1798

13/3702.


An Johann Friedrich Cotta

Mit vielem Dank zeige ich Ihnen, werthester Herr Cotta, hiermit an daß die verschiedenen Packete zur rechten Zeit bey mir eingetroffen sind. Sie haben, durch diese gütige Besorgung, die mancherlei Gefälligkeiten, die Sie auf meiner Reise für mich gehabt, ganz vollständig gemacht, und indem ich dasjenige mustere, was ich auf meinem Wege gesammelt, so finde ich gar vieles das ich Ihrer zukommenden Aufmerksamkeit schuldig bin, ich wünsche auch bald etwas dagegen übersenden zu können.

In einigen Tagen gedenke ich nach Jena zu gehen um mich von der Zerstreuung zu erholen, in welcher ich hier bisher gelebt habe, vielleicht bringt mir jene Einsamkeit etwas das Sie bey Ihrem Vorhaben brauchen können.

Mit Verlangen sehe ich den ersten Stücken der neuen Zeitung entgegen, die, so wie es scheint, auch in unsern Gegenden manchen Liebhaber finden wird. Es ist eine wahre Attention der Franzosen für dieses Blatt daß sie sowohl Erklärungen als Thaten bis[1] ins neue Jahr aufgespart haben; für die erste Zeit wenigstens kann es an Stoff nicht fehlen.

Leben Sie recht wohl, gedenken Sie meiner und erneuern gelegentlich mein Andenken in Ihrem Kreise.

Weimar am 1. Januar 1798.

Goethe.


13/3703.


An Carl Ludwig von Knebel

Beyliegendes Blatt giebt nähere Auskunft was mit den Büchern und dem Gelde zu thun, du hast die Güte das nöthige zu besorgen.

Wir hatten um so mehr Ursache uns deines freundlichen Empfangs in Nürnberg zu freuen, da es das letzte Gute war das uns auf der Reise begegnete, Weg und Wetter fanden wir nachher abscheulich.

Seit meinem Hiersein habe ich mehr einiges vorbereitet als etwas gethan, in dieser Jahreszeit bin ich ohnedies nicht zu viel Gutem aufgelegt und die Reise hatte mich besonders zerstreut. Man ist in einem gewissen Alter an einen gewissen Ideengang gewöhnt, das neue was man sieht ist nicht neu und erinnert mehr an unangenehme als angenehme Verhältnisse, und ganz vorzügliche Gegenstände begegnen einem doch selten.

Ich will nun nach und nach wieder an irgend eine Arbeit gehen, denn wenn ein Jahr nicht lehr verlaufen soll so muß man beizeiten anfangen. Ich[2] denke den Faust zuerst vorzunehmen, und zu gleicher Zeit meine physikalischen und naturhistorischen Arbeiten fortzusetzen. Wie weit wir kommen muß die Folge zeigen.

Wir haben jetzt ein Paar Elephanten hier, die, nebst ihrer übrigen Gesellschaft, unser altes und junges Publikum sehr in Bewegung setzen. Außer noch einigen wilden Tieren sind außerordentlich schöne Papageyen dabey.

In einiger Zeit denke ich nach Jena zu gehen und innerhalb deiner vier Wände mir Stimmung zu allerley Gutem zu holen. Lebe du auch indessen recht wohl, und laß mich von dir hören. Deine Freundin ist, wie ich höre zu den Ihrigen und so dein Wunsch für den Augenblick erfüllt. Möge die Zeit dir das beste bringen. Nochmals Dank für alles gute. Meyer ist sehr heiter, er grüßt und schreibt. W. d. 2. Jan. 98.

G.


Grüße die Freunde bestens.

Du hast ja wohl die Güte durch deinen Bedienten, oder sonst einen dienstbaren Geist, die Antwort auf inliegendes Blatt bey dem Mechanikus Behringer abholen zu lassen und mir solche zu melden. Ich habe den Mann selbst besucht und er versprach mir in einigen Monaten den angefangenen Globus zu liefern.[3]


13/3703a.


An David Beringer

Der Herr Mechanikus Beringer zu Nürnberg wird hiermit ersucht: Überbringern dieses Nachricht zu geben wann der, an Endesunterzeichneten, versprochne Erdglobus fertig werden könnte? so wie auch was der Preis desselben sey? damit man wegen der Bezahlung die nöthige Ordre nach Nürnberg geben könne. Weimar am 2. Januar 1798.

J. W. v. Goethe.[18]


13/3704.


An Friedrich Schiller

Es ist mir dabei ganz wohl zu Muthe, daß wir zum Neuenjahre einander so nahe sind, ich wünsche nur daß wir uns bald wieder sehen und einige Zeit in der Continuation zusammen leben. Ich möchte Ihnen manche Sachen mitteilen und vertrauen, damit eine gewisse Epoche meines Denkens und Dichtens schneller zur Reife komme.

Ich freue mich sehr darauf etwas von Ihrem Wallenstein zu sehen, weil mir auch dadurch eine neue Theilnahme an Ihrem Wesen möglich wird. Ich wünsche nichts mehr als daß Sie ihn dies Jahr vollbringen mögen.

Schon künftigen Sonntag gedachte ich zu Ihnen zu kommen, es scheint sich aber ein neues Hinderniß dazwischen zu stellen, auf den Sonnabend werde ich mehr sagen können. Sie erhalten alsdann auch eine Abschrift eines alten Gesprächs zwischen einem Chinesischem Gelehrten und einem Jesuiten, in welchem jener sich als ein schaffender Idealist, dieser als ein völliger Reinholdianer zeigt. Dieser Fund hat mich unglaublich amüsiert und mir eine gute Idee von dem Scharfsinn der Chineser gegeben.

Das Buch von Retif habe ich noch nicht gesehen, ich will es zu erhalten suchen.

[4] Wenn uns als Dichtern, wie den Taschenspielern, daran gelegen sein müßte daß niemand die Art, wie ein Kunststückchen hervorgebracht wird, einsehen dürfte; so hätten wir freylich gewonnnen Spiel, so wie jeder, der das Publikum zum besten haben mag, indem er mit dem Strome schwimmt, auf Glück rechnen kann. In Hermann und Dorothea habe ich, was das Material betrifft, den Deutschen ihren Willen gethan und nun sind sie äußerst zufrieden. Ich überlege jetzt ob man nicht auf eben diesem Wege ein dramatisches Stück schreiben könnte? das auf allen Theatern gespielt werden müßte und das jedermann für fürtrefflich erklärte, ohne daß es der Autor selbst dafür zu halten brauchte.

Dieses und so vieles andere muß bis zu unserer Zusammenkunft verschoben bleiben. Wie sehr wünschte ich daß Sie in diesen Tagen bey uns wären, um eine der größten Unformen der organischen Natur, den Elephanten, und die anmuthigste der Kunstgestalten, die Florentinische Madonna des Raphaels, in Einer Stunde und also gleichsam nebeneinander zu sehen.

Schellings Ideen zu einer Philosophie der Natur bringe ich mit, es wird uns Anlaß zu mancher Unterhaltung geben.

Leben Sie recht wohl, und grüßen mir Ihre liebe Frau recht vielmals.

Friedrich Schlegel hat in ein Stück des Lyceums, da das Journal in Berlin gedruckt wird, wo er sich[5] jetzt befindet, als es an Manuscript fehlte, ohne Reichardts Vorwissen, eine tollen Aufsatz einrücken lassen, worin er auch Voß angreift und worüber sich dann die edlen Freunde brouillirten.

Weimar am 3. Januar 1798.

G.


13/3705.


An den Herzog Carl August

Wegen des Herderischen Briefes und Ansuchens kann ich folgende Auskunft geben.

1. Was die 100 Thaler betrifft, so wurden solche, bis vor einem Jahre, alle Weihnachten, in Rücksicht zweier Kinder, versprochenermaßen gezahlt, so wie noch 50 Thaler für eines (namentlich Wilhelm) aus Durchl. Frau Gemahlin Schatoulle abgegeben werden. Wollte man es nun streng nehmen, so würden, weil für August besonders gesorgt wird, allenfalls 50 Thaler wegfallen und die anderen 50 Thaler auf eines der anderen Geschwister zu zahlen sein, ich dachte daher ob sie nicht Adelberten zuzuwenden wären.

2. Was das Stipendium für August belangt, so kommt es dabei, weil es keine fortlaufende Pension oder Besoldung ist, auf den Terminum a quo eigentlich nicht an, sondern vielmehr wie oft er solches erhalten solle. Drei Jahre ist die gewöhnliche Studienzeit, auf das vierte, das wegen Reisen[6] und sonstigen Umständen gewöhnlich das schwerste wird, würde freilich ein Beitrag gleichfalls sehr erwünscht sein.

Leider entbehre ich heute nicht nur Ihrer Tafel, sondern muß auch 4 bis 5 betrübte Stunden in der Probe zubringen, um morgen mit einer mäßigen Unterhaltung aufwarten zu können.

W. d. Jan. 98.

Goethe.


13/3706.


An Friedrich Schiller

Ich wünsche Ihnen Glück zu Ihrer Zufriedenheit mit dem fertigen Teil Ihres Werkes. Bey der Klarheit, mit der Sie die Forderungen übersehen, die Sie an sich zu machen haben, zweifle ich nicht an der völligen Gültigkeit Ihres Zeugnisses. Das günstige Zusammentreffen unserer beyden Naturen hat uns schon manchen Vortheil verschafft und ich hoffe dieses Verhältnis wird immer gleich fortwirken. Wenn ich Ihnen zum Repräsentanten mancher Objecte diente, so haben Sie mich von der allzustrengen Beobachtung der äußern Dinge und Ihrer Verhältnisse auf mich selbst zurückgeführt, Sie haben mich die Vielseitigkeit des innern Menschen mit mehr Billigkeit anzuschauen gelehrt, Sie haben mir eine zweyte Jugend verschafft und mich wieder zum Dichter gemacht, welches zu seyn ich so gut als aufgehört hatte.

[7] Sehr sonderbar spüre ich noch immer den Effect meiner Reise. Das Material, das ich darauf erbeutet, kann ich zu nichts brauchen und ich bin außer aller Stimmung gekommen irgend etwas zu thun. ich erinnere mich aus früherer Zeit eben solcher Wirkungen und es ist mir aus manchen Fällen und Umständen recht wohl bekannt: daß Eindrücke die mir sehr lange im Stillen wirken müssen, die bis zum poetischen Gebrauche sich willig finden lassen. Ich habe auch deswegen ganz pausirt und erwarte nur was mir mein erster Aufenthalt in Jena bringen wird.

Die Körnersche Aufnahme des Pausias ist abermals sehr merkwürdig. Man soll nur seine Arbeiten so gut und so mannigfaltig machen als man kann, damit sich jeder etwas auslese und auf seine Weise daran Theil nehme. Körners Bemerkung hat in sich was richtiges, die Gruppe des Gedichts ist so entschieden als wenn sie gemahlt wäre, nur durch Empfindung und Erinnerung belebt, wodurch denn der Wettstreit des Dichters mit dem Mahler auffallender wird.

Ich habe übrigens bei den Gedichten des letzten Musenalmanachs erst wieder recht deutlich gesehen wie die schätzbarste Theilnahme uns nichts lehren und keine Art von Tadel uns was helfen kann. So lange ein Kunstwerk nicht da ist hat niemand einen Begriff von seiner Möglichkeit, sobald es dasteht bleibt Lob und Tadel nur immer subjectiv und mancher, dem[8] man Geschmack nicht absprechen kann, wünscht doch etwas dazu und davon, wodurch vielleicht die ganze Arbeit zerstört würde, so das der eigentliche negative Werth der Kritik, welcher immer der wichtigste sein mag, uns auch nicht einmal frommen kann.

Ich wünsche in gar vielen Rücksichten daß Ihr Wallenstein bald fertig werden möge. Lassen Sie uns sowohl während der Arbeit, als auch hinterdrein die dramatischen Forderungen nochmals recht durcharbeiten. Seyn Sie künftig in Absicht der Wahl der Stoffe sehr vorsichtig, in Absicht des Plans und der Anlage genau und vorausbestimmend, so müßte es nicht gut sein wenn Sie, bei Ihren geübten Talenten und dem innern Reichthum, nicht alle Jahr ein paar Stücke schreiben wollten. Denn das scheint mir offenbar beym dramatischen Dichter nothwendig daß er oft auftrete, die Wirkung die er gemacht hat immer wieder erneuere, und wenn er das Talent hat darauf fortbaue.

Unsere arme Freundin Kalb ist wirklich sehr übel. Sie ist schon des besten Gebrauchs ihres Gesichts beraubt und es wäre wirklich möglich daß sie es ganz verlöre.

An den Julian will ich denken.

Hier schicke ich die angekündigte Philosophische Unterredung. Der Chineser würde mir noch besser gefallen, wenn er die Glutpfanne ergriffen und sie seinem Gegner mit diesen Worten überreicht hätte: »Ja, ich erschaffe sie, da nimm sie zu deinem Gebrauch!«[9] Ich möchte wissen was der Jesuite hierauf geantwortet hätte.

Bei Gelegenheit des Schellingischen Buches habe ich auch wieder verschiedene Gedanken gehabt, über die wir umständlicher sprechen müssen. Ich gebe gern zu das es nicht die Natur ist die wir erkennen, sondern daß sie nur nach gewissen Formen und Fähigkeiten unsers Geistes von uns aufgenommen wird. Von dem Appetit eines Kindes zum Apfel am Baume bis zum Falle desselben, der in Newton die Idee zu seiner Theorie erweckt haben soll, mag es freylich sehr viele Stufen des Anschauens geben und es wäre wohl zu wünschen daß man uns diese einmal recht deutlich vorlegte und zugleich begreiflich machte, was man für die höchste hält. Der transcendentelle Idealist glaubt nun freylich ganz oben zu stehen; eins will mir aber nicht an ihm gefallen, daß er mit den Vorstellungsarten streitet, denn man kann eigentlich mit keiner Vorstellungsart streiten. Wer will gewissen Menschen die Zweckmäßigkeit der organischen Naturen nach außen ausreden, da die Erfahrungen selbst täglich diese Lehre auszusprechen scheinen und man mit einer scheinbaren Erklärung der schwersten Phänomene so leicht wegkommt. Sie wissen wie sehr ich am Begriff der Zweckmäßigkeit der organischen Naturen nach innen hänge, und doch läßt sich ja eine Bestimmung von außen und ein Verhältniß nach außen nicht leugnen, wodurch man mehr oder weniger[10] sich jener Vorstellungsart sich wieder nähert, so wie man sie im Vortrag als Redensart nicht entbehren kann. Eben so mag sich der Idealist gegen die Dinge an sich wehren wie er will, er stößt doch eher er sichs versieht an die Dinge außer ihm, und wie mir scheint, sie kommen ihm immer beym ersten Begegnen so in die Quere wie dem Chineser die Glutpfanne. Mir will immer dünken daß wenn die eine Partey von außen hinein den Geist niemals erreichen kann, die andere von innen heraus wohl schwerlich zu den Körpern gelangen wird, und daß man also immer wohl schwerlich zu den Körpern gelangen wird, und daß man also immer wohl thut in dem philosophischen Naturstande (Schellings Ideen p. XVI.) zu bleiben und von seiner ungetrennten Existenz den besten möglichen Gebrauch zu machen, bis die Philosophen einmal übereinkommen wie das was sie nun einmal getrennt haben wieder zu vereinigen seyn möchte.

Ich bin abermals auf einige Puncte gekommen deren Bestimmung ich zu meinen nächsten Operationen brauche, und worüber ich mir Ihr Gutachten mündlich erbitten werde. Leben Sie recht wohl. Ich verschiebe meine Ankunft lieber noch einige Zeit um in der Continuation mit Ihnen erfreuliche und fruchtbare Tage verleben zu können.

W. d. 6. Jan. 98.

G.[11]


13/3707.


An Friedrich Schiller

Die letzten Tage waren wirklich von der Art daß man wohl that so wenig als möglich von dem Daseyn des Himmels und der Erde Notiz zu nehmen, wie ich mich denn auch meistens in meiner Stube gehalten habe. Indessen habe ich in diesen farb- und freudlosen Stunden die Farbenlehre wieder vorgenommen, und, um das was ich bisher gethan recht zu übersehen, in meinen Papieren Ordnung gemacht. Ich hatte nämlich von Anfang an Acten geführt und dadurch sowohl meine Irrthümer als meine richtigen Schritte, besonders aber alle Versuche, Erfahrungen und Einfälle conservirt. Nun habe ich diese Volumina auseinander getrennt, Papiersäcke machen lassen, diese nach einem gewissen Schema rubricirt und alles hineingesteckt, wodurch ich denn meinen Vorrath zu einem jeden Capitel desto besser übersehen kann, wobei ich alle unnütze Papiere zerstören kann, indem ich das Nützliche absondere und zugleich das Ganze recapitulire. Jetzt hinterdrein sehe ich erst wie toll die Unternehmung etwas ähnliches wieder einzulassen. Denn selbst jetzt da ich mich so weit durchgearbeitet habe, bedarf es noch einer großen Arbeit bis ich mein Material zu einer reinen Darstellung bringe. Indessen habe ich dabey sehr an Ausbildung gewonnen, denn, ohne diese[12] seltsame Theilnahme, wäre es meiner Natur kaum vergönnt gewesen einen Blick in diese Fächer zu thun. Ich lege einen kleinen Aufsatz bey der ohngefähr 4 bis 5 Jahre alt sein kann, es wird Sie gewiß unterhalten zu sehen wie ich die Dinge damals nahm.

Zugleich lege ich des Herrn Bouterweks ästhetische Bemühungen bey, die ich bis zu meiner Ankunft wohl zu verwahren bitte. Nicht leicht ist mir etwas so wunderlich vorgekommen. Das Ganze scheint mir aus alter überlieferter Waare, aus eignen unbestimmten Ansichten und Lappen der neuen Philosophie zu bestehen. Es müßte lustig genug seyn wenn man dereinst nachgeschriebene Hefte erwischen könnte, wornach ich aufstellen will.

Cotta ist sehr artig daß er uns seine neue Weltkunde überschickt, ich werde ihm selbst danken. Das Blatt wird ein großes Publikum finden, ob ich gleich nicht leugnen will daß mir die Manier widersteht, sie erinnert mich an die Schubartische Chronik und hat weder Geschmack noch Würde, doch was hat das zu bedeuten. Wenn Freund Cotta nur seine Rechnung dabey findet. Wenn ich in der Folge mit irgend einem Beytrag ihm dienen kann so werde ich es gerne thun. Das dritte Stück habe ich gestern schon unmittelbar erhalten.

Halten Sie sich so gut als möglich! ich will auch den Januar noch hier ausdauern, auf den 30. noch eine Oper geben und dann zu Ihnen hinüber eilen,[13] wo ich den Wallenstein auf gutem Wege zu finden hoffe, ich werde wohl indessen nichts thun können als aufräumen und ordnen. Leben Sie recht wohl.

Weimar am 10. Jan. 1798.

G.


13/3708.


An Gottlieb Hufeland

Ew. Wohlgeb.

sage den verbindlichsten Dank für die sobald besorgten göttingischen Blätter. Das Opus ist äußerst wunderlich, die mehr oder weniger alten und neuen ästhetischen Ingredienzien sind auf eine seltsame Weise zusammengestellt. Sollten Ihnen, auf irgend einem Wege, dereinst nachgeschriebene Hefte vorkommen, so wäre ich neugierig zu sehen wie er gewisse aufgeworfne Fragen beantwortet.

Mein Wunsch Sie bald in Jena zu sehen wird immer lebhafter. Ich bin nun einmal an diese Ausflucht so gewohnt, daß ich nicht lange hier seyn kann ohne mich darnach zu sehnen. Leben Sie recht wohl und erfreuen sich einer ununterbrochenen Thätigkeit.

Weimar am 10. Jan. 1798.

Goethe.


13/3709.


An C. G. Voigt und N.N.

Hierbey folgt das Verzeichniß der Mineralien welche auf dem Gotthardt zu haben sind. Wenn drey[14] oder vier Liebhaber zusammenträten und jeder für zwey Karolin zu nehmen sich engagirte, dabey aus dem Katalogo auszeichnete was er vorzüglich zu besitzen wünschte, so wollte ich wohl eine Kiste der Art kommen lassen. Ich habe die Gelegenheit daß die Kiste an Herrn Geßner in Zürch addressirt werden kann, der sie alsdann nach Leipzig gehen läßt, woher wir sie sodann überkommen, ich lasse auch das Geld durch ihn berichtigen und zahle seine Auslagen hier an Herrn Hofrath Wieland, die Spesen werden dadurch sehr unbedeutend.

Einen Theil der hier verzeichneten Mineralien kann man bey mir näher kennen lernen.

Weimar am 11. Januar 1798.

G.


13/3710.


An Johann Friedrich Cotta

Sie erzeigen mir durch die Übersendung der neusten Weltkunde eine besondre Aufmerksamkeit und machen mich aufs neue zu Ihrem Schuldner. Bey der Art wie das Blatt verfaßt ist zweifle ich nicht daß es sein Glück machen werde, ich werde nicht versäumen von Zeit zu Zeit etwas dazu beyzutragen.

An die mir übersendete Tabelle, für deren Mittheilung ich danke, schließt sich das neue Blatt vollkommen an und man erkennt in beyden denselben vorzüglichen Verfasser.

[15] Herr Oberconsistorialrath Böttiger legt ein Blättchen bey. Den Brief nach der Schweiz bitte bis Schafhausen zu frankiren.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 11. Januar 1798.

Goethe.[16]


13/3710a.


An Wilhelm von Wolzogen

Serenissimus befehlen nächstens eine Schloßbau-Session zu halten, und ich bin deßhalb beschäftigt ein Schema der Punkte worüber zu deliberiren seyn möchte aufzusetzen, und ersuche Ew. Hochwohlgeb. hiermit mir dasjenige, was Ihnen vorzüglich beygeht, nur ganz kurz und summarisch zu communiciren.

Weimar am 11. Jan. 1798.

Goethe.[134]


13/3711.


An Carl Ludwig von Knebel

Auf deinen lieben Brief will ich nur gleich einige Worte sagen, damit sie dich noch in Nürnberg antreffen.

Am zweyten Januar ist ein Packet mir verschiednen Dingen an dich abgegangen, welches du durch Herrn Merkel erhalten und die kleinen Aufträge gefällig besorgt haben wirst.

Ich wünsche dir Glück zu deinem Entschluß, denn in solchen Fällen bleibt doch zuletzt nichts übrig als sich zu einer oder der andern Aufopferung zu entschließen, und zu einer solchen Wahl kann sich der den es trifft doch immer nur zuletzt selbst bestimmen. Nimm es daher mit denen nicht zu genau die als bloße Zuschauer dir theils zu heftig widerstrebten, theils zweifelhaft waren was und wie sie mitwirken sollten, bey noch so verschiedner Überzeugung hat doch jeder nur dein Bestes, freilich auf seine Art und Weise, gewünscht, und nichts kann deinen Entschluß besser rechtfertigen als dein künftiges Glück.

[16] In wie fern Böttiger sich entschließen wird deine Anmerkungen zum Properz zu revidiren, wollen wir von ihm vernehmen. Er ist freylich über alle Begriffe überhäuft und es ist schwer sich in die Arbeit eines andern hinein zu denken. Du sollst bald erfahren was hat geschehen können.

Den Schlüssel zu deiner Stube wird Meyer gern übernehmen, nur absondern kann er ihn nicht.

Wenn du mir deine Quittungen schickst, so will ich die kleinen Geldgeschäfte gern besorgen.

Du hast in Ilmenau an dem Bergrath einen gar guten Nachbar und Agenten.

Geheime Rath Voigt wird dir gern in allem gefällig seyn was dir in Ilmenau wünschenswerth seyn mag.

Herr von Fürtenbach ist nicht in hiesigen Diensten angestellt, ich weiß auch nicht daß davon die Rede gewesen sey, er lebt still und ich wüßte von ihm weder etwas lobens- noch tadelnswürdiges zu sagen.

Du bist ja wohl so gut mir den angestrichnen Kupferstich No 37 in der Frauenholzischen Auction erstehen zu lassen, ich möchte aber nicht viel über einen Ducaten dafür geben.

Es freut mich daß du mein Gedicht nochmals vorlesen wollen. Einer Gesellschaft von Freunden harmonische Stimmungen zu geben und manches aufzuregen was bey den Zusammenkünften der besten Menschen so oft nur stockt sollte von rechtswegen die beste Wirkung der Poesie seyn.

[17] Seit ich zurück bin habe ich noch nichts hervorgebracht, dagegen aber vieles gelesen und manches vorbereitet. In diesen letzten Tagen habe ich die Farbenlehre wieder vorgenommen und will meine vielen Erfahrungen wenigstens so stellen daß meine Arbeit andern nicht ganz unnütz bleibe. Wenn ich genöthigt wäre diese Lehre nur zwey halbe Jahre öffentlich zu lesen so wäre alles gethan; aber die Gelehrsamkeit auf dem Papiere und zum Papiere hat gar zu wenig Reiz für mich. Man glaubt nicht wie viel todtes und Tödtendes in den Wissenschaften ist, bis man mit Ernst und Trieb selbst hineinkommt, und durchaus scheint mir die eigentlichen wissenschaftlichen Menschen mehr ein sophistischer als ein wahrheitsliebender Geist zu beleben. Doch es mag jeder sein Handwerk treiben.

Lebe nun schönstens wohl und komm uns glücklich näher, es läßt sich alsdann wohl eine ganz leidliche Communication nach Ilmenau einrichten. Indessen laß ehe du von Nürnberg weggehst noch ein Paar Worte von dir hören. Weimar d. 12. Jan. 1798.

G.


Vielleicht magst du an einer Sendung Theil nehmen die ich an Mineralien vom Gotthardt kommen lasse, magst du dich auf 1 bis 2 Karolin unterschreiben, so sollst du verhältnißmäßig interessante Sachen erhalten. Ich erbitte mir hierüber bald einige Nachricht.[18]


13/3712.


An Friedrich Schiller

Ihr lehrreicher Brief trifft mich eben bey den Farben der aneinandergedruckten Glasplatten, dem Phänomen das Sie selbst so sehr interessirte und das ich jetzt auf seine ersten Elemente zu verfolgen vorhabe, indem ich ein Capitel nach dem andern auszuarbeiten gedenke. Schreiben Sie doch ja bey Gelegenheit meines Aufsatzes was Sie denken hin, denn wir müssen jetzt einen großen Schritt thun und ich glaube wieder bey Gelegenheit des Schellingischen Buches zu bemerken, daß von den neuen Philosophen wenig Hülfe zu hoffen ist. Ich habe diese Tage, beym Zertrennen und Ordnen meiner Papiere, mit Zufriedenheit gesehen wie ich, durch treues Vorschreiten, und bescheidnes Aufmerken, von einem steifen Realism und einer stockenden Objectivität dahin gekommen bin daß ich Ihren heutigen Brief als mein eignes Glaubensbekänntniß unterschreiben kann. Ich will sehen ob ich durch meine Arbeit diese meine Überzeugung praktisch darstellen kann.

Indem ich diese Woche verschiedne physische Schriften wieder ansehe ist es mir recht aufgefallen, wie die meisten Forscher die Naturphänomene als eine Gelegenheit brauchen die Kräfte ihres Individuums anzuwenden und ihr Handwerk zu üben. Es geht über alle Begriffe wie zur Unzeit Newton den Geometer in seiner Optik macht, es ist nicht besser als wenn[19] man die Erscheinungen in Musik setzen oder in Verse bringen wollte, weil man Kapellmeister oder Dichter ist. Der Mechaniker läßt das Licht aus Kugeln bestehn, die sich einander stoßen und treiben, wie sie nun mehr oder weniger abprallen so müssen die verschiednen Farben entstehen; beym Chemiker solls der Wärmestoff und besonders in der neuern Zeit das Oxygen gethan haben; ein stiller und besonders bescheidner Mann wie Klügel zweifelt und läßt es dahingestellt seyn; Lichtenberg macht Späße und neckt die Vorstellungsarten der andern; Wünsch bringt eine Hypothese vor die toller ist als ein Capitel aus der Apokalypse, verschwendet Thätigkeit, Geschicklichkeit im Experimentiren, Scharfsinn im Combiniren an den absurdesten Einfall in der Welt; Gren wiederholt das alte, wie einer der ein symbolisches Glaubensbekenntniß abbetet, und versichert es sey das rechte. Genug es ist mehr oder weniger jedem darum zu thun seinen individuellen Zustand mit der Sache zu verbinden und sich wo möglich dabey seine Convenienz zu machen. Wir wollen nun sehen wie wir uns vor diesen Gefahren in Acht nehmen, helfen Sie mir mit aufmerken.

Ich will nächstens Ihnen ein Apperçu über das Ganze schreiben, um von meiner Methode, vom Zweck und Sinn der Arbeit Rechenschaft zu geben.

Heute nur noch meinen Glückwunsch zum fortschreitenden Wallenstein.

[20] Das tolle philosophische Gespräch ist aus des Erasmus Francisci neupolirtem Geschicht-, Kunst- und Sittenspiegel, einem abgeschmackten Buche, das aber manchen für uns brauchbaren Stoff enthält.

Leben Sie recht wohl. Die Botenfrau steht vor der Thüre.

W. d. 13. Jan. 1798.

G.


13/3713.


An Gottlob Heinrich Rapp

[Concept.]

[15. Januar.]

In der Überzeugung daß Sie die mir erwiesenen Gefälligkeiten gerne fortsetzen mögen bin ich so frey Ihre Geschäfte durch einen abermaligen Brief zu unterbrechen.

Was den Wunsch betrifft von Herrn Thourets Geschicklichkeit, bey unserm Schloßbau, Vortheil zu ziehen, so liegt ein besonderes Blatt bey, welches ich ihm zu übergeben bitte. Es ist so eingerichtet daß er solches vorweisen kann um allenfalls Urlaub darauf zu erhalten, wäre es nöthig sich von unserer Seite noch besonders an einen seiner Herrn Vorgesetzten, etwa an den Herrn Kammerpräsidenten, Kammerdirector, oder vielleicht an einen der Herren Geheimde Räthe zu wenden, so würde ich es gern thun, nur würde mir Herr Thouret den Rahmen anzeigen und die Sache präpariren, damit man einer Gewährung gewiß wäre. Ihren Durchlauchtigsten Herzog selbst[21] anzugehen möchte wohl nicht ganz der Sache gemäß seyn.

Sollte Herr Thouret bald abgehen können und zu seiner Reise Geld benöthigt seyn, so haben Sie die Güte ihm solches vorzustrecken und mir den Weg anzuzeigen wie ich es zu remboursiren habe.

Was das ofteologische Präparat betrifft so erlaubte ja wohl Herr Leib- und Stadtchirurgus Klein daß es abgezeichnet würde und unser Dannecker übergäbe ja wohl die Arbeit einem geschickten Künstler und dirigirte dieselbe. Ich wünschte zwey Zeichnungen, eine von unten, so daß man die Stellung der sämmtlichen Zähne in der Kinnlade sehen könnte, die andere von der Seite, so daß man die widernatürliche Lage des Zahns deutlich sähe. Wollte der Herr Besitzer mir etwa dazu die Krankheitsgeschichte der Person und was sonst zu bemerken wäre mittheilen und erlauben daß solche in das Loderische chirurgische Journal inserirt würde, so geschähe uns dadurch eine besondere Gefälligkeit. Die Belohnung des Zeichners haben Sie ja wohl die Güte einstweilen auszulegen.

Wäre Herr Conzertmeister Zumsteg, dem ich meinen besten Gruß zu vermelden bitte, geneigt mir eine Abschrift seiner Composition des ossianischen Gesanges zukommen zu lassen; so könnte Herr Prof. Thouret mir solche mitbringen. Wir besitzen an Dem. Jagemann eine sehr vorzügliche Sängerinn und ich wünschte den angenehmen Eindruck, den jene Composition in Stuttgard[22] auf mich gemacht, hier wieder zu erneuern und Freunden mitzutheilen.

Ich hoffe Ihre werthe Gattin, der neue Ankömmling und Ihre ganze Familie befindet sich wohl, ich wünsche Ihnen allen das beste.

Mögen Sie mir etwas von den Hauptveränderungen melden, welche sowohl in Absicht aufs Personal als auf die Sachen unter der neuen Regierung vorgehen, so werden Sie mich verbinden und können der strengsten Discretion gewiß seyn.

Leben Sie indessen recht wohl, und erhalten mir ein freundschaftliches Andenken.


13/3714.


An Nicolaus Friedrich Thouret

[Concept.]

Da wir bey Decoration des hiesigen fürstl. Schlosses Ihnen, mein werther Herr Professor, Gelegenheit zu geben wünschen, Ihr mannigfaltiges Talent zu zeigen, so war es uns um desto angenehmer zu hören daß Sie geneigt sind einige Zeit hierher zu kommen, um sich am Platze selbst von dem was die Umstände erfordern zu unterrichten. Gewiß wird man auf diesem Wege das Geschäft geschwinder einleiten und in den Gang bringen, als in der Entfernung, durch Briefe und Risse, geschehen könnte. Sie werden daher die Gefälligkeit haben, sobald es Ihre Arbeiten erlauben sich von Ihren Herrn Vorgesetzten[23] Urlaub zu erbitten, welche man denn auch von hier aus schuldiger Weise, deßhalb gern begrüßen wird. Wenn Sie die Jahrszeit und den Weg nicht scheuen so werden wir Sie am liebsten bald bey uns sehen, indem sich Durchl. der Herzog gegenwärtig selbst hier befinden und über das was vorzunehmen ist die letzte Bestimmung geben könnten.

Ich wünsche von Ihnen hierüber bald eine vorläufig Nachricht und dabey zu hören daß Sie sich recht wohl befinden.

Weimar am 15. Jan. 1798.


Beyliegenden Brief habe ich in der Maße geschrieben daß Sie solchen, werther Herr Professor, allenfalls Ihren Herrn Vorgesetzten vorzeigen können, um Urlaub zu erhalten; es versteht sich von selbst daß man diesen Herren, sobald als man weiß wer sie sind, von hier aus das schickliche Compliment mache.

Man wünscht Sie sobald als möglich hier zu sehen, und nach Ihrem letzten Blatte scheinen Sie selber geneigt zu seyn je eher je lieber zu kommen; wobey Sie sich jedoch wenigstens 14 Tage hier zu bleiben einrichten würden.

Bringen Sie ja doch einige Rosen und Stäbe von Herrn Isopis Arbeit mit, es wird uns sehr fördern wenn er künftig auch zu Ihren Zeichnungen uns die Modelle macht und ich wünschte daß man hier seine Arbeit kennen und schätzen lernte.

[24] Herrn Rapp habe ich ersucht Ihnen das benöthigte Geld zur Herreise auszuzahlen, und ich schließe mit dem Wunsche daß Sie mir bald über den Inhalt des Gegenwärtigen einige Nachricht ertheilen mögen.

Weimar am 15. Januar 1798.


13/3715.


An Johann Heinrich Dannecker

[Concept.]

Ihr Brief, mein lieber Herr Professor, kommt mir eben in der Stunde zu, in welcher ich an Herrn Thouret zu schreiben und ihn hierher einzuladen im Begriff und also mit meinen Gedanken in Stuttgard bin.

Ich freue mich sehr zu vernehmen daß mein Andenken unter Ihnen lebt, und kann versichern daß ich mich oft in Ihre Nähe wünsche. Unter allen Künstlern bedarf der Bildhauer fast am meisten durch eine immerwährende Unterhaltung sich die strengen Forderungen seiner Kunst zu vergegenwärtigen, so wie seine Arbeit den Liebhaber zu ernster und lebhafter Theilnahme auffordert.

Versäumen Sie nicht mir einen Abguß der Büste des Prinzen Carl sobald sie fertig ist zu schicken, ich wünschte dadurch unsern gnädigsten Herrn zu bewegen, daß er sich und seiner Familie gleichfalls durch Ihre Hand ein marmornes Denkmal stiftete, es wäre mein Wunsch daß Sie auch einmal in einer guten Jahrszeit[25] zu uns kämen und manches Portrait zu weiterer Bearbeitung wieder mit zu sich nach Hause nähmen.

Doch das sind bis jetzt noch fromme Wünsche, wie ich deren manche für die Kunst thue. Herr Thouret mag indessen Ihr Vorgänger seyn und seine Decorationen mögen Ihren künftigen Arbeiten einen Platz bereiten. Sorgen Sie ja daß er wenn er zu uns geht einige Rosen und Stäbe von Herrn Isopis Arbeit, den ich schönstens grüße, allenfalls nur von Gips mitbringt, es wird künftig für beyde Theile förderlich seyn wenn, indem Herr Thouret Zeichnungen für uns macht, Herr Isopi die Modelle der einzelnen Theile fertigte. Wollen Sie die Güte haben zu sorgen daß wir erfahren für welchen Preis und Herr Isopi Rosen, Stäbe u.s.w. liefern will, so könnten wir alsdenn ohne alle Umstände gleich des Handels einig werden.

Herr Prof. Leybold bitte bestens zu grüßen, er ist wirklich, mit noch einigen andern, im Vorschlage zu der durch Herrn Lips erledigten Stelle, doch kann ich noch nicht sagen wohin die Wahl ausfallen wird.

Ihre Grüße richte ich aus. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau bestens und gedenken mein fleißig.

Noch eins. In einem Brief an Ihren Herrn Schwager der auch heute abgeht ersuche ich Sie eine Zeichnung nach dem bekannten osteologischen Präparat gefällig zu dirigiren, das Nähere ist dort schon bestimmt. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 15. Jan. 1798.[26]


13/3716.


An Wolfgang Gottlob Christophvon Egloffstein

[nach dem 15. Januar.]

Herr Krako könnte mir nicht besser als durch Ew. Hochwohlgeb. empfohlen sein, und ich würde ihn mit besonderm Vergnügen bei dem Theater wieder anstellen, wenn nicht eine solche Societät ein so wunderbarer mystischer Körper wäre, bei dem man hundert Rücksichten zu nehmen hat. Das Rollenfach, zu welchem Herr Krako sich gegenwärtig bestimmen könnte, ist besetzt, so daß bei seiner Aufnahme manches Unangenehme zu erwarten stünde, wobei denn auch eine neue Gage bei der Kasse in Betracht zu ziehen ist. Diese und andere Bedenklichkeiten hindern uns, in diesem Augenblicke eine bejahende Entschließung zu fassen, eine völlig verneinende aber würde bei dem mannigfaltigen Wechsel, dem die theatralischen Verhältnisse ausgesetzt sind, gleichfalls übereilt sein und sich mit der Versicherung nicht vertragen, womit ich schließe, daß ich nichts angelegentlicher wünsche, als Ew. Hochwohlgeb. gefällig sein zu können.


13/3717.


An Friedrich Schiller

Die gute Nachricht, daß Ihre Arbeit fördert, ersetzt mir einen längern Brief, den ich sonst nicht gern entbehre.

[27] Sie erhalten hierbey einen kleinen Aufsatz über einige Puncte, die ich in diesen Tagen noch lieber mündlich mit Ihnen abgehandelt hätte. Ich denke wenn wir die Sache noch einigemal recht angreifen, so muß sie sich geben. Ich habe gestern das Capitel von der Elektricität in Grens Naturlehre gelesen, es ist so vernünftig geschrieben als unvernünftig das von den Farben; allein wie fand er es auch durchgearbeitet und vorbereitet.

So viel ich jetzt übersehen kann wird die Farbenlehre, wenn man sie recht angreift, in Absicht auf ihren Vortrag einen Vorzug vor der elektrischen und magnetischen haben, weil wir bey ihr mit keinen Zeichen sondern mit den Verhältnissen und Wirkungen sichtbarer Naturverschiedenheiten zu thun haben.

Zugleich erhalten Sie einen Nachtrag von Freund Hirt über seinen Laokoon.

Böttiger hat, nach seiner beliebten Art, meinen Aufsatz über diese Materie an ienen Freund verrathen und dieser ist dadurch in die größte Bewegung gesetzt worden, wie der Nachtrag ausweist.

Bemerkenswerth ist es daß er seine Beyspiele von Basreliefen hernimmt, die als subordinirte Kunstwerke schon allenfalls etwas weiter gehen dürfen; daß er aber von der Familie der Niobe schweigt, einem Kunstwerk auf der höchsten Stufe, das aber freylich seiner Hypothese nicht günstig ist.

Wäre nur die Gruppe selbst glücklich in Paris[28] angelangt und wieder aufgestellt so möchten unsere Salbadereyen hierüber sämmtlich in Rauch aufgehen.

Man fängt in Paris schon an sich über den üblen Zustand der hingeschafften Kunstwerke zu beklagen. So wie unser Meyer versichert daß z.B. die Cecilie von Raphael gar nicht zu transportiren gewesen sey, weil der Kreidengrund sich an vielen Stellen gehoben hatte, der also durch die Erschüttrung gewiß abgefallen ist. Wie finde ich Herrn Posselt glücklich daß er sich über den Succeß dieses übermächtigen und übermüthigen Volks bis tief in die Eingeweide freuen kann.

Leben Sie recht wohl, es steht mir jetzt noch einige Wochen manches bevor, ist aber der Geburtstag vorbey, so komme ich um an Ihren Arbeiten Theil zu nehmen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau.

Weimar am 17. Januar 1798.

G.


13/3718.


An Johann Georg Lenz

Für die Aufnahme zum Glied Ihrer mineralogischen Gesellschaft, von der ich mir viel gutes verspreche, danke ich zum schönsten. Es soll mich freuen zu Ihren Zwecken etwas beyzutragen. Nächstens gedenke ich nach Jena hinüber zu kommen und erwarte manches und unterrichtende bey Ihnen zu finden. Der ich indessen recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 18. Jan. 1798.

Goethe.[29]


13/3719.


An die kurfürstlich sächsische Cammerzu Merseburg

Excellentissime

Hoch- Hochwohl- und Wohlgebohrne Herren

Insonders hochzuverehrende Herren

Bey Ihro Churfürstl. Durchlaucht zu Sachsen hat vor einiger Zeit die Oberdirection der hiesigen Hofschauspieler-Gesellschaft unterthänigst nachgesucht, daß ihr die Erbauung eines größern und schicklichern Schauspielhauses als dasjenige ist, worin obgedachte Gesellschaft in Lauchstedt Schauspiele aufzuführen die Concession erhalten hat, daselbst zu veranstalten erlaubt und ihr der dazu nöthige Platz gegen die schuldigen Abgaben gnädigst verliehen werden möge. Der allgemeine Wunsch des Publikums, welches der Gesellschaft seinen Beyfall schenkt, hat die Entschließung einen so beträchtlichen Aufwand zu übernehmen hervorgebracht und selbst Ihro Herzogl. Durchlaucht der regierende Herr Herzog zu Sachsen Weimar haben sich für diese Angelegenheit interessirt um der Hofschauspieler-Gesellschaft noch mehr Aufmunterung zu verschaffen, sich in Lauchstedt gut zu exhibi ren.

Da nun die Sache von Ew. Excell. Hoch- Hochwohl- und Wohlgeboren Vorbereitung und gnädiger Unterstützung vornemlich abhängt, so ergeht hierdurch die gehorsamste Bitte, Ew. Excell. Hoch-Hochwohl und[30] Wohlgeb. wollen solche zu einer baldigen gewierigen Entschließung bey der höchsten Behörde zu befördern geruhen, damit die zu Ausführung des Vorhabens, wenn dasselbe Beyfall findet, nöthigen Maasregeln zeitig ergriffen werden können. Die Schauspieler-Gesellschaft wird nichts verabsäumen, sich des erlangten Beyfalls immer würdiger zu machen und die Oberdirection derselben wird dazu alles, was nur möglich ist, beytragen; in schuldigster Verehrung beharrend

Ew. Excell. Hoch- Hochwohl und

Wohlgeboren

Weimar

ganz gehorsamster Diener

den 18. Jan. 1798.

J. W. v. Goethe.


13/3720.


An Friedrich Schiller

Für die Prüfung meiner Aufsätze nach den Kategorien danke ich zum schönsten, ich werde sie bey meiner Arbeit immer vor Augen haben. Ich finde selbst an der Stimmung womit ich diese Gegenstände bearbeite, daß ich bald zur edlen Freyheit des Denkens darüber gelangen werde. Ich schematisire unabläßlich, gehe meine Collectaneen durch und suche, aus dem Wust von unnöthigem und falschem, die Phänomene in ihrer sichersten Bestimmung und die reinsten Resultate heraus. Wie froh will ich seyn wenn der ganze Wust verbrannt ist und das brauchbare davon[31] auf wenig Blättern steht. Die Arbeit war unsäglich, die doch nun schon acht Jahre dauert, da ich kein Organ zur Behandlung der Sache mitbrachte, sondern mir es immer in und zu der Erfahrung bilden mußte. Da wir nun einmal so weit sind, so wollen wir uns die letzte Arbeit nicht verdrießen lassen. Stehen Sie mir von der theoretischen Seite bey, und so wird es gewiß geschwinder gehen.

Ich lege einen flüchtigen Entwurf zur Geschichte der Farbenlehre bey. Sie werden dabey auch schöne Bemerkungen über den Gang des menschlichen Geistes machen können, er dreht sich in einem gewissen Kreise herum, bis er ihn ausgelaufen hat. Die ganze Geschichte, wie Sie sehen werden, dreht sich um die gemeine, das Phänomen blos aussprechende Empirie, und um den nach Ursachen haschenden Rationalism herum, wenig Versuche einer reinen Zusammenstellung der Phänomene finden sich. Also schreibt uns die Geschichte auch schon selbst vor was wir zu thun haben. Es wird sich bey der Ausführung etwas recht interessantes machen lassen. Stehen Sie mir bey weiterm Fortschreiten bey.

Die öftern Rückfälle Ihrer Gesundheit betrüben mich sehr, sowohl um des Leidens als des Verlustes willen. Die milde Witterung verspricht uns für die nächste Zeit noch nichts gutes.

Cotta ist zu beneiden! er fühlt sich gewiß glücklich daß so ein herrliches Blatt durch ihn in die Welt[32] geht, wobey der goldne Beyfall doppelt willkommen ist. Ich habe es in Weimar sehr in Gang bringen helfen.

Die Gottersche Oper geben wir vorerst noch nicht.

Meinen Aufsatz über Laokoon will ich gelegentlich nochmals durchsehen und dann wollen wir überlegen was zu thun sey. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und haben Sie nochmals Dank für Ihren langen fördernden Brief.

Weimar am 20. Jan. 1798.

G.


13/3721.


An Friedrich Schiller

Schon heute könnte ich ein besseres Schema einer künftigen Geschichte der Farbenlehre überschicken und es soll von Zeit zu Zeit noch besser werden. Wenn man die Reihe von geistigen Begebenheiten, woraus doch eigentlich die Geschichte der Wissenschaften besteht, so vor Augen sieht, so lacht man nicht mehr über den Einfall eine Geschichte a priori zu schreiben, denn es entwickelt sich wirklich alles aus den vor- und rückschreitenden Eigenschaften des menschlichen Geistes, aus der strebenden und sich selbst wieder retardirenden Natur.

Eines einzelnen Umstands muß ich erwähnen. Sie erinnern sich des Versuches mit einem gläsernen Cubus, wodurch ich so deutlich zeigte daß die senkrechten[33] Strahlen eben so gut verändert und das Bild aus dem Grund in die Höhe gehoben wird. Snellius, der die erste Entdeckung des Gesetzes der Brechung machte, erinnerte schon eben das; allein Huygens, der jene Entdeckung eigentlich bekannt machte, geht gleich über das Phänomen hinaus, weil er es bey seiner mathematischen, übrigens ganz richtigen Behandlung der Sache nicht brauchen kann, und seit der Zeit will niemand nichts davon wissen. Der perpendiculare Strahl wird freylich nicht gebrochen und die Berechnung kann nicht angestellt werden als bey den gebrochnen Strahlen, weil man sonst keine Vergleichung der Winkel und ihrer Sinus anstellen kann, aber ein Phänomen das nicht berechnet werden kann bleibt deswegen doch ein Phänomen, und sonderbar ist es daß man in diesem Falle gerade das Grundphänomen (denn dafür halte ich's), woraus alle die übrigen sich herleiten, bey Seite bringt.

Erst seit ich mir fest vorgenommen habe außer Ihnen und Meyern mit Niemanden mehr über die Sache zu conferiren, seit der Zeit habe ich erst Freude und Muth, denn die so oft vereitelte Hoffnung von Theilnahme und Mitarbeit anderer setzt einen immer um einige Zeit zurück. Nun kann ich, immer sachte fortarbeiten.

Möge das schöne Wetter und die Höhe des Barometers etwas zu Ihrem bessern Befinden mit beytragen,[34] ich sehne mich recht aus dieser Masken- und Theaterwelt zu Ihnen hinüber. An Böttiger will ich das bringen oder bringen lassen, er läßt sich seit einiger Zeit nicht sehen, seitdem er mir eine Art von tückischem Streich gespielt hat. Meyer ist fleißig und grüßt schönstens.

W. d. 24. Jan. 98.

G.


13/3722.


An Friedrich Schiller

Weimar am 26. Jan. Abends. 1798.

Da ich nicht weiß wie es morgen früh mit mir aussehen wird, so will ich heute Abend ein Blättchen in Vorrath dictiren.

Aus beyliegenden Stanzen werden Sie sich ein Traumbild von dem Aufzuge formiren können, der heute Abend statt haben soll. Sechs schöne Freundinnen belieben sich aufs beste zu putzen und wir haben, um ja keine Allegorie mehr in Marmor und wo möglich auch nicht einmal gemahlt zu sehen, die bedeutendsten Symbole mit Pappe, Gold- und anderm Papier, Zindel und Lahn, und was alles noch von Stoffen dieser Art zu finden ist, auf das klärste dargestellt.

Der Imagination Ihrer lieben Frau wird es einigermaßen nachhelfen wenn ich nachstehendes Personal hersetze.

Der Friede Fräul. v. Wolfskeel.

[35] Die Eintracht Frau von Egloffstein und Fräul. von Seckendorff.

Der Überfluß Frau von Werther.

Die Kunst Fräul. v. Beust.

Der Ackerbau Fräul. v. Seebach.

Hierzu kommen noch sechs Kinder die auch nicht wenig Attribute schleppen müssen, und so hoffen wir mit der größten Pfuscherey in dem gedankenleersten Raum die zerstreuten Menschen zu einer Art von Nachdenken zu nöthigen.

Auf dieses Vorspiel paßt die Nachricht vollkommen die ich Ihnen von dem berühmten englischen Gedichte Darwins, der botanische Garten, zu geben gedenke. Ich wünschte nur daß ich Ihnen diese englische Modeschrift, wie sie hier in groß 4°, in Saffian gebunden, vor mir liegt, auch vor Augen stellen könnte. Sie wiegt 5 1/2 Pfund accurat, wie ich mich gestern selbst überzeugt habe. Da nun unsere Taschenbücher ohngefähr eben so viel Loth an Gewicht haben, so möchten wir uns auch von dieser Seite zu den Engländern wie 1 zu 32 verhalten, wenn wir nicht allenfalls, durch 32 Taschenbücher, einen solchen englischen Moderiesen aufzuwiegen im Stande wären. Es ist auf geglättetes Papier prächtig gedruckt, mit wahnsinnig allegorischen Kupfern, von Füßli, verziert und außerdem noch mit botanischen, antiquarischen Tags- und Liebhaber-Darstellungen hie und da geschmückt, hat Einleitungen, Anzeigen des Inhalts, Noten unter dem[36] Text, Noten hinter dem Text, in welchen Naturlehre, Chemie, Naturgeschichte, Erdbeschreibung Botanik, Fabrik- und Handelswesen, besonders aber Todter und Lebender berühmte Rahmen, auf das beste, producirt sind, so daß, von Ebbe und Fluth bis zur sympathetischen Dinte, alles wohl eingesehen und begriffen werden kann.

Bey allen diesen Sonderbarkeiten scheint mir aber doch das sonderbarste: daß in diesem botanischen Werke alles, nur keine Vegetation, zu finden ist. Wenigstens ist dieß von dem ersten Theil desselben beynah buchstäblich wahr. Hier haben Sie den Inhalt des zweyten Gesangs:

Anrede an die Gnomen. Die Erde wird durch einen Vulkan aus der Sonne geworfen, ihre Atmosphäre und Ocean, ihre Reise durch den Thierkreis. Abwechslung Tages und der Nacht, so wie der Jahrszeiten. Uranfängliche glückliche Eilande, Paradies oder goldnes Meer. Venus steigt aus der See; der Mond wird von einem Vulkan ausgeworfen, hat keine Atmosphäre, und ist frostig, die tägliche Bewegung der Erde wird aufgehalten, ihre Axe neigt sich mehr, sie dreht sich mit dem Monde um einen neuen Mittelpunct. Entstehung des Kalksteins durch wäßrige Auflösung, Kalkspath, weißer Marmor, antike Statue des Herkules der von seinen Arbeiten ruht, Antinous, Apoll von Belvedere, Venus Medicis, Lady[37] Elisabeth Foster und Lady Melbourn von Herrn Damer. Von Morästen. Woher das Salz der Erde komme? Salzminen bey Krakau. Hervorbringung des Salpeters. Mars und Venus werden durch Vulkan gefangen. Hervorbringung des Eisens. Herrn Michels Verbeßrung künstlicher Magneten. Gebrauch des Stahls beym Ackerbau, Schiffahrt und Krieg. Ursprung der Säuren. Woher die Kieselsteine, der Seesand, Gips, Asbest, Fluß, Onyx, Achat, Mocka, Opal, Sapphir, Rubin, Diamant. Jupiter und Europa. Neue unterirdische Feuer und Gährung. Der Thon wird hervorgebracht. Porzellanmanufaktur in China, Italien, England, Herrn Wedgwoods Werke zu Etruria, in Staffordshire. Kamee, einen Mohrensklaven in Ketten vorstellend, die Hoffnung vorstellend. Die Figuren auf der Portland- oder Barberini-Vase werden erklärt. Kohlen, Schwefelkies. Naphtha, Obsidian und Ambra. Doktor Franklins Erfindung dem Gewitter seine Blitze zu nehmen. Freyheit Amerikas, Irlands, Frankreichs. Alte unterirdische Centralfeuer. Hervorbringung des Zinns, Kupfer, Zink, Bley, Mercurius, Platina, Gold und Silber. Zerstörung von Mexiko. Sclaverey von Afrika, Untergang der Heere des Kambyses, Gnomen wie Sterne an einer Himmelsmaschine. Einbrüchen der See wird Einhalt gethan. Felsen werden bebaut. Die Materie circulirt, die Düngung ist den Pflanzen was der Milchsaft den Thieren. Pflanzen steigen aus der Erde. St. Peter[38] wird aus dem Kerker erlöst. Wanderungen der Materie. Tod und Auferstehung des Adonis. Entfernung der Gnomen.

Hier haben Sie also das Schema eines Gedichtes. So muß ein Lehrgedicht aussehen, das nicht allein lehren sondern auch unterrichten soll. Nun können Sie sich denken was für Beschreibungen, für Allegorien, für Gleichnisse in dem Werke herumspuken und wie das ganze Material auch nicht mit einer Spur von poetischem Gefühl zusammen gebunden ist. Die Verse sind, wie mir scheint, nicht übel und manche Stellen haben eine rhetorische Tournüre die dem Sylbenmaße angehört. Genug, das Detail erinnert einen an so viel englische Dichter die im didaktischen und beschreibenden gearbeitet haben. Was mag die englische zerstreute Welt sich nicht an einzelnen Stellen vergnügen! wenn ihr so eine Menge theoretisches Zeug, von dem sie schon so lange summen hörte, nun wieder im bekannten Sylbenmaße vorgesungen wird. Ich habe das Buch erst seit gestern Abend im Hause und finde es wirklich unter meiner Erwartung, denn ich bin Darwin im Grunde günstig. Zwar schon seine Zoonomie – –

So weit war ich gestern gekommen als man mich abrief um Chorführer zu seyn. Es ging alles ganz gut, nur das auch diesmal wie bey ähnlichen Fällen zuletzt der Raum fehlte sich gehörig zu produciren. Die Frauenzimmer hatten sich recht schön geputzt und[39] die zwölf, theils kleinen Figuren, in einem Halbkreise, würden durch ihre verschiednen Gruppen, auf dem Theater, wo man sie ganz übersehen hätte, einen guten Effect gemacht haben. So ward aber in dem engen Raum alles zusammen gedrängt, und weil jeder recht gut sehen wollte, sah fast niemand. Indessen waren sie doch auch nachher noch einzeln hübsch geputzt und gefielen sich und andern.

Daß Sie unsere Freundinnen wollen einschlafen lassen war mir nicht ganz unerwartet. Was sagen Sie aber zu dem Gedanke daß man Monatschriften nur auf ein Jahr herausgeben sollte. Man sammelte z.B. 98 und gäbe 99 zwölf Stücke, und so fort, wenn man im Gange wäre, vielleicht immer mit einer Pause. Man müßte sich zum Gesetz große Mannigfaltigkeit machen, interessante, nicht zu lange Aufsätze, in dem Einen Jahre gewiß alles ganz, und seine Sache so machen daß es am Ende noch als ein ganzes Werk verkauft werden könnte. Soll ich Böttigers Aufsatz noch für Sie besprechen?

Einsiedel hat ein paar Märchen geschrieben, die artig seyn sollen, ich wollte sie auch zu erhalten suchen.

Für den Almanach habe ich einen Einfall der noch toller ist als die Xenien, was sagen Sie zu dieser anmaßlich scheinenden Versichrung? Ich communicire ihn aber nicht anders als unter gewissen Bedingungen, indem ich mir Redaction dieses abermaligen[40] Anhangs vorbehalte, Ihnen aber zuletzt wie billig die Wahl frey steht ob Sie ihn aufnehmen wollen oder nicht. Ehe man eine Sylbe davon zu drucken anfängt, muß das ganze wie ein anderes Werk entschieden seyn. Sie werden wenn Sie in der Welt recht herumrathen es zwar schwerlich auffinden, doch vielleicht entdecken Sie etwas ähnliches zum Gebrauch künftiger Zeiten.

Leben Sie recht wohl, das schöne Wetter möchte ich nun gar zu gern in Ihrer Nachbarschaft zubringen. Ich warte nur auf einen Brief von Stuttgard, ob nicht Thouret, den wir zur Decoration des Schlosses verschrieben haben, bald kommen wird.

Lassen Sie uns denn also, wenn es auch in Europa noch etwas bunter zugehen sollte, gerne in diesem Welttheile verweilen.

Weimar am 27. Jan. 1798.

G.


13/3723.


An Wilhelm von Wolzogen

Bey unserm Schloßbau kommt eine Einrichtung zur Sprache, davon die erste Idee, wenn ich nicht irre, von Ew. Hochwohlgeb. sich herschreibt, nämlich keine Meister zur Aufsicht über die Gesellen anzustellen, sondern das was jene leisteten auf einem andern Wege zu bewirken. Auf beyliegendem Blatt habe ich die beyden Verhältnisse kürzlich gegeneinander gesetzt und[41] erbitte mir von Ew. Hochwohlgeb. die nähere Bestimmung der letztern, um so mehr baldigst, weil meo voto wenigstens ein Dutzend Maurer dieses Jahr im Schlosse anzustellen wären und man, wenn Serenissimus sich für die neue Einrichtung entschiede, bey Zeiten gute Gesellen anwerben müßte. Der ich mich bestens empfehle

Weimar am 28. Jan. 1798.

Goethe.


[Beilage.]

Nach der bisherigen Einrichtung wurden so viel Gesellen als man brauchte, bey dem Meister, namentlich, bestellt, welcher solche auch, zur bestimmten Zeit, bey der Arbeit sistirte. Die genauere Bestimmung der Arbeit nach dem Risse besorgt der Baumeister, und der Meister steht für die Ausführung des angegebenen. Der Geselle erhält in kurzen Tagen 5 Gr., in langen 6 Gr. und giebt von beyden dem Meister 1 Gr. ab, übrigens stehen die Gesellen in dem hergebrachten Handwerksverhältniß.

Bey der vorgeschlagnen Art den Meister wegzulassen und die Aufsicht Polirern zu übergeben, würden diese also an die Stelle der Meister treten, wozu man denn aus den gegenwärtigen Gesellen die geschicktesten wählen müßte. Einem solchen Polirer gäbe man denn etwas mehr als einem Gesellen gäben nichts ab, wodurch sie denn eo ipso eine Zulage erhielten, und von dieser Seite[42] empfiehlt sich dieser Vorschlag. Wie er aber mit dem nicht so leicht zu verändernden Handwerkswesen zu verbinden sey, da die Gesellen und Polirer, wenn wir sie früher oder später entlassen, wieder in die Verhältnisse mit den Meistern zurückkehren, solches läßt sich so leicht nicht beurtheilen.

Weimar am 28. Jan. 1798.


13/3724.


An Johann Friedrich Unger

Für die mir übersendeten Schriften, so wie für die Versichrung Ihres fortdauernden Andenkens, sage den lebhaftesten Dank, ich hoffe bald auf ruhige Stunden, in denen mich Julchen und Agnes unterhalten sollen. Meine Reise macht in meinen schriftstellerischen Arbeiten wenigstens einen Stillstand von sechs Monaten, indem ich meiner Zurückkunft manches in Geschäften theils nachzuarbeiten fand, theils neue Obliegenheiten zu unternehmen hatte.

Indessen hoffe ich, mit dem eintretenden Frühjahr, auch wieder von den Musen besucht zu werden und wünsche bald, auf ein oder die andere Weise, irgend eine Arbeit Ihrer typographischen Sorgfalt zu übergeben.

Wollten Sie die Gefälligkeit haben Herrn Hofrath Hirt, nebst beyliegendem Briefe, 10 Louis d'or auszuzahlen? deren Wiedererstattung von mir an das[43] Industrie Comptoir, oder wohin Sie sonst vor gut finden, sogleich geschehen könnte.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 30. Jan. 1798.

Goethe.


13/3725.


An Aloys Hirt

[Concept.]

[30. Januar.]

Beyliegenden Brief bitte Herrn Legationsrath Weiland zu übergeben welcher meine Schuld mit Dank abtragen wird. Das Gemählde macht mir je länger ichs besitze und sehe immer mehr Vergnügen.

Zugleich übersende ich einen Grund- und Aufriß zu einem Zimmer nebst einigen wenigen Anmerkungen. Herr Genz hat ja wohl die Gefälligkeit eine Decoration desselben zu zeichnen und sein Honorar dafür zu bestimmen. Wir lernen seine Arbeiten näher kennen und es wird doch ein Anfang gemacht. Hätte ich allein zu thun, so würde ich ohne weiteres Bedenken das Ganze hinschicken und auch wegen des Preises nicht weiter in Sorge seyn; allein die Schloßbau Commission besteht aus vier Personen, und da man schon verschiedene Mal unangenehme Fälle gehabt hat, wenn man sich ohne vorläufige Bedingungen in ähnliche Relationen setzte, so würde man nicht leicht von der einmal angenommenen Maxime abgehen, um so mehr, da sie beyde Theile gleich begünstigt.

[44] Ist durch diesen vorläufigen Versuch einigermaßen ein Maßstab feste gesetzt, so kann man ja alsdenn für das übrige leicht eine Proportion finden.

Die Zeichnungen zu dem Monumente Friedrichs des Großen haben mir viel Freude gemacht, es ist alles mit viel Überlegung angegeben. Wenn ich etwas zu erinnern hätte, so wäre es daß das innere zu dem äußern uralten und ernsten mir zu heiter und neuartig scheint; es läßt sich aber auch denken daß in der Wirklichkeit sich dieser Eindruck verloren haben würde.

In Ihrem Aufsatze über den Kunstschatz des Königlichen Hauses haben Sie uns ein wahres Verlangen zu dem Ganzen erregt. Sollten Sie nicht einen Katalogus ausarbeiten, der so gefaßt wäre als wenn die Sachen schon beysammen stünden? In einem Nachtrage könnte ja bemerkt werden wie sie gegenwärtig stehen, wodurch Einheimische und Fremde sehr gefördert werden und Ihre gute Absicht, diese trefflichen Kunstgegenstände zusammen zu bringen, wenigstens einstweilen virtualiter erreicht werden würde.

Ich danke für den mitgetheilten Aufsatz des Herrn Genz recht sehr, er erhält wie ich von allen Seiten her vernehme den allgemeinen Beyfall den er verdient.

Wenn Herrmann und Dorothea in Berlin eine gute Sensation machen, ist es mir sehr erfreulich. Berlin ist vielleicht der einzige Ort von dem man sagen kann daß ein Publikum beysammen sey, und[45] um so mehr muß es einen Autor interessiren wenn er daselbst gut aufgenommen wird.

Ihre letzten Aufsätze über Laokoon habe ich noch nicht gesehen. Verzeihen Sie wenn ich über diese schwierige Materie mich sobald nicht äußern kann, ich bin für den Moment himmelweit von solchen reinen und edlen Gegenständen entfernt, indem ich meinen Faust zu endigen, mich aber auch zugleich von aller nordischen Barbarey loszusagen wünsche.

Leben Sie recht wohl und erfreuen Sie uns von Zeit zu Zeit mit Nachrichten von Ihren Geschäften und Unternehmungen.


13/3726.


An Paul Wolfgang Merkel

[Concept.]

Sie haben, werthester Herr Merkel, bey meinem Aufenthalt in Nürnberg, mich durch eine so gefällige Aufnahme erfreut, und mir die schönsten Stunden einer angenehmen Unterhaltung verschafft, daß ich glauben kann Sie werden, auch in der Abwesenheit, Ihre gütigen Gesinnungen gegen mich fortsetzen und mir erlauben mich in einigen Angelegenheiten, besonders da Herr von Knebel sich nunmehr von Nürnberg entfernt hat, an Sie wenden zu dürfen.

Der geschickte Mechanikus Herr Behringer wird, nach seinem Versprechen, in kurzer Zeit einen Erdglobus für mich fertig haben; dürfte ich bitten solchen[46] von ihm wohl eingepackt zu übernehmen, allenfalls noch einen Stroh Emballage zu besorgen und solchen auf dem Postwagen an mich abzusenden? Zugleich wünschte ich daß Sie die Güte hätten gedachten Herrn Behringer dagegen 28 fl. auszuzahlen.

Vielleicht hat zu derselbigen Zeit Herr von Holzschuher, dem ich mich bestens empfehle, bey Gelegenheit der Frauenholzischen Auction, eine kleine Auslage für mich gemacht, die Sie ja auch wohl für mich zu ersetzen beliebten und mir sodann anzeigten auf welchem Wege ich Ihnen das Remboursement am bequemsten zukommen lasse.

Ich wünsche recht wohl zu leben, mit der Bitte mich den werthen Ihrigen, der Frau von Schükert und dem heitern Pestilentiario bestens zu empfehlen und mir Ihre geneigten Gesinnungen zu erhalten.

Weimar am 31. Jan. 1798.


13/3727.


An den Herzog Carl August

Hier übersende, befohlenermaßen, die sechs Herderischen Quittungen nebst einem kleinen Aufsatze, den ich aus Ihren Billets gezogen habe, den ich durchzusehen und zu beurtheilen bitte.

Auch folgt das Schema zu den dieses Jahr allenfalls zu vorzunehmenden Arbeiten am Schlosse. Die Bestimmung[47] einer Session hängt von Ihrer Bequemlichkeit ab, nur bitte ich, daß sie einen Morgen vorgenommen werde. Mich bestens empfehlend

W. d. 31. Jan. 98.

Goethe.


Zur Nachricht.

Der Zuschuß zu Augusts Studien fängt Johannis 95 an und dauert biß dahin 99, und da die Besoldungen und Pensionen retro bezahlt werden, wird also die letzte Quittung Michael 99 eingereicht.

Gegenwärtig sind noch folgende Quartale zu erwarten.

Joh. 98

Mich.-

Weyn.-

Ostern99

Joh.-

Mich.99.

Künftig werden die Quittungen zur Verfallzeit an den Cämmerier Wagner gesendet, welcher zur Bezahlung autorisirt ist.

Die Einhundert Thaler zu Weynachten gefällig cessiren, jedoch sind Durchl. geneigt Adelberten wie er in seiner Brauchbarkeit zunimmt etwas zufließen zu lassen. So wie auch für die beyden iüngeren Söhne wenn sie herankommen Sorge zu tragen.

W. d. 31. Jan. 98.

G.[48]


13/3728.


An Friedrich Schiller

Geschäfte und Zerstreuungen bringen immer wieder neue Geburten ihrer Art hervor, so daß ich mich fast entschließen möchte nur auf einen oder ein Paar Tage zu Ihnen hinüber zu kommen, weil ich noch keine ruhige Zeitfolge vor mir sehe.

Gestern haben wir eine neue Oper gehört, Cimarosa zeigt sich in dieser Composition als einen vollendeten Meister, der Text ist nach Italiänischer Manier, und ich habe dabey die Bemerkung gemacht: wie es möglich wird daß das alberne, ja das absurde sich mit der höchsten ästhetischen Herrlichkeit der Musik so glücklich verbindet. Es geschieht dieses allein durch den Humor, denn dieser, selbst ohne poetisch zu seyn, ist eine Art von Poesie und erhebt uns seiner Natur nach über den Gegenstand. Dafür hat der Deutsche so selten Sinn, weil ihn seine Philisterhaftigkeit jede Albernheit nur ästimiren läßt, die einen Schein von Empfindung oder Menschenverstand vor sich trägt.

Hier schicke ich eine eigne Erscheinung, eine Ankündigung daß ein letzter Abkömmling der alten Nürnberger Meistersänger eine Auswahl seiner Gedichte herausgeben will. Ich kenne schon manches von ihm und habe leider versäumt ihn in Nürnberg selbst zu sehen. Er hat Sachen gemacht von Humor und Natürlichkeit, die leicht ins reinere Deutsch zu übersetzen wären[49] und deren sich niemand schämen dürfte. Wir erhalten das Buch durch Knebeln wenn es herauskommt.

Dieser Freund ist nun wieder in Ilmenau angelangt, seine Schöne wird in wenig Tagen abreisen, um ihm das Joch der Ehe auf den alten steifen Nacken zu legen. Da ich ihm herzlich gut bin so wünsche ich ihm zu diesem Untersagen das möglichste Glück.

Von allem übrigen bald auf ein oder die andere Weise mündlich. Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

Weimar 31. Jan. 1798.

G.


Könnten Sie nicht gelegentlich erfahren ob Justizrath Boie die Sechs Bände meiner neuen Schriften erhalten hat, die ich ihm, mit Dank für Cellini, schon am 6. Juni gesendet habe, bis jetzt vernahm ich noch nichts von ihm.


13/3729.


An Carl Ludwig von Knebel

Sey mir schönstens in dem Ilmenauer Schnee gegrüßt, in dessen Nähe ich dir heitere Tage wünsche, bis das Frühjahr uns alle wieder erquickt. Möge der feste Knoten den du in dein Schicksal knüpfest dir alles wünschbare Gute herbey führen.

Laß mich von Zeit zu Zeit hören wie du dich befindest, und womit man dir einiges Vergnügen machen könnte. Kommt mir irgend was merkwürdig[50] neues zur Hand, so soll es dir mitgetheilt werden. Ich habe in diesen Tagen nur geordnet und bey Seite geschafft, ich muß mir Raum machen um bald einen jenaischen Aufenthalt zu einigen Arbeiten nutzen zu können. Leider hat meine Reise, mit ihren Folgen, mich sehr viel Zeit gekostet, ob ich gleich nicht Ursache habe sie mich reuen zu lassen. So wie man bey dem wilden Zustand der Welt recht zufrieden seyn kann sich wieder zu Hause zu befinden. Lebe recht wohl und gieb mir bald Nachricht von deinem Leben und Wesen. Weimar am 1. Febr. 1798.

G.[51]


13/3729a.


An Aloys Hirt

1. Februar 1798.

In Ihrem zweyten Aufsatz über Laokoon haben Sie das, was jeder in diesen Fällen thun sollte, nach meinem Urtheil geleistet; Sie haben Ihre Gedanken und Gesinnungen über die Sache auf das klärste ins Licht gesetzt. Ich will, sobald ich Zeit gewinne, das Gleiche von meiner Seite thun und meine Deduction allenfalls auch drucken lassen. Wir sind zu sehr gewohnt, daß ein paar Vorstellungsarten mit Fug und Recht gegen einander stehen können und jede ihre Freunde und Anhänger finden kann; warum sollte es mit unsern Meynungen nicht auch der Fall seyn können? Es kommt mir überhaupt vor, daß es in solchen Fällen nicht sowohl darum zu thun sey, andere[78] von der Gültigkeit unserer Gedanken zu überzeugen, als vielmehr ihre eigene Denkkraft in Thätigkeit zu setzen.[79]


13/3730.


An Friedrich Schiller

Ich ergebe mich in die Umstände welche mich noch hier festhalten nur in so fern, mit einiger Gemüthsruhe, als ich, wenn nur erst gewisse Dinge theils bey Seite geschafft, theils in Gang gebracht sind, auf eine Anzahl guter Tage in Jena hoffen kann.

Hier schicke ich eine Arbeit von Einsiedeln, die ich wegen Kürze der Zeit nicht habe lesen können, sie steht, wenn Sie solche brauchen können, für die Horen zu Diensten. Nach der gewöhnlichen Erscheinung der Widersprüche, die der Zufall so oft in den Gang des Lebens mischt, erscheinen jetzt grade am Ende noch voluminose Beyträge, und Böttigers Aufsatz über die neufränkische Behandlung der Kunstwerke wird wohl[51] gar erst nach dem seeligen Hintritt unserer drey geliebten Nymphen eintreffen.

Ich brauche die Stunden, die mir übrig bleiben, theils zum reineren Schematisiren meines künftigen Aufsatzes über die Farbenlehre, theils zum Verengen und Simplificiren meiner frühern Arbeiten, theils zum Studiren der Literatur, weil ich zur Geschichte derselben sehr große Lust fühle und überhaupt hoffen kann, wenn ich noch die gehörige Zeit und Mühe daran wende, etwas gutes, ja sogar, durch die Klarheit der Behandlung, etwas angenehmes zu liefern. Sie haben in einem Ihrer letzten Briefe vollkommen recht gesagt: daß ich erst jetzt auf dem rechten Flecke stehe, da ich auf alle äußere Theilnehmung und Mitwirkung Verzicht gethan habe. In einem solchen Falle verdient nur eine vollendete Arbeit, die so viele andere Menschen aller Mühe überhebt, erst den Dank des Publikums und erhält ihn auch gewiß wenn sie gelingt.

Übrigens habe ich etwa ein halb Dutzend Märchen und Geschichten im Sinne, die ich, als den zweyten Theil der Unterhaltung meiner Ausgewanderten, bearbeiten, dem Ganzen noch auf ein gewisses Fleck helfen und es alsdann in der Folge meiner Schriften herausgeben werde.

Sodann denke ich etwas ernsthafter an meinen Faust und sehe mich auf diesem Weg schon für das ganze Jahr beschäftigt, besonders da wir doch immer einen Monat auf den Almanach rechnen müssen.

[52] Durch die Verschiedenheit dieser Vorsätze komme ich in den Stand jede Stunde zu nutzen.

Die Idylle ist wirklich wieder eine sonderbare Erscheinung. Wieder ein beynahe weibliches Talent, hübsche jugendliche Ansichten der Welt, ein freundliches, ruhiges, sittliches Gefühl. Wäre es nun den Deutschen möglich sich zu bilden, und eine solche Person lernte, was doch zu lernen ist, in Absicht auf innere und äußere Form des Gedichts; so könnte daraus was recht gutes entstehen, an statt daß es jetzt bey einer gewissen gleichgültigen Anmuth bewenden muß. Meo voto müßte z.B. die Mutter die Abwesenheit der Tochter merken, ihr nachgehen, Erkennung und Entwicklung müßten in der Capelle geschehen, wodurch der langweilige Rückweg vermieden würde und der Schluß ein pathetisches und feyerliches Ansehen gewinnen könnte.

Zu leugnen ist es nicht daß Herrmann und Dorothea schon auf diese Natur gewirkt hat, und es ist wirklich sonderbar wie unsere junge Naturen das was sich von einer Dichtung durchs Gemüth auffassen läßt an sich reißen, nach ihrer Art reproduciren und dadurch zwar mitunter ganz was leidliches hervorbringen, aber auch gewöhnlich was man durch die ganze Kraft seiner Natur zum Styl zu erhöhen strebte, sogleich zur Manier herabwürdigen und gerade dadurch, weil sie sich dem Publiko mehr nähern, öfters einen größern Beyfall davon tragen als das Original, von dessen Verdiensten sie nur theilweise etwas losgerissen haben.

[53] Bey diesen Betrachtungen fallen mir unsere dichterische Freundinnen ein. Amelie hat wieder etwas vor. Meyer fürchtet daß das Süjet ihr große Hindernisse in den Weg legen werde. Es ist sonderbar daß die guten Seelen nicht begreifen wollen wie viel darauf an kommt, ob auch der Gegenstand sich behandeln lasse. Ich habe auch diese Tage den 2ten Theil von Agnes von Lilien gelesen. Es ist recht schade daß diese Arbeit übereilt worden ist. Die summarische Manier, in der die Geschichte vorgetragen ist und die, gleichsam in einem springenden Tact, rhythmisch eintretenden Reflexionen lassen einen nicht einen Augenblick zur Behaglichkeit kommen und man wird hastig ohne Interesse. Dies sei zum Tadel der Ausführung gesagt, da die Anlage so schöne Situationen darbietet, die, mit einiger Sodezz ausgeführt, eine unvergleichliche Wirkung thun müßten. Was das Naturell betrifft das dieses Werk überhaupt hervorgebracht, so erregt es immer noch Erstaunen, wenn man auch den Einfluß Ihres Umgangs auf die Entstehung und Ihrer Feder auf die Vollbringen des Werks nicht verkennen kann. Freylich fällt die Absonderung für uns andere Leser schwer; aber ich glaube doch immer sagen zu dürfen, daß eine solche Natur wenn sie einer Kunstbildung fähig gewesen wäre etwas unvergleichliches hätte hervorbringen müssen. Meyer ist voller Verwunderung, der sich sonst nicht leicht verwundert. Und ich am Ende des Blatts grüße schönstens, wünsche[54] den besten Fortgang Ihrer Arbeiten und sehe Ihrem Wallenstein, als einem aufgehäuften Schatze, entgegen.

Weimar am 3. Febr. 1798.

G.


Darf ich um Humboldts Adresse bitten dem ich doch ehestens zu schreiben wünschte.


13/3731.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

[7. Februar.]

Nur um wenige Tage, wie ich hören muß, haben wir uns in der Schweiz verfehlt. Auf Ihren freundschaftlichen Brief von Wien hatte ich meine Ordre so gegeben daß Sie mir nicht entgehen konnten, wenn ich in der Schweiz hätte länger ausdauern dürfen. Die üble Jahrszeit kam heran und wir fanden auf unserm Rückzug die Wege durch Witterung, Kriegs- und Handelsfuhrwesen, ärger als man sichs denken kann, verdorben. Nun bin ich wieder in meiner Wohnung angelangt, habe mich von der Zerstreuung so ziemlich erholt, manche Geschäfte bey Seite gebracht, und bereite mich wieder zu meinen Arbeiten. Mein nächster Aufenthalt in Jena wird entscheiden was zuerst an die Reihe kommen soll. Ich habe eine Menge von Dingen, die ich immer so vor mir hinwälze, wie Sie wissen, und wovon denn so eins nach dem andern, wie es Zeit und Stimmung erlauben,[55] vollbracht wird. Auch auf der Reise habe ich wieder manches neue concipirt, das denn auch zu seiner Zeit reif werden mag. Erhalten Sie meinen Arbeiten Ihren Antheil.

Schiller geht mit seinem Wallenstein sachte fort, ich habe davon noch nichts gesehen, wie ich denn auch, leider, bisher noch immer an Weimar gefesselt war.

Meyer hat schöne Sachen mitgebracht, seine schriftliche Bemerkungen sowohl als seine Copien bringen uns einem reinern Begriff der Kunstgeschichte immer näher.

Indem wir nun in unserm beschränkten Zustande so fort leben, genießen Sie alles was das ungeheure Paris Ihnen täglich und stündlich anbietet, und sind deshalb nicht wenig zu beneiden. Schiller hat mir Ihren Brief mitgetheilt und ich bitte Sie auch gelegentlich um einige Nachricht, von Ihrem Lebenswandel, und von so manchen Gegenständen die mich, wie Sie wissen, interessiren.

Vielleicht kommen Ihnen ein paar Bücher vor, die ich in Deutschland noch nicht finden konnte und die ich sehr zu besitzen wünsche. Hier sind die Titel:

Nouveau Systême de l'Univers. Sous le titre de Chroa-Genesie, ou Critique de prétendues découvertes de Newton par m. Gautier. Paris 1750, im größten Duodez.

Examen du Systême de M. Newton Sur la lumière et les couleurs. Par M. J. Metophile. A. Euphronophe, chez G. Saphendore 1766. 12.

[56] Sollten Sie diese Bücher finden so giebt es ja wohl einmal eine Gelegenheit mir sie herauszuschicken.

Ich habe nach meiner Rückkunft meine sämmtlichen Arbeiten in diesem Fache wieder revidirt und arbeite nun vor allen Dingen das Schema aus, wornach ich die Erfahrungen vortragen will. Die Geschichte der Farbenlehre kann sehr interessant werden, sie ist auch wieder, wie natürlich, die Geschichte des menschlichen Geistes im kleinen.

Die Felsen des Gotthardts haben auch die mineralogische Liebhaberey wieder in Bewegung gesetzt, so daß es mir auch von dieser Seite an mancher Unterhaltung in den trüben Wintertagen nicht gebricht.

Fänden Sie einige hübsche Stücke von dem Montmartrer Gips und von dem sogenannten krystallisirten Sandstein von Fontainebleau, um einen leidlichen Preis, so würden Sie mir dadurch ein Vergnügen machen, doch versteht sich daß es ohne Ihre Beschwerde geschähe.

Dagegen sende einstweilen was ich habe, in der Überzeugung daß Sie mit Ihren Gedanken oft bey uns und unsern Arbeiten sind und daß uns doch das Landsmännische näher liegt als das Fremde.

Schreiben Sie doch ein Wort wie es mit den eroberten Kunstsachen steht? und was davon aus Italien angekommen und aufgestellt ist? Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlin, der ich die beste Gesundheit zum Genuß so mancher herrlichen Gegenstände[57] wünsche. Leben Sie recht wohl und lassen Sie uns mit Freuden der Zeit entgegen sehen die uns wieder, auf deutschem Grund und Boden, zusammenführen wird.


13/3732.


An Friedrich Schiller

Das was Sie mir von Ihrem wenigern Einfluß auf Agnes von Lilien schreiben vermehrt meinen Wunsch daß die Verfasserinn, im Stillen, die Arbeit, besonders des zweyten Theils, nochmals vornehmen, ihn als Geschichtsdetail reicher machen und in Reflexionen mäßiger halten möge. Das Werk ist werth, um so mehr da sie schwerlich, ihrer Natur nach, ein zweytes Süjet finden wird in dem sie sich so glücklich ergehen kann. Im zweyten Bande sind mehrere sehr glückliche Situationen, die durch die Eile mit der sie vorüberrauschen ihren Effect verfehlen. Ich wüßte nicht leicht einen Fall durch den man den Leser mehr ängstigen könnte als die Scheinheirath mit Julius, nur müßte freylich diese Stelle sehr retardirend behandelt werden.

Wenn Sie meiner Meinung sind, so suchen Sie die Verfasserinn zu determiniren, um so mehr da es keine Eile hat, und man natürlich den ersten Eindruck eine Zeit lang muß walten lassen.

Da ich von aller Production gleichsam abgeschnitten bin, so treibe ich mich in allerley praktischem herum, obgleich mit wenig Freude. Es wäre möglich sehr[58] viele Ideen, in ihrem ganzen Umfang, auszuführen, wenn nicht die Menschen die Determination, die sie von den Umständen borgen, auch schon für Ideen hielten, woraus denn gewöhnlich die größten Pfuschereyen entstehen, und bey Verwendung von weit mehr Mühe, Sorge, Geld und Zeit doch zuletzt nichts das eine gewisse Gestalt hätte hervorgebracht werden kann. Mit stiller, aber desto lebhafterer Sehnsucht sehe ich dem Tage entgegen, der mich wieder zu Ihnen bringen soll.

Ich sende Ihnen Schlossers zweytes Schreiben. Es wird mir interessant seyn über diesen Mann und dessen abermalige Äußerungen umständlicher zu sprechen, wenn wir zusammen kommen. Mir kommt nichts wunderbarer vor als daß er nicht merkt daß er im Grunde seinen Gott doch auch nur postulirt, denn was ist ein Bedürfniß, das auf eine bestimmte Weise befriedigt werden muß, anders als eine Forderung.

Leben Sie recht wohl, es ist spät geworden und ich kann nur noch Sie und Ihre Frauenzimmer bestens grüßen.

Weimar am 7. Febr. 1798.

G.


13/3733.


An Friedrich Schiller

Nach einer Redoute, welche meine Facultäten schlimmer von einander getrennt hat als die Philosophie[59] nur immer thun kann, war mir Ihr lieber Brief sehr erfreulich und erquicklich. Mir war die Schlosserische Schrift nur die Äußerung einer Natur, mit der ich mich schon seit 30 Jahren im Gegensatz befinde, und da ich eben in einem wissenschaftlichen Fache in dem Falle bin über beschränkte Vorstellungsarten, Starrsinn, Selbstbetrug und Unredlichkeit zu denken, so war mir diese Schrift ein merkwürdiger Beleg. Die Newtonianer sind in der Farbenlehre offenbar in demselbigen Fall, ja der Pater Castel gibt geradezu Newton selbst Unredlichkeit schuld, und gewiß geht die Art wie er aus seinen Monumentis opticis die Optik zusammenschrieb in diesem Sinne über alle Begriffe. Er hat offenbar die schwache Seite seines Systems eingesehen. Dort trug er seine Versuche vor wie einer der von seiner Sache überzeugt ist und in der Überzeugung mit der größten Confidenz Blößen giebt. Hier stellt er das Scheinbarste voraus, erzwingt die Hypothese und verschweigt, oder berührt nur ganz leise, was ihm zuwider ist.

Was uns im theoretischen so auffallend ist sehen wir im praktischen alle Tage. Wie sehr der Mensch genöthigt ist, um sein einzelnes einseitiges, ohnmächtiges Wesen nur zu etwas zu machen, gegen Verhältnisse die ihm widersprechen die Augen zuzuschließen und sich mit der größten Energie zu sträuben, glaubt man seiner eignen Anschauung nicht, und doch liegt auch hievon der Grund in dem Tiefern, Bessern der[60] menschlichen Natur, da er praktisch immer constitutiv seyn muß und sich eigentlich um das was geschehen könnte nicht zu bekümmern hat, sondern um das was geschehen sollte. Nun ist aber das letzte immer eine Idee, und er ist conkret im conkreten Zustande; nun geht es in ewigem Selbstbetrügen fort um dem Conkreten die Ehre der Idee zu verschaffen u.s.w., einen Punct den ich schon in einem vorigen Briefe berührte und der einen im praktischen oft selbst überrascht und uns an andern ganz zur Verzweiflung bringt.

Die Philosophie wird mir deshalb immer werther weil sie mich täglich immer mehr lehrt mich von mir selbst zu scheiden, das ich um so mehr thun kann da meine Natur, wie getrennte Quecksilberkugeln, sich so leicht und schnell wieder vereinigt. Ihr Verfahren ist mir darinn eine schöne Beyhülfe und ich hoffe bald durch mein Schema der Farbenlehre uns Gelegenheit zu neuen Unterhaltungen zu geben.

Ich habe diese Tage das Werk des Robert Boyle über die Farben gelesen und kenne in diesem ganzen Felde noch keine schönere Natur. Mit einer entschiedenen Neigung zu einer gewissen Erklärungs Art, die freylich auf den chemischen Theil, den er bearbeitet, noch so leidlich paßt, erhält er sich eine schöne Liberalität, die ihn einsehen läßt daß für andere Phänomene andere Vorstellungsarten bequemer sind. Die Unvollkommenheiten seiner Arbeit erkennt er sehr klar, und seine Darstellung ist in diesem Sinne sehr honett. Er[61] unterläßt nicht seine Meinung vorzutragen und auszuführen, aber immer wie einer der mit einem Dritten spricht, mit einem jungen Manne, und diesen immer ermahnt alles noch besser zu untersuchen und zu überdenken. Er berührt fast alle bedeutende Fragen und beurtheilt das meiste mit sehr viel Sinn. Nur die zwey ersten Abtheilungen seines Werks sind eigentlich ausgearbeitet, im letzten sind die Experimente weniger methodisch zusammengestellt. Er schrieb das Werk, da er schon sehr an den Augen litt, aus einzelnen Papieren und aus dem Gedächtniß zusammen, um das was er gedacht und erfahren hatte nicht untergehen zu lassen. Er spricht mit einer erfreulichen Klarheit und Wahrheit vom Werth und Unwerth seiner Bemühungen und scheint mir bis jetzt in diesem Fache der einzige der nach des Baco gutem Rath gearbeitet hat. Sein Buch kam ein Jahr früher heraus ehe Newton auf seine Hypothese fiel und mit derselben ganz antibaconisch dieses Feld tyrannisirte. Wären nur noch zwey Menschen auf Bohle gefolgt welche dieses Fach in seiner Art fortbearbeitet hätten, so wäre uns nichts zu thun übrig geblieben und ich hätte meine Zeit vielleicht besser anwenden können. Doch man wendet seine Zeit immer gut auf eine Arbeit die uns täglich einen Fortschritt in der Ausbildung abnöthigt. Leben Sie recht wohl.

Ich wünsche guten Succeß Ihrer Arbeiten.

Weimar am 10. Febr. 1798.

G.[62]


13/3734.


An Wilhelm von Wolzogen

Wollten Ew. Hochwohlgeb. einige Puncte, die sich auf die gestrige Beschlüsse beziehen, gefällig übernehmen, und das dazu erforderliche präpariren; so könnten wir in unsern Bau-Angelegenheiten geschwinder fortzufahren hoffen.

1. Wegen der Eisenacher Tüncher wäre

a) zu untersuchen ob man eine Wohnung für sie ausmachen könnte?

b) In wie fern man ihnen Bier und Brot verabreichen wollte, zu überlegen.

c)Auszumachen wie hoch man ihnen gedachte Vortheile anschlagen und in dieser Rücksicht einem Meister an Gelde noch außerdem verabreichen wollte.

d) Wäre vorstehendes berichtigt so könnte man den gerühmten guten Meister (dessen Nahme mir entfallen) hierher bestellen und mit ihm conveniren.

2. Welche Anstalt glaubten Ew. Hochwohlgeb. der Sache gemäß? daß wir, in unserer gegenwärtigen Lage, gute Ziegelwaare erhalten könnten, bis wir etwa in der Folge der Zeit andere Anstalten treffen können.

Der ich diese Angelegenheit zu gefälliger Überlegung und Mitwirkung und mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar am 12. Febr. 1798.

G.[63]


13/3735.


An Friedrich Schiller

Ich übersende, was Sie wohl nicht erwarten, die Phänomene und hypothetischen Enunciationen über die Farbenlehre, nach den Kategorien aufgestellt. So wenig eine solche Arbeit mich kleiden mag, so werden Sie doch meine Absicht löblich finden Ihnen entgegen zu arbeiten, und Sie für diese Sache noch mehr zu interessiren, da denn doch jetzt auf die klärste Darstellung des Ganzen alles ankommt. Unter Ihren Händen wird dieses Blatt gar bald eine andere Gestalt gewinnen.

Ich habe eine Erklärung der Terminologie meiner dreyfachen Eintheilung vorausgeschickt und einige Bemerkungen nachgebracht. Nehmen Sie mit dem was ich gebe einstweilen vorlieb, bis ich komme und die Sache durch ein lebhaftes Gespräch geschwind ein paar Stufen überspringt. Ich suche jetzt zu erlangen daß mir kein Nahme in der ganzen Literaturgeschichte dieses Faches ein bloßer Nahme sey. Dann ist der sittliche Charakter von der wissenschaftlichen Wirkung ganz unzertrennlich. Dabey ist unglaublich wie sehr die Wissenschaft retardirt worden ist, weil man immer nur von einzelnen praktischen Bedürfnissen ausging, diese zu befriedigen sich im einzelnen lange bey gewissen Puncten verweilte, und sich im Allgemeinen mit Hypothesen und Theorien übereilte. Doch bleibt es immer ein reizender Anblick wie, durch alle Hindernisse,[64] der Menschenverstand seine impräscriptiblen Rechte verfolgt, und mit Gewalt zur möglichsten Übereinstimmung der Ideen und der Gegenstände losdringt. Ich hoffe ehe ich am Ende der Arbeit bin soll ich auch alle Bitterkeit gegen den Widerstand verloren haben, ich hoffe ich werde darüber so frey fühlen als denken.

Die wiederholte Nachricht von Ihrem Übelbefinden betrübt mich sehr. Es ist gerade jetzt das einzige böse das mich in meinem Verhältnisse trifft und ist mir um desto empfindlicher.

Mein längerer Aufenthalt hier am Orte bewirkt mir immer eine freyere Aussicht auf die nächste Zeit. Und in diesem Sinne freue ich mich mehr auf die bevorstehende Reise nach Jena.

Ich bin mit Ihnen völlig überzeugt daß in einer Reise, besonders von der Art die Sie bezeichnen, schöne epische Motive liegen, allein ich würde nie wagen einen solchen Gegenstand zu behandeln, weil mir das unmittelbare Anschauen fehlt und mir in dieser Gattung die sinnliche Identification mit dem Gegenstande, welche durch Beschreibungen niemals gewirkt werden kann, ganz unerläßlich scheint.

Überdieß hätte man mit der Odysse zu kämpfen, welche die interessantesten Motive schon weggenommen hat. Die Rührung eines weiblichen Gemüths durch die Ankunft eines Fremden, als das schönste Motiv, ist nach der Nausikaa gar nicht mehr zu unternehmen. Wie weit steht nicht, selbst im Alterthume, Medea,[65] Helena, Dido schon den Verhältnissen nach hinter der Tochter des Alkinous zurück. Die Marine des Vaillants, oder etwas ähnliches, würde immer nur Parodie jener herrlichen Gestalten bleiben. Dabey komme ich aber auf meinen ersten Satz zurück: daß uns die unmittelbare Erfahrung vielleicht zu Situationen Anlaß gäbe die noch Reiz genug hätten. Wie nöthig aber eine unmittelbare Anschauung sey wird aus folgendem erhellen:

Uns Bewohner des Mittlandes entzückt zwar die Odysse, es ist aber nur der sittliche Theil des Gedichts der eigentlich auf uns wirkt, dem ganzen beschreibenden Theile hilft unsere Imagination nur unvollkommen und kümmerlich nach. In welchem Glanze aber dieses Gedicht vor mir erschien als ich Gesänge desselben in Neapel und Sicilien las! Es war als wenn man ein eingeschlagnes Bild mit Firniß überzieht, wodurch das Werk zugleich deutlich und in Harmonie erscheint. Ich gestehe daß es mir aufhörte ein Gedicht zu seyn, es schien die Natur selbst, das auch bey jenen Alten um so nothwendiger war, als ihre Werke in Gegenwart der Natur vorgetragen wurden. Wie viele von unsern Gedichten würden aushalten auf dem Markte oder sonst unter freyem Himmel gelesen zu werden.

Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Ihre liebe Frau. Benutzen Sie jede guten Augenblicke.

Weimar am 14. Febr. 1798.

G.[66]


13/3736.


An Friedrich Schiller

[17. Februar.]

So sehr ich die Unvollkommenheit jenes ersten Versuches fühlte und fühle, so ein großes Vertrauen habe ich doch auf eine bessere Ausführung, bey der Sie gewiß, wenn wir nur erst wieder zusammenkommen, aufs nachdrücklichste beystehen werden.

Der Hauptfehler jener Arbeit, den Sie auch mit Recht bemerken, ist daß ich nicht immer bey dem nämlichen Subject geblieben bin, und daß ich bald Licht bald Farbe bald das allgemeinste bald das besonderste genommen habe.

Das hat aber gar nichts zu sagen! – Wenn man statt Einer Tabelle drey macht, und sie ein halbduzendmal umschreibt, so müssen sie schon ein ander Ansehen gewinnen.

Ich glaube zwar selbst daß die empirische Masse von Phänomenen, die, wenn man sie recht absondert und nicht muthwillig verschmilzt, eine sehr große Zahl ausmachen und eine ungeheure Breite einnehmen, sich zu einer Vernunfteinheit schwerlich bequemen werden, aber auch nur die Methode des Vortrags zu verbessern ist jede Bestrebung der Mühe werth.

Auch ist meine Eintheilung diejenige die Sie verlangen.

1. In Beziehung aufs Auge

physiologische.[67]

2. in Beziehung auf Licht und Finsterniß

physische

welche alle ohne Mäßigung und Gränze nicht bestehen und von denen die prismatischen nur eine Unterabtheilung sind.

3. Chemische die uns an Körpern erscheinen.

Wenn man diese Eintheilung auch nicht weiter als zum Vortrage zugeben will, so kann sie doch nicht entbehrt werden und bis jetzt weiß ich keine andere zu machen.

Was mich aber eigentlich zu jenem Schema nach den Kategorien geführt hat, ja was mich genöthigt auf dessen Ausführung zu bestehen, ist die Geschichte der Farbenlehre.

Sie theilt sich in zwey Theile, in die Geschichte der Erfahrungen und in die Geschichte der Meinungen, und die letztern müssen doch alle unter den Kategorien stehen.

Eine Sonderung ist daher höchst nöthig, vorzüglich weil man sonst nicht durch die neuern Aristoteliker durchkommt, welche die ganze Naturwissenschaft und besonders auch dieses Capitel ins metaphysische, oder vielmehr ins dialektische Fach spielten. Dabey, scheint mirs, haben sie wirklich die möglichen Vorstellungsarten erschöpft, und es wäre interessant sie in einer reinen Ordnung neben einander zu sehen. Denn weil die Natur von so unerschöpflicher und unergründlicher Art ist daß man alle Gegensätze und Widersprüche[68] von ihr prädiciren kann, ohne daß sie sich im mindesten dadurch rühren läßt, so haben die Forscher von je her sich dieser Erlaubniß redlich bedient, und auf eine so scharfsinnige Art die Meinungen gegen einander gestellt daß die größte Verwirrung daraus entstand, welche nur durch eine allgemeine Übersicht des Prädicabeln zu heben ist.

Ich bin überzeugt und es wird sich in der Folge darthun lassen daß das Newtonische System nach und nach sich so viele Bekenner erwarb, weil ein Emanations– oder Emissionssystem, wie mans nennen will, doch immer nur eine Art von mystischer Eselsbrücke ist, die den Vortheil hat aus dem Lande der unruhigen Dialektik in das Land des Glaubens und der Träume hinüber zu führen.

Das erste meo voto sollte also seyn: die Lehre vom Licht und von den Farben im allgemeinsten, jede besonders, nach den Kategorien aufzustellen, wobey man sich alles empirisch einzelnen enthalten müßte.

Das empirisch einzelne ist nun schon nach den drey Eintheilungen, die mit Ihren geforderten übereinstimmen, aufgestellt. Nächstens erhalten Sie wohl das Schema über das Ganze, Sie werden sich über die ungeheure Masse verwundern, wenn Sie solche nur erst im Detail sehen.

Alles rückt in übersehbare Ordnung zusammen, und ich werde mich hüten irgend einen Theil auszuarbeiten, bis ich an meinem Schema nichts mehr[69] zu bessern weiß, dann ist aber die Arbeit so gut als gethan. Ich bitte Sie um gefälligen Beystand, durch Einstimmung und Opposition; die letzte ist mir immer nöthig, niemals aber mehr als wenn ich in das Feld der Philosophie übergehe, weil ich mich darin immer mit Tasten behelfen muß.

Ich habe diese Woche ein Duzend Autoren, die in meinem Fache geschrieben haben, nur flüchtig durchgesehen, um für die Geschichte einige Hauptmomente zu finden, und fühle ein Zutrauen daß sich aus derselben etwas artig-lesbares wird machen lassen, weil das besondere angenehm, und das allgemeine menschlich weitgreifend ist. Indessen fürchte ich und wünsche ich, daß der momentane Trieb zu dieser Materie mich bald verlassen und einem poetischen Platz machen möge. Doch kann ich immer zufrieden seyn daß ich in meiner jetzigen zerstreuten Lage noch ein Interesse habe das mich durch alles durchhält.

G.


13/3737.


An Friedrich Schiller

Herr von Brinkmann, der um Sie zu sehen nach Jena geht, wünscht einige Worte von mir mitzunehmen. Da er Ihnen durch die Musen schon empfohlen ist, und seine lebhafte Unterhaltung Ihnen gewiß angenehm sein wird, so brauche ich weiter nichts zu sagen.

[70] Meinen gestrigen Brief konnte ich nicht einmal mit einem Gruße schließen, so ging alles bey mir durch einander. Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau, wie sehr wünsche ich zu vernehmen, daß Ihre Arbeit bald wieder in Gange sey.

Weimar am 18. Febr. 1798.

G.


13/3738.


An Friedrich Schiller

Heute früh erwartete ich vergebens einen Brief von Ihnen, wenn nur nicht das Außenbleiben desselben auf ein Übelbefinden deutet.

Brinkmann war sehr erfreut mit Ihnen einige Stunden vertraulich zugebracht zu haben. Seine lebhafte Theilnahme an so vielem verdient wirklich eine gute Aufnahme. Gestern aß er mit mir und ich hatte ihn zwischen unsere zwey liebenswürdige Schriftstellerinnen placirt, wo er sich außerordentlich gut befand. Eigentlich scheint er mir aber eine rechte Natur für ein so großes Element wie Berlin zu seyn.

Sagen Sie mir doch Ihre Gedanken über die Versart in welcher der Schlegelsche Prometheus geschrieben ist. Ich habe etwas vor das mich reizt Stanzen zu machen, weil sie aber gar zu obligat und gemessen periodisch sind, so habe ich an jenes Sylbenmaß gedacht, es will mir aber bey näherer Ansicht nicht gefallen, weil es gar keine Ruhe hat und man[71] wegen der fortschreitenden Reime nirgends schließen kann.

Sonst habe ich noch manches durchgedacht um die Anforderungen an die rationelle Empirie nach Ihrer Ausführung, die Sie mir vor einigen Wochen zuschickten, noch recht nach meiner Art durchzuarbeiten. Ich muß damit aufs reine kommen ehe ich wieder an den Baco gehe, zu dem ich abermals ein großes Zutrauen gewonnen habe. Ich lasse mich auf diesem Wege nichts verdrießen und ich sehe schon voraus daß wenn ich mein Farben-Capitel gut durchgearbeitet haben werde, ich in manchem andern mit großer Leichtigkeit vorschreiten kann. Nächstens mehr und ich hoffe bald mündlich.

Weimar am 21. Febr. 1798.

G.


13/3739.


An Franz Kirms

Vertrauen Sie mir einmal in dieser Sache und lassen Sie mich gewähren. Wir müssen unsere Preise nach und nach steigern, denn die Umstände sind mehr als wir denken verändert.

Schon neulich haben wir acht Studenten auf dem obersten Platze gehabt, die sich zwar recht gut betragen haben; haben Sie aber ja die Güte, nur eine mäßige bestimmte Zahl Billets auf den obern Platz ausgeben zu lassen, wir sind es dem Hofe schuldig. Denn wenn[72] wir nicht diese Vorsicht brauchen, so haben wir, ehe wir's uns versehen, einmal den obern Platz von Studenten angefüllt.

Auch haben sich neulich wieder Unarten spüren lassen. Die Studenten haben, besonders auf der rechten Seite, die Wache geneckt und die Hüte bald abgethan, bald aufgesetzt, auch fingen sie zu trommeln an, das man absolut nicht leiden muß. Ich werde Herrn v. Luck hierüber einige Worte schreiben. Schließen Sie nur Sonnabends die Dutzend- Billets wieder aus. Es werden Leute genug kommen und man giebt die »Zauberflöte« alsdann erst nach Ostern wieder.

Wir haben nur eine einzige Pflicht, das ist die: für gute Vorstellungen zu sorgen, und dieser Zweck kann nichts anders erreicht werden, als wenn ein Stück öfter gegeben wird. Jetzt sind wir auf dem besten Wege und wenn wir darauf beharren, so soll es künftigen Winter ganz anders aussehen. – Dafür hat man nach seiner Überzeugung handelt, um das Beste hervor zu bringen, und nicht daß man den Leuten zu Willen lebe, wovon man doch zuletzt noch Undank und durch Hintansetzung des Hauptgeschäftes Schande erlebt.

Weimar am 24. Febr. 1798.[73]


13/3740.


An Friedrich Schiller

Schon Mittwochs hatte ich ein Blatt an Sie dictirt und heute fing ich an etwas dazu zu fügen, dadurch wurden aber meine Äußerungen so confus, daß ich es noch einmal redigiren muß. Es soll morgen Abend mit der reutenden Post abgehen.

Von Schlegeln weiß ich so viel: daß er nach Ostern über Berlin nach Dresden gehen will, künftigen Winter wird er aber wieder in Jena seyn.

Wenn ich hinüber komme werde ich den Vorschlag thun daß Sie ihn vor seiner Abreise noch ein paarmal sehen, damit er nicht etwa, aus Unmuth, seine Beyträge, die ich doch nicht gern entbehren möchte, Ihrem Almanach entwende.

Leben Sie recht wohl und behalten mich lieb.

Weimar am 24. Febr. 1798.

G.


13/3741.


An August Wilhelm Schlegel

Da ich höre daß Sie uns nach Ostern verlassen wollen, so werde ich mich um so mehr eilen um März nach Jena zu kommen, um Ihres Umgangs noch einige Zeit zu genießen. Ich überbringe zugleich das Geld und hoffe von Ihren neuen Arbeiten etwas zu sehen. Mir ist dieser ganze Winter für das poetische Fach[74] ungenutzt verstrichen. Geschäfte, Theater und Societät haben mir alle meine Stunden entweder weggenommen oder unbrauchbar gemacht.

Herr von Brinkmann, der sich bey Ihnen auch recht wohl gefallen hat, war uns eine angenehme Erscheinung, seine Lebhaftigkeit und seine Theilnahme an so vielerley Gegenständen, besonders der Litteratur, machen seine Unterhaltung recht angenehm.

Ich bin neugierig Gotters letztes Lustspiel zu sehen, glauben Sie daß es auf dem Theater Effect machen werde ? Wir erwarten nun die Composition der Zauberinsel, wir denken die Oper nach Ostern zu geben. Die Zauberflöte hat wieder viele Zuschauer aus der Nachbarschaft herbey gelockt.

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und erhalten mir ein geneigtes Andenken.

Weimar am 24. Febr. 1798.

Goethe.


13/3742.


An Friedrich Schiller

[21. Februar.]

Jedem der Mittwochs oder Sonnabends früh in mein Zimmer kommt wird auf die Finger gesehen ob er nicht einen Brief von Ihnen bringe, und da ich heute dieses ersehnte Frühstück entbehren mußte so hat mir ein blaues Couvert am Abend desto mehr Freude gemacht.

[75] Unsern Schweden den Sie trefflich geschildert haben habe ich noch morgen zu bleiben beredet. Unsere Frauen in Weimar bedürfen gar sehr solcher fremden Erscheinungen, und ich mag ihnen, da sie sonst so wenig Vergnügen haben, dergleichen gerne gönnen. Gewiß sind diese Naturen sehr wünschenswerth weil sie zur affirmativen Seite gehören und doch immer Talente in der Welt supponiren müssen, wenn ihr Talent gelten soll.

Ich kann nicht ausdrucken wie sehr ich hoffe die Resultate Ihrer Arbeiten zu sehen und mich mit Ihnen über so vieles zu unterhalten. Hätten mich die Stuttgarder nicht ohne Antwort gelassen, so daß ich über Thoureths Ankunft ungewiß wäre, so hätte ich schon vor einigen Tagen zu Ihnen kommen können.

Ich erinnere mich kaum was ich heute früh über den rationellen Empirism schrieb, mir scheint es aber als wenn er auf seinem höchsten Puncte auch nur kritisch werden könnte. Er muß gewisse Vorstellungsarten neben einander stehen lassen, ohne daß er sich untersteht eine auszuschließen oder eine über das Gebiet der andern auszubreiten. In der ganzen Geschichte der Farbenlehre scheint mir dies der Fehler, daß man die drey Eintheilungen nicht machen wollte und daß man die empirischen Enunciacionen, die auf eine Abtheilung der Erfahrungen paßten, auf die andere ausdehnen wollte, da denn zuletzt nichts mehr paßte.

[76] Eben so scheint es mir mit Ideen zu seyn die man aus dem Reiche des Denkens in das Erfahrungsreich hinüberbringt, sie passen auch nur auf Einen Theil der Phänomene und ich möchte sagen, die Natur ist deswegen unergründlich weil sie nicht Ein Mensch begreifen kann, obgleich die ganze Menschheit sie wohl begreifen könnte. Weil aber die liebe Menschheit niemals beysammen ist, so hat die Natur gut Spiel sich vor unsern Augen zu verstecken.

In Schellings Ideen habe ich wieder etwas gelesen und es ist immer merkwürdig sich mit ihm zu unterhalten. Doch glaube ich zu finden daß er das, was den Vorstellungsarten die er in Gang bringen möchte widerspricht, gar bedächtig verschweigt, und was habe ich denn an einer Idee die mich nöthigt meinen Vorrath von Phänomenen zu verkümmern.

Von der andern Seite sind die Mathematiker, welche ungeheure Vortheile haben der Natur zu Leibe zu gehen, auch oft in dem Falle das interessanteste zu tuschen. Ein alter Hofgärtner pflegte zu sagen: die Natur läßt sich wohl forciren aber nicht zwingen, und alles was wir theoretisch gegen sie vornehmen sind Approximationen bey denen die Bescheidenheit nicht genug zu empfehlen ist. Es war mir neulich sehr interessant Lamberts Photometrie durchzugehen der wirklich liebenswürdig erscheint, indem er seinen Gegenstand für unerreichbar erklärt und zugleich die äußerste Mühe anwendet ihm beyzukommen.

[77] Das soll nun alles, besonders wenn ich meine Arbeit erst vorlegen kann, zu den besten Gesprächen Anlaß geben.


So weit war ich am Mittwoch gekommen. Was ich gestern dictirte hat gar keine Gestalt. Und doch soll dies Blatt heute Abend zu Ihnen. Die Herrschaft ist nach Gotha. Diesen ganzen ruhigen Tag habe ich mit neuen Bibliotheks Einrichtungen zugebracht, wobey noch nichts gewonnen ist als was sich von selbst verstünde.

Leben Sie recht wohl und erfreuen mich Mittwoch wieder mit einem Briefe.

Weimar am 25. Febr. 98.

G.[78]


13/3742a.


An Franz Kirms

So eben erhalte ich beyliegendes pro Memoria von der Tilli. Da Sie die Sache durch Seyfarth eingeleitet[63] haben, so lassen Sie ihn auch dieselbe abschließen. Ich bin zufrieden daß man eine Versicherung annehme daß sie die 29 rh. 20 Gr. von Breslau schicken wolle.

Am Ende habe ich auch nichts dagegen wenn Sie ihr noch ein paar Karolin erlassen. Je leidlicher wir mit ihr auseinander kommen, desto besser ist es, da sie sich doch von ihren hiesigen Aufenthalt bessere Hoffnung machen konnte. Der Ruf von äußerster Billigkeit gegen abgehende Schauspieler hat uns auswärts immer genutzt. Doch überlasse ich dieses letzte ganz Ew. Wohlgeb. Ermessen und Leitung.

W. den 25. Febr. 1798.

G.[64]


13/3743.


An Carl Ludwig von Knebel

[26. Februar.]

Zu der Bestätigung deines häuslichen Glücks durch die gesetzlichen Formen empfange hier abermals meine besten Wünsche. Es ist freylich so um vieles sichrer als wenn man erst seine Zufriedenheit von den Formen erwarten soll.

Für das überschickte Mirandum Naturae danke ich, es ist in doppelter Rücksicht merkwürdig. Es ist ein Überbleibsel eines Hafenschädels, dessen Vorderzähne, sowohl die größern, als die, nach dem Gaumen zustehenden,[78] kleinen, sich widernatürlich verlängert und krumm gebogen haben. Diese Erscheinung ist an sich schon merkwürdig genug, sie wird es aber für mich noch mehr, da ich zu bemerken glaube daß das Thier in der obern Kinnlade keine Backzähne gehabt hat, wodurch das alte, mir so unendlich werthe Gesetz der organischen Natur: daß an einem Orte kein Überfluß seyn kann, wenn am andern nicht ein Mangel entsteht, aufs neue bestätigt wird.

Einiges vom Gotthardsberge lege ich bey, freylich nur wenig, denn ich habe, um mich nicht zu beladen, nur meist einzelne Stücke mitgenommen. Ich hoffe daß uns künftig mein Correspondent vom Gipfel dieses ehrwürdigen Berges einige gute Stufen zuschicken soll.

Die Wahl unseres Bergrath Voigt hat, wie ich bemerken konnte, auch in seiner Familie Beyfall, grüße ihn und wünsche ihm Glück.

Von Eisenach habe ich schon 50 rh. Oster Quartal für dich erhalten, das übrige will ich hier einnehmen. Wir können es auf alle Fälle so einrichten daß du das Geld regelmäßig durch den Rentsecretair Herzog erhältst, wodurch alles Porto und Risiko wegfällt, wir wollen nur erst das Quartal Ostern vorbey gehen lassen und alsdann den compendiosesten Weg erwählen, sobald ich weiß was hier zu zahlen ist.

Ich habe, seit Anfang des Jahrs, meist mit dem Studio der Farbenlehre zugebracht, und habe die Sache[79] wieder etwas weiter vorwärts geschoben. Ich hoffe daß die Geschichte derselben interessant genug werden und viel Licht über die Materie überhaupt verbreiten soll.

Ich subscribire für zwey Exemplare des Werkes von Grübel mit dem Portrait. Es ist eine merkwürdige Erscheinung aber freilich aus einer alten Welt. Wenn seine Sachen einmal heraus sind, so wird man sehr leicht Auszüge daraus ins gewöhnliche Deutsch übersetzen und sie dadurch weiter bekannt machen können, das wird aber dem Armen Teufel zur Einnahme wenig helfen.

Nun lebe recht wohl, grüße deine Gattin und gedenke mein.

Zu Anfang März will ich nach Jena gehen, wenn du wegen des Einpackens und des Transports deiner Sachen irgend etwas verfügen wolltest so könnte ich dies recht gut besorgen.


13/3744.


An Wilhelm von Wolzogen

Mir ist nichts bewußt was die Richtung des Huschkischen Hauses verändern könnte, doch gestehe ich daß es mir leid thut daß eine so wichtige Sache, sowohl im ganzen als einzelnen, nur gleichsam aus dem Stegreife behandelt wird. Wenn Huschke seinen Grund gräbt, so stößt er auf die Röhrenfahrt, deren[80] Verlegung wohl das erste seyn möchte woran zu denken ist. In einigen Tagen lege ich Fürstl. Commission eine Ausarbeitung vor worinn ich wenigstens alle Puncte zu berühren und zur Entscheidung vorzubereiten denke. Ehe man den Hofmedikus so vor sich fortgraben läßt, wäre es doch gut seinen Raum an der andern Seite noch einmal zu versteinigen. Ich habe bald das Vergnügen mit Ew. Hochwohlgeb. mehr über die Sache zu sprechen, und bitte diese Blätter einstweilen zu den Acten zu nehmen.

Weimar am 26. Febr. 1798.

Goethe.


13/3745.


An Friedrich Schiller

Wenn die Stuttgarder Freunde artiger gewesen und mir die Zeit von Thourets Ankunft gemeldet hätten, so könnte ich vielleicht jetzt bey Ihnen seyn, denn außer diesem Einen Geschäft habe ich alles übrige hinter mich gebracht. Geht Ihr Wallenstein indessen auf seinem Wege mit starken Schritten fort, so will ich das bisherige Entbehren verschmerzen. Man sieht freylich, wie es auch Humboldten geht, wenn gewisse Unterhaltungen fehlen, wie nöthig sie einem werden können.

Die Franzosen muß Humboldt, wenn sie ein theoretisch Gespräch anfangen, ja zu eludiren suchen, wenn er sich nicht immer von neuem ärgern will.[81] Sie begreifen gar nicht daß etwas im Menschen sey, wenn es nicht von außen in ihn hineingekommen ist. So versicherte mir Mounier neulich: das Ideal sey etwas aus verschiednen schönen Theilen zusammengesetztes! Da ich ihn denn nun fragte: woher denn der Begriff von den schönen Theilen käme? und wie denn der Mensch dazu käme ein schönes Ganze zu fordern? und ob nicht für die Operation des Genies, indem es sich der Erfahrungselemente bedient, der Ausdruck zusammensetzen zu niedrig sey? so hatte er für alle diese Fragen Antworten aus seiner Sprache, indem er versicherte daß man dem Genie schon lange une sorte de creation zugeschrieben habe.

Und so sind alle ihre Discurse, sie gehen immer ganz entscheidend von einem Verstandsbegriff aus und wenn man die Frage in eine höhere Region spielt, so zeigen sie daß sie für dieses Verhältniß auch allenfalls ein Wort haben, ohne sich zu bekümmern ob es ihrer ersten Assertion widerspreche oder nicht.

Durch Ihre Frau Schwägerinn werden Sie ja wohl erfahren haben, daß auch Mounier Kantens Ruhm untergraben hat und ihn nächstens in die Luft zu sprengen denkt. Dieser moralische Franzos hat es äußerst übel genommen daß Kant die Lüge, unter allen Bedingungen, für unsittlich erklärt. Böttiger hat eine Abhandlung gegen diesen Satz nach Paris geschickt, der ehestens in der Décade philosophique wieder zu uns zurückkommen wird, worinn denn zum[82] Trost so mancher edlen Natur klar bewiesen wird daß man von Zeit zu Zeit lügen müsse. Wie sehr Freund ubique sich freuen muß wenn dieser Grundsatz in die Moral aufgenommen wird können Sie leicht denken, da er seit einiger Zeit die Bücher die man ihm geliehen hat hartnäckig abschwört, ob es gleich gar kein Geheimniß ist, daß er sie im Hause hat und sich deren ganz geruhig fortbedient.

Ich habe jetzo mit dem Grafen und der Gräfin Fouquet ein Verhältniß wegen naturhistorischer Gegenstände, es sind recht artige, höfliche, dienstfertige Leute und auch mit mir recht einig und wohl zufrieden, doch merkt man immer daß es ihnen auch wie Voßen geht, der am Ende denn doch überzeugt ist daß er ganz allein Hexameter machen kann und soll.

Mein Gedicht scheint, wie ich aus diesen Nachrichten sehe, ihm nicht so wohltätig als mir das seine. Ich bin mir noch recht gut des reinen Enthusiasmus bewußt mit dem ich den Pfarrer von Grünau aufnahm, als er sich zuerst im Merkur sehen ließ, wie oft ich ihn vorlas, so daß ich einen großen Theil davon noch auswendig weiß, und ich habe mich sehr gut dabey befunden. Denn diese Freude ist am Ende doch productiv bey mir geworden, sie hat mich in diese Gattung gelockt, den Herrmann erzeugt und wer weiß was noch daraus entstehen kann. Daß Voß dagegen mein Gedicht nur se defendendo genießt thut mir leid für ihn, denn was ist denn an unserm[83] ganzen Bischen Poesie, wenn es uns nicht belebt und uns für alles und jedes was gethan wird empfänglich macht. Wollte Gott ich könnte wieder von vorn anfangen und alle meine Arbeiten als ausgetretne Kinderschuhe hinter mir lassen und was bessers machen.

Jetzt erheitre ich mich mit dem Gedanken daß ich bey meinem nächsten Aufenthalt in Jena kleinen Sachen machen will, in einer Art zu der ich den wohltätigen Einfluß des Frühlings brauche. Wie sehr freut es mich daß wir beyde gewiß so fest an der Sache als an einander halten werden.

Heute Nacht haben wir, nach der unvermutheten Ankunft der gothaischen fürstlichen Jugend, einen Ball aus dem Stegreifen und Suppé um 2 Uhr gehabt, worüber ich denn einen schönen Morgen zum größten Theil verschlief. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und bereiten sich für den Sommer im Garten ein heiteres Daseyn.

W. d. 28. Febr. 1798.

G.


13/3746.


An Friedrich Schiller

Zu dem Bürgerdecrete, das Ihnen aus dem Reiche der Todten zugewendet worden, kann ich nur in so fern Glück wünschen als es Sie noch unter den Lebendigen angetroffen hat, warten Sie ja noch eine[84] Weile ehe Sie Ihre verewigten großen Mitbürger besuchen. Herr Campe scheint an der gefährlichsten aller Tollheiten, so wie noch mancher gute Deutsche, krank zu liegen. Leider ist dagegen so wenig als gegen eine andere Pest zu thun und zu sagen.

Das schöne Wetter ruft mich jeden Tag zu Ihnen und ich benutze mein Hierseyn so gut ich kann. Ich habe die Insecten wieder vorgenommen und auch meine Mineralien geordnet. Wenn man so viel zusammenschleppt und nur eine Zeit lang ansteht das eingebrachte einzurangiren, so weiß man bald nicht wo man sich lassen soll.

Meyer ruckt mit seinen Arbeiten vor und es wird bald ein Bändchen zusammen seyn.

Nach den neusten Begebenheiten in Italien und in der Schweiz bin ich vollkommen über unsern Rückzug getröstet, auch wird es der Sache nicht schaden, wenn das was wir gesammelt fragmentarisch heraus kommt. Das Publikum nimmt so was einzelnes immer besser auf, und einen methodischen Überblick kann man auf dem Wege immer auch einmal geben. Die Einleitung dazu wird wohl meine erste Arbeit in Jena seyn, da ich denn auch das Schema sowohl über das theoretische als über das Erfahrungsganze, das schon entworfen ist, noch besser ausarbeiten werde.

Meine Betrachtungen über organische Naturen, so wie über die Farbenlehre arbeiten jenen Kunstbetrachtungen entgegen und eine zweyte Ausgabe des Cellini[85] wird an Meyers Arbeiten über die florentinische Kunstgedichte mit wenigen bedeutenden Noten angeschlossen.

Da ich wohl der Einleitung die Form einiger Briefe an Sie, mein werthester Freund, geben möchte, so wäre es recht hübsch wenn Sie auch bey dieser Gelegenheit ein Wort an uns sagten, um eine Aussicht zu geben daß Sie auch mit Ihren Arbeiten künftig wohl mit uns zusammentreffen möchten. Denn da uns das Jahrhundert von außen noch manche Hindernisse in den Weg zu legen scheint, so ist es desto nöthiger von innen einstimmig und unverrückt zu wirken.

Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Ihre liebe Frau.

Weimar am 3. März 1798.

G.[86]


13/3746a.


An den Herzog Carl August

Aus beyliegenden Exhibitis kann Ew. Durchl. umständlicher unterthänigst vorgetragen werden, was der Landkammerrath von Todenwart, zu Eisenach, wegen Übung der dort garnisonirenden Jäger in der Mathematik und den Zeichenkünsten sowohl, als wegen Restitution einiger deshalb Auslagen, bey der Oberaussicht über die Zeicheninstitute vorgestellt und gebeten. Worüber ich gnädigster Resolution entgegensehend mich unterzeichne

Ew. Durchl.

unterthänigst treugehorsamster

Weimar am 3. März 1798.

J. W. v. Goethe.[64]


13/3747.


An Friedrich Schiller

Ihre liebe Frau hat uns, ob gleich nur auf allzukurze Zeit besucht, doch hat sie wenigstens einen guten Eindruck von Meyers Arbeiten mitgenommen, wovon sie nicht wenig Genuß haben wird, und es wäre sehr schön gewesen wenn Sie denselben theilen könnten. Überhaupt muß ich bey dieser Gelegenheit sagen daß Sie, da sich Ihr Herr Schwager nach und nach einrichten kann, doch auch für ein Quartier für den[86] Winter besorgt seyn sollten. Denn wenn ich auch unser Theater nur nehme wie es ist, so bleibt es doch schon ein großer Genuß fast alle acht Tage eine gute Musik zu hören, denn unsere Oper ist recht artig und die Vorstellungen derselben machen oft ein artiges Ganze. Ich könnte Ihnen einen bessern, bequemern Platz verschaffen als den im Proscenio, und an der Einsamkeit zu Hause wird es Ihnen, nach dem bekannten weimarischen Isolationssystem, nicht fehlen, und es würde gewiß für Sie von Vortheil seyn wenn Sie die äußere Einwirkung nicht ganz ausschlössen. Was mich betrifft so werde ich, wie Sie wissen, immer in meinem Zodiak herum genöthigt, und jedes Zeichen in das ich trete giebt mir neue Beschäftigung und Stimmung. Was mit mir zunächst werden wird hoffe ich Sonnabends sagen zu können.

Ich habe den Cellini wieder vorgenommen, corrigire meine Abschrift und mache mir ein Schema zu den Noten. Dadurch setze ich mich in den Stand die kleinen historischen Aufsätze, die hierzu nöthig sind, von Zeit zu Zeit auszuarbeiten. Ich will sie hinten ans Werk schließen, und sie nach den Materien stellen, so daß man sie auch allenfalls, wie einen kleinen Aufsatz, hinter einander lesen kann. Meyers Arbeit über die florentinische Kunstgeschichte rückt indessen auch vor, und eins greift ins andere.

Eine Zeit zur Fassung und Sammlung und zur Übersicht über das mannigfaltige was wir treiben[87] wünsche ich mir bald in Ihrer Nähe, sie muß mir nun nächstens werden und sie soll uns in mehr als Einem Sinne Frucht bringen.

Zu dem endlich angelangten Coburger Rescript wünsche ich Glück. Eigentlich hat diese Expedition auch unser Herzog auswirkt. Coburg war wohl mit ein Duzend Rescripten zurück und da keine Sollicitation bey den Geheimde Räthen helfen wollte, schicke endlich unser Herzog unmittelbar einen Boten auf Execution mit freundschaftlichen Empfehlungsschreiben an den Herzog und die Herzogin, wodurch denn endlich die Expeditionen flott gemacht wurden; möchte doch auch etwas reelles für Sie dabey gewesen seyn!

Humboldts Brief lege ich wieder bey, sein Urtheil über das französische Theater gefällt mir recht wohl. Ich möchte diese wunderlichen Kunstprodukte wohl auch einmal mit Augen sehen.

Leben Sie wohl.

Weimar am 7. März 1798.

G.


13/3748.


An Carl Ludwig von Knebel

Mit dem rückkehrenden Boten nur wenige Worte: Zuerst meinen Dank für das Elfenbein! Die Stücke sind trefflich instructiv, und würden es vielleicht weniger seyn wenn sie nicht so unbarmherzig zusammengeschnitten wären. Dadurch ist aber eben manches interessante an den Tag gekommen.

[88] Von dem Erbpech kann ich euch vielleicht etwas schicken. Wenn ich nach Jena gehe, will ich davon zu erhalten suchen.

Wegen Grübels Gedichten will ich an Herrn Merkel schreiben, mit dem ich doch jetzt in einigem Verhältniß stehe.

Was es mit dem guten Witschel werden kann sehe ich nicht voraus. Wir hatten ein Bändchen seiner Gedichte auf der Reise mit uns, und lasen es also mit heiterer Unbefangenheit. Poetisches Talent kann man ihm nicht absprechen, es fehlt aber seinen Sachen irgend wo, ob an einem gewissen natürlichen Geschmack, oder an Mangel von Bildung weiß ich nicht zu unterscheiden.

Deine Geldsachen besorge ich dir ordentlich. Ich habe schon wegen der Auszahlung durch Herzog etwas an die Kammer gelangen lassen, worauf ich Resolution erwarte.

In diesen Tagen habe ich den Cellini wieder vorgenommen, um ihn zu einer neuen Ausgabe vorzubereiten. Er soll nun ganz erscheinen, durch erläuternde Noten, an die allgemeine politische und Kunstgeschichte seiner Zeit angeknüpft werden.

Unser alter Oppel hat uns verlassen. Fräulein Seebach die ältere heyrathet Carl von Stein, die jüngere einen Herrn von Ahlefeld. Das sind so die wichtigsten Stadtneuigkeiten.

Befinde dich ja wohl hinter deinen Thüringer[89] Bergen, in der übrigen Welt, nach Mittag zu, will es noch nicht lustiger aussehen. Grüße die deinigen und Herr Bergrath Voigt. Weimar am 9. März 98.

G.


13/3749.


An Friedrich Schiller

Es fehlte nur noch daß in das zehente Haus meines Horoskops noch einige Hufen des Landes eingeschoben würden, damit meine Existenz ja noch bunter werden möchte. Und doch ist es so, ich habe das Oberroßlaer Freygut endlich doch noch erstanden, nachdem wir die bisherigen Pächter, so wie auch der Hofrath Gruner, durch zwey Jahre diese Acquisition sauer gemacht haben. Indessen bin ich mit dem Besitz und mit dem Preise noch ganz zufrieden, denn es geht jetzt mit Grund und Boden wie mit den Sibyllinischen Büchern, jedermann zaudert beym steigenden Preise indem der Preis immer steigt.

Übrigens habe ich einen ganz reinen Kauf gethan, wie wohl selten geschieht, denn ich habe das Gut und die Gebäude bis auf den heutigen Tag nicht gesehen und werde es morgen zum erstenmal in Augenschein nehmen. Das was dabey zu bedenken und allenfalls zu thun ist wird mich kaum acht Tage aufhalten. Wenn Sie uns besuchen könnten, so wäre es recht schön, doch will ich bemerken daß in der nächsten Woche die Oper den Donnerstag ist und Sonnabends ein neues Kotzebuisches Stück, zu dem ich[90] Sie nicht ein laden will. Wenn Sie sich neben Freund Meyern in dem grünen Stübchen behelfen wollen, so sind Sie mir auch herzlich willkommen, mehr Raum kann ich Ihnen diesmal nicht anbieten.

Von dem englischen Trauerspiel habe ich nichts vernommen, es wäre auf alle Fälle gut wenn wir es erhalten könnten.

Von Ihrem Bürgerdiplom wollen wir Ihnen eine vidimirte Abschrift, mit dem Bekänntniß daß solches auf der fürstlichen Bibliothek verwahrt sey, ausfertigen lassen. Es ist recht artig daß Sie des Herzogs Gelüst nach diesem Dokument befriedigen. Es ist schon ein ähnliches reponirt, die Nachricht, in vielen Sprachen, an alle Völker der Welt, von der herrlichen französischen Revolution.

Wenn es Ihnen möglich ist, so kommen Sie ja! Denn ich wünschte sehr daß Sie die Meyerischen Arbeiten gesehen hätten, ehe wir weiter zusammen zu leben fortfahren.

Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

Weimar am 10. März 1798.

G.


13/3750.


An Friedrich Schiller

Es würde recht schön seyn wenn Sie diese Woche noch herüber kommen könnten, nur wünschte ich den Tag zu wissen um mich ein wenig darauf einzurichten. Ich bin ziemlich mit allem fertig und auch meine[91] kleine Acquisition ziemlich im klaren, so daß es meiner Gegenwart weiter nicht bedarf. Bey näherer Untersuchung findet sich daß ich noch einen ganz leidlichen Kauf gethan habe, ob er gleich der bisherigen Nutzung nach zu hoch schien. Deswegen Gruner auch wohl abgegangen seyn mag.

Nun habe ich aber das größte Bedürfniß wieder einmal ganz in meinem Innern zu leben und hoffe bald dazu zu gelangen.

Damit Sie sehen in welcher unmittelbaren Connexion unser liebes Weimar mit Paris steht, übersende ich Ihnen einige französische Blätter. Mir sind dergleichen Saalbaderische Gemeinplätze in der Natur zuwider. Die französische Sprache ist aber auch recht dazu gemacht, um die Erscheinung der Erscheinungen auszudrücken. Übrigens scheinen ihre Litteratoren so zahm als ihre Politik gewaltsam ist.

Die Schweizer werden auf alle Fälle den kürzern ziehen. Ich erwarte täglich daß sie Basel besetzen, denn sie haben von außen nichts mehr zu fürchten noch zu scheuen.

Leben sie recht wohl und grüßen Sie Ihre liebe Frau.

Weimar am 14. März 1798.

Des Sturm von Bocksberg erinnere ich mich kaum, ich weiß nur daß mir der archivalische Aufwand drinne lästig war.

G.[92]


13/3751.


An Christian Gottlob Voigt

Sie erlauben daß ich, nebst Anwünschung eines guten Morgens, über einen Punct anfrage.

Bey einer freywilligen Subhastation hat ein Interessent das Recht in das letzte Gebot einzutreten, worauf denn ein Fremder weiter bieten kann. Nun fragt sich: ist dieses Recht der Interessenten mit dem letzten Licitationstermin erloschen? oder könnte es auch noch im Adjudicationstermin ausgeübt werden? Eine Geschichte, die Herr Regierungs Rath Osann neulich erzählte, erweckt mir diesen Zweifel, den ich um so mehr gelöst wünschen muß, als ich mich schon gegenwärtig, da von einer neuen Verpachtung auf Johanni und von andern Einrichtungen die Rede ist, als wirklichen Inhaber und Besitzer des Gutes geriren muß. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weinar am 15. März 1798.

G.


13/3752.


An Georg Christoph Steffany

Indem ich mich , werther Herr Bauverwalter, erkundige wie Sie sich befinden? so übersende ich zugleich einen Aufsatz, der je eher je lieber bey Fürstl. Commission einzureichen wäre. Haben Sie nichts dabey zu erinnern, so will ich solchen abschreiben[93] lassen und Ihnen denselben unterschrieben zuschicken, so wie ich am Schlusse den Auftrag noch auf andere Umstände die vorkommen könnten erweitern werde.

Fischer von Oberweimar hat auch geboten und es wird die Sache noch hin und her zu überlegen seyn.

Der ich baldige Besserung wünsche. Den 16. März 98.

G.


13/3753.


An Georg Christoph Steffany

Hier überschicke ich den Aufsatz in Abschrift, übergeben Sie ihn nun mittelst kurzen Schreibens bey Fürstl. Commission.

Der Pachtcontract, von dem ich Copie genommen, folgt gleichfalls zurück. Es thut mir sehr leid daß Ihr Übel sich vermehrt hat, sollte es Ihnen nicht erlauben sobald auszugehen, so besuche ich Sie, um über verschiedenes Abrede zu nehmen.

Leben Sie indessen recht wohl. Den 16. März 98.

G.


13/3754.


An Johannes Daniel Falk

[Concept.]

Das Lustspiel, werthester Herr Falk, welches ich hiermit zurücksende, wage ich nicht auf das hiesige Theater zu bringen. Man kann den Dialogen, aus denen es besteht, das Verdienst nicht absprechen da[94] sie viel artige, humoristische, geistreiche, ja selbst auf dem Theater wirksame Stellen enthalten; dem Ganzen fehlt es aber an einer fortschreitenden Handlung, durch welche einem dramatischen Werke der Beyfall erst gesichert werden kann.

Lassen Sie es bey diesem meinem einzelnen Urtheil nicht bewenden. Sie stehen mit mehreren Personen in Verhältniß, deren kritischen Einsichten Sie allerdings zu vertrauen Ursache haben und denen ich, wenn ich überstimmt werden sollte, gerne nachgeben würde.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 16. März 1798.


13/3755.


An Friedrich Schiller

Künftige Woche denke ich soll nicht verfließen ohne daß wir uns wieder zusammen befinden. Alle die Geschäfte auf die ich Einfluß habe sind im Gange, und werden nun wohl ihren Weg fortschreiten. Es wird mir nun ein großes Bedürfniß tausend Ideen Raum und Ordnung zu verschaffen, wozu mir nur die Jenaische absolute Stille und Ihre Nähe verhelfen kann.

Ich lege ein paar wunderliche Briefe bey, die Ihnen ein Abentheuer erzählen werden, das in unsern Tagen seltsam genug klingt. Ich kenne die Leute selbst und die Blätter bürgen schon für ihre eigne Wahrheit.

[95] Den französischen Aufsatz über Herrmann habe ich nun noch einmal, und zwar mit Ihren Augen, angesehen und ihn denn auch von der Art gefunden daß man damit nicht ganz unzufrieden seyn solle, ja er wäre ein Wunder wenn ihn ein Franzos geschrieben hätte; es ist aber ein Deutscher wie ich wohl weiß. Übrigens wird es künftig ein wunderlich Amalgam geben, da so vieles übersetzt wird und unsere Litteratur in verschiednen Fächern mehr Thätigkeit hat als die beyden andern.

Die armen Berner haben also eine traurige Niederlage erlitten. Meyer fürchtet daß sich nun ein Kanton so nach dem andern todtschlagen lassen, denn in ihrer Vorstellungsart sind sie immer noch die alten Schweizer, aber der Patriotismus so wie ein persönlich tapfres Bestreben hat sich so gut als das Pfaffthum und Aristokratismus überlebt. Wer wird der beweglichen, glücklich organisirten und mit Verstand und Ernst geführten französischen Masse widerstehen. Ein Glück daß wir in der unbeweglichen nordischen Masse stecken, gegen die man sich so leicht nicht wenden wird.

Wenn es Ihnen an Zerstreuung und um allerley fremdes an Planen, Aufsätzen und Einfällen zu thun ist, damit kann ich aufwarten, was ich mitbringe wird nicht viel unter einem Ries Papier betragen.

Nach Ihrer Herreise frage ich also nicht mehr, da Sie nur einen Tag dazu verwenden wollen, so schadet[96] es nichts wenn ich auch schon drüben wäre. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und arbeiten Sie so fleißig als möglich seyn will.

Weimar am 17. März 1798.

G.


13/3756.


An Caroline Kotzebue

Es ist mir sehr erwünscht, hochgeehrteste Frau Legations Räthin, daß Sie mir Gelegenheit geben Ihnen und Ihrem Herrn Sohn für die Mittheilung so manches interessanten Theaterstücks zu danken; ich weiß gewiß sein Talent zu schätzen und freue mich seines lebhaften Andenkens an längst verfloßne gute Tage.

In der Silberhochzeit werden einige Veränderungen, nach meiner Angabe, gemacht, bey denen man freylich die Feder des Verfassers vermissen wird. Vielleicht, wenn er die Ursachen vernimmt, die uns dazu bewegen, legt er selbst Hand an und macht dadurch unsere kleine Vorarbeit überflüssig.

Bleiben Sie übrigens eine fleißige und freundliche Zuschauerin unseres Schauspiels.

Der ich mich bestens empfehle und recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 17. März 1798.[97]


13/3757.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich schicke dir, mein werther Freund, eine Berechnung die etwas umständlicher seyn mußte als ich mir erst vorstellte und zu der ich einige Bemerkungen machen will.

1.) Ich hoffe du hast die übersendeten 225 rthlr meistens in Lbthlr erhalten. Aus den beygefügten Sortenzettel kannst du sehen wie viel ich dagegen Sechser erhalten habe. Da man mir nun die ganze dir übersendete Post auf meine Besoldung gleichsam als Lbthlr zurechnete, indem man mir außerdem meine gewöhnliche Portion Sechser zutheilte, so habe ich dir indem ich die Rechnung in Currentgeld führe, das Agio von 126 Stück Lbthlr angerechnet.

2.) War bey dem Eisenachischen Gelde, wie du aus dem Beleg sub b sehen wirst, etwas zu wenig, wie ich denn die Packete selbst eröffnet und gezählt habe.

3.) Die Belege f. und g. kommen nach.

Künftighin müssen wir die Sache simpler behandeln und zwar ist für das nächste Quartal mein Vorschlag dieser. Du schickst mir

1.) die Quittungen wie diesmal; aber zugleich

2.) eine Anweisung an Fürstl. Kammer auf so viel als ich für dich auszulesen habe, diese lasse ich mir besonders auszahlen und sie wird dir zugerechnet. Ich nehme alsdann die Packete im Ganzen, versiegelt,[98] ein, packe sie zusammen und schicke sie dir wie diesmal durch den Amtsboten. Da braucht's denn weiter keine Berechnung als die kleine wegen der bezahlten Posten.

Ich bin im Begriff nach Jena zu gehen und will sehen ob ich der Muse dort etwas ablocken kann. Die zweyte Hälfte des Winters habe ich hier ganz vergnügt zugebracht. Unser Theater überhaupt, besonders aber die Oper hat mir viel Unterhaltung gegeben. Die von Einsiedel übersetzte Oper Il marito disperato, Musik von Eimarosa, ist fürtrefflich und recht gut gegangen, so wie die heimliche Heirath, Cosi fan tutte immer gewinnen je mehr man sie hört.

Auch muß ich dir melden daß ich das kleine Gut zu Ober Roßla erstanden habe, wodurch noch ein neues Kapitel in die Mannigfaltigkeit meiner Existenz eingeschoben wird. Ich werde mir zwar nie einfallen lassen es zu administriren, aber wenn ich nur deutlich wissen will was ich denn eigentlich besitze? so muß ich mich in das geheimnißvolle Feld der Landwirthschaft wagen, das mehr als man glauben sollte von denen die im Besitz sind sorgfältig verwahrt wird, damit kein Laye diese offenbaren Geheimnisse kennen lerne, da ich aber einmal festen Fuß habe so will ich ihnen wohl bald auf die Sprünge kommen.

Meinen Cellini habe ich nun bald, in einer abermals corrigirten Abschrift, neu beysammen. Ich bin nun darüber die Anmerkungen zusammen zu stellen[99] die jenes Jahrhundert, die genannten Personen, Sitten und Kunst jener Zeit dem Leser näher bringen und so den Werth der Schrift selbst erst recht ins klare stellen sollen.

Übrigens hoffe ich soll mein Jenaischer Aufenthalt mir in mehr als Einem Sinne fruchtbar sein. Lebe recht wohl mit der deinigen, und erfreue dich des Frühjahrs das in euren Bergen sich in einer eignen Gestalt zeigt.

Schreibe mir doch zunächst: ob von dem berühmten Erdpech schon etwas zu euch gekommen ist? oder ob ich einige Stücke von Jena senden soll?

Nochmals ein Lebewohl. Meyer grüßt schönstens.

Weimar am 18. März 1798.

G.


13/3758.


An Johann Heinrich Meyer

Mein hiesiger Aufenthalt fängt schon an gesegnet zu seyn, ob ich gleich die ersten Tage immer sachte zu Werke gehen muß, damit ich statt guter Stimmung nicht eine falsche Schwingung hervorbringe.

Mit Cellini komme ich immer mehr ins Reine und mit den gleichzeitigen Menschen und Umständen immer mehr ins Klare. Bald werde ich Ihnen vorlegen können was ich von Ihnen zu erbitten habe.

Die neue Abschrift Ihres Aufsatzes gehe ich durch und übergebe sie sodann an Schiller. Gestern Abend[100] haben wir schon über das erste Stück Conferenz gehalten. Ich bat ihn seine Erinnerungen schriftlich aufzusetzen, denn ich denke es wird besser seyn sie dereinst mit abzudrucken als die eigne Arbeit darnach abzuändern. Verschiedene Vorstellungsarten die sich nicht widersprechen, sondern nur von verschiedenen Seiten auf einen Punct zielen, werden unserm Werke mehr Anmuth geben als wenn wir sie selbst vereinigen und die Sache gleichsam dadurch abschließen wollen.

Lassen Sie doch um Ihr Madonnenbild einen leichten Kasten machen, damit es gelegentlich herüber gebracht werden kann.

Schreiben Sie mir auch den Titel des Buchs das wir etwa von Göttingen zu erlangen suchen müßten.

Auch wünschte ich, daß Sie, wenn Sie herüber kommen etwa Rafaels Bibel und noch einige andere Kupfer mitbrächten, damit man Schiller noch etwas Sinnliches vorlegen könnte.

Denken Sie doch auch gelegentlich an das Monument für die Beckern, ich will indessen die Elegie die ich ihr gelobt habe auch auszuarbeiten suchen.

Vom Wallenstein habe ich nun drey Acte gehört, er ist fürtrefflich und in einigen Stellen erstaunend. Ihn, aus seiner jetzigen freyern Form, auf die Beschränktheit des deutschen Theaters zu reduciren, ist eine Operation von der ich noch keinen deutlichen[101] Begriff habe und die sich nur mit einer grausamen Schere wird machen lassen.

Über manches theoretische haben wir uns auch schon erklärt, und das mit desto größerer Zufriedenheit als bey vollkommner Übereinstimmung in den Hauptpuncten nur von einer wechselseitigen lebendigen Ausbildung der Theile zu thun seyn kann.

Über die Art und Weise wie unsere Kunst- und Naturbetrachtungen in die Welt zu schicken seyen ist auch schon manches verhandelt worden.

Sehen Sie Herrn Ober Consistorial Rath Böttiger so danken Sie ihm für die Übersendung des Schröderschen Briefes. Wir müssen wohl geduldig abwarten was der eigne Geist dieses wackern Mannes ihm zu unsern Gunsten einflößt. Ich bin überzeugt daß ihn die Rolle des Wallensteins, wenn er sie einmal gespielt hat, länger auf dem Theater halten wird als er selbst glaubt. Sie von ihm spielen zu sehen wäre glaube ich das höchste was man auf dem deutschen Theater erleben könnte.

Leben Sie recht wohl und fahren Sie in Ihrem Fleiße fort, ich will sehen ob ich in dieser absoluten Stille des Jenaischen Schlosses auch wieder etwas hervorzubringen im Stande bin.

Meine beyden epischen Gegenstände, sowohl Tell als Achill, haben Schillers großen Beyfall. Nochmals ein Lebewohl.

Jena am 23. März 1798.

G.[102]


13/3759.


An Christiane Vulpius

Die beyden ersten Tage wollte es nicht recht gehen, da ich aber die Art schon weiß wie es mir bey solchen Veränderungen zu Muthe ist, so wartete ich die üble Zeit ich mit ruhiger Beschäftigung ab und bin jetzt schon um vieles weiter.

Deine erste Sendung ist Mittwoch Abends wohl angekommen und ich hoffe daß mein hiesiger Aufenthalt wieder gute Frucht bringen soll.

Der Bauverwalter schreibt mir, daß sich abermals ein Pachter aus dem Blankenhaynischen gemeldet habe, der durch den Kettendorfer empfohlen ist. Ich wollte es zeigten sich ihrer noch mehr damit man die Auswahl hätte.

Lebe recht wohl und vergnügt und grüße den Kleinen, ich hoffe von ihm auch ein Briefchen zu erhalten.

Jena am 23. März 1798.

G.


13/3760.


An Christiane Vulpius

Bis jetzt kann ich meinen hiesigen Aufenthalt weder ganz loben noch ganz schelten, ich habe zwar schon manches bey Seite gebracht; aber das noch nicht gethan was ich wünschte. Ich muß die guten Stunden abwarten[103] und indessen thun was sich thun läßt. Das Wetter hat mir die letzten Tage erlaubt immer einige Stunden des morgens spaziren zu gehen, wobey ich mich recht wohl befinde.

Hier schicke ich dir eine Rehkeule, die du mit Freund Meyer vergnügt verzehren magst. Mit meinem Essen geht es mir jetzt recht gut und die beliebten Gemüse werden fleißig aufgetischt. Lebe recht wohl und grüße den Kleinen, für den ich ein Blättchen beylege.

Jena am 27. März 1798.

G.


Sey doch so gut und schicke mir wieder 1 Pfund Chokolade herüber.


13/3761.


An Christiane Vulpius

Mit bekommendem Billet schickst du die zwey Flur-Charten von Ober-Roßla an den Lieutenant Vent und besorgst die übrigen Einlagen.

Das Wetter ist mir hier gar nicht günstig und ich habe bisher zwar manches gearbeitet, nur gerade das nicht was ich wünschte. Indessen wird doch vieles vorbereitet und man kommt weiter ohne es selbst zu merken. Ich will noch einige Zeit Geduld haben, zuletzt muß es sich doch geben.

Ich hoffe du bist wohl und geschäftig; schreibe mir womit ich etwa dem Kleinen zu Ostern ein Vergnügen[104] machen könnte? Frage Herr Eiserten und kaufe allenfalls das Buch das er neulich wünschte oder was sonst Kindern für nützlich und erfreulich gehalten wird. Wenn du ein Trinkgeld versprichst, so binden sie dir's vor Ostern auch noch ein.

Wir müssen nun doch die ersten Tage der nächsten Woche abwarten, bis die Erklärungen der Interessenten wegen des Guts eingekommen sind, alsdann denke ich, wenn das Wetter nur einigermaßen erträglich ist, nach Roßla zu reisen und, durch eigne Ansicht, das Feld- und Hausinventarium gewissermaßen zu suppliren, denn man muß nun einige Schritte thun um die Sache geschwind ins Klare zu setzen, weil man mit dem Entschluß des Verpachtens nicht lange zögern kann. Lebe recht wohl. Schreibe mir wie es geht.

Jena am 30. März 98.

G.


13/3762.


An Justus Christian von Loder

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey eine kleine Sammlung pathologischen Elfenbeins, welche ich freundlich aufzunehmen bitte. Da ich sie auf meiner Reise fand bestimmte ich sie gleich für Ihr Cabinet und habe die schon vorhandenen Stücke nunmehr eingeordnet. Sollten Sie geneigt seyn dem beygefügten Versuche eines raisonnirten Catalogs[105] das was ihm fehlt, aus der Fülle Ihrer Kenntnisse, hinzu zu fügen, so würde er ein ganz ander Ansehen erhalten, da er jetzt einstweilen für eine summarische Einleitung gelten mag. Der ich mich zugleich bestens empfehle und recht wohl zu leben wünsche.

[Jena] den 30. März 1798.


13/3763.


An Johann Gottfried Herder

[März oder April.]

Der Herzog hat den Vorschlag wegen Professor Müller genehmigt und du könntest ihm heute abend vorläufig davon Notiz geben. Dann setztest du einen ostensiblen Brief auf, den man vielleicht im Konzept von Serenissimo signiren ließe. Der könnte ja Montags abgehen. Wäre künftig ein Dekret nöthig, so würde es daran auch nicht fehlen. Soviel in Eile. Lebe recht wohl.

G.


13/3764.


An Christiane Vulpius

Durch den rückkehrenden Boten sage ich dir nur so viel daß der Herzog Mittwoch hierher kommt und den Donnerstag bleibt, so daß ich also vor Freytag nicht nach Weimar könnte, wenn ich auch wollte.

Heute ist der Termin herum und ich muß nun abwarten was die Commission resolvirt. Sobald ich[106] das weiß wird sich das übrige geben. Ich glaube selbst daß es am besten ist, wenn ich hinüber komme, damit alles besprochen und auf einmal abgethan werden kann, darüber sollst du bald das nähere hören.

Lebe recht wohl. Grüße das Kind und lob ihn daß er seinen Brief an die Großmama wieder so gut geschrieben hat.

Jena am 2. April 1798.

G.


13/3765.


An Christiane Vulpius

Ich kann dir heute nur wiederholen was ich gestern schon gesagt habe: daß ich die paar Tage abwarten muß bis ich mich entschließen kann, Donnerstag Abends erfährst du das nähere, durch des Herzogs Leute, welche zurückkehren. Ich habe Herrn Meyer den Vorschlag gethan mit der Kutsche die mich abholt herüber zu gehn und eine Zeit lang hier zu bleiben. Er kann recht bequem im Schlosse wohnen das jetzt ganz leer ist.

Lebe hübsch wohl und grüße den Kleinen. Auf das was du mir etwa morgen mit den Botenweibern überschreibst kannst du auf den Donnerstag Abend Antwort haben. Ich bin fleißig, es ist mir aber doch nicht gegangen wie ich wünschte.

Jena am 3. April 1798.

G.[107]


13/3766.


An August Wilhelm Schlegel

[Jena, 4. April?]

Für die Mittheilung der Holzschnitte danke ich recht sehr. Wenn Sie ohnedies spatziren gehen und bey mir gegen zwölfe anfragen wollen, so soll es mir angenehm seyn Sie und Ihre Freunde vielleicht zu sehen. Ich erwarte Gäste von Weimar und diese könnten vielleicht noch vor Tische eine Promenade wünschen.

G.


13/3767.


An Friedrich Schiller

[Jena, 4. April.]

Ich muß doch noch einmal wegen Schlegels anfragen, dessen ich schon in einem Briefe erwähnte. Haben Sie auch für die Zukunft seine Verbannung fest beschlossen, so lassen wir alles ruhen und ich werde mich darnach benehmen. Möchten Sie aber vielleicht ihm einen sparsamen Zutritt gönnen, so wäre jetzt, da Tischbein Sie zu besuchen wünscht, die beste Gelegenheit, und, da S. nach Ostern fortgeht, für den Sommer keine Zudringlichkeit zu befürchten. Da ich diese Personen sehen muß und Tischbein zu besuchen nicht vermeiden kann, so wünscht ich Ihre Gesinnungen zu vernehmen, weil man von mir immer eine Mittlerschaft erwartet. Wünsche übrigens gute Fortschritte.

G.[108]


13/3768.


An Christiane Vulpius

Unser hoher Gast ist heute nicht gekommen, das Wetter ist so abscheulich und bey dem Schmutz der Aufenthalt hier gar zu unangenehm, ich werde also wohl Freytag oder Sonnabend zu dir kommen, je nachdem die wenigen Geschäfte die noch vor mir liegen abgethan sind. Grüße Herrn Professor und sag ihm daß wir eine bessere Zeit abwarten wollen um hier einige vergnügte Tage zusammen zuzubringen. Ich nehme eine Kutsche von hier und so sehen wir uns bald wieder. Ich wünsche dir recht wohl zu leben. Grüße den Kleinen.

Jena am 4. April 98.

G.


13/3769.


An Friedrich Schiller

Hätten mich die kleinen häuslichen Geschäfte, welche jetzt nothwendig abgethan seyn wollen, nur in Ruhe gelassen, so wäre ich gewiß nicht so bald von Ihnen weggegangen, um so weniger als ich, bey Ankunft des schönen Wetters, auch eine recht gute Disposition zu meiner Arbeit fühlte. Ich habe mich nun drein ergeben und denke mich nach und nach hier wieder frey zu arbeiten, um desto länger das nächste mal bey Ihnen bleiben zu können.

[109] Wir haben gewiß alle Ursache uns unsers Verhältnisses zu freuen, da wir uns nach einer so langen Entfernung nur näher fühlen und die Opposition unserer Naturen eine Wechselwirkung desto wünschenswerther macht, von der wir auch für die Zukunft das beste hoffen können.

Was Sie von der zunehmenden Materialität unserer Freundin sagen ist mir auch bey vielen andern Personen merkwürdig. Es scheint daß die meisten Naturen die kleine Portion der idealischen Ingredienzien durch ein falsches Streben gar bald aufzehren und dann durch ihre eigne Schwere wieder zur Erde zurückkehren.

An Ihren Wallenstein denke ich mit Vergnügen zurück, und habe die besten Hoffnungen davon. Die Anlage ist von der Art daß Sie, wenn das Ganze beysammen ist, die ideale Behandlung mit einem so ganz irdisch beschränkten Gegenstande in eine bewundernswürdige Übereinstimmung bringen werden.

Ich lege einen derben Amor, von Guttenberg, nach Meyer, bey, mit dem wir ganz wohl zufrieden sind. Ob gleich einiges, z.B. das Gesicht sehr verfehlt ist.

Meyer weiß nun was und wie er arbeitet und kann sich in einer nächsten Zeichnung darnach richten. Ist es Ihnen recht, so besorgen wir gleich etwas ähnliches für den Almanach, und wie dieses mein gewöhnlicher Siegelring ist, so nehmen wir vielleicht einen andern Stein aus meiner Sammlung.

[110] Leben Sie recht wohl und nehmen Sie mit Ihrer lieben Frau Dank für alle Vorsorge.

NB. Das Büchelchen soll nur das Kupfer unbeschädigt hin und wieder bringen.

Weimar am 7. Apr. 98.

G.


13/3770.


An die Schloßbau-Commission

pro Voto.

Beyliegenden Brief erhalte ich von Professor Thouret. Seine Ankunft zu Ende dieses Monats ist uns ganz erwünscht, um so mehr da er Zeit hat länger da zu bleiben und sogar die Ausführung einzuleiten.

So möchte es auch wohl nützlich seyn einen tüchtigen Quadrator herzuziehen, welches ein Mann ist der die genaue Ausführung der vorgeschriebenen Stuckaturarbeit, die Ziehung der Gesimse, das Einsetzen der gegoßnen architektonischen Zierrathen versteht und selbst zu arbeiten weiß.

Sollten meine hochgeehrtesten Herren Mitcommissarien hierinne mit mir einerley Meynung seyn, so würde ich auch über diesen Punct mit der nächsten Post eine beyfällige Antwort ablassen.

Weimar am 7. April 1798.

G.[111]


13/3771.


An Nicolaus Friedrich Thouret

[Concept.]

Mit besonderm Vergnügen, werthester Herr Professor, ersehe ich aus Ihrem Briefe daß Sie zu Ende Aprils bey uns einzutreffen gedenken, und wünsche nur daß Sie durch nichts abgehalten werden mögen Ihre gefällige Zusage zu erfüllen.

Die Ausführung irgend eines Zimmers unter Ihrer Aufsicht wird unsern Zwecken sehr gemäß seyn und wir werden Ihnen danken wenn Sie einen tüchtigen Quadrator vermögen sich bey uns niederzulassen, nur müßte er unverheirathet seyn, weil es wohl leichter seyn möchte Männer aus jenen Gegenden als Frauen zu uns zu verpflanzen. Leben Sie recht wohl und empfehlen mich allen werthen Freunden und Bekannten.

Weimar am 8. April 1798.


13/3772.


An Friedrich Schiller

So ungern ich von Jena abreiste, so war es doch eben die rechte Zeit. Manches was hier stockte mußte wieder in Gang gebracht werden, und nun rücken sowohl allgemeine als besondere Angelegenheiten besser vorwärts.

Iffland giebt wirklich, vom 24. an, sechs Repräsentationen. Wenn ich nicht fehl schließe so wird der[112] Zudrang noch lebhafter seyn als das erstemal. Schon in der Stadt haben wir mehr Fremde als damals und die Liebhaberey zum Theater ist sowohl hier als in der Nähe gewachsen.

Damit mir die nächsten vier Wochen die ich doch hier zubringen werde nicht ungenutzt verstreichen, habe ich gleich den Faust vorgenommen und finde Ihre Bemerkung richtig: daß die Stimmung des Frühlings lyrisch ist, welches mir bey dem rhapsodischen Drama sehr zu Gute kommt.

Jacobi, der an Sie geschrieben hat, ist der Sohn, der in Jena studirte. Die Gedichte, die ich zurückschicke, konnte ich nicht durchlesen, ich bin ganz in entgegengesetzten Beschäftigungen und Stimmungen. Die nächsten 14 Tage überhaupt wird es wieder ein wenig bunt gehen. Ich setze voraus daß Sie Montag den 23. bey uns eintreffen und das Theatralische Fest mit uns celebriren werden. Sie können neben Meyern sich recht gut einquartieren. Leben Sie recht wohl.

Weimar am 11. April 1798.

G.


13/3773.


An Friederike Bethmann-Unzelmann

[Concept.]

[12. April.]

Sie werden mir wohl glauben, schöne kleine Frau, wenn ich Ihnen sage daß demjenigen, der Sie einmal[113] gekannt hat, der Wunsch immer übrig bleiben muß Sie wieder zu sehen, und daß mir daher Ihre Neigung sehr erfreulich ist uns wohl einmal in Weimar zu besuchen und durch Ihr Talent die angenehmste Unterhaltung zu verschaffen. Zugleich werden Sie sich versichern daß es keine leere Ausflucht ist wenn ich für diesmal Ihre Reise widerrathe, indem Sie vielleicht bey Ankunft dieses Briefes schon unterrichtet sind, daß wir Herrn Iffland, zu eben der Zeit welche Sie uns widmen könnten, erwarten.

Lassen Sie uns auf eine andere Epoche die Hoffnung auch Sie zu sehen und zu bewundern, so wie wir alsdann die Bedingungen die Ihnen angenehm seyn können vorher klar und deutlich verabreden wollen. Zu dem Honorar welches ein fremder, auf unserm Theater auftretender Künstler, wie billig, erhält, trägt der Hof unmittelbar nichts bey, sondern es ist blos eine Sache der Theaterdirection, und wenn man sich daher bey uns freylich keine außerordentlichen Gaben zu erwarten hat, so ist man doch gewiß dasjenige zu erhalten worüber man sich vereinigte. Es versteht sich von selbst daß wir in solchen Fällen, außer dem bedungnen Honorar, die Reise bezahlen und den hiesigen Aufenthalt frey geben.

Sie sehen aus meinem umständlichen Briefe, der fast einer Punctation zu einem Contracte ähnlich sieht, daß es mir Ernst ist Sie zu irgend einer günstigen Zeit bey uns zu sehen. Da es denn auch[114] übrigens an dem was sich nicht versprechen läßt, an einer recht gemüthlichen Aufnahme Ihrer lieben kleinen Person und einer lebhaften Theilnahme an Ihrem schönen Talente, nicht fehlen soll. Leben Sie recht wohl haben Sie Dank für Ihren Brief und streicheln den würdigen bemerckenswerthen Onyx aufs allerschönste.


13/3774.


An Friedrich Gotthilf Osann

[Concept.]

Der bisherige Mitbesitzer und respective Pachter des Freyguts zu Ober Roßla, Hofmann, hat auf demselben die Brandweinbrennerey getrieben, welche ich nunmehr auch meinem künftigen Pachter zusichern möchte.

Bey Ew. Wohlgeb. frage ich deßhalb an: ob ich, als Besitzer eines solchen Gutes, solches ohne weiteres thun kann, oder ob ich deßhalb bey fürstl. Cassedirectorium eine Anzeige zu machen habe?

Der ich mich bestens empfehle und wohl zu leben wünsche.

Weimar am 14. Apr. 98.


13/3775.


An Charlotte von Schiller

Vielmals Dank sey Ihnen gesagt daß Sie mich zum Schluß der Woche nicht einer Nachricht haben[115] wollen mangeln lassen, ob ich gleich wünschte von Schillers Gesundheit das bessere zu hören.

Vor die Homerische Welt ist gleichfalls ein Vorhang gezogen und die nordischen Gestalten, Faust und Compagnie, haben sich eingeschlichen. Das wenige was ich an dieser Arbeit gegenwärtig thun kann fördert immer mehr als man denkt, indem der kleinste Theil, der zur Masse hinzugefügt wird, die Stimmung zum folgenden sehr bedeutend vermehrt.

Ich hoffe mich an Ifflands Erscheinung für die Zeit die ich ihr aufopfern muß, reichlich zu entschädigen. Thourets Gegenwart kostet mich allenfalls vierzehn Tage; auf alle Fälle hoffe ich im halben Mai wieder bey Ihnen zu seyn und dann eine längere Zeit in Ihrer Nähe zu genießen. Ist es möglich so versäumen Sie mit Schillern Ifflands Spiel nicht, es macht in unserm engen Verhältniß immer wieder Epoche.

Hierbey folgt ein Briefchen von August an Carl und ein Brunnen. Man muß das Gefäß ganz voll Wasser schütten, und alsdann zu plumpen anfangen, wo durch alsdann eine inverse Danaidenarbeit entsteht, auch hat er noch ein Püppchen beylegt.

Leben Sie recht wohl und grüßen Schillern aufs beste.

Weimar am 14. April 1798.

G.[116]


13/3776.


An Friedrich Brück'l

[Concept.]

Das Fach in welchem Sie, werthester Herr Brück'l, exzelliren ist bey uns wenigstens dergestalt besetzt, daß unser Publikum zufrieden zu seyn scheint, unsere Contracte sind auf mehrere Jahre gestellt und die Gagen von der Art daß ich Ihnen auf Ihre Forderung, selbst wenn eine Stelle offen wäre, nicht wohl ein Gebot thun dürfte. Es thut mir also leid abermals einem so wackern Mann und geschätzten Künstler nur eine verneinende Antwort überschreiben zu können. Der ich übrigens, für Ihr Andenken dankbar, recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 16. Apr. 98.


13/3777.


An Gottlob Heinrich Rapp

[Concept.]

Verzeihen Sie, werthgeschätztester Herr, die Bemühung die ich Ihnen, durch so mancherley Aufträge, gemacht habe und bleiben meiner Dankbarkeit gewiß, wenn auch der Erfolg nicht immer der günstigste gewesen wäre.

Ist doch vorerst unsere vornehmste Absicht erfüllt, daß wir Herrn Thouret bald bey uns sehen werden. Ich wünschte nur daß er noch vor Ende des Monats[117] einträfe, damit er auch Herrn Iffland, welcher sechsmal bey uns spielen wird, sehen und sich an dessen Kunst erfreuen könnte.

Da wir eine Krankengeschichte jener unglücklich zahnenden Person erwarten können und zwar von einem geschickten Manne, so stehe ich mit meinem Wunsche gerne zurück, der ohnehin nur die baldige Bekanntmachung eines so seltnen Falles zur Absicht hatte.

Möge doch alles für das dießrheinische Deutschland noch einen glücklichen Ausgang nehmen, daß es ohne völlige Umstürzung seiner politischen Existenz eine leidliche Verfassung erhalte und nicht, wie so viele Länder, und kürzlich wieder die Schweiz, in die Sclaverey der Franzosen falle.

Es thut mir leid daß Sie über den zufällig erbrochnen Brief nur einen Augenblick in Unruhe gerathen konnten. Wem begegnet nicht ein ähnlicher Fall? und bey dem Vertrauen, welches Sie mir eingeflößt haben, wäre, in einer weit wichtigern Sache, die einfachste Erzählung der Umstände mehr als hinreichend gewesen.

Auf den Brief selbst liegt hier eine Antwort bey, ich kann mich freylich auf die gethanen Vorschläge nicht einlassen, habe doch den Antrag nicht mit Stillschweigen übergehen wollen.

Daß unser Dannecker sich abermals mit einer Büste Ehre machen wird, daran habe ich nicht den[118] mindesten Zweifel. Bey seinem Alter so wie seiner Thätigkeit wäre eine Reise nach Petersburg, wobey er denn doch das nördliche Deutschland kennen lernte, vielleicht wünschenswerth, besonders wenn er die Ausführung seiner Modelle in dem milden und glücklichen Schwaben sich dabey bedingen könnte. Bey einer solchen Gelegenheit hoff' ich daß er uns auf alle Fälle nicht vorbey gehen wird.

Ich bitte ihn vielmals zu grüßen, so wie auch meinen vorläufigen Dank an Herrn Isopi abzustatten. Sein Vorschlag ist der Sache völlig gemäß und wir werden nun vor allen Dingen Herrn Thourets Ankunft abzuwarten haben.

Leben Sie recht wohl und empfehlen mich Ihrer lieben Frau aufs beste. Ich wünsche Ihnen einen ruhigen und fröhlichen Sommer in dem heitern Schwaben, indessen wir uns, in dem ernsteren Thüringen, noch des fortdauernden Friedens erfreun und uns so wohl befinden als es in einem Lande gehen will wo kein Wein wächst.

Weimar am 16. Apr. 1798.


13/3778.


An E. J. Hesler

[Concept.]

[16. April.]

Wohlgebohrner Hochgeehrtester Herr.

Ob mir gleich die Umstände nicht erlauben an der Arbeit welche Sie unternommen haben Theil zu[119] nehmen, so bin ich doch für das Zutrauen dankbar mit welchem Sie mich zu einem Beytritte einladen wollten.

Ich wünsche daß der Künstler aus meinem Roman solche Scenen aussuchen möge die sich zu einer bildlichen Darstellung schicken, ich getraute mir selbst kaum sie gegenwärtig vorzuschlagen da jene Arbeit als eine geendigte schon weit hinter mir liegt.


13/3779.


An Christian Gottlob Voigt

Der Registrator Vulpius hat seine Bitte um einen Bibliothekschlüssel wiederholt, damit er die Sommer-Nachmittagstunden nützen könne. Seine Thätigkeit verdient wohl dieses Zutrauen und es wird in mehr als Einem Betracht gut seyn wenn er aufs baldigste mit der Büchersammlung bekannt wird.

Man empföhle ihm die vorsichtigste Verwahrung des Schlüssels, dann könnte man ihm allenfalls untersagen zu einer solchen Zeit kein Buch mit nach Hause zu nehmen.

Wären Sie hiermit einverstanden so könnte man bey dem nächsten Erlaß an den Bibliothekar diese Einrichtung mit verordnen.

Weimar am 18. April 1798.

G.[120]


13/3780.


An Charlotte von Schiller

Ihre liebe Hand war mir heute auf dem Couvert nicht erfreulich zu sehen, noch weniger der Inhalt Ihres Briefs.

Fast sollte ich glauben, daß der hohe Barometerstand Schillern eben so sehr zuwider sey als ihm der niedere günstig ist, wie ich bemerken konnte da ich in Jena war. Möchte er doch bald wieder hergestellt seyn.

Zur Unterhaltung schicke ich einen Brief von Humboldt, der recht viel Interessantes enthält. Schade daß ich gerade eine bedeutende Stelle nicht lesen konnte! Ich habe sie roth vorgestrichen, vielleicht haben Sie die Güte sie sich von Schillern in einer leidlichen Stunde dictiren zu lassen, da er mit der Hand besser als ich bekannt ist.

Faust rückt alle Tage wenigstens um ein Duzend Verse.

Gestern habe ich meine camera obscura wieder zurechte gestellt und bey Betrachtung des Apparats meinen Gang in diesem Theile der physikalischen Wissenschaft beherzigt. Man sieht recht die Umwege die man gemacht hat, wenn man die Mittel und Werkzeuge deren man sich zu seinem Zweck bediente, noch alle vor sich sieht.

Ich richte mich ein bey Ifflands Hierseyn zahlreiche Gesellschaft zum Frühstück zu sehen, wozu Sie[121] auch schönstens eingeladen sind, die Jahrszeit ist günstig, da er fünf Wochen später kommt als das vorige Mal, und mein Haus ist groß genug, da ich alle Zimmer und den Garten brauchen kann; ich werde dagegen die Abendessen aufgeben.

Dann habe ich noch meinen Pachter in das Roßlaer Gut und Professor Thouret in die hiesige Schloßdecoration einzuführen, ist das geschehen, so werde ich nach dem Beyspiel des Kaiser Asverus sagen:

Beschlossen hab ich es, nun gehts mich nichts mehr an!

und zu Ihnen hinüber eilen. Möchte ich Sie doch Beyde recht wohl mit den Kindern im Garten finden.

August grüßt Carln auf das Schönste.

Man sagt Richter werde auch zu gleicher Zeit mit Iffland eintreffen, nicht weniger bedrohen manche fürstl. Personen unsern Theatralischen Jahrmarkt mit ihrer Gegenwart.

Leben Sie recht wohl und versäumen unsere geistreichen Frühstücke nicht.

Weimar am 18. April 1798.

G.


13/3781.


An Charlotte von Schiller

Haben Sie Dank daß Sie mir nochmals an Schillers Statt ein Briefchen senden wollen, möge es doch bald wieder recht gut gehen. Ungern entsage ich[122] der Hoffnung Sie beyde die nächste Woche zu sehen, denn Iffland spielt wirklich Dienstag zum erstenmal.

Daß ich die vielen Irrsterne diesmal im zehenten Hause versammeln ist freylich eine bedeutende Constellation, wir wollen sehen was für Witterung daraus entsteht.

Faust hat diese Tage immer zugenommen; so wenig es ist, bleibt es eine gute Vorbereitung und Vorbedeutung. Was mich so lange Jahre abgehalten hat wieder daran zu gehen war die Schwierigkeit den alten geronnen Stoff wieder ins Schmelzen zu bringen. Ich habe nun auf Cellinische Weise ein Schock zinnerne Teller und eine Portion hartes trocknes Holz dran gewendet und hoffe nun das Werk gehörig im Fluß zu erhalten.

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Schillern schönstens und überstehen Sie geduldig das rauhe Wetter in Hoffnung eines Blüthenreichen Frühlings.

Mittwoch etwas weniges von der ersten Vorstellung.

Weimar am 21. April 1798.

G.


13/3782.


An Friedrich Schiller

Ich kann Ihnen nur so viel sagen daß ich mich freue wieder einen Brief von Ihrer Hand zu sehen.[123] Möchte sich Ihre Gesundheit doch immer zunehmend bessern.

Iffland hat seinen Essigmann fürtrefflich gespielt. Naturell, Studium, Überlegung, alte gewohnte Übung dieser Rolle, Mäßigkeit, Mannigfaltigkeit, Lieblichkeit und Kraft war an ihm zu bewundern. Das Stück ging im ganzen nicht fließend genug weil unsere Schauspieler es erst vor kurzem gelernt hatten und nicht einmal so gut spielten als sie fähig gewesen wären, daher ihm selbst manches verloren ging und er statt eines freyen Spiels hie und da Contenance brauchte wobey er sich aber selbst meisterlich zeigte.

Heute ist der Hausvater, was den Freytag gespielt wird wissen wir noch nicht.

Es ist wirklich der Pygmalion von Benda der noch gegeben wird, ich bin äußerst neugierig darauf. Das Stück kenn' ich und habe es mehrmals gesehen, es ist en sehr sonderbares Unternehmen, indessen ist doch Iffland viel zu klug als daß er etwas wählen sollte wo er nicht eines gewissen Effectes sicher wäre. Sie haben nächstens wieder Nachricht von mir.

Weimar am 25. Apr. 1798.

G.


13/3783.


An Friedrich Schiller

Ich bin, um mit Lieutenant Wallen zu reden, so zu sagen in Verzweiflung daß Sie dießmal an unsern[124] Theatralischen Abentheuern keinen Antheil nehmen können, sowohl weil Sie eines hohen Genusses entbehren, als auch weil alles zur Sprache kommt was uns im dramatischen Fache interessiren kann, und worüber man doch nur eigentlich mit dem sich zu unterhalten im Stande ist der das unmittelbare Anschauen davon gehabt hat.

So war gestern eine äußerst interessante Repräsentation. Pygmalion macht Anspruch an die höchste theatralische Würde und Fülle, und so wie Iffland den Wallen nimmt ist es die personificirte Welt-Leerheit, durch einen Pudelnärrischen Humor ausgestopft und ausgestattet. Was er in beyden Rollen geleistet hat wird durch keine Worte auszudrücken seyn; doch müssen wir abwarten was Freund Böttiger leisten wird. Mündlich geht es eher an daß man darüber sich einigermaßen erkläre.

Montag wird Benjowsky seyn, Mittwoch der taube Apotheker, was er Donnerstags zum Schlusse giebt, weiß ich noch nicht. Sobald er fort ist eile ich mein Haus zu bestellen um wieder bald bey Ihnen zu seyn.

Für Cottas Erklärung danke ich, doch halte ichs für besser, ehe man sich näher bestimmt, ein paar Bände Manuscript völlig rein fertig zu haben. Was einen etwas mannigfaltigern Inhalt betrifft, darüber habe ich schon selbst gedacht, es wäre eine Gelegenheit manches, wo man sonst nicht mit hin weiß, anzubringen und was dem Buchhändler nutzt, nutzt auch[125] in jedem Sinne dem Autor: wer gut bezahlt wird, wird viel gelesen, und das sind zwey löbliche Aussichten.

Ebenso will ich meinen Faust auch fertig machen, der seiner nordischen Natur nach ein ungeheures nordisches Publikum finden muß. Freund Meyer wird es auch für keinen Raub achten zu dieser barbarischen Production Zeichnungen zu verfertigen. Wir haben den Gedanken die Umrisse auf graubraun Papier drucken lassen und sie alsdenn auszutuschen und mit dem Pinsel aufzuhöhen, eine Operation die vielleicht nirgends so gut und wolfeil als hier gemacht werden könnte. Es sollen bald einige Versuche der Art zum Vorscheine kommen.

Ich will nun auch Freund Humboldt antworten und ihn besonders ersuchen mit Brinkmann einen prosodischen Congreß über Herrmann und Dorothea zu halten, so wie ich Ihnen noch mehr dergleichen Fragen im allgemeinen vorzulegen gedenke.

Indem Sie nur der Ilias erwähnen fühle ich schon wieder ein unendliches Verlangen mich an jene Arbeit zu machen, von der wir schon so viel gesprochen haben. Hoffentlich gelingen mir dieses Jahr noch ein paar Gesänge, indessen muß man alle Chorizonten mit dem Fluche des Bischofs Ernulphus verfluchen, und wie die Franzosen, auf Leben und Tod, die Einheit und Untheilbarkeit des poetischen Werthes in einem seinen Herzen festhalten und vertheidigen. Leben[126] Sie recht wohl. Ich muß mich schon wieder anziehen, weil die Zeit eines musikalischen Frühstücks herannahet. Die schönen Morgen sind diesen Festen günstig, da auch der Garten von der Gesellschaft mit genossen werden kann, denn fast ist mein Haus vor den Zufluß zu klein.

Grüßen Sie Ihre liebe Frau und schicken Sie uns dieselbe wenigstens Montags.

Übrigens darf ich wohl mit einigem Triumph bemerken daß ich, als Impresar, richtig gerechnet habe. Denn ohnerachtet der erhöhten Preise ist das Haus noch immer voller als das vorigemal gewesen, so daß wir, wenn es so fortgeht, diesmal auf die sieben Vorstellungen fast so viel als auf die vorigen vierzehen einnehmen. Sollte Schröder kommen, so kann man aufs doppelte gehen und selbst wenn Iffland künftig wieder kommen sollte, steigre ich wieder, denn das Geld wird immer noch wolfeiler werden. Leben Sie nochmals recht wohl, genießen Sie der schönen Tage in der Stille, indeß ich noch acht recht unruhige auszudauern habe. Indessen wirds auch im Saalthale recht schön grün und wir beginnen unser altes Leben.

Weimar am 28. April 1798.

G.[127]


13/3784.


An Johann Gottfried Schweighäuser

[Concept.]

[April?]

Sie haben mir durch Ihren Brief und durch das überschickte eine aus manchen Elementen zusammengesetzte Freude gemacht. In der Zeit wo das rechte und linke Rheinufer im schwersten Conflicte sind, lassen Sie mich fühlen daß es im einzelnen noch eine völlige Übereinstimmung der Gemüther gebe, wenn ich denken muß daß die Zeit und die ungeheuern Wirkungen alle einzelne Empfindungen müssen ausgelöscht haben, so versichern Sie mich, daß es Personen an dem Orte giebt, denen ich eine frühere Bildung verdanke, die sich eines Verhältnisses gern erinnern, das freylich unschätzbar ist und nicht wieder kommt, weil beyde Theile sich nun mit der Zufriedenheit die nur das Edle und Gute begleitet, sich dessen erinnern können. Sie werden bald von Hofrath Schiller so wie von mir noch mehr hören. So selten es ist einen wirklichen Einklang bey so viel Scheinbarem zu vernehmen so sehr muß er erfreuen wenn man ihn gewahr wird. Wie angenehm muß es uns seyn uns mit Ihnen in dem Fall zu befinden.

Bey meiner letzten Reise nach der Schweiz war mein Wunsch über Straßburg zurückzukehren, und es würde mir dieser Weg den Vortheil Ihrer persönlichen Bekanntschaft und die Erneuerung älterer Verhältnisse[128] verschafft haben. Möchte doch bald die Communication zwischen beyden Ufern sich ganz frey wieder herstellen, daß wir nicht nur in Schriften und Gesinnungen sondern auch in persönlicher Gegenwart auf eine sichre und bequeme Weise mit einander communiciren können. Leben Sie recht wohl und lassen mich bald etwas von Ihren Vorsätzen und Beschäftigungen wissen, um wo nicht in einem sehr lebhaften doch wenigstens einigem Verhältnisse bleiben. Darf ich Sie bitten mein Andenken bey den Personen die sich gern meiner erinnern mögen besonders lebhaft zu erhalten.[129]


13/3784a.


An Friedrich Schiller

[Concept.]

[27. oder 28. April 1798?]

Die geselligen und theatralischen Bewegungen gehen immer ihren Schritt fort; doch soll auch unsere Correspondenz nicht unterbrochen werden; drum will ich für morgen einige Worte vorausschreiben.

Gleich zu Anfang stehe mit Ihrer Erlaubniß eine Betrachtung über mein Subject, die sich in diesen Tagen bestätigt hat. Ich bin nämlich als ein beschauender Mensch ein Stockrealiste, so daß ich von allen den Dingen, die sich mir darstellen, nichts davon und dazu zu wünschen im Stande bin und ich unter den Objecten gar keinen Unterschied kenne als den, ob sie mich interessiren oder nicht. Dagegen bin ich bey jeder Art von Thätigkeit, ich darf beynah sagen vollkommen idealistisch: ich frage nach den Gegenständen gar nicht, sondern fordere, daß sich alles nach meinen Vorstellungen bequemen soll. Nach dieser Confession kann ich mich über meine gegenwärtige Lage kürzer fassen.

Ifflands Spiel macht mir ein unendliches Vergnügen, weil mir die Einschränkungen seines Talents, an denen sich so manche stoßen, im mindesten nicht im Wege sind, vielmehr[79]


13/3785.


An August Wilhelm Schlegel

Durchl. der Herzog haben mir befohlen Sie, werthester Herr Rath, morgen früh in das sogenannte Römische Haus zu führen, um Sie mit Herrn Melish bekannt zu machen, dem großen Verehrer Schäkespears und Bewundrer Ihrer Übersetzung.

Wollten Sie deßhalb gegen 11 Uhr bey mir seyn?

Ich hoffe Sie heute Abend in der Comödie zu sehen.

Den 1. May 1798.

Goethe.[129]


13/3786.


An Friedrich Schiller

Iffland fährt fort seine Sache trefflich zu machen und zeichnet sich als ein wahrhafter Künstler aus. An ihm zu rühmen ist die lebhafte Einbildungskraft, wodurch er alles was zu seiner Rolle gehört zu entdecken weiß, dann die Nachahmungsgabe wodurch er das gefundene und gleichsam erschaffne darzustellen weiß, und zuletzt der Humor, womit er das Ganze von Anfang bis zu Ende lebhaft durchführt. Die Absonderung der Rollen von einander, durch Kleidung, Gebärde, Sprache, die Absonderung der Situationen und die Distinction derselben wieder insensible kleinere Theile, ist fürtrefflich. Von allem übrigen was wir schon im einzelnen kennen will ich jetzt schweigen.

Indem er als ein wirkliches Natur- und Kunstgebilde vor den Augen des Zuschauers lebt, so zeigen sich die übrigen, wenn sie auch ihre Sache nicht ungeschickt machen, doch nur gleichsam als Referenten, welche eine fremde Sache aus den Acten vortragen. man erfährt zwar was sich begiebt und begeben hat, man kann aber weiter keinen Theil daran nehmen.

Sehr wichtig war mir die Bemerkung daß er die reinste und gehörigste Stimmung beynah durchaus vollkommen zu Befehl hat, welches denn freylich nur durch das Zusammentreffen von Genie, Kunst und Handwerk möglich ist.

[130] Das Publikum ist sich in seiner Assiduität ziemlich gleich. Die Anzahl schwankte bisher zwischen 380 und 430 und es läßt sich voraussehen daß wir keine so starke und keine so geringe Vorstellung haben werden als das vorige mal. Der erhöhte Preis hat nur einen gewissen Zirkel von Zuschauern eingeschlossen. Wir können mit der Einnahme zufrieden seyn und ich freue mich, über den ungläubigen Hofkammerrath gesiegt zu haben.

Übrigens habe ich, außer einer ziemlich allgemeinen, reinen Zufriedenheit, nichts tröstliches von einem besondern Urtheil gehört. Wie wenige verhalten sich gegen den Künstler auch wieder productiv! Dagegen habe ich mitunter einige sehr alberne Negationen vernommen. Morgen erleben wir noch den Tauben Apotheker und dann will ich mich der eintretenden Ruhe wieder freuen, ob ich gleich nicht leugnen will daß mir sein Spiel diesmal, mehr als das vorige mal, Bedürfniß geworden ist. Er hat in jedem Sinne gut auf mich gewirkt und ich hoffe, wenn ich zu Ihnen hinüber komme, sollen der May und Juni gute Früchte bringen.

Ich habe heute keinen Brief erhalten und wünsche nur daß kein Übel Ursache an Ihrem Stillschweigen seyn möge.

Freund Böttiger brütet, wie ich merke, an einer Didaskalie über Pygmalion. Es wird wahrscheinlich wieder ein sauber Stückchen Arbeit werden.

[131] Eine der lustigsten Begebenheiten unseres Zeitalters kann ich vorläufig nicht verschweigen. Wielanden ist durch ein heimlich demokratisches Gericht verboten worden die Fortsetzung seiner Gespräche im Merkur drucken zu lassen, das nächste Stück wird zeigen ob der gute Alte gehorcht.

Der arme Verfasser des goldnen Spiegels und des Agathons, der zu seiner Zeit Königen und Herren die wundersamsten Wahrheiten sagte, der sich auf die Verfassungen so trefflich verstand, als es noch keine gab, der edle Vorläufer des neuen Reiches muß nun, in den Zeiten der Freyheit, da Herr Posselt täglich den bloßen Hintern zum Fenster hinausreckt, da Herr Gentz mit der liberalsten Zudringlichkeit einem neuen Könige eine unbedingte Preßfreyheit abtrutzt, die Schooßkinder seines Alters, die Produkte einer Silberhochzeit, gleich nahmenlosen Liebeskindern, verheimlichen.

Vor 14 Tagen ohngefähr kam er nach Weimar, um für diese Productionen, mit denen er sich im Stillen beschäftigt hatte, einiges Lob einzuerndten; er las sie in allen Etagen unsers Geschmacks- und Gesellschaftshauses vor und ward mit mäßiger Gleichgültigkeit aufgenommen, so daß er für Ungeduld bald wieder aufs Land flüchtete. Indessen hielt man Rath und jetzt, hör' ich, ist ihm angekündigt diese Mestizen eines aristo-demokratischen Ehebandes, in der Stille, zu erdrosseln und im[132] Keller zu begraben, denn ausgesetzt dürfen sie nicht einmal werden.

Weimar am 2. May 1798.

G.


Vorstehendes war geschrieben als ich Ihren lieben Brief erhielt. Möge das gute Wetter Sie bald in den Garten locken und Sie draußen aufs beste begünstigen.

Über Pygmalion wollen wir methodisch zu Werke gehen, denn wenn man, bey der großen Einigkeit in Grundsätzen, einmal über Beurtheilung einer Erscheinung in Opposition ist, so kommt man gewiß auf schöne Resultate, wenn man sich verständigt.

Ich glaube wir werden bald einig seyn, denn man kann von diesem Monodram nur in so fern sprechen als man die Manier des französischen Tragischen Theaters und die rhetorische Behandlung eines tragischen, oder hier eines sentimentalen Stoffs, als zulässig voraussetzt; verwirft man diese völlig, so ist Pygmalion mitverworfen, läßt man sie aber, mit Ihrem Werthe oder Unwerthe, gelten, so kann auch hier Lob und Tadel eintreten. Man kann jeden Manieristen loben und das Verdienst das er hat auseinandersetzen, nur muß ich ihn nicht mit Natur und Styl vergleichen. Das wäre ohngefähr, wovon ich ausgehen würde. Ich werde Ihnen erzählen was ich auf die Zweymal gesehen habe, am liebsten aber wünsche ich daß Sie Meyern drüber hören, doch wird die ganze Untersuchung[133] vor der Erscheinung der Didaskalie nicht geschlossen werden können.

Wegen Schröders kann ich Ihnen weiter nichts sagen. Er hat sich in dieser Sache koket betragen, ohnaufgefordert einen Antrag gethan und wie man zugreifen wollte zurückgezogen. Ich nehm' es ihm nicht übel, denn jedes Handwerk hat eigne Methoden, ich kann nun aber keinen Schritt weiter thun.

Wahrscheinlich bin ich in Tagen bey Ihnen, es sollte mir lieb seyn Cotta wieder zu sehen.

Die Stelle in der Odysse scheint sich freylich auf eine der unzähligen Rhapsodien zu beziehen, aus denen nachher die beyden überbliebenen Gedichte so glücklich zusammengestellt wurden. Wahrscheinlich sind jene eben deswegen verloren gegangen weil die Ilias und Odysse in ein ganzes coalescirten. So haben wir unzählige Epigramme verloren, weil man eine Epigrammensammlung veranstaltete, so sind die Werke der alten Rechtslehre zu Grunde gegangen, weil man sie in die Pandecten digerirte u.s.w. Verzeihen sie mir diese etwas chorizontische Äußerung, doch scheint mir täglich begreiflicher wie man aus dem ungeheuren Vorrathe der rhapsodischen Genieprodukte, mit subordinirtem Talent, ja beynah blos mit Verstand, die beyden Kunstwerke die uns übrig sind zusammen stellen konnte; ja wer hindert uns anzunehmen daß diese Continuität schon durch die Forderung des Geists an den Rhapsoden im allerhöchsten[134] Grade vorbereitet gewesen, sogar will ich einmal annehmen daß man nicht alles in die Ilias und Odysse was wohl hineingepaßt hätte aufgenommen habe, daß man nicht dazu sondern davon gethan habe.

Doch das sind Meinungen über einen Gegenstand über den alle Gewißheit auf ewig verloren ist, und die Vorstellungsart die ich äußere ist mir bey meiner jetzigen Production günstig, ich muß die Ilias und Odysse in das ungeheure Dichtungsmeer mit auflösen aus dem ich schöpfen will.

Noch ein Wort wegen Schröders: nach meiner Überzeugung steht Ihr Wallenstein und seine Hierherkunft in solcher Correlation, daß man eher sagen könnte: schreiben Sie ihn so wird er kommen, als: wenn er kommt, so machen Sie ihn fertig.

Und hiermit leben Sie wohl. Es geht wieder zu einem Frühstück, morgen ist das letzte bey mir, wozu Ihre liebe Frau eingeladen ist, wenn sie zeitig kommt.

Die englische Übersetzung meiner Dorothea welche Herr Melish unternommen hat ist, wie er mir gestern sagte, fertig, er will mir die vier ersten Gesänge zeigen die er mit hat. Ich selbst kann so was gar nicht beurtheilen, ich will veranlassen daß Schlegel sie zu sehen kriegt, der das Verhältniß beyder Sprachen mehr studirt hat. Ich schließe obs gleich noch viel zu sagen giebt.

Weimar d. 2. May 1798.

G.[135]


13/3787.


An Friedrich Schiller

Iffland hat nun gestern mit dem Amtmann in der Aussteuer geschlossen, nachdem er mir in dem Laufe seiner Vorstellungen gar manches zu denken gegeben, das im ganzen mit dem was Sie äußern übereinstimmt. Wir werden darüber manches zu sprechen haben.

Wegen des Wallensteins weiß ich Ihnen nicht zu rathen, ob ich gleich selbst glaube daß, in Betracht Ihrer Art zu arbeiten, des Stücks so weit ich es kenne, und der äußern Umstände, Ihr Vorsatz den Sie mir äußern wohl der beste seyn möchte. Niemand kann zwey Herren dienen, und unter allen Herren würde ich mir das Publikum, das im deutschen Theater sitzt, am wenigsten aussuchen. Ich habe es bey dieser Gelegenheit abermals näher kennen gelernt.

Ich habe fast keinen andern Gedanken als mich mit den Homerischen Gesängen, sobald ich zu Ihnen komme, näher zu befreunden, ein gemeinschaftliches Lesen wird die beste Einleitung seyn.

Meinen Faust habe ich um ein gutes weiter gebracht. Das alte noch vorräthige höchst confuse Manuscript ist abgeschrieben und die Theile sind in abgesonderten Lagen, nach den Nummern eines ausführlichen Schemas hinter einander gelegt. Nun kann ich jeden Augenblick der Stimmung nutzen, um einzelne[136] Theile weiter auszuführen und das ganze früher oder später zusammen zu stellen.

Ein sehr sonderbarer Fall erscheint dabey: Einige tragische Scenen waren in Prosa geschrieben, sie sind durch ihre Natürlichkeit und Stärke, in Verhältniß gegen das andere, ganz unerträglich. Ich suche sie deswegen gegenwärtig in Reime zu bringen, da denn die Idee wie durch einen Flor durchscheint, die unmittelbare Wirkung des ungeheuern Stoffes aber gedämpft wird.

Leben Sie recht wohl. Von der Witterung sagen uns die guten Barometer nur immer das nächst bevorstehende, freylich sollte man glauben daß nun eine Regenzeit eintreten müsse, doch wer will das voraussagen.

Weimar am 5. Mai 1798.


Fichte hat mir den zweyten Theil seines Naturrechts geschickt, ich habe aus der Mitte heraus einiges gelesen und finde vieles auf eine beyfallswürdige Art deducirt, doch scheinen mir, praktischem Skeptiker, bey manchen Stellen die empirischen Einflüsse noch stark einzuwirken. Es geht mir hier wie ich neulich von den Beobachtungen sagte: nur sämmtliche Men schen erkennen die Natur, nur sämmtliche Menschen leben das Menschliche. Ich mag mich stellen wie ich will, so sehe ich in vielen berühmten Axiomen nur die Aussprüche einer Individualität, und grade das was[137] am allgemeinsten als wahr anerkannt wird ist gewöhnlich nur ein Vorurtheil der Masse, die unter gewissen Zeitbedingungen steht, und die man daher eben so gut als ein Individuum ansehen kann. Leben Sie wohl und lieben mein liebendes Individuum trotz allen seinen Ketzereyen.

G.


13/3788.


An Friedrich Schiller

Zu Ihrer Gartenwohnung wünsche ich Ihnen Glück, die Jahrszeit wie die Witterung ist außerordentlich schön und ich hoffe Sie bald auf Ihrem Grund und Boden zu besuchen.

Den Verlust der vergangnen Tage konnten mir nur die Ifflandischen Abende ersetzen. Es ist übrigens für unser einen mit der Gesellschaft immer eine traurige Sache, man erfährt was aber man lernt nichts, und was wir am meisten, ja einzig brauchen: Stimmung wird nicht gegeben, vielmehr zerstört.

Lust zu seiner Arbeit hat mir Iffland zurückgelassen. Er erfuhr daß ich an einem zweyten Theil der Zauberflöte gearbeitet hatte und bezeigte den Wunsch das Stück für das Berliner Theater zu besitzen, mit einiger Lebhaftigkeit, sowohl gegen mich als andere. Darüber ist mir der Gedanke wieder lebhaft geworden, ich habe die Acten wieder vorgenommen und einiges dran gethan. Im Grunde ist[138] schon so viel geschehen daß es thörig wäre die Arbeit liegen zu lassen, und wäre es auch nur um des leidigen Vortheils willen, so verdient doch auch der eine schuldige Beherzigung, um so mehr als eine so leichte Composition zu jeder Zeit und Stunde gearbeitet werden kann, und doch noch überdieß eine Stimmung zu was besserm vorbereitet.

Herr Thouret bleibt noch immer aus, da wir schon hofften daß er mit Cotta kommen würde, und ich wünsche mich sobald als möglich zu Ihnen hinüber zu begeben, denn die Tage fliehen ungenutzt hinweg und man weiß nicht wo sie hinkommen. Bey dem vielen Zeug das ich vorhabe würde, ich wünsche mich sobald als möglich zu Ihnen hinüber zu begeben, denn die Tage fliehen ungenutzt hinweg und man weiß nicht wo sie hinkommen. Bey dem vielen Zeug das ich vorhabe würde ich verzweifeln, wenn nicht die große Ordnung, in der ich meine Papiere halte, mich in den Staub setzte zu jeder Stunde überall einzugreifen, jede Stunde in ihrer Art zu nutzen und eins nach dem andern vorwärts zu schieben.

Meyer hat seine Abhandlung über die Familie der Niobe vollendet, die sehr lobenswürdig ist, ich bringe sie mit. Er ist zufrieden daß wir seine Abhandlung über die Wahl der Gegenstände, nach unserer Überzeugung, modificiren, und auch vielleicht in Stellung der Argumente nach unserer Art zu Werke gehen. Wir lesen sie vielleicht nochmals zusammen durch, und dann wird ihr mit wenigem geholfen seyn. Er ist gegenwärtig an den Rafaelischen Werken und wird immer so weiter gehen. Ich habe schon ein paar[139] Bändchen in kurzem vor mir. Womit wir zum Troste des Buchhändlers diese ernsten und, nach unserm Begriff, guten Aufsätze würzen wollen, damit sie, wo nicht belohnt, doch wenigstens vergeben werden, sollen Sie erfahren wenn ich komme. Für diesmal leben Sie wohl, ich erwarte Herrn von Retzer und bin neugierig wie sich die K. K. Bücher-Censur in Weimar ausnehmen wird.

Leben Sie recht wohl mit Ihrer lieben Frau und den Kindern und genießen der schönen Morgen und Abende.

Weimar am 9. May 1798.

G.


13/3789.


An Friedrich Schiller

Ihr Brief hat mich, wie Sie wünschen, bey der Ilias angetroffen, wohin ich immer lieber zurückkehre, denn man wird doch immer, gleich wie in einer Montgolfiere, über alles irdische hinausgehoben, und befindet sich wahrhaft in dem Zwischenraume in welchem die Götter hin und her schwebten. Ich fahre im Schematisiren und Untersuchen fort, und glaube mich wieder einiger Hauptpässe zu meinem künftigen Unternehmen bemächtigt zu haben. Die Ausführung wäre ganz unmöglich, wenn sie sich nicht von selbst machte, so wie man keinen Acker Waizen pflanzen könnte, da man ihn doch wohl säen[140] kann. Ich sehe mich jetzt nach dem besten Samen um und an Bereitung des Erdreichs soll es auch nicht fehlen, das übrige mag denn auf das Glück der Witterung ankommen.

Das wichtigste bey meinem gegenwärtigen Studium ist daß ich alles subjective und pathologische aus meiner Untersuchung entferne. Soll mir ein Gedicht gelingen, das sich an die Ilias einigermaßen anschließt; so muß ich den Alten auch darinne folgen worin sie getadelt werden, ja ich muß mir zu eigen machen was mir selbst nicht behagt; dann nur werde ich einigermaßen sicher seyn, Sinn und Ton nicht ganz zu verfehlen. Mit den zwey wichtigen Puncten, dem Gebrauch des göttlichen Einflusses und der Gleichnisse, glaube ich im reinen zu seyn, wegen des letzten habe ich wohl schon etwas gesagt. Mein Plan erweitert sich von innen aus und wird, wie die Kenntniß wächst, auch antiker. Ich muß nur alles aufschreiben damit mir bey der Zerstreuung nichts entfallen kann.

Die nächste Zeit die ich bey Ihnen zubringe soll alles schon weiter rücken und einige Stellen, von denen ich am meisten gewiß zu seyn glaube, will ich ausführen.

Es war nicht uninteressant mich einige Tage mit der Zauberflöte abzugeben und die Arbeit, die ich vor drey Jahren angefangen habe, wieder aufzunehmen und durchzukneten. Da ich nur handelnd denken kann,[141] so habe ich dabey wieder recht artige Erfahrungen gemacht, die sich sowohl auf mein Subject als aufs Drama überhaupt, auf die Oper besonders und am besondersten auf das Stück beziehen. Es kann nicht schaden es endlich auch in Zeiten mittlerer Stimmung durchzuführen. Der Herzog ist noch nicht hier, meine Abreise bleibt also noch einige Tage ausgesetzt, lange aber werde ich nicht verweilen. Denn da ich um Johanni wieder hier seyn muß und diesmal wenigstens 4 Wochen bey Ihnen zuzubringen wünsche, so darf ich nicht zaudern.

Krüger ist ein entsetzlicher Windbeutel. Sein Ballet soll nicht übel seyn; hier zu spielen wird er schwerlich die Erlaubniß erhalten, es sey denn nur auf einige mal.

Der Edle von Retzer war eine Erscheinung die man mit Augen gesehen haben muß wenn man sie glauben soll. Hat er Ihnen denn auch sein Gedicht an Gleimen vorgelegt?

Unger hat mir beyliegende neue Schriftprobe geschickt und verlangt daß ich ihm etwas in diesem kleinen Format zu drucken geben soll. Ich weiß jetzt gar nichts und das dringendste Bedürfniß wird immer der Almanach bleiben.

Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

Möchten Sie doch auch Stimmung finden in Ihren Arbeiten weiter zu rücken! Ich will indeß[142] suchen die reisefertigen Tage so gut als möglich zu benutzen.

Weimar den 12. May 1798.

G.


13/3790.


An Friedrich Gotthilf Osann

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

sende die Commissions Acten mit ergebenstem Danke zurück und füge die Bitte hinzu: daß Sie meinem neuen Pachter Fischer, wenn er sich bey Ihnen meldet, ein günstiges Gehör gönnen mögen. Er wird über die ungleiche Aufführung der Hofmannischen sich beklagen, die sich bald ganz behülflich, dann wieder tückisch und feindselig zeigten, wie sie denn noch vor kurzem aus dem, nach meiner Angabe, auf Kosten Fischers, bestellten Hausgarten Buchsbaum und Rosenstöcke, als ihnen zugehörig herausgegraben. Nicht weniger fehlen, bey einer jetzigen Nachzählung, 34 Erlen und 20 Aschen, da doch die durch Gruners damals veranlaßte Untersuchung nur von 11 Erlen und 4 Aschen spricht.

Ich bringe dieses nicht vor um fürstl. Commission zu irgend einer Verfügung zu veranlassen, weil ja die paar Wochen wohl noch hingehen werden und die Hofmannischen auf alle Cominationen nicht viel zu geben scheinen; meine Absicht ist nur die Lage der Sache zu Ew. Wohlgeb. privat Notiz zu bringen und[143] meine Bitte den neuen Pachter, durch Zusicherung Ihres Schutzes, wenn jene Unarten weiter gehen sollten, wieder ins Gleis zu bringen, denn er ist, durch den letzten Vorfall, theils intimidirt theils aufgebracht, und ich fürchte wir erleben noch blutige Köpfe, wenn es so fortgehen sollte.

Vergeben Ew. Wohlgeb. diese Behelligung und erhalten mir ein geneigtes Andenken.

W. den 15. May 1798.


13/3791.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich habe dir lange nicht geschrieben und auch lange nichts von dir gehört; hier sende ich eine Schachtel, mit der Bitte, die inliegenden hölzernen Modelle, nebst dem Billet, Herrn Bergrath Voigt zu übergeben, er wird die Gefälligkeit haben mir diese Körper in Eisen gießen zu lassen, ich brauche sie zu magnetischen Versuchen und hoffe dadurch einige artige Resultate zu gewinnen. Zugleich liegt auch etwas mineralisches für dich bey, Gipskrystallen von Montmartre und der sogenannte krystallisirte Sandstein von Fontainebleau. Ich habe von Humboldt einige Stücke dieser Art erhalten, welche ich der Gefälligkeit Dolomieus verdanke. Dieser lebt noch immer wenigstens ruhig und leidlich in Paris. Humboldts befinden sich auch recht wohl.

[144] Wir haben indessen Iffland hier gehabt, der uns acht sehr vergnügliche Abende verschaffte, er ist und bleibt ein sehr schätzbarer Künstler.

Von dem was ich bisher gethan kann ich nicht viel rühmen, ob ich gleich immer fortgearbeitet und manches vorbereitet habe.

Am ernsthaftesten und anhaltendsten hat mich das Studium der Ilias beschäftigt, das ich auch noch eine Zeit lang fortzusetzen denke.

Da mein erster epischer Versuch gut aufgenommen worden, so ist es mir eine Art von Pflicht diese Dichtungsart noch näher zu studiren, um mich noch weiter drinne zu wagen, denn ich finde sie sowohl meinen Jahren, als meiner Neigung, so wie auch den Umständen überhaupt am angemessensten, ja vielleicht dürfen wir Deutsche in keiner Dichtart uns so nahe an die echten alten Muster halten als in dieser, und es kommen so viel Umstände zusammen die ein schwer ja fast unmöglich scheinendes Unternehmen begünstigen. Habe ich in Herrmann und Dorothea mich näher an die Odysse gehalten, so möchte ich mich wohl in einem zweyten Falle der Ilias nähern; sollte aber auch ein solches Unternehmen zu kühn seyn, so gewinne ich doch schon unglaublich beym bloßen Studio, und eine Aussicht auf einen künftig praktischen Gebrauch, wenn sie auch nur ein frommer Wahn wäre, begünstigt doch unglaublich jede theoretische Untersuchung, und selbst die klare Einsicht von Unerreichbarkeit[145] eines hohen Vorbildes gewährt schon einen unausprechlichen Genuß, ja es ist jetzo gewissermaßen einem jeden der sich mit ästhetischen Gegenständen beschäftigt die höchste Angelegenheit sich über diese alten Meisterstücke, wenigstens mit sich selbst, in Einigkeit zu setzen, da man von allerley Seiten so manches sonderbare darüber hören muß.

Bergrath Scherer ist am Sonnabend zurück und wir haben also auch ein Chemisches Orakel in der Nähe, welches um so wünschenswerther ist als diese Wissenschaft nicht allein vorschreitet, sondern auch hin und wieder schwankt, so daß ihr nur derjenige folgen kann dessen eigentliches Geschäft sie geworden ist.

Unser guter Meyer fährt fleißig fort seine Bemerkungen sowohl, als seine Grundsätze über bildende Kunst zusammen zu schreiben. Ich werde auch einiges dazu thun und wir wollen mit dem Druck nicht lange säumen. Ich freue mich dadurch mit dir und den andern entfernten Freunden einen neuen Communicationsweg eröffnet zu sehen.

Da Johanni wieder herannaht so schicke mir doch etwa deine Quittungen, und eine besondere Assignation auf die Summe die ich für dich auslegen soll, nebst dem Verzeichniß wohin ich es zu zahlen habe. Diese Assignation wird dir alsdann zugerechnet und wir brauchen nicht so umständlich wie das vorigemal zu seyn.

[146] Lebe recht wohl und genieße der schönen Jahrszeit und laß mich bald hören daß du dich wohl befindest.

W. d. 15. May 1798.

G.


No. 1. Chaux sulfatée Crystallisée ou Gypse crystalli sé, de Montmartre pres Paris.

No. 2. Gres a pate calcaire, affectant les formes du Spat calcaire, de Fontainebleau.


13/3792.


An Carl Krüger und Antonio Bianchi

Endesunterzeichneter hat denen Herren Krüger und Bianchi auf das unter dem 14. May Durchl. dem Herrn Herzog eingereichte Schreiben zu eröffnen den Auftrag erhalten, daß Serenissimus erst etwa in 10 Tagen in Eisenach eintreffen und alsdann nur kurze Zeit in der Stadt verweilen würden, so wie auch, bey fortdauernder Anwesenheit der hiesigen Schauspieler-Gesellschaft, einer fremden aufzutreten nicht vergönnet werden könne. Weimar den 15. May 1798.

J. W. v. Goethe.


13/3793.


An Franz Kirms

[15. Mai.]

Ew. Wohlgeb.

haben die Güte beyliegendes denen Herren Krüger und Bianchi, sobald sie hier wieder eintreffen, insinuiren zu lassen so wie wegen des übrigen das nöthige zu besorgen.[147]


13/3794.


An Friedrich Schiller

Ihr Brief trifft mich wieder bey der Ilias! Das Studium derselben hat mich immer in dem Kreise von Entzückung, Hoffnung, Einsicht und Verzweiflung durchgejagt.

Ich bin mehr als jemals von der Einheit und Untheilbarkeit des Gedichts überzeugt, und es lebt überhaupt kein Mensch mehr, und wird nicht wieder geboren werden, der es zu beurtheilen im Stande wäre. Ich wenigstens finde mich allen Augenblick einmal wieder auf einem subjectiven Urtheil. So ists andern vor uns gegangen und wird andern nach uns gehn. Indeß war mein erstes Apperçu einer Achilleis richtig und wenn ich etwas von der Art machen will und soll so muß ich dabey bleiben.

Die Ilias erscheint mir so rund und fertig, man mag sagen was man will, daß nichts dazu noch davon gethan werden kann. Das neue Gedicht das man unternähme müßte man gleichfalls zu isoliren suchen und wenn es auch , der Zeit nach, sich unmittelbar an die Ilias anschlösse.

Die Achilleis ist ein tragischer Stoff, der aber wegen einer gewissen Breite eine epische Behandlung nicht verschmäht.

Er ist durchaus sentimental und würde sich in dieser doppelten Eigenschaft zu einer modernen Arbeit[148] qualificiren, und eine ganz realistische Behandlung würde jene beyde innern Eigenschaften ins Gleichgewicht setzen. Ferner enthält der Gegenstand ein bloßes persönliches und Privatinteresse, dahingegen die Ilias das Interesse der Völker, der Welttheile, der Erde und des Himmels umschließt.

Dieses alles sey Ihnen ans Herz gelegt! Glauben Sie daß, nach diesen Eigenschaften, ein Gedicht von großem Umfang und mancher Arbeit zu unternehmen sey; so kann ich jede Stunde anfangen, denn über das Wie der Ausführung bin ich meist mit mir einig, werde aber, nach meiner alten Weise, daraus ein Geheimniß machen, bis ich die ausgeführten Stellen selbst lesen kann.

Von einer unerwartet erfreulichen Novität habe ich keine Ahndung noch Muthmaßung, doch soll sie mir ganz willkommen seyn. Es ist nicht in meinem Lebensgange daß mir ein unvorbereitetes, unerharrtes und unerrungnes Gute begegne. Vor Sonntag kann ich leider nicht kommen.

Grüßen Sie Cotta schönstens und danken ihm noch für alle mir so liberal erwiesene Gefälligkeiten. Ich bin noch wegen einigem in seiner Schuld, welches abzurechnen ja wohl bald Gelegenheit seyn wird.

Übrigens gedenke ich, wegen unserer theoretisch empirischen Aufsätze, den Gang den ich neulich anzeigte zu befolgen. Sobald etwa ein Alphabet, rein abgeschrieben, parat liegt wird man leicht überein kommen.

[149] Ich will künftig so viel als möglich kein Manuskript versagen bis es zum Abdruck fertig ist, und besonders bey diesem kommt so mancherley zusammen.

Schlegeln kann die Professur wohl nicht fehlen, der Herzog ist ihm wegen der Shakespearischen Übersetzung günstig, es ist auch schon beyfällig deshalb nach Gotha communicirt.

Leben Sie recht wohl. Ich verlange herzlich Sie zu sehen und etwas bedeutendes zu arbeiten. Es wird nun bald ein Jahr daß ich nichts gethan habe und das kommt mir gar wunderlich vor. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und erfreuen sich des schönen Wetters unter freyem Himmel.

Weimar am 16. May 1798.

G.


13/3795.


An Johann Christoph Ferdinand Spilker

Der Herr Rath und Bibliothekarius Spilker erhält hiemit die Papiere, durch welche dem Herrn Hofrath Schiller das französische Bürgerrecht unlängst conferirt worden, um solche, wenn sie vorher gehörig eingetragen worden, an einem schicklichen Orte zu reponiren und zu verwahren.

Weimar am 18. May 1798.

J. W. v. Goethe. C. G. Voigt.[150]


13/3796.


An Friedrich Schiller

Zu dem ersten Blatt Ihres lieben Briefes kann ich nur Amen sagen, denn es enthält die Quintessenz dessen was ich mir wohl auch zu Trost und Ermunterung zurief. Hauptsächlich entstehen diese Bedenklichkeiten aus der Furcht mich im Stoffe zu vergreifen, der entweder gar nicht, oder nicht von mir, oder nicht auf diese Weise behandelt werden sollte. Diesmal wollen wir nun alle diese Sorgen bey Seite setzen und nächstens muthiglich beginnen.

Humboldts Arbeit erwartete ich wirklich nicht und freue mich sehr darauf. Um so mehr als ich fürchtete daß uns seine Reise seinen theoretischen Beystand, wenigstens auf eine Weile, entziehen würde. Es ist kein geringer Vortheil für mich daß ich wenigstens auf der letzten Strecke meiner poetischen Laufbahn mit der Kritik in Einstimmung gerathe.

Ich sage heute früh nichts weiter indem ich noch zu guter Letzt sehr zerstreut bin.

Morgen Abend bin ich bey Ihnen und hoffe schon im Voraus auf die Fruchtbarkeit der nächsten vier Wochen. Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

Weimar am 19. May 1798.

G.[151]


13/3797.


An Christian Gottlob Voigt

Da ich werthester Freund noch in Weimar weiß so bin ich über eigne und fremde Sachen mehr beruhigt und hoffe morgen noch ein Wort mit den Botenweibern.

Gegen Regierungs Rath Osann habe ich noch nichts wegen der Taxatoren erwähnt, vielleicht haben Sie ihn gesprochen und sagen mir was ich zunächst thun soll.

Wegen gütiger Besorgung des Geldpunctes sage ich nochmals den besten Dank, lassen Sie mich doch auch etwas von dem Resultate der Holz- und Feurungssession erfahren.

Ich gewöhne mich wieder an einen litterarischen Fleiß und bin nunmehr an der Redaction so mancher Betrachtungen über Natur und Kunst.

Leben Sie recht wohl, reisen Sie glücklich und lassen mich von Zeit zu Zeit etwas hören.

Jena am 22. May 1798.


13/3798.


An Christiane Vulpius

Diese ersten Tage habe ich zwar noch nicht das rechte, aber doch schon mancherley gethan, und da es hauptsächlich darauf ankommt daß ich vieles in Ordnung und in Gang bringe, so ist mein jetziger Zustand[152] ganz künftig. Wenn ich nur erst vier Wochen unablässig so fortgearbeitet habe, so wird alles schon anders aussehen. Grüße Freund Meyer und sag ihm daß ich unsere gemeinschaftlichen Arbeiten vorgenommen, durch- und überdacht habe und daß die Sache bald in Gang seyn wird. Eine allgemeine Übersicht wird er finden, wenn er herüber kommt.

Wegen der Nahrung geht es nicht ganz so gut. Da Schillers im Garten wohnen, muß ich sehen wie ich es mit der Trabitius mache, ich wollte es im Ballhaus probiren, es ging aber nicht. Ich will indessen schon sehen wie ich zurechtkomme, sey nur so gut und schick mir ein Fläschchen von unserm gewöhnlichen Öl zum Salat. Denn das beste hier ist nicht eßbar.

Das Wetter wird bey euch auch noch immer regnig seyn, ich habe noch kein Pyrmonter getrunken.

Grüße den kleinen. Heute früh wurden in der Mühllache Schafe gewaschen, da hätte ich ihn wohl zu mir gewünscht.

Lebe wohl und sey fleißig, ich hoffe dir auch bald Nachricht zu geben daß meine Geschäfte gut gehen.

Jena am 22. May 1798.


Ersuche doch Herr Meyern daß er mir ein kurzes Verzeichniß schickt mit welchen Materien, die in unserm Werke abgehandelt werden sollen, er vor Ende dieses Jahrs fertig zu werden glaubt?[153]


13/3799.


An Friedrich Schiller

Ich überschicke eine kurzen Aufsatz, den wir besprechen und in Abschrift an Cotta schicken könnten, ich bereite mich indessen zu dem ersten Stücke vor. Diese Sache muß in ihren ordentlichen Geschäftsgang eingeleitet seyn, ehe ich an was anders denken kann.

Zugleich erhalten Sie das Gespräch von dem ich neulich sagte, ich bin neugierig ob es Ihren Beyfall erhält und ob Sie die angekündigte Fortsetzung wünschen und fordern.

Heute Mittag bin ich in Ihrer Nachbarschaft zu Gaste, alsdann komm ich um die gestrige Lectur und Unterhaltung fortzusetzen.

Leben Sie recht wohl.

Jena den 24. May 1798.

G.


13/3800.


An Johann Heinrich Meyer

Die wenigen Tage daß ich mich hier befinde ist sehr viel, besonders bezüglich auf unser gemeinschaftliches Werk, gethan worden, die Ausgabe ist arrangirt und es geht deshalb der Vorschlag an Cotta. Arbeiten Sie nur fleißig fort und für das übrige lassen Sie mich sorgen.

Mich freut von Herzen daß der alte Herr seinen Charakter behauptet, und seine speditionären Redacteurs[154] zur Verzweiflung bringt. Er war immer wie das Rohr das vom Winde hin und her gewehet wird, aber eben deswegen auch gelegentlich seinen perpendicularen Stand wieder behauptet.

Was haben Sie zu dem unbewundnen Bekenntniß des Freund Eschers und zu dem derben Schreiben des Schweizer Directoriums an die französischen Commissairs gesagt? ich leugne nicht daß mich beyde erfreuen, sie spielen ein großes und merkwürdiges Spiel, denn entweder die Franzosen müssen ihnen nachgeben, oder müssen den Fanatism, der ihnen so günstig ist mit diesen widerstrebenden zu Grunde richten, mir scheint es sehr wichtig welche andere Rolle die neuen Schweizer Obern gegen die Eisalpi ner spielen, und das Benehmen der französischen Obermacht gegen sie wird ein großes Zeichen seyn wie die Sachen überhaupt stehen.

Haben Sie die Güte die in dem Addreß-Calender zurückkommende Zeichnung nach Nürnberg zu senden und deren sorgfältigen Stich, auf eine Platte, von etwa klein 80, zu empfehlen. Denken Sie doch auch auf eine Decke für den Musenalmanach und auf eine in groß 80 für unser eigen Werk, das wohl Stückweis, jedes zu 11 Bogen, in groß 80 herauskommen wird.

Leben Sie recht wohl und arbeiten fleißig damit Sie uns bald besuchen können.

Jena am 25. May 1798.

G.[155]


13/3801.


An Christiane Vulpius

Es freut mich sehr, wenn du in meiner Abwesenheit thätig bist, und dich dabey des Lebens und des Zustandes erfreust in dem du dich befindest, und der nur in so fern für uns beyde angenehm ist als du überall gute Ordnung halten magst, damit man die übrige Zeit desto freyer und sorgloser leben könne.

Ich habe die wenigen Tage die ich hier bin schon sehr genutzt, nicht allein für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft. Du wirst lachen wenn ich dir erzähle durch welche zufällige Kleinigkeit ich wieder einen schnellen und besondern Antrieb zum Fleiße bekommen habe, indessen ist es recht merkwürdig wie sehr mich die vorjährige Reise ganz aus dem Geschicke gebracht hat, und wie ich jetzt erst wieder anfange mich zu finden.

Mit meiner leidlichen Nahrung geht es nun auch schon besser, die Trabitius bereitet die Spargel sehr gut, so wie auch gelegentlich einen Eierkuchen, Schillers versorgen mich mit Braten und dein Öl macht mir den Salat wieder schmackhaft, wodurch ich nun für den Mittag völlig geborgen bin. Abends bin ich bey Schiller im Garten, wo wir bisher viel interessantes zusammen gelesen und gesprochen haben, nur wird mir Abends der Rückweg ein wenig sauer, denn ich habe eine völlige Viertelstunde zu gehen.

[156] Dafür schlafe ich auch recht wohl, indem ich mir überdies noch des Tags viel Bewegung mache und ohnerachtet des üblen Wetters jederzeit ein paar Stunden im freyen bin.

Herr Geheimde Rath Voigt ist nicht verreist, Fischer kann ihm also das Geld gelegentlich bringen. Wegen einem kleinen Spaße, den man den jungen Leuten in Roßla bey der Übergabe machen könnte, will ich dir meine Gedanken schreiben. Ich wünschte entweder an diesem Tage, oder vielleicht noch schicklicher den Sonntag darauf, welches zugleich das Johannisfest ist, die Leute mit einem Fest nach meiner Art zu überraschen. Doch davon nächstens mehr.

Nun lebe wohl. Für den Kleinen lege ich ein Briefchen bey. Die Seife soll nächstens ankommen, übrigens muß noch viel gethan werden ehe ich dich wiedersehe. Lebe indessen recht wohl und versorge unsern Meister aufs beste.

Jena am 25. May 1798.


Dazu sende ich dir eine Rehkeule und wünsche daß ihr sie zusammen recht vergnüglich verzehren möget.

G.[157]


13/3802.


An Christian Gottlob Voigt

Ich eile die mir übersendeten Depeschen zu beantworten und zurückzuschicken.

Es erfolgt also:

1. Die Verordnung an den Bergrath in Concept und Mundo nebst den Acten.

Ein Pro Memoria, welches noch zu secretiren und mir Ihre Meynung darüber zu eröffnen bitte; so einen mineralogischen Schatz muß man bis er gehoben ist geheim halten.

Wegen des übrigen, das Sie mit freundschaftlicher Sorgfalt berühren, gebe ich folgendes zu erkennen.

Von Osann erfährt man ja wol, wenn Schenk die beiden Taxatoren vorgeschlagen hat, und man zeigt alsdann bei der Commission an, daß man bei ihnen acquiescire.

Fischer wird sich wol die Freiheit nehmen die Cautionsgelder bei Ihnen deponiren.

Auf die Auction will ich Fischern aufmerksam machen; denn da ich ihm das Gut verpachtet habe, wie es überkommen, auch ihm erklärt ist, daß es seine Sache ist die Brandweinblase zu stellen, so kann ich das übrige abwarten und mich bis zur Übergabe ruhig verhalten.

Haben Sie die Güte mir gelegentlich anzuzeigen, wie sich Thouret anläßt. Wenn ich mich nicht irre,[158] so ist er bei seiner Geschicklichkeit resolut und expedit, Eigenschaften die wir in dem gegenwärtigen Falle sehr brauchen. Nehmen Sie ihn doch im Gespräche einmal vor und hören, wo er hinaus will.

Wenn Riehl fleißig ist und accurat, so können wir ihm schon etwas mehr geben; da uns die Katalogen unentbehrlich sind und wir auf dem jenaischen Tramite wohl schwerlich eine Abschrift sobald erhalten möchten, so kommt es auf einige Thaler mehr nicht an. Haben Sie die Güte mir Mittwochs einige Buch Papier, wie Sie solche Riehlen gegeben, zu überschicken. Geist hat hier manche müßige Stunde und kann bey meinem Hiersein vielleicht auch einen Band fördern.

Es thut mir leid, daß ich Trebra versäumt habe, ob es gleich nicht wohltätig ist alte Freunde wieder zu sehen, welche die ganze Richtung ihrer ehemaligen Beschäftigung mit einer andern vertauscht haben.

Dagegen hat mich die gute Behaglichkeit des Bergraths in seinem neuen Zustande erfreut.

Sie haben ja wol die Güte die Beylagen gefällig besorgen zu lassen und mich gelegentlich Serenissimo zu Gnaden zu empfehlen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Jena am 27. Mai 1798.

G.


P. M. Beilage.

Es ist Ihnen wahrscheinlich auch die vielleicht voreilige Anzeige eines neugefundenen krystallisirten Erdpechs[159] bekannt geworden. Man hat zwar, und vielleicht nicht ganz mit Unrecht, gegen die vierseitige Säulenform dieses Minerals einige Zweifel erregt, demohngeachtet wäre es wol in doppelter Rücksicht der Mühe werth, daß man diesem Funde etwas weiter nachforsche, theils wegen seiner mineralogischen Wichtigkeit, theils weil wir Anlaß und Ursache haben, jede noch so entfernte Spur auf Brennmaterial zu verfolgen.

Gedachtes Mineral hat sich in einem lettenartigen Trumm, welcher durch den Gips des rechten Ufers der Saale streicht, gefunden und zwar in der Wöllnitzer Flur an einem Felsen, der mit Acker und Wiesen nur in entfernter Gemeinschaft steht. Meo voto nehme man aus den Weimarischen Steinbrüchen, sobald das Wetter besser wird, ein Paar geschickte Arbeiter herüber und ließe ein Paar tüchtige Stücke entblößen. Der Erfolg würde lehren, was allenfalls weiter zu thun wäre.

Ganz vergebens wäre die wenige Arbeit niemals; denn entweder man bestätigte oder zerstörte eine bedeutende mineralogische Behauptung. Ferner zeigte sich, was für einen Werth solche Spuren brennbaren Fossils, das im Gipfe vorkömmt, haben könnten, und in unserer Lage ist auch ein mißlungener Versuch im Zusammenhange nicht zu verachten.

Glaubten Sie, daß es nöthig wäre Herrn von Ziegesar deshalb zu begrüßen, so hätten Sie ja wol[160] die Güte es mit ein Paar Worten zu thun, und erwähnten nur der Spur einer brennbaren Materie im allgemeinen.

Ihre gefällige Äußerung hierüber gelegentlich erwartend

Jena am 27. Mai 1798.

G.


13/3803.


An Franz Kirms

[Jena, etwa 27. Mai.]

Ew. Wohlgeb.

habe schon neulich gemeldet daß das Franckfurter Theater gewiß diesen Sommer auf einige Zeit geschlossen wird. Meine Mutter schriebs und es ließen einige Schauspieler anfragen: ob sie bey uns Gastrollen spielen könnten. Ew. Wohlgeb. Sorge kann ich daher nicht theilen, vielmehr bin ich überzeugt daß Krüger und Bianchi Gott dancken werden wenn die Naumburger Messe angeht. Da man die Leute in Weimar nicht sehen will, so scheint es mir ganz der rechte Weg daß Serenissimus die abschlägliche Antwort durch uns ertheilen läßt.

Setzen Sie doch also ohne Bedencken eine ruhige kalte Antwort mit Beziehung auf Serenissimi Befehl auf. Herr v. Luck unterschreibt sie wohl mit und das übrige wird sich schon finden.

Wollen Sie mit Stillschweigen übergehen ob sie die Erlaubniß, wenn unsre Gesellschaft abgereist ist,[161] noch haben sollen oder nicht, so entsteht daraus daß die Leute mit ihrer Bitte nochmals wiederkommen. Doch habe ich auch nichts dagegen.

Genug nach Franckfurth gehen sie nicht, darauf kann man sich verlassen. Leben Sie recht wohl.

G.


13/3804.


An Johann Friedrich Cotta

Das Werk, welches wir heraus zu geben gedenken, enthält Betrachtungen harmonirender Freunde über Natur und Kunst.

Was aus Naturgeschichte und Naturlehre ausgehoben wird soll, dem Gegenstand und der Behandlung nach, vorzüglich von der Art seyn daß es für den bildenden Künstler brauchbar und zu seinen Zwecken, wenigstens in der Folge, anwendbar werde, unter Kunst wird für die erste Zeit vorzüglich die bildende verstanden, über deren Theorie, Ausübung und Geschichte manches vorräthig liegt; doch wird man die Kunst im allgemeinen jederzeit im Auge haben, daß, wenn nach unserm Wunsche, sich auch Freunde der Dichtkunst und Musik anschließen, sie, was die Grundlagen betrifft, genugsame Vorarbeit finden sollen.

Man kann sich nicht verbinden, ein sogenanntes Lesebuch zu liefern, aber ein lesbares, cultivirten Personen willkommenes Werk, das vorbereiten, wirken[162] und nützen soll, gedenkt man zu stellen. Indessen soll an der Form des Vortrags nicht versäumt werden, so wenig es an Artikeln vom allgemeinsten Interesse fehlen soll.

Eine Beylage zeigt was man allenfalls zu erwarten hat.


Wegen der Ausgabe selbst thue ich folgende Vorschläge:

Ohne daß es eine Zeitschrift würde, näherte man das Werk einer so beliebten und der Zerstreuung des Publikums so gemäßen Art.

Man gäbe einzelne Stücke heraus, jedes zu 11 Bogen, so daß zwey einen Band ausmachten.

Es würde geheftet ausgegeben, man würde für einen in Kupfer gestochnen, anständigen Umschlag, ohne großen Aufwand, sorgen.

Das Format wäre groß Octav, mit einer mäßigen Zeilenanzahl.

Dem ersten Stück würde eine allgemeine Einleitung vorgesetzt.

Jedes Stück erhielte eine besondere Einleitung, worin ich Schemata aufzustellen hoffe, nach welchen der denkende Leser die fragmentarisch eingeführten Aufsätze ordnen und näher beurtheilen kann.

Längere Abhandlungen würden Theilweise gedruckt, aber gleich im nächsten Stücke fortgesetzt.

[163] Überhaupt in jedes Stück etwas allgemein reizendes und Nachfrage erregendes eingemischt.

Manuscript zum ersten Stücke könnte bald nach Johannis abgeliefert werden und so dasselbe Michael herauskommen.

Man könnte vierteljährig fortfahren.

Doch wird, sobald die Sache im Gange ist, die Convenienz des Herrn Verlegers entscheiden ob er mehr Stücke des Jahrs ausgeben will.

Vielleicht gäbe man künftige Ostern zwey, und brächte also zwey Bände zur Messe. Für acht Stücke ist gegenwärtig Vorrath, der nur mehr oder weniger durchgearbeitet und redigirt werden muß. Könnte Herr Hofrath Schiller zum dritten oder vierten Stücke etwas auf Poesie bezügliches ausarbeiten, so würde dadurch das Unternehmen sehr gewinnen, auch die Dauer, so wie die weite Ausdehnung desselben außer Zweifel gesetzt werden.

Jena am 27. May 1798.

Goethe.


Arbeiten

die theils fertig, theils, mehr oder weniger, in kurzer Zeit zu redigiren und auszuarbeiten sind.

1. Einleitung in das ganze Werk.

2. Schema über das Studium der organischen Natur.

[164] 3. Schema über das Studium der bildenden Kunst.

4. Schema über die Forderungen, welche der Mahler an denjenigen machen würde der sich anmaßte, ihm eine Farbenlehre vorzulegen.

5. Gutachten an einen jungen Mahler, daß er sich in die Schule eines Bildhauers begeben möge.

(In dieser Form wird unversänglich gerügt was den Mahlerschulen zu fehlen pflegt.)

6. Über Dilettantism, seinen Nutzen und Schaden. Rath an Dilettanten und Künstler.

7. Über die Gegenstände der bildenden Kunst.

(Eine wichtige und fundamentale Abhandlung.)

8. Über Heinrich Füesli's Arbeiten, bezüglich auf sein Gemählde in Zürich und die allgemein bekannten Kupferstiche nach ihm.

(Hier werden die im vorigen Artikel aufgestellten Grundsätze auf die Arbeit eines einzigen Künstlers angewandt.)

9. Über Laokoon.

10. Über Niobe und ihre Kinder.

11. Über etrurische Monumente.

Erster Brief, über plastische Überbleibsel.

Zweyter Brief, über architektonische, mit der Beschreibung von Fiesole und der umliegenden Gegend.

12. Über Rafael, seine Logen, Stanzen und andere Gemählde.

13. Mantua und der Pallast dell T.

[165] 14. Über Restauration

a) der Statuen,

b) der Gemählde.

15. Betrachtungen, wie hoch weben, sticken, Mosaik pp. zu treiben sey. Die Grenzen dieser Operationen, und was sich durch sie erlangen lasse.

16. Briefe eines Reisenden und seines Zöglings, unter romantischen Rahmen, sich an Wilhelm Meister anschließend.

17. Bemerkungen und Betrachtungen über sittliche, politische und militarische Gegenstände, während eines Aufenthaltes in Italien 1795, 96 und 97.

18. Etwas über die Schweiz, besonders Schilderung von Stäfa.


Ich sage nichts von dem vollständigen Vorrath zur Geschichte der Florentinischen Schule, weil ich zweifelhaft bin ob man diesen nicht bey einer neuen Ausgabe des Cellini nutzen sollte.


Etwas ferner liegt eine Ausarbeitung, enthaltend:

a) Das ehemalige Italien als Kunstkörper betrachtet.

b) Die jetzige Zerstücklung desselben.

c) Neue Aufstellung in Paris.

d) Besitzungen der übrigen europäischen Länder.

e) Was ein Künstler künftig zu thun habe um sich auszubilden und die gegenwärtigen, großen[166] Dislocationen, für sich wenigstens, unschädlich, wo nicht gar nutzbar zu machen.

(Dieses letztere könnte eben so gut in unser gegenwärtiges Werk mit eingeschlossen werden, als es eine unterhaltende und brauchbare kleine Schrift gäbe.)


So viel sey nur gesagt um zu zeigen, daß ein Unternehmen, das ohnedem aufhören kann wenn man will, auf einige Jahre gesichert ist. Des Stoffs ist genug und die Behandlung wird man uns zutrauen.


Ausdrücklich erbitte ich mir daß von allen diesen Äußerungen, die sowohl das Hauptblatt als die Beylage enthält, nichts ins Publikum gelange.

Das Werk wird nicht eher angekündigt als bis es erscheint.

Jena am 28. May 1798.

G.


Die allgemeine erste Ankündigung wie auch die jedesmalige besondere, welche etwa in die Weltkunde einzurücken wäre, behalte mir vor.


13/3805.


An Christian Gottlob Voigt

Die beyden Concepte schicke mit Dank zurück. An der Nachricht könnte man vielleicht den enclavirten[167] Schluß weglassen und wie ich mit Bleistift bemerkt habe schließen.

Wegen dem kleinen Versuch auf das Erdpech bitte Serenissimo Eröffnung zu thun; wenn die Witterung sich ändert und es abgetrocknet hat, will ich erst ein Paar Emissarien an Ort und Stelle schicken und mir alsdann die Bergleute ausbitten sowie den Brief an Herrn von Ziegesar, wenn er wieder in Drakendorf seyn sollte. Er geht heute, hör' ich, hier durch; sollt ich ihn sehen, so sage ich nichts von der Sache, weil es immer noch Zeit ist ihn bey dem Angriff selbst davon zu benachrichtigen.

Wir waren beiderseits immer geneigt den Doctor Schelling als Professor hierher zu ziehen; er ist gegenwärtig zum Besuche hier und hat mir in der Unterhaltung sehr wohl gefallen. Es ist ein sehr klarer, energischer und nach der neusten Mode organisirter Kopf; dabei habe ich keine Spur einer Sansculotten-Tournure an ihm bemerken können, vielmehr scheint er in jedem Sinne mäßig und gebildet. Ich bin überzeugt, daß er uns Ehre machen und der Akademie nützlich sein würde. Ich will etwa näher hören, ob er wirklich die Absicht hat.

Ich hoffe, daß Sie nun Thouret werden gesehen haben. Daß doch unsere Hofleute auch das gemeine Höfliche nicht immer beobachten mögen.

Ich wünsche zu hören, daß unser lieber gnädigster Herr sich immer mehr der vollkommenen Besserung nähert.

[168] Könnten Sie mich einmal besuchen, so würde es mir eine große Freude sein. Ich bin in meiner Einsamkeit fleißig genug und hoffe meine Arbeit soll auch künftig Freunden einiges Vergnügen gewähren. Leben Sie recht wohl und erhalten mir ein freundschaftliches Andenken.

Jena am 29. May 1798.

G.


13/3806.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeboren haben die Güte, nach unserer gestrigen Abrede, dem Professor Thouret Mittags das Essen aus der Hofküche verabfolgen zu lassen und zwar etwa: Suppe; Gemüs mit einer Beilage; Braten und Salat; eine Flasche Werthheimer.

Die Portion wäre reichlich einzurichten. Was an Bier, Brod, Tischzeug u.s.w. erforderlich wäre, hierüber könnte Heringen der Auftrag gegeben werden, der auch täglich das Essen abholen soll. Den Betrag der Vergütung für diese Gefälligkeit, wird man von Seiten Fürstlicher Hofkasse der Schloßbau-Kasse mit Dank erstatten.

Man wünscht, daß die Einrichtung morgen, Sonntags, ihren Anfang nehmen möge.

Weimar am 2. Juni 1798.

J. W. v. Goethe.[169]


13/3807.


An Johann Heinrich Meyer

Meine Tage habe ich hier in allerley Geschäften und Vorarbeiten zugebracht, wenn ich gleich noch nicht viel aufweisen kann, nun möchte ich auch wissen wie es Ihnen und Ihren Kunstverwandten ergangen ist. Schreiben Sie mir doch mit wenig Worten wie Thouret avancirt und was Sie von seiner weitern Arbeit auguriren.

Schiller befindet sich wohl und unsere Unterhaltungen sind sehr fruchtbar. Leider bringt mich seine Gartenbaukunst ganz zur Verzweiflung. Die neue Küche liegt gerade so daß der N. W. Wind, der gerade mitunter an den schönsten Abenden weht, den Rauch, und besonders den Fettgeruch über den ganzen Garten verbreitet so daß man nirgends Rettung finden kann.

Leben Sie recht wohl und schreiben Sie mir wie weit auch Sie mit Ihrer Arbeit gekommen sind.

Jena am 8. Juni 1798.

G.


13/3808.


An Johann August Rühlemann

[Concept.]

Wohlgeborner, insonders hochgeehrtester Herr.

Ew. Wohlgeb. erhalten hierbey verschiedene Papiere, welche sich auf das Gut Oberroßla beziehen, zu gefälligem[170] Gebrauch, wozu ich nur noch einige Bemerkungen hinzu füge.

Nach dem was Fol. 36. notirt ist läßt sich ersehen daß vor dem Jahre in der Ulrichshalber Flur die vollkommene Erndte eintrat, so wie dieses Jahr die geringste zu erwarten ist.

Hierzu kommt noch: daß, wie Fol. 7. ersichtlich ist, die 13 Acker in zwey ungleiche Theile getheilt sind, so daß wenn in die diesjährige Abtheilung auch die geringste Ackerzahl fiele, der Unterschied der Erndte gegen voriges Jahr noch größer werden müßte.

Man sieht heraus die Wichtigkeit des Punctes, welchem Ew. Wohlgeb. schon Ihre ganze Aufmerksamkeit gewidmet haben, und welcher daher auf das klärste auseinander zu setzen seyn wird.

Die beyden Oberroßlaischen Flur-Charten wird man aus meinem Hause schon übersendet haben.

Der ich dankbar für die übernommene Bemühung mich zu geneigtem Andenken empfehle und recht wohl zu leben wünsche.

Jena d. 8. Juni 1798.


13/3809.


An Franz Kirms

Die beiden Theater-Verordnungen sende sogleich unterschrieben zurück; es ist recht gut daß sie commissarisch vollzogen werden.

[171] Schärfen Sie Eilenstein noch mündlich seine Pflicht ein, von den Partituren nichts wegzugeben, besonders das Rondeau aus den »Theatralischen Abentheuern«; der Concertmeister hat mich dringend ersucht, einen solchen Mißbrauch zu verhüten.

Ich bin neugierig, was Cordemann leistet und wünsche recht wohl zu leben.

Jena am 11. Juni 1798.

G.


13/3810.


An Friedrich Schiller

Ich bitte um das Humboldtische Werk und den eisernen Stab. Heute Abend werde ich bey Loders seyn, komme wohl aber doch noch vorher auf einige Stunden.

Heute früh habe ich, beym Spaziergang, einen cursorischen Vortrag meiner Farbenlehre überdacht und habe sehr viel Lust und Muth zu dessen Ausführung. Das Schellingische Werk wird mir den großen Dienst leisten mich recht genau innerhalb meiner Sphäre zu halten.

Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau wenn sie angekommen ist.

[Jena] den 11. Juni 1798.

G.[172]


13/3811.


An das Geheime Consilium

[Concept.]

In gehorsamster Befolgung des von dem verehrten geheimen Consilio an mich ergangenen Auftrags habe ich mich zu Christian Wilhelm Gabriel, alhier, sogleich begeben, um seine Kupfersammlung und sonstige Effecten, die er, zu einem Geschenk für des Herrn Erbprinzens Durchl., angeboten hat, zu besehen und ermangle nicht hierüber meine schuldige Relation abzulegen.

Gedachter Mann scheint, nachdem er sein, über der Rasenmühle gelegenes, schönes Grundstück, vor ohngefähr 6 Jahren, verkauft, mehr von dem Capital als von den Interessen zu leben und das Geld was er in Händen hat, allenfalls, durch Ausleihung auf Pfänder zu nutzen, er bewohnt ein unansehnliches, aber reinlich gehaltnes Haus, nicht weit vom Markte, hinter dem Rathhaus, und hat die Grille gehabt vier, aber artige Zimmer auf eine wunderliche, man darf wohl sagen, abgeschmackte Weise durch Verzierung unbrauchbar zu machen.

Er hat nämlich mit Augsburger und Nürnberger Kupferstichen die Wand regelmäßig tapezirt und den Zwischenraum der einzelnen Blätter mit kleinen Schleifen von Goldpapier bedeckt, so wie er auch, auf Tischen und kleinen Wandgestellen, viele Gipsbilder, wie sie von den Herumträgern verkauft werden, aufgestellt[173] und auch dabey, so wie an den schwarzen Vorhängen, womit die Thüren verziert sind, die goldnen Schleifen nicht vergessen hat. Einige Wachsfiguren von Conditorarbeit finden sich auch mitunter, so wie ein optischer Kasten in der Wand angebracht ist, in welchem alte Prospecte sich zeigen. Sollte diese sonderbare geschmacklose Verzierung decomponirt werden, so fürchte ich man würde für ihre einzelne Theile wenige Laubthaler in einer Auction lösen können.

Das geschnitzte Bild eines Heiligen und einige geschliffne Trinkgläser allein sind nicht ganz schlecht.

Aus dem Vorgesagten ist leicht zu ersehen daß das von ihm eingereichte und beyliegend zurückgehende Schreiben wohl keine günstige Resolution zu erwarten haben möchte, um so mehr da es mir nicht sowohl seine eigne als seiner Umgebung Speculation zu seyn scheint, bey dieser Gelegenheit irgend ein kleines Geschenk zu erhaschen.

Mit schuldiger Verehrung mich unterzeichnend

Jena d. 11. Jun. 98.


13/3812.


An Christiane Vulpius

Du erhältst hier verschiedenes was ich sogleich zu bestellen und alsdann die Botenfrau abzufertigen bitte.

1. Einen Zettel auf 8 Flaschen und 2 Nösel, die du in der Kellerey holen lässest.

[174] 2. Einen Brief an Gores auf welchen du Antwort erhalten wirst.

Dieses beydes nebst dem Spargel, so viel du stechen kannst, übergiebst du der Botenfrau, welche gegen Abend bey Zeiten wieder daseyn mag.

Die Papiere, die Herrn von Knebel betreffen, besorgst du auch bald möglichst.

Weiter weiß ich für diesmal nichts zu sagen, als daß es mir wohl geht und daß mir der Pyrmonter nebst der Bewegung recht gut bekommen. Ich wünsche von euch gleichfalls zu hören daß ihr wohl und vergnügt seyd.

Das Packet an den Hofkammerrath bedarf keiner Antwort.

Lebe recht wohl und grüße den Kleinen, der auf den Sonabend wieder etwas Obst erhalten soll.

Jena am 11. Juni 1798.

G.


Das eingesiegelte an das geheime Conseil wird auf die geheime Canzley geschickt.


13/3813.


An Christiane Vulpius

Hier kommen wieder gute Erdbeeren für das Kind.

Inliegendes schickst du auf die Geheime Canzley.

Die Stiefeln sind mir heute überbracht worden.

[175] Das Gedicht auf die Beckern ist fertig, ich bin sehr froh daß nur etwas wieder einmal im Gange ist, nachdem ich so lange Zeit pausirt habe.

Zu Anfang künftiger Woche schreibe ich wenn mir allenfalls wegen Roßla etwas einfällt, ihr richtet euch auf alle Fälle auf euer Johannisfest ein.

Ich weiß noch nicht ganz gewiß, ob ich grad von hier hinüber gehe oder ob ich über Weimar komme. Lebe recht wohl und grüße den Kleinen schönstens.

Jena am 12. Juni 1798.

G.


Der Eisenacher Kammerbote bringt wahrscheinlich nebst anderm die Pension für Herrn v. Knebel auch nach Weimar, du mußt also die Quittung so lange aufheben bis er sich meldet, allenfalls befragst du dich bey Treutern der dir wohl darüber Auskunft geben kann. Ich gratulire zu dem glatten Gesicht und wünsche vergnügt zu leben.

Mir geht es recht wohl und wenn ich noch ein paar Gedichte für den Almanach vor Johanni fertig habe so gehen wir bald nachher zusammen herüber.

Gores und die Französische Gesellschaft kommen erst Donnerstags zu mir.

Nochmals ein Lebe wohl und Gruß an den Kleinen.

G.[176]


13/3814.


An Johann Heinrich Meyer

Daß wir mit unsern Versuchen die Holzstocknachahmung in Kupfer zu leisten mit dem ersten Versuche schon ziemlich weit vorwärts gekommen sind werden Sie aus den flüchtigen Abdrücken sehen, die ich hierbey übersende. Es kommt nun bey dem nächsten Versuch hauptsächlich darauf an, daß

1.) Große weiße Räume vermieden werden, weil man diese wohl jederzeit wird in dem Abguß tiefer stechen müssen, dagegen können wir grade was am Holzschnitt am schwersten ist, die zartesten Schraffuren, mit allen Gradationen leicht und bequem hervorbringen.

2.) Müßten die Striche freylich tiefer gegraben seyn, der feinste kann trichterförmig ins Kupfer gehen, wenn er nur unten seine gehörige Stärke hat, auch könnte man sich bey wiederkehrenden Zierrathen gar wohl, wie schon geschehen ist, stählerner Stempel bedienen.

Lassen Sie ihn doch gleich einen kleinen Versuch etwa auch nur in der Knopfgröße aber in oben angeführten Rücksichten machen, ich will ihm gern das billige bezahlen. Legen Sie ihm nur Stillschweigen auf, denn ich wünschte daß wir mit diesem Spaß zuerst öffentlich erschienen und die Decke unseres Werks damit auszierten. Ich lege zugleich einen Buchdruckerstock bey, damit Facius, wenn er keinen bey der Hand[177] hat, sehen kann worauf es eigentlich ankommt. Mit ein paar Versuchen sind wir gewiß am Ziel, die Anwendung zum Noth und Hülfsbüchlein wird nicht außen bleiben.

Es thut mir leid daß ich den guten Holzschuer versäumt habe, ich hätte ihm gern für seine Freundlichkeit in Nürnberg auch etwas angenehmes erzeigt.

Meine Elegie auf die Beckern ist fertig und darf sich, hoff' ich, unter ihren Geschwistern sehen lassen. Schiller meint, man solle vor den Almanach etwas auf sie bezüglich setzen. Wie wäre es, wenn Sie das skizzirte Monument ins Reine zeichneten, es hat mir immer sehr wohl gefallen. Es schadet nichts wenn wir Psyche auch vor übers Jahr vorräthig behalten da doch mit dem Kupferstecher immer eine solche Noth ist. Schicken Sie mir wenigstens die Skizze herüber, sie liegt entweder auf meinem Glasschranke oder wird nicht weit davon zu finden seyn.

Wenn Sie den Englischen Holzschnitt in meinem Zimmer auf dem Bücherbret an der Thüre finden können, so legen Sie ihn doch auch bey.

Wegen der Escherischen Sache sagen Sie niemand was bis wir uns gesprochen haben, ich will Ihnen dar über meine Gedanken sagen.

Gerning hat wahrscheinlicherweise die Prätiosa an Zahlen statt angenommen denn ohngefähr so theuer mag ihm die königliche Gunst zu stehen kommen. Leben Sie recht wohl. Schiller grüßt bestens.

[178] Ich hoffe vor Johanni, wenn die Stimmung so bleibt, noch mein Pensum für den Almanach zu absolviren.

Die Einleitung zu unserm großen Werke ist schon entworfen und ich habe überhaupt manches vorwärts gebracht.

Jena am 15. Juni 1798.

G.


13/3815.


An Christiane Vulpius

Ich schicke dir hiermit einen Aufsatz, wie es mit Quartier und Bewirthung bey der Roßlaer Gutsübergabe gehalten werden soll, der Bauverwalter wird weiter mit dir darüber sprechen.

Ich habe gleichfalls einen Zettel beygelegt, worauf du meine Gäste verzeichnet siehst, wenn dir noch jemand einfällt, so darfst du mir es nur schreiben.

Herrn Prof. Meyer, dächt ich, lädest du auf Johannis hinaus, denn bey der Übergabe wird schlechte Lust seyn.

Von Herrn von Wolzogen lässest du noch Franzwein holen, er wird dir etwa 30 Bouteillen schicken, thue von denen die noch vorräthig sind so viel dazu daß es 50 werden, diese giebst du sämmtlich der Fischern mit, so wie auch die 12 Nösel Desertwein, für welche hier der Zettel an die Kellerey mitfolgt. Was den Sonnabend übrig bleibt wird euch Sonntag[179] zu statten kommen. Fischers sorgen also für alles, wie das beyliegende Blatt näher ausweist, was die Bewirthung meiner Gäste betrifft, und du berechnest dich nachher mit ihnen.

Ich wünsche daß du mir mit der nächsten Post schriebst oder mir allenfalls einen Boten schicktest wenn du noch etwas besonderes zu erinnern hast, sonst mag es bis den Mittwoch anstehen.

Schreibe mir auch, ob eure Erfurter Lust auch lustig abgelaufen ist.

Um übrigens vom künftigen zu reden, so denke ich Sonnabend den 30. wieder in Weimar zu seyn, ich bleibe alsdann so lange bis wir zusammen herüber gehen.

Lebe indessen recht wohl, grüße das Kind und halte alles in guter Ordnung.

Schicke mir mit den Botenfrauen etwa noch ein halb Duzend Flaschen Pyrmonter.

Jena am 17. Juni 1798.

G.


Bey der Übergabe verspreche ich dir als bloser Zuschauer zu erscheinen, und mich nichts anfechten zu lassen, welches mir um so leichter werden wird als ich Rühlemann zum Beystande habe.

Lebe übrigens recht wohl. Mittwochs hörst du noch von mir und Sonntags findest du ein Briefchen in Rosla.

Lebe recht wohl und küsse den Kleinen.

[180] Herrn Bauverwalter giebst du mein stählernes Siegel das auf meinem Schreibtische liegen wird, wenn es eingeschlossen seyn sollte so brichst du das eingesiegelte Schlüsselchen auf.


13/3816.


An Johann August Rühlemann

[Concept.]

Wohlgeborner

Insonders Hochgeehrtester Herr Landkammerrath.

Ew. Wohlgeb. verpflichten mich zu besonderer Dankbarkeit daß Sie, bey so vielen und wichtigen Amtsgeschäften, auch meiner Privatangelegenheiten gefällig gedenken wollen.

Ew. Wohlgeb. Gegenwart in Roßla wird mir diejenige Zufriedenheit und Sicherheit verschaffen, die man empfindet wenn man bey irgend einem Geschäft einen Mann in der Nähe weiß, der es völlig übersieht und dessen Charakter man sowohl als dessen Einsicht völlig vertrauen kann.

Der Herr Bauverwalter hat den Auftrag für Ew. Wohlgeb. beste Bequemlichkeit nach den Umständen möglichst zu sorgen und ich verspare bis zur Zusammenkunft daselbst alles weitere, so wie ich mich, in dieser angenehmen Aussicht, mit besonderer Hochachtung unterzeichne.

Ew. Wohlgeb. ergebenster pp.

Jena d. 17. Juni 98.[181]


13/3817.


An August Wilhelm Schlegel

[Concept.]

Ohne mich lange zu besinnen, will ich Ihnen sogleich auf Ihren freundlichen Brief vom 10. Juni antworten und Sie in Dresden begrüßen.

Haben Sie Dank für das überschickte Athenäum, dessen Inhalt mir schon sehr angenehm und erfreulich gewesen wäre, wenn auch die Verfasser mich und das meinige nicht mit einer so entschiedenen Neigung begrüßten. Was meine jüngern Freunde gutes von mir denken und sagen will ich wenigstens durch unaufhaltsames Fortschreiten verdienen, in so fern es mir die Natur nach ihrem gewöhnlichen Gange nicht zuletzt verbietet.

Das einzelne wird uns manche angenehme Unterhaltung gewähren wenn wir uns wieder sehen, oder ich einige ruhige Stunden finde und etwas weitläufiger schreiben kann. Bey der Energie und Klarheit, mit der Sie zu Werke gehen, bitte ich Sie Mäßigkeit und Gerechtigkeit immer walten zu lassen. Diese sinds die auf die Folge unsern Wirkungen immer den größten Nachdruck geben.

Vergangene Woche habe ich mich besonders mit Arbeiten für den nächsten Almanach beschäftigt und wünsche, wenn er Ihnen künftig in die Hände kommt, daß Sie sich unter meinen diesjährigen Producktionen auch einige Günstlinge aussuchen mögen.

[182] Zugleich aber ersuche ich Sie auch dieses Jahr uns mit einigen Ihrer Gedichte zu erfreuen, wäre es gleich nichts großes, so wünschte ich doch ich doch daß Sie keine Pause machten. Ich sehe, was mich betrifft, es als eine nähere Verbindung an, wenn ich Ihren Rahmen im Almanach weiß. Es ist eine Art von geistiger Nachbarschaft, von Zusammenwohnen einer kleinen Colonie, die dadurch eine Ähnlichkeit der Gesinnungen ausspricht. Auch Schiller sieht einem solchen Beytrage mit Verlangen entgegen.

Danken Sie Herrn Tieck für die überschickten Gedichte, sie werden in die Sammlung dankbar aufgenommen werden.

Grüßen Sie Ihren Herrn Bruder und danken ihm für die übersendete Schrift, nächstens schreibe ich beyden selbst und wünsche ihrem Andenken empfohlen zu seyn.

Die Bekanntschaft meiner werthen Berliner Freundin wird Ihnen gewiß viel Freude gemacht haben. Ich schätze beyde Frauenzimmer sehr hoch und habe alle Ursache für die Gesinnungen dankbar zu seyn die sie für mich hegen.

Die übrige Societät hoffe ich werden Sie mir schildern, wenn wir uns wiedersehen.

Wenn ich irgend jemals neugierig auf die Bekanntschaft eines Individuums war, so bin ichs auf Herrn Zelter. Gerade diese Verbindung zweyer Künste ist so wichtig und ich habe manches über beyde im Sinne,[183] das nur durch den Umgang mit einem solchen Manne entwickelt werden könnte. Das originale seiner Compositionen ist, so viel ich beurtheilen kann, niemals ein Einfall, sondern es ist eine radicale Reproduction der poetischen Intentionen. Grüßen Sie ihn gelegentlich aufs beste. Wie sehr wünsche ich daß er endlich einmal sein Versprechen, uns zu besuchen, realisiren möge.

Übrigens wird über allerley gebrütet, sobald die Küchlein auskriechen sollen Sie gleich Notiz davon haben.

Professor Meyern, de jetzt in Weimar ist, habe ich Ihren Gruß überschrieben. Sie sollen bald seine Gedanken über das bewußte Werk vorläufig erfahren.

Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre werthe Gattin, gedenken mein und lassen bald wieder von Sich hören.

Jena am 18. Juni 1798.


13/3818.


An Franz Kirms

[Concept.]

Ob ich gleich fest entschlossen bin mir keinen Schauspieler vom Publiko weder auf noch ab votiren zu lassen, weil ich dessen Grillen, Unbestand und Ungenügsamkeit nur allzusehr kenne; so treten doch gegenwärtig manche Betrachtungen ein, die uns selbst veranlassen dürften Herrn Cordemann zu engagiren.[184] Ew. Wohlgeb. haben solche in Ihrem Briefe recht wohl herausgesetzt und ich bin geneigt Ihre Vorschläge einzugehen. Schließen Sie, nach vorgängiger Communication mit Herrn v. Luck, einen Contrackt auf ein und ein halb Jahr und sehen daß er überhaupt mit 8 Thlr. zufrieden sey.

Vor allen Dingen aber fragen Sie bey Durchl. der Herzogin mit meiner unterthänigsten Empfehlung nochmals an: ob dieses Engagement ihrem Willen und ihren Wünschen gemäß sey.

Im Stillen kann ich Ew. Wohlgeb. nicht leugnen daß mir weder Cordemanns Füße noch Arme recht gefallen wollen, mit jenen knickt er, mit diesen schwebt er, doch hat er was interessantes im Blick und scheint von einem gewissen Feuer der Leidenschaft belebt, worauf so viel bey einem Schauspieler ankommt, und nach Ihrer Versichrung macht ja sein Ganzes keinen unangenehmen Eindruck.

Nur eines muß ich gleichfalls im Vertrauen hinzusetzen: daß ich mich durch dieses Engagement noch nicht verbinde Haiden fortzuschicken. Ob ihn das Publikum gerade mag das kann uns nicht rühren, die Frage ist: ob er in gewissen Rollen brauchbar sey, die, wenn sie gleich keine Hauptrollen sind, doch auch besetzt werden müssen.

Überhaupt ist es eine alte Erfahrung daß das Publikum bey jeder Gesellschaft einen Sündenbock haben muß, an dem es seine Piken und Unarten auslassen[185] kann, und wenn sich gerade keiner bey der Gesellschaft fände, so müßte man einen expreß zu dieser angenehmen Funcktion engagiren.

Es versteht sich von selbst daß Cordemann sich verbindet, alle ihm von der Direction zugetheilte Rollen zu übernehmen, und nicht etwa an irgend ein Fach Ansprüche macht. Wir nehmen ihn als einen Suppleanten auf und in unserer Lage wird sein hauptsächlichstes Verdienst seyn, wenn er in vorkommenden Fällen ausfallende Lücken supplirt, und uns mit seinem Talent, auf eine willige und gefällige Weise, aufhilft.

Ich wünsche daß Sie sich recht wohl befinden mögen und danke für die fortdauernde Aufmerksamkeit und Sorgfalt, womit Sie unser gemeinsames Geschäft zu beleben wissen.

Jena am 18. Juni 1798.


13/3819.


An Christiane Vulpius

Es war mir sehr erfreulich zu hören daß eure Erfurter Tour glücklich und vergnügt abgelaufen ist, die Gewitter welche sich Abends nach jener Gegend zu sehen ließen hatten mir einige Sorge gemacht. Nun wünsche ich euch zu Johanni einen schönen Tag, die Einrichtung von eurem Feste, wie sie mir der Registrator schreibt, ist recht gut, ich wünsche euch viel Spaß dabey.

[186] In Roßla findest du einen Brief durch den du erfährst wie es mir Freytags und Sonnabends ergangen ist.

Was bis Sonnabends früh bey dir einläuft, auch allenfalls ein Brief von Fräulein v. Goechhausen, schickst du mir mit den Botenweibern, daß ich es des Abends bey meiner Rückkehr finde.

Die nächste Woche will ich noch fleißig seyn, ich habe eben ohngefähr noch 8 Tage zu thun und fange schon an wieder nach Hause zu verlangen.

Die Arbeiten die ich mir vorsetzte sind schon glücklich vollendet. Grüße deinen Bruder, danke ihm für die Nachricht und sag ihm daß Professor Woltmann noch nicht wieder nach Jena zurück ist.

Jena am 20. Juni 1798.

G.


Auch gieb deinem Bruder beyliegenden Zettel.

Ich hoffe daß du dein glattes Gesichtchen, so wie die Äugelchen für den Schatz aufheben wirst.

G.


Hierbey liegt auch Götzens Quittung dem du das Quartal bald möglichst sendest.


13/3820.


An Christian Gottlob Voigt

[Jena, 21. Juni.]

Recht herzlichen Dank, daß Sie mir von Ihrem Befinden Nachricht geben und mich einen Blick in[187] Ihre Zustände thun lassen. Alles, was sich auf ein beschränktes Local gründet, ist und bleibt unveränderlich. Genau an der gleichen Lebensweise nahm ich vor so viel Jahren Theil und freue mich, wenn die Anlage, zu der ich damals beytrug, nicht ganz mißrathen ist.

Empfehlen Sie mich unserm gnädigsten Herrn aufs allerbeste und versichern ihn meiner lebhaftesten Freude über sein Wohlbefinden. Seine Erhaltung so wie seine Zufriedenheit muß uns immer das wünschenswertheste für ihn und andere bleiben.

Mein hiesiger Aufenthalt war diesmal sehr fruchtbar, ich habe mein Contingent zum Almanach gestellt und kann nun wieder an andere Arbeiten gehen, auch ist in natürlichen Dingen mancher Vorschritt geschehen.

Schellings kurzer Besuch war mir sehr erfreulich; es wäre für ihn und uns zu wünschen, daß er herbeygezogen würde; für ihn, damit er bald in eine thätige und sterbende Gesellschaft komme, da er in Leipzig jetzt ziemlich isolirt lebt, damit er auf Erfahrung und Versuche und ein eifriges Studium der Natur hingeleitet werde, um seine schönen Geistestalente recht zweckmäßig anzuwenden. Für uns würde seine Gegenwart gleichfalls vortheilhaft seyn: die Thätigkeit des jenaischen Kreises würde, durch die Gegenwart eines so wackern Gliedes, um ein ansehnliches vermehrt werden; ich würde bey meinen[188] Arbeiten durch ihn sehr gefördert seyn, besonders aber glaube ich, daß er Scherern sehr nützlich werden könnte, indem der eine das besondere, der andere das allgemeine behandeln und so beyde zum Ganzen arbeiten könnten. Er hat mir persönlich in dem kurzen Umgang sehr wohl gefallen; man sieht, daß er in der Welt nicht fremd ist, die Tübinger Bildung giebt überhaupt etwas ernsthaftes und gesetztes und er scheint, als Führer von ein paar jungen Edelleuten selbst gefälliger und geselliger geworden zu seyn als diejenigen zu seyn pflegen die sich, in der Einsamkeit, aus Büchern und durch eigenes Nachdenken, cultiviren.

Ich nehme mir die Freyheit sein Buch, »von der Weltseele,« Ihnen als eigen anzubieten, es enthält sehr schöne Ansichten und erregt nur lebhafter den Wunsch, daß der Verfasser sich mit dem Detail der Erfahrung immer mehr und mehr bekannt machen möge.

Vielleicht interessirt unsern gnädigsten Herrn der meteorologische Theil, besonders die Kritik der gewöhnlichen Begriffe über diesen Gegenstand p. 136.

Wenn man sich entschlösse zu seinen Gunsten etwas bey den übrigen Höfen für ihn zu thun, so würde man sich auf diese beyden Schriften beziehen können und ihn in der Qualität eines denkenden jungen Mannes, von dessen hellem Blick und guter Methode man sich in den Erfahrungswissenschaften[189] als die Physik und Chemie pp. künftig viel zu versprechen habe, mit guten Gewissen aufführen können.

Wegen Schlegels hat Meinungen Bericht von der Akademie gefordert worin man von den Verdiensten eines Mannes unterrichtet zu seyn verlangt, von dem Uns bisher gar nichts bekannt geworden ist.

Herr v. Hendrich, der gestern wegen des Hofgerichts hier war und sich im Clubb befand, fühlte einige Verlegenheit als man, vielleicht nicht ganz bescheiden, dieser, freylich nicht sehr geistreichen Anfrage erwähnte.

Heute Abend gehe ich nach Roßla und wünschte freylich recht herzlich dort mit Ihnen zusammen zu kommen. Nehmen Sie indessen meinen besten Dank, daß Sie mir an Rühlemann einen so bedeutenden Assistenten zugewiesen haben. Der Wetterschaden wird so arg nicht seyn. Da Fama tausend Zungen hat, so setzt sie gewöhnlich dem Übel drey Nullen zu. Wenn die Übergabe vorbey ist gebe ich einige kurze Nachricht.

Möchten Sie übrigens sich bey Bewegung und einiger Zerstreuung, da die Geschäftssorge Sie nicht ganz verlassen kann, leiblich und geistig recht wohl befinden und glücklich nach Weimar zurückkehren, ich kann auf jeden Wink gleichfalls eintreffen und erfreue mich zum Voraus wieder Ihrer Nähe. Leben Sie recht wohl und gedenken mein.

G.[190]


13/3821.


An Friedrich Schiller

Da ich mich doch noch entschließen muß zu fahren, so will ich zeitiger weg und sehe Sie also heute nicht.

Hierbey schicke ich das Fischersche Wörterbuch das seinen Zweck recht gut zu erfüllen scheint.

Hofrath Loder schickt Montags ein Packet nach Paris und ich will ihm meinen Brief, so wie etwa eine Abschrift der Euphrosyne mit beylegen. Es wäre recht schön, wenn Sie bis dahin auch mit Ihrem Schreiben zu Stande kämen.

Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau, ich bin neugierig was diese paar Tage bringen werden.

Jena am 21. Juni 1798.

G.


13/3822.


An Christiane Vulpius

Da ich keine Reitpferde bekommen konnte, so mußte ich von Jena herüber fahren, der Weg ist aber so abscheulich daß ich ihn nicht zurückmessen mag, deßwegen will ich Sonnabends von hier auf Weimar fahren und dich heimlich besuchen, du mußt aber gegen niemand nichts merken lassen, ich werde eher spät als frühe kommen.

Die jenaischen Pferde holen mich ab, der jenaische Wagen ist hier stehen geblieben, du hast also für[191] weiter nichts zu sorgen. Sonntags früh fahre ich wieder nach Jena und du fährst nach Roßla, wir können indeß doch alles Vorgefallne besprechen, welches zu mancherley nütze ist. Lebe recht wohl. Beym Herrn Pfarrer ist es recht hübsch.

Oberroßla d. 21. Juni 1798.

G.


13/3823.


An Christoph Martin Wieland

[Concept.]

Meinem lieben Herrn Bruder in Apoll und Genossen in Ceres vermelde hierdurch freundlichst, daß ich in Oberroßla angelangt bin, um von meiner Hufe und dem Zugehörigen Besitz zu nehmen. Wie mich nun eine so nahe Nachbarschaft herzlich erfreut, so wollte ich hiermit höflichst gebeten haben: morgen, gegen Mittagszeit, Sich aus Euro Pallästen in unsere Hütten zu begeben, mit einem juristisch-oekonomischen, frugalen Mahl vorlieb zu nehmen und mir nach langer Zeit ein fröhliches Wiedersehen zu verschaffen. Eben so ist die liebe Frau und wer uns noch von der Familie durch seine Gegenwart erfreuen möchte, bestens eingeladen.

In Hoffnung einer günstigen Antwort.

Oberroßla den 22. Jun. 98.[192]


13/3824.


An Christiane Vulpius

Oberroßla am 22. Juni 1798.

Ich will dir nur mit wenigen Worten sagen daß alles gut geht, ich habe mir vorgenommen mich nicht zu ärgern und konnte es leicht halten, denn außer den Kleinlichkeiten die wir schon wissen ist nichts neues und besondres vorgenommen. Dagegen erhält Fischer sehr schönes Inventarium-Vieh und es kommen noch einige Puncte vor die, wenn sie durchgehen, zu meinem und seinem Nutzen seyn werden.

Die Gegenwart des Herrn Landkammerrath Rühlemann ist von ganz besondrer Bedeutung.

Durch den Hofadvocat Schenk, der das gegenwärtige besorgt, kannst du mir wieder antworten. Doch bleibt es dabey daß ich morgen Abend komme. Laß nur hinten den Garten auf, ich lasse Geisten durch die Stadt fahren.

Lebe recht wohl und grüße das Kind.

G.


13/3825.


An Friedrich Schiller

Sobald ich mich von Jena entferne, werde ich gleich von einer andern Polarität angezogen, die mich denn wieder eine Weile fest hält. Ich hatte mehr als Eine Veranlassung nach Weimar zurück zu kehren[193] und bin nun hier um des Herzogs Ankunft zu erwarten, und wieder auf eine Weile verschiednes zu ordnen und einzulenken; indessen denke ich, daß ich heute über 8 Tage wieder bey Ihnen seyn werde. Da ich gar nichts bey mir habe, sondern alles in Jena zurückgeblieben ist, so mußte ich mich in meine alten Papiere zurückziehen und habe allerley gefunden, das wenigstens als Stoff uns zunächst noch dienen kann.

Ich schicke die französische Romanze. Es war recht gut, daß ich sie nicht in der Nähe hatte, denn gewisse sehr artige Tournüren hätten mich abgehalten meinen eignen Weg zu gehen. In das andere beyliegende Manuscript mochte ich gar nicht hineinsehen, es mag ein Beyspiel eines unglaublichen Vergreifens im Stoffe, und weiß Gott für was noch anders ein warnendes Beyspiel seyn. Ich bin recht neugierig was Sie diesem unglücklichen Producte für eine Nativität stellen.

Meine Geschäfte sind in Roßla zu meiner Zufriedenheit abgelaufen, meine Assistenten haben mir Sorge und Nachdenken erspart und ich brauchte nur zuletzt über gewisse Dinge zu entscheiden die blos vom Willen des Eigenthümers abhängen.

Mittwoch oder Donnerstag wird unser Herzog wieder kommen, aber nicht lange verweilen.

Leben Sie recht wohl und empfangen mich wo möglich mit etwas lyrischem.

Das zwölfte Stück der Horen habe ich, wie es scheint, noch nicht erhalten, ich bitte darum mit den[194] Botenfrauen. Ich habe von Anfang her noch verschiedne einzelne Stücke, vielleicht könten wir uns wechselweise dadurch einige Exemplare completiren, mit denen man, nach dem seligen Hintritt dieser Göttinnen, noch immer jemanden einen Gefallen thut.

Grüßen Sie mir bestens Ihre liebe Frau und befinden sich zum besten in diesen Tagen die, wenn sie gleich nicht die schönsten sind, doch die Vegetation trefflich begünstigen.

Wieland war in Oberroßla sehr munter. Das Landleben macht ihm noch immer viel Freude, doch hat ers eigentlich noch nicht angetreten. Die Vorbereitungen dazu kommen mir vor wie das Collegium der Anthropologie, das manchen ehrlichen Kerl schon in die Mühseligkeiten der Medicin gelockt hat. Mich sollen wills Gott die Wiesen, sie mögen noch so schön grün seyn, und die Felder, sie mögen zum besten stehen, nicht auf dieses Meer locken.

Nochmals ein Lebewohl. Mittwochs sage ich wieder einige Worte.

Weimar am 24. Juni 1798.

G.


13/3826.


An Friedrich Schiller

[28. Juni.]

Zufälligerweise, oder vielmehr weil ich voraussetzte Sie wüßten daß Elpenor von mir sey, sagte ich es nicht ausdrücklich im Briefe, nun ist es mir um so[195] viel lieber, da dieses Product ganz rein auf Sie gewirkt hat. Es können ohngefähr 16 Jahre seyn daß ich diese beyden Acte schrieb, nahm sie aber bald in Aversion und habe sie seit 10 Jahren gewiß nicht wieder angesehen. Ich freue mich über Ihre Klarheit und Gerechtigkeit, wie so oft schon, also auch in diesem Falle. Sie beschreiben recht eigentlich den Zustand in dem ich mich befinden mochte, und die Ursache, warum das Product mir zuwider war, läßt sich nun auch denken.

Hierbey zwey kleine Gedichte von Schlegel. Er giebt zu verstehen daß sie als Manuscript anzusehen seyen und allenfalls einen Platz im Almanach verdienen dürften. Vielleicht schickt es sich sie aufzunehmen, da wir doch verschiedne Gedichte an bestimmte Personen einrücken wollen.

Über die andern Gedichte, welche gleichfalls beyliegen, suspendire ich mein Urtheil, sie scheinen mir dergestalt auf der Grenze zu stehen daß ich nicht weiß ob sie sich zur Realität oder Nullität hinüber neigen möchten.

Desto entschiedner ist der Brief den Sie zugleich erhalten, und ein herrliches Muster einer Tollheit außer dem Tollhause. Denn das Kriterium warum man einem solchen Menschen nicht einsperrt? möchte schwer anzugeben seyn. Das einzige was vor ihn spricht möchte die Unschädlichkeit seyn und das ist er nicht, sobald er uns näher kommt. Da ich ihn aber[196] nicht einsperren kann, so soll er wenigstens ausgesperrt werden.

Heute kommt unser Herzog. Es wird sich zeigen wie lange er hier bleibt. Nach seiner Abreise bin ich gleich wieder bey Ihnen, wenn ich vorher noch einige Tage in Roßla zugebracht habe, wo ich einiges anordnen muß.

Eine Schrift die mir gestern mitgetheilt wurde kam mir recht gelegen, sie heißt:

Versuch die Gesetze magnetischer Erscheinungen aus Sätzen der Naturmetaphysik mithin a priori zu entwickeln, von C. A. Eschenmayer. Tübingen, bey Jakob Friedrich Heerbrandt. 1798.

Ich konnte so recht in die Werkstätte des Naturphilosophen und Naturforschers hineinsehen und habe mich in meiner Qualität als Naturschauer wieder aufs neue bestätigt gefunden. Ich werde die Schrift mitbringen und wir können sie beym Aufstellen der Phänomene, von welchen Ihnen der erste Versuch noch in der Hand ist, recht gut brauchen.

Leben Sie recht wohl, ich hoffe auf den Augenblick in dem ich Sie wieder sehen werde.

Noch eins. Meyer, der schönstens grüßt, ist mehr für den Titel Propyläen als für den Ihrigen. Er meint, man solle sich das Feld ja recht unbestimmt lassen, die Welt wolle es nun einmal so. Es wird darüber noch zu sprechen seyn.

G.[197]


13/3827.


An Friedrich Schiller

Ihr Schreiben an Humboldt ist zwar recht schön und gut, doch wird es dem Freunde nicht ganz erquicklich seyn, denn es druckt nur allzusehr aus: daß diese Arbeit nicht ganz in unsere gegenwärtigen Umstände eingreifen konnte. Sie haben einen recht wichtigen Punct berührt: die Schwierigkeit im praktischen etwas vom theoretischen zu nutzen. Ich glaube wirklich daß zwischen beyden, sobald man sie getrennt ansieht, kein Verbindungsmittel statt finde, und daß sie nur in so fern verbunden sind, als sie von Haus aus verbunden wirken, welches bey dem Genie von jeder Art statt findet.

Ich stehe gegenwärtig in eben dem Fall mit den Naturphilosophen, die von oben herunter, und mit den Naturforschern, die von unten hinaufleiten wollen. Ich wenigstens finde mein Heil nur in der Anschauung, die in der Mitte steht. Diese Tage bin ich hierüber auf eigne Gedanken gekommen die ich mittheilen will, sobald wir uns sprechen. Sie sollen, hoff' ich, besonders regulativ, vortheilhaft seyn und Gelegenheit geben das Feld der Physik auf eine eigne Manier geschwind zu übersehen. Wir wollen ein Capitel nach dem andern durchgehen.

Mich verlangt recht sehr wieder bey Ihnen zu seyn und mich mit solchen Dingen zu beschäftigen[198] die ohne mich nicht existiren würden, bisher habe ich nur gethan und veranlaßt was recht gut auch ohne mich hätte werden können.

Die Cautel wegen Schlegels finde ich ganz den Verhältnissen gemäß, wir wollen nun das weitere abwarten.

Das beste was mir indessen zu Theil geworden ist möchte wohl die nähere Motivirung der ersten Gesänge des Tells seyn, so wie die klärere Idee wie ich dieses Gedicht in Absicht auf Behandlung und Ton ganz von dem ersten trennen kann, wobey unser Freund Humboldt gelobt werden soll, daß er mir durch die ausführliche Darlegung der Eigenschaften des ersten das weite Feld deutlich gezeigt hat in welches hinein ich das zweyte spielen kann. Ich hoffe daß Sie meine Vorsätze billigen werden.

Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau. Wahrscheinlich bin ich Mittwoch Abend wieder bey Ihnen.

Weimar am 30. Juni 1798.

G.


Hierbey das älteste was mir von Gedichten übrig geblieben ist. Völlig 30 Jahr alt.[199]


[200] 13/3829.


An Wilhelm Heinrich Sebastian Buchholz

[Concept.]

[Ende Juni.]

Man fragt bey mir nach: ob Ew. Wohlgeb. einen jungen Menschen zu sich in die Lehre aufnehmen wollen? Er ist nahe 17 Jahr, sein Vater, den ich als einen recht braven Mann kannte, ist vor kurzem gestorben und hat ihm Haus und Apotheke hinterlassen, er hat von Jugend auf Anleitung in dieser Wissenschaft gehabt und die seinigen wünschten daß er nun von Ihnen weiter geführt werde, so wie daß er Kost und Logis bey Ihnen erhalte. Die Zeit der Lehrjahre könnte etwa auf 3 oder 4 Jahre gesetzt werden, welches, so wie die Bestimmung des Lehrgeldes Ew. Wohlgeb. überlassen bleibt. Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne pp.[201]


13/3828.


An Carl Ludwig von Knebel

[Anfang Juli.]

Deine Briefe mein lieber Freund habe ich Theils in Jena, Theils in Roßla erhalten. An dem letzten[199] Orte nahm ich das kleine erstandne Gut in Besitz. Nun bin ich wieder hier, verschiedner Geschäfte wegen um, wenn der Herzog wieder weg ist, abermals nach Jena zurück zu kehren und daselbst vor Winter noch manches auszuarbeiten.

Beyliegend erhältst du einen Versuch das Anschauen der Natur, wo nicht poetisch doch wenigstens rhythmisch darzustellen. Wer kann mehr Antheil daran nehmen als du, indem du es mit der Lucretischen Art vergleichst. Sage mir doch ja bald deine Gedanken darüber. Es ist nebst noch verschiednen andern für den nächsten Musenalmanach bestimmt.

Sobald du die Eisenkörper erhältst, überschickst du sie mir, es wird sich ja wohl eine Gelegenheit finden. Ich habe die magnetischen Phänomene nach meiner Art zusammengestellt.

Dein Geld wirst du nun erhalten haben. Ich habe es diesmal wieder durch Ortmann spedirt, es wird immer der beste Weg seyn. Wegen der kleinen Trinkgelder rechnen wir ab, denn du bist ja wohl so gut die Eisenkörper zu bezahlen.

Übrigens wird noch allerley vorbereitet, getrieben und redigirt, wovon die Resultate nächstens, wo nicht öffentlich doch im Stillen, den Freunden bekannt werden sollen.

Es that mir herzlich leid daß ich unsern guten Holzschuer in Weimar versäumte, wie gern hätte ich ihm für seine vielfachen Gefälligkeiten eine geringe[200] Dankbarkeit bezeigt. Grüße ihn ja von mir auf das allerbeste.

G.[201]


13/3830.


An Friedrich Gotthilf Osann

Ew. Wohlgeb. belieben gefälligst, bey weiterer Bearbeitung der Oberroßlaer Pachtangelegenheit noch auf folgende Puncte Rücksicht zu nehmen.

1. Ich bin, in verschiednen Rücksichten, nicht abgeneigt die Brandweinbrennerey auf dem Gute, wo[201] nicht ganz auf meine Kosten anzulegen, doch wenigstens ein ansehnliches dazu herzuschießen.

2. Dagegen renuncirt der Pachter auf die wegen des letzten Wetterschadens allenfalls zu machende Forderung.

3. Der Pachter verspricht sich während seiner Pachtjahre in Roßla nicht anzukaufen.

4. Die Erndte- und Druschregister würden ihm, mit dem Contract, tabellarisch dergestalt zu übergeben seyn, daß er sie mit Zahlen nur auszufüllen brauchte indem das Schreiben ihm nicht sonderlich von der Hand geht. Der ich mich bestens empfehle und recht wohl zu leben wünsche. Weimar am 5. Juli 1798.

J. W. v. Goethe.


13/3831.


An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Wohlgeborner

Insonders hochgeertester Herr Professor!

Ew. Wohlgeboren erhalten hierbey das gnädigste Rescript abschriftlich, das Serenissimus Ihrentwegen an die Akademie zu Jena erlassen haben.

Indem ich dadurch die Wünsche Ihrer Jenaischen Freunde und die Meinigen erfüllt sehe, so bleibt mir nichts übrig als zu hoffen, daß Sie, in Ihrem neuen Verhältniß, diejenigen Vortheile für sich selbst finden möchten, die wir für uns von Ihrer Mitwirkung zu erwarten haben.

[202] Der ich mich zu geneigtem Andenken empfehle und recht wohl zu leben wünsche.

Ew. Wohlgeb.

Weimar am 5. Juli

ergebenster Diener

1798.

J. W. v. Goethe.


13/3832.


An Hans Friedrich Vieweg

[Concept.]

Auf Ihren Brief, werthester Herr Vieweg, früher zu antworten hat mich eine kleine Verlegenheit abgehalten, indem ich wirklich nicht weiß was ich darauf erwiedern könnte. Ich leugne nicht daß ich, bey unserer Abrede, mir eine Octavausgabe gleichzeitig mit der in Duodez dachte, wenigstens erwartete ich sie auf der Ostermesse. Nun aber will ich auch nicht dagegen seyn daß Sie solche noch nachbringen, und wünsche daß sie Ihnen einigen Vortheil gewähre. Wahrscheinlich nehme ich das Gedicht in Bezug auf eine zweyte Ausgabe sobald nicht wieder vor, wie ich denn auch gegenwärtig keine Veränderungen mittheilen könnte, doch möchte ich nicht ausdrücklich Ihr Verlagsrecht verlängern, da so manche Umstände eintreten können unter welchen man nicht gebunden zu seyn wünscht.

Leben Sie recht wohl und erhalten mir ein geneigtes Andenken.

Weimar am 12. Juli 1798.[203]


13/3833.


An Gottlob Heinrich Rapp

[Concept.]

Heute nur ein schon lang versäumtes Wort des Danks, für Ihre gütigen Bemühungen.

Nachricht, daß von unserer Seite das Geld sogleich bezahlt worden, werden Sie hoffentlich durch Ihren Coresspondenten erhalten haben.

Herr Prof. Thouret ist bey uns in der lebhaftesten Thätigkeit und wird manches schöne Andenken zurücklassen.

Nächstens schreibe ich mehr und bitte mich indeß bey Herrn Prof. Dannecker zu entschuldigen daß ich über seine Zeichnung noch nichts gesagt habe, auch dieses soll ehestens geschehen.

Darf ich bitten inliegendes Herrn Cotta zu übersenden und meiner geneigtest zu gedenken.

Weimar am 13. Jul. 1798.


13/3834.


An Friedrich Schiller

Diese Tage scheinen also uns beyden nicht die günstigsten gewesen zu seyn, denn seit ich von Ihnen weg bin hat mich der böse Engel der Empirie anhaltend mit Fäusten geschlagen. Doch habe ich, ihm zu Trutz und Schmach, ein Schema aufgestellt worin ich jene Naturwirkungen, die sich auf eine Dualität[204] zu beziehen scheinen, parallelisire und zwar in folgender Ordnung:

Magnetische,

elektrische,

galvanische,

chromatische und

sonore.


Ich werde des Geruchs und Geschmacks nach Ihrem Wunsche nicht vergessen. Die Resultate mögen seyn welche sie wollen, so ist diese Methode äußerst bequem um die Fragen zu finden die man zu thun hat.

Die gegossenen eisernen Körper sind auch von Ilmenau angekommen. Die Experimente, um derenwillen ich sie gießen ließ, sind ausgefallen wie ichs dachte; aber ein paar neue Phänomene, an die ich nicht denken konnte, und die sehr merkwürdig sind, haben sich gezeigt.

Das Gedicht folgt hier wieder zurück, das eine ganz eigne Art von Nullität hat. Die jungen Herren lernen Verse machen so wie man Düten macht; wenn sie uns nur aber auch darin einiges Gewürz überreichten! Ob es für den Almanach sey weiß ich nicht. Es käme dünkt mich darauf an ob Sie Platz haben, denn das Publikum, besonders das weibliche, liebt solche hohle Gefäße, um sein bischen Herz und Geist darein spenden zu können.

Der Riß zum neuen Theater ist nun bestimmt, ja sogar auf dem Fußboden schon aufgezeichnet und[205] nächste Woche wird wohl angefangen werden. Der Gedanke ist sehr artig und anständig und wenn das Ganze zusammen ist wird es gewiß gefallen. Es gehen etwa zweyhundert Menschen mehr hinein als bisher und wird doch bey weniger zahlreichen Repräsentationen nicht leer aussehen. Ich denke auch wir wollen zur rechten Zeit noch fertig werden.

Ich will nun alles möglichst zu ordnen und einzuleiten suchen und sobald als möglich wieder zu Ihnen hinüber kommen, denn mich verlangt gar sehr auf dem Wege den wir einmal eingeschlagen haben mit Ihnen fortzuschreiten. Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre liebe Frau und gedenken mein.

Weimar am 14. Juli 1798.

G.


13/3835.


An Friedrich Schiller

Ich habe endlich, obgleich in großer Zerstreuung, meinen Brief an Freund Humboldt und die Elegie copiren lassen, und da ich eben den besten Willen habe, das Packetchen fortzuschicken, fehlt mir die Adresse. Haben Sie doch ja die Güte mir dieselbe bald möglichst zu überschicken.

Der Plan zur Decoration des Theatersaals ist nun regulirt, morgen geht die Arbeit selbst los. Wenn es beysammen ist wird es recht artig aussehen und bequem seyn, mich aber wird es große Aufopferungen[206] kosten, denn das nächste Vierteljahr, wenn es mir auch nicht ganz verloren geht, wird durch dieses Unternehmen doch sehr zerstückt.

Ich will die erste Sendung des neuen Werkes an Cotta indessen hier redigiren und sie alsdenn zu Ihnen hinüberbringen, um Ihr Urtheil zu hören. Da alles schon fertig ist und hier und da nur etwas zurecht gerückt werden muß, so kann ich in 14 Tagen weit kommen.

Mein Schema, wovon ich Ihnen Sonnabend schrieb, macht mir recht guten Humor, indem ich dadurch in der kurzen Zeit schon manche nähere Wege gewonnen habe. Am Ende kommts vielleicht gar aufs Alte heraus, daß wir nur wenig wissen können und daß blos die Frage ist ob wir es gut wissen. Übrigens bin ich in einer Stimmung daß ich fürchtete die Musen niemals wieder zu sehen, wenn man nicht aus der Erfahrung wüßte daß diese gutherzigen Mädchen selbst das Stündchen abpassen, um ihren Freunden mit immer gleicher Liebe zu begegnen.

Leben Sie recht wohl, ich will sehen was ich jedem einzelnen Tage abstehlen kann, das mag denn Masse machen, wenn es kein Ganzes macht. Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und schreiben mir wenn der Mangold aufgeht, so wie ich auch zu hören wünsche ob das Gartenhäuschen glücklich gerichtet ist.

Weimar am 15. Juli 1798.

G.[207]


13/3836.


An Friedrich Schlegel

[Concept.]

[Mitte Juli.]

Anstatt eines Dankes komm ich mit einem Wunsche: möchten Sie mir doch die Spuren, die sich vom Margites im Alterthume finden, mit Ihrem Geist zu meinem Privatgebrauch zusammenstellen. Je früher Sie es thun desto früher wird Ihnen mein praktischer Dank entgegen kommen, denn ich habe keinen andern. Wie sehr wünschte ich eine Hypothese, die ich über den Inhalt dieses Gedichts schon lange hege, bestätigt zu sehen, um sie in einem kleinen Epos nach meiner Art den Kennenden vorzulegen.

Haben Sie indeß für so manches andere Dank und beschleunigen Sie, wenn Ihre vielfachen Arbeiten Sie nicht hindern, eine lebhafte Wechselwirkung.


13/3837.


An Ludwig Tieck

[Concept.]

[Mitte Juli.]

Ihre übersendeten Gedichte nimmt Herr Hofrath Schiller mit Dank zum Almanach auf, wir freuten uns beyde Ihr geschätztes Talent darinn wieder zu finden.

Mit Freund Sternbald bin ich so wie mit dem Klosterbruder in allgemeiner Übereinstimmung so wie[208] wegen des besondern im Gegensatz. Jener lenkt ja wohl wie mich einige Stellen vermuthen lassen zu jenem Ziele zurück das ich für des Künstlers letztes halte, ganz verfehlen können Sie es niemals. Unangenehm ist es Ihnen ja wohl nicht, wenn ich gelegentlich meine Gedanken darüber öffentlich sage.

Nach allem was ich von Ihnen kenne haben Sie so viel Bewußtseyn Ihrer eignen Natur, daß nichts wünschenswerther ist als daß Sie sich in dem angewiesnen Kreise freuen.

Leben Sie recht wohl und glauben Sie daß es eine meiner angenehmsten Empfindungen ist wenn ich in jungen talentvollen Männern mich schon an der Aussicht in die Zukunft ergötzen kann und von Rückblicken in die Vergangenheit abgelenkt werde.


13/3838.


An Franz Christian Lerse

[Concept.]

[Mitte Juli.]

Herr von Retzer war bey mir aufs beste empfangen da er in Gesellschaft Ihres freundschaftlichen Briefes zu mir kam, ich freue mich herzlich daß Sie meiner bey seiner Abreise gedacht haben und wünschte nur daß Sie Ihr Versprechen, uns bald wieder zu besuchen, realisiren könnten. Alle Instrumentalmusik sollte sogleich, wie bey einer allgemeinen Landstrauer, verstummen, für die Vocalmusik würden wir dagegen[209] einige Nachsicht hoffen, besonders wenn die Töne der Kehle mit der Anmuth der übrigen Personen in einer gewissen nicht zu verkennenden Harmonie stünden, wobey sich unser lieber Herr Graf, dem ich mich schönstens hiermit empfohlen haben will, gewiß am besten befinden würde.

Leben Sie recht wohl, lieber, langerprobter Freund, und gedenken Sie mein wenn Ihnen irgend ein hübsches ungarisches Mineral vor die Augen kommt. Nicht mit Gold oder Silber sondern nur mit irgend einem sogenannten hübschen rothen Schörl, mit einem Wachsopal (Chrysopal) oder einem andern hübschen Stück gemeinen Opals und was dergleichen Dinge sind, würden Sie mich erfreuen und Ihr Andenken außer meinem Herzen auch noch in meinen Steinschränken verewigen.


13/3839.


An Franz Paul Christoph von Seckendorff

[Concept.]

[Mitte Juli.]

Ew. pp.

freundschaftliches Andenken welches mir dieselben durch Herrn von Retzer bezeigen, war mir höchst schmeichelhaft, ich dancke etwas später aber nicht weniger lebhaft für die an diesem werthen Manne mir verschaffte neue Bekanntschaft. Erlauben Sie mir in ähnlichen Fällen ein gleiches, bleiben aber versichert daß mir nichts angenehmer seyn würde als[210] noch einmal persönlich Ew. pp. von der besondern Hochachtung zu überzeugen mit der ich mich unterschreibe.


13/3840.


An Johann Friedrich Cotta

Über unsere Angelegenheit, welche durch Vermittlung des Herrn Hofrath Schillers zu Stande gekommen, will ich doch auch selbst einige Worte schreiben:

Vor Ende dieses Monats geht ein Theil des Manuscripts an Sie ab und der Rest soll bald folgen.

Ich schicke es vorerst durch die reitende Post, ersuche Sie aber mir anzuzeigen wie ich Kupferplatten und den Stock zur Decke am besten übersenden kann.

Für mich, für Mitarbeiter und Freunde wünschte ich 16 bis 18 Exemplare, doch würde es sehr gut seyn wenn Sie nach England, Frankreich und Italien einige Exemplare an die Personen allenfalls angeben. Da wir weit und breit Interesse zu erregen gedenken und man überall mehr deutsch lernt und übersetzt, so wird eine schnelle und weite Verbreitung, wenn sie auch mit einiger Aufopferung verknüpft wäre, immer vortheilhaft seyn.

So viel vor heute vorläufig, mit der Sendung ein mehreres. Weimar am 16. Juli 1798.

Goethe.[211]


13/3841.


An Johann Christian Kestner

Wenn Ihr, mein lieber alter Freund, gelegentlich wieder ein Wort hättet von Euch hören lassen, so würdet Ihr wohl auch von mir früher etwas vernommen haben; denn daß ich einmal auf einen Brief nicht antworte und lange schweige ist bey mir von keiner Consequenz. Die Tage und Jahre fliehen mit einer so reißenden Lebhaftigkeit daß man sich kaum besinnen kann, und bergab scheint es noch immer schneller zu gehen. Wenn wir uns wieder sähen so hoffte ich Ihr solltet mich, dem innern nach, wohl wieder erkennen, was das äußere betrifft so sagen die Leute ich sey auch und auch dick geworden. Ich lege Euch eine Schnur bey, als das Maß meines Umfangs, damit Ihr messen könnt ob ich mich von dieser Seite besser gehalten habe als Ihr, denn sonst waren wir ziemlich von einerley Taille. Ich befinde mich wohl und thätig, und so glücklich als man es auf diesem Erdenrunde verlangen kann.

Ich wünsche von Euch und den Euren, die Ihr herzlich grüßen werdet, das Gleiche zu hören.

Weimar am 16. Juli 1798.

Goethe.[212]


13/3842.


An Carl Ludwig von Knebel

Die schweren richtigen Eisenmodelle so wie die leichten und trefflichen Käse sind beyde glücklich angekommen, ich danke dir schönstens für deine Sorgfalt. Kannst du uns manchmal mit solchen Käsen versehen so erzeigst du mir einen sehr großen Gefallen.

Ich lege dir das vergeßne Blatt bey und kann mir eine gute Aufnahme versprechen.

Ich denke vielleicht ehestens ein Gedicht über die magnetischen Kräfte, auf eben die Weise, aufzustellen. Man muß einzeln versuchen was im Ganzen unmöglich werden möchte. Nächstens erhältst du noch ein paar Gedichte von der lustigen Art.

Mein Contingent zum Musenalmanach wird dies Jahr wieder stark. Übrigens weiß ich kaum wo mir der Kopf steht und bin leide diesmal, durch allerley Umstände, wie ein Blatt zwischen Jena und Weimar hin und her geworfen worden.

Ein zur Decoration des Schlosses berufner, geschickter Stuttgardter Künstler, Professor Thouret, hat auch eine Zeichnung zur Decoration des Theatersaals gemacht, die wir in der Geschwindigkeit auszuführen gedenken. Wie glücklich würde ich mich finden und was wollte ich vor mich bringen wenn ich ein Vierteljahr mit dir in der Abgeschiedenheit leben könnte.

[213] Es soll mich freuen die Wirkungen deines Fleißes gelegentlich zu sehen.

Was dein häusliches betrifft so wünsche ich dir das beste. Was wir nicht meistern können in der Stille abzuwarten und sich ums Publikum so wenig als möglich zu bekümmern, ist was ich am probatesten gefunden habe.

Wolltest du das Eisen in Günthersfeld bezahlen, so könnten wir für diesmal gegen einander aufheben ohne einander wechselseitig viel schuldig zu bleiben.

Lebe recht wohl und behalte mich lieb, laß mich ja von Zeit zu Zeit etwas von dir hören.

Weimar am 16. Juli 1798.

G.


13/3843.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

Ihren freundlichen Brief habe ich seiner Zeit richtig erhalten, so wie mir auch die schönen Mineralien glücklich zugekommen sind, für welche Gabe ich Herrn Dolomieu meinen besten Dank zu entrichten bitte.

Bey meiner Ankunft hier überraschte mich Schiller mit Ihrem Aufsatze über Herrmann und Dorothea, wir lasen den größten Theil zusammen und, nachdem wir verschiednemal unterbrochen worden, habe ich den Schluß für mich allein gelesen und nach Anleitung des Inhalts und der Übersicht manche[214] einzelne Theile wiederholt, und nun sey Ihnen dafür sogleich der schönste und beste Dank gesagt.

Daß Sie Ihre Theilnahme für mich und meine Arbeiten auch mit in das merkwürdige Land nehmen würden, durfte ich hoffen, daß Sie aber ein so fortgesetztes Nachdenken meinem Gedichte widmen sollten, daß Sie sich entschließen könnten, eine so große Arbeit als diese Entwicklung ist in einer Zeit zu unternehmen, die Ihnen so mannigfaltige andere Genüsse anbot, konnte ich auch nicht zum fernsten ahnden, und diese Erscheinung ist mir nun um so erfreulicher, als sie mir beweist, wie innig Sie der Kunst, Ihrem Vaterlande und Ihren Freunden angehören.

Ich will Ihnen gern gestehen, daß mich Ihr Studium meines Gedichtes, wenn Sie auch nicht ganz so günstig davon zu urtheilen geneigt gewesen wären, doch beschämt haben würde, wenn ich nicht zugleich gedächte, daß es Ihnen mit angehört und Sie also eine Art von Neigung, wie zu einer eignen Arbeit, gegen dasselbe fühlen müssen. Es ist nicht eine Höflichkeit, die ich hier sage, denn Sie wissen selbst, wie sehr wir in dem Kreise, in dem wir nun schon eine Zeit lang zusammen leben, uns wechselseitig auszubilden unaufhörlich gearbeitet haben.

Dem sey nun wie ihm sey, so habe ich Ursache mich zu freuen, daß gerade meine Arbeit Sie veranlaßt hat, diese wichtige Materie durchzudenken, mit sich selbst darüber einstimmig zu werden, und eine[215] lebhafte Communication mit uns und andern zu eröffnen.

Auch diese Ihre neue Schrift, in welcher Sie uns einen solchen Schatz von Ideen und Beobachtungen überliefern, soll Ihnen künftig doppelt werth seyn, wenn Sie durch die That erfahren, daß sie in mehr als Einem Sinne auf mich gewirkt hat. Mein lebhafter Wunsch ist der, bald wieder an eine neue epische Arbeit gehen zu können. Ich habe zeither sehr viel über diese Dichtungsart gedacht, und Ihr Aufsatz hat nicht allein alles wieder aufs neue und von verschiednen Seiten erregt, sondern er hat mich auch auf gewisse wichtige Punkte aufmerksam gemacht, die mir, ob ich sie gleich im Auge hatte, doch erst durch Ihre Ableitung recht wichtig geworden sind. So freue ich mich voraus, daß Sie dasjenige was Sie billigen und für recht halten in meinen Arbeiten noch immer mehr ausgedruckt und vollendet finden sollen.

Indem ich Ihnen nun diesen praktischen Dank bereite, so wird Schiller Sie umständlicher unterhalten, wie der Theoretiker Ihre Deduction aufnehmen möchte, wozu mir von dem Himmel das Organ versagt ist.

Nehmen Sie nun auch meinen Dank für die freundschaftliche Art, mit der Sie meiner Mängel erwähnen. Man mag sich noch so sehr zum Allgemeinen ausbilden, so bleibt man immer ein Individuum, dessen Natur, indem sie gewisse Eigenschaften besitzt, andere nothwendig ausschließt.

[216] Alles dieses, wie vorsteht, war schon vor drey Wochen geschrieben und ich hatte noch manches hinzu zu fügen, indessen bin ich zwischen Weimar und Jena wie ein Ball hin und wieder geworfen worden und muß nur schließen damit der Brief, wie er ist, fortkomme.

Ich lege eine Elegie bey, damit meine Prosa wenigstens einigen Beystand habe. Sie kannten ja wohl unsere junge Schauspielerinn, die schöne und angenehme Becker. Sie starb, als ich diesen letzten Herbst in der Schweiz war, und ich widmete ihren Manen dieses Gedicht.

Leben Sie recht wohl, grüßen die Ihrige recht herzlich und strafen Sie mich nicht durch ein allzulanges Stillschweigen.

Sie haben, wie ich aus einem Briefe an Schiller sehe, der Kantischen Philosophie mitten in Paris energisch genug gedacht. Da Sie denn doch einmal ein so erklärter Deutscher sind, so wünschte ich daß Sie noch mit Brinkmann eine Prosodie unserer Sprache zu Stande brächten, die sich auch von Paris herdatirte, es wäre kein geringes Verdienst, besonders um Poeten von meiner Natur die nun einmal keine grammatische Ader in sich fühlen.

Übrigens würde mein Brief sich recht bunt endigen, wenn ich von dem, was ich bisher mit Willen und Unwillen getrieben habe, Rechenschaft geben sollte. Sagen Sie mir doch ja bald, wo Ihr Herr Bruder[217] sich befindet, und ob man nicht etwas von seinen Fortschritten erfahren kann.

In den Naturwissenschaften scheinen wir uns bald recht gut einzurichten. Scherer, der aus England zurück ist, etablirt sich in Belvedere, er wird wol Rittern als Mitarbeiter zu sich nehmen, und Schelling kommt als Professor nach Jena. Sie sehen, daß wenn Sie der einst aus der Welt der Welten in unser intermundium zurückkehren, Sie uns nicht ganz degarnirt von dieser Seite finden können.

Seit einigen Wochen habe ich die magnetischen Phänomene nach meiner Art auf- und zusammengestellt. Schiller nimmt an diesen Studien immer mehr Antheil, und Sie wissen was sein Antheil heißt.

So viel für heute, leben Sie wohl und genießen die ganze Fülle des Gastmahls bey dem Sie sich gegenwärtig befinden, und überzeugen Sie sich, daß unsre magre Kost, zu der Sie denn doch dereinst zurückkommen werden, wenigstens herzlich gern gegeben werde und in manchem Sinne heilsam sey.

Grüßen Sie alles was Sie umgiebt.

Weimar d. Jul. 1798.


13/3844.


An Johann Georg Lenz

Herr van Marum, Secretair der Holländischen Societät der Wissenschaften und Director der Naturhistorischen Cabinete zu Harlem, wird sich kurze Zeit[218] in Jena aufhalten. Auch ohne meine Zuschrift würden Sie bemüht seyn einem so achtungswerthen Gelehrten mit Ihrer gewöhnlichen Bereitwillligkeit zuvor zu kommen, dessen lehrreiche Unterhaltung Ihnen besonders zum Vergnügen gereichen wird.

Weimar am 17. Juli 1798.

J. W. v. Goethe.


13/3845.


An Friedrich Schiller

Ich habe heute keinen Brief von Ihnen erhalten, doch hoffe ich daß es kein Zeichen eines schlimmen Befindens seyn soll.

Mit unserer Theateranlage geht es lebhaft fort, sie wird gewiß artig und gewiß auch fest. Es scheint ein unverbrüchliches Naturgesetz zu seyn: daß sich jeder Thätigkeit eine Negation entgegen setzt. Man wünschte so lange eine beßre Einrichtung und jetzt, da die Anstalten dazu gemacht sind, werden Zweifel erregt und herumgetragen, um die Menschen, die wenigstens künftig bequem sitzen werden, durch eine Sorge für ihre Hälfte zu incommodiren. Da es aber nur ein altes Märchen ist das sich repetirt, so kann man es wohl geschehen lassen.

Möchten Sie mir wohl

meine zwey Fascikel Reiseacten,

den Aufsatz über den Magneten,

den ältern Aufsatz über die Cautelen des Beobachters, wenn Sie ihn finden können[219]

nächsten Freytag herüberschicken. Es geht mit den Aufsätzen zur Zeitschrift ganz gut und muß besser gehen wenn sie einmal im Gange ist. Die Hauptschwierigkeit bey der Redaction ist von Anfang daß man die allgemeinen Zwecke immer im Auge habe und bey allem fragmentarischen Wesen auf ein Ganzes hindenke.

Indessen kommen zwischen mir und Meyer sehr interessante Puncte zur Sprache, und man wird künftig mehr Freude an einzelnen oft kurzen Aufsätzen haben, weil man sie gleich wieder brauchen und mittheilen kann, ohne an strenge Verknüpfung zu denken.

Wenn Sie es nur möglich machen können vor Ende des Jahres auch noch etwas beyzutragen.

Diese Woche will ich hier noch thun was möglich ist, vielleicht kann ich die andere wieder zu Ihnen hinüber, denn ich finde hier kaum Stimmung zu ein paar leidlichen prosaischen Perioden. Leben Sie indessen recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und schaffen daß das artige Gartenhäuschen bis zu meiner Ankunft wohnbar sey.

Weimar am 18. Juli 1798.

G.


13/3846.


An Friedrich Gotthilf Osann

[Concept.]

Indem ich Ew. Wohlgeb. die wenigen Auslagen hiemit übersende statte ich für die um meinetwillen[220] gehabten vielfältigen Bemühungen in dieser Sache den ergebensten Dank ab. Ich wünsche eine Gelegenheit zu finden mich deshalb sowohl gegen Dieselben als gegen den Herrn Secretair nicht nur mit Worten erkenntlich erzeigen zu können. Der ich mich geneigtem Andenken empfehle. Weimar am 18. Juli 1798.


13/3847.


An den Prinzen August von Sachsen-Gotha

[Concept.]

Mit ganz besonderer Freude habe ich Ew. Durchl. liebwerthe Hand wieder gesehen, unendlich schätzbar ist mir, bester Fürst, dieses Zeichen Ihres Andenkens.

Ich wünsche dem Orden der Theaterdichter, und also auch mir, insofern ich dazu gehören kann, Glück zu einem so werthen neuen Collegen, noch mehr aber wünsche ich ihm Glück daß er an Frau Strumpel eine so himmlische Muse gefunden hat. Er wird selbst fühlen wie beneidenswerth er von dieser Seite ist.

Von mir kann ich nicht viel sagen als daß ich immer fleißig und geschäftig bin, nur kann ich bey so sehr zerstreuter Thätigkeit wenig aufweisen.

Hier indessen eine kleine Romanze nach dem französischen. Sie erinnern sich ja wohl des Originals noch, es steht in dem kleinen Roman der den Titel führt: La folle en pelerinage.

Weimar am 20. Juli 1798.[221]


13/3848.


An Friedrich Schiller

Es ist mein recht herzlicher Wunsch daß sich die Stimmung zu einer poetischen Arbeit recht bald wieder bey Ihnen finden möchte. Leider ist Ihre Lage im Garten von einer Seite so ungünstig als sie von der andern günstig ist, besonders da Sie sich mit dem Bauen eingelassen haben. Ich kenne leider aus frühern Zeiten diese wunderbare Ableitung nur allzusehr, und habe unglaublich viel Zeit dadurch verdorben. Die mechanische Beschäftigung der Menschen, das handwerksmäßige Entstehen eines neuen Gegenstandes, unterhält uns angenehm, indem unsere Thätigkeit dabey Null wird. Es ist beynahe wie das Tabakrauchen. Eigentlich sollte man mit uns Poeten verfahren wie die Herzoge von Sachsen mit Luthern, uns auf der Straße wegnehmen und auf ein Bergschloß sperren. Ich wünschte man machte diese Operation gleich mit mir, und bis Michael sollte mein Tell fertig seyn.

Da das elegische Sylbenmaß sich nach allen Seiten hin bewegen läßt, so zweifle ich gar nicht an einem glücklichen Erfolge einer lyrischen Behandlung. Ich erinnere mich schon selbst, in früherer Zeit, eine ähnliche Intention gehabt zu haben.

Aus der Beylage sehen Sie daß unser erster anaglyphischer Versuch gut genug gerathen ist. Der Abdruck ist nur aus freyer Hand gemacht, wo das Kreuzchen[222] steht ist er am besten gerathen und Sie werden leicht sehen daß sich diese Arbeit sehr hoch treiben läßt. Der Einfall macht mir viel Spaß. Facius ist grade der Mann um so was auszuführen und unser Meyer, indem er weiß was sich in dieser beschränkten Art thun läßt, wird durch seine Zeichnung das Unternehmen heben. Wir wollen zum Almanach eine ähnliche, jedoch sehr reiche Decke besorgen, sie soll alsdann auf farbig Papier abgedruckt und mit harmonirenden Farben illuminirt werden. Das alles zusammen wird nicht theurer zu stehen kommen als eine Kupferdecke mit Stich und schwarzem Abdruck. Ich bin überzeugt daß, wenn es einmal im Gange ist, so muß es, besonders da nun viele Bücher geheftet ausgegeben werden, sich als Deckenzierrath sehr weit verbreiten.

Übrigens habe ich mich diese Zeit mit Redaction meiner eignen und der Meyerschen Aufsätze beschäftigt. In acht Tagen wird das erste Manuscript abgehen; indem ich mich daran halte so wird zugleich das nächste Stück fertig und ich sehe von dieser Seite einen weiten Raum vor mir.

Diese Tage habe ich mehrere Stunden mit Herrn van Marum zugebracht. Es ist eine gar eigne, gute und verständige Natur. Er hat sich viel mit Elekricität abgegeben, ich wünschte daß er länger hier bleiben könnte, so würde man auch mit diesem Theil geschwind zu Rande seyn, er empfahl mir den dritten Theil seiner Schriften, in welchem die neusten Resultate[223] dieses wichtigen Capitels der Naturlehre aufgezeichnet sehen.

Eins will ich nicht leugnen daß mich indessen die Redaction der Meyerschen Arbeiten unglücklich macht. Diese reine Beschreibung und Darstellung, dieses genaue und dabey so schön empfundne Urtheil fordert den Leser unwiderstehlich zum Anschauen auf. Indem ich diese Tage den Aufsatz über die Familie der Niobe durchging, hätte ich mögen anspannen lassen um nach Florenz zu fahren.

Die Romanze der Frau von Staël kenne ich, es sind wunderliche passionirt-gedachte Productionen.

Ich war diese Tage mit Meyern in einer kleinen Differenz über die wir uns noch nicht ganz ausgesprochen haben, er behauptete, daß sogar das genialisch naive in einem gewissen Sinne durch Schule überliefert werden könne, und er mag wohl Recht haben wenn man den Ausdruck nur so modificirt: daß die auf den Werth desselben in der bildenden Kunst gerichtet werden könne und solle. Sonderbar scheint es freylich daß in unserer Zeit sogar die Idee davon völlig verloren gegangen ist, wie an dem neulichen Vorschlag Danneckers zu einem Basrelief erhellet und wie uns in Gesprächen mit Thouret, welcher der Repräsentant einer großen Masse ist, indem er Künstler und Publikum zugleich vorstellt, aufs neue so sehr aufgefallen ist. Sein Jahrhundert kann man nicht[224] verändern, aber man kann sich dagegen stellen und glückliche Wirkungen vorbereiten. Einer meiner nächsten Aufsätze soll den Titel führen: über die Hindernisse, die dem modernen Künstler im Wege stehen, vom gestaltlosen zur Gestalt zu gelangen. – Der Raum läßt mir nur noch ein Lebewohl zu.

Weimar am 21. Juli 1798.

G.


13/3849.


An Friedrich Schiller

Mit Ihrer Ausgleichung der Differenz zwischen Meyer und mir bin ich sehr wohl zufrieden. Sie erlauben daß ich gelegentlich, wenn ich an diese Materie komme, mich Ihrer Worte bescheidentlich bediene.

Heute geht endlich der erste Transport an Cotta ab. Gern hätte ich das Manuscript Ihnen nochmals zugesendet, indessen ist es mit Meyern, als wie in Ihrer Gegenwart, nochmals durchgegangen worden. Das wenige was über plastische und architektonische Reste der Etrurier gesagt werden kann, werden Sie etwa Sonnabends erhalten. Das ganze erste Stück wird in kurzem beysammen seyn und die andern werden sogleich fertig, indem das fertige einen productiven Einfluß auf das folgende zeigt.

Des schon bearbeiteten Stoffs liegt eine große Masse bereit und der zu bearbeitende ist unendlich.

[225] Der Titel Sängerwürde übertrifft an Vortrefflichkeit alle meine Hoffnungen. Möge ich das edle Werk doch bald gedruckt sehen. Ich habe niemanden weiter etwas davon gesagt.

Ritters Vortrag ist freylich dunkel und für den der sich von der Sache unterrichten will nicht angenehm. Er befindet sich gegenwärtig in Belvedere bey Scherer und ich habe nun doppelte Ursache auf den ganzen Kreis der Versuche Acht zu geben, da mein Zweck dabey seyn muß Sie bequemer damit bekannt zu machen.

Das Schlegelsche Ingrediens, in seiner ganzen Individualität, scheint mir denn doch in der Olla potrida unsers deutschen Journalwesens nicht zu verachten. Diese allgemeine Richtigkeit, Parteisucht fürs äußerst mittelmäßige, diese Augendienerey, diese Katzenbuckelgebärden, diese Leerheit und Lahmheit in der nur wenige gute Producte sich verlieren, hat an einem solchen Wespenneste wie die Fragmente sind einen fürchterlichen Gegner. Auch ist Freund Ubique, der das erste Exemplar erhielt, schon geschäftig herumgegangen um durch einzelne vorgelesene Stellen das Ganze zu discreditiren. Bey allem was Ihnen daran mit Recht mißfällt kann man denn doch den Verfassern einen gewissen Ernst, eine gewisse Tiefe und von der andern Seite Liberalität nicht ableugnen. Ein Dutzend solcher Stücke wird zeigen wie reich und wie perfectibel sie sind.

[226] Wilhelm schickt mir beyliegendes Gedicht für den Almanach, welches ich aber keinesweges empfehlen, ja nicht einmal vertheidigen will. An der Legende selbst ist schon nicht viel. Denn daß ein Sultan ein Mädchen verschenkt will wohl eigentlich nichts heißen. Ferner sind dem Gegenstande nicht einmal die artigen Motive, die man daraus herleiten könnte, abgewonnen. Der Vortrag ist nicht durchsichtig und klar und was sich sonst noch zu Ungunsten der Arbeit sagen ließ. Genau besehen ists wieder ein Pygmalion, wobey sich das falsche Streben abermals zeigt die Angelegenheiten der bildenden Kunst poetisch zu behandeln. Ich will ihm einige freundliche Einwendungen dagegen machen und ihm rathen nochmals Hand daran zu legen, dadurch wird wenigstens interloquirt.

Leider hat er auch ein Gedicht auf die Huldigung des Königs drucken lassen, welches keineswegs glücklich ist, mir aber doch gestern zu einem humoristischen Gespräch Gelegenheit gab, worinn ich es gegen jene Partei vertheidigte welche durch den gestiefelten Kater gekrallt worden.

Die anaglyphischen Versuche rücken recht schön zu. Ein Kauz auf einer Leyer, der die Rückseite des Almanachs zieren soll, wird von Freund Meyer nach der Natur gezeichnet und sorgfältig nachgebildet werden, um zu zeigen was man auch in diesem Fache sich von der neuen Manier versprechen könne.

[227] Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich den Ihrigen. Alle Tage erliege ich schier der Versuchung wieder zu Ihnen zu kommen, doch der strömende Lauf unserer kleinen Unternehmungen hält mich jedesmal ab. In 14. Tagen soll das innere Gerippe unserer neuen Theatereinrichtung schon stehen, die kannelirten Säulen sind unter der Condition verdingt daß sie den 7. August zur Stelle geliefert werden und was der Späße mehr sind. Thouret und Haidlof mahlten am Vorhange. Schaffen Sie uns nur jetzt noch den Wallenstein zur Stelle.

Nochmals ein Lebewohl.

Weimar am 25. Juli 1798.

G.


13/3850.


An Johann Friedrich Cotta

Hierbey folgt ein Stück Manuscript, wenn Sie etwa nöthig fänden den Druck schon anzufangen.

In dem beyliegenden pro Memoria sind einige Puncte wegen der Einrichtung bemerkt.

Ich wünschte bald zu erfahren, wieviel dieses Manuscript gedruckte Bogen machte. Meiner Rechnung nach sollten es fünfe geben, es folgten alsdann noch drey Bogen ähnliche Abhandlungen und drey Bogen Einleitung.

Herr Professor Thouret nimmt vielleicht die Kupferplatten, für die gegenwärtig gesorgt wird, und einen[228] Theil Manuscript mit. Schicken Sie mir doch den ersten Bogen sobald er gedruckt ist.

Zur Decke werden wir den Versuch einer neuen Art anaglyphischer Arbeiten dem Publiko vorlegen, ich darf mir schmeicheln, daß diese Erfindung manchen typographischen Vortheil haben wird, indem man die Zeichnungen, die freylich dazu geeignet seyn müssen, um einen leidlichen Preis in Buchdruckerstöcke wird verwandeln können. Ich lege hier Probedrücke eines Eckstücks bey. Der Schillersche Almanach soll mit einer ähnlichen Decke verziert werden, die, denk ich, noch reicher und besser ausfallen soll.

Leben Sie indessen recht wohl und grüßen die Ihrigen aufs beste.

Weimar am 25. Juli 1798.

Goethe.


Bemerkungen

zur ersten Sendung welche auch zum Theil für künftig

gelten.

Ich schicke das Manuscript größtentheils aufgebrochnen Bogen geschrieben und werde künftig so fortfahren. Die allenfalsigen Verbesserungen stehen linker Hand am Rande geschrieben und werden in den Text nach ihrem Zeichen eingeschaltet.

Was hingegen gleichfalls linker Hand unter dem Strich steht sind Noten die unter den Text kommen und zwar wie gewöhnlich zu Ende der gedruckten Seite.

[229] Der Bogen A fängt mit Laokoon an, und so geht der Druck fort wie die Folia des Manuscripts ausweisen.

Die Einleitung wird nachgeschickt und zuletzt gedruckt, sie erhält besondere Bogenzeichen und Zahlen.

Das Werk wird den Titel Propyläen erhalten.

Weimar am 25. Juli 1798.

Goethe.


13/3851.


An Röse

[Concept.]

Der Sohn eines vor kurzen verstorbnen Apothekers, ohngefähr 17 Jahr alt, dem der Vater eine wohleingerichtete Officin hinterlassen, wünscht nunmehr sich zu seiner künftigen Bestimmung zu qualificiren. Da mir nun bekannt ist daß Ew. Wohlgeb., durch Unterricht und Anleitung, junge Männer zur Chemie und Apothekerkunst ruhmwürdig gebildet haben, so wollte ich hiermit anfragen ob Sie einen solchen jungen Menschen, als Lehrling oder Zögling, zu sich zu nehmen und für ihn, sowohl was den Unterricht, als das Quartier und Tisch betrifft zu sorgen geneigt wären, dagegen ich bitte mich mit Ihren Bedingungen auf das baldigste bekannt zu machen.

Der ich die Ehre habe mich mit besonderer Hochachtung zu unterzeichnen.

W. d. 26. Juli 98.[230]


13/3852.


An Carl Ludwig von Knebel

Dein Bedienter ist hier und ich will ihm nebst einem Gruß doch etwas mitgeben. Du erinnerst dich wohl daß vor 10 Jahren ein kleiner Roman, la folle en pelerinage, an der Tagesordnung war, in demselben stand eine kleine Romanze, die wegen ihrer Artigkeit allgemein gefiel, ich legte mir schon damals die schwere Pflicht auf sie zu übersetzten; allein es wollte nicht gehen. Nun habe ich sie umgebildet, wie du in der Beylage siehst, ich wünsche daß du an dem Scherz einiges Vergnügen finden mögest.

Für deine Käse habe den besten Dank, sie verdienen eine eigne Ecloge.

Bald siehst du mehr von mir denn ich habe ein eigen Bedürfniß fleißig zu seyn.

Weimar d. 27. Juli 1798.

G.


13/3853.


An Friedrich Schiller

Ihr Brief ist mir heute spät zugekommen. Schärfen Sie doch der Botenfrau ein daß sie die Briefe gleich selbst bringt. Diese Leute machen sichs manchmal bequem und geben die Sachen an kleine Knaben, die sich im herumtragen verspäten.

Kants Zurechtweisung des Saalbaders ist recht artig. Es gefällt mir an dem alten Manne daß er[231] seine Grundsätze immer wiederholen und bey jeder Gelegenheit auf denselben Fleck schlagen mag. Der jüngere, praktische Mensch thut wohl, von seinen Gegnern keine Notiz zu nehmen, der ältere, theoretische muß niemanden ein ungeschicktes Wort passiren lassen. Wir wollen es künftig auch so halten.

Es freut mich herzlich daß Humboldt Ihren Brief so gut aufgenommen hat. Sein Ernst, sein Talent, sein Streben, sein guter Wille, seine Neigung, seine Freundschaft verdienen eine redliche und freundliche Erwiederung. Er wird nun auch meinen Brief mit der Euphrosyne bald erhalten. Aufrichtig aber will ich gestehen daß ich nicht sehe, wie es möglich seyn soll eine Revision seiner Arbeit, wie er sie vorschlägt, zu veranstalten. Denn wenn Sie, nach Ihrer Vorstellung, daran zu rücken anfangen, so wird ja das Gebäude mehr geregt, als daß es in allen seinen Fugen bleiben könnte. Nach meiner Vorstellungsart ließe sich so etwas kaum durch Gegenwart und Gespräch leisten.

Was noch allenfalls zu Gunsten der Schlegel zu sagen wäre wollen wir auf eine mündliche Unterhaltung versparen. Ich wünsche die Fragmente eigens mit Ihnen durchzugehen, als Veranlassung zum interessanten Gespräch werden sie gewiß sehr dienen, selbst indem sie zum Widerspruch aufregen. Wie glücklich würde ich mich finden wenn ich schon wieder in Ihrer Nähe wäre.

[232] An Cotta ist die erste Sendung fort, hierbey theile ich die zweyte mit, und wünsche sie auf den Mittwoch wieder zu erhalten. Zeigen Sie mir ja an was Sie über den Stoff und über den Vortrag denken.

Die Einleitung vom ersten Stück wird auch nicht lange außen bleiben, sie scheint mir ein klein wenig zu feyerlich, doch ist es ja wie Freund Humboldt sagt der deutsche Charakter, und die Sache selbst ist wenn man sie näher besieht ernsthaft genug. Man muß nachher im einzelnen wo sichs schickt desto muntrer und durchaus natürlich heiter seyn.

In der Anzeige der neuen Anaglyphik gebe ich ein Beyspiel wie man wohl sogar jedes mechanisch einzelne an das allgemeine der geistigen Kunst immer künftig anschließen sollte.

Ich mache auch schon das zweyte Stück zurecht und hoffe bald bis ins dritte und vierte vorgearbeitet zu haben und wenigstens zum Theil die reinlichen Abschriften vor mir liegen zu sehen. Was mich freut, das ist gerade hieran eine Arbeit zu finden die ich recht bequem in Weimar machen kann.

Ich wünsche bald zu hören daß Ihr Antheil zum Almanach im Wachsen ist. Vielleicht schicke ich auch noch was. Senden Sie mir doch gleich den ersten gedruckten Bogen.

Weimar am 28. Jul. 1798.

G.[233]


13/3854.


An Christian Friedrich Ludwig

[Concept.]

Wohlgeborner

insonders Hochgeehrtester Herr Professor.

Ew. Wohlgeb. bekannte Gefälligkeit muntert mich auf, eine kleine Bitte an dieselben gelangen zu lassen, durch deren Gewährung Sie einem meiner werthen und schätzbaren Freunde ein besonderes Vergnügen machen werden.

Der verstorbene Prof. Leske hat eine Suite von Mineralien der Oberlausitz an Liebhaber überlassen, welche mein Freund besitzt, doch ist ihm der dazu gehörige Catalog abhanden gekommen, wodurch ihm die Sammlung so gut als unbrauchbar wird.

Könnten Ew. Wohlgeb. mir eine Abschrift des gedachten Catalogs verschaffen, indem Sie vielleicht selbst die Leskische Oberlausitzische Suite besitzen oder mit jemand in Verbindung stehen der meinen geäußerten Wunsch erfüllen könnte, so würden Sie mich besonders verbinden.

Die Gebühren werde ich recht gern dem Copisten entrichten, so wie Sie mich vorkommenden Falls zu jeder Gegengefälligkeit bereitwillig finden werden.

Der ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen

Weimar d. 30. Juli 1798.[234]


13/3855.


An die Schloßbau-Commission

Der bey dem hiesigen Schloßbau angestellte Kunsttischer Kronrath zeigte beyliegenden Brief vor, aus welchem sich ergiebt daß er nach Berlin geschrieben, um von dort Gesellen hierher zu ziehen und daß der Briefsteller selbst geneigt sey hierher zu gehen, auch allenfalls noch einige mitzubringen hofft.

Indessen war es mir bedenklich daß gedachter Tischergeselle keine Forderung wegen seines Lohnes thun, und die Bestimmung desselben bis auf die Ankunft verschieben wollte, und ich hielt der Sache gemäß daß man wenigstens in Rückantwort ein Gebot thun solle.

Auf meine Veranlassung ward von dem Bauverwalter Steffany beyliegende Relation eingereicht, woraus sich ergiebt daß die bey Kronrath anzustellenden Gesellen beynahe einen Thaler wöchentlich höher kommen würden als wie bey andern Meistern.

Es tritt nun freylich die Betrachtung ein, daß Tischergesellen immer sehr ungern hierher gehen und daß Kronrath vorzüglich geschickte Leute herbeyziehen muß, es auch Zeit seyn will, daß er sich mit Gesellen versieht um zur Arbeit zu schreiten; es möchte daher Kronrath wohl zu autorisiren seyn: etwa in Rückantwort nach Berlin das von ihm vorgeschlagne Gebot wirklich zu thun. Weimar am 31. Juli 1798.

s. m.

Goethe.[235]


13/3856.


An den Prinzen August von Sachsen-Gotha

[Concept.]

[Ende Juli.]

Verzeihen Sie, bester Fürst, wenn meine nach so viel Seiten hin und her gedrängte Natur ohne äußere Veranlassung stumm ist und selbst die werthesten Freunde manchmal zu vergessen scheint.

Geschwind also auf Ihr letztes einige Worte:

Wären seit 10 Jahren nicht ganz unerwartete und höchst interessante Dinge geschehen die alle unsere Aufmerksamkeit verschlingen, so würde ich es Ihnen wohl hoch anrechnen dürfen daß die Gothaische Litteratur selbst von Ihnen vernachlässigt worden ist. Herr Rath Reichard wird von der Folle en pelerinage die beste Rechenschaft geben können, denn sie ist mir zuerst durch sein verliebtes Journal bekannt geworden. Diese artige kleine Nouvelle verdient von Ihnen gelesen zu werden, sie findet sich, wenn ich nicht irre, im 88er Jahrgange. Dort steht denn auch das Original meiner Romanze mit dem ich erst so spät wetteifre.

. . . schon bey Ihrem ersten Briefe, ich will es aufrichtig gestehen, ob ich nicht etwas zu Ihren extemporirten Scherzen beytragen könnte. Schreiben Sie mir nur wenn Sie mir Ihren letzten Kannifas überschicken was für Rollen die Glieder der Gesellschaft am liebsten übernehmen. Es ist natürlich daß man die Gegensätze wähle, doch wünsche ich darüber von Ihnen einige Auskunft.[236]


13/3857.


An den Prinzen Heinrich XIV. von Reuß

[Concept.]

Ein Laufzettel, von Ew. Durchl. verehrter Hand, hat eine Rolle Kupferstiche bis an die Schwelle meines Hauses verfolgt und zu einer Untersuchung Anlaß gegeben, wodurch sich dieses lange vermißte Geschenk einer werthen Freundin wirklich gefunden hat. Es lag bey mir, wohl verwahrt und unbekannt, indem es zu einer Zeit ankam in welcher Herr Iffland unserm kleinen öffentlichen und Privatzirkel eine sehr lebhafte Schwingung gab, so daß die Aufmerksamkeit von andern Dingen wohl abgelenkt werden konnte.

Indessen da ich Ew. Durchl. gnädigster Vorsicht nunmehr diese doppelt angenehme Gabe verdanke, so ist mir ein solcher Zufall um so mehr erwünscht als er mir die Gelegenheit giebt höchst Dieselben meiner aufrichtigen und lebenslänglichen Verehrung dankbar zu versichern, womit ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Jena d. 2. Aug. 1798.


13/3858.


An Christiane Vulpius

Ich habe zwar hier schon verschiednes verrichtet, es muß aber noch besser kommen wenn ich mit verschiednen[237] Dingen, nach meinem Wunsche, fertig werden soll, indessen giebt sich doch schon das Nothwendigste, wozu die große Hitze beyträgt die mich den ganzen Tag im Zimmer hält.

Ich wünsche daß deine Geschäfte gut von statten gehen und daß du dich nach und nach frey machst, um dich zur rechten Zeit einmal wieder in Roßla vergnügen zu können.

Für den Kleinen, den du grüßen wirst, folgt hier etwas Obst, das freylich nicht so schmackhaft als vorm Jahr das Frankfurter seyn wird. Lebet recht wohl und gedenket mein. Geist wird verschiednes schreiben das ich geschickt wünsche.

Jena am 3. August 1798.

G.


Ich wünsche daß Herr Professor Meyer mir sobald als möglich das Manuscript von der Niobe schickte.

Die auf beyliegendem Zettel verzeichneten Bücher erwarte mit den Botenfrauen.


13/3859.


An Franz Kirms

Ich habe nach verschiedenen Negotiationen endlich mit dem Maler Haidlof auf 7 Thaler die Woche convenirt, lassen Sie ihm doch morgen drei Wochen auszahlen, man kann annehmen, daß er so lange für's Theater gearbeitet hat.

[238] Haben Sie überhaupt die Güte, auf die Fortsetzung des Baues mit allem Eifer zu treiben, ich denke wir werden ja noch zur rechten Zeit fertig.

Geben Sie mir doch Nachricht, wie es Ihnen auf der Lauchstädter Tour ergangen ist.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Jena an 3. August 1798.

Goethe.


13/3860.


An Johann Friedrich Cotta

Am 25. Juli habe ich die erste Sendung des Manuscripts, von Weimar, mit der reitenden Post, abgeschickt, welche nun wahrscheinlich in Ihren Händen ist. Ich überschicke hier die zweyte und, nach einem Überschlag von Herrn Hofrath Schiller, müßten sie beyde zusammen acht gedruckte Bogen, wo nicht mehr haben, vorausgesetzt daß das Format etwas kleiner als die Horen ist. Schreiben Sie mir nun bald möglichst das nähere, damit ich was allenfalls noch fehlen sollte, mit der Einleitung, nachschicken kann. Diese letzte wird (mit dem Titel und der Inhaltsanzeige die ich ausführlich sowohl vor das Stück, als in die Weltkunde und in den Anzeiger der allgemeinen Litteraturzeitung setzen möchte) drey Bogen ausmachen, und so hätten wir die ersten 11 Bogen beysammen.

Das Manuscript zum folgenden Stück kann gleich nachfolgen und so werden wir bald im Gange seyn.

[239] Leben Sie recht wohl und schreiben mir bald wenn irgend noch etwas zu bemerken seyn möchte; die Kupferplatte wird auch nächstens fertig seyn.

Jena den 3. August 1798.

Goethe.


13/3861.


An Christiane Vulpius

Hier schicke ich dir, mit einem herzlichen Wunsche zu deinem Geburtstag, einiges Obst, damit du es mit August verzehrst, und dich dabey meiner Liebe erinnerst. Wie sehr wünschte ich dieses Fest im Stillen mit dir zu begehen, allein ich habe wohl gethan mich nach Jena zu begeben, selbst hier wird es mir schwer mich wieder völlig zu sammeln und ich habe bisher eigentlich noch nichts rechts gethan. In der nächsten Woche, denk ich, soll es werden, da ich denn sehr zufrieden seyn will, indem die Zeit zu drängen anfängt. Mache deine Sachen in Ordnung und gehe sodann nach Roßla und erfreue dich an den ländlichen Beschäftigungen. Es ist recht gut wenn du alles näher kennen lernst. Betrübe dich nicht über das was außer dir vorgeht! die Menschen sind nicht anders gegen einander, im Großen wie im Kleinen. Dencke daß ich dich liebe und daß ich keine andre Existenz zu verschaffen, es wird mir ja das auch wie so manches andre gelingen.

[240] Thue nur jeden Tag das nöthige, weiter bleibt uns in guten und bösen Zeiten nichts übrig. Sorge für das gute Kind und dencke daß uns nichts fehlen kann, so lange wir beysammen sind.

Ich will mit allem Fleiße sorgen daß ich das nöthigste wegarbeite, dann sehen wir uns wieder. Lebe recht wohl. Grüße den lieben Gustel und behalte mich lieb.

Jena d. 5. Aug. 1798.

G.


13/3862.


An Christian Gottlob Voigt

Wegen Herrn Thourets Remuneration.

Da man sich über dieselbe voraus zu entschließen hat, so habe ich meine Gedanken zur Prüfung vorlegen wollen.

Um einen Maßstab zu haben ließ ich mir einen Auszug geben: was Herr Schurich aus Dresden, für die zum Römischen Haus-Bau verfertigte Decorationszeichnungen erhalten habe.

Nach beyliegendem Billet des Lieutenant Vent betrug das Honorar 260 Rthlr., welche ihm für ausgeführte Zeichnungen von 4 Zimmern, so wie der dazu nöthigen Meubles abgereicht wurde.

Herr Professor Thouret hat bis jetzt die Zeichnungen zu 5 Zimmern, obgleich noch nicht völlig im reinen, und ohne Meubles vorgelegt, so daß[241] vielleicht dadurch beyde Arbeiten einander balanciren möchten.

Rechnet man dagegen, daß Herr Schurich nur 5 Wochen, Prof. Thouret aber, mit der Reise, auf 3 Monate uns widmet, daß der letztere bey der Ausführung des runden Zimmers und der Decke des Entreezimmers thätige Hülfe geleistet und anhaltende Aufsicht geführt, daß er eine Zeichnung zur innern Einrichtung des Theaters gefertigt, und sowohl beym mahlendes Vorhangs als sonst Hand mit angelegt, daß er uns ferner durch Mittheilung von Stukatur Modellen künftig manchen Vortheil verschaffen kann; so wird es wohl eine mäßige Remuneration seyn wenn man ihm 400 Rthlr. bey seiner Abreise auszahlt und etwas proportionirliches für seine Hinreise vergütet, da die Herreise schon bezahlt ist.

Die Auszahlung geschähe aus der Schloßbaucasse und man würde künftig nach einem billigen Ermessen von Seiten des Theaters vielleicht etwas zu ersetzen haben.

Jena am 7. Aug. 1798.


13/3863.


An Johann Heinrich Meyer

Graf Moltke sah ich gestern Abend bey Schiller, und wie es denn so geht wollte die Unterhaltung nicht recht interessant werden, ob gleich durchaus der beste Wille vorhanden war. Vielleicht ist es Ihnen[242] besser gegangen! Die Betrachtung von Kunstwerken vermittelt gar manches.

Es thut mir herzlich leid wenn ich schuld daran bin daß unsere schöne Göttin-Mutter nicht in Norden verehrt wird. Ich behielt sie hier, weil in der Regel hier immer eher ein Sümmchen Geldes los und locker ist als bey uns. Im ersten Momente da ich sie herüber brachte hatten die Portraitmahler so reine Wirthschaft gemacht daß für das Ideal gar nichts übrig blieb.

Unser Werk fördert gut. Die Etrurischen Briefe sind auch fort und meine Einleitung muß vor Sonntag fertig seyn. Ich fühle schon die bessern Einflüsse der akademischen Luft. Rafael ist ganz abgeschrieben und von mir schon durchgesehen und ajustirt. Heute erhält ihn Schiller. Niobe wird auch ins Reine geschrieben. Die Gegenstände sollen zugleich mit in Ordnung und dann wären wir auf die drey ersten Stücke geborgen.

Ich habe auch ein Verzeichniß der zunächst zu behandelnden Materien aufgesetzt, davon ich Ihnen eine Abschrift mittheilen will, damit Sie über das Aufgezeichnete gelegentlich denken und das Register aus Ihren Schätzen vermehren mögen. Wenn nur das erste gedruckte Heft in unsern Händen ist, dann werden Sie sehen wie lustig und gut die Sache gehen soll. Durch die Unterhaltung darüber mit Schiller habe ich wieder neuen Muth bekommen und er muß[243] früh oder spät auch mit heran, obgleich auf seine Mitwirkung, bey seiner sonderbaren Lage, nicht zu zählen ist.

Nächsten Sonntag den 12. hoffe ich Sie mit Professor Thouret hier zu sehen. Gehen Sie doch diese Woche ein wenig ins Schloß und ins Theater und sehen Sie wohin die Sache realiter und personaliter etwa hinaus will, damit wir bey der Conferenz ohngefähr wissen was zu erwarten und zu thun steht, und daß Sie mir Ihr eigenstes Gutachten in der Stille eröffnen können. Leben Sie recht wohl und erfreuen sich der hübschen kühlen halbumwölkten Tage die auf den einen heißen erfolgt sind.

Jena am 7. August 1798.

G.


13/3864.


An Franz Kirms

Durch einen Fuhrmann, der etwas herüber gebracht, schicke ich die signirten Concepte; so ist es demnach in Lauchstädt noch ganz leidlich gegangen.

Horny's Mitarbeit bei der neuen Theater-Einrichtung brauchen wir freilich höchst nöthig. Es ist wahr, er hat bisher jeden Arbeitstag 1 Thlr. 8 gr. erhalten, welches die Woche 8 Thlr. macht; Haidlof erhält wöchentlich 7 Thlr., welches auf den Arbeitstag 1 Thlr. 4 gr. macht. Ich wünschte daß Horny bei der jetzigen Arbeit, die doch eine Zeitlang dauert, sich mit[244] eben dem Honorar begnügte, da, so viel ich voraussehe, doch mehr Anstreicher- als Maler-Arbeit dabei seyn wird. Allenfalls könnte er auch seine Zettel auf 7 Thlr. wöchentlich machen und man verspräche ihm den 8ten am Ende, als Gratial und Nachschuß. Doch überlassen ich Ew. Wohlgeb. völlig die Sache nach den Umständen zu arrangiren, denn freilich können unsere Künstler, wenn sie für Bertuch arbeiten wollen, es in der Woche hoch genug bringen, deswegen ich auch den Fremden anstellte, weil man ihnen nicht einmal einen Gefallen thut, sie außer ihrem gewöhnlichen Gleise zu beschäftigen.

Leben Sie recht wohl und überstehen Sie glücklich die wilde und schmutzige Epoche des Theaterbaues; in kurzer Zeit wird es darin desto freundlicher werden.

Jena am 9. August 1798.

G.


13/3865.


An Christiane Vulpius

Aus deiner Antwort erfahre ich ob du noch nach Roßla gehst. Sorge nur daß das Haus nicht allein stehen bleibt und immer jemand zur Aufsicht und Wache bleibt.

Meine Arbeiten gehen langsam, doch aber gehen sie; vielleicht kommt es in einigen Tagen besser.

Lebe wohl! Küsse das gute Kind, ich verlange herzlich wieder bey euch zu seyn.

[245] Schreibe mir von Roßla nicht eher als biß du mir sagen kannst wie es mit diesem und jenem steht. Ich schicke euch alsdann etwas Obst. Nimm nur rothen Wein mit was du brauchst.

Sonntag fährt Herr Meyer zu mir herüber mit Prof. Thouret.

Lebe recht wohl. Jena d. 10. Aug. 98.

G.


13/3866.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

[Jena, 14. August.]

Für die gütige Besorgung unserer Schloßbauangelegenheiten danke zum schönsten und will über die Anfragepuncte sogleich meine wenige Meinung eröffnen.

Die Tischerarbeiten, die zuerst vorgenommen würden, könnten seyn: das Modell zu einer Thüre, so wie zu einem Fenster; damit man über diese beyden wichtigen Puncte etwas weiter käme. Ferner soll der Sockel im runden Zimmer von Tischarbeit gemacht werden, wozu schon das Muster in Gips gezogen ist. Ferner würde Prof. Thouret zu ersuchen seyn den Fußboden von dem runden Zimmer zu zeichnen, der denn auch gleich in Arbeit genommen werden könnte, so wie er auch einen runden Tisch, der in die Mitte kommen soll, angeben wird. Da wären denn so mancherley zum Anbiß und das übrige wird sich nach und nach finden.

[246] Das Einquartieren der Zimmergesellen würde doch wohl erst geschehen wenn Prof. Thouret abgereist wäre, und bis dahin dächt ich hielte man sich auch die Resolution vor. Haidlof bescheidet sich schon daß er auszieht. Sollte man aber nicht die Tischer lieber in die Entresols bringen, die über der Sessionsstube sind, wo jetzt Kronrad seine Werkstatt hat, denn diese bringt er, sobald der Vorhang gemahlt ist, hinüber in die Eckzimmer. Welches ich zu gefälligem Bedenken anheim gebe.

Was Thouret selbst betrifft so bleibt er wohl, wie ich an ihm merke, noch etwas länger.

Was seine Reisekosten hierher betrifft so war die Summe unproportionirt, wie denn auch, wenn Sie sich erinnern, Herr Rapp schrieb, daß sich Thouret deswegen berechnen würde.

Das ist nun freylich nicht geschehen, indessen muß es doch zuletzt, wenn von der Rückreise die Rede seyn wird, zur Sprache kommen. Herwärts hatte er sich ein Wägelchen gekauft das noch dasteht, hinwärts will er reiten und hat deshalb ein Pferd gekauft.

Da wir Haidlof behalten und er diesen mitgebracht hat, so könnte man auf dessen Hierherkommen auch etwas rechnen.

Zu Ende der Woche denke ich hinüber zu kommen und wir wollen alsdann sehen wie wir die Sache arrangiren.

Dem Herrn Präsidenten empfehlen Sie mich schönstens.[247] Wir sind freylich bey unserm großen Schloßbau, so wie bey den übrigen Fällen wo etwas schönes gemacht werden soll, übel dran daß wir nicht einen eignen Mann haben, sondern sie immer mit ansehnlichen Kosten auswärts borgen müssen. So wars mit Arens, Clerisseau, Schurich und so ists nun auch mit Thouret. Indessen wenn ich diesen auf meiner letzten Reise nicht hätte kennen lernen, so wüßte ich nicht was wir diesen Sommer hätten machen wollen. Alle Materialien bedeuten nur in so fern etwas als sie zuletzt eine gewisse Form darstellen, wenn sie aus der Hand des Handwerkers oder des Künstlers kommen. Da diese Form nun alles ist, so kann man sie freylich unschätzbar nennen und man müßte sich denn doch am Ende gefallen lassen, was der Künstler für einen Preis drauf setzte. Wenn man nun doch dabey bedenkt daß ein solches Talent selbst raar ist, und was ein solcher Mann ehe er gebildet ist an baarem Gelde ausgeben muß, wie der Herzog Carl von Würtemberg vieles Geld auf diesen und andere Künstler verwendet hat, so erscheint die Summe für eine Bemühung, wozu man einen solchen Mann borgt, nicht ganz so hoch als in andern Vergleichungen.

So viel über die Ansicht dieses Punctes.

Der Modus die Zahlungen zu besorgen könnte recht gut durch autorisirte Quittungen geschehen. Sie ließen ja wohl indessen auf diesem Wege die Haidlofische Sache berichtigen.

[248] Die Akademische Sache wird sich dadurch gut vorbereiten lassen, da Paulus der neuen Einrichtung geneigt ist. Er sagte gestern öffentlich, bey Schütz, am Tische: er wolle sein Prorectorat recht gern mit Lust und Liebe führen, wenn er überzeugt seyn könne der letzte Prorector zu seyn.

Ober Consist. R. Gedike war gegenwärtig und ich veranlaßte daß das Gespräch eine Zeitlang auf dieser Materie verweilte. Da er im Ober-Schulcollegio sitzt, so kann er auf diese Dinge künftig Einfluß haben.

Noch ein Vortheil den man von Paulus Prorectorat ziehen könnte wäre: sich eine recht deutliche Kenntniß der Dinge zu verschaffen die vor den Prorector kommen. Sie sind freylich ganz verschiedner Art: Civil, Policey, Disciplin, ja ich möchte sagen, kleine Haus- und Schulsachen. In welchem Sinn und Geiste denn freylich, wenigstens anfänglich, ein neu eintretender Aufseher handeln müßte um nicht alles gar zu strenge in Einem Sinne zu tractiren.

Wegen des französischen Lectoris will ich mich erkundigen, der Pfaffe ist freylich ein gar zu miserables Subject.

Es freut mich wenn die Fragmente über Italien etwas neues gebracht haben. Manche Rubriken sind vorzüglich gut behandelt wie z.B. die von der Charakteristik der Italiäner. Übrigens möchte ich nicht gern seine sämmtliche Urtheile, besonders über einzelne Personen und Fälle, unterschreiben.[249]

Darf ich Sie bitten dieses Büchlein als ein kleines Andenken auf Ihr Repositorium der Reisebeschreibungen zu stellen.

Wenn sich unser gnädigster Herr nur vergnügt und wohl befindet so habe ich weiter keine Sorgen. Wie die ganze Lage der Sache gegenwärtig ist, so ist ein gutes persönliches Verhältniß der kleinern Fürsten mit den großen immer sehr wünschenswerth.


13/3867.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbei die überschickten Papiere zurück. Es ist schade, daß der Lauchstädter Aufenthalt unserer Schauspieler durch äußere Umstände nicht begünstigt wird.

Wegen Cordemann werden wir wohl thun, wenn wir ihn in denen Stücken, die er wünscht, auftreten lassen und ihm Gelegenheit geben, sich zu empfehlen. Freilich mit »Fiesco« wird es nicht angehen.

So wie ich zu »Götz von Berlichingen« nicht rathe. Das Stück ist dergestalt ausgeschrieben worden, daß es, ich möchte wohl sagen, stückweise schon ganz auf dem Theater ist, und ist überhaupt ohne bedeutende Umarbeitung nicht auf das Theater zu bringen.

Eine Art von Vorspiel und dialogirtem Prolog will ich wohl machen und dann dächte ich, nähme[250] man ein anständiges, nicht gar zu langes, schon bekanntes Stück.

Es freut mich, daß Sie durch eine Promenade auf unserm ersten Platze einigermaßen consolirt worden sind, denn Sie wissen wie wünschenswerth mir Ihre Zufriedenheit ist. Denn freilich von dort muß man künftig unser Theater sehen und ich bin überzeugt, daß, wenn alles beisammen ist, so wird der Saal ohngeachtet seiner Kleinheit auf eine angenehme Weise imponiren. Freilich wird man jetzt irre, wenn man unten den großen leeren und gewissermaßen unnützen Raum sieht. Daß wir Platz verloren hätten, war mathematisch unmöglich, er ward nur von unten nach oben transportirt und ich hoffe die Idee soll current werden und das Publikum selbst wird fühlen, was an Anstand, Artigkeit und Bequemlichkeit gewonnen ist, und heraufbegeben wird man sich nach und nach auch. Lassen Sie uns nur darüber gleiche Sprache im Publico führen, das ein für allemal determinirt sein will und bei aller anfänglichen lebhaften Opposition sich doch zuletzt in die Sachen findet. Sie werden sehen, wenn alles zusammen kommt, was es für einen Anblick machen wird und wie gern sich die geputzten Leute drinne produciren werden.

Daß nicht bei längerm Nachdenken und Durcharbeiten die Sache noch günstiger hätte ausfallen können, davon will ich die Möglichkeit nicht leugnen,[251] ob ich gleich selbst für den Augenblick es nicht anzugeben wüßte.

Ich überschicke hier die Risse nebst einem kleinen Aufsatze, worüber ich bitte, mit dem Professor Thouret und dem Baumeister Steiner zu conferiren. Vielleicht nähert sich die von mir vorgeschlagene Idee der untern Loge der Ihrigen und wir können sie noch reifer werden lassen.

Zu Ende der Woche denke ich nach Weimar zu kommen und es soll mir so viel Ehre als Freude sein, Freitags den 24. dem so erwünschten Familienfeste beizuwohnen.

Wegen des Beckerischen Monuments, und was sonst noch sein möchte, mündlich ein Mehreres, der ich indessen recht wohl zu leben wünsche.

Jena am 14. August 1798.

G.


13/3868.


An Johann Friedrich Cotta

Aus Ihrem Briefe vom 3. August ersehe ich mit Vergnügen, daß das Manuscript zu rechter Zeit angekommen ist, Sie werden indessen abermals eine Sendung erhalten haben. Sobald ich weiß wie viel Sie noch brauchen sende ich den Rest, mit der Einleitung.

Hiebey folgt die Kupferplatte, ich bitte für recht saubere Abdrücke zu sorgen. Die Kupfer kommen,[252] wie gewöhnlich, hinten an und zwar Laokoon zuerst. Ein paar Worte die sich darauf beziehen kommen mit dem Inhalt.

Druck und Papier werden durch Ihre Sorgfalt schon ganz gut und zweckmäßig seyn.

Herr Professor Meyer schickt eine Kleinigkeit zum Gartenkalender.

Die Anfrage wegen des Wechsels beantworte ich in meinem nächsten Briefe.

Noch bemerke ich, daß die Stücke unseres Werks wohl ordentlich geheftet werden müssen und wegen ihrer Stärke nicht blos durchstochen werden dürfen.

Der Stock zur Decke kommt auch zu gehöriger Zeit.

Die beyden Octavplatten welche hier des bequemern Abdrucks wegen auf einer Quartplatte folgen, kosten 22 rh. 11 gr. hiesiges Currant. Wir gedenken zu jedem Stück entweder eine illuminirte oder ein paar unilluminirte Platten zu geben, wenigstens im Durchschnitte.

Leben Sie recht wohl und gedenken mein.

Jena am 15. Aug. 1798.

Goethe.


13/3869.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

[19. August.]

Seit gestern bin ich wieder hier um unsere architektonischen Arbeiten zu revidiren, es geht verhältnißmäßig[253] gut und geschwind, besonders ist die große Theaterumwälzung gegründet die, wie ich hoffe, zu Ihrer Zufriedenheit gereichen soll. Nur kann ich Thouret noch nicht fortlassen, denn bey menschlichen Unternehmungen folgt auf das werde nicht gleich das und es ward, und die Gegenwart des, der die erste Idee concipirte, ist besonders bey einer Arbeit aus dem Stegreif wie diese ist nöthig, weil denn doch bey jedem Schritt neue Räthsel zu lösen sind. Ich habe ihm daher Muth gemacht zu bleiben und ihm versprochen ein Entschuldigungsschreiben von Ew. Durchl. zu verschaffen. Wahrscheinlich ist jenes Danksagungsschreiben an den Herzog warum ich bat noch nicht erlassen, wollten Sie daher wohl die Gnade haben, sobald es seyn könnte das Außenbleiben Thourets durch den unternommenen Theaterbau zu entschuldigen, dessen Ausführung sich um einige Wochen verzogen und die Anwesenheit des Künstlers der den Plan angegeben höchst nöthig mache.

Übrigens hoffe ich Sie sollen künftig mit mehr Zufriedenheit dem Schauspiele beywohnen. Außer der Fürstl. Hauptloge ist noch eine Seiten Loge im und am Proscenio menagirt welche aufgespart bleibt wenn Sie Lust haben sollten sich dem Theater zu nähern. Wenn alles beysammen ist wird es anständig und lustig aussehen. Übrigens bitte ich daß Sie die Gnade haben nicht früher hinein zu gehen als bis es wenigstens auf einen gewissen Grad fertig ist.

[254] Lustig ist es zu sehen wie die Weimaraner nun hineinspazieren und jeder sich ängstlich nach seinem alten Plätzchen umsieht das er nach einer völligen Veränderung der Dinge gerne wieder besetzen möchte.

Bey meinem letzten Aufenthalt in Jena habe ich die Angelegenheit wegen der Prorectoratsveränderung durchgedacht und viel durchgesprochen, man vermuthet im allgemeinen daß Preußen einen Schritt thun werde und man versieht sich akademischer Seits darauf daß die Sache zur Sprache kommen wird. O.C.R. Gedike von Berlin war zum Besuch da in dessen Gegenwart die Sache ventilirt wurde. Paulus, der jetzt Prorector ist, äußerte öffentlich daß er gern die Last des Prorectorats austragen wolle wenn er überzeugt seyn könne der letzte Prorector zu seyn. Mir scheint es, wenn man etwas thun wolle, der günstigste Zeitpunct, da die Menschen zufällig auf eine Veränderung vorbereitet sind.

Ich habe wegen des Personals zum Anfang einige Gedanken die wie ich hoffe ausführbar seyn sollen, wenn Sie zurückkommen sollen Sie alles vorbereitet finden, wünschten Sie aber darüber nähere Nachricht ehe Sie zurückkehren, so kann ich gleich damit aufwarten.


13/3870.


An Friedrich Schiller

Die Musen und Grazien von Oberroßla hatten Ihre Gegenwart mehr gewünscht als gehofft, das[255] Wetter war gar zu übel und in regenlosen Momenten war doch kein Spaziergang als auf den Gänserasen möglich. Vielleicht finden wir bald wieder Gelegenheit uns dort anzutreffen. Über Wallenstein habe ich indessen vieles gedacht und mir die erstern Acte wieder ins Gedächtniß gerufen. Wenn ich wieder zu Ihnen komme dächt ich fingen wir von vorn an, weil ich nun das Ganze weiß, besonders da es Sie an der Ausführung nicht hindert wenn jemand mitspricht. Ich wünsche je eher je lieber eine klare Übersicht darüber zu haben, noch mehr aber es vollendet zu sehen. Es wird sehr hoch stehen wenn es fertig ist, ich wünsche Ihnen zum Nachsommer noch gute Stimmung.

Wenn Sie recht klopfen, sägen, hämmern, hobeln hören wollen so sollten Sie sich jetzt Tags ein paar Stunden ins Theater setzen. Es geht sehr rasch und wird recht artig werden.

Ich habe wieder neue Grillen über das Tragische und Epische die ich Ihnen bey der nächsten Zusammenkunft mittheilen will. Bis auf den Sonnabend weiß man wohl wann Durchl. der Herzog kommen wird. Verzieht sich seine Ankunft bis in den September, so bin ich bald wieder bey Ihnen.

Der erste Bogen Laokoon ist angekommen, der Druck nimmt sich ganz heiter aus, die Einleitung habe ich nochmals durchgegangen, der Inhalt ist ausgezogen. Auf den nächsten Brief Cottas schicke ich[256] den Überrest fort, und so wäre denn auch dies Schifflein vom Stapel gelaufen.

Meyer grüßt schönstens und hat wieder mancherley gutes in der Arbeit. Ich freue mich über den plastischen Einfluß der zurückgelaßnen Bilder, mir scheint er täglich unentbehrlicher. Leben Sie recht wohl, mich verlangt recht herzlich wieder nach der gewohnten täglichen Unterhaltung. Grüßen Sie Ihre liebe Frau aufs beste. Weimar am 22. Aug. 1798.

G.


13/3871.


An Carl Ludwig von Knebel

Da der Bote bey mir anfragt ob ich nichts nach Ilmenau zu bestellen habe, so will ich ihm wenigstens einen Gruß mitgeben ob ich gleich sonst gegenwärtig nicht mitgeben kann.

Mich beschäftigt gegenwärtig die neue Einrichtung des Schauspielhauses, das, wie ich hoffe, ganz anständig und lustig aussehen wird; übrigens bin ich fleißig ohne viel aufweisen zu können.

Man erwartet den Herzog heute, man sagt daß er diesen Mittag in Tiefurt speise. Die Herzogin Mutter war krank, hat sich aber ganz leidlich wieder erholt.

Am Almanach vom nächsten Jahre wird schon gedruckt, auch schicke ich dir bald einige Bogen von einem Werke in dem Meyer und ich unsere Kunstconfession niederzulegen gedenken.

[257] So viel für heute. Lebe recht wohl und schreibe mir bald wie du dich befindest.

Weimar am 23. Aug. 98.

G.


13/3872.


An Friedrich Schiller

Ich habe so eben unsern Theaterbau besucht, wo alles sehr rasch geht. In der Mitte der künftigen Woche wird die Decke fertig, das leichte Gerüst herausgenommen und der größte Schmutz getilgt seyn, alsdann wird man sich schon einen Begriff von der Intention machen können. Ich hoffen es soll deswegen auch recht artig werden, weil von gewissen Plätzen aus das Publikum sich wechselweise selbst sieht, auch werden sehr viel Menschen hinein gehen.

Es wäre sehr artig wenn Sie uns bald besuchten, wir würden manches Capitel durchsprechen können, und der Bau würde Sie des Tags ein paar Stunden unterhalten. Vielleicht gäb Ihnen auch der Anblick eines Theaters neue dramatische Anlässe.

Heute sage ich nicht mehr, denn der gestrige Hochzeitgenuß hat nicht die beste Stimmung hinterlassen. Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

Weimar am 25. August 1798.

G.[258]


13/3873.


An Friedrich Schiller

Da unsere Rechnung wegen des Manuscripts mit des Setzers Bedürfnissen nicht zusammentrifft, so muß ich noch ein paar Bogen nachschicken und bitte deshalb um Niobe. Was wir von der typographischen Seite verlieren, gewinnen wir an der Stärke der Ladung, die wir auf einmal ins Publikum werfen. Haben Sie die Güte dem Überbringer, den ich deswegen expreß abschicke, das Manuscript der Niobe mitzugeben. Leben Sie recht wohl und halten Sie wo möglich Ihr Versprechen mich zu besuchen.

Weimar am 27. Aug. 1798.

G.


13/3874.


An Friedrich Schiller

Indem ich Ihren Boten erwarte so finde ich daß ich Sie noch einmal aufmuntern sollte herüber zu kommen, wenn Sie es mit dem Almanach und dem Gange seines Drucks einigermaßen einrichten können, denn

1) ist das leidige Wetter, das noch eine Zeit lang anzuhalten droht, im Garten weniger genießbar als in einem vielzimmrigen Hause.

2) Wird Sie der Theaterbau unterhalten.

[259] 3) Geht am Freytag das complete Stück der Propyläen weg zu dem Sie Ihren Segen ertheilen sollten.

4) Wird zu dem neuen Anstalt gemacht zu welchem Ihr Rath sehr erfreulich wäre.

5) Sind allerley naturhistorische Observationen in Bewegung, wovon die Resultate Sie auch gewiß erfreuen werden, und was ich noch alles Sie zu verleiten sagen könnte.

Beherzigen Sie übrigens Ihren Vortheil und Ihre Bequemlichkeit, bringen Sie abeer, wenn Sie kommen, den Wallenstein mit, denn wir müssen viel auf einmal thun. Wie die Sache mit dem Theater gegenwärtig steht kann ich nicht weg. Leben Sie recht wohl und entschließen Sie sich wo möglich auf das kürzeste. In 14 Tagen stehen die Sachen so daß ich wieder nach Jena gehen kann und bis zu Ende Septembers bleibe. Leben Sie recht wohl und thun Sie was möglich ist.

Weimar am 27. Aug. 1798.

G.


13/3875.


An Friedrich Schiller

Herzlichen Dank für das Andenken das Sie meinem Geburtstag widmeten, und schon für den Gedanken daß Sie mich hätten besuchen mögen. Der Tag ist mir zerstreut und fruchtlos hingegangen, ich hoffe mich bald in Ihrer Nähe zu sammeln. Hygin[260] hat mir auch, so oft ich ihn aufgeschlagen, Freude gemacht, es wird mir sehr lieb seyn ihn einmal im Ganzen mit Ihnen durchzugehen. Auf die Argonauten hatte ich auch immer ein Zutrauen, und nach der neuen Lehre, da man von der Epopé keine Einheit fordern will, wäre das Sujet seiner rhapsodischen Natur nach äußerst bequem. Es liegen herrliche Motive darinn und gewiß ließen sich noch manche daraus entwickeln.

Freytags will ich nun die letzten Hefte des Manuscripts abschicken. An der Einleitung habe ich noch manches gethan, das ihr hoffentlich nicht schaden soll, und würde immer noch mehr daran ausputzen, wenn ich sie nicht fortschicken müßte. Nun geht aber eigentlich eine neue Ansicht der Dinge an, denn schon in den Aushängebogen hat das Wesen eine andere Gestalt als in dem Manuscripte. Ich hoffe es soll nicht fehlen gleich aus den vier ersten Stücke eine Art von harmonirender Composition zu machen. Wenn wir nur noch etwas dazu von Ihnen erhalten könnten das weiter hinausdeutete. Der Druck zum Almanach nimmt sich recht artig aus, freylich fordert die kleine Schrift sorgfältigen Druck und glattes Papier.

Es freut mich daß die Herren Conz und Bürde ein wenig liederlich werden und sich an verbotnen Liebschaften ergötzen, wenn ich es noch von Matthisson erleben könnte würde es mir noch größern Spaß[261] machen. Es ist curiös, wie sich die Leute vor gewissen An- und Nachklängen nicht retten können. So tönt der alte Hexenmeister in der alten Wundergerte doch einigermaßen nach.

Vielleicht erhalten Sie gegen das Ende doch noch etwas von mir.

Der Deckel ist fertig und man wird nun sehen wie es mit dem Aufhöhen und Aufputzen der Zierrathe gehen kann. Sie sollen ehestens davon ein Pröbchen haben. Leben Sie recht wohl und fleißig, indem ich auch mich hier loszuarbeiten suche. Die erste Hälfte Septembers möchte ich gar gerne bey Ihnen zubringen.

Nutzen Sie das neue Verhältniß zu Fichten für sich so viel als möglich und lassen es auch ihm heilsam werden. An eine engere Verbindung mit ihm ist nicht zu denken, aber es ist immer sehr interessant ihn in der Nähe zu haben.

Weimar am 29. Aug. 1798.

G.[262]


13/3875a.


An Johann Christian Gädicke

Ich wünsche die Summe von 500 Livres bald möglichst nach Epernay zu übermachen, und zwar auf einem Wege, auf welchem der dortige Empfänger den wenigsten Verlust hätte. Vielleicht gäbe de Frankfurter Messe Gelegenheit ein Papier auf Paris, Strasburg oder Rheims zu finden, welches vielleicht am vortheilhaftesten wäre. Ich erbitte mir des Herrn Commissionsrath Gädickes gefällige Gedanken darüber.

Weimar am 30. Aug. 1798.

Goethe.[80]


13/3876.


An Johann Friedrich Cotta

Die zwey ersten Aushängebogen sind angekommen und ich überschicke hierbey sogleich den Rest des Manuscripts. Wie viel um einen gedruckten Bogen zu füllen nöthig ist, darüber entscheidet freylich am Ende der Setzer in der letzten Instanz, und wenn man sich hier[262] um etwas verrechnet hat, so wird deshalb doch alles seinen Gang fortgehen.

Im Durchschnitt genommen brauchen wir 10 unserer beschriebenen Quartblätter, oder gebrochnen Folioblätter, auf einen gedruckten Bogen. Titel, Einleitung und Inhaltsanzeige, die hier folgen, werden deshalb drey Bogen geben. Doch wünschte ich daß die Einleitung etwa mit größern Lettern, oder weiter, die Inhaltsanzeige mit kleinern Lettern und enger gedruckt würde, damit beyde nach ihrer verschiednen Bedeutung und Würde sich von einander ausnähmen. Sie werden hiervon die typographische Möglichkeit überlegen.

Zugleich folgen 20 Blätter, für die zwey noch erforderlichen Bogen am Schlusse des Stücks, Rafaels Werke besonders im Vatican betr.

Zwar wünsche ich sehr, um an einer schicklichen Stelle abzubrechen, daß man fol. 17 unten mit den Worten: vorzüglich gut drappirt aufhörte, und den Übergang in ein anderes Zimmer auf der folgenden Seite in das nächste Stück brächte; sollte aber zu viel noch fehlen, so könnte man allenfalls bis Fol. 19b gehn und den Aufsatz im folgenden Stück mit Heliodor anfangen. Einige Bemerkungen für den Setzer habe ich zu dem Manuscript selbst gelegt.

Die Anzeige des Inhalts und der Kupfer wünschte ich in die Weltkunde, so wie jene Recension der Herderischen Humanitätsbriefe, eingeschaltet zu sehen.[263] Ob Sie solches bald thun wollen oder ob Sie die Zeit abzuwarten gedenken, wenn das Stück völlig gedruckt ist und zum Ausgeben parat liegt, solches überlasse ich Ihnen gänzlich. Nur wünsche ich daß Sie weiter kein Wort des Lobes oder der Emfpehlung hinzuthun. Ob ich gedachten Inhalt in den Anzeiger der Litteraturzeitung gleichfalls im Extenso soll einrücken lassen, darüber erwarte ich noch erst Ihre Gedanken. Es kommt darauf an, ob Sie eine solche Bekanntmachung merkantilisch nützlich halten, denn im Anzeiger muß man sie, wie Sie wissen, theuer bezahlen.

Einen Wechsel auf Leipzig würde man hier um eine leidliche Abgabe discontiren.

Da Herr Professor Thouret einen Theil seines Honorars, das man ihm hier zu denkt, in jener Gegend angewiesen wünscht, so werde ich ihm eine Anweisung auf 50 Carolin an Sie mitgeben. Sie hätten als dann die Güte wegen des übrigen mir meine Rechnung zu stellen und das was ich Ihnen schuldig bleibe allenfalls Herrn Hofrath Schiller zuzurechnen mit dem ich alsdann schon überein kommen will.

Ist das erste Stück in der Ordnung und die Sache im Gange, so kann man alsdann einen Contract aufsetzen, der auf denen Papieren, die Sie schon in Händen haben, beruht. Er braucht unter uns nicht umständlich zu seyn.

Die Stöcke zu dem Umschlag sollen auch nächstens abgehen.

[264] So viel für heute! sollte mir noch etwas einfallen, so schreibe ich nach, sonst warte ich bis auf Nachricht daß gegenwärtiges angekommen. Leben Sie indessen recht wohl. Weimar am 31. Aug. 1798.

Goethe.


13/3877.


An Friedrich Schiller

Meine heutige Botschaft sey vorzüglich der Decke des Almanachs gewidmet davon ich hier ein paar Proben übersende.

Die auf weiß Papier zeigt wie sauber sie gestochen sey, einige Tausend können abgezogen werden, ohne daß man es merklich spüren wird, denn alles ist mit dem Grabstichel gemacht. Auf gefärbtem Papier nimmt sie sich, dünkt mich, besonders gut aus, eigentlich aber ist darauf calculirt daß ein bischen Farbe drauf kommen soll, wie die eine Hälfte zeigt.

Das Ries von dem Schreibpapier, wie eine Probe mitkommt, soll 3 rh. 12 gr. kosten, es würde sich gefärbt ganz gut ausnehmen und das Ries würde nicht gar 2000 Decken geben.

Das 100 mit erwärmter Platte und sehr sorgfältig zu drucken, verlangt man 16 gr.

Das Buch Papier zu färben 5 gr.

Für ein Exemplar zu mahlen würde man allenfalls 18 Pfennige geben müssen. Es käme darauf an wie viel gemahlte Sie etwa haben wollten? Ich[265] glaube mancher wird ein paar Groschen fürs bunte Exemplar gerne mehr geben.

Schicken Sie mir das gemahlte Exemplar so wie das Papiermuster zurück und bestimmen Ihre Bestellung, so kann alles hinter einander gemacht und die Decke zur rechten Zeit fertig werden.

Wenn Sie uns besuchen, so können Sie recht gut neben Meyern logiren. Erfüllen Sie nur wo möglich Ihr Versprechen.

Weimar am 1. Sept. 1798.

G.


13/3878.


An Friedrich Schiller

In der Hoffnung Sie morgen zu sehen schreibe ich nur wenig. Die Balladen folgen zurück, sie sind beyde sehr gut gerathen. Bey dem christlichen Drachen finde ich nichts zu erinnern, er ist sehr schön und zweckmäßig. In der Bürgschaft möchte es physiologisch nicht ganz zu passiren seyn daß einer, der sich an einem regnigen Tag aus dem Strome gerettet, vor Durst umkommen will, da er noch ganz nasse Kleider haben mag. Aber auch das wahre abgerechnet und ohne an die Resorption der Haut zu denken kommt der Phantasie und der Gemüthstimmung der Durst hier nicht ganz recht. Ein ander schickliches Motiv das aus dem Wandrer selbst hervorginge fällt mir freylich zum Ersatz nicht ein, die beyden andern von außen,[266] durch eine Naturbegebenheit und Menschengewalt, sind recht gut gefunden.

Wollten Sie wohl die Güte haben beyliegenden Zettel an Prof. Lenz zu schicken und mir das Buch mitzubringen. Treten Sie ja von Ihrem guten Vorsatz nicht zurück. Ihre Reise wird Ihnen gewiß wohl bekommen. Den vortrefflichen Sternbald lege ich bey, es ist unglaublich wie leer das artige Gefäß ist.

Weimar d. 5. Sept. 1798.

G.


13/3879.


An Friedrich Schiller

Wir haben Sie mit Sehnsucht erwartet und, was den Schnufpen betrifft, so hätten Sie ihn, nach unsers Fürsten erprobter Theorie, eben dadurch curirt wenn Sie sich der Luft ausgesetzt hätten.

Mich hält das Theaterfest, bey dessen Bau und Einrichtung alle Tage etwas zu ordnen vorkommt, sonst wäre ich schon wieder zu Ihnen hinüber gekommen.

Hiebey liegt das Gedicht an die Herzogin. Finden Sie nun aber auch einen Titel dazu!

Das kleine Lied das ich zurückschicke ist allerliebst, und hat vollkommen den Ton der Klage.

Ich habe in den Bogen des Almanachs, die ich besitze, drey, nicht unbedeutende Druckfehler gefunden:[267]

pag. 20 vorletzte Zeile gereeht statt gereiht

"27 im Mattissonischen Gedicht zweyter Pentameter Singt statt Siegt.

Der dritte fällt mir gegenwärtig nicht ein.

Wegen des Umschlags wollten wir gerne mündlich sprechen. Haben Sie nur die Güte sobald als möglich das bessere Papier herüber zu schicken, damit wir es können färben und die Exemplare drucken und mahlen lassen.

Der Umschlag zu den Propyläen ist auch fertig geworden, Sie sehen einen Probedruck aus der Beylage. Was für mechanische Schwierigkeiten dabey zu überwinden waren, und noch sind, ließ sich gar nicht voraussehen. Indessen hat sie der ächt deutsche Geist unsers Facius, mit aller Treue, bekämpft, und ich hoffe noch manchen Spaß davon zu erleben.

Ich habe in allen meinen Papieren herum gedacht und finde nichts womit ich Ihnen zum Almanach zu Hülfe kommen könnte. Noch zu der Voigtischen Hochzeit hatte ich ein Gedicht ganz disponirt, das leider nicht fertig ward, und selbst im Almanach würde es noch immer zur rechten Zeit kommen. Aber woher die Stimmung nehmen!?!?

Denn da hat mir neulich Freund Richter ganz andere Lichter aufgesteckt, indem er mich versicherte (zwar freylich bescheidentlich, und in seiner Art sich auszudrücken), daß es mit der Stimmung Narrenspossen seyen, er brauche nur Caffe zu trinken, um,[268] so grade von heiler Haut, Sachen zu schreiben worüber die Christenheit sich entzücke.

Dieses und seine fernere Versichrung: daß alles körperlich sey, lassen Sie uns künftig zu Herzen nehmen, da wir denn das Duplum und Triplum von Productionen wohl an das Tageslicht fördern werden.

Übrigens wird dieser edle Freund sich künftigen Winter gleichfalls in Weimar niederlassen, und hat schon ein Quartier über unserer kleinen Matizek gemiethet. Ich bin recht neugierig wie ihm dieses theatralische Hausamalgam bekommen wird.

Übrigens habe ich noch mancherley Curiosa aufgespart, weil ich Sie hüben oder drüben zu sehen hoffe.

d. 6. Sept. 98.

G.


13/3880.


An Johann Friedrich Cotta

Mit der heutigen fahrenden Post sind die Druckerstöcke zu den Decken abgegangen, wovon ich hier einen Abdruck beylege und dazu folgende Bemerkungen mache:

1) Wäre nur das Wort Propyläen und die Zahl des Bandes und Stückes, wie ich solche schreiben lassen, einzusetzen, die nähere Bestimmung des Verlegers und Herausgebers steht besser auf dem inwendigen Titel.

2) Ferner bitte ich beym Abdruck auf das sorgfältige zu lassen, damit diese Probe unserer neuen Anaglyphik sich Ehre mache.

[269] 3) Da es manchmal nöthig ist die Form auszuwaschen, man den Kitt aber zu schonen hat, so nimmt man ein kleines Bürstchen und Terpentinspiritus um die Form zu reinigen, der Terpentinspiritus wird zuletzt mit lauem Seifenwasser wieder abgebürstet, weil man heißes Wasser und Lauge vermeiden muß.

4) Können Sie ein graulich Papier wie die Beylage zeigt etwa zur Decke erhalten, so würde sich der Abdruck noch besser ausnehmen. Es ist in Nürnberg zu haben. Sollte es aber zu spät seyn, so kann man auch zum Anfange eine andere Farbe, etwa die rothe von den Horen nehmen. Wir wollen überhaupt von Zeit zu Zeit mit unserer Decke changiren.

5) Wie ich nun mit diesen Stöcken unserm Institut ein kleines Geschenk mache, so wünschte ich Ihnen meine Aufmerksamkeit dadurch zu bezeigen, daß ich zur Flora ein paar ähnliche Stöcke schicke. Die Zeichnung ist schon gemacht, und ich will sehen ob ich bis zum neuen Jahrgange die Arbeit kann fördern lassen. Zu dem Schillerschen Almanach mußten wir diesmal noch Kupferstich nehmen.


Es sind indessen 5 Bogen der Propyläen angekommen und das ganze erste Stück wird nun nicht mehr lange ausbleiben, ich wünsche ihm ein gutes Gedeihen.

[270] Indem ich Theil an allem nehme, was Ihnen begegnet, so bedaure ich den Schaden sehr, der Ihnen durch das Verbot der Weltkunde zuwächst. Wäre es dem Redacteur möglich gewesen auch nur einen Schein von Unparteilichkeit zu erhalten und, durch irgend redekünstliche Wendungen, gelind vorzutragen was diesmal heftig, und für den verlierenden Theil schmerzlich und beleidigend hingestellt war, so hätte das Institut, das so viele Vorzüge hat, lange bestehen können. Ich wünsche daß Sie sich auf irgend eine Weise entschädigen mögen.

Ich werde nach und nach gern zu Ihren andern periodischen Unternehmungen etwas beytragen und erwarte nur welche Wendung Ihre neue Zeitschrift nehmen wird.

Leben Sie recht wohl, gedenken mein und grüßen die Ihrigen.

Weimar am 14. Sept. 1798.

Goethe.


13/3881.


An Neuenhahn

[Concept.]

[14. September.]

Die Ehre die mir Ew. Wohlgeb. zudachten ist mir durch Ihre gute Meinung schon wirklich geworden und Sie haben mir durch Ihre lebhafte Theilnahme an meinen geringen Arbeiten eine wahre Freude gemacht.

[271] Vor einiger Zeit kam ich auf den Gedanken die Idee von Metamorphose der Pflanzen, durch dichterischen Vortrag, noch weiter zu verbreiten und ich lege hier den Versuch bey. Linne war liberal genug auch den Dichter unter denjenigen zu nennen welche der Wissenschaft förderlich seyn könnten, ich wünsche daß mir diese gute Absicht nicht ganz mißlungen seyn möge.

Der ich mich Ihrem geneigten Andenken empfehle.


13/3882.


An Franz Kirms

Wenn ich mich nicht in der Physiognomie des Steinbrückischen und Bechtolsheimischen Schreibens äußerst irre, so ist das liebe theatralische Paar wenig oder nicht zu brauchen.

Haben Sie die Güte die von mir doppelt unterstrichnen Stellen anzusehen, und Sie werden finden, daß nicht viel zu ihrem Gunsten gesagt ist. Ich wollte wetten, die Frau ist noch auf keinem Theater gewesen und er ist ein Hasenfuß.

In meinem Leben habe ich so oft bemerkt, daß Menschen, die sonst zuverlässig sind, gegen jemand, der eine Stelle zu vergeben hat, gar kein Gewissen haben. Man will die Leute anbringen, und wir mögen nachher sehen, wie wir sie los werden.

Wäre unsere Gesellschaft in Weimar, so könnte man einen Versuch machen, unter jetzigen Umständen[272] aber kosten uns die Leute gewiß über 100 rh. bis wir sie wieder los werden.

Dies ist so meine Meynung; haben Sie aber irgend ein Zutrauen zu der hübschen Figur, wie sie beschrieben wird, so will ich auch nicht dagegen seyn, denn man muß ja allerley wagen. Leben Sie recht wohl, ich hoffe Sie bald wieder zu sehen.

Oberroßla 19. September 1798.

G.


13/3883.


An Friedrich Schiller

Mittwochs war ich in Roßla und fand Ihren Brief gestern bey meiner Wiederkehr. Ich wünsche daß Sie bey Ihrer Arbeit fühlen mögen welchen guten Eindruck auf uns sie zurücklassen. Ein Monument einer so besondern Geistesthätigkeit als Ihr Wallenstein ist muß jeden in thätige Stimmung versetzen, wer derselben nur einigermaßen fähig ist. Nehmen Sie Ihr ganzes Wollen zusammen um das Werk nur erst auf unser Theater zu schieben, Sie empfangen es von dorther gewiß geschmeidiger und bildsamer als aus dem Manuscripte, das Ihnen schon zu lange vor den Augen fixirt steht. Sie sind schon so weit, daß nach meiner Einsicht ein solcher Versuch nur Nutzen bringen kann.

Was Sie an dem Prolog noch thun wollen muß ich sehr billigen. Ich erwarte ihn mit Verlangen[273] und wir wollen über die fernere Taktik alsdann zusammen conferiren.

Heute nichts weiter. Hierbey folgen die Schlüssel. Das Gedicht kann wohl unter dem allgemeinen Titel: Stanzen hingehen.

Leben Sie recht wohl, wir grüßen Sie und Ihre liebe Frau aufs beste.

Weimar am 21. Sept. 1798.

G.


13/3884.


An Friedrich Schiller

In meinem Briefe habe ich vergessen zu sagen daß wir gutes Schweizer Papier brauchen zum Abdruck des Titelkupfers in den Almanach. Hier findet sichs nicht. Hertel hat gewiß welches. Wir bitten solches bald zu schicken.

W. d. 21. Sept. 98.

G.


13/3885.


An Franz Kirms

Daß Ew. Wohlgeboren Herrn Vulpius in unserm Engagements-Geschäfte wegschicken, billige ich gar sehr, so wie die Art und Weise.

Was den gewalkten Tuch-Rasch, zu Statisten-Kleidern, betrifft, so brauchen wir

von rother Farbe etwa sechs,

von hellgrün

von dunkelgrün von jedem zwei.[274]

Lassen Sie es auch an orange und blaß- und dunkelgelbem von jedem, auch zu ein Paar Kleidern, nicht fehlen.

Ob meine Hoffnung, das Vorspiel zum »Wallenstein« mit hinüber zu bringen, sich realisiren wird, weiß ich selbst noch nicht, indessen hoffe ich doch, daß die sämmtlichen drei Stücke unserm Theater diesen Winter zu gute kommen sollen, so wie der Verfasser sehr gefördert seyn wird, sein Manuscript, ehe er weiter darüber etwas entscheidet, auf unsern Brettern realisirt zu sehen.

Wegen der Lampen habe ich mit Pflug gesprochen; es sind keine andern, als wie wir sie zu unserm Kronleuchter schon haben werden, es ist nur der Unter schied, daß sie in den Coulissen und im Proscenio anders befestigt werden müssen, welches mir Pflug auch angezeigt hat; wir können das Alles nach und nach recht bequem einrichten.

Haben Sie die Güte, mich durch die Botenweiber einigermaßen im Detail wissen zu lassen: wie unser Theaterbau gegenwärtig steht? und leben indessen recht vergnügt bei Ihren vielfachen Beschäftigungen.

Jena am 25. September 1798.

G.


13/3886.


An Franz Kirms

Da die Burgdorf's nach Weimar gekommen sind, so wollen wir sie nicht fortschicken, ohne sie wenigstens[275] zu prüfen. Dieses ist aber privatim nothwendig, denn wir wollen weder das Publikum noch uns in Verlegenheit setzen, nochmals einen Blumfeldischen Auftritt zu erleben. Herr und Mad. Burgdorf bequemen sich also Montag Abend, bei verschlossenen Thüren, auf dem Theater, vor uns Beiden eine Probe abzulegen. Ich erwarte verschiedene Scenen, aus solchen Stücken, die sie als ihre Debüts angeben, gut memorirt und vernehmlich gesprochen, vor allem Andern. Ob wir sie annehmen können oder entlassen müssen, wird alsdann sogleich entschieden seyn. Haben Sie die Güte zu besorgen, daß eine Decoration aufgestellt und das Theater schicklich erleuchtet sey, ich werde selbst den Montag erst kommen. Haben Sie die Gefälligkeit, diese Resolution dem Ehepaar freundlich, aber bestimmt, bekannt zu machen; sie haben Zeit genug sich vorzubereiten, um sich von den günstigsten Seiten zu zeigen, so wie alle Entschuldigung bei einem solchen Versuche wegfällt. –

Herr Vulpius hat bei mir eingesprochen, ich wünsche und hoffe von seiner Absendung alles Gute.

Wahrscheinlich bringe ich das Vorspiel zum »Wallenstein« mit, und wir können es zur Eröffnung geben. Es ist in mehr als einem Sinne geschickt, Aufsehen zu erregen. –

Leben Sie recht wohl! Die nächsten 14 Tage werden wir ein mühseliges Leben haben. Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken.

[276] Bald hätte ich einen wichtigen Punct vergessen! Veranlassen Sie doch den Bauverwalter, daß er den runden, blechernen Ofen holen läßt, der für die herrschaftliche Loge bestimmt ist. Der Baumeister richtet sich bei Anlage der Nische, Prof. Thouret bei Angabe der Decoration darnach. Er ist zu diesem Zweck recht schicklich und angemessen.

Jena am 26. September 1798.

G.


13/3887.


An Johann Heinrich Meyer

Nur ein Wort des Grußes mit diesem Papier das zu dem Titelkupfer bestimmt ist! haben Sie die Güte nur einstweilen eine Anzahl Abdrücke, so wie auch von der Decke, zu besorgen, damit das Einbinden seinen Fortgang haben kann.

Schillern hoffe ich noch das Vorspiel zu entreißen, sein Zaudern und Schwanken geht über alle Begriffe; dafür hat er aber auch noch ein Paar Motive gefunden die ganz allerliebst sind.

Ich bin wohl und sehr vergnügt, meine Arbeit geht von statten und zwar gerade diejenige, die für den Augenblick die nothwendigste ist.

Möge Ihnen die Muse das gleiche gewähren.

Jena am 26. Sept. 1798.

G.[277]


13/3888.


An Christiane Vulpius

Hier ist die Quittung für das Geld, das du wohl verwahren magst. Meine Arbeiten gehen immer gut von Statten, Sonntags denke ich fertig zu seyn und Montags früh von hier abzugehen, damit ich zu Mittag in Weimar bin und den Nachmittag nutzen kann. Lebe indessen wohl und vergnügt und grüße das Kind.

Keine Nüsse in den grünen Schaalen sind nicht mehr zu haben, wenn du sie aber ohne Schalen magst so darfst du es Sonnabends nur schreiben.

Jena am 27. Sept. 1798.

G.


13/3889.


An Friedrich Schiller

Durch gegenwärtigen Boten wünschte ich Ihre Geschichte des dreißigjährigen Kriegs zu erhalten, um sie, sowohl zum Anfangsliede, als sonst zu mancherley nutzen zu können. Heute Abend komme ich nicht, denn ich will noch bis es dunkel wird in Wallensteins Lager verweilen, und dann die modern-antiken Preußen und Sachsen auf dem Jenaischen Theater beschauen. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen.

Morgen Mittag, wenn Sie es erlauben, bin ich Ihr Gast um noch manches durchzureden. Leben Sie recht wohl.

[Jena] Am 29. Sept. 1798.

G.[278]


13/3890.


An Johann Friedrich Cotta

Sie haben, mein werthester Herr Cotta, gewünscht, daß ich Ihnen etwas zur neuen Zeitung senden möchte. Ich glaube Ihnen nichts angenehmeres erzeigen zu können als wenn ich einige Nachricht vom Wallenstein ins Publikum brächte. Sie erhalten nach und nach mehr hierüber, vielleicht auch über andere Gegenstände, besonders wenn der Ton der allgemeinen Zeitung sich etwas liberaler als der Ton der Weltkunde erhalten sollte.

Lassen Sie diesen Aufsatz bald möglichst abdrucken.

Ich sehe nun mit Verlangen dem ersten Stück der Propyläen entgegen. Manuscript zu dem zweyten werde ich auch bald senden und so wird denn diese Arbeit im Gange seyn. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Jena am 29. Sept. 1798.

Goethe.


13/3891.


An Friedrich Schiller

Sie werden sehr wohl thun den Prolog in den Almanach zu rücken, er mag in den Posselt und sonst wohin alsdann auch noch wandern, wir müssen uns nach und nach in die Ubiquität auch einrichten und sie soll uns nicht fehlen.

[279] Haben Sie die Güte mir den Prolog, sobald er fertig ist, zu senden, die Anlage dazu ist fürtrefflich und die Ausführung wird nicht zurück bleiben.

Noch vor Abgang dieses Briefs hoffe ich Abdrücke von der Decke und Titelkupfer zu erhalten.

Für heute nichts weiter, denn die Confusion ist gar groß um mich herum.

W. d. 3. Octbr. 98.

G.


Was ich von Abdrücken habe erhalten können, sende hierbey mit, es war nicht einmal Zeit sie nachzuzählen, haben Sie die Güte solches thun zu lassen und zu schreiben wie viel Sie noch überdieß brauchen, damit man Anstalten dazu macht, denn es ist jetzt hier alles gar sehr beschäftigt. Leben Sie recht wohl.


13/3892.


An Friedrich Schiller

Der Prolog ist gerathen wie er angelegt war, ich habe eine sehr große Freude daran und danke Ihnen tausendmal. Ich habe ihn nur erst einigemal durchgelesen um mich von dem Ganzen recht zu penetriren und noch kann ich nicht bestimmen, was vielleicht wegzulassen wäre und ob ich nicht wegen des Theater Effects noch hie und da einen kleinen Pinselstrich aufhöhen würde.

[280] Morgen Abend mit den Botenfrauen sollen Sie meine Edition erhalten, können Sie den Druck noch so lange aufschieben, so wird es gut seyn, damit wir einerley Lesart haben, Montag soll er gleich nach Stuttgard.

Es thut mir nur leid daß ich ihn nicht selbst sprechen kann, doch wenn sich Vohs hält wie unsere andern beym Vorspiel, so können wir zufrieden seyn. Leißring, Weyrauch und Haide declamiren die gereimten Verse als wenn sie ihr Lebtag nichts anders gethan hätten, besonders hat Haide gegen den Schluß einige Perioden declamirt wie ichs auf dem deutschen Theater noch gar nicht gehört habe.

Nach dieser guten Nachricht muß ich aber leider anzeigen: daß es mir unmöglich war auch nur eine Zeile zu unserm Zwecke beyzutragen, deswegen schicke ich einen Band des Pater Abraham, der Sie gewiß gleich zu der Capuzinerpredigt begeistern wird. So wäre zum Ex. Das Raben Cras als Schlußformel, in Genasts Munde, vielleicht höchst erbaulich, s. die gezeichnete Seite p. 77. Es ist übrigens ein so reicher Schatz der die höchste Stimmung mit sich führt.

Das Anfangslied bring ich auch nicht zu Stande, habe aber etwas schickliches dafür zu substituiren. Das kann alles bey den folgenden Repräsentationen nachgebracht werden, wie überhaupt das Stück fordert daß immer etwas neues und veränderliches darinn vorkommt, damit bey folgenden Repräsentationen sich[281] niemand orientiren könne. Leben Sie indessen recht wohl, Sie erfahren nun bald den Tag an dem ich Ihre Ankunft wünsche, bis jetzt geht es noch sehr bunt zu. Grüßen Sie Ihre liebe Frau.

Weimar am 5. October 1798.

G.


13/3893.


An Friedrich Schiller

Hier kommt der Prolog zurück, ich habe Ihre Änderungen mit Vergnügen aufgenommen, denn sie sind sehr zweckmäßig, dagegen wünschte ich daß, statt der Stelle, die ich ausgestrichen habe, die andere eingefügt werde, welche hier im Manuscript folgt. Meine Absicht war dabey

1) daß von unsern Schauspielern etwas mehr,

2) von Iffland etwas weniger gesprochen würde,

3) daß irgend eine Stelle auf Schrödern gedeutet werden könne.

Haben Sie die Güte daß ich einige gedruckte Exemplare vom Prolog Montags bey Zeiten erhalte, so schicke ich gleich eins an Schrödern, mit einem artigen Wort, und eins nach Stuttgard.

Allenfalls könnten Sie mir, durch diesen Expressen, den Coreccturbogen, wenn Sie ihn weiter nicht brauchen, wieder herüberschicken und mir nur anzeigen: ob Sie meine Stelle aufnehmen wollen, so lasse ich die beyden Exemplare, die abgehen sollen, gleich schreiben.

[282] Hier kommt ein Theil des Vorspiels! arbeiten Sie ja daran fort, ob ich Ihnen gleich nicht versprechen kann schon das nächste mal die Veränderungen aufzunehmen. Alles ist jetzt schon so auf Reim und Sylbenfall eingerichtet, so auf die Stichwörter eingehetzt daß ich nichts zu ändern wage, weil unmittelbar Stockungen zu befürchten sind. Leben Sie recht wohl, es fängt nun an so bunt zu gehen, daß nur die Hoffnung: es werde bald Abend und alles vorbey seyn, mich noch erhalten kann.

Weimar am 6. Oct. 1798.

G.


13/3894.


An Friedrich Schiller

Mit der heutigen Abendpost will ich Ihnen nur einige Worte sagen wie wir ohngefähr stehen:

Von dem Prolog lasse ich zwey Abschriften machen, gleichlautend mit Ihrem gedruckten. Der von mir veränderte Periode, den Sie aufgenommen haben, wird eingeschaltet.

Für die Recitation hier habe ich eine andere Ausgabe veranstaltet, und die Mimen und Aeren bey Seite gebracht, dagegen den Wallenstein ein paarmal genannt, damit man nur irgend ohngefähr verstehe was wir wollen. Wie anders ist es was man mit sich und unter Freunden ins zarteste und besonderste arbeitet! und was der fremden Masse im[283] allgemeinsten vorgetragen werden soll! Sie werden darüber noch das wunderbarste bey dieser Gelegenheit erleben und hören.

Übrigens geht noch bis jetzt alles ganz erwünscht. Der Saal sieht sehr artig aus und der größte Theil ist vergnügt und erfreut darüber, so daß die einzelnen Widersacher ein sehr böses Spiel haben.

Das Vorspiel geht recht artig. Es war heute Probe auf dem Theater. Wir müssen aber auf die geringste Veränderung Verzicht thun. Bey der Schwierigkeit eine so neue und fremde Aufgabe mit Ehren zu vollenden, klammert sich jeder so fest an seine Rolle, wie ein Schiffbrüchiger ans Brett, so daß man ihn unglücklich machte, wenn mans ihm wacklig macht.

Ich arbeite nur daß alles Einzelne heraus gehoben werde und sich ans Ganze anschließe.

Das Soldatenlied liegt bey, womit das Stück anfangen soll. Die Musik wird morgen früh in Ordnung kommen und ich hoffe bald soll alles wohl im Hause stehen.

Ich will Sie nicht eher herübersprengen als nöthig ist, denn es ist noch nicht einmal wahrscheinlich daß wir Mittwoch spielen. Sobald aber Prolog und Vorspiel so eingelernt sind daß Sie solche mit Vergnügen hören könnten, so schicke ich einen Expressen. Halten Sie sich daher parat um abgehen zu können.

Die Capuzinerpredigt schicken Sie mir ja, sobald sie fertig ist. Sonst ist alles besorgt und die Abschriften,[284] von denen ich zu Anfang des Briefes sprach, gehen morgen Abend an Schröder und Posselt.

Übrigens ist eine Vorrecension der Aufführung, so wie des Effects, den das Stück gemacht hat, schematisirt und kann in einigen guten Stunden fertig werden. Da ich mich einmal auf das Element der Unverschämtheit begeben habe, so wollen wir sehen wer es mit uns aufnimmt.

Indessen bleiben Sie ruhig bis mein Bote kommt. Sollte sichs morgen zeigen daß wir Mittwoch nicht spielen, so erfahren Sie's Dienstag durch einen Boten.

Übrigens kann ich Sie versichern, daß der Hauptzweck erreicht wird, einige wenige, die dem Prolog zugehört haben, glauben, so wie die Schauspieler selbst, daß sie doch nun so ziemlich wüßten wie es damals ausgesehen habe.

Leben Sie recht wohl und seyn Sie nur so fleißig als möglich.

Wegen der Kupfer wird Meyer das seinige thun; leider liegt auf diesen Dingen der Fluch daß sie immer übereilt werden müssen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau.

Weimar am 6. October 1798.

G.


13/3895.


An Friedrich Schiller

Hier kommt nun wieder ein Packet Abdrücke, die folgenden von der Decke sollen recht farbig seyn, sie[285] kommen etwas theurer zu stehen, sie sehen aber auch dafür recht erfreulich aus.

Wahrscheinlich wird die Eröffnung unsers Theaters erst Freytag seyn. Ich ersuche Sie also sich Donnerstags, zu guter Vormittagszeit, einzufinden, damit wir noch alles besprechen und Abends die Hauptprobe abwarten können.

Die Hauptfiguren machen ihre Sache trefflich und haben schon exellent memorirt, mit den übrigen stockt noch ein wenig, das wird sich aber alles noch in thätige Harmonien auflösen. Übrigens versteht man an allen Ecken und Enden das leistete wohl artikulirte Wort.

Übrigens habe ich das Pensum, wie solches die neue Zeitung nunmehr bald bringen wird, bisher öfters zu repetiren Gelegenheit gehabt und ich hoffe man wird mir nun bald meine eignen Worte wieder vorsagen.

Leben Sie recht wohl, ich bin vom besten Humor weil bis jetzt wirklich alles recht gut geht.

Schicken Sie mir doch ein paar Abdrücke des Prologs mit den Botenweibern und die Capuziner Predigt je eher je lieber.

Weimar am 7. October 1798.

G.[286]


13/3896.


An Friedrich Ludwig Schröder

Dem Senior der deutschen Schaubühne kann es, in der Entfernung von derselben, doch nicht ganz gleichgültig seyn was irgend bedeutendes darauf geschieht. Dahin dürfen wir Weimaraner wohl rechnen: daß, bey der Eröffnung unsers erneuten Theaters, Wallenstein durch ein Vorspiel angekündigt wird, von welchem beykommender Prolog das mehrere besagt. Nehmen Sie diese Mittheilung als das Zeichen einer aufrichtigen Verehrung an, die man dem vorzüglichen Talente schuldig ist und als einen Laut der Hoffnung: daß ein Gestirn, dessen sich Deutschland so lange freute, nur hinter Wolken und nicht völlig hinter dem Horizonte verborgen sey.

Weimar, am 7. October 1798.

Goethe.


13/3897.


An Johann Heinrich Dannecker

[Concept.]

Der Herr Professor Thouret sollte Ihnen meinem Dank für die Büste und meine Gesinnungen über die Zeichnung mitbringen, seine Abreise hat sich zum Vortheil unseres Schauspielhauses von einer Woche zur andern verzogen, in wenigen Tagen werden wir das Theater eröffnen können und sind so eben in der lebhaftesten Arbeit begriffen.

[287] Verzeihen Sie daher wenn ich heute nur die glückliche Ankunft der Büste melde und das übrige verspare bis die größte Unruhe vorüber ist.

Wenn Ihnen das erste Stück der Propyläen, einer Zeitschrift die ich bey Herrn Cotta herausgebe, in die Hände fällt, so lesen Sie doch das Capitel von den Gegenständen der bildenden Kunst, ich werde mich künftig darauf beziehen, wenn ich meine Gründe angebe warum ich die leidende Andromacha, von ihren Verwandten umgeben, für keinen günstigen Gegenstand halte.

Ihren Eifer für Ihre Kunst weiß ich zu erkennen und zu schätzen und erinnere mich oft mit lebhaftem Vergnügen der nützlichen und angenehmen Stunden, die wir zusammen zugebracht. Warum können wir nicht auf einige Zeit näher beysammen seyn um uns über gewisse Grundsätze zu vereinigen von denen, nach meiner Überzeugung, alles abhängt, von denen aber der Künstler, durch die Richtung unsers Jahrhunderts, leider oft abgelenkt wird.

Leben Sie indessen recht wohl. Grüßen Sie Ihre liebe Frau, Herrn Rapp und seine werthe Gattin.

W. d. 7. October 1798.[288]


13/3897a.


An Christian Gottlob Voigt

Bey Eröffnung des Theaters würden uns eines schweren Undancks schuldig machen, wenn wir nicht dabey gedächten wie manigfach wir Ihnen schuldig geworden sind. Erlauben Sie daher daß wir Sie ersuchen einer freyen Entree sich künftig auf jeden beliebigen Platz zu bedienen und unser Dankbarkeit, so wie meiner unveränderlichen Freundschaft und Anhänglichkeit versichert zu seyn.

W. d. 10. Octb. 1798

Goethe.[19]


13/3898.


An Christiane Vulpius

Laß durch den Registrator die beyden Bücher

Drelincourt Achilles Homericus und

Diderot sur la Peinture

aufsuchen, sie stehen beyde auf dem Bücherbret an der Thüre in meinem Wohnzimmer und gieb sie diesem Boten wenn er zurückkehrt mit.

Bey dem schönen Wetter geht es mir hier recht wohl und ich hoffe fleißig zu seyn. Ich wünsche dir gleichfalls recht vergnügt zu seyn. Wenn mir noch was vorkommt so schreibe ich mit den Botenweibern noch ein Wort. Kaufe auf dem Jahrmarkt einiges Werkzeug und Geräthe was wir nach Roßla allenfalls brauchen.

Jena am 15. October 1798.


Laß die Botenfrau bey dir im Hause warten und schicke die mitkommenden Sachen herum, du packst das was an mich soll alsdenn selbst zusammen und giebst es ihr mit, wenn man sie in der Stadt herum laufen ließe könnte es Confusion geben.

Also

1) Ein Brief an Herrn Geh. Rath Voigt mit einer Schachtel; auf den ist allenfalls keine Antwort nöthig.

2) Ein Brief an Herrn Kammerrath Riedel mit einer Schachtel; auf den muß eine Antwort[289] erfolgen, denn ich lade den Prinzen zur Weinlese ein.

3) Einen Brief an Herrn Hofkammerrath Kirms; dagegen erhalte ich ein kleines Packet.

4) Ein Brief an Kupferstecher Müller, von welchem ich auch ein Packet erwarte.

5) Einen Zettel auf 12 Bouteillen Wein, die du im Keller holen lässest und entweder dieser Frau oder morgen den Botenweibern mitgiebst, welches mir im Grunde einerley ist.


Das nothwendigste überhaupt ist die Antwort von Kammerrath Riedel und das Packet von Müller, das übrige hätte allenfalls bis morgen mit den Botenweibern Zeit, denn ich wünschte daß du diese Frau bald abfertigtest weil ich, ehe die Botenweiber heute Abend abgehen, gern gewiß wissen möchte, ob der Prinz Donnerstags kommt. Lebe recht wohl.


13/3899.


An Franz Kirms

Es geht mir hier überhaupt und auch in theatralischer Rücksicht wohl. Hofrath Schiller ist gleich an die »Piccolomini« gegangen und ich habe die besten Hoffnungen. –

Haben Sie die Güte dem Überbringer »Wallensteins Lager« mitzugeben.

[290] Es versteht sich von selbst, daß die Schauspieler aus ihren Rollen Niemand etwas mittheilen, doch könnte ein Wink an die Wöchner nicht schaden, wir wissen ja wie es mit den Partituren geht.

Hofrath Loder kommt Sonnabends mit seiner Familie zum »Oberon«, er bittet ihm die Plätze in der Loge, wo die Herren Geheime Räthe sitzen, aufzuheben. Ich denke, es wird sich schon nach und nach Manches hinaufziehen. Haben Sie die Güte Überbringern den auf der Beilage verzeichneten Wein mitgeben zu lassen. Der ich mich bestens empfehle und recht wohl zu leben wünsche.

Jena am 15. October 1798.


Hofrath Lodern sagen Sie noch nichts von dem Gedanken, den ich Ihnen neulich mittheilte; wir müssen jetzt äußerst sachte gehen, um uns den Handel nicht zu verderben. –

Den Zettel wegen des Weins habe ich in mein Haus geschickt, man mag von dort aus in den Keller senden, die Botenfrau wartet in meinem Hause, haben Sie die Güte, das, was an mich soll, dort hin zu schicken.

G.[291]


13/3900.


An Franz Kirms

[Jena, 16. October.]

Es ist mir äußerst angenehm, wenn Cordemann reüssirt, wir brauchen besonders zum »Wallenstein« und zu manchem, was noch kommen wird, wackre Leute.

Den Brief von Hunnius läßt man am besten unbeantwortet; es ist mir ohnedies nicht klar, warum er eigentlich so verdrießlich ist; machen Sie nur den Handel mit seinem Nachfolger gewiß, denn dieses Billet gilt für eine reine Aufkündigung.

Man kann nur Personen, die zur Familie gehören, und nicht solche, die im Hause als Untergebene und Bediente existiren, auf ein Abonnementbillet einlassen.

Für das übersendete Vorspiel danke ich recht sehr.

Ich hoffe von Schillern bald einen Akt der »Piccolomini« zu erhalten; Schumann könnte etwa Sonntag früh hüben seyn und gleich an den Rollen ausschreiben. Das wird uns sehr fördern.

G.[292]


13/3900a.


An Franz Kirms

[Jena, Mitte October 1798.]

Hierbey folgen die Rapporte, welche gefällig heften zu lassen bitte, so wie auch die Theaterbau-Zettel, welche ich dießmal nicht signiren konnte, es soll geschehen sobald ich wieder komme.

Gegen Mad. Burghof habe ich mich kurz gefaßt. Das Röllchen ist gerade recht für sie. Lasse Sie uns dabey bleiben und ihr wenigstens in der ersten Zeit alle Hauptrollen versagen.

Die Chaise, die nunmehr in meinem Hofe steht, haben Sie ja wohl die Güte gelegentlich ansehen zu lassen. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

G.[65]


13/3901.


An Johann Friedrich Cotta

Sehr erfreulich war mirs, das erste Stück der Propyläen zu erhalten, mit dessen Druck und Einrichtung[292] man im Ganzen recht wohl zufrieden seyn kann. Einige kleine Bemerkungen darüber schreibe ich nächstens. Wir wollen nun gelassen und ununterbrochen fortschreiten. Etwa in acht Tagen sende ich den Anfang des Manuscripts zum zweyten Stück.

Haben Sie die Güte mir meine Rechnung auf das Quartal Michael zu stellen, und anzunehmen als wenn die 50 Karolin an Herrn Thouret schon bezahlt wären und mir also solche schon diesmal zuzurechnen. Das Weihnachtsquartal wollen wir nicht angreifen, denn bey unsern Verhältnissen zu Ihren Stuttgarder Künstlern wird es immer gut seyn wenn ich etwas bey Ihnen in Casse habe.

Unser Theater ist nun eröffnet und ich hoffe Freytag die Nachricht davon Ihnen zuschicken zu können. Wie sehr verdient nicht Schillers dramatische Bearbeitung der Wallensteinischen Geschichte allgemein gekannt und geschätzt zu werden.

Mit Vergnügen werde ich öfters Beyträge zur Allgemeinen Zeitung schicken. Erhalten Sie darin wenigstens nur einen Schein von Unparteilichkeit. Man erwartet von einem solchen Tagesblatt die neusten Nachrichten und, wie das Ihrige eingerichtet ist, allgemeine Übersichten; wie kann man aber dazu ein Vertrauen fassen, wenn ein grenzenloser, einseitiger Hang die Verfasser verdächtig macht. Habe doch jeder seine Meynung, neige sich doch jeder zu irgend einer Partey, allein wer zu vielen sprechen will muß sich zu mäßigen[293] wissen, wie man es in jeder guten Gesellschaft thut. Ganz anders ist der Fall der Journalisten und Zeitungsschreiber die in Frankreich oder England für diese oder jene Partey arbeiten; wir Deutschen sollten aber doch endlich wissen, was uns frommt.

Sehr gern will ich, wie gesagt, an diesem Institut Theil nehmen, so lange es nicht allzu gewaltsam meinen Zustimmungen und meinen Verhältnissen widerstrebt. Denn es ließe sich freylich, wenn man es recht ernsthaft und wacker angriffe, noch gar manches thun, wovon vielleicht künftig mehr.

Der Gedanke, die Einleitung bis pag. IX, bis zur Stelle: mag die Zeit lehren, einstweilen abdrucken zu lassen, ist recht gut. Sobald das zweyte Stück da ist, schicke ich Ihnen alsdann einen kleinen Aufsatz für die Allgemeine Zeitung, der die Sache schon weiter führen soll. In den jenaischen Anzeiger will ich nur eine ganz kurze Anzeige des Inhalts einrücken lassen.

Wegen des Preises haben Sie völlig freye Hand und ich finde nichts dabey zu erinnern daß Sie ihn hoch setzen. Ihre Gründe scheinen den Umständen ganz gemäß zu seyn.

Für die übersendeten Kalender danke ich recht vielmals. Wenn wir Autoren uns nicht zu sehr hüten müßten, etwas zu versprechen, so würde ich Ihnen zum nächsten Damen- und Gartenkalender einen kleinen Beytrag zusagen. Ich hoffe daß eine glückliche Stimmung[294] meinen guten Willen secundiren soll, wir haben ja noch lange bis dahin.

Der ich indeß recht wohl zu leben wünsche.

Jena am 17. October 1798.

Goethe.


13/3902.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeb. erhalten im Beischluß meine Gedanken über die verschiedenen Anfragen. Hier nur noch Weniges.

Montag komme ich wahrscheinlich zur Komödie.

Wenn Cordemann den Frauen gefällt, bin ich schon zufrieden; die Frauen sind schon mehr als ein halbes Publikum. Will Genast die bekannte Rolle an ihn abgeben habe ich auch nichts dagegen.

»Fiesco« kann nicht gegeben werden.

So viel kann ich nur sagen, daß diesen Winter auf unserm Theater noch manches Neue erscheinen wird, woran gegenwärtig noch Niemand denkt.

Die erste Redoute will ich gern mit einrichten helfen. Die viele Mühe, die Ew. Wohlgeboren sich geben, verlangt meine ganze Dankbarkeit. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Jena am 18. October 1798.

G.[295]


13/3903.


An Franz Kirms

[Concept.]

Daß man bey Frau Ortelli wegen guter Bedienung am sichersten ist daran habe ich nicht den mindesten Zweifel und will also gern wenigstens für dieß Jahr meinen Wunsch unterdrucken daß der Casse ein besserer Vortheil geschafft werden möge. Ich überlasse daher wie man mit ihr conveniren will und kann.

Jena am 18. October 1798.


13/3904.


An Friedrich Schiller

Alles wohl in Betrachtung gezogen, und mit besonderer Zustimmung unserer geistigen und leidlichen Müdigkeit, gedenken wir heute Abend zu Hause zu bleiben, und wünschen eine gute und geruhige Nacht.

Ist es möglich mir auf morgen früh Ihren Abschreiber zu schicken, so werde ich durch ihn besonders gefördert seyn.

[Jena] den 18. October 1798.

G.


13/3905.


An Friedrich Schiller

Das Opus hat mich länger aufgehalten als ich dachte, es ist nicht mehr Zeit es abzuschreiben, wir[296] wollen daher dieses saubere Concept auf den Abend abschicken. Zur Bequemlichkeit des Setzers habe ich die Verse roth vorgestrichen, welche mit andere Schrift zu drucken sind.

Gehen Sie doch den Aufsatz bedächtig durch, ob man vielleicht noch etwas einschaltete oder anhinge. Ich will heute bey Zeiten kommen und wir schicken das Packet, vom Garten aus, weg. Leben Sie recht wohl.

[Jena] d. 19. October 98.

G.


13/3906.


An Nicolaus Friedrich Thouret

Die Vorschläge, welche Sie wegen des Schloßbaues thun, werde ich überlegen und nach Ihren Wünschen befördern. Montag komme ich zurück, da wir dann alles verabreden können.

Das Blatt, welches den Theater und Redoutensaal betrifft, folgt hierbey zurück.

Ich bleibe Ihnen dankbar, sowohl für Ihre artistische Bemühungen als für Ihr persönliches Betragen, in manchen Fällen. Fahren Sie fort mir dieses ohnehin so schweige Unternehmen fördern und erleichtern zu helfen. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Jena am 19. October 1798.

Goethe.[297]


13/3907.


An Carl August Böttiger

[Concept.]

[Jena, etwa 20. October.]

Ew. Wohlgeb. haben mir durch die übersendete Anzeige von mehr als Einer Seite Vergnügen gemacht. Man erkennt in derselben den aufmerksamsten Beobachter, der, ohne das Ganze aus den Augen zu verlieren, das einzelne lebhaft ergreift, der die allgemeine Intention übersieht und das besondere der Ausführung zu würdigen weiß, und, indem er das Alte in seinem ganzen Umfange kennt, einer Neuerung ihren Platz anzuweisen versteht.

In der allgemeinen Zeitung werden Ew. Wohlgeb. bald einen Aufsatz finden, welcher, besonders durch ausgezogne Stellen, das Publikum umständlicher mit dem Vorspiel bekannt macht. Dabey werden Sie mit Vergnügen sehen daß Ihre Anzeige dadurch gleichsam nur supplirt wird und beyde Aufsätze zusammengenommen erst eine Art von Ganzem ausmachen. Diese unverabredete Übereinstimmung ist mir umsomehr erfreulich, als sie mich hoffen läßt, daß wir diese, für das deutsche Theater so bedeutende Angelegenheit mit gemeinsamem Eifer befördern und die Hindernisse, die ihr anderswo im Wege stehen, bey uns wenigstens überwinden und wegräumen werden.[298]


13/3907a.


An die Hoftheater-Commission

[Weimar, zweite Hälfte October 1798.]

Hierbey liegt ein Entwurf zur Ankündigung der Redouten, den ich zur Beurtheilung überlasse und nur noch einige Bemerkungen hinzufüge:

ad 1. Künftige Redouten kündigte man gleichfalls jedesmal einige Zeit vorher an.

ad 3. und 4. Wäre der Modus zu überlegen wie man den Zufluß von dem Saal auf den Balkon verhindern könnte ohne die Personen, die das Recht haben hinauf zu gehen, zu geniren.[65]

ad 5. Ich habe mit dem Herrn von Fritsch gesprochen und wir sind dahin überein gekommen:

Die Redoute geht um 7 Uhr an. Man tanzt Menuets bis halb Acht, bis 8 Uhr Dreher, dann fängt ein Englischer an, welchen Fritsch vortanzen will. Ein solcher Englischer dauert keine ganze Stunde und wenn der Hof um 9 Uhr kommt kann schon wieder ein Dreher angegangen seyn und also die Redoute gleichsam zum zweytenmale anfangen.

Das geschwinde Schleifen wäre gar nicht zu statuiren. Es macht den ärgsten Staub, wenn es auch nicht so schädlich für die Gesundheit wäre.

ad 6. Müßte Aulhorn auf das ernstlichste deßhalb instruirt werden.

ad 7. Wegen der gemeinen Soldaten wäre es vielleicht schicklicher daß man den Herrn Major von Germar wegen dieser Sache begrüßte und ihn um eine Ordre deßhalb an seine Officiers ersuchte und dieser Classe in dem Avertissement gar nicht erwähnte.

ad 9. Die Anordnung wegen der Drahtaugen wird man wohl nur erst künftige Redoute in Ausübung bringen können weil die Handelsleute mit schwarzen Masken wohl schwerlich versehen sind.

Hiernächst wäre noch Folgendes zu gedenken:

a.) Auf die Qualität der Tittlischen Getränke und Speisen gute Aufsicht zu haben.[66]

b.) Die Bank anders zu placiren.

c.) Den Eingang durch das kleine Vorzimmer zu nehmen und wegen Aufbewahrung der Kleidungsstücke den nöthigen Rechen zu besorgen.

d.) Eberwein und seine Leute durch den Theater-Perüquier frisiren zu lassen und ihnen anständige Masken aus der Theatergarderobe zu geben.

e.) Wird man denen Personen die Freybillets und freye Entreen in das Theater haben auch den freyen Eingang auf die Redoute gestatten?

f.) Den Schauspielern wird man sie wohl gönnen, doch müßte man wohl sämmtlichen Billets zuschicken, welches jedoch zu überlegen wäre.

Sollte mir noch was einfallen so werde solches einzeln nachbringen.


13/3907b.


An die Hoftheater-Commission

[Weimar, zweite Hälfte October 1798.]

Hier schicke ich das Concept zur Ankündigung wie sie allenfalls gleich gedruckt werden könnte. Doch wünsche ich die letzte Correctur zu sehen.

Ich habe einige Bemerkungen zu den Puncten auf dem zweyten Blatte hinzu geschrieben. Es wird gut seyn wenn wir über verschiednes uns noch heute mündlich besprechen.

G.[67]


13/3907c.


An die Hoftheater-Commission

[Weimar, 23. October 1798.]

Bey den völlig veränderten Umständen werden Serenissimus wohl der Commission diese Sache ganz überlassen, doch könnte man, wäre es auch nur um einige Zeit zur Überlegung zu gewinnen, und dem Contract die schickliche Form zu geben, dem Handelsmann Franke heute Abend die Resolution ertheilen:

Man sey zwar von Seiten fürstlicher Commission nicht abgeneigt Herrn Franken die Bank zu überlassen, doch wolle man sich vorbehalten die endliche Bestimmung darüber demselben mit der Donnerstagspost zugehen zu lassen.

G.


13/3907d.


An die Hoftheater-Commission

Hierbey liegt ein etwas verändertes Concept zu einem Contract mit Franken in welchem ich die Cautel, die man sich vorbehalten möchte, so deutlich als möglich aufzustellen gesucht habe.

Ich glaube, daß wir auch ohne weitere Anfrage bey Serenissimo den Contract abschließen können indem bey völlig veränderten Umständen die vorige Betrachtung nicht mehr eintreten können.

Weimar d. 24. Oct. 1798.

s.m.G.[68]


13/3908.


An Carl August Böttiger

Unserm würdigen Schröder glaubte ich, bey Gelegenheit der Wallensteinischen Vorstellungen, einen freundlichen Gruß schuldig zu seyn, es freut mich, daß er ihn so gut aufgenommen hat. Seine Antwort ist mir beruhigend, indem ich dadurch aus der Ungewißheit gezogen werde, und, mit mehrerer Zuversicht, meine kleinen Plane für diesen Winter verfolgen kann. Der ich dankbar den mitgetheilten Brief zurücksende und recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 26. October 1798.

Goethe.


13/3909.


An Friedrich Schiller

Endlich ist denn auch die erste Redoute, mit männiglicher Zufriedenheit, vorüber und das Lokal zu diesem Zwecke nun auch bestimmt. Ich muß noch einige Tage verschiednen Geschäften widmen, Dienstag nach Roßla gehen, so daß ich glaube Sonntags den vierten November bey Ihnen zu seyn und den übrigen Monat mit Ihnen zuzubringen. Mich verlangt es gar sehr nach einer Folge von innerer Thätigkeit, die ich leider bisher so lange nicht genossen habe. Unsere Schauspieler mögen mittlerweile einige Nova, welche, aufrichtig[299] zu reden, von schrecklicher Art sind, lernen und vortragen. Die Rechnung wegen der Auslagen liegt bey, Professor Meyer hat sie gemacht und erwartet deren gelegentliche Wiedererstattung.

Den Betrag für den Musenalmanach, für welchen im voraus danke, wünsche hier zu erhalten, ob es gleich auf eins hinauskommt; denn Cotta hat mir früher oder später etwas zu remittiren.

Von Schrödern habe ich eine Antwort, die, wenn man seine Art kennt, welche freylich unglaublich trocken und abgelebt ist, so ganz freundlich und artig klingt. Es entscheidet sich aber doch dadurch, daß er diesen Winter nicht kommt, und wahrscheinlich auch künftigen nicht u.s.w. Es ist mir nur lieb, daß man wenigstens für die erste Zeit hierüber Gewißheit hat und seinen eignen Gang fortgehen kann. Hoffen und harren ist gar meine Sache nicht.

Leben Sie recht wohl und fahren fleißig in Ihrer Arbeit fort. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und genießen der schönen Tage, welches mir versagt ist.

Weimar am 27. October 1798.

G.


13/3910.


An Carl Ludwig von Knebel

Du wirst mir verzeihen, werther Freund, daß ich so gar lange nichts von mir gemeldet habe; hier sende ich dir ein Stück der Propyläen und wünsche[300] daß du dich aus der Ferne durch dieses Mittel gerne mit uns unterhalten mögest.

Über die Einrichtung des Theaters, sowohl zum Schauspiel als zur Redoute, bin ich bisher fast nicht zu mir gekommen, nun mag denn alles gelassen seinen Gang gehen, ich werde mich ehester Tags wieder nach Jena begeben und von dort her dir etwas mehr schreiben.

Von Wien habe ich sehr schöne ungarische Stufen erhalten, durch Graf Fries und Lerse, die verschiednen Pechsteine, Halb- Holz- und Wachsopale, schöne Antimonialstufen, Titanit, haben sich bey dieser Gelegenheit eingefunden. Es thut mir leid daß ich dir sie nicht vorzeigen kann, denn bey solchen Gelegenheiten freut man sich gar zu gern mit seinen Nachbarn.

Lebe recht wohl, gedenke mein und laß bald etwas von dir hören. Weimar am 30. Oct. 1798.

G.


13/3911.


An Friedrich Schiller

Hier schicke ich den Schröderischen Brief zum Zeugniß daß ich nicht übel gelesen habe. Ich habe nie sonderliche Hoffnung auf sein Kommen gehabt, indessen haben wir das unsrige gethan.

Der Herzog ist nicht wohl, darüber werde ich etwas später kommen, denn ich muß doch noch einmal vorher nach Roßla. Mich verlangt gar sehr zu sehen[301] wie weit Sie gekommen sind und fühle ein wahres Bedürfnis das Farbenwesen endlich einmal los zu werden. Die Propyläen sind für mich eine wahre Wohlthat, indem sie mich endlich nöthigen die Ideen und Erfahrungen, die ich mit mir so lange herumschleppe, auszusprechen. Es freut mich sehr wenn Ihnen das erste Stück recht freundlich und gemüthlich entgegen gekommen ist. Leben Sie recht wohl, genießen Sie der schönen Tage, ich habe jetzt nur meine großen Zimmer im Schloß und meinen neuen Ofen im Auge, und hege keinen andern Wunsch als von der Chromatik entbunden zu seyn; doch wer kann wissen was über uns verhängt sey. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und bleiben Sie fest im Bunde des Ernstes und der Liebe, alles übrige ist ein leeres und trauriges Wesen.

Weimar am 31. October 1798.

G.


13/3912.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich höre durch Trabitius daß du die Leinwand von deinem Strohsack haben willst. Es ist aber weder haushältisch für dich noch für uns; du erhältst einen alten Lumpen und wir müssen einen neuen Sack theuer bezahlen, der uns keine bessern Dienste leistet. Ich habe daher Trabitius geschrieben er soll ihn liegen lassen und ich will dir ehester Tags von[302] hier aus neue Leinwand zu einem tüchtigen Strohsack schicken.

Die Steine aus deinem kleinen Schränkchen habe ich sorgfältig einpacken lassen und will dir sie nach und nach übersenden. Ich wollte du ließest dir in Ilmenau ein solches Schränkchen machen und nähmst die Bezahlung des Jenaischen von mir an, dadurch wäre uns beyden geholfen. Ich denke den Winter mehrmals drüben zu seyn und wünschte einige Bequemlichkeit um mich herum. Lebe recht wohl und laß bald von dir hören.

Weimar am 31. October 1798.

G.


13/3913.


An Johann Friedrich Cotta

Die 18 Exemplare Propyläen Erstes Stück sind wohlbehalten angekommen, der Druck nimmt sich ganz gut aus, und ich wünsche dem Werk eine gute Aufnahme. Gegenwärtig bedarf ich keiner Exemplare weiter. Sollte ich künftig einige wünschen, so zeige ich es an.

Nach Straßburg an den jüngern Herrn Schweighäuser und nach Paris an den Bürger Millin spedirten Sie ja wohl Exemplare, in meinem Nahmen; doch suchten Sie wohl diesen Personen auf irgend eine Weise das Porto zu ersparen. Italien ist jetzt so unruhig daß dahin gar nicht zu denken ist. Nach London[303] geben Sie ja wohl einige Exemplare an die dortigen deutschen Buchhändler in Commission. Es soll nun bald über Franzosen und Engländer und ihre Kunst hergehen.

Hierbey schicke ich abermals Manuscript zum zweyten Stücke. Ich wünschte daß der Druck sobald als möglich gefördert würde. Das dritte Stück soll auch gleich folgen. Denn es wäre gut wenn wir bis Ostern viere zur Messe brächten, um von mehrern Seiten zu zeigen wo wir hinaus wollen.

Melden Sie mir doch bald, wieviel Sie noch Manuscript zum zweyten Stücke brauchen.

Für die überschickten Gartenkalender danken wir bestens. So viel für heute, nächstens mehr.

Weimar am 7. Nov. 1798.

G.


13/3914.


An Friedrich Schiller

Ihren Brief, mein Werthester, habe ich leider erst gestern Abend gefunden als ich von Roßla zurück kam. Professor Meyer wird das mögliche thun Ihnen die Abdrücke bald zu schaffen.

Ich gratulire zum Einzug in die Stadt. Die Nachbarschaft giebt denn doch, besonders den Winter, eine lebhaftere und bequemere Communication.

[304] Schröders Antwort ist, wie es scheint, Ihnen sonderbarer als mir vorgekommen. Bey meinem radicalen Unglauben über die Menschen kommt mir so etwas ganz natürlich vor.

Eben so möchte ich auch wegen der Aufnahme des Almanachs sagen: wer nicht wie jener unvernünftige Säemann im Evangelio den Saamen umherwerfen mag ohne zu fragen was davon und wo es aufgeht, der muß sich mit dem Publiko gar nicht abgeben.

Ich wünsche guten Fortgang des Wallensteinischen Gedichtes. Was mich betrifft so komme ich diesmal mit dem festen Vorsatz zu Ihnen mir das Farbenwesen, es koste was es wolle, vom Halse zu schaffen. Ich habe es diese letzten Tage einmal wieder ganz überdacht und die Darstellung meiner Ansichten scheint mir immer möglicher zu werden.

Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau, ich werde nun nicht lange mehr außen bleiben.

Weimar am 7. Nov. 1798.

G.


13/3915.


An Carl Ludwig von Knebel

Wie bunt es mir bisher um den Kopf gegangen ist, wie sehr ich mir eine Einsamkeit, der deinigen ähnlich, gewünscht habe kann ich dir nicht ausdrucken. Deinen Properz erwarte ich mit Verlangen. Das erste Stück der Propyläen wirst du erhalten haben[305] oder erhalten. Gedencke unsrer in Freundschaft wenn du es liesest. Hier 50 rh von Eisenach für Weynachten. Cook kommt nächstens, so auch nach und nach die Steine. Lebe recht wohl und behalte uns lieb.

W. d. 8. Nov. 1798.

G.


13/3916.


An Franz Christian Lerse

[Concept.]

Durch Ihre und des Herrn Grafen Fries besondere Gütigkeit ist mir ein Kästchen Mineralien zugekommen, wofür ich den besten Dank nicht allein gegenwärtig entrichte, sondern, so lange meine Liebe zu den Naturwissenschaften, und besonders zur Mineralogie, bleiben wird, oft genug im Stillen erneuern werde. Da Sie selbst Liebhaber und Sammler sind, und die angenehme Empfindung kennen, die uns überrascht, wenn große Lücken unserer Lieblingsfächer, auf einmal, ausgefüllt werden; so darf ich Ihnen nicht sagen mit welchem Vergnügen ich die mir übersendeten Stufen ausgepackt und in meine Sammlung einrangirt habe. Manches war darunter, das mir völlig fehlte, und durchgehends waren die Stücke schöner als diejenigen welche ich schon besaß. So ward auf einmal meiner Sammlung nachgeholfen, die ich theils aus Mangel an Gelegenheit, theils aus Nachlässigkeit, theils aus Sparsamkeit nicht so wie es wohl seyn sollte in allen Fächern completire.

[306] Möge Ihnen, für das Vergnügen das Sie mir zum Eintritt der verdrießlichen Wintertage gemacht haben, alles Gute jetzt und künftig begegnen.

Leben Sie recht wohl, empfehlen mich dem Herrn Grafen bestens und lassen wo nicht oft, doch manchmal etwas von sich hören.

Weimar am 9. Nov. 1798.


13/3917.


An Friedrich Schiller

Hier schicke ich Abdrücke, so viel fertig geworden sind, ich weiß selbst nicht wie viel.

Morgen gegen Abend bin ich bey Ihnen und hoffe eine Zeit lang zu bleiben. Mögen meine Wünsche nicht vergeblich seyn!

Für den Wallenstein danke ich, die zwey ersten Acte habe ich heute früh mit großem Vergnügen gelesen. Den ersten, den ich nun so genau kenne, halte ich fast durchaus für theatralisch zweckmäßig. Die Familienscenen sind sehr glücklich und von der Art die mich rührt. In der Audienzscene möchten einige wie ich in meiner Ausgabe des Prologs den Wallenstein zweymal genannt habe. Man glaubt nicht was man deutlich zu seyn Ursache hat. Doch wird uns über alles dieses das Gespräch bald aufklären worauf[307] ich mich freue. Leben Sie recht wohl, ich sage nichts weiter.

Weimar am 10. Nov. 1798.

G.


13/3918.


An Christiane Vulpius

Du schreibst mir von einem Brief den ich nach Frankfurt schicken soll, den ich aber in dem Packet nicht finde. Vielleicht kommt er heute Abend mit den Botenweibern. Auf alle Fälle kann der meinige erst Freytag Abends von Weimar abgehen. Ich schicke doch einen Boten morgen an Professor Meyer und da kann ich dir ihn mitsenden, damit du ihn fortschickst.

Es thut mir sehr leid zu hören daß du nicht wohl gewesen bist. Ich wünsche daß du gesund und munter bleibst.

Meine Geschäfte gehen zum Anfang ganz gut, doch muß es noch besser kommen.

Lebe recht wohl und grüße das gute Kind.

Jena am 14. Nov. 1798.

G.


13/3919.


An Johann Heinrich Meyer

Ich schicke einen Boten damit einiges geschwinder gehe. Sie erhalten:

[308] 1.) Die Abschrift der Abhandlung über Rafael, welche ich durchzusehen bitte, auch werden Sie die Güte haben über die Noten die gewöhnlichen Linien zu ziehen, um Freytag Abend das Packet an Cotta abzuschicken.

2.) Erhalten Sie auch was Unger geschickt hat. Bey den Englischen Holzschnitten ist manche Betrachtung anzustellen. Bey der Jagd (The Chase) sind die Titelstöcke vor den Büchern wirklich außerordentlich schön und ich bin neugierig in den Preußischen Annalen wieder zu lesen was Unger eigentlich dagegen einwendet. Denn da Unger doch selbst bey seiner schraffirten Manier auf Haltung Anspruch macht, so sehe ich nicht ein, wie man einem Holzschneider verbieten könnte an sich die Forderung zu machen, im Ausdruck noch weiter zu gehen und die tiefen Schatten, so wie die dunkeln Lokaltinten, durch ganz schwarze Partien auszudrucken, besonders wenn er jene durch helle Striche und diese durch charakteristische Umrisse zu beleben weiß, wie bey dem Tigerfell und den Hunden, die ich gezeichnet habe, geschehen ist. Übrigens kann wohl seyn daß diese Art weniger Abdrücke verträgt als die gemeine.

Die beygelegten vierfüßigen Thiere wollen vorn herein nicht viel sagen, der gekämmte Pelz nimmt sich gar trocken aus. Die drey letzten scheinen mir bey weiten die besten.

Die kleinern Stücke, die wir von Schlegeln schon[309] haben, liegen auf dem Bücherbret, in meiner Stube, an der Thüre. Mich verlangt nun zu wissen was Sie zu dem allen sagen.

Wir brauchen zwar nur noch wenig zu dem zweyten Stück, indessen wird eine kleine Abhandlung noch immer willkommen seyn.

Ich lege auch hier den Schelling für Herdern bey und wünsche daß er ihm keine unangenehme Sensation machen möge.

Das Packet mit Schriften und Recensionen hat Geist schon das vorigemal an die Litteratur abgeben lassen. Doch wollen wir uns nochmals darnach erkundigen.

Gernings Sachen wollen wir ansehen, nicht loben und nicht schelten. Vielleicht erhaschen wir was gutes daraus.

Montesquieus Abhandlung erinnre ich mich nur dunkel, theilen Sie mir doch solche mit.

An meiner Arbeit ist noch wenig ausgeführt, desto mehr aber schematisirt worden, worauf denn doch am Ende alles ankommt, weil man geschwinder übersieht wo Lücken sind und ob man die rechte Methode ergriffen hat. Schiller hilft mir durch seine Theilnahme außerordentlich, indem die Sache, weil ich doch gar zu bekannt damit bin, mir nicht immer ganz interessant bleiben will. Über die verschiednen Bestimmungen der Harmonie der Farben durch den ganzen Kreis hat er sehr schöne Ideen, die eine große[310] Fruchtbarkeit versprechen, wovon Sie künftig das mehrere vernehmen werden. Leben Sie indessen recht wohl und halten Sie sich fest in diesen andringenden Wintertagen. Jena am 15. Nov. 1798.


Grüßen Sie mir unsere kleinen und kleinsten Hausfreunde.

Beyliegender Brief geht Freytag Abends an meine Mutter ab.

Schicken Sie mir durch den rückkehrenden Boten noch die Exemplare der Propyläen, welche auf dem Bücherbret in meinem Zimmer an der Thüre liegen, so wie auch ein wenig geriebenes Berlinerblau.

G.


13/3920.


An Johann Heinrich Meyer

Mit mir will es noch nicht recht von Flecke, ich verhalte mich vorbereitend, und wir hoffen daß die Fluth auch wieder eintreten wird.

Des fürstl. Autors und Quacksalbers Anliegen will ich anbringen, ob gleich ohne Hoffnung eines Erfolgs. Frommann geht einer viel sichrern Fährte nach, und jeder andere Buchhändler wird auch wohl merken daß Walther in Dresden nicht aus Furcht, sondern aus Überdruß und wegen schlechten Absatzes nicht weiter verlegen will.

Hierbey liegt ein Brief. Auch habe ich ein Exemplar von Knebels Properz für Sie in Händen, doch[311] will ich es hier behalten, weil ich eine Recension in der Litteraturzeitung negotiire und zu diesem Behuf ein brochirt Exemplar bey der Hand haben möchte.

Leben Sie recht wohl. Noch eins: vielleicht schreiben Sie nach Zürch und grüßen Lips, vermelden ihm, daß seine Platten angenommen sind, daß ich bald antworte, neue Zeichnungen schicke und für die Bezahlung sorge.

Jena am 16. Nov. 1798.

G.


13/3921.


An Gottlieb Hufeland

Kaum habe ich heute früh mich in einem litterarischen Bedürfniß an Sie gemeldet, so komme ich schon wieder, und zwar um Ihnen die Angelegenheiten von ein Paar Autoren zu empfehlen, die freylich weit genug auseinander stehen.

Der erste ist unser Freund Knebel, von dessen Properzischen Elegien ich ein Exemplar beylege, das eigentlich für Herrn Prof. Meyer bestimmt ist. Für seine große und vieljährige Mühe wünschte ich ihn mit einer baldigen, der Arbeit und der Person gemäßen, geneigten Recension erfreut zu sehen. Vielleicht übernähme unser Schlegel eine solche kleine Bemühung.

Zweytens lege ich einen wunderlichen Brief des Prinzen von Ligne bey, der unsern Herzog als Mittler[312] zwischen sich und einem Verleger anruft. Ich fürchte sehr, daß weder fürstliche noch litterarische Intercession seinen Wünschen gedeihlich seyn kann, doch bin ich zu einer Anfrage verpflichtet, und die glaube ich nicht besser als bey Ihnen thun zu können. Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich mit Ihnen darüber zu unterhalten hoffe.

[Jena] Den 16. Nov. 98.

Goethe.


13/3922.


An Friedrich Schiller

Indem ich das Schema der physiologischen Farben überschicke empfehle ich es zur Beherzigung, als Base unserer Untersuchungen und Disceptationen.

Knebel empfiehlt sich und schickt einen Properz.

Darf ich um Sulzers Wörterbuch bitten? Es ist nun Zeit daß ich mich nach den hergebrachten Vorstellungsarten umsehe. Der ich wünsche wohl geschlafen zu haben.

[Jena] Am 16. Nov. 1798.


Zugleich folgt auch noch ein Exemplar Propyläen.

G.


13/3923.


An Johann Heinrich Meyer

Ich habe den Ungerischen Aufsatz, welcher hierbey abschriftlich folgt, wieder gelesen und mich über die[313] darin herrschende Stumpfheit gegen die englischen schönen Productionen gewundert. Da wir einmal mit diesen Mitteln versehen sind, so wird es gut seyn wenn Sie einen Aufsatz darüber vorbereiten. Ich schicke auch das kleine Landschäftchen mit, welches allerdings von einem andern Meister ist. Das Grabmahl des Porsenna käme nach dem Anschlag freylich allzuhoch. Überhaupt finde ich unsere Kupferstecher unleidlich theuer, welches wohl daher kommen mag daß sie ohnehin genug zu thun haben. Lips verlangt für so eine osteologische Platte 6 Louisd'or, welches gegen 6 Karolin für das gradlinige Grabmahl gar keine Proportion ist. Wir wollen es also ein wenig ruhen lassen.

Meine Arbeit fängt nun an, ganz leidlich vorwärts zu gehen und ich denke in 8 Tagen schon wieder etwas weggearbeitet zu haben.

Zufälligerweise findet sich hier ein junger Mensch dessen Auge zu den Farben ein ganz besonderes Verhältniß hat, ich will es mit Sorgfalt zu entdecken und zu bestimmen suchen. Der Fall ist überhaupt und besonders in diesem Augenblick für mich sehr interessant. Leben Sie recht wohl, fleißig und gutes Muths.

Jena am 20. Nov. 1798.

G.[314]


13/3924.


An Christiane Vulpius

Ich will dir einmal selbst schreiben um dir herzlicher zu sagen daß ich dich liebe und mich über deine und des Kindes Gesundheit freue. Wegen des Kopfwehs, worüber August manchmal klagt, müßte man doch den Docktor gelegentlich fragen.

Meine Arbeiten fangen an zu rücken, doch langsamer als sonst. Ich bitte dich daher nicht unvermuthet herüber zu kommen, ich muß es wieder auf meine gewöhnliche Art halten und hier solange in Einem Stücke arbeiten als ich mag und kann. Alsdann wollen wir wieder vergnügt beysammen seyn. Äugelchen giebts hier gar nicht, die alten sind abgestorben und neues ist nichts nachgewachsen.

Lebe recht wohl, grüße das liebe Kind. Zur Redoutenfreude wünsche ich im Voraus Glück. Lebe wohl und liebe mich. Jena d. 20. Nov. 98.

G.


13/3925.


An Franz Kirms

Daß bei unserm Theater Alles in so einer guten Folge fortgeht, danke ich Ihren anhaltenden Bemühungen; daß die neuen Stücke gefallen haben, freut mich sehr; ich wünsche dasselbe der morgenden Oper.

[315] Mein Aufenthalt war bisher für mich sehr fruchtbar und ich wünsche ihn noch eine Zeitlang fortzusetzen.

Die Anstalten, die Sie machen, im December noch vier neue Stücke zu geben, sind mir sehr willkommen; wir können alsdann den Januar auf »Piccolomini« und »Wallenstein« wenden und das erste zu der Herzogin Geburtstag geben.

Hofrath Schiller ist nun mit Iffland wegen der drei Stücke seines »Wallenstein« überein gekommen. Sie werden sehr gut bezahlt. Iffland wünscht die Costums vom weimarischen Theater. Wegen der vier bedeutendsten habe ich an Professor Meyer geschrieben, wir bezahlen die Kleinigkeit, die es kosten kann, aus unsrer Kasse und machen Ifflanden eine Artigkeit damit. Zur Aufführung des »Wallenstein« bedürfen wir freilich einer bedeutenden Mutter, wir haben also die Besetzung dieses Fachs um desto mehr zu wünschen.

So viel für diesmal mit dem Wunsche, daß Sie recht wohl leben möchten.

Jena, den 23. Nov. 1798.

G.


13/3926.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 23. November.]

Für den fürstl. Autor dessen Brief hierbey zurück folgt, möchte wohl bey uns kein Verleger zu finden[316] seyn. Die Richtung der Frommannischen Speculationen geht nach einer ganz andern Seite, Predigtbücher, Lexica, und dergleichen größere, langsam aber gewiß sich verkaufende Werke machen eigentlich seinen Verlag aus. Doch könnte ich mich durch andere litterarische Connexionen an fremden Orten erkundigen, wozu aber vor allen Dingen ein Verzeichniß dessen, was in denen angebotnen Bänden enthalten ist, sich nöthig macht, warum zuförderst der Fürst zu ersuchen wäre und wir sodann unser Glück weiter probiren könnten.


13/3927.


An Friedrich Schiller

[Jena, 24. November 1798.]

Dieser viele Schnee, wenn gleich das Barometer steigt, tractirt mich nicht zum besten, ich will daher zu Hause bleiben bis der Loderische Wagen mich zum Feenpallast der Litteratur hinführt.

Mein Familiengemählde der Kunstfreunde und Sammler geht recht gut vorwärts. Dienstag Abend haben wir den Grund dazu gelegt und es wäre wirklich lustig genug wenn ich nächsten Dienstag damit aufwarten könnte.

Wie geht es mit Ihrer Arbeit? Ich wünsche gar sehr daß Sie darin vorschreiten mögen.

Wollten Sie mir nicht die Geschichte der Atlanten schicken? so eine hypothetische Lectüre ist nach Tische[317] nicht übel. Leben Sie recht wohl und beschließen fröhlich diese Woche.

G.


13/3928.


An Franz Kirms

Hierbei folgt die Austheilung der »Verschleierten« zurück. Wie unsere Vohs, besonders in den jetzigen Umständen, unter dem Schleier interessant werden will, kann ich nicht recht einsehen. Auch will mir noch nicht klar werden, wie unsern Schauspielerinnen mit einer Loge geholfen werden soll. Meinem Bedünken nach würde es einen gar zu komischen und der Würde unserer gegenwärtigen theatralischen Einrichtung nachtheiligen Effekt machen, wenn man sie in so eine Art von Käfig stecken wollte, in welchem höchstens drei Personen etwas sehen könnten. –

Der Gedanke wegen Eilenstein ist sehr gut; fragen Sie doch bei Herrn Geh. Rath Voigt wegen der Thulichkeit und wegen der Art an, wie man die Sache einleiten könnte.

Eine Veränderung wünschte ich nicht auf unsern Zetteln; wenn sie nach Erfurt kommen, so sieht Jeder, dem daran liegt, sogleich am Personal, daß es die Weimarische Gesellschaft ist.

Die drei Stücke, welche den »Wallenstein« ausmachen, haben die Berliner mit 60 Louisd'or honorirt und ich vermuthe daß Hofrath Schiller dieselbige Forderung auch an andere Theater thun wird. Das[318] Verlangen darnach ist sehr groß, sogar von Wien her hat man nachgefragt.

Ich höre nicht gern, daß Sie unpäßlich sind. Auch mir macht die Jahreszeit, ob ich mich gleich völlig inne halte, zu schaffen. Ich wünsche baldige völlige Genesung.

Jena am 25. Nov. 1798.

G.


13/3929.


An Christiane Vulpius

Da du mir schreibst daß du heute nach Kötschau fährst, so will ich dir, da eben ein Bote geht, dahin einen Grus senden. Es freut mich daß ihr schön Wetter habt und wünsche daß dir dieses Vergnügen, so wie alle andre Freuden dieser Woche recht wohl anschlagen und alle Grillen und Träume verjagen mögen. Mit meinen Arbeiten geht es sehr gut und wenn es noch eine Zeitlang dauert, so werden wir uns Ostern einer guten Einnahme zu erfreuen haben. Lebe recht wohl und grüße deine Gesellschaft.

Jena d. 25. Nov. 1798.

G.


13/3930.


An Johann Heinrich Meyer

Für heute nur die Bitte um das Original der nach Tübingen geschickten Aufsätze, so weit es in[319] Ihren Händen ist. Ich will die Propyläen in dem Anzeiger anzeigen und gleich das erste und zweyte Stück zusammen nehmen. Ich bin sehr fleißig, mache aber gerade nicht das was ich mir vorgenommen hatte, wie es leider oft zu gehen pflegt.

Heute vor 8 Tagen kam mit Schillern etwas zur Sprache, das wir in einigen Abenden durcharbeiteten und zu einer kleinen Composition schematisirten. Ich fing gleich an, auszuführen und bringe es wahrscheinlich diese Woche zu stande. Es giebt einen tüchtigen Beytrag zu den Propyläen. Es heißt: Der Kunstsammler und ist ein kleines Familiengemählde in Briefen, und hat zur Absicht die verschiedenen Richtungen welche Künstler und Liebhaber nehmen können, wenn sie nicht aufs Ganze der Kunst ausgehen, sondern sich an einzelne Theile halten, auf eine heitere Weise darzustellen. Es kommt bey dieser Gelegenheit gar manches zur Sprache und ich wünsche daß Ihnen die Arbeit Vergnügen machen könne.

Leben Sie wohl und lassen Sie uns durch heitern Fleiß diese Wochen der traurigen Sonnenentfernung überstehen.

Schiller ist auch fleißig aber auf seine Art, wobey ich noch nicht sehe wie Wallenstein fertig werden soll, doch das nur zu Ihnen gesagt.

Jena am 27. Nov. 1798.

G.[320]


13/3931.


An Christiane Vulpius

Heute sage ich dir nur einen Gruß und bitte dich mir die stärkste von den gestreiften Westen zu schicken, damit ich doch zwey habe, wenn ich die eine von meinen gelbgestreiften muß waschen lassen.

Die Würste, die du mir geschickt hast, haben mir recht wohl geschmeckt.

Hast du einen Brief erhalten den ich dir am Sonntag schrieb? und der dich in Ketschau oder Weimar finden sollte.

Die Schlittenbahn hat nicht lange gedauert, aber sie haben sichs hier die wenigen Tage recht zu Nutze gemacht, die Philisterpferde haben was ausstehen müssen.

Meine Arbeiten gehen jetzt sehr gut und schnell, es ist nun einmal nicht anders daß ich mich wenigstens erst acht Tage sammeln muß, ich will nun auch nicht aufhören bis es entweder nicht mehr geht, oder bis ich durch etwas nothwendiges abgerufen werde.

Lebe recht wohl und grüße das Kind.

Ich wünsche daß die zweymalige Zauberflöte so wie die Redoute gut ablaufen möge.

Jena am 27. Nov. 1798.

G.[321]


13/3932.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich muß dir mein lieber Freund doch nun auch für deine Elegien danken, die ich in demselben Zimmer erhielt, wo du mir die ersten Versuche dieser Übersetzung manchmal vorlasest. Vieles hat sich mit uns, vieles hat sich seit der Zeit in der Welt verändert und doch bleiben diese artigen Werke der Kunst immer das was sie waren und ergötzen noch jetzt, wie vormals, den, der sie zu empfinden und zu schätzen versteht. Eine öffentliche Meldung dieser verdienstlichen Arbeiten wird, wie man mir versichert, bald erscheinen. Ich erwarte daß sie der Sache gemäß, das heißt ehrenvoll seyn werde.

Ich habe den größten Theil der Elegien wieder gelesen und sie haben eine Erschütterung in meiner Natur hervorgebracht, wie es Werke dieser Art zu thun pflegen, eine Lust etwas ähnliches hervorzubringen, und die ich vermeiden mußte, weil ich gegenwärtig freylich ganz andere Dinge vorhabe.

Das zweyte Stück der Propyläen ist abgesendet und das dritte stellt sich schon zusammen. Eine solche vierteljährige periodische Ausgabe fordert zu anhaltendem Fleiß auf, besonders wenn man es ernstlich nimmt. Doch ist es gut wenn man ein so bestimmtes Pensum hat, denn man kann immer mehr thun als man thut. Besonders will ich den Winter zu diesen[322] Arbeiten anwenden und sehen ob ich das Frühjahr nicht wieder etwas poetisches hervorbringen kann, es liegt noch so manches unvollendetes da, das ich seiner Erscheinung langsam entgegen schiebe.

Seit 18 Tagen bin ich nun wieder in deiner alten Stube, in der nichts als der Ofen verrückt ist, der nun aus dem kleinern hintern Zimmer eingeheizt wird, wodurch ich viel Holz erspare und um vieles behaglicher wohne.

Die Steine deines kleinen Schränkchens sind in vier Kästchen nach Weimar abgegangen, die feinern Sachen findest du darin besonders wieder in Schachteln gepackt und ich wünsche daß alles wohlbehalten bey dir ankommen mag. Einiges davon ist noch in einzelnen Schachteln in meinen Händen, die ich auch einmal mit einer größern Sendung nachschicken will.

Deine Landcharten sollen nun auch aufgerollt werden, wie du verlangst, und nachfolgen. Inzwischen wird dein Geist und dein Andenken so leicht nicht aus diesem Kreise verschwinden.

Meyer grüßt schönstens und wird selbst schreiben, so dankt auch Schiller für das überschickte Exemplar.

Hier geht alles in seinem gewöhnlichen Fleiße fort, und es ist wirklich interessant so viele Menschen zu sehen von denen jeder arbeitet als wenn er für alle arbeiten müßte, diese Betriebsamkeit hat für mich immer etwas Ansteckendes.

[323] Nun sage mir doch auch, wie du dich in deinen beschneyten Bergen befindest, denn der Schneegott, der uns so früh und reichlich heimgesucht hat, wird es auch wohl bey euch nicht fehlen lassen.

Lebe wohl und schicke mir die Quittungen für Lubecus und die Kammer, so kann ich dir deine Einnahme bald besorgen. Lebe wohl und erhalte mir ein freundschaftliches Andenken.

Jena am 28. Nov. 1798.

G.


13/3933.


An Friedrich Schiller

Wie sehr unterschieden ist der Nachklang unserer ruhigen Betrachtungen, den ich aus Ihrem Briefe vernehme, von dem Getöse das mich die Paar Tage meines hiesigen Aufenthaltes schon wieder umgiebt. Doch war er nicht ohne Nutzen für mich, denn Graf Fries hat unter andern ein Dutzend alte Kupfer von Martin Schön mitgebracht an denen ich zuerst das Verdienst und Unverdienst dieses Künstlers schematisiren konnte. Es ist uns höchst wahrscheinlich, ob gleich Freund Lerse die entgegengesetzte Hypothese hat, daß die Deutschen in einer frühern Connexion mit Italien gestanden.

Martin Schön hat nach Masaccio's Tode noch vierzig Jahre gelebt, sollte in dieser Zeit gar kein Hauch über die Alpen herübergekommen seyn? Ich[324] habe über diese Sache niemals nachgedacht, sondern sie eben so gut seyn lassen, sie interessirt mich aber für die Zukunft mehr.

Die Behandlungsart, die Sie den chromatischen Arbeiten vorschreiben, bleibt freylich mein höchster Wunsch, doch fürchte ich fast, daß sie, wie jede andere Idee, unerreichbar seyn wird, das mögliche wird durch Ihre Theilnahme hervorgebracht werden. Jedermann hält die Absonderung der Hypothese vom Facto sehr schwer, sie ist aber noch schwerer als man gewöhnlich denkt, weil jeder Vortrag selbst, jede Methode schon hypothetisch ist.

Da Sie als ein Dritter nunmehr nach und nach meinen Vortrag anhören, so werden Sie das Hypothetische vom Factischen besser trennen als ich es nun künftig jemals vermag, weil sich gewisse Vorstellungsarten doch bey mir festgesetzt, und gleichsam factisirt haben. Ferner ist Ihnen das interessant woran ich mich schon matt und müde gedacht habe, und Sie finden die Hauptpuncte worauf das meiste ankommt eher heraus. Doch davon ist jetzt keine Zeit zu reden, ich erwarte Freunde zum Frühstück und von da wird es bis zur Zauberflöte zwar nicht feenmäßig, doch bunt und unruhig genug zugehen.

Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre liebe Frau und gedenken mein, wenn Sie den Braten verzehren den ich Ihnen hier überschicke.

Weimar am 1. Dec. 1798.

G.[325]


13/3934.


An Friedrich Schiller

Ihr Brief findet mich in großer Zerstreuung und in Beschäftigungen, die mit einem ästethischen Urtheil über dramatische Motive nichts gemeines haben. Ich muß also um Aufschub bitten, bis ich meine Gedanken über Ihre Anfrage sammeln kann. Dem ersten Anblick nach scheint mir die Idee sehr wohl gefunden und ich sollte denken, daß man dabey acquiesciren könnte. Denn, wie Sie auch selbst bemerken, so scheint immer ein unauflösbarer Bruch zwischen dieser Fratze und der tragischen Würde übrig zu bleiben, und es kann vielleicht immer nur die Frage seyn: ob sie etwas würdiges hervorbringe? und das scheint mir diesmal geleistet.

Ist doch selbst der politische Stoff nicht viel besser als der astrologische, und mich dünkt man wüßte den astrologischen, um ihn zu beurtheilen, nicht unmittelbar gegen das Tragische halten, sondern das Astrologische wäre als ein Theil des historisch, politisch, barbarischen Temporären mit in der übrigen Masse gegen das Tragische zu stellen und mit ihm zu verbinden.

Den fünffachen Buchstaben, ob er mir gleich wohl gefällt, weiß ich noch nicht gegen jenes astrologische Zimmer zu bilanciren; beydes scheint etwas für sich zu haben. Und ich muß endigen wie ich anfing, daß[326] ich heute weder im Stande bin rein zu empfinden noch recht zu denken.

Nehmen Sie daher nur noch ein Lebewohl und grüßen mir Ihre liebe Frau.

Weimar am 5. Dec. 1798.

G.


13/3935.


An Gottlieb Hufeland

Ew. Wohlgeb.

haben die Gefälligkeit beyliegendes in den allgemeinen Anzeiger zu befördern und mir, was ich deshalb schuldig werde, gelegentlich anzuzeigen.

Auch diesmal bin ich von Jena schneller als mir lieb war weggenommen worden, doch wäre es unbillig, wenn ich mich beklagte, da ich in diesen Tagen des Umgangs meines alten Freundes Lerse genossen habe.

Ich wünsche daß Sie sich recht wohl befinden mögen und hoffe Sie bald in Jena wieder zu sehen und mich Ihrer Unterhaltung zu freuen.

Weimar am 6. December 1798.

Goethe.


13/3936.


An Johann Friedrich Cotta

Ihr Brief vom 20. Nov., werthester Herr Cotta, ist nebst dem darin befindlichen ersten Aushängebogen des zweyten Stücks mir zur rechten Zeit zugekommen.

[327] Ich hoffe daß meine letzte Sendung des Manuscripts, welche den 15. Nov. von Jena abgegangen, schon geraume Zeit in Ihren Händen und zum Abdruck befördert ist, ob ich gleich bisher weiter nichts vernommen habe. Um den Schluß nicht aufzuhalten schicke ich hierbey was allenfalls noch nöthig seyn möchte.

Ich habe ein Paar Druckfehler bemerkt. Wenn es keine große Umstände machte, so wünschte ich, daß das letzte Blatt des ersten Bogens umgedruckt würde, da es Seite 16 Zeile 4. 5 heißen muß: wir sagen von einer Statue anstatt: wir sagen von einer Natur, denn dieses einzige Wort verdirbt, an der bedeutenden Stelle, dergestalt den Sinn, daß auf einmal die Klarheit des ganzen Vortrags verdunkelt wird und kein Mensch mehr weiß weder was Diderot will noch was ich will. Das Schlimmste ist, daß man nicht gleich einen Druckfehler vermuthet, sondern sich mit dem dunkeln Sinne herumquält.

Herr Böttiger hat das Eingeschlossne erhalten. Da Sie ihn einmal um eine Anzeige ersucht haben, so würde es unfreundlich seyn dieselbe abzulehnen, um so mehr, da ich gar keine Ursache habe an der Competenz seines Urtheils zu zweifeln.

Sagen Sie mir doch gelegentlich, ob es Ihnen nicht zuwider wäre, wenn man die Propyläen hier druckte? Mir wäre es, aus mehrern Ursachen, wünschenswerth und das Werk selbst würde dabey gewinnen, weil man in den letzten Bogen immer das neuste vom[328] Tage bringen könnte, welches doch von einer Zeitschrift mehr oder weniger erwartet wird.

Wenn Sie auf diesen Vorschlag reflectiren können und mögen, so schreiben Sie mir doch welche Präliminarfragen ich etwa hier erst zu berichtigen habe, damit die Sache, wenn Sie auf Jubilate kommen, gehörig vorbereitet sey.

Das Manuscript zur ersten Hälfte des dritten Stückes kann vor Neujahr noch abgehen.

In den Jenaischen allgemeinen Anzeiger wird eine kurze Nachricht wegen der beyden ersten Propyläenstücke eingerückt.

Der Druck dieser Schrift würde sich hier um desto besser besorgen lassen als Herr Gädicke sich auf Ostern von Industrie Comptoir trennt und eine eigne Buchdruckerey anlegt, von der ich bey seinen Kenntnissen und seiner Thätigkeit viel gutes erwarte.

Noch eins muß ich bemerken: In der allgemeinen Zeitung kommen leider viele Druckfehler vor, besonders bey Worten aus fremden Sprachen, oder bey thechnischen Ausdrücken. Machen Sie doch ja den Redacteur und die Correctoren aufmerksam. Es ist um so mehr nöthig als diese fremde und technische Notizen Ihrer Zeitung Ehre machen, und um so mehr verdienen auch rein überliefert zu werden.

Der ich recht wohl zu leben wünsche. Weimar d. 7. Dec. 98.

Goethe.[329]


13/3937.


An Carl Ludwig von Knebel

Mit der Rolle Landcharten, welche der Bote überbringt, sage ich dir nur einen Gruß. Ich bin wieder in Weimar und wir haben diese Zeit Besuch vom Graf Fries und Lerse gehabt.

Ich freue mich sehr daß du dich mit den Propyläen befreundest, denn so kann ich doch hoffen dir vierteljährig etwas angenehmes zu senden.

Schellings beyde Schriften sind nicht zu Hause, sobald ich sie erhalte, will ich dir sie überschicken. Er ist ein ganz trefflicher Kopf und ich bin sehr zufrieden daß er uns so nahe ist. Er läßt jetzt ein kleines Werk, als Grundlage zu seinen Vorlesungen, drucken, das ich dir auch, sobald es beysammen ist, senden werde. Es ist noch faßlicher als die beyden andern Schriften. Lebe recht wohl! für heute sage ich nicht mehr. Weimar am 7. Dec. 1798.

G.


13/3938.


An Friedrich Schiller

Wie sehr wünschte ich grade über die vorliegende Frage mit Ihnen einen Abend zu conversiren, denn sie ist doch um vieles wichtiger als jene Quästion: in welcher Ordnung die Rüstung erscheinen soll. Ich fasse mich nur kurz zusammen und gehe über alles hinaus, worüber wir einig sind.

[330] Ich halte nach vielfältiger Überlegung das astrologische Motiv für besser als das neue.

Der astrologische Aberglaube ruht auf dem dunkeln Gefühl eines ungeheuren Weltganzen. Die Erfahrung spricht, daß die nächsten Gestirne einen entschiedenen Einfluß auf Witterung, Vegetation u.s.w. haben, man darf nur stufenweise immer aufwärts steigen und es läßt sich nicht sagen wo diese Wirkung aufhört. Findet doch der Astronom überall Störungen eines Gestirns durchs andere. Ist doch der Philosoph geneigt, ja genöthigt eine Wirkung auf das Entfernteste anzunehmen. So darf der Mensch im Vorgefühl seiner selbst nur immer etwas weiter schreiten und diese Einwirkung aufs sittliche, auf Glück und Unglück ausdehnen. Diesen und ähnlichen Wahn möchte ich nicht einmal Aberglauben nennen, er liegt unserer Natur so nahe, ist so leidlich und läßlich als irgend ein Glaube.

Nicht allein in gewissen Jahrhunderten, sondern auch in gewissen Epochen des Lebens, ja bey gewissen Naturen, tritt er öfter als man glauben kann, herein. Hat doch der verstorbne König in Preußen blos darum auf den Wallenstein gehofft, weil er erwartete daß dieses Wesen ernsthaft darin behandelt seyn würde.

Der moderne Orakel-Aberglaube hat auch manches poetische Gute, nur ist gerade diejenige Species, die Sie gewählt haben, dünkt mich, nicht die beste, sie gehört zu den Anagrammen, Chronodistichen,[331] Teufelswesen, die man rückwärts wie vorwärts lesen kann, und ist also aus einer geschmacklosen und pedantischen Verwandtschaft, an die man durch ihre incurable Trockenheit erinnert wird. Die Art wie Sie die Scene behandelt haben, hat mich wirklich im Anfang so bestochen daß ich diese Eigenschaften nicht merkte und nur erst durch Reflexion darauf kam. Übrigens mag ich nach meiner Theatererfahrung herumdenken wie ich will, so läßt sich dieses Buchstabenwesen nicht anschaulich machen. Die Lettern müssen entweder verschlungen seyn wie die M des Matthias. Die F müßte man in einen Kreis stellen, die man aber, wenn man sie auch noch so groß machte, von weiten nicht erkennen würde.

Das sind meine Bedenklichkeiten, zu denen ich nichts weiter hinzu füge. Ich habe mit Meyern darüber consultirt, welcher auch meiner Meynung ist. Nehmen Sie nun das beste heraus. Mein sehnlichster Wunsch ist, daß Ihre Arbeit fördern möge.

Meine zerstückelte Zeit bis Neujahr will ich so gut als möglich zu benutzen suchen. Das zweyte Stück der Propyläen ist nun ganz abgegangen. Manuscript zum dritten ist vorräthig, wovon etwa nur noch die Hälfte zu redigiren ist, ich werde mein möglichstes thun auch damit in drey Wochen fertig zu werden.

Zu dem vierten Stück habe ich einen besondern Einfall, den ich Ihnen communiciren will und überhaupt denke ich mich so einzurichten daß mir das[332] Frühjahr zu einer größern Arbeit frey bleibt. Die Schemata zur Chromatik hoffe ich mit Ihrem Beystand auch bald vorwärts zu bringen.

Und so geht ein närrisch mühsames Leben immer fort, wie das Märchen der Tausend und Eine Nacht, wo sich immer eine Fabel in die andere einschachtelt.

Leben Sie recht wohl und grüßen Sie die liebe Frau.

Weimar, am 8. Dec. 1798.

G.


13/3939.


An Johann Friedrich Cotta

Zufälligerweise, eben als ich den letzten Brief abgeschickt hatte, sprach ich mit Herrn Gädicke, der mir seinen Wunsch nach typographischen Aufträgen zu erkennen gab. Ich ergriff die Gelegenheit ihn um einen Aufsatz wegen der Propyläen zu ersuchen, den ich hierbey, zu gefälliger Überlegung und Berechnung, übersende. Es kommt dabey alles auf Ihre merkantilische Convenienz an, meine Wünsche das Werk hier gedruckt zu sehen beziehen sich blos auf einen lebhaftern, dem Augenblick angemeßnern Betrieb des Werks von meiner Seite.

Man könnte z.B. auf Ostern nach Leipzig gehen, hier zehen Bogen schon gedruckt fertig halten, von dort Manuscript zum 11. hierhersenden, und so die Recension der Meßnovitäten noch auf die Messe bringen.

[333] Wenn man Tafeln, wie der Fall kommen wird, illuminiren läßt, so muß das hier geschehen, der Transport von hier nach Tübingen würde beschwerlich seyn und wenn nicht alles paßt, wie denn hier manchmal die Leute sehr beschäftigt sind, ein Stück aufhalten, an statt daß man in loco die Blätter vom Mahler gleich zum Buchbinder schicken kann.

Ein kleiner übrigbleibender Raum kann durch ein Gedicht oder sonst durch etwas passendes ausgefüllt werden.

Ich kann die letzte Revision, entweder selbst, oder durch einen Freund besorgen, wo denn auch ein Fehler, der vielleicht im Manuscripte steht, noch entdeckt wird.

Und das dergleichen mehr ist. Dieß sind meine Gründe die aber Ihrer Entscheidung nicht vorgreifen sollen.

Herrn Gädicke kenne ich als einen thätigen und accuraten Mann.

Eben kommt Ihre zweyte Sendung an so daß nunmehr 5 Bogen des 2. Stücks in meinen Händen sind, unsere Rechnung wegen des Manuscripts trifft zusammen, vor einigen Tagen habe ich was zum 11. Bogen nöthig wäre abgesendet.

Die Rechnung übersende nächstens. Das Honorar zum zweyten Stücke bitte so lange zurück zu behalten, bis ich in den Fall komme einige Anweisung darauf zu verfügen. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

[334] So eben finde ich wieder einen bösen Druckfehler pag. 65 wo steht: Dinge statt Dirze. Dies ist eben der Fall der so oft in der allgemeinen Zeitung vorkommt, daß Rahmen und termini technici, die den Setzern und Correctoren ganz unbekannt scheinen, nur allzuoft verdruckt werden. Bey einer Schrift wie die Propyläen, wo man alle Worte möglichst abwiegt, und wo der Leser nicht den Druckfehler entdeckt, oder wenn er ihn entdeckt nicht leicht verbessern kann, sind solche wiederholte Fälle freylich ein übler Umstand. Ein nochmaliges Lebewohl.

Weimar am 10. Dec. 1798.

Goethe.


Bey Durchsicht der überschickten Bogen haben sich die Druckfehler gefunden, welche auf beyliegendem Blatt notirt sind. Vielleicht fallen sie nicht alle dem Setzer und Corrector zur Last, indem vielleicht einige im Manuscript selbst stehen geblieben sind. Auf alle Fälle wird es nöthig seyn sie anzuzeigen.


13/3940.


An Carl Wolff von Todenwarth

[Concept.]

Hochwohlgeborner

insonders hochgeehrtester Herr.

Ew. Hochwohlgeb. setzen Ihre Sorgfalt für das Eisenachische Zeichen Institut ununterbrochen fort, wie die heurige Einsendung der Probeblätter und Listen[335] bezeugt und wofür ich von meiner Seite den lebhaftesten Dank abstatte.

Wenn auch bey einer solchen Einrichtung der Unterricht nicht bey jedem anschlägt, ja sogar der, welcher Lust und Fähigkeit hat, durch Umstände, oft gehindert wird sein Talent auszubilden, so muß man sich damit trösten daß doch im einzelnen manches Gute gedeiht und ein Saame ausgestreut wird von dem man nicht wissen kann welche Früchte er bringt.

Der ich übrigens recht wohl zu leben wünsche und mich Ihrem geneigten Andenken bestens empfehle.

Weimar d. 10. Dec. 1798.


13/3941.


An Friedrich Schiller

Es freut mich, daß ich Ihnen etwas habe wieder erstatten können von der Art in der ich Ihnen so manches schuldig geworden bin. Ich wünschte nur daß mein guter Rath zu einer günstigen Jahrszeit hätte anlangen können, damit sie dadurch schneller gefördert wären, denn ich muß Sie wirklich bedauern daß die Zeit der Vollendung in diese Tage fällt, die eben unsere Freunde nicht sind.

Glücklicherweise habe ich entdeckt, daß mich etwas ganz neues, d.h. worüber ich noch nicht gedacht habe, in diesen Stunden reizen und mich gewissermaßen productiv machen kann.

[336] Ich schicke hier Grübels Gedichte, von denen ich schon einmal erzählte, sie werden Ihnen Spaß machen. Ich habe eine Recension davon an Cotta zur neuen Zeitung geschickt, davon ich Ihnen eine Abschrift senden will. Ich habe die Gelegenheit ergriffen etwas über diese heitere Darstellungen, die nicht gerade immer den leidigen Schwanz moralischer Nutzanwendung hinter sich schleppen, etwas zu sagen.

Übrigens halte ich mich bald an dieses bald an jenes, um nur die Zeit nicht ganz ungenutzt verstreichen zu lassen, und so mögen denn diese 14 Tage noch hingehen.

Ob Ihr erstes Stück Weihnachten fertig wird oder nicht, wird meinen Januaraufenthalt entscheiden, im ersten Fall hoffe ich Sie bey mir zu sehen, im zweyten denke ich Sie zu besuchen. Für heute leben Sie wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

Weimar am 12. Dec. 1798.

G.


13/3942.


An August Wilhelm Schlegel

Ew. Wohlgeb.

übersende die Holzschnitte alter und neuer Art mit vielem Dank, wovon Sie Herrn Unger seinen Theil gefällig abtragen werden. Einige Blätter die Ihnen angehören, liegen noch wohl verwahrt in Jena, sobald ich hinüber komme sollen auch diese zurückgegeben werden.

[337] In meinem Aufsatz, den ich zum zweyten Stück der Propyläen bestimme, kann ich mit unserm guten Unger nicht einerley Meinung seyn; doch wird sich zuletzt wohl noch eine Conciliation finden lassen. Das Unglück ist, daß die Engländer, in ihrer neuen Manier, durch eine viel leichtere mechanische Behandlungsart, in gewissen Theilen weit mehr leisten als die Deutschen, nach der alten Weise, jemals zu Wege bringen können. Diese beyden Behandlungsarten gegen einander zu stellen ist eine Aufgabe für künftig, diesmal haben wir nur von den Effecten gesprochen.

Leben Sie recht wohl, da Sie zu Ihren Geschäften Gesundheit und Heiterkeit so nöthig haben. Ich muß die letzte Hälfte des Decembers gewöhnlich nur so hin laviren, vielleicht habe ich Anfang Januars das Vergnügen Sie wieder zu sehen.

Weimar d. 12. Dec. 1798.

Goethe.


13/3943.


An Martin van Marum

[Concept.]

Wohlgeborner

insonders hochgeehrtester Herr.

Ew. Wohlgeb. gefälliges Schreiben hat mir schon vor einiger Zeit die Sendung angekündigt, die ich erst gestern von Göttingen erhalten habe; das Buch sowohl als die Versteinerungen sind wohlbehalten bey mir angelangt.

[338] Ersteres, das ich nur flüchtig durchlaufen können, hat mir schon eben so viel Vergnügen als Unterricht gewährt, indem es mir eine so wichtige Materie, durch einen klaren und schönen Vortrag, auf eine bequeme Weise näher brachte. Die durch so vielen Scharfsinn und Fleiß verbesserte Maschine wird Ihnen immer in dem Felde der Wissenschaften ein ehrenvolles Denkmal bleiben. Für die mit so vieler Vorsicht angestellten Versuche, für die genaue Schätzung der Resultate wird Ihnen jeder, dem es um Sachkenntniß zu thun ist, dankbar seyn, und welches Verdienst haben Sie sich nicht dadurch erworben, daß Sie den Forscher so mancher Versuche überheben, indem Sie die Puncte und Fragen worauf es nun eigentlich ankommt so deutlich auseinandersetzen! Mit lebhaftem Interesse werde ich das Werk nun im einzelnen studiren und den Freunden der Wissenschaften, die sich in meiner Nähe befinden, mittheilen.

Die Mastricher Versteinerungen, die sich vor so vielen andern durch Reinlichkeit, Zierlichkeit und gute Erhaltung auszeichnen, werde ich als einen besondern Schmuck meines Cabinets und als ein Zeugniß Ihres freundschaftlichen Andenkens sorgfältig verwahren; empfangen Sie sowohl für dieselben als für das schätzbare Werk meinen aufrichtigen Dank.

Wegen der Leskischen Katalogen bin ich noch nicht ganz glücklich gewesen. Als ein Zeugniß daß ich nicht gesäumt habe mich darnach zu erkundigen, mag[339] indessen ein Brief des Herrn Prof. Ludwig dienen, den ich hier beylege. Vielleicht kann die angeführte Stelle aus dem Leskischen Museo zu der Verfertigung eines Katalogen helfen.

Einem Freunde, der auf Weihnachten nach Göttingen geht, werde ich die kleine mineralogisch-technologische Suite von Schleifsteinen mitgeben, die sich aus dem Sachsen-Meinungischen Amte Sonnenberg herschreibt. Ich werde die topographische Beschreibung dieser Gegend beylegen, die von den verschiedenen Fabrikationen in dortiger Gegend Rechenschaft giebt, und wobey sich auch eine Charte befindet.

Sie verzeihen daß ich mich in dieser Antwort mei ner Muttersprache und einer fremden Hand bediene, in jener drücke ich mich bequemer aus als in jeder andern, und diese läßt sich besser lesen las meine eigne.

Von Bergrath Scherern liegt ein Brief bey und ich empfehle mich Ihrem fortdauernden freundschaftlichen Wohlwollen.

Weimar am 12. Dec. 98.


13/3944.


An Carl Ludwig von Knebel

Der Bote, der mir deinen Brief überbringt, eilt wieder fort und ich sende dir diesmal, ohne viele Worte, Schellings beyde Werke, welche ihrem Gehalt[340] nach eine tüchtige Ladung ausmachen. Lebe recht wohl und erfreue dich derselben in deinen beschneyten und bereisten Gebirgen. Und gedenke mein. Weimar am 14. Dec. 1798.

G.


13/3945.


An Johann Friedrich Cotta

Ich übersende einen kleinen Beytrag zu der allgemeinen Zeitung und wünsche daß Sie ihn zweckmäßig finden mögen; schärfen Sie nur eine genaue Correctur ein, welche bey einem so deutlich geschriebenen Manuscript, mit weniger Aufmerksamkeit, etwas leichtes ist.

Wenn Herr Böttiger, wie ich fast vermuthe, die Anzeige der Propyläen ablehnt, so würde ich allenfalls wohl selbst eine machen; allein freylich müßte es auf eine Weise geschehen, wozu sich der Herausgeber bekennen dürfte, und würde überhaupt nicht im Stande seyn sie in diesem Jahr zu liefern.

Da ich den Inhalt der zwey folgenden Stücke schon übersehen kann, so würde ich dieselben sogleich mitnehmen und eine Übersicht der zwey ersten Bände geben. Ich werde wenigstens indessen darüber denken, um auf alle Fälle einigermaßen bereit zu seyn. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 14. Dec. 1798.

G.[341]


13/3946.


An Friedrich Schiller

Bey mir geht die Arbeit noch so nothdürftig fort, indem ich allerley vornehmen und daraus wählen kann was der Zeit und der Stimmung gemäß ist. Es wird mir ein rechtes Weihnachtsgeschenk seyn wenn Sie mir den Picolomini schicken.

Hier schicke ich was ich bey Gelegenheit Grübels ausgehen lassen. Es ist drauf angesehen daß es eine gewisse Partey ärgern soll. Die Materie muß in den Propyläen wieder gebracht und unter allen Formen erneuert werden, wozu mir schon ein Paar ganz närrische eingefallen sind.

Auch lege ich Gädikes Forderung bey, wegen des Drucks der Propyläen. Sie sind ja in dergleichen Berechnungen geübt, um zu überschlagen was auf diese Weise die Kosten eines ganzen Stückes seyn würden.

Was ich außer dem Geschäftskreise thun konnte war die Vorbereitung des dritten Stücks, welches ich möglichst zu befördern suche, um zu Anfang des neuen Jahrs ganz frey zu seyn. Und so werden denn doch die bösen drückenden Tage genutzt. Leben Sie recht wohl und suchen Sie aus dem Schlusse des Jahrs auch den möglichen Vortheil zu ziehen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau.

Weimar am 15. Dec. 1798.

G.[342]


13/3947.


An August Wilhelm Schlegel

Heute komm ich schon wieder um Sie um das Schloß von Otranto zu ersuchen. Einige Frauenzimmer, die es noch nicht gelesen haben, möchte ich gern in diese Wunder einführen.

Dabey schicke ich die ersten Bogen der Propyläen, die Sie vielleicht nicht ungern etwas frühzeitiger lesen und mir gefällig bald wieder zurückschicken.

Professor Meyer grüßt. Er hat die Recension von Fiorello mit viel Sorgfalt gearbeitet. Er läßt den litterarischen Verdiensten dieses wackern Mannes volle Gerechtigkeit wiederfahren, und trifft in den Hauptpuncten durchaus mit ihm überein. Wo Recensent abweicht motivirt er seine Ursachen sehr klar, wodurch diese Anzeige sehr unterrichtend wird.

Herr Unger hat ganz recht daß sich schon in den frühern Holzschnitten Spuren finden von der Art welche die Engländer nun so hoch empor gehoben haben, und desto sonderbarer ist es daß man bisher davon keinen Gebrauch gemacht hat, und daß den Engländern die Ehre der Wiederentdeckung und Cultur dieser verlornen Insel Ehre macht ist nicht zu leugnen. Wenn die Sache nur erst recht ins Klare ist, giebt uns Herr Unger vielleicht Muster von beyden mit einer kleinen Abhandlung über die Differenz von beyden Behandlungsarten.

[343] An der Entdeckung guter und brauchbarer Stoffe in den ältern deutschen Gedichten zweifle ich keineswegs und hoffe künftig auf deren Mittheilung.

Ifflands Bekänntnisse will ich nächstens lesen und wünsche zu allem was Sie vorhaben, Gesundheit und gute Stimmung. Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und gedenken mein.

Weimar am 15. Dec. 1798.

Goethe.


13/3948.


An Carl Ludwig von Knebel

Hier empfängst du mein lieber Freund 197 rh baar und 3 rh durch Zurechnung, ich wünsche daß sie glücklich bey dir anlangen mögen.

Daß du die Propyläen besonders mit Neigung durchlesen und durchdenken magst ist mir sehr angenehm, denn bey so einem Werke muß das was man in andern erregt immer weit besser seyn als das, was man geben kann.

Sehr treffend bemerkst du daß man so vieles was nur von der bildenden Kunst gesagt zu seyn scheint, auch auf Poesie anwenden könne. Es wird künftig ein immer angenehmeres Geschäft werden anschaulicher zu machen sie alle gemein haben müssen und auf welchen Puncten sie sich von einander aufs ernstlichste gesondert halten sollen. In der Theorie ist man so uneinig darüber nicht, aber die Schwierigkeit[344] scheint zu seyn es dem Künstler, zur Leitung bey seinen Arbeiten, deutlich zu machen.

Ich wünsche uns deine fortgesetzte Aufmerksamkeit, ja ich darf sie hoffen.

Für heute lebe wohl! das düstre Wetter scheint sich um die Seele wie um die Augen zu ziehen.

Lebe frisch und gesund auf deinen Bergen und theile mir etwas gelegentlich von deinen Gedanken und Ansichten mit. Weimar am 19. Dec. 1798.

G.


13/3949.


An Friedrich Schiller

Es mag mir etwas von Ihrer Meynung vorgeschwebt haben, indem ich, ehe ich den kleinen Aufsatz abschickte, bey mir zu Rathe ging, ob ich ihn nicht mutatis mutandis zur Litteraturzeitung geben, oder die Materie vor die Propyläen aufheben sollte. Indessen mag er zu jenem Pikenick hingehen das doch nicht auf eine Consequenz der Schüsseln berechnet ist.

Boufflers hat mir auch, wie Ihnen, und in eben demselben Sinne, recht wohl gefallen; dagegen haben die Franzosen und Vornehmen, so viel ich hier vernehmen konnte, nicht zum besten davon sentirt, da es doch eigentlich für sie geschrieben ist. Auf welches Publikum soll denn der Schriftsteller rechnen und zählen?

[345] Kants Anthropologie ist mir ein sehr werthes Buch und wird es künftig noch mehr seyn, wenn ich es in geringern Dosen wiederholt genieße, denn im ganzen wie es da steht ist es nicht erquicklich. Von diesem Gesichtspuncte aus sieht sich der Mensch immer im pathologischen Zustande und da man, wie der alte Herr selbst versichert, vor dem 60. Jahr nicht vernünftig werden kann, so ist es ein schlechter Spaß sich die übrige Zeit seines Lebens für einen Narren zu erklären. Doch wird, wenn man zu guter Stunde ein paar Seiten drinne liest, die geistreiche Behandlung immer reizend seyn. Übrigens ist mir alles verhaßt was mich blos belehrt, ohne meine Thätigkeit zu vermehren oder unmittelbar zu beleben.

Meinen Zustand in diesen Tagen kann ich auch nicht rühmen. Zu einer solchen Zeit sollte man eigentlich in einer großen Stadt seyn, wo man von außen gereizt würde und sich selbst vergäße.

Mechanische Arbeiten gehen nicht vom Flecke und geistige gelingen nicht. Schon diesem Briefe merke ich an daß ich meine Gedanken nicht wie sonst beysammen habe.

Wegen Wallenstein soll bey den Frankfurtern angefragt werden.

Unsere theatralische Mutter wird in der ersten Hälfte des künftigen Monats erwartet.

Leben Sie recht wohl bis auf bessere Tage, ich will noch sehen mich von manchem einzelnen zu befreyen,[346] damit man nach dem neuen Jahre an irgend etwas ganzes gehen kann.

Weimar d. 19. Dec. 1798.

G.


13/3950.


An Christian Gottlob Voigt

Weimar, am 19. Dec. 1798.

Die Kantische Anthropologie folgt hier mit vielem Dank zurück der doppelt ist, da sich Ihre Frau Gemahlin dieses Genusses um meinetwillen bisher beraubt hat. Es ist ein Werk das besonders dem Pädagogen höchst willkommen seyn muß, wir mögen nun die Rolle gegen uns selbst oder gegen andere spielen; übrigens sollte man meo voto dasselbe nur im Frühjahr lesen, wenn die Bäume blühen, um von außen ein Gleichgewicht gegen das Untröstliche zu haben, das durch den größten Theil des Buches herrscht, ich habe es gelesen, indem Kinder um mich spielten, und da mag es auch noch hingehen, denn von der Vernunftshöhe herunter sieht das ganze Leben wie eine böse Krankheit und die Welt einem Tollhaus gleich.

Bey allem dem vortrefflichen, scharfsinnigen, köstlichen, worin unser alter Lehrer sich immer gleich bleibt, scheint es mir an vielen Stellen bornirt und an noch mehrern illiberal. Ein weißer Mann sollte das Wort Narr nicht so oft brauchen, besonders da ihm selbst der Hochmuth so lästig ist. Genie und[347] Talent sind ihm überall im Wege, die Poeten sind ihm zuwider, und von den übrigen Künsten versteht er Gott sei Dank nichts. In einzelnen Fällen ist er pedantisch wie z.B. daß er eine Vermischung des sanguinischen und cholerischen Temperaments nicht leiden will; freylich ist der Ausdruck Vermischung auch in meinem Sinne falsch, aber daß es eine Steigerung des sanguinischen Temperaments bis ins cholerische durch alle Stufen gebe, lehrt die Erfahrung. Ist denn doch die ganze Trennung in vier Temperamente nur künstlich und zur Bequemlichkeit des Beobachters.

Die Behauptung, daß junge Weiber deswegen allgemein zu gefallen suchen, um sich nach dem Tode ihres Mannes einen zweyten vorzubereiten, die er noch dazu einigemal wiederholt, ist eigentlich so ein Einfall, wie die schlechten Spaßvögel manchmal in Gesellschaft vorbringen, und geziemt sich nur für so einen alten Hagestolz. Die Schilderung der Nationen scheint mir für einen Mann, der so lange in der Welt gelebt, sehr seicht, und wie schon oben erinnert, das Ganze für eine Anthropologie nicht liberal und artig genug. Sobald ich den Menschen darstellen will, wie er ist, besonders wenn ich allen Augenblick gestehen muß, daß es ja nicht einmal von ihm abhängt anders zu seyn, daß der wünschenswerthe Vernunftszustand nur wenigen und denen nur im hohen Alter zu Theil wird, so dächte ich, müßte man die Sache freundlicher, einladender und erquickender geben.[348]

Ich kann von einmaligem und zwar sehr flüchtigem Lesen nicht aburtheilen, aber es scheint mir auf einige lobenswürdige Seiten der menschlichen Natur nicht genug Gewicht gelegt, wovon künftig mehr die Rede seyn kann.

Genug das, womit ich angefangen habe, glaube ich wiederholen zu können. Der Pädagog kann es nutzen, um sich über verschiedene menschliche Zustände Klarheit zu verschaffen, und indem er durch Liebe diese Kenntnisse belebt und wirksam macht, sehr großen Nutzen stiften.


13/3951.


An Christian Gottlob Voigt

Nachdem ich heute früh meine Gedanken über die Bibliotheksangelegenheiten abgeschickt hatte, fuhr ich fort darüber zu denken und die Sache im ganzen anzusehen. In einigen Tagen hoffe ich einen kleinen Aufsatz zu übersenden, thue aber hiermit eine vorläufige Anfrage.

Mein Wunsch wäre daß wir die Doubletten bald möglichst los würden, theils um Platz zu gewinnen, theils um Geld einzunehmen, theils um das Geschäft bey Seite zu lassen. Sie liegen nun vorerst unten im ehemaligen Archivgewölbe, wo man in der jetzigen Jahrszeit niemanden zum aufzeichnen hinstellen kann.[349] Sollen Sie nach und nach heraufgetragen, in die Expeditionsstube geschafft und dort aufgezeichnet werden; so sieht man, bey der Enge des Platzes, und bey der gewöhnlichen Behandlungsweise, voraus daß die Arbeit theils nicht fördern, theils andere Arbeit unterbrechen wird. Ich thue daher folgenden Vorschlag: man könnte ein Zimmer, etwa auf der Casse, ein halbes Jahr miethen, dort leichte Repositorien von ungehobelten Bretern, die nicht zerschnitten werden dürften, aufschlagen, die gebundnen Bücherstellen und numeriren. Dann könnte man das Verzeichniß machen, das jedoch in der Hälfte März fertig seyn müßte, damit der gedruckte Katalog auf die Leipziger Jubilatemesse käme, und man könnte den Termin der Auction auf den ersten Juni setzen.

Durch diese Operation isolirte man das Geschäft von den übrigen Bibliotheksgeschäften, man könnte diejenigen, die daran arbeiten, übersehen, die Bücher blieben, von dem ersten Augenblick des Numerirens, bis zum Verkauf an demselben Platz und es würde Zeit und vielleicht auch Geld erspart.

Für Verheitzung und dergl. ließ sich besonders Sorge tragen und man könnte das räthlichste verabreden. Sollten Sie diesen Plan überhaupt billigen, so würde ich etwa mit Bürgermeister Schulz sprechen, den Bauverwalter und Tischler Johler zu Rathe ziehen und die Sache so vorbereiten daß man nach nochmaliger[350] Überlegung zu einer schnellen Ausführung schreiten könnte.

Der ich einen guten und frohen Abendwünsche.

Am 21. Dec. 1798.

G.


13/3952.


An Friedrich Constantin von Stein

Weimar, den 21. December 1798.

Habe ich dir, mein lieber Freund, auf deinen vorigen Brief nicht geantwortet, so will ich bei dem jetzigen nicht säumen, und dir für dein Andenken Dank sagen. Ich freue mich, daß dein dortiges Verhältniß sich befestigt und verbessert, so wie ich wünsche, daß du durch Thätigkeit dein inneres, so wie durch Belohnung und Anerkennung derselben dein äußeres Glück gründen und erreichen mögest.

Schreibe mir von Zeit zu Zeit von deinen Beschäftigungen und von der Art derselben, damit ich mir vorstellen kann, wie du lebst, und wir einander nicht zu fremd werden.

Bei mir drängt sich's nun so sehr über einander, daß ich für Forderungen von Innen und von Außen fast keine ruhige Stunde vor mir sehe, und jeden Tag nur das Nöthige wegarbeiten muß, ohne mich um den folgenden zu bekümmern. Die Mannigfaltigkeit meiner Beschäftigungen ist sehr unterhaltend und selbst aufreizend und förderlich, doch will es manchmal ein bischen gar zu bunt werden.

[351] Vor einem Jahre besuchte ich die Schweiz noch eben am Rande ihrer alten Verschaffung; ich sah sie freilich mit andern Augen als vor zwanzig Jahren, und die Rekapitulation war mir in manchem Sinne wichtig. Doch ist es immer besser, man reise in der Jugend, wo man die Dinge einzeln genießt und oft über ihren Werth schätzt. Die Summa Summarum des Alters ist eigentlich niemals erquicklich.

Freund Meyer, der dich herzlich grüßt, ist mit mir zurückgekommen. Womit wir uns vorzüglich beschäftigen, wirst du vierteljährlich, wenn du magst, in den »Propyläen« sehen. Schreibe mir, wenn dich etwas darin besonders interessirt, oder wenn dir vielleicht etwas dunkel oder unbestimmt scheint, worüber du Aufschluß wünschen möchtest, denn man kann nicht immer beurtheilen, ob man für Andere deutlich genug war. Es soll mir sehr angenehm seyn, wenn ich sehe, daß ich mich durch dieses Werk auch mit dir unterhalte.

Und somit lebe für diesmal wohl, und laß mich mehr von dir hören.

G.


13/3953.


An Minna Charlotte Burgdorf

Da Madam Burgdorf selbst erklärt daß sie sobald als möglich sich von hier wegzubegeben und anderwärts ihr Unterkommen zu suchen wünsche, so[352] will man es von Seiten fürstlicher Commission hierbei bewenden lassen und annehmen, und derselben allenfalls bis Ostern nachsehen, oder wenn sie sich früher hinwegbegeben sollte, ein verhältnißmäßiges Quantum zugestehen.

Weimar, am 22. Dezember 1798.


13/3954.


An Friedrich Schiller

Die Nachricht von Ihrer baldigen Ankunft erfreut mich sehr und ist die schönste Hoffnung die mir die wieder rückkehrende Sonne bringt. Auf die Farbenlehre habe ich auch nicht einen Augenblick denken können, ich will diese nächsten Tage noch mancherley Geschäfte schematisiren und aufs nächste Jahr einleiten, damit ich, wenn Sie herüber kommen, ganz frey bin.

Es ist so ein unendlich seltener Fall daß man sich mit und an einander bildet, daß es mich nicht mehr wundert wenn eine Hoffnung, wie die auf eine nähere Communication mit Schelling, auch fehl schlägt. Indessen können wir doch immer zufrieden seyn daß er uns so nahe ist, indem wir doch immer gewissermaßen das was er hervorbringt, werden sehen, auch macht sichs vielleicht mit der Zeit.

Zum l'hombre wünsche ich Glück! Sie werden in der Anthropologie selbst die Apologie des Spiels[353] finden und ob ich gleich persönlich keine Idee habe, wie man sich dabey zerstreuen oder erfreuen könne, so zeigt es mir doch die Erfahrung an so viel Menschen. Mich entschädigen in solchen Augenblicken mancher ley wissenschaftliche Spiele, wie Mineralogie und dergleichen. Freylich sind die Abende jetzt sehr lang und unfruchtbar.

Das Thouretische Quartier steht, so viel ich weiß, ganz leer, ist rein und dürfte nur meublirt werden, wofür ich schon sorgen will. Es sind zwey heizbare Zimmer und einige Kammern.

Gern lasse ich Sie nicht aus meiner Nähe, doch ist freylich das Quartier das ich Ihnen anbieten kann, besonders im Winter, nicht bequem. Wir müssen nur eine Einrichtung treffen, denn sonst verlieren wir Zeit und Gelegenheit.

Wegen des Thouretischen Quartiers erfahren Sie Mittwochs mehr.

Könnten Sie mir die Rolle für Wallensteins Gemahlin gleich senden, so schicke ich sie unserer neuen Actrice nach Regensburg. Sie hätte auf der ganzen Herreise Zeit daran zu lernen und, da sie den 14. kommt, so träfe sie noch eben zur rechten Zeit ein daß das Stück auf den 30. gegeben werden könnte.

Leben Sie recht wohl, in Hoffnung Sie bald wieder zu sehen werde ich noch manches was uns hindern oder stören könnte wegarbeiten.

Weimar d. 22. Dec. 98.

G.[354]


13/3955.


An Friedrich Schiller

Viel Glück zu der abgenöthigten Vollendung der Arbeit! denn ich will Ihnen gar nicht leugnen daß mir in der letzten Zeit alle Hoffnung zu vergehen anfing. Bey der Art, wie Sie diese Jahre her den Wallenstein behandelt haben, ließ sich gar keine innere Ursache mehr denken, wodurch er fertig werden konnte, so wenig als das Wachs gerinnen kann so lange es in dem Feuer steht. Sie werden selbst erst finden wenn Sie diese Sache hinter sich haben was für Sie gewonnen ist. Ich sehe es als etwas unendliches an.

Ihr Quartier im Schlosse soll aufs beste besorgt werden und ich denke es soll an nichts fehlen, auch was Sie sonst an den ersten und letzten Bedürfnissen nöthig haben möchten, soll parat seyn. Lassen Sie sich ja nicht abhalten, sondern resolviren sich kurz und gut den zweyten zu kommen, denn wir haben übermäßig zu thun wenn wir bis den 30. fertig werden wollen, wobey das schlimmste ist, daß sich der Termin nicht verschieben läßt. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und seyn Sie zum Voraus schönstens willkommen.

Weimar am 25. Dec. 1798.

G.[355]


13/3956.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

erneuern den Wunsch daß die Mineralogische Societät die Erlaubniß erhalten möge im Schlosse zusammen zu kommen. Ehe ich hierüber einen unterthänigsten Vortrag thue wünschte ich von Ihnen zu erfahren: ob sie noch die Absicht hat ihre Sammlung mit dem Herzogl. Museo zu vereinigen und demselben einzuverleiben? Geschähe dieses, so würde freylich der Billigkeit gemäß seyn ihr die Versammlung im Schlosse zuzugestehen, da sie sich, durch diese freywillige Gabe, um die öffentliche Sammlung freylich sehr verdient macht. In Erwartung baldiger Antwort wünsche ich recht wohl zu leben.

Weimar am 26. Dec. 1798.

Goethe.


13/3957.


An Christian Gottlob Voigt

Ich habe mir in diesen letzten Tagen zur Pflicht gemacht die Geschäfte in die ich Einfluß habe zu überdenken um das nächste Jahr, so viel es bey der Unsicherheit der Menschlichen Dinge möglichst ist, planmäßig zu verfahren. Sie erlauben, werthester Freund, daß ich mich nach und nach mit Ihnen berathe, und[356] diesmal sey die Rede von Schloßbau, besonders aber von der Decoration desselben.

Wir sind mit dieser Decoration leider in dem Falle wie mit dem Hauptbaue, daß nämlich der Künstler der die Zeichnungen dazu macht abwesend ist, und die Situation ist hier noch schlimmer. Dort kommt es auf große Partien, auf Proportionen im Ganzen an, die leicht zu übersehen sind, und man kann in kurzer Zeit einen Riß machen, an dem der ausführende Baumeister mehrere Jahre zu thun hat.

Bey der Decoration beruht alles auf sehr kleinen Theilen, deren Zusammenstimmung sich, selbst bey großer Übung, nicht immer mit der Imagination fassen, nicht genau auf dem Papiere beurtheilen lassen.

Der Decorateur, der spät zu einem Baue berufen wird, ist überhaupt übel dran, weil ihm die festen Puncte gegeben sind und er nun nicht immer machen kann was er will, sondern was die Umstände mit sich bringen. Auch kommt bey der Ausführung so manches Hinderniß vor, das sogleich wieder einen erfinderischen Entschluß verlangt, um aus einem Übel wo möglich wieder eine vortheilhafte Partie zu ziehen und den geringsten Bruch des Mißstandes zu wählen. Hierüber konnte ich bey dem Theaterbau die lebhaftesten Erfahrungen machen, wo Rath und That beständig mit einander Hand in Hand gehen mußten.

[357] Es haben sich bey dem Schloßbau schon Fälle dieser Art gezeigt, wo Prof. Thouret einiges angab das eine Modification litt und das er bey seiner Gewandtheit, so lange er gegenwärtig war, sehr leicht zurecht zu stellen wußte. In seiner Abwesenheit wird die Sache schwieriger, von unserm Baumeister Steiner fordern wir nur die mechanische Ausführung, Herr von Wolzogen, dem es an gewissen Kentnissen gar nicht fehlt, hat aber gerade vielleicht die Eigenschaft nicht, sich in die Idee eines andern zu versetzen und sie mit der wenigsten Abweichung nach den Erfordernissen umzubilden.

Was mich betrifft so kommt es darauf an, ob ich eben einen glücklichen Einfall habe, der aber nicht immer bey der Hand ist, theils weil man in jeder Sache vom Metier seyn muß, um in allen Fällen bereit und gewandt zu seyn, theils weil meine Existenz gleichsam ins unendliche getheilt ist und meine Aufmerksamkeit nicht immer gerade auf den Punct der vor mir steht gerichtet seyn kann.

Ich habe daher Freund Meyern gewöhnlich privatim zu Rathe gezogen und mich dabey ganz wohl befunden.

Da Sie selbst mit ihm manches verhandelt haben, so ist Ihnen seine Art und Weise zu wohl bekannt als daß ich noch etwas dazu zu thun brauchte.

Wir haben nunmehr verschiedne Fremde hierher gezogne Arbeiter, die alle nach Thourets Zeichnung[358] zu Einem Zwecke wirken sollen. Der Mahler Haidlof, der Tischer Kronrath, der Bildhauer Schmidt, der Quadrator Müller, es werden noch mehrere nach und nach sich nöthig machen, als Stukator, Vergolder, und dergleichen! Geben wir diesen zusammen nicht eine Einheit der Aufsicht, in Rücksicht auf das Kunsterforderniß; so kann man voraussehen daß unzählige unangenehme Fälle vorkommen werden.

Prof. Meyer wird ohne dieß so bald als möglich mit Haidlofen das runde Zimmer zu mahlen anfangen, er wird den Sommer über viel im Schlosse seyn, und so wäre es der Sache um so angemeßner daß man ihm einen legalen Einfluß auf das Kunstmäßige der übrigen Arbeiten gäbe, wovon wir gar bald den vortheilhaften Einfluß spüren würden.

Auch selbst um Serenissimi willen wünschte ich daß ein denkender Künstler immer die Folge der Arbeiten gegenwärtig hätte. Unser Fürst hat einen trefflichen Blick über das Schickliche und Bequeme, das Anständige und Lebesgemäße; nur ist er zu schnell geneigt das Schöne der Form dagegen aufzuopfern. Ich möchte folgenden Grundsatz festsetzen: wenn der Bauherr das was er zu seiner Bequemlichkeit, zum Anstande, zur Schicklichkeit verlangt, erklärt hat; so ist es die Sache des Künstlers diese Forderungen mit der Form zu verbinden, denn er ist ja deshalb da, daß er wie ein geschickter Schachspieler für alle Fälle ein Auskunftsmittel ersinne.

[359] Führte man Prof. Meyern dergestalt in das Ganze ein, so entstünde daraus noch der große Vortheil daß, wenn Prof. Thouret diesen Sommer wiederkäme, er mit einem Kunstgenossen über die Arbeiten zu conferiren hätte. Auch würde Meyer, wenn ihm die Ausführung aufgetragen wäre, bey den Entwürfen und Zeichnungen etwas mit zu reden haben, welches in jeder Rücksicht vortheilhaft seyn möchte. Seine verträgliche Klugheit würde die Sache fördern, und was eine Remuneration betrifft, so würde man, da man ihm ohnehin für seine Künstlerarbeiten ein Honorar schuldig wird, seine bescheidnen Erwartungen leicht befriedigen können. Ich bitte um Überlegung dieser meiner vertraulichen Äußerungen, damit man etwa bald möglichst, besonders da schon einige bedeutende Fälle eintreten, Serenissimo deshalb Vortrag thun könnte.

Der ich von Herzen wohl zu leben wünsche.

Weimar am 26. Dec. 1798.

G.


13/3958.


An Friedrich Schiller

Überbringer dieses stellt ein Detaschement Husaren vor, das Ordre hat, sich der Piccolominis, Vater und Sohn, wie es gehen will zu bemächtigen und wenn es derselben nicht ganz habhaft werden kann, sie wenigstens stückweise einzuliefern. Euere Liebden[360] werden ersucht, diesem löblichen Vorhaben allen möglichen Vorschub zu thun. Die wir uns zu allen angenehmen Gegendiensten erbieten.

Weimar, 27. Dec. 1798.

Melpomenische zum Wallensteinschen Unwesen

gnädigst verordnete Commission.

Goethe und Kirms.


13/3959.


An August Wilhelm Schlegel

Ew. Wohlgeb.

sende die Burg von Otranto in einer neuen Hülle zurück. Wenn auch diese gleich der vorigen wird abgelesen seyn, so möchte wohl vom Buche selbst nicht viel übrig bleiben.

Die Recension von dem Knebelschen Properz scheint mir sehr gut und zweckmäßig gerathen und der Gedanke den Verfasser mit sich selbst zu vergleichen ist freundlich und fruchtbar. Ein Mann wie Knebel verdient eine zarte Behandlung, da er von Natur zum umändern und ausbessern so sehr geneigt ist.

Was ich für ihn wünschte wäre daß er sich mit Ihnen in Connexion setzte, um Ihres Rathes bey der Übersetzung des Lucrez, auf die er eine unsägliche Arbeit verwendet, zu genießen. Er liegt, wie Sie aus seiner Vorrede bemerkt haben, noch an einer kleinen grammatisch prosodischen Opposition krank.[361] Es würde ihm bey seiner Arbeit zum größten Vortheil gereichen, wenn wir ihn davon heilen könnten, so daß er die unleugbaren Fortschritte, die man in den letzten Zeiten gemacht hat, anerkennte, gewissen Grundsätze zu befolgen sich entschlösse, und dadurch seinem Vers gewiß manchen Vortheil verschaffte. Ich mache ihn hierauf in einem Briefe aufmerksam so wie ich mich darüber bald mit Ihnen zu unterhalten hoffe.

So eben empfange ich den zweyten Theil von Sternbald worüber ich nächstens mehr schreibe oder spreche.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar am 28. Dec. 98.

Goethe.


13/3960.


An Friedrich Schiller

Wenn Sie uns, werther Freund, bey der Bestimmung Ihrer Decoration um Rath gefragt hätten, so hätten wir freylich einiges einzuwenden gehabt. Denn statt des Symbols die Sache zu geben, ist freylich eine schwere Aufgabe, doch soll alles, was zur Verherrlichung der theatralischen Erscheinung geschehen kann, mit Vergnügen besorgt werden. Freund Meyer wird die Cartone selbst zeichnen, wie denn schon der Anfang zu einem kleinen Entwurf gemacht ist.

[362] Nun aber verzeihen Sie wenn ich auch, wie Iffland, den Director spiele, auf den sich zuletzt alle Schwierigkeiten der Ausführung häufen.

Morgen früh kommt ein Bote, von dem ich hoffe daß er mir gegen Abend einen Theil des Stücks und auf alle Fälle die Rolle der Herzogin bringen wird.

Werden Sie ja nicht ungeduldig! denn wenn Sie nicht bald kommen sollten, so werden noch öfters Boten erscheinen. Es wird ohnedies für uns ein sauerer Januar geben, da man am Ende desselben ein solches Stück erwartet und an den übrigen Lustbarkeiten, während desselben, doch nicht entbehren will. Montags sollen die vier bedeutendsten Soldatenco stüms des Vorspiels an Iffland abgehen. Ich wünsche Ihnen zur Reise einen Tag wie der heutige ist und grüße Sie herzlich, so wie Ihre liebe Frau.

Weimar am 29. Dec. 1798.

G.


13/3961.


An Christian Gottlob Voigt

Der Doctor Stahl, ein sehr empfehlungswürdiger junger Mann, giebt in beyliegendem Supplicat seinen Wunsch zu erkennen als Professor extraordinarius der Philosophie angestellt zu werden.

Er ist aus Braunschweig gebürtig, woselbst sein Vater noch lebt, hat sich in Helmstedt, unter dem bekannten Pfaff, in Mathematicis qualificirt und sich[363] darauf aus entschiedener Neigung für das akademische Leben, in Jena niedergelassen und daselbst sich sowohl in Privatis als Privatissimis die er gelesen sehr fleißig und thätig gezeigt.

Wegen seiner Dissertation glaubt er sich besonders auf eine Kästnerische Recension der göttingischen Zeitungen berufen zu können.

Mehrere jenaische Professoren sprechen rühmlich von ihm und da er öfters bey mir gewesen, so darf ich ihm, ob ich gleich seine Wissenschaft nicht beurtheilen kann, das Lob eines hellen Kopfs, der in seinem Fache durchaus Rechenschaft zu geben bereit ist, wohl beylegen.

Ich besitze von ihm einen kleinen Aufsatz, der eine Übersicht sämmtlicher mathematischen Wissenschaften enthält und den ich als eine Probe seiner Methode allenfalls vorlegen kann.

Da es eine wahre Wohlthat für die Jugend ist Mathematik so viel als möglich zu verbreiten und zu erleichtern, so möchte sein Gesuch und seine Person wohl Aufmerksamkeit verdienen.

Weimar am 29. Dec. 1798.

G.


13/3962.


An Carl Ludwig von Knebel

Aus beyliegendem Briefe siehst du, mein werther Freund, daß dein Geld eigentlich schon lange bey dir eingetroffen seyn sollte, leider gab es bey der großen[364] Kälte keine Gelegenheit. Ich wünsche nun dem rückkehrenden Amtsboten gute Fahrt.

Ich lege auch die Recension deines Properz bey, sie ist von Rath Schlegel in Jena. Ich wünsche daß du dich mit ihm in Relation setztest und mit ihm über deinen Lucrez conferirtest, es würde dich gewiß fördern, in ein solches Verhältniß zu kommen. Er hat sehr schöne Einsichten, und einen kritischen Freund an der Seite kommt man immer schneller vom Fleck.

Schicke mir aber das Blatt wieder, denn es gehört zu einem Exemplar auf Schreibpapier das schwer wieder zu ergänzen ist.

Auch lege ich dir ein Exemplar vom Almanach bey, ich habe kein besseres im Hause.

Schelling arbeitet jetzt seine Ideen zum Behuf seiner Vorlesungen nochmals aus, sie müssen freylich noch manchmal durchs Läuterfeuer bis sie völlig rein dastehen, er ist aber auch noch jung und das Unternehmen ist groß und schwer.

Ich freue mich August Herder wieder zu sehen.

Lebe recht wohl in deinen Schneebürgen und behalte mich lieb. Weimar am 31. Dec. 1798.

G.


13/3963.


An Franz Kirms

[31. December.]

Ich bin noch derselben Meinung, die ich neulich äußerte, daß wegen des starken Trinkens auf der[365] Redoute irgend woher eine Warnung ergehen sollte; ich will Gelegenheit nehmen Durchlaucht dem Herzog heute etwas davon zu sagen.

Wegen der Burgdorf suspendire ich mein Judicium; vorerst halte ich dafür, daß es besser sei, man läßt sie das Maß voll machen.

Da die verschiedenen Schauspieler zum neuen Jahr immer bei mir angefragt haben und ich nicht darauf eingerichtet war sie anzunehmen, so will ich morgen um 10 Uhr bereit sein, sie zu empfangen und ihnen ein kleines Frühstück geben; ich habe es Beckern als Wöchner bekannt gemacht.


13/3964.


An Siegmund August Wolfgang Herder

[December.]

Deinen Brief, mein lieber Freund, habe ich mit besonderer Zufriedenheit erhalten, da er ein früheres Verhältniß wieder anknüpft, das nun um desto dauerhafter seyn kann, als wir beyde im Leben indeß vorgerückt sind und manches erfahren haben. Wenn wir immer vorsichtig genug wären und uns mit Freunden nur von Einer Seite verbänden, von der sie wirklich mit uns harmoniren, und ihr übriges Wesen weiter nicht in Anspruch nähmen, so würden die Freundschaften weit dauerhafter und ununterbrochner seyn. Gewöhnlich aber ist es ein Jugendfehler, den wir[366] selbst im Alter nicht ablegen, daß wir verlangen, der Freund solle gleichsam ein anderes Ich seyn, solle mit uns nur ein Ganzes ausmachen, worüber wir uns denn eine Zeit lang täuschen, das aber nicht lange dauern kann.

Das sicherste Mittel ein freundschaftliches Verhältniß zu hegen und zu erhalten, finde ich darin, daß man sich wechselweise mittheile, was man thut. Denn die Menschen treffen viel mehr zusammen in dem, was sie thun, als in dem, was sie denken.

Ich danke dir daher, daß du mir hast wollen die Zeichnungen zukommen lassen, die mir von einer so merkwürdigen Erfindung einen Begriff geben. Theile mir von Zeit zu Zeit etwas mit und gieb mir Nachrichten von deinen Fortschritten, und wenn gleich das Fach der Künste, in dem ich arbeite, sehr weit von dem deinigen entfernt ist, so findet sich auch wohl, was dir zur Freude gereicht.

Deine guten Eltern sehe ich selten, denn da dein Vater wenig aus dem Hause geht und ich das meinige auch nicht oft verlasse, so bleiben wir getrennt wie die Häuser selbst. Die Meinigen grüßen dich. August hat sich vorgenommen, auf deinen Gruß dir ehestens zu schreiben.

Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 13, S. 299-367.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Spitteler, Carl

Conrad der Leutnant

Conrad der Leutnant

Seine naturalistische Darstellung eines Vater-Sohn Konfliktes leitet Spitteler 1898 mit einem Programm zum »Inneren Monolog« ein. Zwei Jahre später erscheint Schnitzlers »Leutnant Gustl" der als Schlüsseltext und Einführung des inneren Monologes in die deutsche Literatur gilt.

110 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon