Liste überschicken. Ein Hase z.B. kostet 2 Gulden und ist doch für dieses Geld nicht einmal zu haben.[250]


12/3638.


An Franz Kirms

Ich wünsche Ew. Wohlgeboren Glück, daß bei dem Theater bisher, so wie auch auf Ihrer Reise Alles gut gegangen ist, ich hoffe daß die Neuangekommenen, so wie die Verschriebenen gut einschlagen werden.

[256] Geben Sie mir von Zeit zu Zeit Nachricht, wie sich die Leute halten und suchen Sie was wir Gutes haben ja zu conserviren. Man sieht an dem Frankfurter Theater, das vor einem Jahre viel Verlust an Mitgliedern erlitten, wie schwer sie gegenwärtig zu ersetzen sind.

Wenn der Riß des Lauchstädter Theaters fertig ist, so schicken Sie mir eine Copie davon auf fein Papier gezeichnet, wie ich überhaupt künftig alle Beilagen, wegen des mit mehrerer Entfernung wachsenden Porto's, wegzulassen bitte.

Es ist hier ein fürtrefflicher Decorationsmaler; wenn wir diesen, auf's Frühjahr, sowohl für die neuen Lauchstädter Decorationen als für unsere eignen auf einige Zeit haben könnten, so wären wir geborgen. Ich will suchen deshalb einige Einleitung zu machen. Die hiesigen Decorationen zu »Palmira« sind so schön, daß ich gern dieselben noch einmal, ohne Stück, zu sehen mein Entree bezahlen würde.

Es ist recht gut, daß Sie gegen Rudolstadt Ernst gebrauchen. Wir sollten überhaupt künftig, wenn unser Theater fortfährt sich zu verbessern, bei unsern fortdauernden verhältnißmäßig großen Ausgaben die Leute auch an bessere Bezahlung gewöhnen.

Indessen taten Sie die Güte, in der neuen Form die Sache dergestalt fortzuführen, daß die kleinen Mängel jederzeit abgethan werden, damit kein großes Übel entstehe. –[257] Man muß nur in die Fremde gehen um das Gute kennen zu lernen, was man zu Hause besitzt.

Ich gehe diese Woche noch von hier ab und werde meinen Weg über Stuttgard nach der Schweiz nehmen. Meine Adresse machen Sie künftig:

Geheimerath v. Goethe,

abzugeben bei Frau Rath Goethe

Gefälligst nachzuschicken

Frankfurt a M.

Meine Mutter wird von meinem Aufenthalt immer unterrichtet seyn.

Die Beilage schicke ehestens in einem Kästchen zurück, das ohnedies nach Weimar geht.

Ich wünsche recht wohl zu leben.

Frankfurt am 21. August 1797.

G.[258]


12/3635.


An Samuel Thomas von Sömmerring

Man giebt sonst den Autoren Schuld, daß sie eigene Schriften am liebsten lesen, und was werden Sie sagen, wenn ich Sie ersuche, mir in der Forsterschen Auction die zwei Sammlungen meiner Schriften, sowohl die ältere als die neuere, zu kaufen? Es versteht sich, daß sie um einen leidlichen Preis weggehen und die 10 Bände nicht über 8 Gulden kommen. Ich habe schon seit mehreren Jahren kein Exemplar meiner Schriften im Hause und ich habe jetzt besondere Ursache sie wieder einmal von neuem durchzusehen. Wollten Sie sodann auch die Gefälligkeit haben, No. 144 pag. 13 für mich zu erstehen, ein Werkchen, das wahrscheinlicher Weise nicht sehr hinaufgetrieben wird. Meine Mutter wird die Auslage mit Dank ersetzen.

Ich gehe zu Ende dieser Woche von hier ab und will nun zuerst einmal sehen was sich in Schwaben ereignet und dann weiter in die Schweiz vorrücken. Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

Frankfurt am 21. Aug. 1797.

Goethe.[251]


12/3636.


An Christiane Vulpius

Vor allen Dingen muß ich dich bitten, mein liebes Kind, daß du dich über meine weitere Reise nicht ängstigst und dir nicht die guten Tage verdirbst die du haben kannst. Du hast dich mit deinen eignen Augen überzeugt daß ich in meiner hiesigen Lage nicht würde arbeiten können, und was sollte ich sonst hier thun? da das allgemeine der Stadt bald beobachtet ist und ich kein besonderes Verhältniß weder habe noch haben mag. Die Jahreszeit ist so schön, daß man schon den täglich beneidet, den man zum Thor hinaus fahren sieht.

Du weißt überhaupt und hast auch auf der letzten Reise gesehen, daß ich bey solchen Unternehmungen sorgfältig und vorsichtig bin, du kannst leicht denken daß ich mich nicht von heiler Haut in Gefahr begeben werde, und ich kann dir wohl gewiß versichern, daß ich diesmal nicht nach Italien gehe. Behalte das für dich und laß die Menschen reden was sie wollen, du weißt ja die Art des ganzen Geschlechts, daß es lieber beunruhigt und hetzt, als tröstet und aufrichtet. Halte gut Haus und richte dich so ein, daß du mich entweder empfangen, oder auch vielleicht wieder zu mir kommen kannst. Du hast bey deiner kurzen Abwesenheit gesehen wie sich deine Leute betragen haben und was du allenfalls für Einrichtungen[252] machen müßtest, wenn du länger wegbleiben solltest. Sorge ja für das Kind und rede mit dem Doctor ab, was man allenfalls künftig auf der Reise thut, wenn das Übel wiederkommen sollte.

Ich bin recht wohl zufrieden daß du dir die goldnen Schnuren anschaffst und dich recht hübsch herausputzest, auch liegt ein Blättchen an Herrn Zapf bey, laß es von deinem Bruder ordentlich siegeln und überschreiben.

Auch für einen Eimer Markobrunner 81er für den Bauverwalter ist gesorgt, wovon du Nachricht geben kannst, es ist ein excellenter Wein, ich habe ihn gestern ausgesucht. Ich werde ihn unter meiner Addresse und, um mehrerer Sicherheit willen, unfrankirt schicken, du übergiebst dem Bauverwalter gleich den Wein und bezahlst die Fracht, Accis und Tranksteuer.

Hierbey liegt auch eine Anweisung auf Zweyhundert Thaler, die du bey Herrn Geheimde Rath Voigt auf Michael erheben kannst.

Ich lege dir auch die Preise von verschiednen Victualien bey, wie sie gegenwärtig hier bezahlt werden, du wirst dich freuen daß du in deiner Küche nicht so theure Waare brauchst.

Die gute Mama schickt dir eine sehr schöne Tasse und noch einiges Zuckerwerk für's Kind und dich, laß dagegen sogleich, durch deinen Bruder wenn du es selbst nicht finden kannst, Hufelands Buch über das lange Leben, in zwey Bänden, in meiner[253] Bibliothek suchen und schicke es ihr mit einem dankbaren, heitern Briefe. Laß auch den Kleinen schreiben, denn sie ist gar zu gut gegen euch gesinnt.

Mein Koffer ist nunmehr nach Stuttgard fort und ich erwarte nur daß das Wetter sich ein wenig bestätigt. Denn vor acht Tagen hatten wir ein Gewitter, das 15 Stunden dauerte, und seit der Zeit ist das Wetter kühl, trüb und veränderlich.

Lebe recht wohl behalte mich lieb grüße den Kleinen und gieb ihm beyliegendes Blättchen. Schreibe mir bald du sollst auch immer von mir hören.

Franckfurt d. 24ten Aug. 1797.

G.


12/3637.


An Christian Gottlob Voigt

Für das mir gezeigte freundschaftliche Andenken und die ertheilten Nachrichten danke zum schönsten. So viel Interessantes uns auch in der Fremde umgiebt, so behalten doch die Verhältnisse von zu Hause immer eine größere Nähe, in die man sich am besten und am liebsten hineindenkt und fühlt.

Ich sende hier die Preise, wie ich sie theils aus dem Wochenblatt, theils durch einige Nachfragen erfahren habe, Sie werden daraus sehen daß gewisse Victualien in einem sehr hohen Preise stehen, wegen der Früchte wird eine Reduction auf unser Maß die nöthige Belehrung geben.

Die Erndte will man hier nicht loben, es soll in[254] den Bunden, in Maß und Gewicht fehlen und sie soll daher nur höchstens für eine halbe Erndte zu halten seyn. Aus der Gegend von Heidelberg aber sind bessere Nachrichten.

Der Gerstenpreis auf der Tabelle steht wohl nur so hoch, weil es noch alte Gerste ist.

Was man überhaupt von Krieg und Frieden denken soll weiß niemand. Im Ganzen scheint es wohl daß sich alles entweder zugleich lösen, oder zugleich wie der verwirren wird. Österreich setzt sich auf alle Weise in einen formidablen Zustand. Die Noth der Ortschaften, in welchen die Franzosen gegenwärtig noch liegen, geht über alle Begriffe. Die Gemeinden der Städte und Dörfer verschulden sich dergestalt, daß sie auf ewige Zeiten keine Rettung sehen, indem sich jede nur in dem Taumel der Bedrückung für den Augenblick retten will. Man sagt, mehrere wünschten auszuwandern und alles gegenwärtige zurückzulassen, um sich nur auf die Zukunft nicht zu verbürgen.

Auf einem besondern Blatte bin ich so frey Sie um Erhebung meines Michaelisquartals zu bitten. Haben Sie die Güte Zweyhundert Thaler davon gegen eine, von mir unterzeichnete Anweisung, welche man Ihnen seiner Zeit präsentiren wird, an die Meinigen zu zahlen. Ferner die Zurechnungen bey sich gefällig aufzuheben und das übrige baldigst an meine Mutter nach Frankfurt zu übermachen.

[255] Bey dem Schloßbau werden Sie, nach alter Art und Weise, schrittweise fort gehen und das Nöthige zu besorgen die Güte haben; sollte unser neuer Mitkommissarius der, wie wir schon wissen, zu skeptischen Äußerungen geneigt ist, bey Fällen wo es die Construction betrifft Zweifel, die Bedenken machten, vorbringen, so würde wohl auf einen fremden Baumeister und, meo Voto auf einen sächsischen, zu compromittiren seyn. Doch weiß ich leider aus der Erfahrung wie wenig bey solchen Consultationen herauskommt und wie kostspielig sie sind. Daher sey alles Ihrer klugen Leitung überlassen.

Dürfte ich bitten von nun an die Briefe an mich an Cotta nach Tübingen zu addressiren.

Meine Mutter empfiehlt sich bestens und wünschte nur einen so werthen Freund ihres Sohnes auch einmal auf ihrem heitern Zimmer bewirthen zu können.

Leben Sie recht wohl und empfehlen mich den werthen Ihrigen. Frankfurt den 24. Aug. 97.

Goethe.[256]


[257] 12/3639.


An Friedrich Schiller

Frankfurt 22. Aug. 1797.

Ihr reiches und schönes Packetchen hat mich noch zur rechten Zeit erreicht, in einigen Tagen gedenke ich wegzugehen und kann Ihnen über diese Sendung noch von hier aus einige Worte sagen.

Der Almanach nimmt sich schon recht stattlich aus, besonders wenn man weiß was noch zurück ist, die erzählenden Gedichte geben ihm einen eignen Charakter.

[258] Die Kraniche des Ibykus finde ich sehr gut gerathen, der Übergang zum Theater ist sehr schön, und das Chor der Eumeniden am rechten Platze. Da diese Wendung einmal erfunden ist, so kann nun die ganze Fabel nicht ohne dieselbe bestehen, und ich würde, wenn ich an meine Bearbeitung noch denken möchte, dieses Chor gleichfalls aufnehmen müssen.

Nun auch einige Bemerkungen: 1) der Kraniche sollten, als Zugvögel, ein ganzer Schwarm seyn, die sowohl über den Ibykus als über das Theater wegfliegen, sie kommen als Naturphänomen und stellen sich so neben die Sonne und andere regelmäßige Erscheinungen. Auch wird das Wunderbare dadurch weggenommen, indem es nicht eben dieselben zu seyn brauchen, es ist vielleicht nur eine Abtheilung des großen wandernden Heeres und das zufällige macht eigentlich, wie mich dünkt, das ahndungsvolle und sonderbare in der Geschichte 2) Dann würde ich nach dem 14. Verse, wo die Erinnyen sich zurückgezogen haben, noch einen Vers einrücken, um die Gemüthsstimmung des Volkes, in welche der Inhalt des Chors sie versetzt, darzustellen, und von den ernsten Betrachtungen der Guten zu der gleichgültigen Zerstreuung der Ruchlosen übergehen, und dann den Mörder zwar dumm, roh und laut, aber doch nur dem Kreise der Nachbarn vernehmlich, seine gaffende Bemerkung ausrufen lassen. Daraus entständen zwischen ihm und den nächsten Zuschauern Händel,[259] dadurch würde das Volk aufmerksam u.s.w. Auf diesem Weg, so wie durch den Zug der Kraniche würde alles ganz in's Natürliche gespielt und nach meiner Empfindung die Wirkung erhöht, da jetzt der 15. Vers zu laut und bedeutend anfängt und man fast etwas anders erwartet. Wenn Sie hie und da an den Reim noch einige Sorgfalt wenden, so wird das übrige leicht gethan seyn, und ich wünsche Ihnen auch zu dieser wohlgerathnen Arbeit Glück.

Über den eigentlichen Zustand eines aufmerksamen Reisenden habe ich eigne Erfahrungen gemacht und eingesehen worinn sehr oft der Fehler der Reisebeschreibungen liegt. Man mag sich stellen wie man will so sieht man auf der Reise die Sache nur von Einer Seite und übereilt sich im Urtheil, dagegen, sieht man aber auch die Sache von dieser Seite lebhaft und das Urtheil ist in gewissem Sinne richtig. Ich habe mir daher Acten gemacht, worinn ich alle Arten von öffentlichen Papieren die mir eben jetzt begegnen, Zeitungen, Wochenblätter, Predigtauszüge, Verordnungen, Comödienzettel, Preiscurrante einheften lasse und sodann auch sowohl das, was ich sehe und bemerke, als auch mein augenblickliches Urtheil einhefte, ich spreche sodann von diesen Dingen in Gesellschaft und bringe meine Meinung vor, da ich denn bald sehe in wie fern ich gut unterrichtet bin, und in wie fern mein Urtheil mit dem Urtheil wohl unterrichteter Menschen übereintrifft. Ich nehme sodann[260] die neue Erfahrung und Belehrung auch wieder zu den Acten, und so giebt es Materialien, die mir künftig als Geschichte des äußern und innern interessant genug bleiben müssen. Wenn ich bey meinen Vorkenntnissen und meiner Geistesgeübtheit Lust behalte, dieses Handwerk eine Weile fortzusetzen, so kann ich eine große Masse zusammenbringen.

Ein paar poetische Stoffe bin ich schon gewahr worden, die ich in einem feinen Herzen aufbewahren werde, und dann kann man niemals im ersten Augenblicke wissen was sich aus der rohen Erfahrung in der Folgezeit noch als wahrer Gehalt aussondert.

Bey allem dem leugne ich nicht daß mich mehrmals eine Sehnsucht nach dem Saalgrunde wieder anwandelt und, würde ich heute dahin versetzt, so würde ich gleich, ohne irgend einen Rückblick, etwa meinen Faust oder sonst ein poetisches Werk anfangen können.

An Wallenstein denken Sie wohl gegenwärtig, da der Almanach besorgt seyn will, wenig oder nicht? lassen Sie mich doch davon, wenn Sie weiter vorwärts rücken, auch etwas vernehmen.

Das hiesige Theater ist in einem gewissen Sinne nicht übel, aber viel zu schwach besetzt, es hat freylich vor einem Jahre einen gar zu harten Stoß erlitten, ich wüßte wirklich nicht was für ein Stück von Werth und Würde man jetzt hier leidlich geben könnte.[261]


Frankfurt den 23. Aug. 1797.

Zu dem was ich gestern über die Ballade gesagt muß ich noch heute etwas zu mehrerer Deutlichkeit hinzufügen. Ich wünschte, da Ihnen die Mitte so sehr gelungen, daß Sie auch noch an die Exposition einige Verse wendeten, da das Gedicht ohnehin nicht lang ist. Meo voto würden die Kraniche schon von dem wandernden Ibykus erblickt, sich, als Reisenden, verglich' er mit den reisenden Vögeln, sich, als Gast, mit den Gästen, zöge daraus eine gute Vorbedeutung, und rief' alsdann unter den Händen der Mörder die schon bekannten Kraniche, seine Reisegefährten, als Zeugen an. Ja wenn man es vortheilhaft fände, so könnte er diese Züge schon bey der Schiffahrt gesehen haben. Sie sehen was ich gestern schon sagte, daß es mir darum zu thun ist aus diesen Kranichen ein langes und breites Phänomen zu machen, welches sich wieder mit dem langen verstrickenden Faden der Eumeniden, nach meiner Vorstellung gut verbinden würde. Was den Schluß betrifft habe ich gestern schon meine Meinung gesagt. Übrigens hatte ich in meiner Anlage nichts weiter was Sie in Ihrem Gedicht brauchen können. Gestern ist auch Hölterlein bey mir gewesen, er sieht etwas gedrückt und kränklich aus, aber er ist wirklich liebenswürdig und mit Bescheidenheit, ja mit Ängstlichkeit offen. Er ging auf verschiedene Materien, auf eine Weise ein, die Ihre Schule verrieth, manche[262] Hauptideen hatte er sich recht gut zu eigen gemacht, so daß er manches auch wieder leicht aufnehmen konnte. Ich habe ihm besonders gerathen kleine Gedichte zu machen und sich zu jedem einen menschlich interessanten Gegenstand zu wählen. Er schien noch einige Neigung zu den mittlern Zeiten zu haben in der ich ihn nicht bestärken konnte. Hauptmann Steigentesch werde ich wohl nicht sehen, er geht hier ab und zu, meine Anfrage hat ihn einigemal verfehlt und ein Billet, das ich das letztemal für ihn zurück ließ, findet er vielleicht erst nach meiner Abreise. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und unsere dichterische Freundinnen. Ich habe immer noch gehofft Ihnen noch etwas zum Musenalmanach zu schicken, vielleicht ist die schwäbische Luft ergiebiger. Eigentlich gehe ich von hier aus erst in die Fremde und erwarte um desto sehnlicher einen Brief von Ihnen bey Cotta.

G.


Frankfurt d. 24. Aug. 1797.

Ich will Ihnen doch noch von einer Arbeit sagen die ich angefangen habe und die wohl für die Horen seyn wird. Ich habe gegen zweyhundert französische satyrische Kupfer vor mir, ich habe sie gleich schematisirt und finde sie gerichtet:

I. Gegen Fremde.

a) England.

b) Den Papst.

c) Österreich.[263]

II. Gegen Einheimische.

a) Das alte Schreckensreich.

b) Modefratzen.

1. In ihrer Übertriebenheit dargestellt.

2. In Verhältnissen unter einander.

3. In Verhältnissen zu veralteten Fratzen.

4. In Finanz- oder andern politischen Verhältnissen.

c) Gegen Künstlerfeinde.

Ich fange an, sie nun einzeln zu beschreiben und es geht recht gut, denn da sie meist dem Gedanken etwas sagen, witzig, symbolisch, allegorisch sind, so stellen sie sich der Imagination oft eben so gut und noch besser dar als dem Auge, und wenn man eine so große Masse übersehen kann, so lassen sich über französischen Geist und Kunst, im allgemeinen, recht artige Bemerkungen machen und das Einzelne, wenn man auch nicht lichtenbergisiren kann noch will, läßt sich doch immer heiter und munter genug stellen, daß man es gerne lesen wird. In der Schweiz finde ich gewiß noch mehr und vielleicht auch die frühern. Es würde daraus ein ganz artiger Aufsatz entstehen, durch welchen das Octoberstück einen ziemlichen Beytrag erhalten könnte. Im Merkur und Modejournal und anderswo sind schon einige angeführt, die ich nun in's ganze mit hereinnehme. Ich hoffe daß sich von dieser oder ähnlicher Art noch manches auf der Reise finden wird und daß ich vom October an wieder[264] mit tüchtigen Beyträgen werde dienen können. Denn eigentlich muß man sich's nur vornehmen, so geht es auch. Der gegenwärtige Almanach macht mir doppelt Freude, weil, wir ihn doch eigentlich durch Willen und Vorsatz zu Stande gebracht. Wenn Sie Ihre dichterischen Freunde und Freundinnen nur immerfort aufmuntern und in Bewegung erhalten, so dürfen wir uns künftiges Frühjahr nur wieder 4 Wochen zusammensetzen und der nächste ist auch wieder fertig.

Leben Sie recht wohl und schreiben mir oft und viel. Mein Coffre ist nach Stuttgard fort und wenn das Wetter, das diese letzte Zeit regnicht, kalt und trüb war, sich wie es scheint wieder aufheitert, so lasse ich gleich anspannen. Durch die Bergstraße möchte ich freylich an einem recht heitern Tag.

G.


12/3640.


An den Herzog Carl August

Mein Bündel ist nun auch wieder geschnürt um hier wegzuwandern, ich werde vorerst auf Stuttgard und sodann aus Tübingen und Schafhaufen gehen.

Hier habe ich vieles gesehen, bemerckt und aufgezeichnet. Einiges lege ich abschriftlich bey. Es ist mir von Anfange mehr um Übung als um das bedeutende des Gegenstandes zu thun, da mein Gedächtniß dem Siebe der Danaiden gleicht, so verliere ich gar zu viel wenn ich nicht gleich schreibe oder[265] dicktire. Hoffentlich kann ich künftig mit bedeutendern Aufsätzen aufwarten.

Krieg und Friede schweben noch immer auf ungewissen Schaalen. Wenn nur nicht die Cabinete eben so unsicher als wir andern darüber sind!

Geh. R. Voigt habe einen Preis Zettel von allerley Bedürfnissen beygelegt, Sie werden Sich über die Höhe mancher verwundern. Ich wünsche daß die Verlöbniß Feste mögen fröhlich und glücklich vorbey gegangen seyn und bitte mir ein gnädiges Andencken zu erhalten.

Franckfurt d. 24. Aug. 97.

Goethe.


12/3641.


An Johann Heinrich Meyer

Mein Koffer ist nun auch für Stuttgard fort und ich werde nicht säumen nachzufolgen. Meine Hoffnung und Freude Sie bald wieder zu sehen ist sehr groß, machen Sie mir bey sich auf dem Lande ein Winkelchen bereit wo wir eine Zeit lang zusammen leben können. Bis wir uns so manche Facta mittheilen, uns über Standpunct und Methode vereinigen und das gesammelte zu verarbeiten auch nur anfangen, wird schon eine Zeit hingehen. Wenn uns die Witterung begünstigt, so können wir in jedem Sinne angenehme Tage verleben. Bey allem ist mir nichts erfreulicher als die Wiederherstellung Ihrer[266] Gesundheit. Leben Sie recht wohl, schreiben Sie mir ein Wort nach Tübingen an Cotta. Von Stuttgard erhalten Sie ein Briefchen. Ich lege ein nordisches Absurdum bey und wünsche recht wohl zu leben.

Frankfurt d. 24. Aug. 97.

G.


12/3642.


An Johann Friedrich Cotta

Frankfurt den 24. Aug. 1797.

Da ich in einiger Zeit nach Stuttgard abzugehen und dann auch bald in Tübingen einzutreffen gedenke, so habe ich hierdurch mich zum Voraus bey Ihnen anmelden und zugleich versichern wollen, wie angenehm es mir seyn werde Sie und die Ihrigen in guter Gesundheit anzutreffen.

Haben Sie die Güte inliegenden Brief weiter zu befördern so wie ich die Briefe, welche an mich anlangen sollten bey sich zu verwahren bitte. Ich wünsche recht wohl zu leben und empfehle mich einem freundlichen Empfang.

J. W. v. Goethe.


12/3643.


An Gottlob Heinrich Rapp

[Concept.]

Herr Hofrath Schiller trug mir beym Abschiede besonders auf, Ihnen, hochgeehrtester Herr, wenn ich[267] nach Stuttgard kommen würde seine Empfehlung auszurichten. Ich thue es früher indem ich Sie zugleich um eine Gefälligkeit ersuche. Mit der heutigen fahrenden Post geht ein Koffer ab den ich an Sie zu addressiren mir die Freyheit genommen habe. Ich bitte denselben so lange bey sich zu verwahren bis ich das Vergnügen habe Ihnen aufzuwarten und Ihre schätzbare Bekanntschaft zu machen. Haben Sie die Güte mich denen Personen zu empfehlen die sich aus früherer Zeit meiner erinnern und auf deren Wiedersehen ich mich besonders freue. Lassen Sie mich hoffen daß ich Sie gesund finden und zur rechten und gelegenen Stunde bey Ihnen eintreffen werde. Der ich Ihnen zum voraus bestens empfohlen zu seyn wünsche.

Frankfurt den 24. Aug. 1797.


12/3644.


An Johann Lorenz Böckmann

[Concept.]

Es ist ein sonderbarer Fall daß ich, nach einem so langen Aufenthalte in Weimar, mich eben in Frankfurt a. M. befinden muß, da Ihr werthgeschätztes Schreiben mich dort aufsucht. Es ist mir hierher nachgekommen und da zugleich höre daß Fräul. v. Staff zwar gegenwärtig nicht mehr in Weimar ist aber in drey Wochen wieder hinkommt und das Kästchen also[268] noch mitnehmen kann; so schicke ich sogleich die nöthige Anweisung dahin ab. Ich hatte es vor meiner Abreise in die sicherste Verwahrung gegeben und wünsche daß es glücklich wieder in Ihre Hände kommen und zugleich ein Pfand der Ruhe und des Friedens für Sie seyn möge.

Hätten wir vor einem Jahr das Vergnügen haben können Sie bey uns zu sehen, so würde uns aus dem so mannigfaltigen Übel ein wünschenswerthes Gute entstanden seyn. Wie angenehm wäre es mir gewesen Ihnen alsdann in meinem kleinen physikalischen Kabinet mit einigen, vielleicht nicht uninteressanten Versuchen aufzuwarten.

Ich freue mich sehr über Ihren Antheil an meinen optischen Arbeiten denen ich viel Zeit und Sorgfalt gewidmet habe. Gegenwärtig bin ich beschäftigt sämmtliche Farbenphänomene, so viel mir ihrer nur haben bekannt werden wollen, in einer so natürlichen Ordnung aufzustellen als mir eine geläuterte und aufrichtige Methode möglich machen will.

Ehe diese Vorarbeit gemacht, und zur Bequemlichkeit der Freunde dieser Wissenschaft allgemein bekannt ist, so ist alles Streiten für und wider alte und neue Hypothesen ein bloser Zeitverlust. Eben so denke ich auch sorgfältig den Apparat anzugebender nöthig ist um die Phänomene in Versuchen darzustellen, und ich werde gern alsdenn die Anschaffung desselben den Freunden der Wissenschaft erleichtern helfen.

[269] Ihre interessante Telegraphische Arbeit hatte ich wohl zu seiner Zeit richtig erhalten und ausgetheilt, allein die Sorge und Zerstreuung des Moments mag wohl mich sowohl als die andern Freunde damals von einer schuldigen Antwort abgehalten haben.

Möchten Sie sich doch recht wohl befinden und, meiner vorzüglichen Achtung immer gewiß, mir ein geneigtes Andenken erhalten.

Frankfurt d. 24. Aug. 97.


12/3645.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

[Frankfurt, 24. August.]

Herr Hofrath Boeckmann hat das vor vier Jahren an mich gesandte Kästchen, welches ich, vor meiner Abreise, auf Fürstl. Archiv, zu gefälliger Bewahrung, gegeben, wieder abgefordert, sein Brief hat mich in Frankfurt getroffen. Da ich nun den von dem Archive deshalb erhaltnen Schein nicht bey mir habe, vielmehr derselbe unter meinen Papieren in Weimar aufbewahrt ist; so ersuche ich des Herrn Geh. R. Voigts Hochwohlgeb. hiermit gehorsamst, das gedachte Boeckmannische wohlbekannte Kästchen, an Überbringern des gegenwärtigen Blattes, auszuliefern und dieses so lange zu verwahren, bis ich es, bey meiner Rückkunft nach Weimar, gegen den Originalschein, dessen Kraft ich jedoch hiermit annulire und aufhebe, auszuwechseln im Stande seyn werde.[270]


12/3646.


An Johann Friedrich Cotta

Stuttgard d. 31. Aug. 97.

Ihre gefällige Einladung, die mich, bey meiner Ankunft in Herrn Rapps Hause empfing, nehme ich um so dankbarer an, als ich diese Zeit her, besonders bey den heißen Tagen in Wirthshäusern viel gelitten habe und mich in dem häußlichen Kreise einer wohlwollenden Familie wieder zu erquicken hoffe. Ich werde wohl noch einige Tage hier verweilen und alsdann das Vergnügen haben Sie zu sehen. Möchte ich Sie und die Ihrigen recht gesund finden und Ihnen meine Gegenwart nicht lästig seyn.

J. W. v. Goethe.


12/3647.


An Christiane Vulpius

Heilbronn den 28. Aug. 1797.

Zu meinem Geburtstage, den du gewiß in Ruhe und Zufriedenheit feyern wirst, aber nicht ohne Verlangen mich bey dir zu sehen, muß ich dir einige Worte sagen und dir zugleich, wie es mir bisher gegangen ist, erzählen.

Freytag den 25. nahm ich früh von der guten Mutter Abschied, nicht ohne Rührung, denn es war das erstemal nach so langer Zeit, daß wir uns wieder ein wenig an einander gewöhnt hatten. Der Tag[271] war neblig und bedeckt und sehr angenehm, ich hätte dir nur die schöne Bergstraße, in die ich kam eben als der Himmel sich aufheiterte, zeigen mögen, ich hoffe auch wir sehen sie noch einmal mit einander. In Heppenheim ward ich aufgehalten und kam deswegen spät in der Nacht nach Heidelberg.

Den 26. an einem außerordentlich klaren und schönen Tag blieb ich in Heidelberg und erfreute mich an der schönen Lage der Stadt, die am Neckar zwischen Felsen aber gerade an dem Puncte liegt, wo das Thal aufhört und die großen fruchtbaren Ebenen von der Pfalz angehen. Den 27. hatte ich eine schöne aber zum Theil warme Reise hierher. Heute habe ich mich hier umgesehen, habe die Stadt ein wenig durchstrichen und umgangen. Sie liegt gleichfalls am Neckar, hat aber die schöne fruchtbare Ebene vor sich und im Rücken sehr weit ausgebreitete Weinberge. Da ich ein artiges Zimmer habe, so werde ich mich wohl verleiten lassen, morgen noch da zu bleiben.


Stuttgard am 31. Aug.

Hier bin ich vorgestern Abend im Kühlen angelangt, nachdem ich die heiße Zeit des Tags in Ludwigsburg abgewartet hatte. Ich wünschte daß du die unendliche Fruchtbarkeit zwischen Heilbronn und hier, an Feldbau, Obst, Garten und Weinbau sehen könntest, man kann wohl sagen daß auf der ganzen Tour kein Fuß breit Landes ungenutzt ist.

[272] Hier gefällt es mir sehr wohl. Die Stadt liegt in einem Kreis von Bergen, die alle bebaut sind, mitten in Gärten und Weinbergen, das Obst ist sehr gut gerathen und ich habe mich gestern zum erstenmal seit langer Zeit wieder in fürtrefflichen Mirabellen satt gegessen, die ich doch dir und dem Kinde lieber gegönnt hätte. Ich habe einige alte Bekannte gefunden und auch neue gemacht die meistens Freunde von Schillern sind.


Stuttgard d. 4. September.

Ich habe in diesen Tagen viel Bekanntschaft gemacht und mich in der Stadt so wie in der Gegend umgesehen, und es ist mir recht wohl gegangen, ich habe fleißig aufgeschrieben wovon du künftig auch einmal lesen sollst. Übermorgen gedenke ich nach Tübingen abzugehen, wo ich von deinen Briefen zu finden hoffe und woher ich dir auch wieder schreiben werde, heute will ich nur dieses Blättchen abschicken, damit du nicht länger ohne Nachricht von mir bleibst. Lebe recht wohl und küsse den Kleinen.

Um den 15ten kannst du dencken daß ich bey Meyern bin. Lebe wohl und behalte mich recht lieb.

G.[273]


12/3648.


An Friedrich Schiller

Stuttgard den 30. Aug. 1797.

Nachdem ich Sie heute Nacht, als den Heiligen aller am schlaflosen Zustande leidenden Menschenkinder, öfters um Ihren Beystand angerufen, und mich auch wirklich durch Ihr Beyspiel gestärkt gefühlt habe, eines der schlimmsten Wanzenabentheuer im Bauche des römischer Kaisers zu überstehen; so ist es nunmehr meinem Gelübde gemäß Ihnen sogleich eine Nachricht von meinen Zuständen zu ertheilen.

Den 25. ging ich von Frankfurt ab, und hatte eine angenehme Fahrt bey bedecktem Himmel bis Heidelberg, wo ich bey völlig heiterm Sonnenschein die Gegend fast den ganzen andern Tag mit Entzücken betrachtete.

Den 27. fuhr ich sehr früh ab, ruhte die heiße Zeit in Sinsheim und kam noch bald genug nach Heilbronn. Diese Stadt mit ihrer Umgebung interessirte mich sehr, ich blieb den 28. daselbst und fuhr den 29. früh aus, daß ich schon um 9 Uhr in Ludwigsburg war, Abends um 5 Uhr erst wieder wegfuhr und mit Sonnen Untergang nach Stuttgard kam, das in seinem Kreise von Bergen sehr ernsthaft in der Abenddämmerung dalag.

Heute früh recognoscirte ich allein die Stadt, ihre Anlage, so wie besonders die Alleen gefielen mir sehr[274] wohl. An Herrn Rapp fand ich einen sehr gefälligen Mann und schätzbaren Kunstliebhaber, er hat zur Landschaftscomposition ein recht hübsches Talent, gute Kenntniß und Übung. Wir gingen gleich zu Professor Dannecker bey dem ich einen Hektor der den Paris schilt, ein etwas über Lebensgröße in Gyps ausgführtes Modell fand, so wie auch eine ruhende, nackte, weibliche Figur im Charakter der sehnsuchtsvollen Sappho, in Gyps fertig und in Marmor angefangen, ferner eine kleine traurend sitzende Figur zu einem Zimmer-Monument. Ich sah ferner bey ihm das Gypsmodell eines Kopfes vom gegenwärtigen Herzog, der besonders in Marmor sehr gut gelungen seyn soll, so wie auch seine eigne Büste, die ohne Übertreibung, geistreich und lebhaft ist. Was mich aber besonders frappirte, war der Originalausguß von Ihrer Büste, der eine solche Wahrheit und Ausführlichkeit hat, daß er wirklich Erstaunen erregt. Der Ausguß, den Sie besitzen, läßt diese Arbeit wirklich nicht ahnden. Der Marmor ist darnach angelegt und wenn die Ausführung so geräth, so giebt es ein sehr bedeutendes Bild. Ich sah noch kleine Modelle bey ihm, recht artig gedacht und angegeben, nur leidet er daran, woran wir modernen alle leiden: an der Wahl des Gegenstands. Diese Materie, die wir bisher so oft, und zuletzt wieder bey Gelegenheit der Abhandlung über den Laokoon besprochen haben, erscheint mir immer in ihrer höhern Wichtigkeit. Wann werden[275] wir armen Künstler dieser letzten Zeiten uns zu diesem Hauptbegriff erheben können!

Auch sah ich bey ihm eine Vase aus graugestreiftem Alabaster, von Isopi, von dem uns Wolzogen so viel erzählte. Es geht aber über alle Beschreibung und niemand kann sich ohne Anschauung einen Begriff von dieser Vollkommenheit der Arbeit machen. Der Stein, was seine Farbe betrifft, ist nicht günstig, aber seiner Materie nach desto mehr. Da er sich leichter behandeln läßt als der Marmor, so werden hier Dinge möglich, wozu sich der Marmor nicht darbieten würde. Wenn Cellini, wie sich glauben läßt, seine Blätter und Zierrathen in Gold und Silber gedacht und vollendet hat, so kann man ihm nicht übel nehmen, wenn er selbst mit Entzücken von seiner Arbeit spricht.

Man fängt an, den Theil des Schlosses der unter Herzog Carl, eben als er geendigt war, abbrannte, wieder auszubauen und man ist eben mit den Gesimsen und Decken beschäftigt. Isopi modellirt die Theile, die alsdann von andern Stukaturen ausgegossen und eingesetzt werden, seine Verzierungen sind sehr geistreich und geschmackvoll, er hat eine besondere Liebhaberey zu Vögeln, die er sehr gut modellirt und mit andern Zierrarthen angenehm zusammenstellt. Die Composition des Ganzen hat etwas originelles und leichtes.

In Professor Scheffauers Werkstatt (ihn selbst traf ich nicht an) fand ich eine schlafende Venus mit[276] einem Amor, der sie aufdeckt, von weißem Marmor, wohlgearbeitet und gelegt, nur wollte der Arm, den sie rückwärts unter den Kopf gebracht hatte, gerade an der Stelle der Hauptansicht keine gute Wirkung thun. Einige Basreliefs antiken Inhalts, ferner die Modelle zu dem Monument, welches die Gemahlin des jetzigen Herzogs, auf die, durch Gebete des Volks und der Familie, wieder erlangte Genesung des Fürsten aufrichten läßt. Der Obelisk steht schon auf dem Schloßplatze, mit den Gipsmodellen geziert.

In Abwesenheit des Prof. Hetsch ließ uns seine Gattin seinen Arbeitssaal sehen. Sein Familienbild in ganzen, lebensgroßen Figuren hat viel Verdienst, besonders ist seine eigne höchst wahr und natürlich. Es ist in Rom gemahlt. Seine Portraite sind sehr gut und lebhaft und sollen sehr ähnlich seyn. Er hat ein historisches Bild vor, aus der Messiade, da Maria sich mit Portia, der Frau des Pilatus, von der Glückseligkeit des ewigen Lebens unterhält und sie davon überzeugt. Was sagen Sie zu dieser Wahl überhaupt? und was kann ein schönes Gesicht ausdrücken das die Entzückung des Himmels vorausfühlen soll? Überdies hat er zu dem Kopf der Portia zwey Studien nach der Natur gemacht, das eine nach einer Römerinn, einer geist- und gefühlvollen, herrlichen Brünette, und das andre nach einer blonden guten weichen Deutschen. Der Ausdruck von beyden Gesichtern ist, wie sich's versteht, nichts weniger als überirdisch, und wenn so[277] ein Bild auch gemacht werden könnte, so dürften keine individuellen Züge darinn erscheinen. Indeß möchte man den Kopf der Römerinn immer vor Augen haben. Es hat mich so ein erzdeutscher Einfall ganz verdrießlich gemacht. Daß doch der gute bildende Künstler mit dem Poeten wetteifern will, da er doch eigentlich durch das, was er allein machen kann und zu machen hätte, den Dichter zur Verzweiflung bringen könnte.

Professor Müllern fand ich an dem Graffischen Portrait, das Graff selbst gemahlt hat. Der Kopf ist ganz fürtrefflich, das künstlerische Auge hat den höchsten Glanz, nur will mir die Stellung, da er über einen Stuhlrücken sich herüber lehnet, nicht gefallen, um so weniger da dieser Rücken durchbrochen ist und das Bild also unten durchlöchert erscheint. Das Kufper ist übrigens auf dem Wege gleichfalls fürtrefflich zu werden. Sodann ist er an Auch einem Todt eines Generals beschäftigt, und zwar eines amerikanischen, eines jungen Mannes, der bei Bunkershill blieb. Das Gemählde ist von einem Amerikaner Trumbul und hat Vorzüge des Künstlers und Fehler des Liebhabers. Die Vorzüge sind sehr charakteristische und vortrefflich tockirte Portraitgesichter, die Fehler: Disproportionen der Körper unter einander und ihrer Theile. Componirt ist es, verhältnißmäßig zum Gegenstande, recht gut und, für ein Bild auf dem so viel rothe Uniformen erscheinen müssen, ganz[278] verständig gefärbt; doch macht es im ersten Anblick immer eine grelle Wirkung, bis man sich mit ihm wegen seiner Verdienste versöhnt. Das Kupfer thut im ganzen sehr gut und ist in seinen Theilen fürtrefflich gestochen. Ich sah auch das bewundernswürdige Kupfer des letzten Königs in Frankreich, in einem fürtrefflichen Abdruck aufgestellt.

Gegen Abend besuchten wir Herrn Consistorialdirector Ruoff, welcher eine treffliche Sammlung von Zeichnungen und Kupfern besitzt, wovon ein Theil zur Freude und Bequemlichkeit der Liebhaber unter Glas aufgehängt ist. Sodann gingen wir in Herrn Rapps Garten und ich hatte abermals das Vergnügen mich an den verständigen und wohlgefühlten Urtheilen dieses Mannes über manche Gegenstände der Kunst, so wie über Danneckers Lebhaftigkeit zu erfreuen.


Den 31. Aug. 97.

Hier haben Sie ohngefähr den Inhalt meines gestrigen Tages, den ich, wie Sie sehen, recht gut zugebracht habe. Übrigens wären noch manche Bemerkungen zu machen. Besonders traurig für die Baukunst war die Betrachtung: was Herzog Carl, bey seinem Streben nach einer gewissen Größe, hätte hinstellen können, wenn ihm der wahre Sinn dieser Kunst aufgegangen und er so glücklich gewesen wäre tüchtige Künstler zu seinen Anlagen zu finden. Allein man sieht wohl, er hatte nur eine gewisse vornehme[279] Pracht-Richtung, ohne Geschmack, und in seiner frühern Zeit war die Baukunst in Frankreich, woher er seine Muster nahm, selbst verfallen. Ich bin gegenwärtig voll Verlangen Hohenheim zu sehen.

Nach allem diesem, das ich niedergeschrieben habe, als wenn Ihnen nicht selbst schon ein großer Theil bekannt wäre, muß ich Ihnen sagen: daß ich unterweges auf ein poetisches Genre gefallen bin, in welchem wir künftig mehr machen müssen, und das vielleicht dem folgenden Almanach gut thun wird. Es sind Gespräche in Liedern. Wir haben in einer gewissen ältern deutschen Zeit recht artige Sachen von dieser Art und es läßt sich in dieser Form manches sagen, man muß nur erst hineinkommen und dieser Art ihr eigenthümliches abgewinnen. Ich habe so ein Gespräch zwischen einem Knaben, der in eine Müllerinn verliebt ist, und dem Mühlbach angefangen und hoffe es bald zu überschicken. Das poetisch-tropisch- allegorische wird durch diese Wendung lebendig, und besonders auf der Reise, wo einen so viel Gegenstände ansprechen, ist es ein recht gutes Genre.

Auch bey dieser Gelegenheit ist merkwürdig zu betrachten was für Gegenstände sich zu dieser besondern Behandlungsart bequemen. Ich kann Ihnen nicht sagen, um meine obigen Klagelieder zu wiederholen, wie sehr mich jetzt, besonders um der Bildhauer willen, die Mißgriffe im Gegenstand beunruhigen, denn diese Künstler büßen offenbar den Fehler und[280] den Unbegriff der Zeit am schwersten. Sobald ich mit Meyern zusammenkomme und seine Überlegungen, die er mir angekündigt hat, nutzen kann, so will ich gleich mich daran machen und wenigstens die Hauptmomente zusammenschreiben. Denken Sie doch auch indeß immer weiter über die poetischen Formen und Stoffe nach.

Über das theatralisch-komische habe ich auch verschiednemal zu denken Gelegenheit gehabt, das Resultat ist: daß man es nur in einer großen, mehr oder weniger rohen Menschenmasse gewahr werden kann, und daß wir leider ein Kapital dieser Art, womit wir poetisch wuchern könnten, bey uns gar nicht finden. Übrigens hat man vom Kriege hier viel gelitten und leidet immer fort. Wenn die Franzosen dem Lande fünf Millionen abnehmen, so sollen die Kaiserlichen nun schon an sechzehn Millionen verzehrt haben. Da gegen erstaunt man denn freylich, als Fremder, über die ungeheure Fruchtbarkeit dieses Landes und begreift die Möglichkeit solche Lasten zu tragen.

Ihrer und der Ihrigen erinnert man sich mit viel Liebe und Freude, ja ich darf wohl sagen mit Enthusiasmus. Und somit sey Ihnen heute ein Lebewohl gesagt. Cotta hat mich freundlich eingeladen bey ihm zu logiren, ich habe es mit Dank angenommen, da ich bisher, besonders bey dem heißen[281] Wetter, in den Wirthshäusern mehr als auf dem Wege gelitten habe.


Den 4. Sept.

Dieser Brief mag nun endlich abgehen, hoffentlich finde ich einen von Ihnen bey Cotta in Tübingen, wohin ich nun bald zu gelangen gedenke. Hier ist es mir sehr wohl ergangen und ich habe in der Gesellschaft, in welche mich Ihr kleines Blatt eingeführt, mich recht sehr wohl befunden, man hat mich auf alle Weise zu unterhalten, mir alles zu zeigen gesucht und mit mehrere Bekanntschaften gemacht. Wenn Meyer hier wäre, könnte ich mich wohl entschließen noch länger zu bleiben. Es ist natürlich daß ich in der Masse von Kunst und Wissenschaft nun erst manches gewahr werde, das ich noch wohl zu meinem Vortheile brauchen könnte, denn es ist wirklich merkwürdig, was für ein Streben unter den Menschen lebt. Was mich aber besonders erfreut und eigentlich mir einen längern Aufenthalt angenehm macht, ist daß ich in der kurzen Zeit mit denen Personen, die ich öfter gesehen habe, durch Mittheilung der Ideen, wirklich weiter komme, so daß der Umgang für beyde Theile fruchtbar ist. Über einige Hauptpuncte habe ich mich mit Dannecker wirklich verständigt und in einige andere scheint Rapp zu entriren, der eine gar behagliche, heitere und liberale Existenz hat. Noch sind zwar seine Grundsätze die Grundsätze eines Liebhabers, die, wie bekannt, eine ganz[282] eigne, der soliden Kunst nicht eben sehr günstige Tournüre haben, doch fühlt er natürlich und lebhaft und faßt die Motive eines Kunsturtheiles bald, wenn es auch von dem seinigen abweicht. Ich denke übermorgen von hier wegzugehen und hoffe in Tübingen einen Brief von Ihnen zu finden.

Außerdem, daß ich das was mir begegnet so ziemlich fleißig zu den Acten nehme, habe ich verschiednes, das durch Gespräch und Umstände bey mir rege wurde, aufgesetzt, wodurch nach und nach kleine Abhandlungen entstehen, die sich vielleicht zuletzt an einander schließen werden.

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie alles und fahren Sie fort mir von Zeit zu Zeit unter Cotta's Einschlag zu schreiben, der von meinem Aufenthalt immer unterrichtet seyn wird.

G.


12/3649.


An Johann Heinrich Meyer

Stuttgard den 4. Sept. 1797.

Morgen wird es acht Tage, daß ich hier angekommen bin, und übermorgen gedenke ich von hier abzureisen. Es ist mir sehr gut gegangen und ich habe meinen Aufenthalt gar wohl genutzt. Künstler und Kunstwerke giebt es hier von verschiedenen Graden und ich habe Gelegenheit zu mancher interessanten Unterhaltung gefunden. Da ich fleißig aufgeschrieben habe, so werden wir aus meinen Acten manchen Anlaß[283] zum Gespräche nehmen können, der uns überhaupt nicht fehlen wird.

Mehr sage ich für heute nicht, aber von Tübingen hören Sie nochmals von mir. Wie sehr freue ich mich meine erste Reiseepoche an Ihrem freundschaftlichen Herzen zu schließen.

G.


12/3650.


An Johann Heinrich Meyer

Tübingen den 11. Sept. 1797.

Es geht nun jetzo schon ganz anders da ich Ihre Briefe den dritten oder vierten Tag erhalte, und mir also denke, daß eine kurze Reise mich zu Ihnen führen wird. Hier bin ich bey Herrn Cotta ganz bequem einlogirt, und werde noch einige Tage hier verweilen, um so mehr als Regenwetter eingefallen ist. Durch die Gelassenheit womit ich meinen Weg mache, lerne ich, freylich etwas spät, noch reisen. Es giebt eine Methode durch die man überhaupt, in einer gewissen Zeit, die Verhältnisse eines Orts und einer Gegend und die Existenz einzelner vorzüglicher Menschen gewahr werden kann. Ich sage gewahr werden, weil der Reisende kaum mehr von sich fordern darf; es ist schon genug, wenn er einen saubern Umriß nach der Natur machen lernt und allenfalls die großen Partien von Licht und Schatten anzulegen weiß, an das Ausführen muß er nicht denken.

[284] Wenn ich in Zürich anlange so will ich, nach Zeit und Umständen, entweder Ihnen meine Ankunft melden, oder ein Gefährt nehmen und gerade zu Ihnen hinauskommen. Wie werden wir beyde des langersehnten Augenblicks genießen! Die Versicherung, daß Sie sich wohlbefinden, giebt mir Ruhe und Heiterkeit auf meinen Wegen, und die beste Hoffnung daß wir künftig noch manches zusammen erfahren und bearbeiten werden. Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Frau Schultheß zum schönsten, wenn Sie Gelegenheit haben.

G.


12/3651.


An den Herzog Carl August

Tübingen den 11. Sept. 1797.

Vom 25. August an, da ich von Frankfurt abreiste, habe ich langsam meinen Weg hierher genommen. Ich bin nur bey Tage gereist und habe nun vom schönen Wetter begünstigt, einen deutlichen Begriff von den Gegenden die ich durchwandert habe, ihren Lagen, Verhältnissen, Ansichten und Fruchtbarkeit. Durch die Gelassenheit womit ich meinen Weg mache, lerne ich, freylich etwas spät, noch reisen. Es giebt eine Methode durch die man überhaupt, in einer gewissen Zeit, die Verhältnisse eines Orts und einer Gegend und die Existenz einzelner vorzüglicher Menschen gewahr werden kann. Ich sage gewahr werden, weil der Reisende kaum mehr von sich fordern darf; es ist schon genug, wenn er einen saubern Umriß nach der Natur machen lernt und allenfalls die großen Partien von Licht und Schatten anzulegen weiß, an das Ausführen muß er nicht denken.

Der Genuß der schönen Stunden, die mich durch die Bergstraße führten, ward durch die sehr ausgefahrnen Wege einigermaßen unterbrochen. Heidelberg und seine Gegend betrachtete ich in zwey völlig heitern Tagen mit Verwunderung und ich darf wohl[285] sagen mit Erstaunen. Die Ansichten nähern sich, von mehrern Seiten, dem Ideal, das der Landschaftsmahler, aus mehrern glücklichen Naturlagen sich in seiner schaffenden Phantasie zusammenbildet. Der Weg von da nach Heilbronn ist theils für's Auge sehr reizend, theils durch den Anblick von Fruchtbarkeit vergnüglich.

Heilbronn hat mich sehr interessirt, sowohl wegen seiner offnen fruchtbaren wohlgebauten Lage, als auch wegen des Wohlstandes der Bürger, und der guten Administration ihrer Vorgesetzten. Ich hätte gewünscht diesen kleinen Kreis näher kennen zu lernen.

Von da nach Stuttgard wird man von der Einförmigkeit einer glücklichen Cultur beynah trunken und ermüdet. In Ludwigsburg besah ich das einsame Schloß und bewunderte die herrlichen Alleenpflanzungen, die sich durch die Hauptstraßen des ganzen Ortes erstrecken.

In Stuttgard blieb ich neun Tage. Es liegt in seinem ernsthaften wohlgebauten Thal sehr anmuthig und seine Umgebungen, sowohl nach den Höhen, als nach dem Neckar zu, sind auf mannigfaltige Weise charakteristisch. Von dem Zustande der Künste daselbst und von ihrem Einfluß auf die Einwohner ist in einem besonderen Blatte gesprochen. Eigentliche wissenschaftliche Richtung bemerkt man wenig, sie scheint mit der Carlsakademie wo nicht verschwunden doch sehr vereinzelt worden zu seyn. Den Preußischen[286] Gesandten Madeweiß besuchte ich und sah bey ihm ein paar sehr schöne Bilder, die dem Legations Rath Abel, der gegenwärtig in Paris ist, gehören. Die Sammlung dieses Mannes, der für sich und seine Freunde sehr schätzbare Gemählde aus dem französischen Schiffbruch zu retten gewußt hat, ist aus Furcht vor den Franzosen in den Häusern seiner Freunde zerstreut, wo ich sie nach und nach aufgesucht habe.

Den sehr corpulenten Erbprinzen sah ich in der Comödie; eine schwarze Binde, in der er den, vor kurzem auf der Jagd gebrochnen Arm trug, vermehrte noch sein Volum. Die Erbprinzeß ist wohlgebaut, und hat ein verständiges gefälliges Ansehen, ihr Betragen sowohl nach innen als nach außen muß, wie ich aus den Resultaten bemerken konnte, äußerst klug und den Umständen gemäß seyn. Der regierende Herzog scheint nach dem Schlagflusse das ihn im Juli des vorigen Jahres betraf, nur noch so leidlich hinzuleben. Die Wogen des Landtags haben sich gelegt und man erwartet nun was aus der Infusion sich nach und nach präcipitiren wird.

Ich machte in guter Gesellschaft den Weg nach Kannstadt und Neckar Rems, um das Lager von den ohngefähr 25,000 Mann Österreichern zu sehen das zwischen Hoberg und Mühlhausen steht und den Neckar im Rücken hat, es geht darinn, wie natürlich, alles sauber und ordentlich zu.

Darnach sah ich auch Hohenheim mit Aufmerksamkeit,[287] indem ich einen ganzen Tag dazu anwendete. Das mit seinen Seitengebäuden äußerst weitläufige Schloß und der mit unzähligen Ausgeburten einer unruhigen und kleinlichen Phantasie übersäete Garten gewähren, selbst im einzelnen, wenig befriedigendes; nur hier und da findet man etwas, das besser behandelt eine gute Wirkung hervorgebracht haben würde.

Einen thätigen Handelsmann, gefälligen Wirth und wohl unterrichteten Kunstfreund, der viel Talent in eignen Arbeiten zeigt und den Nahmen Rapp führt, fand ich in Stuttgard und bin ihm manchen Genuß und Belehrung schuldig geworden. Prof. Dannecker ist, als Künstler und Mensch, eine herrliche Natur, und würde, in einem reichern Kunstelemente, noch mehr leisten als hier, wo er zu viel aus sich selbst nehmen muß.

So ging ich denn endlich von Stuttgard ab, durch eine zwar noch fruchtbare, doch um vieles rauhere Gegend, und bin nun am Fuße der höhern Berge angelangt, welche schon verkündigen was weiterhin bevorsteht. Ich habe hier schon den größern Theil von Professoren kennen gelernt, und mich auch in der schönen Gegend umgesehen, die einen doppelten Charakter hat, da Tübingen auf einem Bergrücken, zwischen zwey Thälern liegt, in deren einem der Neckar, in dem andern die Ammer fließt.

Wie auslöschlich die Züge der Gegenstände im Gedächtniß seyen, bemerke hier mit Verwunderung, indem[288] mir doch auch keine Spur vom Bilde Tübingens geblieben ist, das wir doch auch, auf jener sonderbaren und angenehmen, ritterlichen Expedition, vor so viel Jahren, berührten.

Die Academie ist hier sehr schwach, ob sie gleich verdienstvolle Leute besitzen und ein ungeheures Geld auf die verschiednen Anstalten verwendet wird; allein die alte Form widerspricht jedem fortschreitenden Leben, die Wirkungen greifen nicht in einander, und über der Sorge wie die verschiedenen Einrichtungen im alten Gleise zu erhalten seyen, kann nicht zur Betrachtung kommen was man ehemals dadurch bewirkte und jetzt auf andere Weise bewirken könnte und sollte. Der Hauptsinn einer Verfassung wie die Wirtenbergische bleibt nur immer: die Mittel zum Zwecke recht fest und gewiß zu halten, und eben deswegen kann der Zweck, der selbst beweglich ist, nicht wohl erreicht werden.


Tübingen d. 12. Sept. 1797.

Ihren lieben und verehrten Brief vom 30. Aug. habe bey meiner Ankunft hier erhalten und mich Ihres Andenkens herzlich gefreut. Von meiner Reise und der Stuttgarder Kunstepoche lege ich ein Paar Extrablätter bey. Nächstens werde ich einige Vorschläge thun wie wir, sowohl für den Schloßbau als die Zeichenschule, die jetzigen Talente und Stimmungen des Kunstpersonals in gedachter Residenz nutzen könnten.

[289] Die Absendung des kleinen Jagemanns nach Wien wird gewiß auch guten Effect thun. Er wird daselbst auf eine eigne, uns noch unbekannte Art gebildet und indem wir jene Academie dadurch näher kennen lernen, so eignet sich einer der unsern von ihren Vorzügen hoffentlich einen wichtigen Theil zu. Ich freue mich innig so oft ich sehe, daß Sie in der Überzeugung verharren, wie löblich und in einem höheren Sinne nützlich es ist junge Leute durch Absendung in fremde Gegenden sich bilden zu lassen und sich dadurch die mannigfaltige Cultur, die in der Welt ausgesät ist, mehr oder weniger zuzueignen und bey sich fortwachsen zu sehen. Um desto unangenehmer ist mir's, daß Sie an Stein Ihre Hoffnungen nicht erfüllt sehen. Das was Sie über ihn sagen scheint mir alles zu erschöpfen was über das Verhältniß geurtheilt werden kann. Jene Existenz hat einen Eindruck auf ihn gemacht dem er zu widerstehen nicht Herr ist, ohne deßwegen einen bestimmten Plan zu haben wie er zur Erfüllung seiner Wünsche gelangen könnte.

Wegen Scherers Adresse wüßte ich nur zu rathen einen Brief durch den Weg des Burgemeister Dorner an ihn gelangen zu lassen.

Ich höre mit Leide, daß Ihre Stadt einen großen Verlust durch Feuer erlitten hat. Sollte es nicht möglich seyn, da die Scheunen neu und besser aufgebaut werden, von Raum zu Raum Brandgiebel[290] zwischen dieselben anzubringen. Freylich sind die Kosten groß, doch welche Sicherheit gewährt eine solche Anstalt für alle Zukunft!

Die Briefe des Grafen Bünau bin ich sehr neugierig zu lesen, besonders über die bestimmten Gegenstände die wir so wohl kennen seine Gedanken zu vernehmen. Von hier denke ich nun auch bald aufzubrechen; sobald ich am Zürcher See angelangt bin, melde ich mich wieder. Wahrscheinlich wird mich alsdann das Heimweh wieder ergreifen und ich werde vor eintretendem Winter wieder suchen mein ruhiges und bequemes Haus zu erreichen. Durch Natur und Neigung, Gewohnheit und Überzeugung bin ich nur in dem Ihrigen zu Hause. Von Frankfurt fühlte ich mich bald wieder abgelöst und seitdem habe ich in einer fremden Welt nur gesucht Faden anzuknüpfen, durch die wir künftig mit mancherley nützlichem zusammenhängen können.

Leben Sie recht wohl, empfehlen mich Ihrer Frau Gemahlinn zu Gnaden und bleiben beyde meiner eingedenk.

Goethe.


[Beilage.]

Es ist sehr interessant zu beobachten aus welchem Punct die Künste gegenwärtig in Stuttgard stehen. Herzog Carl, dem man bey seinen Unternehmungen eine gewisse Großheit nicht absprechen kann, wirkte[291] doch nur zu Befriedingung seiner augenblicklichen Leidenschaften und zur Realisirung abwechselnder Phantasien. Indem er aber auf Schein, Repräsentation, Effect arbeitete, so bedurfte er besonders der Künstler, und indem er nur den niedern Zweck im Auge hatte, mußte er doch die höheren befördern. In früherer Zeit begünstigte er das lyrische Schauspiel und die großen Feste, er suchte sich die Meister zu verschaffen, um diese Erscheinungen in größter Vollkommenheit darzustellen. Diese Epoche ging vorbey, allein es blieb eine Anzahl von Liebhabern zurück, und zur Vollständigkeit seiner Akademie gehörte auch der Unterricht in Musik, Gesang, Schauspiel und Tanzkunst. Das alles erhält sich noch, aber nicht als ein lebendiges, forfschreitendes, sondern als ein stillstehendes und abnehmendes Institut. Musik kann sich am längsten erhalten, dieses Talent kann mit Glück bis in ein höheres Alter geübt werden, auch ist es, was einzelne Instrumente betrifft, allgemeiner, und von mehreren jungen Leuten erreichbar. Das Theater dagegen ist viel schnellern Abwechselungen unterworfen und es ist gewissermaßen ein Unglück wenn das Personal einer besondern Bühne sich so lange nebeneinander erhält; ein gewisser Ton und Schlendrian pflanzt sich leicht fort, so wie man z.B. dem Stuttgarder Theater, an einer gewissen Steifheit und Trockenheit, seinen akademischen Ursprung leicht abmerken kann. Wird, wie gesagt, ein Theater nicht oft genug durch neue[292] Subjecte angefrischt, so muß es allen Reiz verlieren. Singstimmen dauern nur eine gewisse Zeit, die Jugend, die zu gewissen Rollen erforderlich ist, geht vorüber, und so hat ein Publikum nur eine Art von kümmerlicher Freude, durch Gewohnheit und hergebrachte Nachsicht. Dies ist gegenwärtig der Fall in Stuttgard und wird es lange bleiben, weil eine wunderliche Constitution der Theateraufsicht jede Verbesserung sehr schwierig macht.

Miholé ist abgegangen und nun ist ein andrer Entrepreneur angestellt, der die Beyträge des Hofes und Publikums einnimmt und darüber, so wie über die Ausgaben, Rechnung ablegt; sollte ein Schaden entstehen, so muß er ihn allein tragen, sein Vortheil hingegen darf nur bis zu einer bestimmten Summe steigen, was darüber gewonnen wird muß er mit der Herzoglichen Theaterdirektion theilen. Man sieht wie sehr durch eine solche Einrichtung, was zu einer Verbeßrung des Theaters geschehen könnte, paralysirt wird. Ein Theil der ältern Acteurs darf nicht abgedankt werden.

Das Ballet verhält sich überhaupt ohngefähr wie die Musik, Figuranten dauern lange, wie Instrumentalisten, und sind nicht schwer zu ersetzen, so können auch Tänzer und Tänzerinnen in einem höhern Alter noch reizend seyn, unterdessen findet sich immer wieder ein junger Nachwuchs. Dieses ist auch der Stuttgarder Fall, das Ballet geht überhaupt seinen alten Gang und sie haben eine junge sehr reizende Tänzerinn,[293] der nur eine gewisse Mannigfaltigkeit der Bewegungen, und mehr Charakteristisches in ihrem Thun und Lassen fehlt, um sehr interessant zu seyn. Ich habe nur einige Divertissements gesehen. Unter den Partikuliers hat sich viel Liebe zur Musik erhalten und es ist manche Familie die sich im Stillen mit Clavier und Gesang sehr gut unterhält. Alle sprechen mit Entzücken von jenen brillanten Zeiten, in denen sich ihr Geschmack zuerst gebildet, und verabscheuen deutsche Musik und Gesang.

Bildhauer und Mahler schickte der Herzog, wenn sie gewissermaßen vorbereitet waren, nach Paris und Rom. Es haben sich vorzügliche Männer gebildet, die zum Theil hier sind, zum Theil sich noch auswärts befinden. Auch unter Liebhaber hat sich die Lust des Zeichnens, Mahlens und Bossirens verbreitet, mehr oder weniger bedeutende Sammlungen von Gemählden und Kupferstichen sind entstanden, die ihren Besitzern eine angenehme Unterhaltung, eine geistreiche Communication mit andern Freunden gewähren.

Sehr auffallend ist es daß der Herzog gerade die Kunst die er am meisten brauchte, die Baukunst, nicht auf eben die Weise in jungen Leuten beförderte, und sich die so nöthigen Organe bildete, denn es ist mir keiner bekannt, der auf Baukunst gereist wäre. Wahrscheinlich begnügte er sich mit Subjecten die er um sich hatte und gewohnt war, und mochte durch sie seine eigne Ideen gern mehr oder weniger ausgeführt[294] sehen. Dafür kann man aber auch bey allem was in Ludwigsburg, Stuttgard und Hohenheim geschehen ist, nur das Material, das Geld, die Zeit, so wie die verlorne Kraft und Gelegenheit was gutes zu machen bedauern. Ein Saal, der jetzt in Arbeit ist, verspricht endlich einmal geschmackvoll verziert zu werden. Isopi, ein trefflicher Ornamentist, den der Herzog kurz vor seinem Todte von Rom verschrieb, führt die Arbeit nach Zeichnungen von Thouret aus. Dieses ist ein junger lebhafter Mahler der sich aber mit viel Lust auf Architektur gelegt hat.

Das Kupferstechen steht wirklich hier auf einem hohen Puncte, Professor Müller ist einer der ersten Künstler in dieser Art, und hat eine ausgebreitete Schule, die, indem er nur große Arbeiten unternimmt, die geringern buchhändlerischen Bedürfnisse, unter seiner Aufsicht, befriedigt. Prof. Leybold, sein Schüler, arbeitet gleichfalls nur an größeren Platten und würde an einem andern Orte, in Absicht der Wirkung auf eine Schule, das bald leisten was Prof. Müller hier thut.

Übersieht man nun mit Einem Blicke alle diese erwähnten Zweige der Kunst und andere, die sich noch weiter verbreiten, so überzeugt man sich leicht daß nur bey einer so langen Regierung, durch eine eigne Richtung eines Fürsten, diese Erndte gepflanzt und ausgesäet werden konnte. Ja man kann wohl sagen: daß die spätern und bessern Früchte jetzo erst zu reifen[295] anfangen. Wie schade ist es daher daß man gegenwärtig nicht einsieht welch ein großes Capital man daran besitzt, mit wie mäßigen Kosten es zu erhalten und weit höher zu treiben sey. Aber es scheint niemand einzusehen welchen hohen Grad von Wirkung die Künste, in Verbindung mit den Wissenschaften, Handwerk und Gewerbe in einem Staate hervorbringen. Die Einschränkungen, die der Augenblick gebietet, hat man von dieser Seite angefangen und dadurch mehrere gute Leute mißmuthig und zum Auswandern geneigt gemacht.

Vielleicht nutzt man an andern Orten diese Epoche und eignet sich, um einen leidlichen Preis, einen Theil der Cultur zu, die hier durch Zeit, Umstände und große Kosten sich entwickelt hat.


12/3652.


An Christiane Vulpius

Tübingen den 11. Sept. 1797.

Ob ich mich gleich nur langsam von dir nur immer entferne, so will ich dir doch um desto geschwinder wieder schreiben, damit du niemals an meinen Nachrichten Mangel hast, denn der Brief, wenn er nur einmal abgeschickt ist, geht doch immer seinen Gang und kommt zur rechten Zeit an, dir zu sagen daß ich immerfort an dich denke. Je mehr ich neue Gegenstände sehe, desto mehr wünsche ich sie dir[296] zu zeigen, du würdest finden daß überall grader Verstand, gute Wirthschaft und Neigung und Beharrlichkeit den Grund von allen Zuständen ausmacht, und du würdest noch einmal so gern mit mir und in dem meinigen leben, wenn du die Art zu seyn so vieler andern Menschen gesehen hättest. Besonders wünschte ich daß du die große Fruchtbarkeit, Feld, Wein- und Gartenbau, die mich bisher immer begleitet haben, hättest mit ansehen können.

Ich bin nun jetzt wieder in einem höhern Lande, wo alles weniger gedeihet, und auf meinem Wege nach der Schweiz werde ich nicht wieder in solche fruchtbare Gegenden kommen als ich verlassen habe, aber bey allem diesem werde ich deiner gedenken und werde dir um so lieber etwas davon sagen, als du auf deiner Reise nach Frankfurt schon einige Idee von dem sonderbaren Wechsel erworben hast, dem Berge und Flächen unterworfen sind, und wie die Höhen, sowohl wegen ihrer rauhern Luft als ihrem so weniger guten Boden nicht zu der Fruchtbarkeit als glücklich gelegne Thäler gelangen können.

Von Menschen habe ich manche kennen lernen, deren Umgang ich auch dir wünschte, und von übrigen angenehmen Zuständen als künstlichen Gärten, Theatern u.s.w. habe ich manches gesehen, wobey du eben wie bey dem Frankfurter Theater dich verwundern würdest, weil du schon eben was bessers wenn gleich nicht so etwas großes und weitläufiges kennst.

[297] Mein einziger Wunsch bleibt immer, daß ich mit dir und dem Kinde, wenn seine Natur ein bischen mehr befestigt ist, und mit Meyern noch einmal eine schöne Reise thun möchte, damit wir uns zusammen auch auf diese Weise des Lebens erfreuen.

Hier bin ich bey Herrn Cotta sehr gut aufgehoben, die Stadt selbst ist abscheulich, allein man darf nur wenige Schritte thun um die schönste Gegend zu sehen. Die Stadt liegt auf einem Bergrücken, zwischen zwey Thälern, und hat um sich herum viel Fruchtbarkeit, wenn diese auch gleich dem untern Lande nachsteht.


Den 12. Sept. 97.

Ich höre durch Herrn Geheimde Rath Voigt daß du in den letzten Tagen des August eine doppelte Sorge und Angst gehabt hast, indem der Kleine krank war und das Feuer die Scheunen vor'm Erfurter Thor verzehrte. Ich kann mir vorstellen wie sehr du in beyden Fällen gelitten hast, und weiß daß du mich in diesen Augenblicken hundertmal zu dir gewünscht hast. Ich höre zu meiner Beruhigung daß der Kleine wieder auf gutem Wege ist, grüße ihn herzlich und halte ihn auf's beste. Herr Eisert mag auch in Absicht auf's Lernen mit ihm nur spielen und die Zeit hinzubringen suchen, damit er bald wieder zu Kräften komme.

Ich sehe der Zeit mit Sehnsucht entgegen, da ich[298] euch wieder antreffe und durch meine Gegenwart vollkommen beruhigen werde.

Lebe recht wohl und schicke deine Briefe an mich mit nachstehender Addresse ohne weitern Einschlag nur unmittelbar ab


Herrn Geheimde Rath von Goethe

bey Herrn Buchhändler Cotta

in

frank.

Tübingen.


Nun muß ich dir zum Schluß auch noch mit eigener Hand sagen: wie sehr ich dich liebe, und wie sehr ich wünsche bald wieder an deiner Seite zu seyn. Behalte mich lieb, wie ich dich, damit wir uns herzlich mit Freuden wieder umarmen können. Küsse den Kleinen tausendmal.

G.


12/3653.


An Friedrich Schiller

[Tübingen, 12. September.]

Ihr Brief vom 30. August, den ich bey meiner Ankunft in Tübingen erhalten, verspricht mir daß ein zweyter bald nachkommen solle, der aber bis jetzt ausgeblieben ist; wenn nur nicht das Übel, von dem Sie mir schreiben, die Ursache von dieser Verspätung ist!

Ich freue mich daß Sie das was ich über den Ibykus geschrieben nutzen mögen, es war die Idee[299] worauf ich eigentlich meine Ausführung bauen wollte, verbunden mit Ihrer übrigen glücklichen Behandlung kann dadurch das Ganze Vollständigkeit und Rundung erlangen. Wenn Sie nur noch für diesen Almanach mit der Glocke zu Stande kommen! denn dieses Gedicht wird eins der vornehmsten und besonderen Zierden desselben seyn.

Seit dem 4. Sept. an dem ich meinen letzten Brief abschickte, ist es mir durchaus recht gut gegangen. Ich blieb in Stuttgard noch 3 Tage, in denen ich noch manche Personen kennen lernte und manches Interessante beobachtete. Als ich bemerken konnte, daß mein Verhältniß zu Rapp und Dannecker im Wachsen war und beyde manchen Grundsatz, an dem mir theoretisch so viel gelegen ist, aufzufassen nicht abgeneigt waren, auch von ihrer Seite sie mir manches Angenehme, Gute und Brauchbare mittheilten, so entschloß ich mich ihnen den Herrmann vorzulesen, das ich denn auch in einem Abend vollbrachte. Ich hatte alle Ursache mich des Effects zu erfreuen, den er hervorbrachte, und es sind uns allen diese Stunden fruchtbar geworden.

Nun bin ich seit dem 7. in Tübingen, dessen Umgebungen ich die ersten Tage, bey schönem Wetter, mit Vergnügen betrachtete und nun eine traurige Regenzeit, durch geselligen Umgang, um ihren Einfluß betrüge. Bey Herrn Cotta habe ich ein heiteres Zimmer, und, zwischen der alten Kirche und dem akademischen[300] Gebäude, einen freundlichen, obgleich schmalen Ausblick in's Neckarthal. Indessen bereite ich mich zur Abreise und meinen nächsten Brief erhalten Sie von Stäfa. Meyer ist sehr wohl und erwartet mich mit Verlangen. Es läßt sich gar nicht berechnen was beyden unsere Zusammenkunst seyn und werden kann.

Je näher ich Herrn Cotta kennen lerne, desto besser gefällt er mir. Für einen Mann von strebender Denkart und unternehmender Handelsweise, hat er so viel mäßiges, sanftes und gefaßtes, so viel Klarheit und Beharrlichkeit, daß er mir eine seltne Erscheinung ist. Ich habe mehrere von den hiesigen Professoren kennen lernen. In ihren Fächern, Denkungsart und Lebensweise sehr schätzbare Männer, die sich alle in ihrer Lage gut zu befinden scheinen, ohne daß sie grade einer bewegten akademischen Circulation nöthig hätten. Die großen Stiftungen scheinen den großen Gebäuden gleich, in die sie eingeschlossen sind, sie stehen wie ruhige Colossen auf sich selbst gegründet und bringen keine lebhafte Thätigkeit hervor, die sie zu ihrer Erhaltung nicht bedürfen.

Sonderbar hat mich hier eine kleine Schrift von Kant überrascht, die Sie gewiß auch kennen werden: Verkündigung des nahen Abschlusses eines Tractats zum ewigen Frieden in der Philosophie. Ein sehr schäzbares Product seiner bekannten Denkart, das so wie alles was von ihm kommt die[301] herrlichsten Stellen enthält; aber auch in Composition und Styl Kantischer als Kantisch. Mir macht es großes Vergnügen daß ihn die vornehmen Philosophen und die Prediger des Vorurtheils so ärgern konnten, daß er sich mit aller Gewalt gegen sie stemmt, indessen thut er doch, wie mir scheint, Schlossern unrecht, daß er ihn einer Unredlichkeit, wenigstens indirect beschuldigen will. Wenn Schlosser fehlt, so ist es wohl darinn daß er seiner innern Überzeugung eine Realität nach außen zuschreibt und kraft seines Charakters und seiner Denkweise zuschreiben muß, und wer ist in Theorie und Praxis ganz frey von dieser Anmaßung. – Zum Schlusse lasse ich Ihnen noch einen kleinen Scherz abschreiben; machen Sie aber noch keinen Gebrauch davon, es folgen auf diese Introduction noch drey Lieder in deutscher, französischer und spanischer Art, die zusammen einen kleinen Roman ausmachen.


Ich muß nicht vergessen zu dem glücklichen Fortschritt des Almanach und zu Ritter Toggenburg zu gratuliren.

G.[302]


12/3654.


An Christiane Vulpius

Morgen d. 16ten gehe ich von hier ab und kann in drey Tagen in Zürch seyn. Von dort schreibe ich dir gleich.

So oft ich von einem Ort weggehe wünsche ich immer mich dir wieder zu nähern, und freue mich schon auf die Zeit wenn es geschehen wird, und noch mehr bey dem Gedancken mit dir einmal eine größere Reise zu machen.

Hier ist mirs bey Herrn Cotta recht gut gegangen, ich wünsche daß du dich mit dem Kleinen wohl befindest und daß das gute Kind sich wieder erhohlt haben mag. Von dir habe ich nun seitdem ich aus Franckfurt bin keine Briefe und hoffe sie sollen mir bald nachkommen.

Lebe wohl und liebe mich wie ich dich.

Tübingen d. 15. Sept. 97.

G.


12/3655.


An Johann Friedrich Cotta

Zürich d. 19. Sept. 97.

In der Erinnerung Ihrer gefälligen Aufnahme und so mannigfaltiger angenehmen und nützlichen Unterhaltung, nicht weniger in dem Genuß Ihrer Vorsorge, die sich auch auf meine Reise erstreckte, bin[303] ich glücklich in Zürich angelangt, nachdem ich einen Tag dem Rheinfall gewidmet hatte, bey dessen wiederholter Beschauung mich morgens und abends das Wetter höchlich begünstigte.

Mit Herrn Kolb bin ich recht wohl zufrieden, er hat die Behaglichkeit und den Leichtsinn eines gebohrnen academischen Pferdephilisters, bessere Qualitäten kann man sich auf der Reise von einem Schwager nicht wünschen. Wenn er Ihnen ein rothes Portefeuille überreicht, so haben Sie die Güte ihm einen großen Thaler zu geben, es ist unterweges bey Schönberg verlohren worden. Glücklicherweise ist es nicht von solcher Bedeutung als das des Herrn von Antraigues, indessen, da es doch meine Reiserechnung enthält, die mir wegen der Erinnerung interessant ist, so habe ich gedachten kleinen Preis auf den Fund gesetzt. Sollten Sie es erhalten, so haben Sie die Güte es bey sich auf zuheben und die Auslage zu dem übrigen zu notiren, wegen dessen ich mich schon als Schuldner bekenne. Nehmen Sie nochmals meinen besten Dank und empfehlen mich Ihrer lieben Gattin, die ich nochmals um Verzeihung bitte daß ich ihren häuslichen Kreis so lange gestöhrt habe. Empfehlen Sie mich auch den übrigen Herren die mich so gefällig aufgenommen. Von Stäfa aus hoffe ich mehr zu sagen. Diesmal nur noch ein Lebewohl.

Goethe.[304]


12/3656.


An Johann Heinrich Bürkli

[Concept.]

Sie verbinden mich vielfach, sehr werthgeschätzter Herr Hauptmann, indem Sie mich mit dem angenehmen Geschenke der lehrreichen Schriften Ihres Freundes überraschen. Nach der ersten Unterhaltung, welcher ich Ihre Bekanntschaft verdanke, setzen Sie Ihre Gefälligkeit auf die verbindlichste Weise fort und statten mich mit einer Sammlung aus, die mir bey meinem Aufenthalte in der Schweiz von ausgebreitetem Nutzen seyn wird. Nehmen Sie dafür meinen lebhaften Dank und bezeigen Herrn Prof. Fäsi gleichfalls meine Erkenntlichkeit. Ich erbitte mir die Erlaubniß, bey meiner Rückkunft nach Zürch, Ihnen beyden aufzuwarten. Der doppelte Zweck eines Reisenden, die Zeit nützlich und angenehm zu verwenden, kann von mir nicht sicherer erreicht werden. Leben Sie indeß recht wohl und erhalten mir ein geneigtes Andenken.

Zürch den 21. Sept. 97.


12/3657.


An Christiane Vulpius

Stäfe am 23. Sept. 1797.

Ich habe nun endlich glücklich diesen Ort erreicht und bin mit Meyern sehr vergnügt und zufrieden bey[305] den Seinigen, in einem sehr reinlichen und artigen Hause, umgeben von einer ganz herrlichen Gegend. Wie mir es seit Tübingen gegangen ist erfährst du in der Beylage. Ich wünsche nichts so sehr als daß ich dir dereinst und dem Kleinen die schönen und herrlichen Gegenstände auch zeigen könnte.

Von dir habe ich seit langer Zeit nichts gehört, wahrscheinlich stocken deine Briefe, weil sie bisher über Frankfurt gegangen sind, irgendwo, desto regelmäßiger wirst du die meinigen empfangen haben.

Durch Herrn Geheimde Rath Voigt habe ich vernommen daß der Kleine krank und auf der Beßrung war, heute schreibt mir Herr Hofrath Schiller daß das Kind wieder völlig hergestellt sey, sein Brief ist vom 7. Sept., ich bin also hierüber beruhigt, da ich vermuthen kann daß das Außenbleiben deiner Briefe nur etwas Zufälliges ist.

Bis jetzt ist es mir sehr wohl gegangen und ich hoffe das gute Glück soll mich auch fernerhin begleiten. Wir gedenken nun nach einigen Tagen eine kleine Fußreise durch einige Gegenden der Schweiz zu machen und ohngefähr in 14 Tagen wieder zurück zu seyn. Ich füge eine Addresse bey wie du künftig deine Briefe nur unmittelbar auf die Post geben kannst.

Wenn alles geht wie sich jetzo vermuthen läßt, so sind wir vielleicht Ende Octobers schon wieder in Frankfurt, worüber du wohl ganz zufrieden seyn wirst. Halte daher alles auf's beste zu recht, es soll dagegen[306] auch, da wir einmal im Lande der Mousline sind, an einem hübschen Kleide von dieser Art nicht fehlen. Das beste wird aber doch seyn daß wir wieder zusammenkommen und einander in Freude und Leib beystehen können.

Nun muß ich dir noch mit eigener Hand einiges hinzufügen und dir sagen: daß ich dich recht herzlich, zärtlich und einzig liebe und daß ich nichts sehnlicher wünsche als daß deine Liebe zu mir sich immer gleich bleiben möge. Mit meinen Reisen wird es künftig nicht viel werden, wenn ich dich nicht mitnehmen kann. Denn jetzt schon möchte ich lieber bey dir zurück seyn, dir im grünen Alcoven eine gute Nacht und einen guten Morgen bieten und mein Frühstück aus deiner Hand empfangen. Auch ist unser Plan gemacht bald zurückzukehren und wonicht Ende Octbr. doch Anfang November in Franckfurt zu seyn. Diese Nachricht wird dich gewiß erfreuen und noch mehr wirst du dich vergnügen wenn du uns wieder bey der guten Mutter weißt, von da aus wir in wenigen Tagen bey dir seyn können. Sage aber niemanden noch davon und laß die Leute im ungewissen ob und wann ich komme. Dencke meiner und mache nicht zu viel Äugelchen, am besten wäre es du machtest gar keine, denn es ist auch mir auf der ganzen Reise noch kein einziges vorgekommen. Dagegen wird nur an dich gedacht und ein schönes Musselin Kleid ist im Handel. Lebe wohl. Küsse den Kleinen den ich wieder recht wohl anzutreffen[307] hoffe. Grüße Ernestinen und die Tante. Behalte mich lieb und bereite alles schönstens zu unserm Empfang.

Unter meine gewönhnliche Adresse setzest du nur: bey Herrn Ott zum Schwerdt in Zürch. und giebst den Brief ohne weiters auf die Post und franckirst biß Schafhausen.

G.


Heute erhalte ich einen Brief von G. R. Voigt vom 11ten der mir schreibt daß Gustel ihn wieder besucht hat und wohl und artig ist. Ich bin dadurch recht getröstet und erfreut ob ich gleich noch keinen Brief von dir habe.

Stäfa d. 26ten Sept. 97.

G.


12/3658.


An Friedrich Schiller

Stäfe am 25. Sept. 1797.

Ihren erfreulichen Brief vom 7. Sept. habe ich vorgestern hier erhalten; da er länger ausblieb als ich hoffte, so mußte ich befürchten daß Ihr Übel sich vermehrt habe, wie ich denn nun auch aus Ihrem Briefe leider erfahre. Möchten Sie doch in Ihrer Stille einer so guten Gesundheit genießen, als ich bey meiner Bewegung! Ein Blatt das beyliegt, sagt Ihnen wie es mir seit Tübingen ergangen ist. Meyer, den ich nun zu unserer wechselseitigen Freude wiedergefunden[308] habe, befindet sich so wohl als jemals und wir haben schon was ehrliches zusammen durchgeschwätzt, er kommt mit trefflichen Kunstschätzen und mit Schätzen einer sehr genauen Beobachtung wieder zurück. Wir wollen nun überlegen in was für Formen wir einen Theil brauchen und zu welchen Absichten wir den andern aufheben wollen.

Nun soll es in einigen Tagen nach dem Vierwaldstädter See gehen. Die großen Naturscenen, die ihn umgeben, muß ich mir, da wir so nahe sind, wieder zum Anschauen bringen, denn die Rubrik dieser ungeheuern Felsen darf mir unter meinen Reise-Capiteln nicht fehlen. Ich habe schon ein paar tüchtige Actenfascikel gesammelt, in die alles, was ich erfahren habe, oder was mir sonst vorgekommen ist, sich eingeschrieben oder eingeheftet befindet, bis jetzt noch der bunteste Stoff von der Welt, aus dem ich auch nicht einmal, wie ich früher hoffte, etwas für die Horen herausheben könnte.

Ich hoffe diese Reisesammlung noch um vieles zu vermehren und kann mich dabey an so mancherley Gegenständen prüfen. Man genießt doch zuletzt, wenn man fühlt, daß man so manches subsummiren kann, die Früchte der großen und anfangs unfruchtbar scheinenden Arbeiten, mit denen man sich in seinem Leben geplagt hat.

Da Italien, durch seine frühern Unruhen, und Frankreich durch seine neusten, den Fremden mehr[309] oder weniger versperrt ist, so werden wir wohl, vom Gipfel der Alpen, wieder zurück dem Falle des Wassers folgen und, den Rhein hinab, uns wieder gegen Norden bewegen, ehe die schlimme Witterung einfällt. Wahrscheinlich werden wir diesen Winter am Fuße des Fuchsthurms vergnügt zusammen wohnen, ja, ich vermuthe sogar, daß Humboldt uns Gesellschaft leisten wird. Die sämmtliche Karavane hat, wie mir sein Brief sagt, den ich in Zürch fand, die Reise nach Italien gleichfalls aufgegeben, sie werden sämmtlich nach der Schweiz kommen. Der jüngere hat die Absicht sich in diesem, für ihn, in mehrern Rücksichten so interessanten Lande umzusehen, und der ältere wird wahrscheinlich eine Reise nach Frankreich, die er projectirt hatte, unter den jetzigen Umständen aufgeben müssen. Sie gehen den 1. October von Wien ab, vielleicht erwarte ich sie noch in diesen Gegenden.

Und nun wende ich mich in Gedanken zu Ihnen und Ihren Arbeiten. Der Almanach hat wirklich ein recht ordentliches Ansehen, nur wird das Publikum den Pfeffer zu den Melonen vermissen. Im allgemeinen wird nichts so sehnlich gewünscht als wieder eine Ladung Xenien und man wird betrübt seyn die Bekanntschaft mit diesen Bösewichtern, auf die man so sehr gescholten hat, nicht erneuern zu können. Ich freue mich daß durch meinen Rath der Anfang Ihres Ibykus eine größere Breite und Ausführung gewinnt; wegen des Schlusses werden Sie denn wohl[310] auch Recht behalten. Der Künstler muß selbst am besten wissen in wie fern er sich fremder Vorschläge bedienen kann. Der Phaeton ist gar nicht übel gemacht und das alte Märchen des ewig unbefriedigten Strebens der edlen Menschheit, nach dem Urquell ihres allerliebsten Daseyns, noch so ganz leidlich aufgestutzt. Den Prometheus hat Meyer nicht auslesen können, welches denn doch ein übles Zeichen ist.

Die Exemplare des Almanachs, die Sie mir bestimmen, haben Sie die Güte mir aufzuheben; denn wahrscheinlich werden Sie der regierenden Herzogin eins in Ihrem eignen Nahmen zusenden. Mich verlangt recht dieses Werkchen beysammen zu sehen.

Aus meinen frühern Briefen werden Sie gesehen haben daß es mir in Stuttgard ganz wohl und behaglich war. Ihrer ist viel und von vielen und immer auf's beste gedacht worden. Für uns beyde, glaub ich, war es ein Vortheil, daß wir später und gebildeter zusammentrafen.

Sagen Sie mir doch in dem nächsten Briefe wie Sie sich auf künftigen Winter einzurichten gedenken? ob Ihr Plan auf den Garten, das Griesbachische Haus, oder Weimar gerichtet ist. Ich wünsche Ihnen die behaglichste Stelle, damit Sie nicht bey Ihren andern Übeln auch noch mit der Wittrung zu kämpfen haben.

Wenn Sie mir nach Empfang dieses Briefes sogleich schreiben, so haben Sie die Güte den Brief[311] unmittelbar nach Zürch, mit dem bloßen Beysatz bey Herrn Rittmeister Ott zum Schwerdt zu addressiren. Ich kann rechnen, daß gegenwärtiges acht Tage läuft, daß eine Antwort ohngefähr eben so lange gehen kann, und ich werde ohngefähr in der Hälfte Octobers von meiner Bergreise in Zürch anlangen.

Für die Nachricht, daß mein Kleiner wieder hergestellt ist, danke ich Ihnen um so mehr als ich keine directe Nachricht schon seit einiger Zeit erhalten habe, und die Briefe aus meinem Hause irgendwo stocken müssen. Diese Sorge allein hat mir manchmal einen trüben Augenblick gemacht, indem sich sonst alles gut und glücklich schickte. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und erfreuen Sie sich der letzten schönen Herbsttage mit den Ihrigen, indeß ich meine Wanderung in die hohen Gebürge anstelle. Meine Correspondenz wird nun eine kleine Pause machen, bis ich wieder hier angelangt bin.

G.


Bald hätte ich vergessen Ihnen zu sagen daß der Vers: es wallet und siedet und brauset und zischt pp. sich bey dem Rheinfall trefflich legitimirt hat, es war mir sehr merkwürdig wie er die Hauptmomente der ungeheuern Erscheinung in sich begreift. Ich habe auf der Stelle das Phänomen in seinen Theilen und im ganzen wie es sich darstellt zu fassen[312] gesucht und die Betrachtungen, die man dabey macht, sowie die Ideen die es erregt abgesondert bemerkt. Sie werden dereinst sehen, wie sich jene wenigen dichterischen Zeilen gleichsam wie ein Faden durch dieses Labyrinth durchschlingen.

So eben erhalte ich die Bogen I. K. des Almanachs durch Cotta und hoffe nun auf meiner Rückkunft aus den Bergen und Seen wieder Briefe von Ihnen zu finden. Leben Sie recht wohl. Meyer wird selbst ein paar Worte schreiben. Ich habe die größte Freude daß er so wohl und heiter ist, möge ich doch auch dasselbe von Ihnen erfahren!

Herrliche Stoffe zu Idyllen und Elegien, und wie die verwandten Dichtarten alle heißen mögen, habe ich schon wieder aufgefunden, auch einiges schon wirklich gemacht, so wie ich überhaupt noch niemals mit solcher Bequemlichkeit die fremden Gegenstände aufgefaßt und zugleich wieder etwas producirt habe. Leben Sie recht wohl und lassen Sie uns theoretisch und praktisch immer so fortfahren.


Stäfe den 26. Sept. gegen Abend.

Ich hatte meinen Brief eben mit einem kleinen Nachtrag geschlossen, als Graf Burgstall uns besuchte, der mit seiner jungen Frauen, einer Schottländerinn, die er nicht lange geheirathet hat, aus England über Frankreich und die Schweiz nach Hause zurückkehrt. Er läßt Ihnen das schönste und beste[313] sagen und nimmt einen recht wahren Antheil an dem was sie sind und thun. Mir hat sein Besuch viel Freude gemacht, da seine frühere Tendenz zur neuern Philosophie, sein Verhältniß zu Kant und Reinhold, seine Neigung zu Ihnen, auch seine frühere Bekannschaft mit mir, gleich eine breite Unterhaltung eröffneten. Er brachte sehr artige Späße aus England und Frankreich mit, war gerade den 18. Fructidor in Paris gewesen und hatte also manche ernste und komische Scene mit erlebt. Er grüßt Sie auf's allerbeste und ich will nur schließen, damit die Briefe mit dem Schiffer, der unsern Postboten macht, noch fortkommen. Haben Sie etwa Gelegenheit Wielanden von Graf Burgstall zu grüßen so thun Sie es doch.

G.


[Beilage.]


Kurze Nachricht von meiner Reisevon Tübingen nach Stäfe.

Den 16. Sept. fuhr ich von Tübingen, über Hechingen, Balingen und Wellendingen nach Tuttlingen. Die Tagreise ist groß, ich machte sie von 4 Uhr des Morgens bis halb neun Uhr des Abends. Anfangs giebt es noch für's Auge angenehme Gegenden, zuletzt aber, wenn man immer höher in der Neckarregion hinaufsteigt, wird das Land kahler und weniger fruchtbar, erst in der Nacht kam ich in das Thal oder die Schlucht, die zur Donau hinunterführt, der Tag war trüb, doch zum Reisen sehr angenehm.

[314] Den 17. von Tuttlingen auf Schafhausen. Bey dem schönsten Wetter, fast durchgängig, die interessanteste Gegend. Ich fuhr von Tuttlingen um 7 Uhr, bey starkem Nebel aus, aber auf der Höhe fanden wir bald den reinsten Himmel, und der Nebel lag horizontal im ganzen Donauthal. Indem man die Höhe befährt, welche die Rhein- und Donau-Region trennt, hat man eine bedeutende Aussicht, sowohl rück- als seitwärts, indem man das Donauthal bis Doneschingen und weiter überschaut. Besonders aber ist vorwärts der Anblick herrlich, man sieht den Bodensee und die Graubündner Gebürge in der Ferne, näher Hohentwiel und einige andere charakteristische Basaltfelsen. Man fährt durch waldige Hügel und Thäler bis Engen, von wo sich südwärts eine schöne und fruchtbare Fläche öffnet, darauf kommt man Hohentwiel und die andern Berge, die man erst von Ferne sah, vorbey und gelangt endlich in das wohlgebaute und reinliche Schweizerland. Vor Schafhausen wird alles zum Garten. Ich kam Abends bey schönem Sonnenschein daselbst an.

Den 18. widmete ich ganz dem Rheinfall, fuhr früh nach Laufen und stieg von dort hinunter, um sogleich der ungeheuern Überraschung zu genießen. Ich beobachtete die gewaltsame Erscheinung, indeß die Gipfel der Berge und Hügel vom Nebel bedeckt waren, mit dem der Staub und Dampf des Falles sich vermischte. Die Sonne kam hervor und verherrlichte das[315] Schauspiel, zeigte einen Theil des Regenbogens und ließ mich das ganze Naturphänomen in seinem vollen Glanze sehen. Ich setzte nach dem Schlößchen Wörth hinüber und betrachtete nun das ganze Bild von vorn und von weitem, dann kehrte ich zurück und fuhr von Laufen nach der Stadt. Abends fuhr ich an dem rechten Ufer wieder hinaus und genoß von allen Seiten, bey untergehender Sonne, diese herrliche Erscheinung noch einmal.

Den 19. fuhr ich, bey sehr schönem Wetter, über Eglisau nach Zürch, die große Kette der Schweizergebürge immer vor mir, durch eine angenehme, abwechselnde und mit Sorgfalt cultivirte Gegend.

Den 20. einen sehr heitern Vormittag brachte ich auf den Zürcher Spaziergängen zu. Nachmittags veränderte sich das Wetter, Professor Meyer kam, und, weil es regnete und stürmte, blieben wir die Nacht in Zürch.

Den 21. fuhren wir zu Schiffe, bey heiterm Wetter, den See hinaufwärts, wurden von Herrn Escher zu Mittag, auf seinem Gute bey Herrliberg, am See, sehr freundlich, bewirthet, und gelangten Abends nach Stäfe.

Den 22., einen trüben Tag, brachten wir mit Betrachtung der von Herrn Meyer verfertigten und angeschafften Kunstwerke zu, so wie wir nicht unterließen uns unsere Beobachtungen und Erfahrungen auf's neue mitzutheilen. Abends machten wir noch[316] einen großen Spaziergang den Ort hinaufwärts, welcher von der schönsten und höchsten Cultur einen reizenden und idealen Begriff giebt. Die Gebäude stehen weit auseinander, Weinberge, Felder, Gärten, Obstanlagen breiten sich zwischen ihnen aus und so erstreckt sich der Ort wohl eine Stunde am See hin, und eine halbe bis nach dem Hügel ostwärts, dessen ganze Seite die Cultur auch schon erobert hat. Nun bereiten wir uns zu einer kleinen Reise vor, die wir nach Einsiedel, Schwytz und die Gegenden um den Vierwaldstädter See vorzunehmen gedenken.


12/3659.


An Christian Gottlob Voigt

Stäfa den 26. Sept. 1797.

Sie erhalten hierbey, werthester Freund, eine kurze Nachricht wie es mir seit Tübingen ergangen, welche ich Serenissimo mitzutheilen und mich auf das beste dabey zu empfehlen bitte.

Etwa übermorgen denke ich mit Prof. Meyer eine kleine Gebirgsreise anzutreten. Man kann sich nicht verwehren, wenn man so nahe ist, sich auch wieder unter diese ungeheuern Naturphänomene zu begeben. Die mineralogische und geognostische Liebhaberey ist auch erleichtert, seitdem so manche Schweizer sich mit diesem Studio abgegeben und durch ihre Reisen, die sie so leicht wiederholen können, den Fremden den[317] Vortheil verschafft haben sich leichter zu orientiren. Die Aufsätze eines Herrn Escher von Zürch haben mir eine geschwinde Übersicht gegeben dessen was ich auf meiner kleinen vorgenommenen Tour zu erwarten habe. Das neuste in diesem Fach ist ein biegsamer Stein, nach der Beschreibung jenem Danzischen ähnlich, wovon ich etwas mitzubringen hoffe.

Die öffentlichen Angelegenheiten sehen in diesem Lande wunderlich aus. Da ein Theil der ganzen Masse schon völlig demokratisch regiert wird, so haben die Unterthanen der mehr oder weniger aristokratischen Cantone, an ihren Nachbarn, schon ein Beyspiel dessen was jetzt der allgemeine Wunsch des Volks ist; an vielen Orten herrscht Unzufriedenheit, die sich hie und da in kleinen Unruhen zeigt. Über alles dies kommt in dem gegenwärtigen Augenblicke noch eine Sorge und Furcht vor den Franzosen. Man will behaupten, daß mehrere Schweizer bey der letzten Unternehmung gegen die Republik Partei gemacht und sich mit in der sogenannten Verschwörung befunden haben, und man erwartet nunmehr daß die Franzosen sich deshalb an die Einzelnen, vielleicht gar an's Ganze halten möchten. Die Lage ist äußerst gefährlich und es übersieht niemand was draus entstehen kann.

Bey diesen selbst für die ruhige Schweiz so wunderbaren Aussichten werde ich um desto eher meinen Rückweg baldmöglichst antreten um, geschwinder als ich hergegangen bin, wieder in jene Gegenden zurückzukehren,[318] wo ich mir eine ruhigere Zeit unter geprüften Freunden versprechen kann.

Wie mir Schiller schreibt so ist mein Kleiner wieder auf recht guten Wegen, directe Nachricht habe ich nicht erhalten, die Briefe aus meinem Hause müssen irgendwo stocken.

Wenn Sie mir nach Empfang dieses Briefes so gleich schreiben, so haben Sie die Güte den Brief unmittelbar nach Zürch, mit dem bloßen Beysatz bey Herrn Rittmeister Ott zum Schwerdt zu addressiren. Ich kann rechnen, daß gegenwärtiges acht Tage läuft, daß eine Antwort ohngefähr eben so lange gehen kann, und ich werde ohngefähr in der Hälfte Octobers von meiner Bergreise in Zürch anlangen.

Leben Sie recht wohl, mit den Ihrigen. Wenn ich im Geiste nach Weimar zurückkehre, so ist einer meiner gewöhnlichsten Wege Sie in Ihrer Wohnung aufzusuchen. Nochmals ein Lebewohl.

G.


So eben erhalte ich Ihr werthes Schreiben vom 11. Sept. und werde Ihnen dadurch abermals so wie in der Gegenwart als auch in der Abwesenheit unendlich viel schuldig. Daß ich den Kleinen wieder gesund und froh bey Ihnen denken kann, wie Sie die Güte haben seine Reiseerinnerungen rege zu machen und ihm so zu einer weitern Ausbildung zu verhelfen, ist mir unschätzbar, und diese Vorstellung wird mich auf meiner kleinen Reise in die rauhen Gebirge begleiten.

Schon in Frankfurt schrieb ich auf einen erhaltenen Brief von Böckmann, ein Blatt, wodurch ich Sie bat das bewußte Kästchen der Überbringerinn,[319] welches Fräulein Staff seyn würde, zu übergeben und wodurch ich zugleich jenen bey mir zu Hause aufgehobnen Ar chivschein amortisire, und vergaß so oft ich an Sie schrieb davon den schuldigen Avis zu geben. Ich danke daß Sie mir ein Wort davon sagen. Wahrscheinlich ist dieses Depositum nun schon in Carlsruhe glücklich angelangt. Serenissimo bezeigen Sie mein Beyleid und zugleich meinen Glückwunsch daß der Unfall noch in Grenzen geblieben. Viel Glück zu allen Unternehmungen und Geduld mit dem Bergbau als dem ungezogensten Kinde in der Geschäftsfamilie.


Nachschrift.

Graf Burgstall, dessen Sie sich vielleicht und seiner Verhältnisse zu Reinhold und Wieland erinnern, hat mich heute hier unvermuthet besucht, er geht aus England durch Frankreich über die Schweiz nach Wien. Haben Sie Gelegenheit Wielanden von ihm auf's beste zu grüßen, so thun Sie es ja, er gedenkt unseres lieben alten Herrn und Freundes mit warmer Neigung.


12/3660.


An Johann Friedrich Cotta

Stäfe am 27. Sept. 1797.

Für die mir übersendeten verschiedenen Briefe und Pakete danke ich recht sehr. Die schnelle Spedition[320] hat mich über einiges beruhigt worüber ich in Sorge war. Haben Sie die Güte, was weiter an Sie gelangt auf eben die Weise an mich abgehen zu lassen. Ich denke die ersten Tage des Octobers in den tiefern Gebirgen zuzubringen, da ich so nahe bin konnte ich der Versuchung nicht widerstehen meine alten Freunde wiederzusehen, die in früherer Zeit so viel Gewalt über mich ausgeübt haben.

Wenn Sie Herrn Rapp gelegentlich schreiben, so ersuchen Sie ihn daß er die Gefälligkeit habe die einundzwanzig oder zweyundzwanzig neue Louisd'or, für das von Herrn Professor Dannecker vielleicht für mich zu erhandelnde bewußte Bild, gefällig auszulegen. Die Nachricht wie es damit ergangen trifft mich bis Hälfte October unter meiner Addresse mit dem Zusatz: Bey Herrn Ott im Schwerdt in Zürch, wohin ich Sie auch die an mich später einlaufenden Briefe zu addressiren bitte.

Leben Sie recht wohl! wie sehr wünschte ich daß bey meiner Rückkehr die Jahrszeit mir erlaubte wieder bey Ihnen einzusprechen. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Gattin bestens und senden mir sowohl Ihren als den Viewegischen Almanach, wenn er zu gedachter Zeit in Zürch eintreffen kann, unter oben bemerkter Addresse.

Goethe.[321]


12/3661.


An Barbara Schultheß

[Concept.]

[Stäfa, 27. September.]

Du hast wohl recht: es kann niemand wissen wie eigentlich dem andern zu Muthe sey, wenn aber gleich, und dafür sey der bildenden Natur gedankt, kein Fensterchen unsere Brust wider unsern Willen durchsichtig macht, so sind doch die Worte dem Menschen gegeben, daß er, wenn er vertraut, zu seiner eignen Zufriedenheit und mit Genuß sich offenbaren kann. Wir waren zu karg, ein paar hundert Worte mehr hätten uns beyden drey Wochen Unbehaglichkeit erspart, da sie uns eben so lange Zeit ein entschiedenes Vergnügen hätten verschaffen können. Alles ist mir bisher über meine Wünsche geglückt, außer das, was ich so lebhaft wünschte: mich mit die gleich, und unmittelbar auf dem alten Flecke wieder zu finden. Vor der Hälfte Octobers werde ich kaum, nach Zürch zurück kommen und erwarte manche gute und besondere Stunde von meiner Bergreise. Meyern habe ich gefunden wie einen Steuermann, der aus Ophyr zurückkehrt, es ist eine herrliche Empfindung, mit einer so bedeutenden Natur nach einerley Schätzen zu streben und sie nach einerley Sinn zu bewahren und zu verarbeiten. Hätte ich doch auch, meine Liebe, die Überzeugung mitnehmen können daß wir uns beyde noch in demselben Fall befinden. Prüfe du diese[322] Zweifel indessen an meiner letzten Arbeit, wovon ich dir die erste Hälfte überschickte, ich habe da hinein, wie immer, den ganzen laufenden Ertrag meines Daseyns verwendet. Sollte dieses Gedicht ein Mittler zwischen uns werden, so würde mich seine Existenz um so mehr freuen. Lebe wohl und sey, bey Regen und Sonnenschein, in den nächsten Wochen meiner eingedenk, der mich entweder in den Hütten festhalten oder auf den Bergen erfreuen wird.[323]


12/3661a.


An Johann Escher

Nachdem wir unsere Fuß und Wasserreise durch die Cantone Schweiz, Uri Unterwalden und Zug in einer Dekade, bey dem günstigen Wetter, glücklich[76] vollendet, so halten wir für Pflicht unsere Rückkunft Ew. Wohlgeb. ergebenst anzuzeigen. Wir nehmen uns zugleich die Freyheit einen Waldvogel zu übersenden, der uns auf unserem Streifzuge in die Hände fiel. De Birnen von Unterwalden sind eigentlich nur wegen einer Pomologischen Frage beygefügt. Ich wünschte nämlich zu wissen: ob diese Obstsorte auch am Zürcher See so fleischicht und aufgetrieben wächst? oder ob diese Eigenschaft sich von dem feuchten Boden und Clima von Stanz herschreibt? Sie erlauben, daß wir bald selbst aufwarten und die Antwort hierüber mündlich vernehmen.

Herr Prof. Meyer empfiehlt sich Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin aufs beste, so wie ich, der ich mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne.

Ew. Wohlgeb.


12/3661b.


An Barbara Schultheß

Unsere zehentägige Reise durch die Cantone Schweiz, Uri, Unterwalden und Zug ist nun glücklich vollendet. Wir haben das günstigste Wetter gehabt. Deinen Gruß an den Abt von Engelberg konnt ich nicht ausrichten; da wir nach Stanz kamen, war unsere Uhr eben im Begriff abzulaufen; auch hatten wir des Pfaffenanblicks zu Einsiedeln und des Felsanschauens auf dem Gotthardt für diesmal genug. Nach Wadyswyl will ich keine Zusammenkunft rathen.

[77] Wir denken nun nicht länger hier zu bleiben, als nöthig ist unsern Kunst und Naturkram einzupacken; dann kommen wir auf einige Tage in die Stadt, ehe wir wieder in unser Land ziehen. Ich hoffe, daß uns eine gute Stunde zusammen führen soll; denn ich will nur gestehen, daß ich auch wegen deiner letzten Äußerung nicht ganz deiner Meynung bin. Bey meinem Alter und meiner Sinnesart kenne ich nur Worte und That, wodurch der Mensch sich dem Menschen offenbaren kann. Das sogenannte beredte Schweigen habe ich schon lange der lieben und verliebten Jugend anheim gestellt.[78]


12/3662.


An Christiane Vulpius

Stäfe am 13. Octobr. 1797.

Ich will die heutige Post nicht versäumen dir zu sagen, daß wir von unserer Berg und Seereise glücklich zurückgekommen sind. Wir haben 11 Tage dazu gebraucht und manchen sauern Stieg zurückgelegt aber auch manche angenehme Stunde gehabt, nun wird eingepackt und alles in Ordnung gebracht um unsere Reise über Zürch und Basel zurück nach Frankfurt anzutreten. Du schreibst mir nun auf diesen Brief nicht weiter bis du vernimmst wo mich deine Briefe sicher treffen können. Ich habe dir seit Frankfurt oft geschrieben und will ein Verzeichniß meiner Briefe hierhinten anschreiben lassen. Aber ich begreife nicht wie es zugeht daß ich seit Frankfurt keinen Brief von dir erhalten habe? von Schillern habe ich alle acht[323] Tage Briefe, durch Cotta, und meiner Mutter habe ich doch auch die Addresse an Cotta gelassen und sie gebeten mir alles dahin nachzuschicken. Ich bin zwar nicht unruhig darüber, denn es wird sich wohl aufklären, aber ich hätte doch gewünscht unter der Zeit etwas unmittelbar von dir zu hören und zu sehen. Beunruhige dich auch nicht darüber, denn es hilft doch nicht, besonders da ich bald von hier weggehe. Ich bin recht wohl und vergnügt und Meyer ist's auch, wir wünschen beyde bald bey dir zu seyn. Wir sind jetzt daran verschiednes von Mouslin zu kaufen, können aber nicht recht einig werden, ich wollte du wärest selbst da, daß du dir was aussuchen könntest, ich denke aber wir wollen nicht das Unrechte wählen.

Es ist jetzt Weinlese hier und ich wollte wohl daß du mit dem Kleinen auch daran Theil nehmen könntest. Bis vor einigen Tagen haben wir sehr schön Wetter gehabt und die Lage des Ortes ist gar anmuthig. Laß dem Herrn Geheimde Rath Voigt durch den Kleinen eine Empfehlung sagen daß ich von der Bergreise zurück bin und nächstens schreiben werde.

Grüße und küsse mir das liebe Kind, auch alles im Hause grüße. Behalte mich lieb, ich dencke immer an dich und wünsche dich zu mir. In acht Tagen hörst du weiter unsern Entschluß und wie es mit unserer Reise werden kann. Adieu mein gutes liebes Kind.

G.[324]


Ich habe auch ein Paar Docken vom schönsten Hanf eingepackt, damit die Spinnerinnen auch dieses Material kennen lernen.


12/3663.


An Friedrich Schiller

Stäfe am 14. Octobr. 1797.

An einem sehr regnichten Morgen bleibe ich, werther Freund, in meinem Bette liegen, um mich mit Ihnen zu unterhalten und Ihnen Nachricht von unserm Zustande zu geben, damit Sie, wie bisher, uns mit Ihrem Geiste begleiten, und uns von Zeit zu Zeit mit Ihren Briefen erfreuen mögen.

Kaum hatte ich mich in Zürch mit dem guten Meyer zusammen gefunden, kaum waren wir zusammen hier angelangt, kaum hatte ich mich an seinen mitgebrachten Arbeiten, an der angenehmen Gegend und ihrer Cultur erfreut, als die nahen Gebirge mir eine gewisse Unruhe gaben, und das schöne Wetter den Wunsch unterhielt mich ihnen zu nähern, ja sie zu besteigen. Der Instinct, der mich dazu trieb, war sehr zusammengesetzt und undeutlich, ich erinnerte mich des Effects den diese Gegenstände vor zwanzig Jahren auf mich gemacht, der Eindruck war im ganzen geblieben, die Theile waren verloschen und ich fühlte ein wundersames Verlangen jene Erfahrungen zu wiederholen und zu rectificiren. Ich war ein[325] anderer Mensch geworden und also mußten mir die Gegen stände auch anders erscheinen. Meyers Wohlbefinden und die Überzeugung, daß kleine gemeinschaftliche Abentheuer, so wie sie neue Bekanntschaften schneller knüpfen, auch den alten günstig sind, wenn sie nach einigem Zwischenraum wieder erneut werden sollen, entschieden uns völlig, und wir reisten mit dem besten Wetter ab, das uns auch auf das vortheilhafteste 11 Tage begleitete. In der Beylage bezeichne ich wenigstens den Weg den wir gemacht haben, ein vollständiges, obgleich aphoristisches Tagebuch theile ich in der Folge mit, indessen wird Ihre liebe Frau, die einen Theil der Gegenden kennt, vielleicht eins und das andere aus der Erinnerung hinzufügen.

Bey unserer Zurückkunft fand ich Ihre beyden lieben Briefe, mit den Beylagen, die sich unmittelbar an die Unterhaltung anschlossen, welche wir auf dem Wege sehr eifrig geführt hatten, indem die Materie von den vorzustellenden Gegenständen, von der Behandlung derselben durch die verschiedenen Künste oft von uns, in ruhigen Stunden, vorgenommen worden. Vielleicht zeigt Ihnen eine kleine Abhandlung bald, daß wir völlig Ihrer Meynung sind, am meisten aber wird mich's freuen, wenn Sie Meyers Beschreibungen und Beurtheilungen so vieler Kunstwerke hören und lesen. Man erfährt wieder bey dieser Gelegenheit daß eine vollständige Erfahrung die Theorie in sich enthalten muß. Um desto sichrer sind wir[326] daß wir uns in einer Mitte begegnen, da wir von so vielen Seiten auf die Sache losgehen.

Wenn ich Ihnen nun von meinem Zustande sprechen soll, so kann ich sagen daß ich bisher mit meiner Reise alle Ursache habe zufrieden zu seyn. Bey der Leichtigkeit die Gegenstände aufzunehmen, bin ich reich geworden ohne beladen zu seyn, der Stoff incommodirt mich nicht, weil ich ihn gleich zu ordnen oder zu verarbeiten weiß, und ich fühle mehr Freyheit als jemals, mannigfaltige Formen zu wählen um das Berarbeitete für mich oder andere darzustellen. Von den unfruchtbaren Gipfeln des Gotthardts bis zu den herrlichen Kunstwerken, welche Meyer mitgebracht hat, führt uns ein labyrinthischer Spazierweg durch eine verwickelte Reihe von interessanten Gegenständen, welche dieses sonderbare Land enthält. Sich durch's unmittelbare Anschauen die naturhistorischen, geographischen, ökonomischen und politischen Verhältnisse zu vergegenwärtigen, und sich dann durch eine alte Chronik die vergangnen Zeiten näher zu bringen, auch sonst manchen Aufsatz der arbeitsamen Schweizer zu nutzen, giebt, besonders bey der Umschriebenheit der helvetischen Existenz, eine sehr angenehme Unterhaltung, und die Übersicht sowohl des Ganzen als die Einsicht in's Einzelne wird besonders dadurch sehr beschleunigt daß Meyer hier zu Hause ist, mit seinem richtigen und scharfen Blick schon so lange die Verhältnisse kennt und sie in einem treuen[327] Gedächtnisse bewahrt. So haben wir in kurzer Zeit mehr zusammengebracht als ich mir vorstellen konnte, und es ist nur Schade, daß wir um einen Monat dem Winter zu nahe sind; noch eine Tour von 4 Wochen müßte uns mit diesem sonderbaren Lande sehr weit bekannt machen.

Was werden Sie nun aber sagen wenn ich Ihnen vertraue daß, zwischen allen diesen prosaischen Stoffen, sich auch ein poetischer hervorgethan hat, der mir viel Zutrauen einflößt. Ich bin fast überzeugt, daß die Fabel vom Tell sich werde episch behandeln lassen, und es würde dabey, wenn es mir, wie ich vorhabe, gelingt, der sonderbare Fall eintreten, daß das Märchen durch die Poesie erst zu seiner vollkommenen Wahrheit gelangte, anstatt daß man sonst um etwas zu leisten die Geschichte zur Fabel machen muß. Doch darüber künftig mehr. Das beschränkte höchst bedeutende Local, worauf die Begebenheit spielt, habe ich mir wieder recht genau vergegenwärtigt, so wie ich die Charaktere, Sitten und Gebräuche der Menschen in diesen Gegenden, so gut als in der kurzen Zeit möglich, beobachtet habe, und es kommt nun auf gut Glück an ob aus diesem Unternehmen etwas werden kann.

Nun aber entsteht eine Frage, die uns doch von Zeit zu Zeit zweifelhaft ist: wo wir uns hinwenden sollen? um sowohl Meyers Collectaneen als meinen eignen alten und neuen Vorrath auf's bequemste und[328] baldigste zu verarbeiten. Leider sind hier am Orte die Quartiere nicht auf den Winter eingerichtet, sonst leugne ich nicht daß ich recht geneigt gewesen wäre hier zu bleiben, da uns denn die völlige Einsamkeit nicht wenig gefördert haben würde. Dazu kommt daß es der geschickteste Platz gewesen wäre um abzuwarten, ob Italien oder Frankreich auf's künftige Frühjahr den Reisenden wieder anlockt oder einläßt. In Zürch selbst kann ich mir keine Existenz denken und wir werden uns wohl nunmehr sachte wieder nach Frankfurt begeben.

Überhaupt aber bin ich auf einer Idee zu deren Ausführung mir nur noch ein wenig Gewohnheit mangelt. Es würde nämlich nicht schwer werden sich so einzurichten, daß man auf der Reise selbst mit Sammlung und Zufriedenheit arbeiten könnte, denn wenn sie zu gewissen Zeiten zerstreut, so führt sie uns zu andern desto schneller auf uns selbst zurück, der Mangel an äußern Verhältnissen und Verbindungen, ja die lange Weile, ist demjenigen günstig der manches zu verarbeiten hat. Die Reise gleicht einem Spiel, es ist immer Gewinn und Verlust dabey, und meist von der unerwarteten Seite, man empfängt mehr oder weniger als man hofft, man kann ungestraft eine Weile hinschlendern, und dann ist man wiederge nöthigt sich einen Augenblick zusammenzunehmen. Für Naturen wie die meine, die sich gerne festsetzen und die Dinge festhalten, ist eine[329] Reise unschätzbar, sie belebt, berichtigt, belehrt und bildet.

Ich bin auch jetzt überzeugt daß man recht gut nach Italien gehen könnte, denn alles setzt sich in der Welt nach einem Erdbeben, Brand und Überschwemmung so geschwind als möglich in seine alte Lage, und ich würde persönlich die Reise ohne Bedenken unternehmen, wenn mich nicht andere Betrachtungen abhielten. Vielleicht sehen wir uns also sehr bald wieder, und die Hoffnung mit Ihnen das erbeutete zu theilen und zu einer immer größern theoretischen und praktischen Vereinigung zu gelangen, ist eine der schönsten, die mich nach Hause lockt. Wir wollen sehen was mir noch alles unterweges mitnehmen können. So hat Basel wegen der Nähe von Frankreich einen besondern Reiz für mich, auch sind schöne Kunstwerke, sowohl ältere als ausgewanderte, daselbst befindlich.

Den Schluß des Almanachs hoffe ich noch in Zürch zu erhalten, Cotta ist in seinen Expeditionen sehr regelmäßig.

Den Ibykus finde ich sehr gut gerathen und beym Schlusse wüßte ich nun auch nichts mehr zu erinnern. Es verlangt mich nun sehr, das Ganze zu übersehen. Da meine artige Müllerinn eine gute Aufnahme gefunden, so schicke ich noch ein Lied das wir ihren Reizen verdanken. es wird recht gut seyn wenn der nächste Almanach reich an Liedern wird, und die Glocke muß nur um desto besser klingen als das Erz[330] länger in Fluß erhalten und von allen Schlacken gereinigt ist.

G.


Stäfe am 17. Octobr. 1797.

Noch habe ich nicht Zeit noch Stimmung finden können aus meinem größern Tagebuch einen Auszug zu machen, um Sie von unserer Bergreise näher zu unterrichten, ich sage also hier nur noch kürzlich: daß wir von Richterswyl auf Einsiedlen und von da auf Schwyz und Brunnen gingen, von da fuhren wir auf dem See bis Flüelen, gingen von da nach Altorf und bestiegen den Gotthart und kamen wieder zurück. In Flüelen setzten wir uns abermals ein und fuhren bis Beckenrieth, im Kanton Unterwalden, gingen zu Fuß auf Stanz und Stanz-Stade, von da schifften wir über auf Küßnacht, gingen auf Immisee, schifften auf Zug, wanderten auf Horgen und schifften wieder nach Stäfe herüber.

Auf dieser kurzen Reise haben wir die mannigfaltigsten Gegenstände gesehen und die verschiedensten Jahrszeiten angetroffen, wovon künftig ein mehreres.

Über die berühmte Materie der Gegenstände der bildenden Kunst ist ein kleiner Aufsatz schematisirt und einigermaßen ausgeführt, Sie werden die Stellen Ihres Briefes als Noten dabey finden. Wir sind jetzt an den Motiven als dem zweyten nach dem gegebenen Sujet, denn nur durch Motive kommt es[331] zur innern Organisation, alsdann werden wir zur Anordnung übergehen, und so weiter fortfahren. Wir werden uns blos an der bildenden Kunst halten und sind neugierig, wie sie mit der Poesie, die wir Ihnen hiermit nochmals bestens empfohlen haben wollen, zusammen treffen wird.

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie die Nächsten. Wenn Sie mir auf diesen Brief ein Wort sagen mögen, so schicken Sie es nur an Cotta. Seit gestern klingen die Nachrichten vom Rhein sehr kriegerisch und am Ende werden wir uns hinten herum durch Schwaben und Franken nach Hause schleichen müssen. Nochmals das beste Lebewohl.

Meyer grüßt schönstens. So eben kommt die Aldobrandinische Hochzeit, die wir lange von Rom erwarten, über Triest, Villach und Constanz an. Nun sind alle unsre Schätze beysammen und wir können nun, auch von dieser Seite beruhigt und erfreut, unsern Weg antreten.

G.


12/3664.


An den Herzog Carl August

[Stäfa, 17. October.]

Kaum sind wir aus der unglaublichen Ruhe, in welcher die kleinen Cantone hinter ihren Felsen versenckt liegen, zurückgekehrt, als uns vom Rhein und aus Italien her das Kriegsgeschrey nach und entgegenschallt.[332] Biß dieser Brief Sie erreicht wird manches entschieden seyn; ich spreche nur ein Wort vom gegenwärtig nächsten. Die Franzosen haben an Bern einen Botschafter geschickt, mit dem Begehren man solle den Englischen Gesandten sogleich aus dem Lande weisen. Sie geben zur Ursache an: »Man sehe nicht ein was er gegenwärtig in der Schweiz zu thun habe, als der Republick innere und äussere Feinde zu machen und aufzureizen.« Die Berner haben geantwortet: Es hange nicht von ihnen ab, indem der Gesandte an die sämtlichen Cantone accreditirt sey. Der französche Abgeordnete ist deßhalb nach Zürch gekommen. Das weitere steht zu erwarten. Mir will es scheinen als suchten die Franzosen Händel mit den Schweizern, die überbliebnen im Directorio sind ihre Freunde nicht, in Barthelemy ist ihr Schutzpatron verbannt. Ein verständiger Mann, der von Paris kommt und die letzten Scenen mit erlebt hat, behauptet daß es nicht sowohl der royalistischen als der friedliebenden Parthey gegolten habe.

Unsre eilftätige Reise, auf der wir die Cantone Schweiz, Uri, Unterwalden und Zug durchstrichen, ist sehr vom Wetter begünstigt worden. Der Pater Lorenz ist noch so munter als wir ihn vor soviel Jahren kannten. Tausendmal, ja beständig habe ich mich der Zeit erinnert da wir diesen Weg zusammen machten. Ich habe viel Freude gehabt diese Gegenstände wieder zu sehen und mich in mehr als Einem[333] Sinne an ihnen zu prüfen, meine mehrere Kenntniß der Mineralogie war ein sehr angenehmes Hülfsmittel der Unterhaltung. Die Cultur dieser Gegenden, die Benutzung der Produckte ist ein sehr einfacher aber faßlicher und angenehmer Anblick. Es war eben die Zeit des Bellenzer Marcktes und die Straße des Gottharts war mit Zügen sehr schönen Viehes belebt. Es mögen diesmal wohl an 4000 Stück, deren jedes hier im Lande 10 bis 15 Louisd. gilt hinübergetrieben worden seyn. Die Kosten des Transports aufs Stück mögen ungefähr 5 Laubth. seyn, geht es gut so gewinnt man aufs Stück zwey Louisd. gegen den Einkaufs Preis und also die Kosten abgezogen 3 Laubth. Man dencke welche ungeheure Summe also in diesen Tagen ins Land kommt. Eben so hat der Wein auch großen Zug nach Schwaben und die Käse sind sehr gesucht, so daß ein undenckliches Geld einfließt und alles äusserst theuer wird.

Ich lege eine kleine Schilderung, eine Aussicht von meinem Balkon, bey. Die Cultur ist um den Zürcher See wirklich auf dem höchsten Punckt und der Augenblick der Weinlese macht alles sehr lebhaft.

Meyer empfielt sich zu Gnaden, er ist fleißig mit dem Pinsel und der Feder gewesen. Der letzte Kasten von Rom, der die Aldobrandinische Hochzeit enthielt, ist eben angekommen, wir waren seit einiger Zeit wegen desselben in Sorgen. In einigen Tagen gedencken wir nach Zürch zu gehen und erwarten was[334] uns die Kriegs oder Friedens Göttinn für einen Weg nach Hause zeigen wird, wo wir Sie gesund und vergnügt anzutreffen hoffen. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlinn zu Gnaden und erhalten mir Ihre geneigten Gesinnungen.

Goethe.


12/3665.


An Christian Gottlob Voigt

Stäfe am 17. Octobr. 1797.

Wir sind von unserer Reise, auf der wir die vier kleinen Kantone Schwytz, Uri, Unterwalden und Zug durchstrichen haben, glücklich zurückgekommen. Das Wetter hat uns sehr begünstigt und ein ziemlich umständliches Tagebuch wird künftig zu mancherley Unterhaltung Gelegenheit geben. Jetzt ist man hier am See in der Weinlese begriffen, die um desto mehr die Menschen erfreut, als der Wein im hohen Preis ist und stark ausgeführt wird. Seit einigen Tagen sind die Nachrichten vom Rhein her beunruhigend, und die Franzosen scheinen selbst an die Schweizer Händel zu suchen; sollte der Krieg wieder angehen, so ist ein ungeheures Unheil zu befürchten. Indessen wünschte ich Ihnen nur einen Blick von dem kleinen Balkon meines Zimmers in die äußerst cultivirten Besitzungen dieses Orts, den daran stoßenden See und die jenseitigen Ufer. Ich sende Serenissimo eine nähere Beschreibung und wünsche daß[335] Sie solche lesen. In acht Tagen wird sich's entscheiden, was wir wegen unserer Rückreise zu beschließen haben, da die ganze Welt ringsum sich wieder zu verwirren drohet. Am Ende bleibt uns wohl nur der Weg, den Wieland vor einem Jahre nahm. Wer hätte denken sollen, daß man in der Schweiz nochmals in Gefahr käme von Deutschland abgeschnitten zu werden! Daß wir auf unserer Reise brav Steine geklopft haben, können Sie leicht denken und ich habe deren fast mehr als billig ist aufgepackt, wie soll man sich aber enthalten, wenn man zwischen mehreren Centnern von Adularien mitten inne sitzt. Unter mehrern bekannten Dingen bringe ich auch einige seltne und vorzüglich schöne Sachen mit. Ich wünschte, schon läge Alles ausgepackt vor Ihnen und ich genösse Ihre Unterhaltung wieder. Doch die Zeit wird auch kommen und wir wollen ihr ruhig entgegen gehn. Leben Sie indeß mit den werthen Ihrigen, denen ich mich bestens empfehle, recht wohl.

Stäfe am 17. Oct. 97.

Prof. Meyer empfiehlt sich zum besten.


12/3666.


An Christiane Vulpius

Noch immer habe ich keine Briefe von dir erhalten und entbehre dadurch meiner besten Freude, zu wissen wie dir's mit dem Kinde geht; vielleicht löst sich[336] das Räthsel bald auf, wo deine Briefe stecken, und sie kommen vielleicht alsdann auf einmal. Ich schreibe dir gegenwärtiges nur um dich zu beruhigen, wenn du hörst daß der Krieg wieder anzufangen droth. Ich gehe in einigen Tagen nach Zürch und wenn es am Rheine wieder unruhig werden sollte, so gehe ich durch Schwaben und Franken den Weg, den Wieland vor einem Jahre nahm. So viel für heute, du hörst in kurzer Zeit mehr von mir. Lebe recht wohl und küsse den Kleinen. Zur Nachricht muß ich dir noch sagen, daß schon ein Stück klein geblümter Mousslin gekauft ist, wie auch 10 größere und kleinere Halstücher, wegen anderer ähnlichen Waaren bin ich noch im Handel, ich habe auch sehr schöne Proben von gesticktem Mousslin da; leider aber werden sie nicht, wie die andern, hier gemacht und die Fabriken sind über 14 Stunden abgelegen, demohngeachtet denke ich auch noch etwas von dieser Art mitzubringen. Lebe wohl und schreibe mir mit umgehender Post nur ein Wort unter der Addresse des Herrn Buchhändler Cotta in Tübingen. Lebe recht wohl und gedenke mein, sey vergnügt und in allen Fällen ruhig, du wirst mich bald wieder sehen.

Stäfe am 17. Octobr. 1797.[337]


12/3667.


An Johann Friedrich Cotta

[Stäfa] den 17. Oktober 1797.

Wir sind nach einer 11tätigen Fuß- und Wasserreise durch die kleinen Cantone glücklich wieder in Stäfe angelangt und werden in wenigen Tagen nach Zürch gehen. Dürfte ich Sie bitten alles was von nun an bey Ihnen anlangt bey sich liegen zu lassen, bis ich es entweder selbst abhole oder einen Ort, wohin es gesendet werden könnte, bezeichnen kann. Das Kriegsfeuer, das sich überall wieder zu entzünden scheint, setzt einen Reisenden in eine sehr zweifelhafte Lage. Ich habe indessen von der kurzen Zeit den möglichsten Gebrauch gemacht, von den Winterscenen des Gotthardts, die nur noch durch Mineralogie belebt werden können, durch die auf mancherley Weise fruchtbaren, genutzten, und in ihren Einwohnern emsigen Gegenden von Unterwalden, Zug und Zürch, wo uns nun besonders die Weinlese umgiebt, haben wir uns in ein Museum zurückgezogen, das durch die von Prof. Meyer aus Italien mitgebrachte eigne Arbeiten und sonstige Acquisitionen gebildet wird, und sind also von dem formlosesten zu dem geformtesten übergegangen. Besonders wichtig ist die Copie des antiken Gemähldes der sogenannten Aldobrandinischen Hochzeit, die im eigentlichsten Sinne mit Kritik gemacht ist, um darzustellen, was das Bild zu seiner Zeit gewesen[338] seyn kann und was an dem jetzigen, nach so mancherley Schicksalen, noch übrig ist. Er hat dazu noch einen so ausführlichen Commentar geschrieben, der alles enthält, was noch über die Vergleichung des alten und leider so oft restaurirten Bildes, seiner gegenwärtigen Copie und einer ältern Copie von Poussin, nach der die Kupferstiche gemacht sind, zu sagen ist. Das Bild selbst, von einem geschickten Meister zu Titus Zeiten mit Leichtigkeit und Leichtsinn auf die Wand gemahlt, nunmehr, so viel es möglich war, nachgebildet und wieder hergestellt vor sich zu sehen, sich daran erfreuen und sich über seine Tugenden und Mängel besprechen zu können, ist eine sehr reizende und belehrende Unterhaltung. Das Bild ist 8 Fuß lang, 3 1/2 Fuß hoch, und die Figuren sind nicht gar 2 Fuß Leipziger Maß; die Copie ist in allem, sowohl in der Größe als den Farben, den Tugenden und den Fehlern, dem Original möglichst gleich gehalten. Ich hoffe, daß Sie dereinst, wenn es bey mir aufgestellt seyn wird, das Vergnügen, es zu beschauen, mit uns theilen werden. Leben Sie recht wohl und gedenken mein.


12/3668.


An Halter

[Concept.]

[ Zürich, 25. October.]

Ich wünsche, mein werhester Herr Doctor, die Bekanntschaft die ich mit Ihnen vor kurzem gemacht[339] fortzusetzen und thue deswegen hiermit vorläufig einige Anfragen.

1) Könnte ich von dem Eisenspath, von dem ich bey Ihnen einige Stücke ausgesucht, noch etwa ein halb Duzend erhalten? Allein er müßte in Gesellschaft von Adularia vorkommen und die einzelnen Theile des Spathes müßten größer seyn, auch dürfte er sich in der Nachbarschaft von Hornblende und Feldspath befinden. Dagegen hätte es nichts zu sagen wenn der Eisenspath selbst zum Theil verwittert wäre, und in einen Eisen-Oker überginge. Wenn Sie mir solche größere oder kleinere Stücke verschaffen können, so bitte ich mir solche genau zu beschreiben und den Preis anzuzeigen.

2) Wünschte ich, daß Sie mir ein Verzeichniß der verschiednen Arten von Mineralien, die Sie besitzen, überschickten und mir dabey die Preise anzeigten, wobey ich aber die möglichste Billigkeit empfehle, weil wegen des theuern Porto's bis zu uns sich bey hohen Preisen wohl schwerlich Liebhaber finden würden. Dagegen versichere promte Bezahlung.

Auf gegenwärtiges erbitte mir eine baldige Antwort, weßhalb ich hier unten die Addresse beyfüge und recht wohl zu leben wünsche.[340]


12/3669.


An Christian Gottlob Voigt

Zürch am 25. Oct. 1797.

Ihre werthen Briefe vom 22. Sept. bis den 6. October haben mich in Zürch auf's freundlichste empfangen, als wir von den obern Gegenden des Zürich Sees in die Stadt kamen. Die Heiterkeit, womit Sie mich von den mancherley Zuständen und Vorfällen die Ihnen nah sind unterrichten, vermehrt den Muth und die Lust auch wieder bald zurück zu kehren. Wir gedenken noch Basel zu sehen und alsdann über Schafhausen, Tübingen und wahrscheinlich über Anspach und Nürnberg unsere Rückreise zu nehmen. Die Herbsttage haben hier noch viel angenehme Stunden und wir hoffen daß uns auch auf dem Wege die Jahrszeit günstig seyn soll.

Nun einiges kürzlich über den Inhalt Ihrer gefälligen Briefe. Wollten Sie mit den Osmanstädtern die Negotiation auf die 18/m Thaler wieder anknüpfen, so würde es unserer alten Absicht immer gemäß seyn, bey der ich noch immer verharre. Und auf das Roslaische Gut lassen Sie doch auch noch 50 Thaler mehr bieten, wenn jener Freund so wild zu Werke geht, so müssen wir uns desto beharrlicher und zäher finden lassen. Inzwischen komme ich wieder und Sie überlegen was zu thun ist.

[341] Die Anlage der neuen Scheunen und Häuser hat viel gutes, doch würde ich meo voto die Baulustigen um's neue Schloß sammeln und vor allen Dingen eine neue Reihe Häuser von der Hauptwache bis zur Bibliothek befördern. Indessen geschieht in der Welt so wenig planmäßiges, daß wir in unserm kleinen Kreise uns die Zufälligkeiten der Anlässe und Erscheinungen auch wohl können gefallen lassen.

Dauthe ist ein verdienstvoller Mann, wie er sich aus den Decorationen des Schlosses ziehen wird, wollen wir abwarten. Ich zweifle, daß er die Mannigfaltigkeit der Motive habe die nöthig sind, um einen so großen Raum mit Glück zu decoriren. Ich würde hierzu unter der gehörigen Aufsicht und der regulirenden Einwirkung eher Personen wählen, die erst ganz frisch Rom und Paris gesehen und sich daselbst einen Reichthum der Mittel und einen Geschmack der Zusammensetzung erworben haben. Indessen bin ich für mein Theil zufrieden, wenn nur jemand die Sache in Theilen angiebt und im Ganzen dirigirt, denn auf- oder abgenommen ist alles am Ende ganz einerley was gemacht wird. Wenn man einen rechten Park sehen will, so muß man nur vier Wochen in der Schweiz umherziehen, und wenn man Gebäude liebt, so muß man nach Rom gehen. Was wir in Deutsch land, ja aller Orten, der Natur aufdringen und der Kunst abgewinnen wollen, sind alles vergebliche Bemühungen.

[342] Verzeihen Sie mir diese gleichsam hypochondrischen Reflexionen, ich freue mich Ihres guten Humors der aus Ihren freundschaftlichen Briefen hervorleuchtet um desto mehr als ich immer selbst vielleicht allzusehr zum Ernste geneigt bin.

Wegen des Apothekers will ich mich in Tübingen erkundigen, wo ich einen sehr braven Mann in dieser Kunst habe kennen lernen. Heute kommen uns von Basel wieder Friedenshoffnungen, es bleibt uns nichts übrig als daß wir abwarten.

Lassen Sie sich unser Theater einigermaßen empfohlen seyn. Ich freue mich, wenn der Almanach Ihnen etwas Angenehmes gebracht hat, sowohl dieser als der Viewegische sollte schon aufgewartet haben, wenn meine Bestellungen alle wären richtig besorgt worden. Leben Sie recht wohl, es ist eine der angenehmsten Hoffnungen der ich entgegensehe, Sie noch vor Ende des nächsten Monats zu umarmen.


12/3670.


An Carl August Böttiger

Zürch am 25. Octobr. 1797.

Es war unserm Meyer und mir ein angenehmer Empfang in Zürch auch einen Brief von Ihnen vorzufinden, denn besonders seitdem die Aldobrandinische Hochzeit dem weit und breit gewaltigen Buonaparte glücklich entronnen und vor wenigen Tagen in Stäfe[343] angelangt war, so konnte der Wunsch nicht außen bleiben, dieses dem Moder und den Franzosen entrißne Bild schon in Weimar aufgestellt und von Ihnen beleuchtet zu sehen. Es wird sorgfältig eingepackt auf der Reise mitgeführt, weil wir diesen Schatz fremden Händen und neuen Zufällen nicht aussetzen mögen.

Die Freunde, denen ich hier Herrmann und Dorothea gern mitgetheilt hätte, werden sich denn wohl noch eine Zeit lang gedulden, Vieweg hat vielleicht Ursache daß er einzelne Exemplare, ehe die ganze Versendung gemacht ist, nicht in die Welt streuen mag.

Ich freue mich für Hirt daß sein Vorschlag angenommen ist, wenn der König nur lang genug lebt daß der Grund auf den Boden kommt und die Säulen aufgestellt sind. Uns verlangt sehr eine Zeichnung zu sehen. Grüßen Sie ihn schönstens und danken ihm vorläufig für seine Bemühung.

Seitdem ich mit Meyer wieder zusammen bin, haben wir viel theoretisirt und praktisirt, und wenn wir diesen Winter unsern Vorsatz ausführen und ein Epitome unserer Reise und Nichtreise zusammen schreiben, so wollen wir abwarten, was unsere Verlagsverwandte für einen Werth auf unsere Arbeit legen, es soll keiner von der Concurrenz ausgeschlossen seyn. Unsere Absicht ist ein paar allgemein lesbare Oktavbände zusammen zu stellen und im dritten das[344] als Noten und Beylagen nachzubringen, was vielleicht nur ein spezielleres Interesse erregen könne. Davon soll denn bey unserer nächsten Zurückkunft weiter gehandelt werden, um desto ausführlicher, als wir uns Ihre Beyhülfe zu erbitten haben.

Das gute Zeugniß, das Sie unserm Theater geben, hat mich sehr beruhigt, denn ich leugne nicht, daß der Tod der Becker mir sehr schmerzlich war. Sie war mir in mehr als Einem Sinne lieb. Wenn sich manchmal in mir die abgestorbene Lust für's Theater zu arbeiten wieder regte, so hatte ich sie gewiß vor Augen, und meine Mädchen und Frauen bildeten sich nach ihr und ihren Eigenschaften. Es kann größere Talente geben, aber für mich kein anmuthigeres. Die Nachricht von ihrem Tode hatte ich lange erwartet, sie überraschte mich in den formlosen Gebirgen. Liebende haben Thränen und Dichter Rhythmen zur Ehre der Todten, ich wünschte, daß mir etwas zu ihrem Andenken gelänge.

Über die Genauigkeit, mit welcher Meyer die Kunstschätze der alten und mittlern Zeit recensirt hat, werden Sie erstaunen und sich erfreuen, wie eine Kunstgeschichte aus diesen Trümmern gleichsam wie ein Phönix aus einem Aschenhaufen aufsteigt. Wie wichtig ein solcher neuer Pausanias sey, fällt erst in die Augen, wenn man recht deutlich anschaut, wie die Kunstwerke durch Zeit und offenbare oder geheime Ereignisse zerstreut und zerstört werden. Wie[345] manche Unterhaltung soll uns dies und alles was damit verwandt ist diesen Winter geben! Gegenwärtig wollen wir nur noch von Basel in das nicht gelobte Land hinübersehen und dann wahrscheinlich über Schafhausen und durch Schwaben unsern Rückweg antreten.

Leben Sie recht wohl und gedenken unserer!

Das Exemplar des Vasenheftes soll von Frankfurt wieder zurückkommen. Den neuen Musenalmanach habe ich noch nicht gesehen, da ihm das Gewürz der Bosheit und Verwegenheit mangelt so fürchte ich, daß er sich mit seinem vorjährigen Bruder nicht werde messen können.

Nochmals ein Lebewohl und die besten Grüße an Freund Wieland, dessen freundliche, wohlbehaltne Tochter ich gestern mit Freuden gesehen habe. Das Enkelchen schlief, sonst könnte ich von dem auch einige Nachricht geben.


12/3671.


An Friedrich Schiller

Zürch den 25. October 1797.

Ehe ich von Zürch abgehe nur einige Worte, denn ich bin sehr zerstreut und werde es wohl noch eine Weile bleiben, denn wir gedenken auf Basel, von da auf Schafhausen, Tübingen und so weiter zu gehen, wahrscheinlich treffe ich am letzten Orte wieder etwas von Ihnen an. Keinen Musenalmanach, keinen Herrmann[346] habe ich noch gesehen, alles das und mehreres wird mir denn wohl in Deutschland begegnen.

Wäre die Jahrszeit nicht so weit, so sähe ich mich wohl noch gern einen Monat in der Schweiz um, um mich von den Verhältnissen im ganzen zu unterrichten. Es ist wunderbar wie alte Verfassungen, die bloß auf seyn und erhalten gegründet sind, sich in Zeiten ausnehmen wo alles zum werden und verändern strebt. Ich sage heute weiter nichts als ein herzliches Lebewohl. Von Tübingen hören Sie mehr von mir.


Wir hatten kaum in diesen Tagen unser Schema über die zuläßlichen Gegenstände der bildenden Kunst, mit großem Nachdenken, entworfen, als uns eine ganz besondre Erfahrung in die Quere kam. Ihnen ist die Zudringlichkeit des Vulkans gegen Minerven bekannt, wodurch Erichthonius producirt wurde. Haben Sie Gelegenheit, so lesen Sie diese Fabel ja in der ältern Ausgabe des Hederichs nach, und denken dabey: daß Raphael daher Gelegenheit zu einer der angenehmsten Compositionen genommen hat. Was soll denn nun dem glücklichen Genie gerathen oder geboten seyn? Leben Sie nochmals recht wohl.

G.[347]


12/3672.


An Christiane Vulpius

Endlich habe ich, mein liebes Herz, deine letzten Briefe erhalten, die du mir unmittelbar schicktest. Ich weiß nicht was die gute Mutter machte indem sie die andern bey sich liegen ließ, da ich ihr doch Cottas Adresse gegeben, und alles umständlich verabredet hatte. Nun ich weiß daß du mit dem Kinde wohl bist bin ich ruhig und habe mich recht gefreut wieder etwas von deiner Hand zu sehen. Habe jetzt nur noch ein wenig Geduld, denn ich komme bald wieder, auch mir ist es in der Entfernung von dir nie recht wohl geworden, wir wollen uns nunmehr desto lebhafter des Zusammenseyns freuen. Der Gefahr wegen hätte ich wohl nach Italien gehen können, denn mit einiger Unbequemlichkeit kommt man überall durch, aber ich konnte mich nicht so weit von euch entfernen. Wenn es nicht möglich wird euch mitzunehmen, so werd ich es wohl nicht wiedersehen. Grüße den Kleinen und dancke ihm für seine Briefe, sie machen mir viel Freude. Da ich nicht über Franckfurt gehe weiß ich noch nicht, wenn ich über Nürnberg komme, so finde ich gewiß etwas nützliches und erfreuliches. Dafür ist schon für die weibliche Welt besser gesorgt. Einen genähten Musselin für dich von besonderer Schönheit, ein mit Blümchen gewirckter, für Ernestinen, und Halstücher mit allerley Kanten, damit von der Tante[348] an die übrigen Hausgenossen erfreut werden können. Ich habe mir auch kleine Tücher um den Hals gekauft, fürchte aber du wirst mir sie wegkrapfeln, denn sie werden auch um den Kopf artig stehen. Alles zusammen ist nach der neusten Mode, besonders ist dein Kleid sehr schön, es ist aber auch nicht wohlfeil. Ich habe es noch nicht, denn ich habe es nach dem Muster aus der ersten Hand gekauft und erwarte es von St. Gallen, wo die Fabrick ist. Bey den Mustern that einem die Wahl weh, aber Meyer und ich waren doch zuletzt einig.

Daß nichts bey dir ankommt wundre dich nicht, es geht mir eben so, ich habe auch noch keinen Herrmann. Da ich deine ersten Briefe nicht erhalten habe, so weiß ich nicht ob der Wein für den Bauverwalter angekommen ist, den ich doch so gut und sorgfältig bestellt hatte. Wäre er nicht gekommen, so schreibe meiner Mutter und frage wie es damit steht, wenn er nur nicht gar zu spät ins Jahr verschickt wird. Freylich ists eine böse Sache, wenn man einmal weggeht, so ists beynahe als wenn man tod wäre. Geh. R. Voigt und Hofr. Schiller haben mich am treulichsten begleitet.

Meyer grüßt schönstens, er ist recht wohl und munter. Geist macht seine Sachen im Ganzen recht ordentlich. Lebe wohl. Wenn du dieses erhältst bin ich schon in Tübingen. Von da schreib ich dir wieder und so fort wie ich mich nähere. Ich freu mich[349] herzlich dich wieder zu sehen und habe dich über alles lieb. Zürch d. 25. Octbr. 1797.

G.


Du schreibst mir nun nicht mehr.

Sage deinem Bruder es sey mir angenehm daß die Todenfeyer gut aufgenommen worden und daß er zu der Amalfi gute Hoffnung habe. Was sein Werk betrifft so möchte er es nur recht durchdenken, und einen ausführlichen Aufsatz darüber machen. Ich will alsdann versuchen es einem Verleger annehmlich zu machen.


12/3673.


An Franz Kirms

[Zürich, 25. October.]

Bei dem Herrn Professor Rambach entschuldigen Sie mich. Wenn er das Stück gleich wieder verlangt, so liegt es bei Herrn Hofrath Schiller. Es hat sehr viel Gutes und hat uns beide sehr interessiert; es würde auch, wenn es auf das Theater gebracht würde, wahrscheinlich Effect thun, doch könnte es ohne Veränderungen nicht aufgeführt werden. Nur haben wir nicht uns selbst getraut sie zu machen, und es ist auch schwer und weitläufig dem Autor das, was wir desideriren, recht klar vorzulegen, so daß über dieser Ungewißheit das Ganze hangen geblieben ist.[350]


12/3674.


An Johann Friedrich Cotta

Zürch am 25. October 1797.

Ihre drey werthen Zuschriften habe ich nebst denen gefällig eingeschlagnen Briefen erhalten und danke für die vielfachen Bemühungen, wahrscheinlich habe ich das Vergnügen Sie bald wieder zu sehen, denn wir wollen nur noch einen Blick auf Basel thun und dann über Schafhausen nach Deutschland zurück kehren, weil es in der jetzigen ungewissen Lage nicht räthlich ist dem Rheine nachzugehen. Haben Sie daher die Güte was ankommt bey Sich liegen zu lassen. Für die Bemühung wegen des Bildes danke ich und wir werden auf die Schillerische Anweisung abrechnen können.

Erlauben Sie daß wir dießmal im Wirthshause abtreten, da wir nunmehr zwey sind und die Jahreszeit unfreundlich ist, so fürchten wir Sie in Ihrem Hause allzusehr einzuschränken, wir können uns desto freyer der Erlaubniß bedienen Sie bey Sich zu besuchen.

Fragen Sie doch Herrn Doctor Gmelin ob er nicht einen jungen geschickten Apotheker wisse? der allenfalls Lust hätte sich in Weimar zu etabliren. Es war dort bisher nur Eine Apotheke, man will nun die zweyte errichten, wegen der nähern Bedingungen würde man sich nur unmittelbar an Herrn Geheimde Rath Voigt daselbst zu wenden haben und sich auf meine[351] Anfrage berufen können. Leben Sie recht wohl. Gestern bringt man uns von Udine, über Basel, die Nachricht eines vierwöchentlichen Waffenstillstandes und eines unausbleiblichen Friedens. Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau recht vielmals.

Goethe.


12/3675.


An Friedrich Schiller

Tübingen am 30. Octobr. 1797.

Wir haben die Tour auf Basel aufgegeben und sind gerade auf Tübingen gegangen. Die Jahrszeit, Wetter und Weg sind nun nicht mehr einladend, und da wir einmal nicht in der Ferne bleiben wollen, so können wir uns nun nach Hause wenden. Welchen Weg wir nehmen ist noch unentschieden.

Den Almanach haben wir erst hier erhalten und uns besonders über den Eisenhammer gefreut. Sie haben kaum etwas mit so glücklichem Humor gemacht und die retardirende Messe ist von dem besten Effect, auch ist das Geheimniß sehr lobenswürdig.

Es freut mich daß Herrmann in Ihren Händen ist und daß er sich hält. Was Sie von Meister sagen verstehe ich recht gut, es ist alles wahr und noch mehr. Gerade seine Unvollkommenheit hat mir am meisten Mühe gemacht. Eine reine Form hilft und trägt, da eine unreine überall hindert und zerrt. Er mag indessen seyn was er ist, es wird mir nicht leicht[352] wieder begegnen daß ich mich im Gegenstand und in der Form vergreife, und wir wollen abwarten was uns der Genius im Herbste des Lebens gönnen mag.

Viel Glück zum Wallenstein! Ich wünsche daß, wenn wir kommen, ein Theil schon sichtbar seyn möge. Meyer grüßt bestens. Möchten wir Sie mit den Ihrigen recht gesund finden. Von der Hälfte des Wegs, von Frankfurt oder Nürnberg, hören Sie noch einmal von uns.

Humbold hat von München geschrieben und geht nach Basel. Nochmals Lebewohl und Hoffnung baldigen Wiedersehens.

G.


12/3676.


An Christiane Vulpius

Wir haben, meine liebe, die Baseler Tour aufgegeben und sind von Zürch gerade nach Tübingen gegangen. Wir haben auch recht wohl gethan, denn die Jahrszeit ist äusserst verdrießlich, die Wege schlecht und alles unglaublich theuer. Nun weiß ich nicht ob wir über Franckfurt oder Nürnberg gehen, auf beyden Seiten brauchen wir acht Tage Reise, wenn ich nun noch einigen Aufenthalt hie und da dazu rechne, so können wir in der Mitte Novembers wohl bey dir seyn. Das ist dir ja wohl ganz recht deinen Freund sobald wieder zu sehen. Ich kann aber auch wohl sagen daß ich nur um deinet und des Kleinen willen[353] zurück gehe. Ihr allein bedürft meiner, die übrige Welt kann mich entbehren. Lebe recht wohl und habe mich so lieb wie ich dich. Ich freue mich unaussprechlich dich wieder zu sehen.

Tübingen d. 30. Octbr. 1797.

G.


12/3677.


An Johann Friedrich Cotta

Nürnberg am 6. Nov. 1797.

Durch den rückkehrenden Kutscher, welchem ich, nach unsrer Abrede, Einhundert Gulden gefällig auszuzahlen bitte, vermelde ich: daß wir, auf dem bösesten Wege, endlich heute früh in Nürnberg angelangt sind. Das Wetter war in den letzten Tagen leidlich, wie aber die schönen Würtenberger Chausseen, von Kannstadt aus, verdorben sind, davon wird Ihnen der Überbringer die betrübteste Relation machen können.

Von Weimar aus lasse ich bald wieder von mir hören, und danke nur indessen für die vielen und besondern Gefälligkeiten womit Sie uns unsere Reise haben erleichtern wollen und wünsche recht wohl zu leben.

Goethe.[354]


12/3678.


An Gottlob Heinrich Rapp

Nürnberg d. 8. Nov. 1797.

Sie erhalten hierbey, werthester Herr Rapp, das Gedicht in seiner reinsten typographischen Form, gönnen Sie ihm abermals eine gute Aufnahme.

Wenn Sie das Gemählde abschicken, so haben Sie ja wohl die Gefälligkeit mir zu schreiben wann und durch wen es gegangen ist.

Empfehlen Sie mich Ihrem Kreise und nehmen für so manigfaltige Gefälligkeiten nochmals meinen lebhaften Dank.

Goethe.


12/3679.


An Friedrich Schiller

Wir haben zu unsrer besondern Freude Knebeln hier angetroffen und werden daher etwas länger als wir gedachten verweilen. Die Stadt bietet mancherley interessantes an, alte Kunstwercke, mechanische Arbeiten, so wie sich auch über politische Verhältnisse manche Betrachtungen machen lassen. Ich sage Ihnen daher nur ein Wort des Gruses und sende ein Gedicht. Es ist das vierte zu Ehren der schönen Müllerinn. Das dritte ist noch nicht fertig; es wird den Titel haben Verrath und die Geschichte erzählen da der junge Mann in der Mühle übel empfangen wird.[355] Bald habe ich das Vergnügen Sie wieder zu umarmen, und über hundert Dinge Ihre Gedancken zu erfragen. Meyer grüßt.

Nürnberg d. 10ten Nov. 1797.

G.


Die ächte poetische Begeisterung des Vossischen Liedes

»Dicht gedränget Mann und Weib

Pflegen wir mit Punsch den Leib,

Wie den Fuchs die Grube

Wärmet uns die Stube.«

hat mich äusserst erbaut.


12/3608.


An Christian Gottlob Voigt

[20. November.]

Nach einer zwar beschwerlichen, doch glücklichen Rückkehr hoffe ich Sie bald zu sehen. Vielleicht komme ich heute Abend auf ein Stündchen.

G.


12/3681.


An Friedrich Schiller

Die vier Karolin sende mit Dank zurück und erbitte mir dagegen meine goldene Bürgen. Auch habe ich noch durch den von Cotta mir so bald übermachten Betrag des Almanachs zu danken. Das Sprichwort:[356] Was durch die Flöte gewonnen wird geht durch die Trommel fort, habe ich in besserm Sinne erfüllt, indem ich mir dafür ein Kunstwerk angeschafft, das auch Ihnen Freude machen und unsere gemeinschaftlichen Genüsse und Kenntnisse erhöhen und beleben soll. Meyer hat Ihnen schon etwas von unsern neusten Speculationen eröffnet und sich sehr Ihrer Theilnahme und Einwirkung gefreut. Sobald ich mich von meiner Zerstreuung erholt habe, will ich unsere Thesen aufsetzen, um alsdann darüber conferiren und ein glückliches Ganze ausbilden zu können. Ich bin überzeugt daß wir diesen Winter weit kommen werden.

Ich habe gestern zum erstenmal wieder in Ihrer Loge gesessen und wünsche Sie bald wieder darinn einführen zu können. Da ich ganz als Fremder der Vorstellung zusah; so habe ich mich verwundert wie weit unsere Leute wirklich sind! Auf einem gewissen ebnen Wege der Natur und Prosa machen sie ihre Sachen über die Maße gut; aber leider im Momente wo nur eine Tinctur von Poesie eintritt, wie doch bey dem gelindesten pathetischen immer geschieht, sind sie gleich Null oder falsch. Wunderlich genug schien es mir daß der Verfasser des Stücks, Ziegler, in eben dem Falle zu seyn scheint, er findet recht artige komische Motive, und weil diese immer extemporan wirken, so behandelt er sie meist recht gut. Alle zarte, sentimentale und pathetische Situationen aber, welche[357] vorbereitet seyn, und eine Folge haben wollen, weiß er nicht zu tractiren, wenn er sie auch gefaßt hat, sie überstolpern sich und thun keinen Effect, ob sie gleich nicht unglücklich angelegt sind. Ich verspreche mir von Ihrer Gegenwart recht viel Gutes für's Theater und für Sie selbst. Ich hoffe bis zu Ihrer Ankunft auch wieder völlig in meiner Lage zu seyn.

Für die bisher übersendeten Horen danke zum schönsten und bitte nun auch um einige Exemplare des Almanachs. Beyliegender Brief ist wieder ein ächtes Zeichen bornirter Deutschheit. Die Rätzel-Geschichte ist nun schon mehrere Jahre vorbey und klingt immer noch nach. Welch ein glückliches National-Appercü war nicht der Reichsanzeiger.

Leben Sie recht wohl. Unsere Schätze werden nun nach und nach ausgepackt und schon sind zur Aufstellung Anstalten gemacht. Bis Sie kommen, wird alles in der schönsten Ordnung seyn.

Weimar am 22. Nov. 1797.

G.


12/3682.


An Johann Friedrich Cotta

Weimar am 24. Nov. 1797.

Vor einigen Tagen bin ich, auf sehr beschwerlichen Wegen, glücklich zu Hause angekommen, ich gebe Ihnen sogleich hiervon Nachricht, mit wiederholtem Danke für die vielfachen Bemühungen und Gefälligkeiten die[358] Sie bisher haben übernehmen und mir erzeigen wollen. Dürfte ich Sie ersuchen mir das Packet, wenn es aus der Schweiz angekommen, baldigst durch den Postwagen zu übersenden, auch mir einige Nachricht zu ertheilen ob von dem Schicksale der Uhr Ihnen etwas weiter bekannt geworden. In Nürnberg, habe ich mich Ihrer gütigen Addresse nicht bedient und bin auch für dieses Zutrauen dankbar. Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich in Ihrem Kreise und gedenken mein.

Goethe.


12/3683.


An Friedrich Schiller

Weimar den 24. Nov. 1797.

Ich schicke die Garvischen Briefe mit Dank zurück, und wünschte der arme alte kranke Mann schölte noch viel ärger auf uns, wenn er dadurch nur für seine übrige Lebenszeit gesund und froh werden könnte. Welch eine Litaney von jammervollen Betrachtungen läßt sich nicht bey diesen Blättern rezitiren, womit ich Sie wie billig verschone, weil sich Ihnen das alles so schon aufgedrungen hat. Bemerkt man doch bey diesem so guten und wackern Mann keine Spur eines ästhetischen Gefühls! Von einer Seite sind seine Urtheile grobmateriell und von der andern tractirt er die Sache als Ceremonienmeister, um ja besonders den subordinirten Talenten ihr Plätzchen anzuweisen. Es[359] ist nur gut daß Sie ihn durch drey Worte wieder versöhnt haben. Wie natürlich es doch solche Sittenrichter finden, daß ein Autor Zeit seines Lebens seine besten Bemühungen verkennen, sich retardiren, necken, hänseln und hudeln lasse, weil das nun einmal so eingeführt ist! Und dabey soll er geduldig, seiner hohen Würde eingedenk, mit übereinandergeschlagnen Händen, wie ein ecce Homo dastehen, nur damit Herr Manso und seines gleichen, auch in ihrer Art, für Dichter passiren können. Doch genug von diesen Armseligkeiten! Lassen Sie uns auf unsern Wegen immer beständig und rascher fortschreiten.


Den 25. Nov.

Für Brief und Packet, die ich so eben erhalte, danke ich schönstens und sage nur noch geschwind, und aus dem Stegreife, daß ich nicht allein Ihrer Meinung bin, sondern noch viel weiter gehe. Alles poetische sollte rhythmisch behandelt werden! das ist meine Überzeugung, und daß man nach und nach eine poetische Prosa einführen konnte, zeigt nur daß man den unterschied zwischen Prosa und Poesie gänzlich aus den Augen verlor. Es ist nicht besser als wenn sich jemand in seinem Park einen trocknen See bestellte und der Gartenkünstler diese Aufgabe dadurch aufzulösen suchte daß er einen Sumpf anlegte. Diese[360] Mittelgeschlechter sind nur für Liebhaber und Pfuscher, so wie die Sümpfe für Amphibien. Indessen ist das Übel in Deutschland so groß geworden daß es kein Mensch mehr sieht, ja daß sie vielmehr, wie jenes kröpfige Volk, den gesunden Bau des Halses für eine Strafe Gottes halten. Alle dramatische Arbeiten (und vielleicht Lustspiel und Farce zuerst) sollten rhytmisch seyn und man würde alsdenn eher sehen wer was machen kann. Jetzt aber bleibt dem Theaterdichter fast nichts übrig als sich zu accommodiren, und in diesem Sinne konnte man Ihnen nicht verargen wenn Sie Ihren Wallenstein in Prosa schreiben wollten; sehen Sie ihn aber als ein selbstständiges Werk an, so muß er nothwendig rhythmisch werden.

Auf alle Fälle sind mir genöthigt unser Jahrhundert zu vergessen wenn wir nach unsrer Überzeugung arbeiten wollen. Denn so eine Saalbaderey in Principien, wie sie im allgemeinen jetzt gelten, ist wohl noch nicht auf der Welt gewesen und was die neuere Philosophie gutes stiften wird ist noch erst abzuwarten.

Die Poesie ist doch eigentlich auf die Darstellung des empirisch pathologischen Zustandes des Menschen gegründet, und wer gesteht denn das jetzt wohl unter unsern fürtrefflichen Kennern und sogenannten Poeten? Hat ein Mann wie Garve, der doch auch zeitlebens gedacht haben will, und für eine Art von Philosophen galt, denn nur die geringste Ahndung eines solchen[361] Axioms? Hält er Sie nicht darum nur für einen würdigen Dichter, weil Sie sich den Spaß gemacht haben die Aussprüche der Vernunft mit dichterischem Munde vorzutragen, was wohl zu erlauben, aber nicht zu loben ist. Wie gerne wollte ich diesen prosaischen Naturen erlauben vor den sogenannten unsittlichen Stoffen zurückzuschaudern, wenn sie nur ein Gefühl für das höhere poetisch sittliche z.B. im Polykrates und Ibykus hätten und davon entzückt würden.

Lassen Sie uns, besonders da Meyer auch einen grimmigen Rigorism aus Italien mitgebracht hat, immer strenger in Grundsätzen und sichrer und behaglicher in der Ausführung werden! Das letzte kann nur geschehen wenn wir während der Arbeit unsere Blicke nur innerhalb des Rahmens fixiren.

Hierbey meine Elegie mit dem Wunsche einer freundlichen Ausnahme.

Zeltern bleiben wir auch sechs Bouteillen Champagner schuldig für die feste gute Meinung die er von uns gehegt hat. Seine Indische Legende ist mir sehr werth. Der Gedanke ist original und wacker, das Lied an Mignon habe ich noch nicht einmal gehört. Die Componisten spielen nur ihre eigne Sachen und die Liebhaber haben auch nur wieder besonders begünstigte Stücke. Auf meinem ganzen Wege habe ich niemand gefunden der sich in etwas fremdes und neues hätte einstudiren mögen.

Lassen Sie mich doch einige Exemplare der Melodien[362] zum Almanach erhalten, sie fehlen bey denen mir übersendeten durchaus. Möchten Sie doch mit Ihrem Wallenstein recht glücklich seyn damit wir Sie desto eher bey uns sehen.

Ein herzliches Lebewohl und Gruß an die Ihrigen.

G.


12/3684.


An Gottlob Heinrich Rapp

[Concept.]

Durch die schnelle Übersendung des Bildes haben Sie mir, werther und vorzüglich geschätzer Herr, eine besondere Gefälligkeit erzeigt, es eilte mir, wie Sie vermutheten, wirklich vor und empfing mich auf das angenehmste bey meiner Ankunft. Ob es gleich gelitten hat, und hie und da retouchirt seyn mag, so ist es mir doch, sowohl wegen der Erfindung der ganzen Anlage als wegen den Resten seiner ersten Schönheit lieb und erfreulich und wird mir immer ein geschätztes Denkmal meiner Reise und meines Aufenthaltes in Stuttgard bleiben. Sollte Herr Legationsrath Abel vielleicht in der Folge geneigt seyn den größern Claude und den Poussin wegzugeben, so haben Sie die Güte mich davon zu benachrichtigen und mir den Preis wissen zu lassen.

Zugleich muß ich doch auch melden daß ich glücklich genug gewesen bin eine kleinere Landschaft zu acquiriren, welche ohnstreitig von Dominikin ist, vortrefflich[363] gedacht, componirt und auf's fleißigste ausgeführt. Wie sehr wünschte ich daß Ihre Geschäfte Sie einst weiter als Frankfurt führten, damit wir uns Ihres Besuches auch erfreuen könnten! Wir haben mancherley vorzuzeigen und die Unterhaltung mit eifrigen Liebhabern der Kunst über das was man besitzt ist ein großer Gewinn.

Mit vieler Freude vernehme ich Ihre fortdauernde Neigung zu meinem neusten Gedichte. Wenn man eine solche Arbeit nur abgeschrieben von der Welt hervorbringen kann, so ist es desto belohnender wenn sie bey ihrer Erscheinung ihre Wirkung nicht verfehlt. Diesen Winter wird Anatomie und Betrachtung organischer Naturen wieder an die Reihe kommen, ich frage deswegen an: ob man nicht etwa jenes Präparat, das wegen dem sonderbar gewaschnen Zahn merkwürdig ist, erhalten könnte? Vielleicht hat der Besitzer sonst eine Liebhaberey, daß sich auf etwas tauschen ließe das ihm angenehm wäre. Auf beyliegende Anfrage wünschte ich eine baldige Antwort, um sie unserer Schloßbau Commission vorlegen zu können. Herr Professor Dannecker, dem ich mich bestens zu empfehlen bitte, übernimmt ja wohl mir solche zu verschaffen. Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich den Ihrigen und erlauben Sie daß ich von Zeit zu Zeit mein Andenken erneure.

Weimar den 27. Nov. 1797.

[364] Man wünscht zu wissen was Herr Professor Thouret verlangt, wenn man die Decoration zu ein halb Duzend Zimmern bey ihm bestellte? Es versteht sich daß man keine ausgeführten Zeichnungen erwartet, sondern nur so viel als nöthig ist um die Maße der Eintheilungen im Ganzen, so wie die Formen der einzelnen Glieder deutlich vor sich zu sehen, eben so ist es mit den Farben und andern Bestimmungen. Sowohl die Wände als Decke und Fußboden würden angegeben und Muster zu passenden Meublen mit beygefügt. Bey der Übersendung der nöthigen Risse würde man einige allgemeine Anmerkungen, welche den Künstler bey seiner Arbeit leiten können, hinzufügen.


12/3685.


An Friedrich Schiller

In dem übersendeten Packete habe ich die Lieder-Melodien zum Almanach, wofür ich bestens danke, gefunden, aber keinen Brief, der mir doch zu Ende und in der Mitte der Woche immer so erwünscht kommt. Aber auch ich habe wenig mitzutheilen indem ich in diesen letzten Tagen nur in der Welt gelebt und nichts gedacht oder gethan habe, was für uns beyde ein gemeinschaftlich Interessen hätte. Noch sind wir beschäftigt die mitgebrachten Kunstsachen aufzustellen, und ich denke alles wird im besten Stand seyn ehe Sie herüberkommen.

[365] Haben Sie doch die Güte das Schauspiel das Prof. Rambach einschickte mir wieder zu senden, es enthält die Verrätherey aus Überzeugung. Ich wünsche sehr zu hören wie Ihr rhytmischer Wallenstein gedeiht. Mir ist es jetzo so zu Muthe, als wenn ich nie ein Gedicht gemacht hätte oder machen würde, es ist das beste daß die Stimmung dazu unerwartet und ungerufen kommt.

Leben Sie recht wohl und lassen mich bald wieder etwas von Sich, Ihren Zuständen und Arbeiten vernehmen.

Weimar d. 28. Nov. 1797.

G.


12/3686.


An Friedrich Schiller

Da Sie so viel Gutes von meiner Elegie sagen, so thut es mir um so mehr leid daß sich eine ähnliche Stimmung lange Zeit bey mir nicht eingefunden hat. Jenes Gedicht ist bey meinem Eintritt in die Schweiz gemacht, seit der Zeit aber ist mein thätiges, productives Ich, auf so manche angenehme und unangenehme Weise, beschränkt worden, daß es noch nicht wieder hat zur Fassung kommen können. Diese müssen wir denn jetzt wieder in aller Demuth erwarten.

Ich wünsche sehr daß eine Bearbeitung der Schäkespearischen Productionen Sie anlocken könnte. Da so[366] viel schon vorgearbeitet ist und man nur zu reinigen, wieder auf's neue genießbar zu machen brauchte, so wäre es ein großer Vortheil. Wenn Sie nur erst einmal durch die Bearbeitung des Wallensteins sich recht in Übung gesetzt haben so müßte jenes Unternehmen Ihnen nicht schwer fallen.

Leben Sie recht wohl. Die Jahrszeit übt leider ihre Rechte wieder über mich aus, und da ich nichts heiteres für diesmal aus eignen Kräften mittheilen kann, so sende ich eine Gerningische Ode die ihren Effect nicht verfehlen wird.

Weimar am 29. Nov. 97.


12/3687.


An Franz Kirms

[2. December.]

Herr Hofrath Schiller wird das Stück nächstens schicken. Herrn v. Einsiedel könnte man antworten, daß man nicht abgeneigt sey, das Stück für den nächsten Winter zu acquiriren, nur wünsche man vorher das Personal mit Bemerkung der Stimmen zu erhalten, um die Besetzung für das hiesige Theater beurtheilen zu können.

G.


12/3688.


An Friedrich Schiller

Es wird für uns, sowohl praktisch als theoretisch, von der größten Bedeutung seyn was es noch für einen[367] Ausgang mit Ihrem Wallenstein nimmt. Sollte Sie der Gegenstand nicht am Ende noch gar nöthigen einen Cyklus von Stücken aufzustellen?? Daß der Rhythmus in die Breite lockt ist ganz natürlich, denn jede poetische Stimmung mag sich's und andern gern bequem und behaglich machen. Mich verlangt sehr etwas davon zu hören.

Mit Meyern will ich wegen der Kupfer zum Almanach und Wallenstein sprechen. Zu einem Portrait habe ich kein großes Zutrauen, es gehört so viel dazu um nur was leidliches hervorzubringen und noch besonders in diesem kleinen Format, und die Kupferstecher tractiren alles was zu einem Buche gehört so leicht und lose. Wäre es nicht besser im allgemeinen und symbolischen zu bleiben?

Ich selbst habe seit meiner Rückkunft kaum zur Stimmung gelangen können auch nur einen erträglichen Brief zu dictiren. Die Masse von Gegenständen die ich aufgenommen habe ist sehr groß, und das Interesse am aufschreiben und ausarbeiten ist zuletzt durch den Umgang mit Meyer sehr geschwächt worden. Sobald ich eine Sache einmal durchgesprochen habe, ist sie auf eine ganze Zeit für mich wie abgethan.

Ich muß nur altes und neues was mir in Sinn und Herzen liegt wieder einmal schematisiren. Recht gerne schickte ich Ihnen etwas zu den Horen, es wird sich bald zeigen was ich leisten und liefern kann.

[368] Leben Sie recht wohl und erfreuen uns bald mit Ihrer Ankunft und grüßen Sie Ihre liebe Frau recht herzlich.

Weimar am 2. December 1797.

G.


12/3689.


An Christian Gottlob Voigt

Von dem Inhalt beyliegender Papiere sind Sie schon unterrichtet, bis wir uns mündlich darüber besprechen nur einstweilen so viel.

Die Herderschen Aufsätze scheinen mir fürtrefflich, um so mehr da die Resultate sämmtlich stehen bleiben, wenn man seine leidenschaftliche Äußerungen gegen akademische Philosophie und Theologie, in die man freylich nicht ganz einstimmen kann, von seinem übrigen Raisonnement absondert. Seine Vorschläge haben das schöne daß alles was da ist gebraucht, genutzt, verbessert, erhöht werde und zusammenwirke.

1. Das hiesige Gymnasium wird um eine anständige Stufe höher gerückt.

2. Die Studierenden kommen später und besser vorbereitet auf die Akademie.

3. Daselbst können sie in jedem Sinne dasjenige sich zweckmäßiger zueignen was gewissermaßen nur auf der Akademie zu finden ist.

4. Sie bleiben mit dem Consistorio auch während des akademischen Aufenthalts in Connexion.

[369] 5. Sie werden in ihre Amtsführung nach und nach eingeleitet.

Diese Folge von guten Wirkungen ist unschätzbar und ich bin überzeugt, daß Herder die Einrichtung gar wohl zu Stande bringen wird. Die Kosten sind mäßig und werden wohl aufzubringen seyn.

Nur wünschte ich daß man sich mit der Akademie Jena nicht in Opposition setzte und bey der Geschichte der Philosophie auch die Geschichte der neusten mit Billigkeit vorzutragen nicht unterließe, so daß junge Leute nicht ganz unbekannt mit der kritischen Philosophie schon auf die Akademie kämen. Geschieht das nicht und man will nur seine Zöglinge vor der neuen Lehre wie vor einem unbekannten Ungeheuer warnen, so läßt sich sicher voraussehen daß alsdann drüben mancher zum Renegaten werden und mit seinen hiesigen Lehrern, ja mit dem Oberconsistorio selbst in eine leidige Opposition kommen werde. Denn so wenig man jetzo irgend einen Menschen abhalten kann, Theil an den französischen Principien zu nehmen, so wenig kann man einen deutschen Jüngling vor der neuen Philosophie, sie sey auch wie sie sey, verwahren; aber das dürfte möglich seyn, durch gründlichen und klaren Unterricht ihn so zu bilden daß er sich nicht Gesinnungen oder Meinungen mit einem leidenschaftlichen Vorurtheil hingebe. Wenn die Sache weiter zur Sprache kommt, an die Collegien und an die Landschaft zu gelangen hat;[370] so wäre wohl aus den Herderischen Aufsätzen ein dritter auszuziehen, der blos die merita causae enthielte, denn selbst in seiner reinsten Gestalt wird ein solcher Vorschlag Aufsehen auf der Akademie machen, welches so viel als möglich zu vermeiden ist.

So trefflich nun die Herderschen Aufsätze sind, so daß mir wenigstens auf den ersten Blick alles in vollständigstem Zusammenhang erscheint, so unter aller Kritik sind die Eisenachischen Papiere. Ich brauche nur das Einzige anzuführen: daß man unüberlegt genug ist die Beziehung der Akademie gänzlich unnöthig machen zu wollen, da Herder hingegen sich als einen guten Haushälter zeigt, indem er das was da ist nur besser und zweckmäßiger zu nutzen anräth.

So viel zu einem guten Morgen nur aus dem Stegreife. Wenn es gefällig so besprechen wir uns bald weitläufiger über die Sache.

Den 3. December 97.

G.


12/3690.


An Friedrich Schiller

Wenn Sie überzeugt sind daß ein Winteraufenthalt in Jena Ihrer Gesundheit und Ihren Arbeiten vortheilhafter sey, so macht es mir um so mehr Freude, da ich mich genöthigt sehen werde nach dem neuen Jahr hinüber zu gehen, um nur einigermaßen zur Sammlung und Fassung zu kommen, und wie sonderbar[371] müßte mir Jena erscheinen wenn ich Sie drüben nicht anträfe? Ich freue mich nunmehr auf diesen Aufenthalt, da ich sonst, wenn ich Sie hüben hätte lassen müssen, nur zwiespältig mit mir selbst gewesen wäre.

Halten Sie sich ja zu Ihrem Wallenstein, ich werde wohl zunächst an meinen Faust gehen, theils um diesen Tragelaphen los zu werden, theils um mich zu einer höhern und reinern Stimmung, vielleicht zum Tell, vorzubereiten. Dabey soll gelegentlich an den nächsten Almanach gedacht werden, vielleicht fällt auch etwas für die Horen ab.

Lassen Sie uns in auf dem eingeschlagen Wege fortfahren! Es muß uns noch manches gelingen und Meyers Mitarbeit wird uns äußerst fördern. Auch können wir der Theilnahme des Publicums gewiß seyn; denn ob man gleich im Ganzen immer darauf schilt, so enthält es doch im Einzelnen sehr gebildete Menschen, welche die redlichen und ernsten Bemühungen eines Schriftstellers zu schätzen wissen. Indessen mag der alte Wieland, laudator temporis acti, in diesen Hefen des achtzehnten Jahrhunderts sich betrüben (siehe das November-Stück des deutschen Merkurs p. 194) so viel klaren Wein als wir brauchen wird uns die Muse schon einschenken. Die schönen Sachen von Meyer zu sehen wäre wohl eine December-Spazierfahrt werth. Möchte Ihre Gesundheit sie Ihnen doch erlauben!

Weimar am 6. December 97.

G.[372]


12/3691.


An Friedrich Schiller

Die Nachricht, daß Sie diesen Winter nicht zu uns kommen würden, hat unsere Schauspieler betrübt. Es scheint daß sie sich vorgesetzt hatten sich vor Ihnen Ehre zu machen, ich habe sie mit der Hoffnung getröstet daß Sie uns auf's Frühjahr wohl besuchen würden. Sehr nöthig thut unserm Theater ein solcher neuer Anstoß, den ich gewissermaßen selbst nicht geben kann. Zwischen dem der zu befehlen hat und dem der einem solchen Institute eine ästhetische Leitung geben soll, ist ein gar zu großer Unterschied. Dieser soll auf's Gemüth wirken und muß also auch Gemüth zeigen, jener muß sich verschließen um die politische und ökonomische Form zusammenzuhalten. Ob es möglich ist freye Wechselwirkung und mechanische Causalität zu verbinden weiß ich nicht, mir wenigstens hat das Kunststück noch nicht gelingen wollen.

Ich kann mir den Zustand Ihres Arbeitens recht gut denken. Ohne ein lebhaftes pathologisches Interesse ist es auch mir niemals gelungen irgend eine tragische Situation zu bearbeiten, und ich habe sie daher lieber vermieden als aufgesucht. Sollte es wohl auch einer von den Vorzügen der Alten gewesen seyn? daß das höchste pathetische auch nur ästhetisches Spiel bey ihnen gewesen wäre, da bey uns die Naturwahrheit mitwirken muß um ein solches Werk hervorzubringen.[373] Ich kenne mich zwar nicht selbst genug um zu wissen, ob ich eine wahre Tragödie schreiben könnte, ich erschrecke aber blos vor dem Unternehmen und bin beynahe überzeugt daß ich mich durch den bloßen Versuch zerstören könnte.

Unser guter alter College Schnauß hat sich denn endlich auch davon gemacht. Vielleicht habe ich bey Bibliotheksachen künftig einigen Einfluß. Sagen Sie ob Sie die Idee vor thulich halten mit der ich mich schon lange trage: die hiesige, die Büttnerische und Akademische Bibliothek, virtualiter, in Ein Corpus zu vereinigen und über die verschiedenen Fächer, so wie über einen bestimmtern und zweckmäßigern Ankauf Abrede zu nehmen und Verordnungen zu geben. Bey der jetzigen Einrichtung gewinnt niemand nichts, manches Geld wird unnütz ausgegeben, manches Gute stockt, und doch sehe ich Hindernisse genug voraus die sich finden werden, nur damit das rechte nicht auf eine andere Art geschehe als das unzweckmäßige bisher bestanden hat.

Noch habe ich vierzehn Tage zu thun um manches einzuleiten, die neuen Theatercontracte in Ordnung zu bringen und was andere Dinge mehr, sind. Dann will ich aber auch gleich zu meiner Tages-Einsamkeit des Jenaischen Schlosses und zu unsern Abendgesprächen eilen.

Meyern werde ich wohl nicht mitbringen, denn ich habe die Erfahrung wieder erneuert: daß ich nur[374] in einer absoluten Einsamkeit arbeiten kann, und daß nicht etwa nur das Gespräch, sondern sogar schon die häusliche Gegenwart geliebter und geschätzer Personen meine poetische Quellen gänzlich ableitet. Ich würde jetzt in einer Art von Verzweiflung seyn, weil auch jede Spur eines productiven Interesse bey mir verschwunden ist, wenn ich nicht gewiß wäre es in den ersten 8 Tagen in Jena wiederzufinden.

Ich lege einen Band Gedichte bey, von einem Menschen, aus dem vielleicht was geworden wäre, wenn er nicht in Nürnberg lebte, und die Dichtart zu finden wüßte zu der er Talent hat. Manches dünkt mich hat ein humoristisches Verdienst, obgleich manches sehr mißlungen ist. Da Sie so gern von jungen Männern etwas hoffen und mancherley Beyträge nutzen können, so kommt es auf Sie an ob man mit ihm das Verhältniß fortsetzen und ihm einigen Muth machen soll?

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau.

Geßler riskirt viel, die Schöne sich selbst zu überlassen. Es verdrießt mich daß wir ihn nicht angetroffen haben. Meyer kennt die Schöne. Übrigens wandeln noch manche seltsame Kometen an dem Himmel Amors und Hymens herum, was sie deuten und bringen ist noch ungewiß.

Ich lege noch einen kleinen historischen Versuch bey, sagen Sie mir doch Ihre Meinung darüber, und in[375] wie fern man allenfalls eine kleine Sammlung ähnlicher Arbeiten einem Buchhändler empfehlen könnte?

Nochmals ein Lebewohl.

W. d. 9. Dez. 97.

G.


12/3692.


An Johann Georg Lenz

Haben Sie, werthester Herr Professor, doch die Gefälligkeit mir anzuzeigen was Ihnen von fossilen brennbaren Materialien, es seyen Stein-, Braunkohlen, bituminose Erde oder Torf, in Thüringen, besonders in dem untern Theile der Thäler der Unstrut, der Ilm und Saale bekannt ist? und was man etwa schon auf den dazwischenliegenden Höhen gefunden hat? so wie auch unter welchen Umständen man die Fossilen antrifft? Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 10. Dec. 1797.


12/3693.


An Friedrich Eberhard Rambach

Das von Ew. Wohlgeboren vormals anhergesendete Stück ist seit einigen Tagen in meinen Händen. Ich verfehle nicht solches zu melden und erwarte weitere Anweisung, wohin ich dasselbe zu senden habe. Der Ankauf neuer Manuscripte wird von unserer Oberdirection[376] meistens abgelehnt, da unser Publicum, wie wir leider aus der Erfahrung wissen, uns in solchen Fällen für die Auslage selten entschädiget. Ich habe die Ehre mich Ihrem geneigten Andenken zu empfehlen und wünsche recht wohl zu leben.

G.


12/3694.


An Friedrich Schiller

Die neuen Kunstwerke in unserm Hause ziehen uns heute früh einen Damenbesuch zu, deswegen nur so viel in Eile.

Eine Schilderung der Fähigkeiten unseres Theater-Personals will ich Ihnen ehestens selbst machen, besonders bezüglich auf Ihr Stück dessen Bedürfnisse ich im allgemeinen doch kenne.

Übrigens fahren Sie nur ohne Sorge fort. Die innere Einheit die der Wallenstein haben wird muß gefühlt werden und Sie haben große Privilegia auf dem Theater. Ein ideales Ganze imponirt den Menschen, wenn sie es auch im einzelnen nicht dechiffriren, noch den Werth der einzelnen Theile zu schätzen wissen.

Durch eine sonderbare Veranlassung bin ich aufgefordert über das deutsche Theater im allgemeinen zu denken, und da ich doch manchmal wider willen im Schauspiel sitzen muß, so suche ich aus dieser Aufopferung einigen Gewinn.

[377] Leben Sie recht wohl, ich freue mich daß die Zeit herannahet die mir ein gesammeltes Daseyn und Ihre Nähe bescheren soll.

Weimar am 13. Dec. 1797.

G.


12/3695.


An Friedrich Schiller

Hier überschicke ich den Hygin, und würde zugleich rathen sich die Adagia des Erasmus anzuschaffen die leicht zu haben sind. Da die alten Sprichwörter meist auf geographischen, historischen, nationellen und individuellen Verhältnissen ruhen, so enthalten sie einen großen Schatz von reellem Stoff. Leider wissen wir aus der Erfahrung, daß dem Dichter niemand seine Gegenstände suchen kann, ja daß er sich selbst manchmal vergreift.

Freund Meyer ist fleißig und schreibt seine Gedanken über diese Materie zusammen, es kommen die wunderbarsten Dinge zur Sprache.

Die Horen haben jetzo wie es scheint ihr weibliches Zeitalter, es ist auch gut wenn sie nur dadurch ihr litterarisches Leben erhalten.

Ich bin bis jetzt weder zu großem noch zu kleinem nütze und lese nur indessen, um mich im guten zu erhalten, den Herodot und Thucydides, an denen ich zum erstenmal eine ganz reine Freude habe, weil ich sie nur ihrer Form und nicht ihres Inhalts wegen lese.

[378] Mein größter Wunsch ist nunmehr bald bey Ihnen zu seyn und die Annäherung der Sonne wieder zu empfinden, indessen nutze ich die trüben und bösen Tage so gut als möglich. Leben Sie recht wohl und thun Sie desgleichen.

Weimar am 16. Dec. 1797.

G.


12/3696.


An August Wilhelm Schlegel

Nur mit wenigen Worten, werthester Herr Rath, will ich sogleich für Ihren freundlichen Brief vom 22ten September danken, der mich auf der Reise so angenehm überrascht haben würde und mir leider erst vor einigen Tagen zugekommen ist. Die Stockung eines ganzen Packetes in Frankfurt hat mir manche Unruhe gemacht.

Ich freue mich sehr Ihrer Theilnahme an meinen Arbeiten und kann versichern daß die Empfindung wechselseitig ist. In kurzer Zeit habe ich das Vergnügen Sie in Jena zu sehen, wo es manches zu begeben wird. Mit sehr viel Vergnügen habe ich gleich nach meiner Ankunft den zweyten Theil Ihres Schäkesspears erhalten und gelesen. Bewahren Sie beykommendes Exemplar meines neuesten Gedichtes zu meinem Andenken, wie sehr wünsche ich auch Ihre Gedanken darüber zu hören und zugleich zu sehen was Sie indessen gearbeitet haben. Die besten Grüße[379] an Ihre liebe Gattin so wie an Ihren Herrn Bruder, Leben Sie recht wohl.

Weimar am 16. Dec. 1797.

Goethe.


12/3697.


An Friedrich Schiller

Ich wünsche und hoffe daß gegenwärtiger Brief Sie wieder in leidlichen Gesundheitsumständen finden möge, und danke für das Schreiben Ihrer lieben Frau, die mir durch Mittheilung der energischen märkischen Kunstproducte eine besondere Freude gemacht hat.

Ihr Brief vom zweyten October ist nebst dem Almanach auch wieder zurückgekommen und fehlt also nichts mehr an unserer wechselseitigen Correspondenz.

Oberons goldne Hochzeit haben Sie mit gutem Bedachte weggelassen, sie ist die Zeit über nur um das doppelte an Versen gewachsen und ich sollte meinen im Faust müßte sie am besten ihren Platz finden.

Seit der Erscheinung der Schlegelschen Recension meines Herrmanns habe ich die Gesetze der Epopée und des Dramas wieder durchgedacht und glaube auf gutem Wege zu seyn. Die Schwierigkeit bey diesen theoretischen Bemühungen ist immer, die Dichtarten von allem zufälligen zu befreyen. Nächstens erhalten Sie[380] wohl einen kleinen Aufsatz darüber und ich mag daher nichts weiter voraussagen. Den Verfasser der Elegien im Almanach kennt Meyer recht gut und wird Ihnen dereinst selbst eine Schilderung desselben machen, er ist eigentlich Bildhauer.

Nach nichts verlangt mich jetzo mehr als nach Ihrem Wallenstein.

Erholen Sie sich ja bald wieder von Ihrem Übel. Möchte ich doch schon diese Tage, die sich heiter anlassen, bey Ihnen zubringen können!

Weimar am 20. Dec. 1797.

G.


12/3698.


An Friedrich Schiller

In der Beylage erhalten Sie meinen Aufsatz, den ich zu beherzigen, anzuwenden, zu modifciren und zu erweitern bitte. Ich habe mich seit einigen Tagen dieser Kriterien beym Lesen der Ilias und des Sophokles bedient, so wie bey einigen epischen und tragischen Gegenständen, die ich in Gedanken zu motiviren versuchte, und sie haben mir sehr brauchbar, ja entscheidend geschienen.

Es ist mir dabey recht aufgefallen wie es kommt, daß wir Moderne die Genres so sehr zu vermischen geneigt sind, ja daß wir gar nicht einmal im Stand sind sie von einander zu unterscheiden. Es scheint[381] nur daher zu kommen, weil die Künstler, die eigentlich die Kunstwerke innerhalb ihren reinen Bedingungen hervorbringen sollten, dem Streben der Zuschauer und Zuhörer, alles völlig wahr zu finden, nachgeben. Meyer hat bemerkt, daß man alle Arten der bildenden Kunst hat bis zur Mahlerey hinantreiben wollen, indem diese durch Haltung und Farben die Nachahmung als völlig wahr darstellen kann. So sieht man auch im Gang der Poesie daß alles zum Drama, zur Darstellung des vollkommen Gegenwärtigen sich hindrängt. So sind die Romane in Briefen völlig dramatisch, man kann deswegen mit Recht förmliche Dialoge, wie auch Richardson gethan hat, einschalten; erzählende Romane mit Dialogen untermischt würden dagegen zu tadeln seyn.

Sie werden hundertmal gehört haben, daß man nach Lesung eines guten Romans gewünscht hat, den Gegenstand auf dem Theater zu sehen, und wie viel schlechte Dramen sind daher entstanden! Eben so wollen die Menschen jede interessante Situation gleich in Kupfer gestochen sehen. Damit nur ja ihrer Imagination keine Thätigkeit übrig bleibe, so soll alles sinnlich wahr, vollkommen gegenwärtig, dramatisch seyn und das dramatische selbst soll sich dem wirklich wahren völlig an die Seite stellen. Diesen eigentlich kindischen, barbarischen, abgeschmackten Tendenzen sollte nun der Künstler aus allen Kräften widerstehn, Kunstwerk von Kunstwerk durch undurchdringliche Zauberkreise[382] sondern, jedes bey seiner Eigenschaft und seinen Eigenheiten erhalten, so wie es die Alten gethan haben und dadurch eben solche Künstler wurden und waren. Aber wer kann sein Schiff von den Wellen sondern, auf denen es schwimmt? Gegen Strom und Wind legt man nur kleine Strecken zurück.

So war z.B. bey den Alten ein Basrelief ein wenig erhobenes Werk, eine flache, geschmackvolle Andeutung eines Gegenstands auf einer Fläche, allein dabey konnte der Mensch nicht bleiben, es wurde halb erhoben, ganz erhoben, Glieder abgesondert, Figuren abgesondert, Perspective angebracht, Straßen, Wolken, Berge und Landschaften vorgestellt, und weil nun auch dies durch Menschen von Talent geschah so fand das völlig unzulässige desto eher Eingang, als man es dadurch gerade dem ungebildeten Menschen desto mehr nach seinem Sinne machte. So kommt unter Meyers Abhandlung die sehr artige, hierher gehörige Geschichte vor, wie man in Florenz die Figuren aus Thon glasirt und erst einfärbig, dann mehrfärbig gemahlt und emaillirt hat.

Um nun zu meinem Aufsatze zurückzukommen, so habe ich den darinn aufgestellten Maßstab an Herrmann und Dorothea gehalten und bitte Sie desgleichen zu thun, wobey sich ganz interessante Bemerkungen machen lassen, als z.B.

1. Daß kein ausschließlich episches Motiv, das heißt kein retrogradirendes, sich darinn befinde, sondern[383] daß nur die vier andern, welche das epische Gedicht mit dem Drama gemein hat, darinn gebraucht sind.

2. Daß es nicht außer sich wirkende, sondern nach innen geführte Menschen darstellt und sich auch dadurch von der Epopée entfernt und dem Drama nähert.

3. Daß es sich mit Recht der Gleichnisse enthält, weil bey einem mehr sittlichen Gegenstande das Zudringen von Bildern aus der physischen Natur nur mehr lästig gewesen wäre.

4. Daß es aus der dritten Welt, ob gleich nicht auffallend, noch immer genug Einfluß empfangen hat, indem das große Weltschicksal theils wirklich, theils durch Personen, symbolisch, eingeflochten ist und von Ahndung, von Zusammenhang einer sichtbaren und unsichtbaren Welt doch auch leise Spuren angegeben sind, welches zusammen nach meiner Überzeugung an die Stelle der alten Götterbilder tritt, deren physisch-poetische Gewalt freylich dadurch nicht ersetzt wird.

Schließlich muß ich noch von einer sonderbaren Aufgabe melden, die ich mir in diesen Rücksichten gegeben habe, nämlich zu untersuchen: ob nicht zwischen Hektors Tod und der Abfahrt der Griechen von der Troianischen Küste, noch ein episches Gedicht inne liege? oder nicht? ich vermuthe fast das letzte und zwar aus folgenden Ursachen:

[384] 1. Weil sich nichts retrogradirendes mehr findet, sondern alles unaufhaltsam vorwärts schreitet.

2. Weil alle noch einigermaßen retardirende Vorfälle das Interesse auf mehrere Menschen zerstreuen und, obgleich in einer großen Masse, doch Privatschicksalen ähnlich seyn. Der Tod des Achills scheint mir ein herrlich tragischer Stoff, der Tod des Ajar, die Rückkehr des Philoktets sind uns von den Alten noch übrig geblieben. Polyxena und Hekuba und andere Gegenstände aus dieser Epoche waren auch behandelt. Die Eroberung von Troja selbst ist, als Erfüllungsmoment eines großen Schicksals, weder episch noch tragisch und kann bey einer ächten epischen Behandlung nur immer vorwärts oder rückwärts in der Ferne gesehen werden. Virgils rhetorisch-sentimentale Behandlung kann hier nicht in Betracht kommen.

So viel von dem was ich gegenwärtig einsehe, salvo meliori, denn, wenn ich mich nicht irre, so ist diese Materie, wie viele andere, eigentlich theoretisch unaussprechlich. Was das Genie geleistet hat sehen wir allenfalls, wer will sagen was es leisten könnte oder sollte.

Nun da die Boten gehen, nur noch ein Lebewohl für Sie und Ihre liebe Frau. Halten Sie sich ja stille bis die böse Zeit vorüber ist. Von unserm Almanach höre ich überall her manches gute. Wann ich kommen kann weiß ich noch nicht, die Theaterangelegenheiten halten mich fürcht ich länger als ich[385] glaubte, so lebhaft auch mein Wunsch ist Sie wiederzusehen. Nochmals ein Lebe wohl.

Weimar am 23. Dec. 1797.

G.


12/3699.


An Friedrich Schiller

So leid es mir thut zu hören daß Sie noch nicht ganz zur Thätigkeit hergestellt sind, ist es mir doch angenehm daß mein Brief und Aufsatz Sie einigermaßen beschäftigt hat. Ich danke für den Ihrigen, der eine Sache noch weiter führt, an der uns so viel gelegen seyn muß. Leider werden wir Neuern wohl auch gelegentlich als Dichter geboren und wir plagen uns in der ganzen Gattung herum ohne recht zu wissen woran wir eigentlich sind, denn die specifischen Bestimmungen sollten, wenn ich nicht irre, eigentlich von außen kommen und die Gelegenheit das Talent determiniren. Warum machen wir so selten ein Epigramm im griechischen Sinn? weil wir so wenig Dinge sehen die eins verdienen. Warum gelingt uns das Epische so selten? weil wir keine Zuhörer haben. Und warum ist das Streben nach theatralischen Arbeiten so groß? weil bey uns das Drama die einzig sinnlich reizende Dichtart ist, von deren Ausübung man einen gewissen gegenwärtigen Genuß hoffen kann.

Ich habe diese Tage fortgefahren die Ilias zu[386] studiren, um zu überlegen, ob zwischen ihr und der Odyssee nicht noch eine Epopée inne liege. Ich finde aber nur eigentlich tragische Stoffe, es sey nun daß es wirklich so ist, oder daß ich nur den epischen nicht finden kann.

Das Lebensende des Achills mit seinen Umgebungen ließe eine epische Behandlung zu und forderte sie gewissermaßen, wegen der Breite des zu bearbeitenden Stoffs. Nun würde die Frage entstehen: ob man wohl thue einen tragischen Stoff allenfalls episch zu behandeln? Es läßt sich allerley dafür und dagegen sagen. Was den Effect betrifft, so würde ein Neuer der für Neue arbeitet immer dabey in Vortheil seyn, weil man ohne pathologisches Interesse wohl schwerlich sich den Beyfall der Zeit erwerben wird.

So viel für diesmal. Meyer arbeitet fleißig an seiner Abhandlung über die zur bildenden Kunst geeigneten Gegenstände, es kommt dabey alles zur Sprache was auch uns interessirt und es zeigt sich, wie nah der bildende Künstler mit dem Dramatiker verwandt ist. Möchten Sie sich doch recht bald erholen und ich zur Freyheit gelangen Sie nächstens besuchen zu können.

Weimar am 27. Dec. 1797.

G.[387]


12/3700.


An Charlotte von Schiller

[29. December 1797.]

Wie sehr wünscht ich daß Sie in bessern Tagen zu uns gekommen wären und auch länger blieben, daß Sie mich mit den Ihrigen in meinem Klosterbesuchen könnten.

Von Schiller hatte ich heute einen Brief, ich habe auch geantwortet. Grüßen Sie ihn schönstens!

G.


12/3701.


An Friedrich Schiller

Da ich heute früh eine Gesellschaft erwarte um Meyers Arbeiten zu sehen, so will ich Ihnen nur für Ihren und den Humboldtischen Brief hiermit gedankt haben.

Ich bin Ihrer Meinung daß man nur deßwegen so strenge sondern müsse, um sich nachher wieder etwas durch Aufnahme fremdartiger Theile etwas erlauben zu können. Ganz anders arbeitet man aus Grundsätzen als aus Instinkt, und eine Abweichung, von deren Nothwendigkeit man überzeugt ist, kann nicht zum Fehler werden. Die theoretischen Betrachtungen können mich nicht lange mehr unterhalten, es muß nun wieder an die Arbeit gehen und dazu muß ich mich auf das alte[388] Jenaische Kanapé, wie auf einen Dreyfuß, begeben; wie ich denn überhaupt mich für dieses Jahr in unserm Kreise zu halten hoffe.

Leben Sie recht wohl, es that mir leid daß Ihre liebe Frau so bald wieder forteilte und nicht einmal zu unsern Kunstschätzen wallfahrten konnte. Ihre Hoffnung die Sie von der Oper hatten würden Sie neulich in Don Juan auf einen hohen Grad erfüllt gesehen haben, dafür steht aber auch dieses Stück ganz isolirt und durch Mozarts Tod ist alle Aussicht auf etwas ähnliches vereitelt.

Weimar am 30. Dec. 1797.

G.

Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 13.
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