1811

22/6087.


An den Herzog Carl August

Die vergangene Nacht, gnädigster Herr, entschuldige mich, wenn ich nicht persönlich aufwarte, und nur mit wenigen Worten meine Empfindungen andeute.

Im verflossenen Jahre verdanke ich Ew. Durchl. ausser manchem andern bedeutenden Guten auch die Erfüllung meines höchsten Wunsches. Möge der Jüngling, der sich nun unter die Ihrigen zählen darf, durch eine lange Reihe von Jahren Zeuge sehn des Glücks, das Sie Sich und anderen in einer bedencklichen Zeit zu verschaffen wissen. Seine Gesinnungen gleichen den meinigen, es kann ihm nichts mehr am Herzen liegen, als Ew. Durchlaucht Wohl und Zufriedenheit.

W. d. 1. Jan. 1811.

Goethe.


22/6088.


An Johann Heinrich Meyer

Es tut mir sehr leid mein lieber Freund, daß sie das Jahr mit so schmerzlichen Operationen[1] anfangen. Pflegen sie sich ja und gehen nicht zu zeitig aus. Wenn es Ihnen nicht zuwider ist, so komm ich unter der Comödie: denn ich habe verschiedenes nothwendiges mit Ihnen zu sprechen. Möge ich sie von den schlimmsten Leiden befreyt finden.

Weimar den 2. Januar 1811.

G.


22/6089.


An Johann Heinrich Meyer

Über Folgendes erbitte ich mir Ihre Gedanken.

Ich habe den Tischer gehabt wegen des Dresdner Bildes. Er tut den Vorschlag, alles zu lassen wie es ist; nur hinten zwei Latten aufzuschrauben, oben und unten, theils um den geborstnen Blendrahmen wieder aufzudrücken, theils das weitre Bersten zu verhüten.

Das wäre nun schön und gut. Nun aber tritt der Fall ein, daß das Bild noch nicht gefirnißt ist, und soviel ich einsehe, müsste es beim firnissen aus der goldenen Rahme genommen werden.

Was denken Sie hierzu? Nimmt man den Blendrahmen aus der goldenen, so fürchte ich er bricht zusammen; was ist aber sonst zu thun? Die Latten laß ich fertigen und die Schrauben auch, gehe aber nicht weiter bis Sie das Bild gesehen und Ihren guten Rath ertheilt haben. Recht wohl zu leben wünschend

Weimar den 4. Januar 1811.

G.[2]


22/6090.


An die Hoftheater-Commission

Als ich gestern den Erlaß an Herrn Weber nach Tonndorf aufsetzen wollte, regten sich abermals mancherley Bedenklichkeiten, wovon ich einen Theil in der Session eröffnete, und die ich gegenwärtig nicht umständlich herzählen will; weil sich die Mutter bei mir meldete, welches eine recht hübsche und anständige Frau ist. Sie acceptirt mit Dank, daß Herzogl. Commission 150 Thaler für dieses Jahr an ihre Tochter wenden, und ihr nach Verdienst und Gelegenheit sonst noch einige Kleinigkeiten reichen wolle. Sie erbietet sich selbst hereinzuziehen und in einem kleinen Quartier mit ihrer Tochter zu hausen, für ihr ökonomisches zu sorgen, so wie auch, daß sie Kleidung und allem andern anständig sey.

Man würde der Mutter diesen Wunsch nicht versagen können, selbst wenn und nicht soviel daran gelegen seyn müßte, daß ein Mädchen, dessen Beruf es ist, bey Proben und Vorlesungen bis spät in die Nacht außer dem Hause zu bleiben, unmittelbarer beobachtet werde, als es von Personen geschehen kann, denen sie nicht angehört, und die kein Verhältniß zum Theater haben. Mancher andern Dinge und Vorfallenheiten, welche in solchen Fällen zu schlichten sind, nicht zu gedenken.

[3] Ich habe daher, der Kürze willen, einen Aufsatz entworfen, der wenn er Beyfall erhält mundirt und der Mutter eingehändigt werden kann. Sie mag selbst den Schelhornischen für ihren bezeigten guten Willen, ihre Danksagung abstatten, und Herr Rath Kruse wird die Gefälligkeit haben, es von unsrer Seite zu thun. Das Weitere nächstens.

Weimar d. 5. Januar 1811.

G.[4]


22/6090a.


An Antonio Brizzi

[Concept.]

Dießmal, mein werthester Herr Brizzi, antworte ich Ihnen um so lieber in deutscher Sprache, als ich nun weiß, daß Sie einen liebenswürdigen Secretär haben, durch dessen Hände das Gegenwärtige gehen wird.

Ihre Demoiselle Tochter wird Ihnen also sagen, daß wir durch die Nachricht Ihrer glücklichen Ankunft sehr erfreut worden: denn Ihre Weimarischen Bewunderer waren durchaus in Sorge für Sie und die lieben Kleine, da Sie in einer so wenig günstigen Jahrszeit einen so weiten Weg zurückzulegen hatten. Nun aber sind wir beruhigt, indem wir Sie glücklich und froh unter den Ihrigen wissen.

Ich habe den ausdrücklichen Auftrag von unsern gnädigsten Herrschaften sowohl als von vielen Freunden bey Hofe und in der Stadt, Ihnen zu sagen, wie sehr das Andenken jener vergnügten Stunden, die Sie[381] uns verschafft, noch immer lebhaft ist, wie man Ihrer Vorzüge überhaupt und im Einzelnen gedenkt uns sich sowohl des Ganzen, dessen Genuß Sie uns möglich gemacht, als auch der besondern Stellen, denen Sie einen vorzüglichen Glanz gegeben, in der Erinnerung freut.

Mögen Sie dieses Jahr recht glücklich anfangen und uns in Hoffnung lassen, Sie in dem Laufe desselben abermals zu bewundern und zugleich einen andern Theil Ihrer lieben Familie bey dieser Gelegenheit kennen zu lernen. Ich empfehle mich persönlich zum allerschönsten, sowie meine Frau mir die Besten Grüße aufträgt, und unterzeichne mich mit Versicherung des lebhaftesten Antheils an Ihrem Wohlergehen.

Weimar den 5. Januar 1811.[382]


22/6091.


An Antonio Brizzi

[Concept.]

[5. Januar]

Monsieur

Le nouvel an n'auroit pu me saluer plus agréablement, que par Votre envoi précieux. Votre souvenir amical, que je chéris comme je le dois, et ce beau travail de l'art moderne, qui me flatte personellement, m'honorent également.

J'aurais souhaité que Vous eussiez été témoin du plaisir, que j'ai exprimé à mes amis, en leur faisant voir le bijou que je tiens de Votre bonté. Je cherche d'autant moins à m'étendre sur cette satisfaction, que Vous n'étiez intimement convaincu que j'en suis digne par un attachement inviolable, et par la haute considération

avec laquelle j'ai l'honneur.[4]


22/6091a.


An Johann Heinrich Meyer

[Weimar, 8. oder 9. Januar 1811.]

Was mein Porträt betrifft, so habe ich darüber wieder andre Gedanken. Der Einfall vom Tischer, Latten hinten vorzuschrauben, ist zwar gut, dabey ist aber doch das Unangenehme, daß der Rahmen von der Wand absteht, welches durchaus einen üblen Effect macht; und dann ist der Sache doch nicht dadurch geholfen: denn es ist innerlich ein brüchiges Wesen,[382] das sich noch hin und her zerren und das Bild krumm ziehen kann; und das Bild ist doch auch nicht für Heut und Morgen sondern für längere Zeit gedacht. Es mag daher bey mir stehn bleiben, bis ich zurück komme, und wir wollen die Sache nochmals in Überlegung ziehen.[383]


22/6092.


An Christian Gottlob Voigt

Jena den 10. Januar 1811.

Durch die Anstellung des Professor Jagemann bey dem Zeichnen-Institut, durch die Einrichtung eines Ateliers für denselben und durch die bey dieser Gelegenheit getroffenen Einrichtungen gewinnt jene Anstalt sehr viel, und es sind die besten Erfolge nunmehr zu erwarten. Nur indem unser sogenanntes Museum, die Sammlung von Zeichnungen nämlich, welche auf dem linken Flügel bisher beysammen und verschlossen waren, getrennt und Einem Beschlusse entzogen werden, finde ich mich einigermaßen für die Folge beunruhigt und eröffne daher meine Gedanken, wie ich denn Vorschläge zu künftiger Ordnung und Verwahrung hinzufüge.

Es ist ein allgemein angenommener, und durch die Erfahrung bewährter Satz, daß Bewahren und Benutzen zweyerley Dinge sind. Ein thätiger Gelehrter ist kein fleißiger Maler kein guter Bibliothekar, und ein fleißiger Maler kein guter Gallerieninspector. Auch ist die Conservation der Kunstschätze selten in Eine Hand gegeben. Was in unserer besonderen Lage mir in gegenwärtigen Falle räthlich scheint, eröffne ich in Folgendem: Als nach dem Ableben der Herzogin Frau Mutter die schönen Zeichnungen und Gemälde aufgestellt und verwahrt werden[5] sollten, wiesen Se. Durchlaucht der Herzog solche an die Bibliothek. Dort waren sie gut aufgehoben, da der Bibliothekare und Subalternen aufs Erhalten angewiesen und verpflichtet sind. Als jedoch der Platz im Bibliotheksgebäude zu eng war, und einige Zimmer im linken Flügel des Fürstenhauses zu gedachtem Gebrauch eingeräumt wurden, glaubte man bey der bisherigen Einrichtung bleiben zu können, und übergab den Bibliothekaren und Bibliotheks-Subalternen, als welche gewöhnt sind, Fremde herumzuführen und ihnen das Merkwürdige vorzuzeigen, die Schlüssel des neuen Locals, um so mehr, als Hofrath Meyer die Aufsicht ausdrücklich abgelehnt hatte.

Gegenwärtig, da eine bedeutende Veränderung vorgeht, und Se. Durchlaucht der Herzog die Kunstschätze durch die Acquisition der Gore'schen Bilder vermehrt haben, finde ich Anlaß genug, die Sache nochmals durchzudenken, und das Resultat scheint mir Folgendes: Alle Gemälde und alle Zeichnungen, insofern sie unter Glas und Rahmen sind, oder auf sonst eine Weise an den Wänden aufgehangen werden, sollen als zum fürstlichen Mobiliar gehörig angesehen und dem Hofmarschall-Amt übergeben werden. Ein vollständiges Inventarium aller solcher Kunstwerke, sie mögen im fürstlichen Schlosse, im Fürstenhause, auf Luftschlössern und Landhäusern befindlich sein, würde eben so viel Interesse als Sicherheit gewähren. Man sähe alles Vorhandene deutlich vor sich; veränderte[6] ein Bild seinen Platz, so würde es bemerkt; denn die Erfahrung zeigt leider nur zu sehr, daß die Ortsveränderungen, Umstellungen, Specialverwahrungen der Bilder manches Verderbniß, ja manchen Verlust nach sich ziehen.

Hofrath Meyer, welcher auch bey dieser Gelegenheit wieder die Übernahme der Kunstwerke verbeten hat, behielte das Inventarium der Zeichnen-Schule, welches blos aus Dingen besteht, die zu eigentlicher Belehrung genutzt werden. Alles was darüber ist, wird nur den Lehrern eine Last, und den Schülern eine Zerstreuung. Auf diese Weise bliebe das Zeichnen-Institut in seinen alten Grenzen, und der Director desselben hätte keine andere Verantwortlichkeit, als die, welche aus der Natur seines Geschäfts herfließt.


22/6093.


An Christiane von Goethe

Der Ziegenhainer Botanikus geht nach Weimar und überbringt dieses Päcktchen früher als es durch die Boten gekommen wäre. Thut ihm etwas zu gute, erwärmt und erquickt ihn. Thun ihm etwas zu gute, erwärmt und erquickt ihn. Wir sind glücklich hier angekommen, haben nur wenig gefroren, und bey Herrn von Hendrich eine gute Mahlzeit gefunden. Die Zimmer sind auch nun ziemlich durchgeheizt und wir werden uns bald eingerichtet haben, obgleich die ersten Tage immer mancherley Unbequemlichkeiten[7] gefühlt werden. Der Herr Obrist und August haben zusammen einen Rathkauf von einem Fäßchen Pricken gemacht, welches zwey Schock enthält, die jeder zur Hälfte verzehren will. Ich dachte eine Mandel für dich zu erhalten; sie sind aber nicht geneigt, sie abzugeben. So viel für dießmal.

Jena den 10. Januar 1811.

G.


22/6094.


An Franz Kirms

Die Aufführung des Don Juan in italienischer Sprache, sehe ich wie schon öfters erwähnt, nicht als eine Commissions Sache an, und möchte daher nicht gern die auszutheilenden Rollen unterschreiben. Es würde daher sehr gut seyn wenn Ew. Wohlgebornen diejenigen Personen, die noch nicht davon unterrichtet sind oder einige ombrage schöpfen könnten, mündlich begrüßten und belehrten. Ich glaube nicht, daß irgend Jemand sich bey dieser Gelegenheit unfreundlich bezeigt. Was sie von Unzelmann schreiben, ist wohl nur vorübergehend. Geben Sie dem jungen Manne zu bedenken, was er uns, und Durchlaucht dem Herzog persönlich schuldig geworden; wie unendlich oft er unser bey Gelegenheiten bedurft, wo er sehr übel daran gewesen wäre, wenn wir uns auf den Contract berufen hätten. Es ist hier von einer Artigkeit die Rede, die er dem Hof und besonderes dem[8] Fürsten erzeigt, und er sollte Gott danken, daß ihm eine Gelegenheit wird, seine Dankbarkeit an den Tag zu legen.

Ew. Wohlgebornen werden das schon machen. Sollte jedoch meine Intervention noch nöthig seyn; so haben Sie die Güte mir es anzuzeigen, und ich will das Erforderliche wohl schriftlich zu vernehmen geben.

Jena den 10. Januar 1811.

G.


Herr Obrist von Hendrich wird sich wegen der Meubeln nächstens vernehmen lassen.


22/6095.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey das Programm. Sollte wegen des Raums, den es einnimmt, etwas zu bedenken seyn, daß es nämlich etwas zu viel wäre, so wünschte ich mich mit Ew. Wohlgeboren darüber zu besprechen; denn alsdann ließe man besser aus der Mitte, als am Ende etwas weg.

Mich bestens empfehlend

Jena den 10. Januar 1811.

Goethe.[9]


22/6096.


An Johann Heinrich Meyer

Das Programm habe sogleich nach meiner Ankunft an Hofrath Eichstädt zugestellt, denselben aber noch nicht gesprochen. Ich werde bald hören, ob vielleicht etwas auszulassen ist.


Indem dieses geschrieben ist, tritt Hofrath Eichstädt mit einer wahren Jammergestalt zu mir ins Zimmer, aussehend ohngefähr wie der alte Moor in Schillers Räubern, da er aus dem Hungerthurm hervorgezogen wird, fängt mit einer Vorklage an von bösen Zeiten, detaillirt die literarisch-merkantilische Noth durch alle Rubriken und bittet den Druck des Programms aufzuschieben, weil sie an allen Ecken und Enden sparen müßten. Ich gebe ihm darauf ziemlich trockene Resolution und erbitte mir das Manuscript zurück, welches er mir auch einhändigt, mit wiederholter Bitte, davon bis auf bessere Zeiten keinen andern Gebrauch zu machen. Ich gestehe aber aufrichtig, daß ich nicht der Gesinnung bin. Den Aufsatz über die Münzen müssen wir freylich zurücklegen. Ich will die neue Platte bezahlen und die vorjährige zu acquiriren suchen. Das giebt immer ein Fundament zu einem Werklein, das wir nach und nach ausarbeiten, und das zuletzt Cotta der Allverleger auch einmal verlegt. Die Nachrichten über Kunstsachen[10] schickte ich, wenn es Ihnen recht ist, an Cotta gleich ins Morgenblatt, und wir könnten überhaupt dorthin noch andere wenden, weil, wie Sie selbst schon früher klagten, Eichstädt manche Recension über Kunstsachen liegen ließe. So verdienen z.B. die Ornamente von Bußler ehrenvolle wiederholte Erwähnung und Anregung. Laßet die Todten ihre Todten begraben, wir wollen uns zu den Lebendigen halten.

Zweytens muß ich vermelden, daß wir ein Rescript bey der Bibliothek erhalten haben, die Kunstsachen im Fürstenhause Ihnen zu übergeben. Ich habe dagegen in einem weitläufigen Promemoria ausgeführt, daß man alle Gemälde und alle Zeichnungen in Glas und Rahmen, auch wie sonst an der Wand aufgemacht seyn möchten. Alles was im Schlosse, im Fürstenhause, Luftschlössern und Landhäusern sich befände würde verzeichnet, und die Special Inventarien für jeden Castellan, Schloßvogts oder augenblicklichen Aufseher und Bewohner gefertigt. So könnte denn auch Jagemann alles was sich an seiner Seite befindet, in Aufsicht behalten; was oben auf Ihrer Seite aufgehängt ist, wäre Sache des Schloßvogts, weil ja ohnehin die Zimmer von Fremden gelegentlich bewohnt werden sollen. Soviel zur Nachricht[11] für heute, damit Sie wissen, was vorgegangen ist. Leben Sie recht wohl, gedenken sie mein, und lassen etwas von sich hören.

Jena. d. 11 Jan. 1811.

G.


22/6097.


An Christiane von Goethe

Jena den 11. Januar 1811.

Durch den Botanikus von Ziegenhain werdet ihr heute ein Packet erhalten und die Inlagen wohl besorgt haben. Hierbei folgt nur ein Brief an Hofrath Meyer, den ich gleich zu bestellen bitte.

Ferner wünschte ich das Zeichenbrett herüber zu haben, das in deinen Zimmern in irgend einer Ecke stehen muß. Die alte Ruine von Graupen in Böhmen ist darauf gezogen. Man kann ein anderes Papier mit einigen Stecknadeln drüber stecken und den Botenfrauen anempfehlen, daß es nicht gerieben wird.

Briefe und Packete wünsche ich hierher zu erhalten, auch sonstige Nachricht, ob etwas vorgefallen ist. Weiter weiß ich nichts zu sagen, als daß ich wohl zu leben wünsche. Das Wetter wird bey euch so schön seyn, wie hier. Freylich ist es der Schlittenfahrt nicht günstig.

G.[12]


22/6098.


An Bettina Brentano

Du erscheinst von Zeit zu Zeit, liebe Bettine, als ein wohlthätiger Genius, bald persönlich, bald in allerley guten Gaben. Auch diesmal hast du viel Freude angerichtet, wofür dir der schönste Dank von uns allen abgetragen wird. Möge dir es recht wohl ergehen und alles was du gelobest und dir gelobt wird Glück und Segen bringen.

Daß du mit Zeltern dich näher gefunden hast macht mir viel Freude. Du bist vielseitig genug aber auch manchmal ein recht beschränkter Eigensinn, und besonders was die Musik betrifft hast du wunderliche Grillen in deinem Köpfchen erstarren lassen, die mir insofern lieb sind weil sie dein gehören, deswegen ich dich auch keineswegs deshalb meistern noch quälen will.

Von denen guten Sachen die ich dir verdancke ist gar manches einstudirt und wird oft wiederhohlt. Überhaupt geht unsre kleine musicalische Anstalt diesen Winter recht ruhig und ordentlich fort.

Eine sehr schöne und öfter wiederhohlte Vorstellung des Achille von Pär haben wir auch gehabt. Brizzi von München war vier Wochen hier und jeder mann war zufrieden.

Von mir kann ich dir wenig sagen als daß ich mich wohl befinde, welches denn auch sehr gut ist.[13] Für lauter Äusserlichkeiten hat sich von innen nichts entwickeln können. Ich dencke das Frühjahr und einige Einsamkeit wird das Beste thun. Ich dancke dir zum schönsten für das Evangelium iuventutis, wovon du mir einige Pericopen gesendet hast, fahre fort von Zeit zu Zeit wie es dir der Geist eingiebt.

Und nun lebe wohl und habe nochmals Danck für die warme Glanzweste. Meiner Frau grüßt und danckt zum schönsten. Meiner Frau grüßt und danckt zum schönsten. Riemer hat wohl schon selbst geschrieben.

Jena. Wo ich mich auf 14 Tage hinbegeben.

d. 11 Jan. 1811.

G.


22/6099.


An Christiane von Goethe

Vor allen Dingen will ich zuerst mein nächstes Bedürfniß melden, und dieses ist um Wein von meiner Sorte, denn Herr von Hendrich hat lieber keinen von dieser Art und ich habe mich die Zeit her theuer und unbequem behelfen müssen, weil ich vergaß früher darum zu schreiben.

Wenn ihr mir den zugerichteten Schweinskopf schickt, so vergeßt die Sauce nicht: denn hier ist dergleichen schwer zu haben; wie denn auch unser gewöhnliches Essen so wenig erfreulich ist als sonst. Die Freunde geben uns manchmal etwas zum besten. Da ihr uns nicht wollet der Pferde genießen lassen, so haben euch die Götter gestraft indem sie[14] nicht allein keinen neuen Schnee gesendet, sondern sogar den alten recht langsam, nach und nach, vor euren Augen in Wasser und Schmutz verwandelt.

Der gute Rabe ist hier. Ich wünsche, daß ihm mein Bild gelinge; die Stunden will ich ihm gern gewähren. Wir thun zwar hier nicht viel Bedeutendes, aber doch immer viel mehr als zu Hause, und ich werde manches Alte und Stockende las, wodurch sich aufs Frühjahr ein neues Leben hoffen läßt.

Heute ist Carl Knebels Geburtstag. Er wird 15 Jahr alt, und ist als Studiosus inscribirt worden. Dieses denkt er sich heute als eine besondere Lust, wird aber schon in der nächsten Woche ihm und seinen lieben Eltern zu mancher Verwicklung und Verwirrung gereichen. August zeigt sich bey dieser Gelegenheit recht brav, indem er diesem einheimischen Fuchs eine Richtung giebt die ihm vortheilhaft seyn kann.

Rabe hat uns manche Weimarische Geschichten erzählt, und wir sehen daraus, daß es weder auf Redouten noch Jagden sehr geziemend hergeht. Daß der Teufels Müller kein recht feines Mehl liefern würde, sah ich wohl voraus. Ich bin zufrieden, daß es nur nothdürftig durchgegangen ist, und doch sagen immer die Leute: »Warum giebt man dieß und das Stück nicht? Es ist ja auf allen Theatern gespielt worden.«

Das beykommende Zeichenbüchlein erbitte ich mir wieder zurück. Es sollte euch nur die Silhouetten[15] überbringen, die der jetzt anwesende Silouetteur ausgefertigt hat. Stoßt euch nicht an die weißen Läppchen und barbarischen Uniformen. Das kann nun einmal nicht anderes gemacht werden. Der Silhouetteur einmal nicht anders gemacht werden. Der Silhouetteur hat sehr viel zu thun, und wenn er nach Weimar kommt, wird ihn Fr. v. Schopenhauer, hoffen wir, auch beschützen. Laßt das Stammbuch einigen Personen sehen. Saget dieser Freundinn zugleich, daß sie den Aufsatz, wegen des Auspielens des Barduaschen Gemälds, nächstens erhalten soll.

Schreibe mir, was euch sonst begegnet, wie die Theater Vorstellungen ablaufen. Meine Absicht ist, heute über acht Tage, Dienstags den 22., zu Mittag bey euch zu seyn. Auf alle Fälle könnt ihr in der nähere vernehmen.

Sende auch von dem anderen Wein mit herüber: denn der hiesige geht zu Ende, und da wir nicht ohne Gäste sind, so erneut sich dieses Bedürfniß immer wieder.

Von einem Balle habe ich nichts vernommen. Freylich komme ich auch nicht leicht in Verhältniß mit Balllustigen. Doch wollen wir auch dieses dem Schicksal und seinem Dienern, den Studenten, überlassen. Lebet recht wohl.

Jena den 15 Januar 1811.

G.[16]


22/6100.


An Johann Heinrich Meyer

Hier schicke ich Ihnen, mein lieber Hofrath, den Aufsatz Serenissimi unsere neue Einrichtung betreffend. Ich kann Ihnen leider mein Botum, das diesem vorherging, nicht mitsenden, weil ich kein Concept davon habe. Es ist aber auch weiter nicht nöthig, und ich brauche Ihnen nicht zu sagen: denken Sie die Sache durch, weil Sie immer denken und die alles schon lange durch gedacht haben. Richten Sie sich aber ein, Dienstag Mittag mit mir zu essen: denn ich komme gewiß zu Tische, insofern in dieser Welt etwas gewiß ist. (Sonst sagte man: will's Gott!) Mir scheint die Sache im Grunde einfach und leicht abzuthun, welches sich mit ein paar mündlichen Worten geschwind zeigen wird.

Mir geht es übrigens nach meiner Art hier ganz wohl. Raben, wenn er Sie besucht, sind Sie ohne meine Empfehlung freundlich. Alles andre versteht sich von selbst.

Jena den 18. Januar 1811.

G.


22/6101.


An Christiane von Goethe

Herr Rabe fährt nach Weimar und es wäre angenehm durch den rückkehrenden Kutscher einige[17] Flaschen Wein zu erhalten, weil wir alles das überschickte schon von der Erde weggetrunken haben. Künftighin muß ich mir einen größeren Keller hier anlegen. Der vortreffliche Juvenil versäumt auch nicht seinen Theil von der hellen Sorte zu trinken, und so weiß, man gar nicht, wo dieses Gewächs des Weinstocks alles hinkommt. Lebet recht wohl, nur laßt euch nicht von einem Ball verführen, den man, wie ich höre, vielleicht auf den Dienstag ansetzen will. Es wäre mir sehr schrecklich auch im Mühlthal zu begegnen. Auf fröhliches Wiedersehen.

Jena den 18. Januar 1811.

G.


22/6102.


An Caroline von Egloffstein

Umwegen meiner Briefschulden nicht ganz bankrut zu werden, habe ich mich nach Jena zurückgezogen, wo wie Sie sehen, schöne Freundinn, die Feder nicht schreiben, die Dinte nicht ordentlich fließen will.

Doch erscheint mir das Bild der lieben Jägerin allzulebhaft als daß ich länger zaudern sollte für Ihren freundlichen Brief recht herzlich zu dancken. Die holde Gestalt der Abwesenden wird gar oft vermißt, Sonntags beym Gesang, bey Hofe, auf der Redoute und wo nicht sonst. Eben so fehlt auch ihre trauliche Rede und was sonst noch alles mit ihr hinweggezogen ist.

[18] Einer Ihrer ersten und treusten Verehrer findet sich hier an meiner Seite, mein August, mit dem ich sehr oft der guten und glänzenden Zeiten gedencke. Er empfielt sich zum allerschönsten.

Wie es diesen Herbst und Winter bey uns ausgesehen, davon haben Sie schon umständliche Nachricht.

Sehr ungern vermissen wir Frau Gen. v. Wangenheim bey der ich mein Andencken erneuern bitte. Ihrer verehrten Frau Mutter dancken Sie recht lebhaft für das eigenhändige Zeichen dauerhafter Neigung und Freundschaft und bewegen die glückliche Zeichnerinn uns bald wieder etwas zu senden. Sie aber leben recht wohl und unsrer eingedenck.

Jena d. 18 Jan. 1811.

Goethe.


22/6103.


An Christiane von Goethe

Nach reichlicher Überlegung aller Umstände haben wir uns entschlossen, Montags früh bey guter Zeit von hier abzufahren und bey guter Zeit von hier abzufahren und bey euch zu Tische zu seyn. Kämen wir auch nach Eins, so laßt euch nicht irren: denn ich weiß doch nicht, wann wir wegkommen.

Auf diese Weise findet ihr das Nest Dienstags rein, habt eure Bequemlichkeit und wir gewinnen unsere Stunden in Weimar und somit ist allen geholfen.

Die schönen Würste haben ein gar gutes Ansehen und so ist ein gar gutes Ansehen und so ist alles in der besten Ordnung. Gegenwärtiges[19] sende ich durch den jungen Starke dem de etwas freundliches erzeigen magst. Lebe recht wohl bis auf frohes Wiedersehen.

Jena den 19. Januar 1811.

G.


22/6104.


An Carl Friedrich von Reinhard

Seit meiner Rückkunst von meinem Badereisen bin ich so mancherley Geschäfte und Verrichtungen verwickelt worden, daß ich auf kurze Zeit nach Jena gehen mußte, um nur einigermaßen meine Brief- und Literaturschulden abzuthun. Hier benutze ich auch eine einsame Stunde, um Ihnen verehrter Freund, für die freundlichen Schreiben zu danken, die ich von ihnen erhielt. Lassen Sie mich, in Erwiederung derselben, mancherley erzählen.

Das etwas schwierige Unternehmen auf unserm Theater eine italiänische Oper zu geben, machte mir viel Mühe und kostete mir viel Zeit. Endlich aber, da es glücklich und zu Jedermanns Zufriedenheit gelang, so fand ich mich auch getröstet und ging, wie man es immer macht, wieder neue Schwierigkeiten aufzusuchen. Der übrige Lauf des Geschäfts- und Hoflebens nimmt denn auch den größten Theil der kurzen Tage weg, und die Nacht, wie der Winter, ist keiner Thätigkeit Freund. Viel Communicables habe ich nicht geleistet. An er Hackertschen Biographie[20] wird gedruckt, und sie wird Ihnen einiges Vergnügen machen. Wenigstens stellt sie ein thätiges, bedeutendes, glückliches und im Unglück sich wiederherstellendes Leben dar.

Daß meine Pandora in Ihnen den Wunsch erregt hat wieder einmal mit mir zu unterhalten freut mich sehr. Ich erinnerte mich dabey eines schmeichelnden Vorwurfs, den mir einst ein Jugendfreund machte, indem er sagte: Das was Du lebst ist besser als das was Du schreibst; und es sollte mir lieb seyn, wenn es noch so wäre. Jenes Werkchen ist freylich etwas lakonisch zusammengearbeitet; aber nicht des Buchhändlers sondern meine Schuld ist, daß sie nur vier Bogen davon erhalten haben: denn die übrigen sind noch nicht gedruckt, ja noch nicht einmal geschrieben.

Da diese Wintertage sich mehr zur Reflexion als Production schicken, so habe ich des Herrn Degerando Histoire comparée des Systèmes de Philosophie gelesen und mich dabey meines Lebens und Denkens von Jugend auf erinnern können. Denn die sämmtlichen möglichen Meinungen gehn uns doch nach und nach, theils historisch, theils productiv durch den Kopf. Bey Lesung dieses Werks begriff ich aufs Neue, was der Verfasser auch sehr deutlich ausspricht: daß die verschiedenen Denkweisen in der Verschiedenheit der Menschen gegründet sind, und eben deshalb eine gleichförmige Überzeugung unmöglich ist.[21] Wenn man nun weiß, auf welcher Seite man steht, so hat man schon genug gethan; man ist alsdann ruhig gegen sich und billig gegen andere. Übrigens muß man doch gestehen, daß ein Franzose, wenn er einmal vermitteln will, ein sehr bequemes Organ an seiner Sprache findet.

Haben Sie das Werk des Heron de Billefosse: De la Richesse minerale gesehen? wovon der erste Theil Division économique herausgekommen. Hier hat die französische Natur auf deutschem Grund und Boden und größtentheils mit deutschen Materialien ein Musterstück geliefert. Es ist werth, daß es jeder Staats- und Weltmann, wo nicht durchstudire, doch durchblättere. Es ist eine sehr bequeme Weise belehrend. Sollten Sie es noch nicht gesehen haben so empfehle ich es besonders, weil es vom Königreich Westphalen ausgeht, an dem Sie doch gegenwärtig in manchem Sinne Theil zu nehmen Ursache haben.

Den Brief des guten Boisserée beantwortete ich ehstens ausführlicher. Haben Sie indeß Gelegenheit ihm zu sagen, daß nach unserer Meinung denn doch vielleicht für diese perspectivischen Blätter die aqua[22] tina das Beste seyn möchte. Sie giebt in Absicht auf Haltung und Leichtigkeit der Arbeit gar viele Vortheile, und wenn man 500 Exemplare eines solchen Werks, als soweit wohl die guten Abdrücke reichen, verkauft; so können Autor und Verleger immer zufrieden seyn. Doch ist das nur eine Meinung, und wir lassen gern eine andere Überzeugung gelten. Jeder muß freylich sehen wie er am Ende selbst sich nothdürftig rathen kann. Auf alle Fälle würden die werthen Cöllner zur guten Jahreszeit hier wohl aufgenommen seyn. Der Erbprinz, der sie in Heidelberg sah, hat sie zum schönsten und vortheilhaftesten angemeldet.

In meiner Jenaischen Einsamkeit komme ich auch dazu, manche Schriften zu überlesen oder zu überlaufen, die lang vor mir vorbeygerannt sind. Da habe ich denn auch Brandes Betrachtungen über den Zeitgeist in Deutschland angesehen, und mir die vergangenen Zustände daraus wieder vergegenwärtigt. So viel Gutes dieses Büchlein hat und so nützlich man es verarbeiten könnte, so ist es doch äußerst widerborstig gedacht und geschrieben, so daß es einem auch nicht einmal in der Reflexion wohl wird, wo sich denn doch zuletzt alles Verdrießliche des Lebens und Daseyns freundlich auslösen müßte. Hier, wie in so manchen andern Fällen, kommt einem die Empirie, die sich mit der Empirie herumschlägt, ganz lächerlich vor. Es ist immer als sähe man[23] indianische Götter, wo einer zehn Köpfe, der andere hundert Arme, und der dritte tausend Füße hätte, und diese här'ten sich nun mit einander herum, flickten sich am Zeuge wo sie könnten und keiner würde der andern Herr.

Soviel für heute. Der Raum verbietet mehr als ein herzliches Lebewohl zu sagen.

Weimar den 22. Januar 1811.

G.


22/6105.


An Carl Fürst Lichnowsky

[Concept.]

[23. Januar.]

Ew. Durchlaucht

haben mich des Jahrs, das mir das Glück Ihres Wohlwollens verschaffte und in welchem ich so manches Erfreuliche durch ihre Ermittlung genoß, mit einer Nachricht überrascht, die mich in Entzücken setzten mußte. Sie kündigen mir ein huldvolles Merkzeichen an, woraus mir die Gewißheit werden soll, daß unsere allergnädigste Kaiserinn sich eines zwar entfernten aber gewiß, so sehr als die nahen, anhänglichen und devoten Dieners erinnern will. Wenn Ew. Durchlaucht bisher meiner gütig und gnädig gedacht, so setzen Sie ja nunmehr noch diese wohlthätige Gesinnung fort und drucken gelegentlich, da Sie meine Empfindungen und Gesinnungen kennen, auf eine gehörige Weise dasjenige aus, was so natürlich ist und wozu ich doch keine Worte finde.

[24] In diesen Tagen besuchte uns der Erbprinz Von Oldenburg, welcher gerade von Wien kommend und unsere Ergebenheit und Anhänglichkeit für die vortreffliche Monarchinn theilend, mit sehr viel Eifer und Lebhaftigkeit ein Gespräch fortsetzte, welches der Herzog mein gnädigster Herr veranlaßt hatte, und woran Theil zu nehmen, man mir die Ehre erzeigte.

Das gegenwärtige abzusenden habe ich einige Wochen aufgeschoben, so wie auch das beyliegende Schreiben an des Herrn Grafen von Althan Excellenz. Ich dachte zugleich die Ankunft des sehnlich erwarteten kostbaren Geschenks zu melden; allein da es bis jetzt noch nicht angelangt, so will ich meine dankbare Freude nicht länger zurückhalten, und Ew. Durchlaucht von meiner fortdaurenden, immer gleichen, ja durch diese neue Begünstigung noch mehr erhöhten anhänglichen Gesinnung wenigstens mit Worten zu überzeugen suchen, bis ich in Erwiederung etwas Gefälliges und Erfreuliches leisten kann.

Zu dem neulichen Verzeichnis wären noch Hebels Allemanische Gedichte zuzusetzen, welche auf alle Weise verdienen, unter unsern deutschen Werken beachtet zu werden. Was die Prosaisten betrifft, so ist freylich die Aufgabe schon etwas weitläufiger und schwieriger, auch kommt man eher in Gefahr sich einer Auslassungs- oder Parteylichkeitssünde schuldig zu machen; doch hoffen wir uns auch dieses Auftrags schuldigst zu entledigen.[25]


21/6067.


An Franz Graf von Althann

[Concept.]

[23 Januar 1811]

Die Empfindungen, welche Ew. Excellenz höchst erfreuliches Schreiben bey mir erregt, auch nur einigermaßen auszudrücken, finde ich mich nicht im Stande.[429] Nur soviel sey mir erlaubt in Erwiederung desselben zu äußern. Als bey der Anwesenheit unserer allverehrten und allgeliebten Monarchinn in Carlsbad mir die Veranlassung ward, im Namen eines ganzen Volks Allerhöchst Dieselbe anzureden, erschien mir dieses als das größte Glück, indem ich zugleich meinen eigenen Gesinnungen Ausdruck und Sprache geben durfte. Wenn nun diese schwachen Zeugnisse der wahrsten Gefühle gnädigst bemerkt und huldvoll aufgenommen worden; so war dieses schon eine Belohnung, deren Eindruck durch das ganze Leben dauern muß. erfahre ich nun aber gegenwärtig, das jene hochverehrte, ja angebetete Fürstinn unter den mannigfaltigsten und bedeutendsten Umgebungen sich der für so Viele glücklichen Tage und auch meiner erinnert, und mich dessen durch Ew. Excellenz höchst verehrliche Worte sowohl als durch ein kostbares Ge schenk versichern will; so übertrifft dieß alles, was ich nur jemals erwarten, was ich nun immer hoffen durfte. Diese herrliche Gabe leuchtet unter allem was ich irgend besitze, am schönsten hervor, und erhöht jene Freude, welche schon die Einsicht in so hohe Eigenschaften gewährt, noch als huldreiches Merkzeichen, daß die damit so reichlich Begabte auch derer gedenken mag, welche nicht aufhören können, sich ihrer Vollkommenheiten zu erinnern. Ew. Excellenz haben gewiß die Gnade meinen dankbaren Empfindungen die schicklichen Worte zu leihen; worum ich, mit so größerer[430] Zuversicht bitte, als die Offenheit und das Zutrauen, womit Ew. Excellenz mich in Carlsbad beehrt, mir unvergeßlich bleibt; und neben der Ehrfurcht, welche mir Ihre hohe Würde gebietet, noch der Neigung und Anhänglichkeit, die wir sonst nur für unseres Gleichen empfinden, vollkommen Raum läßt.

Durchlaucht der Herzog, mein gnädigster Herr, war höchst erfreut über das an ihn gerichtete Andenken, und erwiedert es mit aufrichtiger Herzlichkeit; wie ich denn nicht übertreibe, wenn ich Ew. Excellenz versichre, daß die Unterhaltung über dasjenige, was diesem würdigen Fürsten in Teplitz erfreuliches begegnet, die angenehmsten und heitersten Augenblicke eines täglichen Gesprächs macht. Mein höchster Wunsch wäre, der Allverehrten Monarchinn mich irgendwo zu Füßen zu legen, und mich persönlich von dem Wohlbefinden eines von so vielen Tausenden erflehten Lebens zu überzeugen; zugleich auch Ew. Excellenz diejenige Dankbarkeit zu wiederholen, welche mich unausgesetzt beschäftigt.[431]


22/6106.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

Das Packet mit den Büchern ist glücklich angekommen. Das zweyte von Ew. Wohlgeboren beygelegte Exemplare, sowie die Dissertation, sind für mich besonders von Bedeutung. Ich werde bald möglichst Gebrauch davon machen und alles wieder wohleingepackt zurückschicken, auch bey dieser Gelegenheit Herrn Vogt, den ich unterdessen bestens zu grüßen bitte, dankbarlich antworten.

Zugleich vermelde, daß ich endlich so glücklich bin, in diesen Tagen mein so lange Zauderndes Bild durch den Postwagen absenden zu können. Ich wünschte, daß es glücklich ankommen und Beyfall finden möge. Folgendes habe ich dabey zu bemerken:

Wenn der Kastendeckel ohne große Erschütterung eröffnet ist, so findet sich außen an der obern Seite des Kastens eine Schraube. Diese ist loszuschrauben, sodann die zwischen dem Rahmen und dem Kastens eine Schraube. Diese ist loszuschrauben, sodann die zwischen dem Rahmen und dem Kasten eingezwängten Keilchen von Papier und Pappe sorgfältig heraus zuziehen, und das Bild mit dem Rahmen sodann aus dem Kasten zu nehmen.

Noch eins ist alsdann zu bedenken. Leider hat der Künstler den Blendrahmen, worauf das Bild gespannt ist, zu schwach machen lassen. Da dieser nun durch[26] Keilchen angetrieben ward; so ist er auf dem Wege von Dresden hieher geborsten, und man hat hier, um nicht alles auseinander zu nehmen, für das beste gehalten, ein paar Querleisten hinten über den Hauptrahmen zu schrauben, welche denselben wohl auf einige Zeiten zusammenhalten werden. Man darf sie deshalb nicht als accessorisch ansehen und sie etwa losschrauben. Freylich entsteht dadurch beym Aufhängen der Mißverstand, daß das Bild etwas von der Wand absteht; allein es läßt sich dieses durch eine kleine Drapperie, wie ein geschickter Tapezierer um ein solches Bild in Gestalt eines Vorhangs leicht anbringen wird, verbergen und dabey noch eine angenehme Verzierung gewinnen.

Verzeihen Sie meine Weitläufigkeit; aber es geht leider nicht alles wie es gehen sollte und da muß man rathen und zu helfen suchen, wie nichts thun läßt.

Beyliegenden Brief bitte ich auf die Post geben zu lassen, und meiner im Guten zu gedenken.

Ew. Wohlgeb.

Weimar

ganz ergebenster Diener

den 24. Januar 1811.

J. W. v. Goethe.[27]


22/6106a.


An Christian Gottlob Voigt

Indem ich an die Kupfer und Zeichnungen erinnert werde, fällt mir ein was geschrieben steht: »Bittet daß eure Flucht nicht geschehe im Winter.« Ew. Excellenz würden Sich fürwahr um uns ein großes Verdienst erwerben, wenn Sie für die Translocation und Dislocation jener Kunstwerke eine Frist auf bessere Tage verschaffen könnten. Mein Wunsch wäre, Jagemanns Atelier erst fertig zu sehen. Wäre er ordentlich introducirt und immittirt, so sähe man, was allenfalls zu seinem Guten und Frommen noch zu thun Wäre und womit man ihn vielleicht ausstatten könnte.

Die beyden Zimmer zwischen ihm und der Zeichenschule würden indessen auch frey; man könnte sich darin bethun und alles einrichten; sodann überlegte man nochmals auf der Bibliothek, was man dort wegnehmen könnte, ohne die bisherigen Custoden in Verzweiflung zu setzen, und was zum Vortheil[383] der Zeichenschule dem Hofrath Meyer übergebe ohne ihn gerade zu einer sehr Zeit versplitternden Custodie zu verpflichten.

Am bisherigen Orte ist alles wohl verwahrt. Gehen kann es Jedermann und benutzen auch: denn was nöthig befunden ward, ist unweigerlich an die Zeichenschule zum Gebrauch abgegeben worden.

Durch den Beytritt des Professor Jagemanns, durch die Einrichtung eines Ateliers für die eigentliche Ölmalerey, steht unsrer Zeichenschule eine ansehnliche Erweiterung bevor; nur was die Custodie betrifft, beziehe ich mich auf meinen früheren Aufsatz und verharre bey dem Wunsche, daß nichts zur Zeichenschule möge abgegeben werden, als was unmittelbar bey ihr genutzt wird.

Alles was drüber ist, wird nur den Lehrern eine Last und den Schülern eine Zerstreuung.

Wenn man die Gegenstände erst wieder vor sich hat, und wenn das neue Local in Ordnung ist, wird sich darüber etwas Bestimmtes sagen lassen. Es werde aber nach besseren Einsichten entschieden was da wolle, so wünsche ich nur, daß die Ausführung unmittelbar auf die Anordnung folge; welches in dem jetzigen Augenblicke, aus oben angeführten Gründen, nicht wohl thulich ist.[384]


22/6107.


An Georg Sartorius

[Concept.]

[4. Februar.]

In diesem Augenblicke, mein theurer lieber Freund, bin ich sehr verdrießlich auf mich, daß ich Ihnen nicht[27] vor 6 Wochen geschrieben und zwar durch Veranlassung des vaterländischen Museums. Eine Abtheilung Ihres Werks das Sie gegenwärtig die Güte haben, mir ganz zu überschicken, fand ich darin zu meiner größten Freude. Es ist irgendwo gesagt daß die Weltgeschichte von Zeit zu Zeit umgeschrieben werden müsse, und wann war wohl eine Epoche, die dieß so nothwendig machte, als die gegenwärtige. Sie haben ein treffliches Beispiel gegeben, wie das zu leisten ist. Der Haß der Römer gegen den selbst milden Sieger, die Einbildung auf abgestorbene Vorzüge, der Wunsch eines anderen Zustandes ohne einen bessern im Auge zu haben, Hoffnungen ohne Grund, Unternehmungen auf gerathewohl, Verbindungen von denen kein Heil zu hoffen, und wie das unselige Gefolge solcher Zeiten nur immer heißen mag, das alles haben Sie trefflich geschildert und belegen uns daß alles wirklich in jenen Zeiten so ergangen. Sogleich werde ich nunmehr Ihr ganzes Werk lesen, sende aber diesen Brief fort, noch ehe ich es anfangen konnte.

Ihr und der Ihrigen Wohlseyn freut mich herzlich und was ich von dem günstigen Geschick Göttingens, seiner Anstalten und Bewohner höre, freut mich unsäglich, sowohl überhaupt als um Ihrentwillen. Mögen die mannigfaltigen neuen Illuminationen der geographischen Charten auf Sie keinen ungünstigen Einfluß haben.

Vorigen Sommer habe ich mich in Carlsbad ziemlich,[28] in Teplitz trefflich befunden. Ein zwölftätiger Aufenthalt in Dresden hat mir die Würde und Herrlichkeit alter und neuer Kunst wieder recht vor die Augen gebracht. Nach meiner Rückkehr haben wir eine italiänische Oper, Achille von Paer, mit großem Beyfall zu Stande gebracht. Brizzi von München sang die Hauptrolle, und die unsrigen begleiteten ihn musterhaft.

Doch haben wir in diesen Tagen noch einen größern theatralischen Triumph erworben, indem wir den standhaften Prinzen von Calderon nach Schlegels Übersetzung mit allgemeiner Theilnahme aufgeführt. Jedermann macht uns das Compliment daß es über alle Erwartung geraten, und niemand verhehlt seinen Unglauben, der er an dem Unglück unsers Unternehmens gehegt hatte.

Beym Theater kommt freylich alles auf eine frische unmittelbare Wirkung an. Man will nicht gern reflectiren denken, zugeben; sondern man will empfangen und genießen; daher ja auch oft geringere Stücke eine günstigere Aufnahme erleben, als die bessern; und zwar mit Recht. Dießmal aber haben wie ein Stück, das vor nahe 200 Jahren, unter ganz anderm Himmelsstriche für ein ganz anders gebildetes Volk geschrieben ward, so frisch wiedergegeben, als wenn es eben aus der Pfanne käme. Die Theilnahme aller Classen war dieselbe, und ich freue mich darüber gar höchlich, weil meine Mühe und Sorge, die ich[29] auf die Wiederholung eines Werks, das ich für höchst vortrefflich halte, seit ein paar Jahren gewendet habe, nunmehr reichlich belohnt sehe.

Von mir habe ich übrigens nicht viel zu sagen. Meine eigenen Sommerwanderungen haben die Wanderjahre Wilhelm Meisters verzögert; jetzt lasse ich an der Hackertschen Biographie drucken und mache mir den Spaß, an meiner eignen zu schreiben, bis ich beurtheilen kann, ob dieses Unternehmen zulässig ist.

Indem über meine Farbenlehre das altum Silentium im gelehrten Publicum fortgedauert; so erhalte ich in Privatbriefen sehr angenehme Zeugnisse von stiller Wirkung, besonders von Anregungen durch einzelne Stellen veranlaßt. Wir wollen das alles abwarten. Mein Hauptzweck war, mir selbst möglichst klar, und zuletzt die Sache los zu werden. Beydes habe ich er reicht und das weitere wird nicht ausbleiben. –

Nun leben Sie zum schönsten wohl, grüßen Sie mir die lieben Ihrigen und gedenken meiner.


22/6108.


An Franz Kirms

Durchlaucht der Herzog haben die Absicht eine Demoiselle Frank von Mannheim, zu Anfang März, und Madam Vohs zu Anfang May hier in einigen Gastrollen zu sehen, und gedenken selbige zu honoriren.[30] Das erste ist durch Frau von Heygendorf nach Mannheim gemeldet worden und ich werde von dem letztern Madam Vohs benachrichten.

Weimar den 12. Februar 1811.

G.


22/6109.


An Franz Kirms

Herr Capellmeister Müller zeigt an, daß der Corepetitor Eilenstein sich vergangenen Montag dergestalt betrunken, daß er in der Esplanade in den Roth gefallen, sich besudelt und im Gesicht beschädigt habe; so sey er ins Orchester gekommen, wo er über die Pauken gestolpert und Skandal verursacht. Er solche Aufführung bedrohlich verwiesen; er könne sie jedoch auch Herzogl. Commission um so weniger verschweigen, als Serenissimus von dem Unfug Notiz genommen und den Eilenstein sogleich seiner Stelle zu entlassen gedroht.

Weimar den 15. Februar 1811.

G.


22/6110.


An Sara von Grotthuß

Weimar den 15. Februar 1811.

Es ist nicht billiger, als daß ich mit der Recension der vortrefflichen Gaben anfange, die uns nach und[31] nach durch Ihre Güte geworden sind. Den kostbarsten Spickgänsen folgten die trefflichen Sander, und diesen nunmehr der beste Kaviar, welcher jemals gefischt und eingesalzen worden. Durch Ihre Nachricht von dem Einweichen des getrockneten habe ich mich wirklich auf eine hohen Grad der Geschmackkritik erhoben gesehen, so daß ich einen, ehe der Ihrige ankam, hier an Tafel genossenen wenigstens für mich im Stillen für aufgefrischt erklären konnte. Haben Sie für diese Gaben den besten Dank, und lieben nicht weniger, wenn wir Ihnen etwas gourmand erscheinen sollten.

Für alle mir gegebenen Nachrichten soll gleichfalls meine aufrichtige Dankbarkeit hiermit ausgesprochen seyn. Auf die Tochter Jephta's warten wir mit Verlangen und hoffen sie gut zu geben. Von unsern bisherigen Unternehmungen soll nachher die Rede seyn.

Wegen des Anliegens der Madame Crayen habe ich sondirt. Aber Spanien ist jetzt ein sehr wunder Fleck auf der Landcharte, und ich traute mir nicht weiter zu gehen. Läßt sich etwas bewirken, so erfahren sie es gleich.

An die gute Schwester habe ich schon lange einen lustigen Brief geschrieben, und darin Ihre Gaben detaillirt und gerühmt. Ich entbehre jedoch seit langer Zeit ein Lebenszeichen von ihr: nun, da ich höre, daß sie krank gewesen, erkläre ich mir's eher, und bin deswegen, nicht weniger in Sorgen. Sagen Sie[32] ihr das allerschönste und empfehlen mich ihr, auch Herrn von Grotthus. Das Beste wünschend

Goethe.


22/6111.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Wohlgeborner,

Insonders Hochgeehrtester Herr,

Aus Ew. Wohlgeboren freundlichen Schreiben habe ich mit Vergnügen ersehen, daß das Gemälde glücklich und wohlbehalten in Frankfurt angelangt ist und daß ich meine Wunsch einigermaßen erreicht habe, Ihnen für so viel Liebe Güte und Treue auch endlich einmal etwas Erfreuliches zu erzeigen. Möge mein Andenken immer unter Ihnen und den Ihrigen wohnen, wie wir das Ihrige unter uns lieb und werth haben.

Die mir anvertrauten Bücher sende mit Dank zurück. Besonders enthielt die Ausgabe in Quart zu meiner Freude auch die kleineren Schriften des Telesius und das Büchelchen de colorum generatione, worauf es mir hauptsächlich ankam. Nicht weniger war mir die Dissertation erwünscht, welche sehr gründlich und gut geschrieben mich mit den Schicksalen dieses Mannes und seine Werken näher bekannt machte. Ich lege einen Brief an Herrn Vogt bey, um für seine bey dieser Gelegenheit gehabte Bemühung mich dankbar zu erzeigen.

Der Kasten mit Scripturen ist auch schon längst glücklich angekommen und das dabey befindliche Manuscript[33] erinnerte mich an vergangene heitre Tage. Es ist von der Hand der Fräulein Göchhausen, welche Hofdame bey der Herzogin Mutter Durchlaucht war, und mit meiner Mutter mehrere Jahre im Briefwechsel stand.

Wahrscheinlich komme ich bald in den Fall, Ew. Wohlgeboren Gefälligkeit abermals anzurufen, indem ich mir theils Nachrichten, welche das Leben von abgeschiedenen Frankfurtern betreffen, theils die Mittheilung von gewissen sogenannten Francofurtensien erbitten wollte, da ich mir verschiedenes aus frühere Zeit ins Gedächtnis zurückrufe und theils das Andenken mancher bedeutenden Individualitäten, theils kleinere Begebenheiten, die nicht ohne Folge geblieben sind, wo nicht der Welt, doch wenigstens den Meinigen erhalten wünschte. Nächstens nehme ich mir die Freyheit, hierüber etwas bestimmtes zu äußern.

Anstatt jenes, oben erwähnten Briefes an Herrn Vogt lege ich ein Packet an denselben bey, und bitte da ich wegen seines Titels ungewiß bin, die Adresse gefällig darauf zu setzen, und es ihm sodann zu übersenden.

Mit vielen herzlichen Empfehlungen von den Meinigen unterzeichne ich mich wie immer

Ew. Wohlgeb.

Weimar

verbundenster

den 15. Februar 1811.

J. W. v. Goethe.[34]


22/6112.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

[16. Februar.]

Die so unerwartet von den werthen Freunden bey mir abgestattete Visite erwiedre ich hiermit zwar keineswegs auf transparentem, doch wenigstens auf ziemlich weißen Grunde. Wenn ich aufrichtig seyn soll, so wäre ich lieber völlig schwarz auf weiß vor den Freunden erschienen; aber wie es scheint soll ich die Farben, die mir schon so viele Noth gemacht, nicht los werden: denn der Silhouetteur wollte mich ohne bunte Läppchen und Bändchen nicht entlassen. So komm ich denn nun halb Schatten halb Wirklichkeit, aber gewiß treu gesinnt und von Herzen dankbar.

Das schöne Glas dergleichen ist mir wirklich eins wünsche, hat mich, wie ich gern gestehe, in tiefes Nachdenken versetzt: denn entweder der Besteller, oder der Verfertiger haben der Farbenlehre, es sey nun die meinige oder nicht, große Aufmerksamkeit gegönnt, indem nicht nur Licht und Finsterniß, sondern auch die Trübe, daneben auch der ganze Farbenschein, auf eine sehr künstliche und bedeutende Weise vorgestellt ist. Selbst an Mücken fehlt es nicht, und der ganz schwarze Fliegengott im trüben Felde, umgeben vom farbigen Ewigkeitssymbol, scheint hier auf das eingekerkerte böse Prinzip zu deuten, worauf wir in so viel ahndungsvollen Schriften der neuern Zeit hingewiesen[35] werden. Genug ich bin überzeugt, daß ein Eingeweihter, wenn er, mit diesem Kelch in der Hand, die Rednerbühne bestieg, die größten Geheimnisse der Natur seinen Zuhörern daran anschaulich entwickeln könnte. So viel sey nur gesagt, zum Beweis daß ich das Andenken und Wohlwollen meiner Freude zu verdienen glaube. Möge gegenwärtiges willkommen seyn und uns in diesem Jahre ein freudiges Wiedersehen nicht fehlen.

Glück auf!


22/6113.


An Carl Fürst Lichnowsky

[Concept.]

Nun ist gestern den 18. Februar die köstliche Gabe, nach einigen kleinen Retardationen in Dresden, glücklich bey mir angekommen, und es soll dieser Tag künftig immer festlich gefeyert werden. Ew. Durchlaucht können sich wohl denken, welche Freude diese Erscheinung bey mir erregt hat. Jedes Wort, jedes Zeichen, welches uns versicherte, daß eine so hohe preiswürdige Dame sich unsrer erinnern wolle, würde ja schon entzücken; nun aber ein so kostbares schönes und mit allem was uns werth seyn muß, dem verehrten Namen in allen Buchstaben geschmücktes Geschenk, diese ist mehr die kühnste Erwartung sich hätte dürfen träumen lassen. Nun preise mein Glück des vorigen Jahres doppelt und dreyfach, und bin den[36] guten Carlsbadern aufs neue verbunden, die mich im Jubel ihrer Anhänglichkeit an ihre große Monarchinn zu einem Schritte vermochten, den ich selbst nicht würde gewagt haben, und der ich für mich so folgereich erzeigte.

Ew. Durchlaucht sind nicht weniger gewiß, daß ich dankbar u erkennen weiß, was ich hierbey Ihrem geneigten und thätigen Einfluß von den ersten Stunden an schuldig bin; welches mir bey einem so schönem Erfolg immer wieder aufs neue ins Gedächtniß gerufen wird.

Sollte es eine schickliche Gelegenheit geben, so würden Ew. Durchlaucht mich unendlich verbinden, wenn Sie mein Erstaunen und gewissermaßen meine Beschämung, bey dem Empfang einer so großen Gabe, nach Ihrer eigenen Weise recht aufrichtig und lebhaft ausdrücken wollten; wie denn auch des Herrn Obermeister Grafen von Althann Excellenz meine dankbaren Gesinnungen wieder betheuert wünschte. Fügen Ew. Durchlaucht zu so vielen Guten auch noch diese Gunst hinzu.

Durchlaucht der Herzog, der an meinem Stücke einen sehr aufrichtigen Theil genommen, empfiehlt sich Ew. Durchlaucht zum schönsten; und ich schließe mit der Versicherung unwandelbarer Gesinnungen, mit denen ich mich unterzeichne.

Weimar den 19. Febr. 1811.[37]


22/6114.


An Dorothea Herzogin von Curland

[Concept.]

Kaum werde ich in Zukunft wissen, wie ich diese Jahrszeit genugsam feyern soll, so viel Gutes ist mir dießmal darin begegnet. Vier Geburtstage unserer gnädigsten Herrschaften wurden glücklich und fröhlich begangen und kurz darauf erhielt ich von Ihro Majestät der Kaiserinn von Österreich ein schönes und bedeutendes Zeichen, daß sie meiner in Gnaden gedenke; und kaum hatte ich mich hierüber einige Tage gefreut, als Ew. Durchlaucht gnädiges Schreiben nebst der gehaltvollen Schachtel mir überbracht wurde, bey deren Eröffnung ich eine höchst frohe Dankbarkeit empfand. Ew. Durchlaucht überzeugen mich Ihrer fortdauernden Gnade und Ihrer huldreichen Vorsorge für meine kleinen Liebhabereyen, und Sie thun sie das in einem Augenblicke wo Sie von der glänzendsten Welt umgeben, Ihre Aufmerksamkeit auf so manche andere Gegenstände zu richten haben. Wie gern eilte ich, nach Ew. Durchlaucht gnädiger Erlaubniß, einen Abend in Ihre Loge zu treten, mehr um meine Dankbarkeit und Anhänglichkeit auszudrücken, als um einem glänzenden Schauspiele beyzuwohnen.

Durch Ihre Gunst ist meine Medaillensammlung nunmehr erst vollständig geworden. Es fehlt mir keiner von den neuern französischen Künstlern und ich[38] finde mich im Stande sowohl über den gegenwärtig herrschenden Geschmack, als über die verschiedenen Talente zu urtheilen, als über die verschiedenen Talente zu urtheilen, mit welchen Jeder nach seiner Art und Fähigkeit auf der gebahnten Straße hinwandelt.

Möge der gegenwärtige Aufenthalt in Paris Ew. Durchlaucht in jeder Hinsicht erfreulich und genußreich werden; und mir nicht gegönnt ist, an jenem mannigfaltigen Feste theilzunehmen, so sey mir, nach Ew. Durchlaucht Worten, die Hoffnung erlaubt, Ihre Gegenwart bald hier in unserm kleinen Weimar feyern können. Der ich mir es zum Glück und zur Ehre rechne mich unterzeichnen zu dürfen.

Weimar den 21. Februar 1811.


22/6115.


An Carl Ludwig von Knebel

Verzeihe, liebster Freund, wenn ich so lange in Deiner Schuld geblieben. Ich bin in eine wunderliche Arbeit gerathen, und weil sie vom Fleck geht, so habe ich sie nicht unterbrechen wollen: denn meistens geräth so etwas ins Stocken und wird nicht so leicht wieder aufgenommen.

Zuvörderst also recht vielen Dank für dein liebes Frühlingsgedicht. Bald wirst du in deinem Garten beneidensweth seyn, und für deine Wintergeduld[39] genugsam belohnt werden. Seit dem standhaften Prinzen pausirt unser Theater einigermaßen, wie es nach solchen Anstrengungen immer zu gehen pflegt. Die Rollen deines Saul werden ausgeschrieben, und wegen des dritten Acts ist mit dem Capellmeister Abrede genommen. Er wird die lyrischen Stellen, indem sie Wolff recitirt, hinter der Coulisse mit dem Pianoforte begleiten; dieß scheint uns in jedem Sinne das Beste.

Die Kaazischen Zeichnungen sollen diese Woche an unsere liebe Prinzeß abgehen. Du wirst ja wohl so freundlich, sie anzumelden.

Die musicalischen Unterhaltungen wachsen täglich bey uns. Auf dem Theater haben wir die vier Jahreszeiten von Haydn als Oratorium gehört. Es sind sehr schöne Details drin, wenn nur das Ganze des Textes nicht so unendlich absurd wäre. Ich schicke dir diesen Gräuel, damit du den Componisten bedauerst, der auf ein solches Segeltuch seine Stickerey hat anwenden müssen.

Eine sehr angenehme Erscheinung ist mir von Petersburg geworden. Ein junger Mann, Namens Ouvaroff, Kaiserlicher Cammerjunker, und Schwiegersohn dedicirtes Memoire übersendet, welches Vorschläge zu einer asiatischen Societät enthält, welche Sprachen und Literatur sämmtlicher alten und neuen orientalischen[40] Völker zu unsrer Kenntniß fördern soll. Es ist mit sehr großer Sachkenntniß geschrieben und zeigt von schönen Ansichten und Einsichten. Unser kleiner Klaproth, dessen du mich wohl noch erinnerst, kommt dabey wegen seiner chinesischen Kenntnisse zu Ehren. Der Verfasser ist erst 25 Jahre alt und scheint bey seinem lebhaften Streben und seinen günstigen äußern Verhältnissen wohl erwarten zu können, daß man ihn an die Spitze einer solchen Anstalt setze; und da sich in Wien, ja überall in Deutschland eine gleiche Neigung regt, so kann uns auf diesem Wege wohl doppelt ersetzt werden, was wir von Seiten der Engländer her entbehren müssen.

Daß die von Ihrer Maj. der Kaiserin von Östreich mir zugedachte Dose angekommen, darf ich nicht vergessen Dir zu melden. Sie ist so reich als hübsch und macht mir viel Vergnügen. Habe ich schon des Versuchs über die Regierung der Ostgothen von Sartorius erwähnt? Er ist dir gewiß schon in die Hände gekommen und verdient gelesen und studirt zu werden. Die Ansichten sind groß und rein, so wie die Behandlung und der Styl musterhaft. Die Beweisstellen sind ans Ende des Buchs in Noten zusammengebracht, wodurch denn das Ganze so gründlich wird, als die Schrift selbst lesbar ist. nun will ich aber schließen, weil die Boten mich drängen, und in Hoffnung dich bald wieder zu sehen, das Beste wünschen.

[41] Schreibe mir doch wie es deinem Knaben ergeht. Wegen dem Dictionnaire historique nächstens.

Weimar den 27. Februar 1811.

G.


22/6116.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeboren

haben mir ein Schreiben des Bassisten Hübsch an Serenissimus gerichtet zugestellt, welches mich, ob ich gleich die zudringliche Grobheit dieses Menschen lange kenne, dennoch in Erstaunen gesetzt hat. Da, wie Sie mir melden, Durchlaucht der Herzog einen Vortrag darüber befohlen, so kann ich kein ander Botum darüber abgeben, als daß man Höchstdieselbe unterthänig bitte, diesen Burschen durch die Polizei sogleich aus der Stadt schaffen zu lassen und uns dadurch diejenige Satisfaction zu verschaffen, die wir wohl in unserm schweren und leidigen Geschäftsgang verdienen. Von einer Akademie im Schauspielhause kann gar die Rede nicht sein; dazu ist der Rathhausaal da. Ich für meine Person gestehe, daß ich den Affront nicht ertragen würde, wenn dieser Mensch nochmals unsere Bühne beträte. Dieses habe ich kurz, deutlich und eilig hiermit äußern wollen, um den Vorwurf eines Zauderns und Verspätens abzulehnen.

Weimar, 27. Februar 1811.

G.[42]


22/6117.


An den Grafen Sergej Semenowitschvon Uwarow

[Concept.]

[27. Februar.]

Mit Bewunderung und Freude habe ich mir das übersendete bedeutende Memoire gelesen, mit Bewunderung für des Verfassers Einsicht und Übersicht, mit Freude über die Thätigkeit und den guten Muth, womit er seine Kenntnisse im Großen nützlich zu machen denkt. Fürwahr wir leben jetzt in der Zeit der Resultate und Résümés; es ist so viel geschehen, es liegt so viel vor uns, das wir nun sammeln, ergänzen, vervollständigen, weiterführen und gebrauchen können. Glücklich sind daher die zu preisen, welche in einem frischen Alter der Talente, die Luft und die Gelegenheit zu solchen Arbeiten besitzen und finden. Ich wünsche nichts mehr, als daß Ew. Hochwohlgebornen bald an die Spitze eines asiatischen Instituts gesetzt neues Licht über die beyden Welttheile verbreiten, welchen das Reich Ihres großen Monarchen angehört. Ein solches Unternehmen auf eine wahrhaft kaiserliche Weise gefördert zu haben, wird den Glanz vermehren, womit er seinen Thron zu umgeben weiß. Aus den beygefügten Tafeln mußte ich natürlicher Weise ersehen daß Ihre Absichten auf Gegenstände gerichtet sind, denen ich schon längst vergebens meine Wünsche zuwende: denn ob ich gleich z. E. in das Gebiet der indischen Literatur nur Streifzüge machen konnte; so[43] ward doch eine frühere Liebe zu den Vedas durch die Beyträge eines Sonnerats, durch die Übersetzungen der Sacontala und Gita-Govinda immer aufs neue genährt, und einige Legenden reizten mich, sie zu bearbeiten; wie ich denn schon früher eine poetische Behandlung des Vedas in Gedanken hegte, die, ob sie gleich von Seiten der Critik wenig werth gehabt hätte, wenigstens dazu hätte dienen können, die Anschauung dieser bedeutenden und anmuthigen Überlieferungen bey mehreren zu belegen. Da nun aber der neuen orientalischen Societät gegönnt seyn wird, integros adire fontes, und die hundertfältigen Wege zu verfolgen, welche Ew. H. andeuten; so muß denn freylich eine ganz neue Welt entspringen, wo wir in größerer Fülle wandeln, und das Eigenthümliche unseres Geistes stärken und zu neuer Thätigkeit anfrischen können. Mich wird es z.B. sehr glücklich machen, wenn ich eine vollständige Übersetzung der Gita-Govinda erleben sollte.

So viel für dießmal zu Begleitung meines aufrichtigen Dankes für die Übersendung eines trefflichen Aufsatzes, dem ich den besten Erfolg wünsche, welcher nach dessen innern Werthe, und nach Ew. H. glücklichen äußern Verhältnissen wohl nicht fehlen kann. Ich erbitte mir von Zeit zu Zeit Nachricht von einem fröhlichen Gelingen, und empfehle mich zu fernerem günstigen Andenken.

[44] Der ich die Ehre habe, mit besonderer Hochachtung mich zu unterzeichnen.


Beyliegendes Werk über die Farbenlehre ersuche Ew. H. wenn Sie es schicklich finden, des Herrn Grafen von Rasoumowsky Excellenz zu überreichen. Männer, die wie Er auf einen großen Wirkungskreis Einfluß haben, sind am ersten in dem Falle, dasjenige was an einer solchen Arbeit wahr und nützlich ist, auch für die Menge brauchbar zu machen. Der Inhalt und die Absicht dieses Werks an welchem ich viele Jahre gearbeitet, ist in dem beygefügten Quarthefte am Schluß desselben umständlich und ausführlich dargelegt; deswegen ich darüber nicht weiter hinzufüge. Nur die nächste Veranlassung muß ich aussprechen, wodurch ich bewogen werde Ew. H. diese Arbeit zu senden.

Es haben nämlich des Herrn Fürsten Repnin Erlaucht einen geschickten Optikus und Mechanikus Professor Reissig von Cassel nach Petersburg befördert, der sich früher mit meinen Absichten und den Mitteln sie zu erreichen bekannt gemacht, auch schon für Freude der Naturkunde, nach Anleitung meines Werks, verschiedene Gläser und Instrumente, welche zu den Hauptversuchen nöthig sind, verfertigt hat. Dieser würde, wenn man es interessant genug fände, bey irgend einem Institut einen vollständigen Apparat aufstellen zu lassen, am besten an Hand gehen[45] können, und vielleicht entspränge hieraus, auch für den die Künste und Wissenschaften liebenden und befördernden Fürsten, irgend etwas Angenehmes und Unterhaltendes.

Wir haben vor einigen Tagen das Glück gehabt, das vortreffliche Repninsche Paar, welche Ew. H. so nahe verwandt ist, hier zu verehren, und wünschen daß es seine Reise glücklich fortsetzen und vollenden möge. Gegenwärtiges gelangt zu Ew. H. durch die Gefälligkeit eines russischen Couriers, welcher unserer Erb. Prinzeß Kaiserl. Hohheit Glückwünsche und Gaben von Seiten Ihrer höchsten Angehörigen zum Geburtstag überbrachte. Vielleicht habe ich das Glück durch eine ähnliche Gelegenheit (die Couriere nach Paris gehen meist bey uns durch) auch von Ew. H. das weitere zu vernehmen.


22/6118.


An Carl Friedrich Zelter

Von dem berühmten ersten Sekretär der Londoner Societät, Oldenburg, habe ich gelesen, daß er niemals einen Brief eröffnet, als bis er Feder, Tinte und Papier vor sich bestellt, alsdann aber auch, sogleich nach dem ersten Lesen, seine Antwort aufgesetzt. So habe er seine ungeheure Correspondenz mit Bequemlichkeiten bestritten. Hätte ich diese Tugend nachahmen können, so würden sich nicht so viel Menschen über mein Stillschweigen zu beschweren haben. Dießmal[46] aber erregt Ihr lieber angekommner Brief mir eine solche Luft zu antworten, indem er mir die ganze Fülle unsres Sommerlebens wieder vor die Gedanken bringt, daß wo nicht gleich beym ersten Lesen doch wenigstens beym Erwachen des nächsten Morgens, diese Zeilen an Sie gerichtet werden.

Zuvördererst also bedaure ich Sie, daß Sie schreiben müssen, da wo Sie thun und wirken sollten. Die Geschäfte haben sich überall, besonders aber euch, seit langer Zeit ins Papier gezogen, und die Geschäftsleute bedenken nicht, daß Acten, vom lateinischen Acta hergeleitet, so viel heißt als Gethanes, und daß also darin keineswegs eingeheftet werden dürfe, was man thun werde oder wolle. Wenn es mir noch manchmal Spaß macht, ein Fascikel selbst zu heften, so ist es nur im Gange einer Sache, die zu ihrem Ende hineilt.

Daß die gute Pandora etwas zaudern würde. wenn sie wieder nach Hause käme, glaubte ich vorauszusehen. Das Leben in Teplitz war zu dieser Arbeit gar zu günstig, und Ihr Sinnen und Trachten darauf so anhaltend und aus dem Ganzen, daß eine Unterbrechung nothwendig auch eine Pause hervorbringen mußte. Doch lassen Sie es nur gut seyn; es ist schon so viel daran gethan, daß das Übrige, bey gelegener Zeit, wohl von selbst hervortreten wird.

Daß Sie ablehnen die Musik zum Faust zu componiren, kann ich Ihnen nicht verargen. Mein Antrag[47] war etwas leichtsinnig, wie das Unternehmen selbst. Das mag denn auch noch ein Jahr lang ruhen: Das mag denn auch noch ein Jahr lang ruhen: denn ich habe durch die Bemühung, welche mir die Vorstellung des standhaften Prinzen gemacht, ziemlich die Lust erschöpft, die man zu solchen Dingen mitbringen muß. Genanntes Stück ist freylich über alle Erwartung gut ausgefallen, und hat mir und andern viel Vergnügen gemacht. Es will schon etwas heißen, ein beynahe 200 Jahr altes, für einen ganz andern Sitten, Religion und Cultur geschriebenes Werk wieder so hervorzuzaubern, daß es wie frisch und neu einem Zuschauer entgegen komme. Denn nirgends fühlt sich geschwinder das Veraltete und nicht unmittelbar Anspreche als auf der Bühne.

Was meine Werke betrifft, sollen Sie vor allen Dingen den 13. Band zweymal erhalten, Berlin und ordinär. Sie haben sehr wohl gethan, die Wurst an die Speckseite zu wenden. Ein anderes Exemplar für Sie wird sich schon finden.

Es ist sehr hübsch von Ihnen, daß Sie die Farbenlehre nicht außer Acht lassen; und daß Sie solche in kleinen Dosen zu sich nehmen, wird sehr gute Wirkung thun. Ich weiß recht gut, daß meine Art die Sache zu behandeln, so natürlich sie ist, sehr weit von der gewöhnlichen abweicht, und ich kann nicht verlangen, daß Jedermann die Vortheile sogleich gewahr werden und sich zueignen solle. Die Mathematiker sind närrische[48] Kerls, und sind weit entfernt auch nur zu ahnden, worauf es ankommt, daß man ihnen ihren Dünkel nachsehen muß. Ich bin sehr neugierig auf den ersten, der die Sache einsieht und sich redlich dabey benimmt: denn sie haben doch nicht alle bösen Willen. Übrigens wird mir denn doch bey dieser Gelegenheit immer deutlicher, was ich schon lange im Stillen weiß, daß derjenige Cultur, welche die Mathematik dem Geiste giebt, äußerst einseitig und beschränkt ist. Ja, Voltaire erkühnt sich irgendwo zu sagen: j'ai toujours remarqué que la Gèometrie laisse l'esprit ou elle le trouve. – Auch hat schon Franklin eine besondere Aversion gegen die Mathematiker, in Absicht auf geselligen Umgang, klar und deutlich ausgedrückt, wo er ihren Kleinigkeits- und Widerspruchsgeist unerträglich findet.

Was die eigentlichen Newtonianer betrifft, so sind sie im Fall der alten Preußen im October 1806.

Sie glaubten noch tactisch zu siegen, da sie strategisch lange überwunden waren. Wenn ihnen einmal die Augen aufgehen werden sie erschrecken, daß ich schon in Naumburg und Leipzig bin, mittlerweile sie noch bey Weimar und Blankenhan herumkröpeln. Jene Schlacht war schon vorher verloren, und ist es hier auch. Jene Lehre ist schon ausgelöscht, indem die Herren noch glauben, ihren Gegner verachten zu dürfen. Verzeihen Sie mir das Großthun, ich schäme[49] mich indessen so wenig als die Herren sich ihres Kleinthuns.

Mit Kügelchen geht es mir recht wunderlich, wie es mir mit mehreren ergangen ist. Ich dachte ihm das Freundlichste zu sagen: denn wirklich war Bild und Rahmen recht wünschenswerth ausgefallen, und nun stößt sich der gute Mann an ein äußeres Höflichkeitszeichen das man denn doch nicht versäumen soll, indem man durch Vernachlässigung desselben manche Personen verletzt. Man hat mir einen gewissen Leichtsinn in diesen Dingen oft übel genommen, und jetzt betrübe ich gute Menschen durch die Förmlichkeit. Legen Sie ja, mein lieber Freund, keinen alten Fehler ab. Sie fallen entweder in einen neuen, oder man hält Ihre neue Tugend für einen Fehler; und Sie mögen sich stellen, wie Sie wollen, so kommen Sie weder mit sich noch mit andern ganz ins Gleiche. Es ist mir indessen lieb, daß ich es weiß: denn ich wünsche mit diesem braven Manne in einem guten Verhältniß zu stehen.

Was den antiken Stier betrifft, so wäre mein Vorschlag, man packte ihn sorgfältig in ein starkes Kästchen und sendete ihn mir zur Ansicht. Dergleichen Dinge sind im Althertum oft wiederholt und die Exemplare von sehr verschiedenem Werth. Herr Friedländer, den ich schönstens grüße, zeigte mir zu gleicher Zeit an, was er etwa für Liebhaberyen hat, und womit man ihm dagegen dienen könnte: denn[50] irgend eine gute Bronze in den Tausch zu geben, würde schwer halten, da es unter diesen Dingen kaum Dubletten giebt, und die etwanigen, wegen Ähnlichkeit und Unähnlichkeit, doppelt interessant werden. Was ich aber vorläufig anbieten könnte, wäre folgendes. Ich besitze eine sehr schöne Medaillensammlung meist in Bronze, von der Hälfte des 15. Jahrhunderts an bis auf unsere Zeit. Sie ist hauptsächlich gesammlet, um den Gang der Kunst im Plastischen, dessen Wiederschein man immer in den Medaillen sieht, dem Freund und Kenner vor Augen bringen. Hier habe ich nun schöne, bedeutende Dubletten, so daß ich wohl eine unterrichtende Reihe zusammenstellen und abgehen könnte. Ein Kunstliebhaber, der auch noch nichts von dieser Art besitzt, erhielte dadurch schon einen schönen Grund und einen hinreichenden Anlaß weiter zu gehen. Auch giebt eine solche Sammlung Gelegenheit zu sehr interessanten Betrachtungen, so gut als die Suiten griechischer und römischer Münzen, ja sie ergänzt den Begriff, den uns jene geben, und läßt bis auf die neueren Zeiten verfolgen. Ich darf wohl sagen, jener Stier müßte sehr vollkommen seyn, wenn ich nicht bey dem hier vorläufig angebotenen Tausche noch im Credit bleiben sollte. Lassen Sie mich das Nähere erfahren.

Da ich noch hübsches Papier vor mir sehe, so will ich noch hinzufügen, daß mir diese Tage etwas sehr etwas sehr erfreuliches widerfahren, indem mir von Seiten der[51] Kaiserinn von Österreich Maj. eine schöne goldene Dose, mit einem brillantenen Kranz und dem darin nach allen Buchstaben ausgedruckten Namen Luise, zugestellt worden. Ich weiß, Sie nehmen auch Antheil an diesem Ereigniß, da uns nicht leicht ein unerwartetes und belebendes Gute begegnet. Nun leben Sie recht wohl, liebe Sonne, und fahren Sie fort zu erwärmen und zu erleuchten.

Weimar den 28. Februar 1811.

G.


22/6119.


An Friedrich von Gentz

[Concept.]

[28. Februar]

Ew. Hochwohlgeboren

Sendung hat mir ein ganz besonders Vergnügen verschafft. Es erscheint gegenwärtig eine Zeit zu seyn, in der manches erfreuliche von Wien an mich gelangen soll. Die Compositionen des Herrn Grafen von Dietrichstein, welche mir zugleich Ehre und Freunde machen, kommen fast zu gleicher Zeit mit einem allergnädigsten Geschenk bey mir an, wodurch Ihro Huld zu versichern geruht, und welches ich mit dankbarem obgleich beschämten Herzen aufgenommen.

Dem Herrn Grafen von Dietrichstein vermelde ich selbst meinen Dank sobald ich die Lieder gehört, denn ich wünschte daran meinen wahren und gefühlten[52] Antheil zu bezeigen. Gegenwärtiges erlasse ich früher, theils um für die gegebenen Nachrichten bald genug zu danken, theils auch noch einige bitten hinzuzufügen. Fräulein von Kerpen und ihrem glücklichen Bräutigam empfehlen Sie mich zum allerbesten und schönsten. Jedes kleine Blättchen von ihrer geschickten Hand würde mich sehr glücklich machen, und ich bin Ew. Hochwohlgebornen sehr dankbar, daß Sie mir ein solches negoiziiren wollen. Freylich ist wie Sie selbst fühlen, der gegenwärtige Augenblick nicht der günstigste; indessen beraubt sie sich vielleicht eines Blattes aus ihrem Portefeuille oder Zeichenbuche, wofür ich nicht genugsam zu danken wüßte. Aber auch ohne dieß werde ich immer mit Vergnügen das Glück eines so würdigen Frauenzimmers vernehmen.

Unser theuren Freundinn von Eydenberg empfehlen Sie mich ja auf das allerbeste. Ich hatte durch Fr. von Grotthus leider schon ihr Übelbefinden vernommen, und mir daraus ihr Stillschweigen gedeutet. Wie leid thut mir's, daß die Cur des vorigen Sommers ihr nicht so wohl bekommen ist, als uns: denn sowohl der Herzog als ich, genießen davon die schönsten Früchte. Den lieben und holden Prinzessinnen von Curland rufen Sie mich ins Andenken zurück. Von ihrer Frau Mutter habe ich, in diesen Tagen, Brief und Sendung aus Paris erhalten: es sind Medaillen von den neuern französischen Künstlern.

Meine zur Geschichte der Kunst und der Künstler[53] eigentlich zusammengeschaffte Sammlung wird dadurch sehr completirt.

Sehen Sie Fräulein von Ligne, so sagen Sie ihr ja den besten Dank für den allerliebsten Eilboten, den sie mir zu senden so gefällig gewesen. Er soll mir vorreiten und die Pferde bestellen, sobald ich mich wieder auf den Weg mache, um nach Teplitz zu fahren, und ich hoffe nur, um desto geschwinder dort anzukommen.

Dem Fürstl. Claryschen Paare so wie dem Dechanten aller Gutgelaunten bitte mich in's Angedencken zu rufen. Dem letzteren bin ich besonders verpflichtet für das gute Zeugnis das er meinen problematischen Wahlverwandschaften ertheilen wollen.

Möchten Sie sodann bey dem Fürsten Lobkowitz vernehmen, ob der Kasten mit der Musik der Oper Achille angekommen, sodann bey Fürst Lichnowsky, ob mein Brief vom 23. Januar mit einem an des Herrn Grafen von Althan Excellenz eingeschlossenen wirklich angelangt. Ich habe in diesen Tagen nochmals an den Fürsten geschrieben, um die erst jetzt erfolgte Ankunft der obengedachten Dose schuldigst zu melden.

Ew. Hochwohlgebornen sehen, wie sehr ich auf ihre Güte vertraue, indem ich zugleich hoffe, Ihnen durch diese Aufträge nicht allzusehr beschwerlich zu seyn jenem vielfachen Conversationen, sowie bey jenen köstlichen Gastmälern werden Sie die[54] genannten Personen ja wohl mehrmals ansichtig. Wäre mein Magen so gut als der des Capellmeisters Reichardt, welcher versichert sich niemals eine Indigestion gegessen zu haben; so müßte wirklich die Beschreibung der Wiener Gastfreyheit für mich höchst reizend wer den: da ich mich aber vor einem guten Diner eher zu fürchten, als darauf zu freuen habe; so sind dergleichen Aussichten für mich mehr abschreckend als einladend. Doch ist so manches andere in Wien, was mich wirklich recht ungeduldig macht, endlich einmal dorthin zu gelangen wo so viele Personen sich zusammen befinden, denen ich mich verbunden und verpflichtet fühle; und so viele Gegenstände, deren ich mich verbunden fühle; und so viele Gegenstände, deren Kenntniß mir leider abgeht.[55]


22/6119a.


An Franz Kirms

Seit mehrerer Zeit hält bey Madame Beck ein Frauenzimmer auf, Demoiselle Justi. Man hat ihr vergönnt Statistinnen zu machen, und sie hat dadurch eine gewisse Theaterroutine erlangt. Seit einiger Zeit ersuchte man mich, je näher zu prüfen, welches ich denn auch in diesen Tagen gethan, und ich kann hierauf ihr ein sehr gutes Zeugniß geben.

Sie hat eine hübsche mittlere Gestalt, kein übel Theatergesicht, lebhafte Augen; sie bewegt sich anständig und gefällig. Das Organ ihrer Stimme ist wohlklingend, sie recitirt mit Verstand und mit Mannnigfaltigkeit, welches ich um so mehr beurtheilen konnte, da sie mir einige Balladen und Erzählungen vortrug, an denen nichts auszusetzen war, und wobey wenig zu wünschen übrig blieb. Ihr Gedächtniß ist gut: denn sie recitirte alles ohne Anstoß fließend her. Ich glaube deshalb wohl sagen zu können, daß wir sie auf die Bedingungen, wie Demoiselle Weber, zum Versuch engagiren. Nur möchte billig seyn, daß man ihr sehr bald Rollen von Bedeutung übertragen kann.

[385] Was für uns den meisten Vortheil verspricht, ist, daß ich wirklich eine tragische Anlage bey ihr zu bemerken glaube, welche sich in keiner unserer übrigen jüngern Schauspielerinnen wirklich anzudeuten scheint. Die Sache kann übrigens noch weiter besprochen werden.

Weimar den 28. Februar 1811.

G.[386]


22/6119b.


An Heinrich Ludwig Verlohren

Hochwohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr,

Herr von Genz wünscht meine Briefe durch den Herrn Grafen Collowrat, jetzigen Vice-Oberstburggrafen von Böhmen, zu erhalten. Ew. Hochwohlgebornen finden ja wohl Gelegenheit die beyliegenden dahin zu befördern, wodurch mir eine besondere Gefälligkeit geschähe. Ich empfehle mich wie bisher dankbarlich und hochachtungsvoll zu geneigtem Andenken.

Ew. Hochwohlgeboren

ganz gehorsamster Diener

Weimar den 28. Februar 1811.

J. W. v. Goethe.[162]


22/6120.


An die Hoftheater-Commission

Es hat sich ein junger Mensch, Eduard Ulrich, bey mir gemeldet. Ihm ist neulich die Erlaubniß ertheilt worden, in den 4 Jahreszeiten, als Liebhaber das Violoncell mitzuspielen. Er bittet um Vergünstigung, ein gleiches künftig im Orchester thun, und hoffen zu dürfen, daß er einstens in die Herzogliche Capelle möge aufgenommen werden. Er hat bisher bey Haas Stunden genommen. Vor allen Dingen möchte wohl Herr Capellmeister um ein Zeugniß zu ersuchen seyn, und Herr Hofcammerrath, welcher sich seit so vielen Jahren der Capellzöglinge annimmt, wird alsdann[55] die Gefälligkeit haben, seine Gedanken zu eröffnen, in wiesern das Gesuch stattfinden könne.

Was mich betrifft, so pflege ich zwar keine Nebenbetrachtungen bey unserm Geschäft gelten zu lassen; allein ich gestehe, daß ich diesem jungen Menschen, der bey einem guten Äußern leider einen Schaden am Fuße hat, geholfen wünschte, da er mit seiner Schwester gerade in den Jahren, wo die Bildung am meisten Vorschub verlangt, unter der traurigen Last einer leidigen Vormundschaft seufzen muß.

G.[56]


22/6120a.


An Franz Kirms

In dem hier beyfolgenden Unzelmannischen Contract wünschte ich den zweyten Punct folgendermaßen gefaßt:

Herr Unzelmann macht sich verbindlich, wie zeither also auch fernerhin, die sowohl im Trauer als Lustspiel, nicht weniger in der Oper, ihm zugetheilten und noch fernerhin seiner Persönlichkeit, seinem Talent und seiner Stimme gemäßen Rollen und Partien zu übernehmen und zu exsecutiren; auch bey Chören auswärts willig zu assistiren.

Denn da wir Niemanden ein ausschließliches Rollenfach zugestehen; so wird durch den Nachsatz immer der Vordersatz aufgehoben, wir mögen darin ausdrucken was wir wollen. Und was die Sprechrollen betrifft. hat sich Herr Unzelmann bisher wenigstens nicht zu beklagen und es wird auch künftighin der Fall nicht[386] seyn, da man als einen beliebten Acteur gerne producirt.

Was die Singrollen betrifft, läßt sich gar nichts Bestimmtes aussprechen. Herr Unzelmann wird selbst gestehen, daß nur solche für ihn günstig sind, die ein lebhaftes und bedeutendes Spiel haben.

Das Weimarische Theater wird niemals ohne einen zweyten Tenor seyn können, und ich sehe nicht ein, wie man einem gegenwärtigen oder künftigen zweyten Tenor seine ihm bestimmten Partien gleichsam veräußern und an einen Dritten versprechen kann. Es geht dieses um so weniger an, als keineswegs die Direction sondern der Capellmeister, der deswegen da ist, die zu dieser oder jener Partie passenden Sänger bestimmt. Wir würden uns also in Verlegenheit setzen, wenn wir etwas zusagten, was wir in doppeltem Sinne nicht halten können. Ich sollte denken, Herr Unzelmann sey bisher auch in Absicht auf Singrollen so gut versehen worden, daß er für die Zukunft sich auch der Einsicht und der Neigung Herzoglicher Commission getrost überlassen kann.

Den 5ten Paragraphen wünschte ich nicht in den Contract inserirt, sondern auf einem besonderen Blatt verfaßt.

Weimar den 6. März 1811.

G.[387]


22/6121.


An den Prinzen Friedrich von Sachsen-Gotha

[Concept.]

[6. März.]

Daß Ew. Durchlaucht ich nicht früher auf ein so gnädiges Schreiben, auf eine so gehaltvolle Sendung und auf das dankbarlichste geantwortet, will ich nicht entschuldigen, da ich das gegenwärtige mit der sonderbaren Paradoxie anfangen muß, da ich es ungern absende. Denn mein bester Vorsatz war, in diesen Tagen die versprochene Szene zu vollenden und sie Ew. Durchlaucht zum Beweis meiner erkenntlichen Verehrung einzureichen. Aber die Zerstreuung war so groß, daß ich mich an des Ufer jener einsamen Insel im Geiste nicht versetzen konnte: denn einsam stell' ich mir sie vor. Armida hat vor Verdruß über[56] den Abtrünnigen schon Pallast und Garten zerstört, ist auf und davon gegangen und hat den Reuigen zwischen Felsen und Meer zurückgelassen. So wüßte nun auch die Gegend ist, so hält sie ihn doch noch fest, und er hat Zeit sein vergangenes Glück zu recapituliren, indessen ihn seine Gefährten, deren ich ihm einige mehr zutheile, um ein gutes Chor zu erhalten, zur schnellen Abreise vergebens anmahnen.

Dieses wäre das Programm; es scheint mir günstig für eine Scene, die nur von einer Solostimme, begleitet durch Chor, soll ausgeführt werden. Vom Componisten hängt es ja ohnedem ab, inwiefern er die Glieder des Chors auch einzeln oder zu zwey will eintreten lasse, um Duett- und Terzetttheile zu bilden. Misfällt der Gegenstand Ew. Durchlaucht nicht ganz, so hoffe ich ehstens damit aufzuwarten.

Dem braven Maestro bitte mich bestens zu empfehlen. Er hat mir durch die Mitheilung der Bändchen großes Vergnügen gemacht. Ich wünsche die Erlaubniß sie noch einige Zeit zu behalten: denn verschiedenes muß nothwendig daraus abgeschrieben werden. Die Gewürze werden jeden Tag theurer; deswegen ist es ganz angenehm dergleichen Verslein statt Pfeffers und Ingwers, ja vielleicht noch als stärkere Ingredienzien unserer Genüsse zu gebrauchen. Denken Ew. D. nicht darum übler von mir und erlauben mir die Hoffnung, Sie immer als meinen gnädigen und nachsichtigen Herrn wieder zu finden.[57]


22/6122.


An Joachim Dietrich Brandis

[Concept.]

[7. März.]

Ew. Hochwohlgebornen

haben mich durch Ihren werthen Brief auf das angenehmste überrascht. Wohl gedenk' ich noch jener Zeiten, wo das Werk über die Lebenskraft verfaßt, die Zoonomie übersetzt und die kleine Schrift über die Metamorphose der Pflanzen geschrieben wurde. Hätte sich jene Epoche aus sich selbst ausbilden können, so wäre viel Erfreuliches zu hoffen gewesen : denn gar manche Geister wirkten in Einem Sinne; aber es sollte nicht seyn. Eine abstractere Behandlungsart griff ein, der wir bis jetzt manches Gute schuldig sind, die aber auch zu manchem Misbrauch Gelegenheit gegeben hat. Die Zeit muß lehren, ob auf diese Weise die Naturwissenschaft zur Reise gedeihen kann.

Es freut mich gar sehr, daß Sie in dem, was ich zur Farbenlehre beytragen können, die frühere Denkweise wieder finden; und obgleich Ihre Darstellung meiner Intentionen nicht ganz mit diesen zusammenfällt, so hat dieses doch nicht zu sagen: denn eben deswegen habe ich auf dem, wie ich hoffe, befreyten und geebneten Raum die gewonnenen Materialien, die nicht mir sondern der Natur und allen Jahrhunderten angehören, so zu sondern und zu ordnen gesucht, daß sich ein Jeder zu seinen Zwecken, besonders zu den[58] practischen, davon aussuchen kann, was ihm am gemäßesten scheint; und ich darf daher meine Freunde wohl bitten, diesem und jenem Capitel gelegentlich wieder einmal ihre Aufmerksamkeit zu schenken.

Sehr wichtig ist mir's, daß sich in einem so denkenden und forschenden Manne ein Akyanobleps hervorthut. Schon aus dem Platz, wo ich dieses Phänomens erwähne, zeigt sich, daß ich es zwischen die physiologischen und pathologischen hineinstelle. Ich habe diese so bedeutende Erscheinung, wie manche andere, nur leise berührt und nur das Nothwendigste angedeutet, mit der Intention es gelegentlich besonders zu behandeln.

Ew. Hochwohlgebornen gehaltreiches Schreiben leitet mich wieder dahin, und ich werde bey einiger Muße dasjenige zusammenfassen, was Sie mir mittheilen, was sich noch in meinen Papieren und Protocollen findet: denn ich habe zwey dergleichen Personen genau geprüft; und dann werde ich bitten, mich darüber aus eignem Sinn und Erfahrung weiter zu belehren.

Ich gestehe gern, daß ich diese abnorme Erscheinung eher für physiologisch als für pathologisch an sprechen möchte. Sie wiederholt sich so oft, findet sich durchaus bey gesunden Seh-Organen, gehört ganzen Familien an, und es giebt kein Mittel, keine Curart dagegen. Zwar finden sich auch wohl Krankheiten, die mehr oder weniger diese Charactere an sich tragen; allein ich bin demungeachtet geneigt, wie oben gesagt,[59] zu denken. Wir haben kein Recht, den Zustand des Mohren für pathologisch anzusehen, so wenig als der weißen Hafen, Füchse und Bären, ob wir gleich wissen, daß dort die menschliche Natur durch ein heißes, und hier die thierische durch ein kaltes Clima determinirt wird. Sind ja doch selbst die Kaninchenaugen bey Cretinismus nicht immer als pathologisch anzusehen.

Was mich besonders reizt das Phänomen von dieser Seite zu betrachten, ist die Überzeugung, daß hier eine Pforte befindlich ist, obgleich eine sehr enge, um in das Allerheiligste der Farbenlehre zu bringen: ein Nadelöhr wozu es freylich schwer seyn möchte den passenden Faden zu finden. Denn weder das Schiffseil des gemeinen Verstandes, noch die transcendenten Spinneweben sind geschickt hier eingefädelt zu werden. Vielleicht gelingt es, mit Ew. H. Beyhülfe; weswegen ich die Sache, die Ihnen so nahe liegt, mehr als jemals zu beachten Sie ersuche.

Zweyerley, was für die Chromatik interessant ist, fand, man sonst in Copenhagen: chinesische Malerfarben, wovon mir noch ein sehr schönes Roth und Geld erinnerlich sind, ferner farbige kleine Seidenstränge, die nach wunderlichen Schattirungen und Gegenstellungen in seinem Papier neben einander gelegt waren. Dergleichen brachte ein Freund vor einigen Jahren von Copenhagen mit. Möchten Sie die Gefälligkeit haben, mir gelegentlich einige Nachricht[60] zu geben, ob sich solche Dinge finden, und zu welchem Preise.

In den Archives littéraires de l'Europe Nr. 38. Februar 1807 steht eine Abhandlung von Prévost welche wenig Erfreuliches hat, weil sie ohne irgend etwas zu begründen, die mehrgedachte Erscheinung zum Beweis des skeptischen Satzes gebraucht: daß nicht alle Menschen drei Farben überein sehen; wodurch uns denn wenig geholfen ist.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.


22/6123.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar den 14. März 1811.

Der Stier ist ausgepackt und steht vor unsern Augen da. Ich will nur sehen, ein paar Worte auf die Post zu bringen um seine Ankunft zu melden: sie interessirte mich nun um so mehr als ich einen ähnlichen besitze und zuletzt denn doch durch Vergleichung unser Urtheil am besten geschärft wird. Von dem angekommenen kann ich nur eilig so viel sagen, daß es ein Tragelaph ist von altem und neuem. Schwer würde es fallen, ohne ein entschiedenes Gegenstück wie ich schon besitze, diese beyden Naturen zu sondern, wie ich es nun im Augenblick thun kann. Zu einer umständlichen Recension sollen die W. K. F. zusammenberufen werden. Denken Sie Herrn Friedländer auf[61] das allerverbindlichste. Es freut mich sehr in seinem Sohn einen Mann zu finden, der mit mir einer gewissen Liebhaberey, wenigstens, von einer Seite zusammentrifft. Ob er gleich so wohl versehen ist, so müßte ich mich irren, wenn ich ihm nicht im Tausch auf diesen Vierfuß einiges erfreuliche anbieten könnte. Leben sie recht wohl! Nächstens mehr, mein Kunst- und Leidensbruder! Das Rechte will die ganze Welt, aber mit Pfuschen soll es erreicht werden.

G.


22/6124.


An die Erbprinzessin Caroline Louisevon Mecklenburg-Schwerin

[Concept.]

Schon lange wünschte ich mir einen Anlaß mein unverzeihliches Schweigen zu brechen: denn solche Unterlassungssünden führen das Übel mit sich, daß ihre Dauer sie hartnäckiger und incorrigibler macht. Nun weiß ich unserm guten Kaaz im Grabe Dank, daß er mir die Gelegenheit giebt, mich Ew. Durchlaucht schriftlich zu nähern, und Höchstdieselben von meiner alten treuen Anhänglichkeit zu versichern. Ew. Durchlaucht in Weimar nicht wieder finden, war mir schmerzlich genug und ich habe durch allerley gesellige und theatralische Feste immer empfunden, daß uns allen durchaus etwas fehlte. Wo ich Höchstdieselben am lebhaftesten zu uns gewünscht habe, war bey der Aufführung des standhaften[62] Prinzen, welche die Ew. Durchlaucht gewiß zu Ohren gekommen, über Erwartung gelungen ist.

Nun habe ich die Freude Ew. Durchlaucht eine Partie Kaazischer Zeichnungen zu übersenden, an denen Ihr geübtes Auge, Ihr feines Gefühl und Ihr durch eigne Thätigkeit geübter Sinn viel Vergnügen finden wird. Denn das ist ja der Werth der Kunst, daß sie uns das Wahre bedeutend, das Vergangene so wie das entfernte Treffliche bequem, und das Vergängliche und Wandelbare dauerhaft vor die Augen bringt. Erhalten Ew. Durchlaucht mir ein gnädiges Andenken, sowie das höchste Wohlwollen Ihres Durchlauchtigsten Herrn Gemahls; wie ich auch angelegentlich bitte meiner zu gedenken, wenn Sie mit Ihren Klosterfrauen und Stiftsdamen, in den schönen Augen spazirend, sich unterhalten.

d. 15. März 1811.


22/6125.


An David Friedländer

Der gefällig übersandte Stier ist glücklich angekommen, und ich finde mich dafür sehr verpflichtet. Indem ich nun dafür meinen besten Dank abstatte, so vermelde ich hiermit meine Gedanken über dieses Kunstwerk.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts mag einem geschickten Erzgießer das Fragment eines antiken Stiers in die Hände gekommen seyn, und zwar die unversehrte vordere Seite desselben; welches um so eher[63] möglich war, als dergleichen Figuren in zwey Theilen gegossen, und in der Mitte zusammengelöthet waren. Der Künstler mochte Werth und Würde dieses Bruchstücks einsehen; er formte es daher und restaurirte den hintern Theil nach seiner Art und Kunst. Über dieses erneute Modell machte er alsdann die nöthige Form, goß das Ganze, und überarbeitete es. Hieraus entsteht nun das Zwiespältige bey dem Anblick dieses Kunstgeschöpfs. Der vordere Theil hat das Imposante, Geschmack- und Sinnvolle des Alterthums; der hintere Theil gewisse Tugenden der neueren Zeit z.B. etwas Natürliches uns Ausgeführtes in den Theilen; aber der eigentliche Sinn des Alterthums ist nicht gefaßt, weder in Stellung noch Bewegung der Glieder, und so entsteht ein zweideutiges Werk, das uns alsbald erst recht interissirt, wenn man solches, wie von mir geschehen, in zwei Theile absondert. Indessen würde ich dieses nicht so bestimmt behaupten können, wenn ich nicht schon einen Stier gleicher Größe, welcher wirklich antik ist, besäße: wodurch denn die Vergleichung möglich wird. Auch eben deshalb ist mir dieses neue Exemplar so werth, weil es ja bey dergleichen Dingen hauptsächlich auf Einsicht und Urtheil, auf Kenntniß der Kunstepochen und Unterscheidung der Zeiten ankommt.

Ich habe auch deshalb sogleich meine besten Dubletten zusammengepackt und übersende solche mit Gegenwärtigen wohl verwahrt, so daß ich hoffen[64] kann, das Kästchen werde glücklich ankommen. Ich füge kein Verzeichniß hinzu, da Ihr Herr Sohn als Besitzer einer so ansehnlichen Sammlung, als Kenner, dem noch überdieß alle Hülfsmittel zu Gebote stehen, die übersendeten Stücke leicht beurtheilen und einrangiren wird. Eben so wenig bedarf es, von dem Werthe dieser Dinge etwas hinzusetzen. Ich wünsche nur, daß die Sendung wo nicht im Ganzen, doch im Einzelnen angenehm seyn möge. Von Rom erhalte ich manchmal einen Beytrag zu meinem Kunstbesitz. Findet sich etwas Doppeltes darunter, so werde ich es anzuzeigen nicht ermangeln.

Das vorjährige Programm der A. L. Z. ist von unserm großen Kenner, dem Herrn Hofrath Meyer geschrieben. Die Fortsetzung sollte dieses Jahr erfolgen; sie ist aber bis jetzt noch nicht abgedruckt. Indessen lege ich einen Probedruck der Platte bey, welche die Fortsetzung begleiten sollte. Ich besitze die darauf abgebildeten sämmtlichen Medaillen und rechne sie unter meine Kleinode. Darf ich bitten mir mit wenigen Worten die glückliche Ankunft des Kästchens zu vermelden, wobey ich zugleich dessen gute Aufnahme zu vernehmen wünsche, und mir mit einer gelegentlichen Fortsetzung des einmal angeknüpften Verhältnisses schmeichle. Der ich recht wohl zu leben wünsche, und mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar d. 18. März 1811.

Goethe.[65]


22/6126.


An Carl Friedrich Zelter

Tausend Dank, mein lieber Freund, für die Anregung, die Sie gegeben haben, daß mir jener Stier zugesendet worden. Er hat bey mir und in einem Kreise die Kunstbetrachtung in diesen Tagen belebt, und ich wünschte nur sie mit Ihnen recapituliren zu können. Wenn Herr Friedländer Ihnen mittheilt, was ich ihm schrieb, werden Sie sehen, daß mein erstes Gewahrwerden, indem ich dieses Kunstgeschöpf einen Tragelaphen des alten und neuen hieß, sich auch in der Folge bestätigt hat. Ich hätte noch viel weitläufiger seyn müssen, wenn ich hätte wollen auf den Grund gehen, und alles sagen, was bey dieser Gelegenheit sich zur Betrachtung aufdringt. Ein Kästchen mit interessanten Broncemedaillen ist an Herrn Friedländer abgegangen und da dessen Sohn Sammler und Kenner ist, so hoffe ich eine gute Aufnahme.

Daß Herr Weiß gegen meine Farbenlehre wüthet, thut mir sehr leid für ihn: ein ohnmächtiger Haß ist die schreckliche Empfindung; denn eigentlich sollte Niemand hassen, als den man vernichten könnte. Weil ich aber in allen Dingen die genetischen Betrachtungen liebe, so will ich Ihnen einen Aufschluß geben, woher dieses guten Mannes Unwille denn eigentlich entsprungen ist. Siehe Farbenlehre. I. Polem. § 422. Die Stelle wird der Bequemlichkeit wegen[66] sogleich hier eingerückt: »Wir anticipiren hier eine Bemerkung, die eigentlich in die Geschichte der Farbenlehre gehört. Hauy, in seinem Handbuch der Physik, wiederholt obige Behauptung mit Newtons entschiedenen Worten; allein der deutsche Übersetzer ist genöthigt in einer Note anzufügen: »ich werde unten Gelegenheit nehmen zu sagen, von welchen Lichtarten des Farbenspectrums, meinen eignen Versuchen zufolge, dieß eigentlich gilt und welchen nicht.« Dasjenige also von dessen absoluter Behauptung ganz allein die Haltbarkeit der Newtonischen Lehre abhinge gilt und gilt nicht. Hauy spricht die Newtonische Lehre unbedingt aus, und so wird sie im Lyceen-Unterricht jedem jungen Franzosen unbedingt in den Kopf geprägt. Der Deutsche muß mit Bedingungen hervortreten, und doch ist jene durch Bedingungen sogleich zerstörte Lehre noch immer die gültige; sie wird gedruckt, übersetzt und das Publicum muß diese Mährchen zum tausendstenmal bezahlen.« Dieser Übersetzer ist nun freylich Herr Weiß selbst, den ich an jener Stelle nicht gerade genannt habe, weil ich ihn als einen Mann, der sich bemühte und gute Hoffnung gab, zu schätzen, ja seine Arbeiten für mich zu benutzen wußte. Es thut mir, wie gesagt, leid für ihn: denn wenn Einer, der sich der Naturforschung ergiebt, und noch nicht abgelebt ist, dasjenige nicht anerkennen will, was ich in meiner Farbenlehre, mehr oder weniger,[67] geleistet; so wird es ihm noch oft zu Haus und Hof kommen, und er gewinnt moralisch nicht dabey; er steht selbst im Lichte und muß doch zuletzt, was er von mir lernt, zu seinen Zwecken benutzen und die Quelle verläugnen, woher er es genommen hat. Doch dergleichen Tergiversationen und Malversationen kommen in der Geschichte der Wissenschaften so oft vor, daß es einem Wunder gäbe, wenn sie sich nicht auch zu unsern Zeiten repetirten.

Möge Ihnen Ihr Thun und Schreiben auf jede Weise gelingen! Wie es Ihnen bey der Singakademie ergeht, sey ich im Bilde. Erziehe man sich nur eine Anzahl Schüler, so erzieht man sich fast ebensoviel Widersacher. Jeder ächte Künstler ist als einer anzusehen, der ein anerkanntes Heilige bewahren und mit Ernst und Bedacht fortpflanzen will. Jedes Jahrhundert aber strebt nach seiner Art ins Seculum, und sucht das Heilige gemein, das Schwere leicht, und das Ernste lustig zu machen; wogegen gar nichts zu sagen wäre, wenn nur nicht darüber Ernst und Spaß zu Grunde gingen. Soviel für dießmal. Lassen Sie mich oft von sich hören, ob wir Sie gleich oft genug hören. Johanna Sebus wird bey unsern musicalischen Sonntagsversammlungen oft genug wiedergefordert und geht charmant; ich könnte hoffen, daß sie zufrieden seyn würden. Mit Instrumenten haben wir es noch nicht aufgeführt. Eberwein hält sich recht brav; ich wünschte ihm wohl wieder ein Halbjahr[68] das Glück Ihres Umgangs und Unterrichts. Unser Capellmeister Müller hält sein Orchester, sein Chor, sowie die Solosänger recht gut zusammen, und wir sind wirklich an musicalischen Genüssen diesen Winter wohlhäbig gewesen. Und somit leben sie von Herzen wohl. Ich bin mit allerley Dingen beschäftigt und mache mich im Stillen so sachte los, daß ich wieder meine Sommerreise bald antreten kann.


22/6127.


An den Prinzen Friedrich von Sachsen-Gotha

[Concept.]

Ew. Durchlaucht huldvolles Schreiben hat bey mir die Wirkung jenes diamantnen Schildes hervorgebracht, indem mir der häßliche Zustand einer bequemen Unthätigkeit dadurch recht klar geworden. Ich nahm mich auch sogleich zusammen, um die längst entworfne Scene auszuführen. Möge sie Ew. Durchlaucht gefallen und den trefflichen Winter veranlassen, etwas recht Erfreuliches hervorzubringen. Mein eifrigster Wunsch ist, daß Ew. D. wenn gedachte Composition ankommt, sich recht wohl befinden mögen, um den jungen Helden mit Luft und Behagen darzustellen. Mehr sage ich heute nicht, damit die Absendung nicht versäumt werde, und empfehle mich zu fortdauernden Gnaden und Hulden.

Weimar den 25. März 1811.[69]


22/6128.


An Charlotte von Schiller

Sie nehmen mir, theuerste Freundinn, wirklich einen Stein von Herzen, indem Sie mir Gelegenheit verschaffen, einige Nachricht von mir an Herrn Windischmann gelangen zu lassen; ich sage nur kürzlich wie sich die Sache verhält. –

Schon seit geraumer Zeit ist zwischen der Direction der Jenaischen A. L. Z. und mir eine Art von stillschweigender Übereinkunft, daß ich ignorire, welchen Recensenten meine literarischen Arbeiten zugetheilt werden, und daß ich von den Recensionen nichts erfahre bis sie abgedruckt sind. Herr Windischmann meldete mir im November vorigen Jahres, daß eine Recension meiner Farbenlehre nach Jena abgegangen sey, und ich freute mich darauf, die Theilnahme zu seyn, die ein Mann, den ich so lange zu schätzen weiß, dieser Arbeit gönnen wollen. Allein ich habe den Abdruck bis jetzt vergebens erwartet, und auch wegen des oben bemerkten Verhältnisses nicht darnach fragen mögen. Hat Herr Windischmann ein Duplicat davon, so wird es mir angenehm seyn, wenn er mir solches zusenden will, um so mehr als ich aus dem Zaudern der Jenaischen Direction vermuthe, daß man sie zu publiciren daselbst einiges Bedenken findet. Ich muß gleichfalls Herrn Windischmann überlassen, ob er sich deshalb bey Herrn Eichstädt näher erkundigen[70] will. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Schwester und bitten sie, gedachtem schätzbaren Manne das allerschönste und beste von mir zu sagen –

Weimar den 28. März 1811.

Der IhrigeGoethe.


22/6129.


An Carl Friedrich Zelter

Hierbey folgt, lieber Freund, nach Ihrem Verlangen, der dreyzehnte Band auf milchweißem Velinpapier und also wirklich möglichst präsentabel.

Ich gratuliere zu einer so wünschenswerthen Aussicht von Thätigkeit. Schreiben Sie mir doch ja bald möglichst etwas näheres davon. Auszumisten mag freylich genug seyn.

Von mir sage ich euch weiter nichts, als daß wir Ihre Grüße aufs beste erwiedern.

Weimar den 29. März 1811.

G.[71]


22/6129a.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgebornen

vermelde in Erwiderung Ihres freundlichen Schreibens vom 22. Februar mit wenigem, daß die Hackertsche Biographie sich ihrer Vollendung nähert und zu Ostern abgedruckt seyn wird.

Der Roman bedarf zu seiner Reise noch einer Sommerhitze.

Der Band Gedichte, von dem ich schrieb, ist redigirt und sauber abgeschrieben.

Jenes Werk hingegen, wovon ich vor'm Jahre Eröffnung that, ist diese Zeit her, sehr lebhaft gefördert worden. Es ist glücklicher Weise wieder einmal eine Arbeit, die sich selbst macht, und mir sich gleichsam aufnöthigt. Jede Unterbrechung ist mir unangenehm und ich eile immer wieder dahin zurück. In Weimar oder in Jena hoffe ich wieder auf einige vertrauliche Stunden und bitte um Bestimmung des Tags Ihrer Ankunft bey uns.

Mit dem Posten vom 21. Apr. 1810 à 800 rh. hat es seine Richtigkeit. Möchten Sie wohl größeres und kleineres was ich Ihnen im vergangnen Jahre schuldig geworden zusammen stellen, und die Rechnung; so würden Sie mich verbinden.

Der Ihrige

W. d. 31. März 1811.

Goethe.[388]


22/6130.


An das Herzogl.S.-Weimarische Polizeicollegium

[Concept.]

[März.]

Ganz gehorsamstes Promemoria.

Nach der älteren, erst vor kurzem unter dem 26. Februar erneuerten Polizeyverordnung, welche den Herrschaften zur Pflicht macht, die Dienstboten nicht blos mit allgemeinen und unbedeutenden Attestaten[71] zu entlassen, sondern darin gewissenhaft ihr Gutes und ihre Mängel auseinanderzusetzen, habe ich der Charlotte Hoyer, welche als Köchinn bey mir in Diensten gestanden, als einer der boshaftesten und incorrigibelsten Personen, die mir je vorgekommen, ein wie die Beylage ausweist, freylich nicht sehr empfehlendes Zeugniß bey ihrem Abschiede eingehändigt.

Dieselbe hat sogleich ihre Tücke und Bosheit noch dadurch im Übermaaß bewiesen, daß sie das Blatt, worauf auch ihrer ersten Herrschaft Zeugniß gestanden, zerrissen und die Fetzen davon im Hause herumgestreut; welche zum unmittelbaren Beweis gleichfalls hier angefügt sind.

Ein solches gegen die Gesetze wie gegen die Herrschaften gleich respectwidriges Benehmen, wodurch die Absichten eines hohen Polizeycollegii sowohl, als der gute Wille der Einzelnen den vorhandenen Gesetzen und Anordnungen nachzukommen, fruchtlos gemacht werden, habe nicht verfehlen wollen, sogleich hiermit schuldigst anzuzeigen und die Ahndung einer solchen Verwegenheit einsichtsvollen Ermessen anheim zu geben; wobey ich noch zu erwähnen für nöthig erdachte, daß es sie die Absicht gedachter Hoyer war, in die Dienste des hiesigen Hofschauspieler Wolff zu treten.


[Beilage.]

Charlotte Hoyer hat zwey Jahre in meinem Hause gedient. Für eine Köchinn kann sie gelten, und ist[72] zu Zeiten folgsam, höflich sogar einschmeichelnd. Allein durch die Ungleichheit ihres Betragens hat sie sich zuletzt ganz unerträglich gemacht. Gewöhnlich beliebt es ihr nur nach eignem Willen zu handeln und zu kochen; sie zeigt sich widerspenstig, zudringlich, grob, und sucht diejenigen die ihr zu befehlen haben, auf alle Weise zu ermüden. Unruhig und tückisch verhetzt sie ihre Mitdienenden und macht ihnen, wenn sie nicht mit ihr halten, das Leben sauer. Außer andern verwandten Untugenden hat sie an den Thüren horcht. Welches alles man, nach der erneuten Polizeiverordnung, hiermit ohne Rückhalt bezeugen wollen.


22/6131.


An Johann Heinrich Meyer

[3. April]

Sie erhalten hierbey, theurer Freund, den Nachtrag zu der Hackertischen Biographie. Möchten Sie wohl die Gefälligkeit haben, solchen durchzulesen und mit einem Bleystift einige Bemerkungen hinzufügen, besonders wenn Sie in Absicht auf Rechtschreibung der Namen etwas zu erinnern hätten. Ich erbitte mir dagegen den Fea und das Kästchen Hackertsche Schwefel. Sagen sie mir, ob Sie heute Abend unter der Comödie mich besuchen und mir zu dem vollbrachtem Werke Ihren mündlichen Segen ertheilen wollen. Bringen Sie doch etwas von Ihren Heften mit.

G.[73]


22/6132.


An Carl Ludwig von Knebel

Nur mit wenigen Worten vermelde, daß künftigen Sonnabend die Vorstellung von Saul seyn wird. Du bist mit den lieben Deinigen und sonstigen Freunden zu Mittag eingeladen. Kein Nachtquartier kann ich anbieten, da mein Haus voll ist.

Hierbey liegen Gerningiana. Dieser gute Freund bleibt sich doch immer gleich. Aus dem literarischen Pfuschen wird er wohl nie herauskommen. Lebe recht wohl. Ich hoffe dich froh und gesund zu sehen.

Weimar den 3. April 1811.

G.


22/6133.


An Sara von Grotthuß

Weimar den 4. April 1811.

Schon lange wäre es meine Schuldigkeit gewesen, Ihnen, liebe treffliche Freundinn, zu schreiben; ich wollte es aber nicht eher thun, als bis ich von unserm Jephtha etwas sagen könnte. Nun Läßt sich wenigstens vermelden, daß in der nächsten Woche Leseprobe seyn wird, und das Übrige wird sich denn auch machen. Die Wünsche, welche der Verfasser geäußert hat, habe ich vor Augen.

Heute Abend geht ein Kästchen an Sie ab, welches Ihnen, wie ich wünsche, zur Freude gereichen möge.[74] Es sind zwar meist alle Bekannte; aber auch diese werden Sie nicht unfreundlich aufnehmen. Wie sehr wir Ihnen für die Wintersendungen dankbar gewesen, brauche ich ihnen nicht zu sagen. Wenn ich nicht wüßte, wie thätig für Ihre Freunde im Großen und Kleinen sind, so würde mich Ihre Gefälligkeit beschämt haben. Sagen Sie mir auch einmal wieder ein gutes Wort von sich und Ihrer lieben Schwester, von der ich so lange nichts gehört habe; erzählen Sie mir etwas von Berlin, vor allem andern aber lassen Sie mich wissen, was Ihre Plane für den Sommer sind. Leben sie recht wohl und gedenken Sie meiner.[75]


22/6133.a


An Franz Kirms

[Weimar, Anfang April 1811.]

Meo voto würde man Serenissimo zur Wahl ausstellen ob Höchstdieselben der Mad. Akermann eine Pension auszuzahlen, oder solche beym Theater engagiren lassen wollten.

G.[389]


22/6134.


An Sara von Grotthuß

Weimar den 17. April 1811.

Meine Sendung vom 4. April wird nunmehr wohl, theure Freundinn, in Ihren Händen seyn. Möchten Sie darin den Wunsch, mein Andenken bey Ihnen zu erneuern, und wenigstens den Willen einer Dankbarkeit für so manches Gute und Freundliche, gewahr werden.

Das gegenwärtige hat die Absicht, Ihnen ein paar Personen bekannt zu machen, die Ihre Aufmerksamkeit verdienen. Es ist Herr und Madame Wolff, beydes Mitglieder unseres Hoftheaters, welche nach Berlin kommen, um Gastrollen zu geben. Ich wünschte, daß[75] sie auf einem fremden Schauplatz und ohne ihre gewohnte Umgebung den Beyfall finden mögen, den sie so oft bey uns verdienen.

Herr Robert hat gewiß auch einige Gefälligkeit gegen sie. Beyde haben Rollen in seinem neuen Stücke. Die Leseprobe ist noch vor ihrer Abreise gehalten worden, damit die Vorstellung, gleich nach ihrer Rückkunft, vor sich gehen könne. Unser Capellmeister Müller componirt die Chöre.

Den guten Crayen, der Sie interessirt, scheint der Herzog auf alle Weise zu begünstigen; wenigstens sendet er ihn nach Teplitz voraus, damit er, wegen seines verwundeten Arms, der Cur desto länger genießen könne.

Was für Absichten haben Sie für dieses Jahr? Die schöne Frühlingsluft macht schon einige Reiselust bey mir rege.

Zum Schlusse will ich nicht vergessen, Sie auf eine kleine Arbeit von mir, Pandora, aufmerksam zu machen. Es ist ein etwas abgestuftes Werkchen, welches durch mündlichen Vortrag gehoben werden muß. Herr Wolff und seine Frau werden sich ein Vergnügen daraus machen, Sie einen Abend damit zu unterhalten.

Leben sie recht wohl, gedenken Sie mein.

Goethe.[76]


22/6135.


An Johann Friedrich Rochlitz

Durch Demoiselle Longhi von Neapel, eine schöne und treffliche Harfenspielerinn, wünsche ich mein Andenken bey Ihnen mein Werthester, wieder aufzufrischen, und ich hoffe, es soll mir gelingen. Ich bin überzeugt, Sie werden diesem Frauenzimmer um ihrer selbst- und meinetwillen freundlich seyn.

Eigentlich aber bewegt mich nicht sowohl das schöne Talent, das sich wohl selbst empfiehlt, zu dem gegenwärtigen Schreiben: das gute Kind ist hier in den bedenklichen Fall gerathen, daß ihre zwey kleinen Finger auf eine rheumatische Weise geschwollen sind: das Schlimmste wohl, was derjenigen bewegen kann, die sich auf Harfe und Pianoforte bis Petersburg zu produciren gedenkt. Ist unser vortrefflicher Kapp, dem ich selbst soviel schuldig geworden bin, in Leipzig; so habe Sie ja die Gefälligkeit, ihn für diese hübsche Italiänerinn zu interessiren, indem Sie zugleich von mir tausend Empfehlungen ausrichten. Mehr sage ich nicht und brauche es nicht, weil es hier nur einer kurzen Einführung bedarf, und dieser Brief noch spät geschrieben wird. Möchten Sie durch gegenwärtiges veranlaßt, mir einmal wieder ein Wort von sich zu vernehmen geben, so würden Sie mir sehr viel Freude machen. Mit den besten Wünschen!

Weimar den 22. April 1811.

Goethe.[77]


22/6136.


An Charlotte von Stein

Indem ich meine Ankunft melde, wünschte ich, verehrte Freundinn, zu erfahren: ob Durchl. die Herzoginn vielleicht heute Abend eine Vorlesung befehlen? Ich bin zur gewöhnlichen Stunde bereit.

d. 30. Apr. 1811.

G.


22/6137.


An Carl Friedrich Zelter

Ehe ich nach Carlsbad abgehe, muß ich Ihnen, mein theurer Freund, noch ein paar Worte schreiben, und vor allen Dingen für das trefflich gerathene Seht hin, Seht hin! meinen besten Dank abstatten. Von mir kann ich Ihnen nur soviel sagen, daß ich mich an eine Arbeit gemacht habe, die auch Ihnen nachkünftig Freude machen soll. Sie wird zwar gegenwärtig etwas unterbrochen, weil ich, um mich von Weimar loszulösen, mancherley kleine Geschäfte abzuthun habe, die mich indessen doch immer zerstreuen. Herrn Friedländer machen sie gelegentlich mein bestes Compliment. Es war mir angenehm zu vernehmen, daß meine übersendeten Medaillen eine gute Aufnahme gefunden. Was den mir bey dieser Gelegenheit angebotenen kleinen Jupiterskopf von rothem Marmor betrifft, so werde ich um die Übersendung desselben bitten, sobald ich wieder nach Hause[78] komme, und mich einigermaßen im Stande sehe, wieder etwas dagegen anzubieten: denn allzu lang möchte ich nicht gern Schuldner bleiben.

Sie haben gegenwärtig ein schauspielendes Ehepaar von uns bey sich, Herrn und Madam Wolff. Sie lieber Freund, begegnen ihnen gewiß freundlich, auch um meinetwillen. Ich bin sehr neugerig, wie sie auf dem großen Theater reüssiren, da sie die Zierden unseres kleinen sind.

Jetzt will ich weiter nichts hinzufügen als ein herzliches Lebewohl. Wenn Sie mir etwas schreiben und schicken mögen, so senden sie mir es nur hieher: denn es giebt zu Ende May und Anfang Juny einige Gelegenheiten, dergleichen Dinge nach Böhmen zu bringen. Meine Abreise wird wohl gleich nach der Mitte des Monats vor sich gehen. Freylich thut es mir leid genug, daß ich nicht hoffen darf, Sie dieses Jahr wiederzusehen. Töplitz war doch ein schöner und fruchtbarer Aufenthalt. Leben Sie recht wohl, fahren Sie fort meiner zu gedenken und mich zu lieben.

Weimar den 2. May 1811.

G.


22/6138.


An Carl Joseph Hieronymus Windischmann

[Concept.]

[2. Mai.]

Ew. Wohlgebornen bekenne mich für die mitgetheilte Recension ganz besonders dankbar. Es gereicht mir zu[79] großem Vergnügen, den Antheil zu sehen, den Sie an meiner Arbeit genommen: denn es gehörte nicht wenig Aufmerksamkeit und guter Wille dazu, eine solche Darstellung eines so complicirten Werkes zu liefern. Besonders hat es mich erfreut, zu sehen, daß ob Sie gleich im Ganzen mit mir einig zu seyn scheinen, Sie doch manche bedeutende Desiderata nicht verschweigen, sondern vielmehr durch Andeutung derselben Ihre gute Einsicht in die Sache bewiesen. Was mich betrifft, so werde ich gern noch einige Jahre hingehen lassen und die Wirkung abwarten, welche meine Arbeit hervorbringt, und sodann mit meiner Revision und mit den nöthigen Supplementen hervortreten. Da Ew. W. schon tief und gründlich in die Sache gegangen sind, so werden Sie gewiß fortfahren, diesen schönen Theil der Naturwissenschaft, sowohl durch Versuche, als durch Nachdenken, nicht weniger durch historische Bemerkungen auf alle Weise zu befördern. Wie ich denn auch nicht ermangelt habe, ein Gleiches zu thun und dadurch denjenigen, die dasselbe Interesse gewinnen, von meiner Seite immer entgegenkommend zu arbeiten.

Für alles übrige, was Sie mir mittheilen wollen, bin ich höchlich dankbar. Giebt es Gelegenheit, so haben Sie ja die Güte, mich des Herrn Großherzogs Königlicher Hoheit angelegentlichst zu Gnaden zu empfehlen, und für die mir gegönnte huldreiche Theilnahme erfurchtsvoll zu danken.

Der ich von Herzen wohl zu leben wünsche.[80]


22/6138a.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

Bruder Sachse zeigt mir an daß man ihm das schmeichelhafte Vertrauen beweisen und ihn zum Meister befördern will. Sollte hierbey noch eine Art von Burgschaft nötig seyn; so wiederhohle ich gern das gute Zeugniß das ich bey seiner früheren Aufnahme ertheilt.

Bey dieser Gelegenheit bitte ich mich für die kurze bis zu meiner Abreise von dem Besuch der Loge gefällig zu dispensiren.

Mich zu geneigtem freundschaftlichen Andenken empfehlend

Goethe.

W. d. 2 May 1811.[36]


22/6139.


An den Freiherrn Jacob Friedrichvon Leonhardi

[Concept.]

[3. Mai]

Hochwohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr.

Ew. H. mir und den Meinigen seit geraumer Zeit gegönnten freundschaftlichen Gesinnungen lassen mich wünsche, daß ich in dem vorliegendem Falle auch etwas angenehmes zu erzeigen im Stande seyn möchte. Es soll mir aber leider nicht so gut werden, indem die durch Herrn von Riese bisher verwaltete Stelle nicht wieder besetzt werden wird, da es mehr persönliche als Geschäft-Verhältnisse waren, wodurch man sich bewogen gefunden, ihm einen solchen Posten anzuvertrauen. Ich eile, obgleich ungern, diese Nachricht zu geben, wobey ich jedoch mit Vergnügen die Gelegenheit ergreife, mich Ihrem fernerem freundschaftlichen Andenken zu empfehlen, und ein Gleiches für die Meinigen zu erbitten.

Der ich die Ehre habe, mich mit ganz besonderer Hochachtung zu unterzeichnen.


22/6140.


An Joseph Anton Siegmund von Beroldingen

Ew. Hochwohlgebornen haben mir durch Ihr freundschaftliches Schreiben ein ganz besonders Vergnügen gemacht. Es hat mich an jene gute alte Zeit[81] erinnert, da ich das Glück ihres Umgangs und Zutrauens genoß, an jene Zeit die mit stets unvergeßlich bleiben wird.

Der löbliche und schöne Vorsatz, durch eine Preisaufgabe junge Künstler aufzumuntern, ist mir ein neuer Beweis des Antheils, den Sie an Künsten und Wissenschaften von jeder genommen haben. Nur thut es mir herzlich leid, daß ich, in meiner gegenwärtigen Lage, Ihre edlen Wünsche nicht secundiren kann. Die Ausstellungen, welche hier jährlich zu ähnlichen Zwecken einleiten, haben seit 1805 aufgehört. Den Sommer über bin ich meist abwesend, und der Winter ist von so mancherley Besorgungen und Geschäften überdrängt, daß ich nicht gern eine neue Obliegenheit auf mich nehmen möchte, besonders eine solche, die mit Hin- und Wiedersendungen und also auch mit Einpacken und Spediren begleitet seyn würde. Auch eine Erweiterung meiner Correspondenz habe ich alle Ursache zu vermeiden. Ew. Hochwohlgebornen verzeihen daher, wenn ich einen für mich und meine nächsten Kunstfreude so ehrenvollen Auftrag ablehne, und lassen mir die Hoffnung, daß ich dabey von Ihrer Gunst und Neigung nichts verliere.

Höchst angenehm war es mir, zu erfahren, daß Ew. Hochwohlgebornen aus dem großen Schiffbruche doch so manches gerettet, und so vieles um sich haben, wodurch das Leben genußreich wird. Möchte es Ihnen erhalten werden, und ich noch lange vernehmen,[82] daß Sie bey guter Gesundheit sich in einer so stürmischen und unruhigen Zeit derjenigen Güter erfreuen, die eigentlich nur Früchte des Friedens sind.

Durchlaucht der Herzog erwiedern Ihr freundliches Andenken auf das allerbeste und schönste, und ich empfehle mich angelegentlichst einem fortdauernden Wohlwollen.

Ew. Hochwürden

Weimar

ganz gehorsamster Diener

den 3. May

Goethe.

1811.[83]


22/6140a.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgebornen

sende hiermit den freundlichsten Gruß nach und danke Ihnen für die angenehmen Stunden, die Sie uns dießmal gönnen wollen. Zwar fallen mir nach Ihrer Abreise immer hundert andere, die ich mich nach einer solchen erfreulichen Unterhaltung immer unbefriedigt.

Ich habe unter dem heutigen Datum eine Anweisung auf achthundert Thaler Sächs. an die Herrn Frege &Comp. gestellt; was aber das Papiergeld betrifft welches ich zu verlangen dachte, so ist es mir gegenwärtig nicht nöthig, weil ich zufälliger Weise von einem durchreisenden Wiener so viel ich bedurfte, aufkaufen konnte. Ich melde dieses nur um Ihre gütige Vorsorge für mich, auch diesen Punct betrifft, dankbar anzuerkennen.

[389] Die Lust meine biographische Arbeit fortzusetzen, hat sich seit Ihrer Gegenwart noch bey mir vermehrt. Ich hoffe durch diese unschuldigen Bekenntnisse mit allen denen, die mir wohlwollen, auf's neue in eine lebendige Verbindung zu gerathen, und was ich bisher allenfalls thun und leisten können, besonders für meine Freunde abermals zu beleben und interessant zu machen.

Mögten Sie mir den für die Hackertische Biographie gefällig zu bestimmenden Betrag des Honorars anzeigen; so geschähe mir ein besonderer Gefalle indem ich mich mit den wunderlichen Erben gern auseinander zu setzen wünsche. Mich bestens empfehlend

W. d. 4. May 1811.

G.


22/6140b.


An Christian Gottlob Voigt

Beykommende Rechnung über die dritte Jenaische Doubletten Auction, haben Ew. Exzell. die Güte moniren zu lassen.

Im Juni wird nun die vierte, kleinste, gehalten werden und so hätte man sich auch dieses Überflusses entledigt.

Die vorjährige Museums Rechnung lege ich gleichfalls bey, sie ist zur Revision der neusten welche bald eingehen wird nöthig.

W. d. 4. May 1811.

G.[390]


22/6140c.


An Christian August Vulpius

[Weimar, etwa 6. Mai 1811.]

Von Jena aus wird eine Anzahl Velin-Exemplare von der Hackertischen Bibliothek gesendet werden. Von dieser wird ein Exemplar sehr elegant als das Dedications-Exemplar gebunden. Dieses enthält Ihro Kaiserl. Hoheit die Frau Erbprinzeß. Sodann werden vier Exemplare sauber geheftet aber nicht beschnitten. Solche erhalten

Durchl. der Herzog.

Durchl. die Herzoginn.

" der Erbprinz.

" die Erbprinzeß von Mecklenburg.

N.B. letzteres wird wohl eingepackt auf der fahrenden Post nach Ludwigsluft adressirt. Jene erstern trägt. sobald sie fertig sind, Sachse in die respectiven Garderoben. Die übrigen werden aufbewahrt.

G.[391]


22/6140d.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

[4. Mai 1811.]

Die Herren Cammerrath Frege & Comp. in Leipzig bleiben gegen diese meine Assignation für Rechnung des Herrn Dr. Cotta in Tübingen an den Herzogl. Weimarischen Hofschauspieler Herrn Haide oder dessen Ordre die Summe von achthundert Thalern Sächsisch gefällig auszuhalten zu lassen.[36]


22/6141.


An Carl Friedrich von Reinhard

Weimar den 8. May 1811.

Die schöne und geschickte Harfenspielerinn hat auch bey uns viel Sensation gemacht und ist von mir um Ihres Briefs willen, mein verehrter Freund, wohl aufgenommen und mit einem ähnlichen Empfehlungsschreiben nach Leipzig verabschiedet worden. Gegenwärtig ist ein interessanter junger Mann bey uns, dessen Bekanntschaft ich Ihnen gleichfalls verdanke, Sulpiz Boisserée, der mir sehr wohl gefällt und mit dem ich auch ganz gut zurechtkomme.

Denn ein bedeutendes Individuum weiß uns immer für sich einzunehmen, und wenn wir seine Vorzüge anerkennen, so lassen wir das, was an ihm problematisch finden, auf sich beruhen; ja was uns an[83] Gesinnungen und Meynungen desselben nicht ganz gemäß ist, ist uns wenigstens nicht zuwider: denn jeder Einzelne muß ja in seiner Eigenthümlichkeit betrachtet werden und man hat neben seinem Naturell auch noch seine frühern Umgebungen, seine Bildungsgelegenheiten und die Stufen auf denen er gegenwärtig steht, in Anschlag zu bringen. So geht es mir mit diesem, und ich denke, wir wollen in Frieden scheiden.

Überhaupt, wenn man mit der Welt nicht ganz fremd werden will, so muß man die jungen Leute gelten lassen für das was sie sind, und muß es wenigstens mit einigen halten, damit man erfahre was die übrigen treiben. Boisserée hat mir ein halb Dutzend Federzeichnungen von einem jungen Mann Namens Cornelius, der sonst in Düsseldorf lebte, und sich jetzt in Frankfurt aufhält, und mit dem ich früher durch unsere Ausstellungen bekannt geworden, mitgebracht, die wirklich verwundersam sind. Es sind Scenen nach meinem Faust gebildet. Nun hat sich diese junge Mann ganz in die alte deutsche Art und Weise vertieft, die denn zu den Faustischen Zuständen ganz gut passt, und hat sehr geistreiche gutgedachte, ja oft unübertrefflich glückliche Einfälle zu Tage gefördert, und es ist sehr wahrscheinlich, daß er es noch weiter bringen wird, wenn er nur erst die Stufen gewahr werden kann, die noch über ihm liegen.

Ich bin nun auf meiner Reise nach Carlsbad begriffen, so darf ich wohl sagen, ich werde in etwa[84] 8 Tagen von hier abgehen. Dort habe ich mir vorgenommen allerley wunderliche Dinge zu arbeiten, von denen ich zum voraus nichts erwähnen darf: denn gewöhnlich, was ich ausspreche das thue ich nicht, und was ich verspreche das halte ich nicht.

Auf alle Fälle denke ich aber dießmal früher wieder zurück zu seyn, ob ich gleich auch einigen Aufenthalt in Töplitz machen werde. Die Confusion mit den Bankzetteln und dem Gelde ist indessen gegenwärtig im Östreichischen so groß, daß ein Aufenthalt in Böhmen dießmal unangenehm werden kann. Seitdem man einen niedern Preis der Papiere festgesetzt hat, so glauben die Leute, diese stünden viel niedriger als zu der Zeit, da sie ums Doppelte niedriger standen. Dieß ist freylich kein Wunder, da im gemeinem Leben diese Geldsache durchaus vom Vorurtheil abhängt. Nur die Handelsleute, besonders die Banquiers wissen, was sie wollen, und werden reich dadurch, wenn auch gleich manche durch falsche Speculationen zu Grunde gehen.

Daß der Stein des Herrn von Jakowleff sich wiedergefunden hat ist mir sehr angenehm. Es war ein Kleinod, welches Oeser lange besaß. Durch diesen ist es an die Herzoginn Amalie gekommen, welche aber immer zauderte, einen oder mehrere Cameen daraus arbeiten zu lassen. Aus ihren Händen kam er in die meinen; auch ich verwahrte ihn lange, bis ich mich endlich entschloß ihn einem Liebhaber abzugeben,[85] dem es eine Freude macht, auf solche Dinge ansehnliche Summen zu wenden.

Mehr will ich für dießmal nicht sagen und mich nur noch gelegentlich in Ihr freundschaftliches Andenken empfehlen.


22/6142.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Wohlgebornen

erinnern mich durch die Übersendung Ihres interessanten Taschenbuchs an meine Schuld, die ich jedoch bisher abzutragen noch nicht Raum finden können. So manche Dinge liegen vorbereitet, ohne daß ich zu Bearbeitung derselben gelangen kann. Doch hoffe ich bald eine interessante Notiz mitzutheilen, die einen Körper betrifft, der auf der Gränzscheide zwischen dem Mineral- und Vegetabilreiche steht und sich freylich mehr zum letzten zu neigen scheint. Es ist die sogenannte Pietra fungaja die in Reisebeschreibungen sowohl als in Wörterbüchern als ein Tuffstein angeben wird auf welchem eßbare Schwämme wachsen. Ich habe einen solchen aus Italien erhalten und ich werde die damit angestellten Versuche, wie auch die Resultate seiner chemischen Zerlegung, sobald nur alles vollständig beysammen ist, zu übersenden nicht ermangeln. Der ich die Ehre habe mich mit vollkommner Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 8. März 1811.

Goethe.[86]


22/6143.


An Peter von Cornelius

Die von Herrn Boisserée mir überbrachten Zeichnungen haben mir auf eine sehr angenehme Weise dargethan, welche Fortschritte Sie, mein werther Herr Cornelius, gemacht, seitdem ich nichts von Ihren Arbeiten gesehen. Die Momente sind gut gewählt, und die Darstellung derselben glücklich gedacht, und die geistreiche Behandlung sowohl im Ganzen als Einzelnen muß Bewunderung erregen.

Da Sie sich in einer Welt versetzt haben, die Sie nie mit Augen gesehen, sondern mit der Sie nur durch Nachbildungen aus früherer Zeit bekannt geworden, so ist es sehr merkwürdig, wie Sie sich darin so einheimisch finden, nicht allein was das Costüm und sonstige Äußerlichkeiten betrifft, sondern auch der Denkweise nach; und es ist keine Frage, daß Sie, je länger Sie auf diesem Wege fortfahren, sich in diesem Elemente immer freyer bewegen werden.

Nur vor einem Nachtheile nehmen Sie sich in Acht: die deutsche Kunstwelt des 16. Jahrhunderts, die Ihren Arbeiten als eine zweyte Naturwelt zum Grunde liegt, kann in sich nicht vollkommen gehalten werden. Sie ging ihrer Entwicklung entgegen, die sie aber nie mals, so wie es der transalpinischen glückte, völlig erreicht hat. Indem Sie also Ihren Wahrheitsinn immer gewähren lassen; so üben Sie zugleich an den[87] vollkommensten Dingen der alten und neuen Kunst den Sinn für Großheit und Schönheit, für welchen die trefflichsten Anlagen sich in Ihren gegenwärtigen Zeichnungen schon deutlich zeigen. Zunächst würde ich Ihnen rathen, die Ihnen gewiß schon bekannten Steinabdrücke des in München befindlichen Erbauungsbuches so fleißig als möglich zu studiren, weil, nach meiner Überzeugung, Albrecht Dürer sich nirgends so frey, so geistreich, groß und schön bewiesen, als in diesen gleichsam extemporirten Blättern. Lassen Sie ja die gleichzeitigen Italiäner, nach welchen Sie die trefflichsten Kupferstiche in jeder einigermaßen bedeutenden Sammlung finden, sich empfohlen seyn; und so werden sich Sinn und Gefühl immer glücklicher entwickeln, und Sie werden im Großen und Schönen das Bedeutende und Natürliche mit Bequemlichkeit auflösen und darstellen.

Daß die Reinlichkeit und Leichtigkeit Ihrer Feder und die große Gewandtheit im Technischen die Bewunderung aller derer erregt, welche Blätter sehen, darf ich wohl kaum erwähnen. Fahren Sie fort auf diesem Wege alle Liebhaber zu erfreuen, mich aber besonders, der ich durch meine Dichtung Sie angeregt, Ihre Einbildungskraft in diese Regionen hinzuwenden und darin so musterhaft zu verharren.

Herrn Boisserées Neigung, die Gebäude jener würdigen Zeit herzustellen und uns vor Augen zu bringen, trifft so schön mit Ihrer Sinnesart zusammen, daß[88] es mich höchlich freuen muß, die Bemühungen dieses verdienten jungen Mannes zugleich mit den Ihrigen in meinem Hause zu besitzen. Wie Ihnen Ihr Blätter wieder zukommen sollen, werde ich mit Herrn Boisserée abreden.

Leben Sie recht wohl und lassen, nach einer so langen Pause, bälder wieder etwas von sich hören.

Weimar den 8. May 1811.

Goethe.


22/6144.


An Ludwig Gottlieb Carl Nauwerck

[Concept.]

Die früher gesendete Erscheinung auf dem Winterberg hat mir viel Freude gemacht. Sie zeigen dadurch, was die Parodie eigentlich seyn solle. Ein edler Gegenstand wird ironisch behandelt, aber nicht fratzenhaft. Ich wüßte sehr weitläufig werden, wenn ich alles was in diesem Sinne aus Ihrer Zeichnung in Vergleich mit der Transfiguration herzuleiten wäre, gehörig aussprechen wollte.

An Ihrem Dädalus habe ich gesehen, wie sehr Sie bisher bemüht gewesen, edle und schöne Formen in ihrer Bedeutsamkeit zu studiren. Das Ganze ist gut gedacht, heiter und ernst zugleich. Hätte doch der Himmel gewollt, daß Sie Ihr Talent von früher Jugend an in Italien hätten ausbilden können. Doch man weiß ja nicht, was man in der jetzigen Zeit[89] Jemand wünschen soll, da man selbst auf Flügeln der Morgenröthe dem Unfrieden und der Zerstörung nicht wohl entgehen könnte.

Ihren Auerbachs Keller habe ich mit Vergnügen zu seinen Geschwistern gesammelt. Sie finden durchaus vielen Beyfall und ich denke es wird sich doch wohl auch ein Käufer finden. Wären die Zeiten nicht für einen Jeden bedenklich, so würde ich mich schon wegen derselben für Ihren Schudlner erklärt haben.

An Herrn von Kügelchen ist das Gemälde wohlgepackt abgegangen. Ich gehe dieser Tage nach Carlsbad um einen Theil des Sommers in Böhmen zuzubringen. Möge ich von Zeit zu Zeit vernehmen, daß Sie sich in einem unverruckten Zustande wohl befinden.

Weimar, den 8. May 1811.


22/6145.


An Adolf Heinrich Friedrichvon Schlichtegroll

Wohlgeborner

Insonders hochgeehrter Herr.

Ew. Wohlgebornen Schreiben und die demselben beygefügte Sendung habe ich schon vor einiger Zeit mit Vergnügen empfangen, und kann mich nicht von Weimar, um nach Carlsbad zu gehen, entfernen, ohne meinen bisher schuldig gebliebenen Dank aufrichtig abzustatten.

[90] Da ich die vorhergehenden Bände des Catalogs der Gefälligkeit des Herrn von Mannlich verdanke, so ist es mir um so angenehmer, daß ich durch Ihre freundliche Vorsorge nunmehr auch diesen besitze. Er reizt fürwahr so sehr als die vorigen, jene Kunstschätze mit Augen zu sehen, von denen er uns eine kurze Nachricht ertheilt.

Ew. Wohlgebornen sind versichert, daß ich auch in der Ferne den lebhaftesten Antheil genommen von allem, was den Gliedern einer so edel bezweckten Akademie und ihrem Vorsteher, den ich unter meine ältesten und besten Freunde rechne, begegnen konnte. Ich höre mit Zufriedenheit, daß sich nunmehr man ches Ungemach verzogen und bessere Zustände einzutreten scheinen. Bleiben sie versichert, daß der Antheil den Sie an mir und meinen Productionen nehmen wollen, mir höchst schätzbar ist, und daß ich dadurch aufgemuntert werde, manches was bisher geruht hat oder verzögert worden ist, ernstlicher vorzunehmen und zu Stande zu bringen. Empfehlen Sie mich unserm trefflichen Jacobi und lassen auch in Zukunft mein Andenken unter Ihnen leben.

Ew. Wohlgeb.

Weimar

ergebenster Diener

d. 8. May 1811.

Goethe.[91]


22/6146.


An Karl Werlich

Die mir schon vor einiger Zeit zugesendete kleine Abhandlung erhalten Ew. Wohlgeboren hier mit vielem Dank zurück. An dem Phänomen selbst habe ich keinen Zweifel, ja ich erinnere mich, daß es mir keinen Zweifel, ja ich erinnere mich, daß es mir vor geraumer Zeit durch den verstorbenen Batsch vor Augen gelegt und an vielen Gegenständen gewiesen worden. Er schrieb auch damals einen Aufsatz darüber, doch weiß ich nicht ob er je gedruckt worden.

Es ist sehr verdienstlich, daß Ew. Wohlgeboren die Sache wieder zur Sprache zu bringen. Denn wenn es auch schwer seyn möchte, eine solche Erscheinung zu erklären, so ist es doch wichtig genug, die Allgemeinheit derselben durch so viele besondere Fälle durchzusetzen; ja eben durch diese Allgemeinheit erhält das Phänomen rein ausgesprochen schon ein theoretisches Ansehen. Sollten Sie weiter, sowohl in solchen Erfahrungen als auch in dem Nachdenken darüber und im Verknüpfen mit andren Erscheinungen vorschreiten, so bitte ich, mich an dem Gefundenen Theil nehmen zu lassen.

Das Gemälde wovon Sie mir melden, ist mir schon früher bekannt geworden, und gehört mit unter die Gegenstände, um derentwillen ich mir schon längst eine Tour nach Rudolfstadt vorgenommen hatte.

Sollten Sie einem Freunde von mir zu einem[92] größern oder kleinern Stück biegsamen Steins verhelfen können, so würden Sie mir zugleich eine besondere Gefälligkeit erzeigen. Da ich bald nach Carlsbad gehe, so wird Frau Hofräthin von Schiller das weitre besorgen, wenn Sie deshalb an dieselbe zu schreiben die Güte hätten.

Der mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne

Ew. Wohlgeb.

Weimar

ergebenster Diener

den 8. May 1811.

J. W. v. Goethe.


22/6147.


An Frau von Trebra

[Concept.]

[9. Mai.]

Kurz vor meiner Abreise nach Carlsbad verfehle ich nicht, Ew. Gnaden auf Dero freundlichen Brief vom 10. April schuldigst zu antworten. Ich hätte solches schon früher gethan, wenn ich nicht zugleich eine erwünschte Nachricht zu überschreiben gehofft hätte: denn ich habe zwar die mir anvertrauten Briefe sogleich übergeben und wie es sich geziemen wollen, meine Empfehlung der Angelegenheit hinzugefügt; allein bis jetzt bin ich noch nicht so glücklich gewesen, eine Entschließung zu vernehmen; und da in solchen, die Person der Fürstin selbst berührenden Angelegenheiten eine wiederholte Anfrage bedenklich ist, so muß ich um Verzeihung bitten, wenn mein gegenwärtiges[93] den gehegten Erwartungen nicht entsprechen sollte. Vielleicht aber ist diese Besorgniß schon gehoben, und Ew. Gnaden haben vielleicht schon eine unmittelbare Antwort erhalten, die ich mir nur nicht bekannt geworden ist. Wie sehr wünsche ich dieß, so wie auch daß ich in der Folge im Stand seyn möge in dieser Angelegenheit etwas Föderliches und Erfreuliches zu leisten.

Ihrem theuren Herrn Gemahl haben Sie die Güte mich bestens zu empfehlen. Die überschickten interessanten Nachrichten von den spanischen Bergwerken habe ich meinem Sohne zugestellt, und erwarte, da er genugsam lebenslustig ist, ob er auch bergbaulustig werden möchte.

Bey meiner Rückkehr von Töplitz hoffe ich aufzuwarten, und die vergnüglichen Augenblicke des vorigen Jahres wieder zu erneuen.

Der ich mich Ew. Gnaden und den lieben Ihrigen auf das angelegentlichste empfehle.


22/6148.


An die Badedirection in Halle

[Concept.]

[9. Mai.]

Wohlgeborne,

Insonders hochgeehrteste Herren.

Es war mir sehr angenehm durch den Rapport der Herren Genast und Haide zu vernehmen, daß auf[94] Bedingungen, welche beyden Theilen zuträglich scheinen, die Weimarische Hofschauspieler-Gesellschaft diesen Sommer in Halle eine Anzahl Vorstellungen geben kann. Dieser Versuch ist mir um so viel erwünschter, als wir den werthen Einwohnern gedachter Stadt für den bisherigen Antheil, den sie an den Vorstellungen in Lauchstädt genommen, unsere Dankbarkeit zu beweisen Gelegenheit finden; ingleichen weil ich einer Anstalt, wie die ist welcher Ew. Wohlgebornen vorstehen und für die sich ein so vortrefflicher Mann als unser Reil, höchlich interessirt, auch von meiner Seite etwas Förderliches erzeigen möchte. Der ich diesem Unternehmen einen solchen Ausgang wünsche, daß es künftiges Jahr zu beyderseitiger Zufriedenheit wiederholt werden könne, und die Ehre habe mich zu unterzeichnen.


22/6149.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hierbey, mein lieber Freund, einen Hackert und Ihre Manuscripte zurück. Leider sind wir nicht dazu gelangt die treffliche Kunstgeschichte durchzulesen; indessen will ich mich freuen, daß uns für die nächste Zeit unsrer Wiederzusammenkunft etwas übrig bleibt. Übermorgen früh gehe ich ab, und habe das Vergnügen Sie noch vorher zu sehen.

Weimar den 10. May 1811.

G.[95]


22/6150.


An Johann Friedrich Cotta

[Concept.]

Durch Herrn Boisserée, welcher das Vergnügen haben wird Sie in Leipzig zu sehen, will ich einen freundlichen Gruß zu übersenden nicht ermangeln. Es hat mir die Bekanntschaft dieses jungen Mannes sehr viel Freude und Zufriedenheit gebracht. Die von ihm veranlaßten und gesammelten Zeichnungen erregen ein großes Intresse, besonders wenn er selbst sie auslegt und seine Ansichten und Absichten dabey deutlich macht. Ich gebe ihm gern das Zeugniß, daß ich ihn in seinem Fache sehr wohl fundirt gefunden habe, sowohl im artistischen als historischen Sinne. Seine Darstellungen und Darlegungen haben eine sehr gute Folge und ich bin überzeugt, daß wenn äußere Umstände dieß Unternehmen einigermaßen begünstigen; so muß es Fortgang haben. Ich verschweige diese Überzeugung nicht: sie ist das Resultat der in diesen Tagen öfters wiederholten Beschauung, Unterhaltung und Untersuchung; und ich wünschte dadurch den Muth zu einem so bedeutenden Vorhaben bey den Unternehmern zu erhöhen.

Meinen Brief vom 4. werden Sie durch Frege erhalten haben. Was Sie mir darauf hieher erwiedern, wird mir nach Carlsbad gesandt. Ich wünschte recht wohl zu leben und empfehle mich Ihrem freundlichen Andenken.

Weimar den 11. May 1811.

G.[96]


22/6151.


An Pauline Schelling, geb. Gotter

Jena d. 12. May 1811.

Wenn mir in dem schmiegsamen Westchen recht behaglich wird, gedencke ich der freundlichen Urheberinn, und überlege wie ich Ihr gefällig seyn kann. Da entsinne ich mich daß Ihre Kleider nicht so aus Einem Gusse sind als diejenigen die Sie Ihren Freunden bereitet, und da hab ich nichts angelegner als von der spitzen Waare etwas zu senden welche so gute Dienste leistet. Das liebe Kind gedencke mein.

G.


22/6152.


An Johann Jacob von Willemer

[Concept.]

Schon längst hätte ich Ihnen, mein theurer und erprobter Freund, gern wieder ein freundliches und für so manche Gefälligkeiten dankbares Wort zugeben lassen. Nun reist ein junger geschickter Künstler, den ich auf mehr denn eine Weise zu schätzen Ursache habe, nach Frankfurt, und ich möchte ihn mit einer kurzen Empfehlung an Sie ausstatten. Ein Miniaturmaler, so geschickt wie dieser, der schon die Zeugnisse mitbringt von dem was er geleistet hat, ist gewiß überall wohl aufgenommen. Er hat einige Zeit in meinem Hause gewohnt, und hier, so klein der Ort ist, doch[97] manches zu thun gefunden. An einem größern gelingt es ihm vielleicht noch besser, wenn er nur erst einmal eingeführt ist. Mögen Sie mein Werthester, dieses thun; so machen Sie sich um die Kunst, um ihn und mich verdient. Der ich wohl zu leben wünsche, und mich der Fortdauer Ihres freundschaftlichen Andenkens empfehle.

Weimar den 12. May 1811.


22/6153.


An Friedrich von Gentz

[Concept.]

Ew. Hochwohlgebornen

meine Ankunft in Carlsbad zu melden, halte um so mehr für Schuldigkeit, als ich noch meinen aufrichtigen und lebhaften Dank für die köstliche Sendung abzustatten habe. Schon vor einiger Zeit erhielt ich das gefällige Ankündigungs-Schreiben, wenige Tage vor meiner Abreise die sehnlich erwartete Rolle, für welche ich höchlich verpflichtet bin: denn ich gestehe gern, daß ich zwar in allem was ich von Fräulein von Kerpen gesehen, eine entschieden angeborne Gabe bemerkt, sowie eine durch anhaltenden Fleiß erworbene Leichtigkeit der Ausführung; daß aber dieß vortreffliche Frauenzimmer dieses natürliche Talent so weit ausgebildet, im ganz eigentlich künstlerische Werke verfertigen zu können; dieses war mir nicht anschaulich geworden. Das gegenwärtig mir gegönnte zeugt[98] nicht allein von einer sehr geübten Hand, sondern auch von einem sehr zarten Sinne, und ist von mancher Seite, besonders auch dadurch bewundernswürdig, daß man die Eigenschaften und Verdienste des Originalbildes darin gar wohl erkennen, und sich vom Geiste wie von der Behandlung desselben einen deutlichen Begriff machen kann. Nur durch die Schätzung des Geleisteten kann ich mich einer solchen Gabe werth fühlen, und möchte, ohne daß ich meinen Dank in vielen Worten ausdrückte, Ew. H. ersuchen, sowie Sie durch Ihren gütigen Einfluß mir dieses Kunstwerk verschafft, so auch Ihre glückliche Gabe sich auszudrücken zu einer recht gehörigen und bedeutenden Danksagung bey der lieben Geberinn zu verwenden, wozu ich noch die aufrichtigsten Glückwünsche wegen der bevorstehenden Verbindung beyzufügen bitte. Ich sage nicht zu viel, wenn ich versichre, daß jenes schöne Werk unter die vorzüglichsten Gegenstände gehört, deren Anblick ich mich bey meiner Nachhausekunft zu freuen habe.

Wie ich es diesen Sommer halten werde, weiß ich noch nicht ganz genau. Durchlaucht der Herzog werden in diesen Tagen in Teplitz eintreffen. Vielleicht statte ich dort, wie im vorigen Jahr, einen Besuch ab. Zwar ist es etwas apprehensiv sich gegenwärtig in Böhmen zu bewegen, indem man bey der großen Erschütterung, welche das Patent hervorgebracht, nicht weiß wie und worauf man eine Rechnung[99] machen soll. Mögen Ew. H. mir etwas von Ihnen Vorsätzen für diesen Sommer vertrauen, so findet mich ein Brief noch 14. Tage bis 3. Wochen gewiß in Carlsbad. Einige vertrauliche Nachricht von dem Befinden der Frau v. Eybenberg würde mir zu großer Beruhigung gereichen. Für die höchst gefällige Ausrichtung meiner frühern zudringlichen Aufträge bleibe ich ein verbundener Schuldner und wünsche Ew. H. auch dieses Jahr zu begegnen und mich persönlich Ihrer fernern Gewogenheit zu empfehlen.

Von diesem seit langer Zeit mir so lieben Ort kann ich nur so viel vermelden, daß das herrlichste Wetter daselbst herrscht, doch läßt sich vermuthen daß diese Reinheit der Atmosphäre weit ausgebreitet sey und entfernte Freunde eines gleich angenehmen Frühlings genießen. Die Zahl der Badegäste ist sehr gering. Man hat noch nicht einmal ein Blatt der gewöhnlichen Liste ausgeben können. Nach Quartieren ist Nachfrage gewesen. Manche Gäste haben wieder abgeschrieben, weil die Carlsbader in diesem Artikel einen allzuschnelle Steigerung beliebt haben. Das übrige zum Leben erforderliche ist leidlichen Preises. So viel hiervon.

Carlsbad den 23. May 1811.[100]


22/6154.


An Carl Friedrich von Reinhard

Ihr lieber Brief, mein verehrter Freund, ward mir nach Carlsbad gebracht. Den an Herrn Boisserée habe ich sogleich wieder zurück an Bertuch geschickt, welcher ihn wohl zu besorgen nicht ermangeln wird.

Mit Herrn Sulpice selbst habe ich mich sehr wohl vertragen. Mit tüchtigen Menschen fährt man immer besser gegenwärtig als abwesend: denn sie kehren entfernt meistentheils die Seite hervor die uns entgegensteht; in der Nähe jedoch findet sich bald, inwiefern steht; in der Nähe jedoch findet sich bald, inwiefern man sich vereinigen kann. Ich habe in allen Dingen, die ihn interessiren, sehr gut begründet gefunden, und ich glaube ihn, was die Geschichte der Architektur und Malerey betrifft, auf dem rechten Wege; und sowie man Niemanden der für seine Stadt oder sein Vaterland wirken will, einen ausfließenden Patriotismus für diese verargen darf, so wenig konnte es mir zuwider seyn, einen jungen thätigen Mann vor allen andern Dingen sich mit der vaterländischen Kunst beschäftigen zu sehen. Ich gestehe gern, daß in seinem Umgang sich eine für mich schon verblichne Seite der Vergangenheit wieder auffrischt, daß ich manches durch ihn erfahren, und daß ich manches durch ihn erfahren, und daß ich manches durch ihn erfahren, und daß ich seine Behandlungsart gar wohl zu billigen Ursach habe. Überhaupt hat er bey uns, sowohl bey Hofe als in der Stadt, durch Zeichnungen[101] und durch seine Persönlichkeit sehr guten Eindruck gemacht. Daß er mir als ein natürlicher, gebildeter und einsichtiger Mensch sehr wohl gethan, brauch' ich kaum zu sagen; aber das will ich noch hinzufügen, daß er als Catholik mir sehr wohl gefallen hat; ja ich hätte gewünscht noch genauer einzusehen, wie gewisse Dinge bey ihm zusammenhangen. Haben Sie also Dank, daß Sie mir einen so hübschen Mann zugewiesen. Ich kann vermuthen, daß er Ihnen auch seinerseits von dem Aufenthalte in Weimar sprechen wird, und sie werden alsdann gar leicht übersehen, inwiefern die beyden Hälften an einander passen.

Was den andern Freund betrifft, so glaube ich nicht, daß er in jenem Falle die Sie zu befürchten scheinen, bey uns gut aufgehoben seyn möchte. Jene Zeitungsartikel sind nicht bis zu mir gekommen; ich glaube aber die Lage ziemlich zu begreifen. Was uns betrifft, so erkennen wir mit Bescheidenheit, daß man uns in manchen Stücken durch die Finger sieht und unsere kleine Localität für eine Art von Asylchen gelten läßt. Doch hüten wir uns eben deswegen, daß nichts zur Sprache komme. Wir haben neulich einen jungen Mann, der sich hier mit einer verwegenen Schrift, die ihn schon von Göttingen vertrieb, producirte, erst sachte nach Jena mit gutem Rath und Ermahnung, und als er daselbst nicht wanken und weichen wollte, zuletzt ungern polizeylich weiter gewiesen.

Ein freylich weit besseres, mit jenem nicht vergleichbares,[102] doch aber auch bedenkliches Subject, auch nur für einige Zeit zu beherbergen, würde aus mancherley Gründen nicht räthlich seyn. In diesem Falle würde ich lieber die Kaiserlichen Erblande vorschlagen, wo die Größe und die Menge der Fremden ein Individuum leicht verbirgt und verschlingt. Im Sommer sind die Bäder ein höchst erwünschter Aufenthalt. Von Westen her sind sie nicht besucht, meist nur von Osten und Norden. Darnach läßt sich auf die Gesellschaft schließen, welche man antrifft. Und für den Winter ist auch Rath zu schaffen; sowie denn auch die Wohlfeilheit, wenn man die Verhältnisse kennt, selbst in der jetzigen Zeit, nach dem famosen Patent, bey dem hohen Silberwerth noch immer zum Vortheil derer gereicht, die dieses Metall mitbringen, obgleich die Preise sich, dem Namen nach, durchaus verdoppelt und verdreyfacht haben. Dafür steht denn auch das Silber wie 100 zu 1000, und drüber. Ich bin überzeugt, daß ich in Pyrmont das Doppelte brauchen würde von dem was ich hier ausgebe.

So viel von dem was ich mittheilen läßt. Mögen und können Sie mir etwas Näheres eröffnen, so stehe ich dagegen mit Theilnahme und gutem Wille zu Diensten. Für dießmal leben Sie recht wohl! Ein Brief nach Carlsbad bey den drey Mohren findet mich oder folgt mir, wohin ich auch gehen möge.

Wohl zu leben wünscht

Carlsbad d. 8. Juni 1811.

G.[103]


22/6155.


An Giuseppe Gautieri

[Concept.]

[Carlsbad 8. Juni.]

Ew. Wohlgebornen

verehrliches Schreiben vom 9. May ist mir in diesen Tagen nach Carlsbad überbracht worden, und ich verfehle schuldig zu erwiedern.

Die mir gefällig übersendete Pietra fungaja fand ich im vergangenem Herbste bey meiner Nachhausekunst. Ich stand in der Meynung Herr Bergrath Lenz habe vorläufig die Ankunft derselben dankbar gemeldet, und versparte meinen Dank bis ich etwas gründliches von denen damit angestellten Versuchen zugleich mit übersenden könnte. Zwar ist bisher verschiedenes mit jenem merkwürdigen Naturproduct vorgenommen worden; allein noch haben sich die Resultate nicht zusammenstellen lassen: doch will ich dasjenige was mir einigermaßen zuverlässig scheint, Ew. Wohlgebornen vorläufig mittheilen.

Jenes Naturproduct scheint nicht dem Mineralsondern dem Pflanzenreiche anzugehören, und möchte sich wohl an die Trüffeln, Lykoperden und andre dergleichen Gewächse zunächst anschließen. Sein Wachsthum unter der Erde, wahrscheinlich in leichtem Boden, scheint mir alles fremdartige, insofern es nicht allzusehr widersteht, zu verdrängen, wodurch denn wirklich ein eigner selbständiger Körper gebildet wird. Gegenstände aber, wie Wurzeln und Steine, werden davon[104] umschlossen und mit in den Körper aufgenommen, wie an dem übersendeten Exemplar sichtbar genug ist: ein Fall, den wir auch bey manchen Stämmen gewahr werden, die solche Körper, die nicht abweisen können, als Zweige, Strohhalme, Fichtennadeln mit ihren vegetabilischen Bau einschließen.

Eine Hauptfrage weiß ich nun aber nicht zu beantworten: es ist nämlich die: ob dieses Gewächs gleich Anfangs in dem concentrirten Zustande wie ich dasselbe erhalten habe entsteht und zunimmt, oder ob die Sache sich anders befinde. Denn freylich in dem Zustande von Concentration und Erhärtung wie es in meine ziemliche specifische Schwere, und kann nicht mit Unrecht für einen Stein gehalten werden. Bringt man es aber in feuchte Erde, so schwillt es außerordentlich auf, ja Theile davon, die man ins Wasser gelegt, haben Volum sechsfach vermehrt, ohne in dieser Proportion an Gewicht zuzunehmen. Es ließe sich also denken, daß dieses Gewächs in seinem ersten Zustande ausgedehnt, weich, weniger schwer und in der Art sich erzeigte, wie wir es finden, wenn wir es der Feuchtigkeit aussetzen, und daß es sich alsdann, bey sehr trocknem Sommer und große Hitze, in jenem steinähnlichen Zustand zusammenzöge. So wahrscheinlich dieses ist, so lassen sich doch dagegen einige Zweifel erheben, die ich hier der Kürze wegen nicht anführen will.

[105] Die mit diesem Product angestellten chemischen Versuche sind mir noch nicht umständlich bekannt geworden: es soll aber zum größten Theil aus Eiweißstoff bestehen und einen geringen Antheil von Thon mit sich führen. Dieses alles vorausgesetzt wende ich mich nun zu der diesem sogenannten Steine zugeschriebenen Vegetations- oder Reproductions-Kraft.

In denen Wörterbüchern worin der Pietra fungaja gedacht wird, erklärt man dieselbe durch einen Tuffstein auf welchem Schwämme wachsen, und so finde ich derselben auch in Reisebeschreibungen und sonst erwähnt. Allein nach meiner Überzeugung ist das Ganze ein kryptogamisches Wesen, welches wie schon oben bemerkt, den Trüffeln und einer gewissen bey uns beobachteten Art von Lykoperden ähnlicht, welche auch unter der Erde wachsen und zu ziemlicher Größe sich ausbreiten, Wurzeln die sie nicht verdrängen können, in sich aufnehmen, und in ihrem ersten unreisen Zustande inwendig mit einer Art von derbem Fleisch ausgefüllt sind, welches jedoch sich nach und nach in ein Zerstiebendes Pulver verwandelt. Die Pietra fungaja wäre nun hievon gerade das Gegentheil, indem ihr Inneres, welches unter einer sehr zarten bräunlichen Rinde verborgen liegt, dergestalt solidescirt, daß es nicht mit Unrecht für einen Stein gehalten werden kann.

Dieser solide obschon leicht zu schabende Körper hat eine große Neigung zum Wasser, dehnt sich wie[106] gesagt sehr darin aus, und es wäre die Frage, ob dieses Ausdehnen nicht selbst als ein neues Wachstum anzusehen sey und unter den erforderlichen Umständen ein wahres Increment veranlassen könne. Allein hiedurch würde dieses Naturproduct nicht zu seinem Ruf gelangt seyn: es soll ja wirklich eßbare Schwämme, welche von dem Grundkörper abgetrennt und gleichsam geärndtet werden können, hervorbringen. Bis jetzo hat sich bey seiner durchaus vegetabilischen Natur zu erwarten steht, hat er mancherley Schimmel- und Byssosarten erzeugt; und oben auf der ihn einige Zoll hoch bedeckenden Erde ließen sich, kurz vor meiner Abreise, eben solche von mir nicht bestimmbare lichen-artig sich verbreitende Astergewächse sehen, deren Substanz durch die Erdschicht durch, bis auf die angeschwollne Pietra fungaja selbst hinunterreichte.

Eine solche secundäre Erzeugung ließ sich, wie gesagt, wohl erwarten; allein die Frage entsteht nun, ob sich wirklich eßbare Schwämme aus und auf dieser Base entwickeln werden. Bis jetzt ist davon noch keine Spur, obgleich schon mehrere Monate dieser sogenannte Stein der Erde anvertraut worden. Sobald ich wieder nach Hause komme, werde ich sowohl diesen Gegenstand abermals genauer betrachten, als auch dasjenige näher zusammenstellen, was unsre Botaniker[107] und Chemiker uns zur Erläuterung mittheilen werden.

Ew. W. sind diesem wichtigen Gegenstande um so viel näher, haben selbst davon schon hinreichende Kenntniß, und sind in dem Fall durch Ihre Bekanntschaft und Einfluß wohl solche Aufklärungen zu erhalten, wodurch das Zweifelhafte in Gewißheit verwandelt und die Auflösung des Räthsels herbeygeführt wird.

Schließlich will nicht versäumen zu bemerken, daß mir über diesen Gegenstand eine lateinische Dissertation vom Anfang des XVII. Jahrhunderts in die Hände gekommen, der ich um so mehr erwähne als sie mir Gelegenheit giebt, das Zweideutige der bisherigen Nachrichten besser ins Licht zu stellen. Gedachte Abhandlung gleicht mehrern aus dieser Zeit: man lernt manches daraus, ohne deshalb, wie man wünschte, belehrt zu werden. Der Verf. geht jedoch wie ich auch zu thun genöthigt bin, von den Trüffeln aus, zu dem Kalktuffsteine, auf welchem wirkliche Schwämme wachsen: wie ja auch wohl noch zu unserer Zeit die blutstillenden Schwämme auf einem Felsen im Meer nahe an der Insel Gozzo sich erzeugen, deren Ärndte und Vertheilung sich der Großmeister ausschließlich vorbehalten hat, um die als ein würdiges Geschenk an Könige und Fürsten betrachtet wurden. Diese Naturproducte stehen jedoch mit unsrer[108] Pietra fungaja, nach meiner Überzeugung in keinem Verhältniß. Worauf es also zunächst hauptsächlich ankommt, wäre die schon genugsam constatirte Vegetabilität unserer Pietra fungaja noch genauer zu untersuchen, um über die Art ihres eigenen Wachsthums sowohl als über die Production und Reproduction verwandter Geschöpfe entschiedner belehrt zu werden.

Nehmen Ew. W. vorstehendes als eine dankbare Erwiederung gegen die für mich unschätzbare Gabe vorläufig an, und verzeihen, daß dieser Aufsatz nicht mit der Genauigkeit abgefaßt ist, die man bey solchen Gegenständen wohl fordern kann. Er ist entfernt von dem Körper selbst und von allen andern Hülfsmitteln in der für ernste Arbeiten so wenig günstigen Curzeit verfaßt. Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken, und bleiben versichert, daß wir uns der Zeit, welche Sie unter uns zugebracht haben, mit dem größten Vergnügen erinnern, an allen was Ihnen gutes begegnet aufrichtigen Theil nehmen und die thätige Geneigtheit, welche Sie uns erhalten wollen, auf das dankbarste zu schätzen wissen. Ich schließe dieses vielleicht schon zu lange Schreiben mit der Bitte, mich mit Nachrichten, welche über diesen Gegenstand zu Ihnen gelangen sollten, gelegentlich zu erfreuen, und mit der Versichrung der vollkommensten Hochachtung, womit ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen.[109]


22/6156.


An J. von Weyhrother

[Concept.]

[Carlsbad 22. Juni.]

Ganz gehorsamstes Promemoria.

Gestern, als am 21. dieses, fuhr ich mit den Meinigen nach Schlackenwalde. Es waren unser vier, wir kehrten zum rothen Ochse ein, und genossen, nachdem wir die Werke besehen, noch dessen Werth allzusehr herabsetzen will. Genug, man that ihm sehr viel Ehre an, wenn man den Preis desselben dem der Picknicks auf dem Posthofe gleichstellen und die Person auf 9 bis 10. Gulden anschlagen mochte. Der Wirth jedoch verlangte 66 Gilden und für den Kutscher 10 Gulden, zusammen also 76 Gulden. Ich verweigerte die Zahlung und äußerte, daß ich diesen Vorfall des Herrn Kreishauptmanns Hochwohlgebornen anzeigen würde; welches hierdurch, mit Beylage der 76 Gulden, gehorsamst bewirkt wird. Es ist hierbey zu bemerken; daß nichts als das bloße Mittagessen und weder Frühstück, noch Wein, noch Caffee genossen worden. Der Kutscher erhielt für sich geringe Kost und hatte seinen Hafer bey sich.

Unterzeichneter bittet um Vergebung, wenn er mit dieser anscheinenden Kleinigkeit beschwerlich fällt. Aber es ist in diesen Tagen schon öfters zur Sprache gekommen, daß Gesellschaften, welche durch die schönen[110] Wege, die herrlichen Naturgegenstände und das gute Wetter auswärts gelockt worden, mit Verdruß über ganz unerwartete Zechen nach Hause gekehrt, und ihre gehoffte und genossene Freude vergällt worden.

Eine hohe Behörde wird auch ohne mein Mitwirken einem solchen immer mehr um sich greifenden Übel abzuhelfen wissen. Doch füge ich einen mir ausführbar scheinenden Vorschlag hier bey, in keiner andern Ansicht, als um zu zeigen, wie sehr ich wünsche, daß Carlsbad, dem ich so viel schuldig bin, bey seinem bisherigen guten Ruf von billiger Behandlung erhalten werde.


[Beilage.]

Unmaßgeblicher Vorschlag.


Das bisher in Deutschland übliche Zutrauen, daß man in einen Gasthof eingekehrt, Bewirthung verlangt und dem Wirth überläßt zuletzt die Rechnung zu machen, kann bey der gegenwärtigen Crise, bey dem Schwanken des Papiergeldes in hiesigen Gegenden wohl kaum mehr statt finden. Vom Wirthe ist nicht zu verlangen, daß er die alten Preise halte, und nicht von den Gästen, daß sie sich exorbitante neue sollen gefallen lassen.

Zu Italien, wo die Menschen einander zu trauen weniger geneigt sind, ist es durchaus hergebracht, daß man nichts in einem Gasthofe genießt, bis man seine Bedingungen gemacht hat, und es hängt von dem[111] Reisenden ab, wohlfeiler oder theurer zu leben, und man macht sich jeden Tag seine Zeche selbst.

Ist es ja auch in Carlsbad herkömmlich, daß man sein Quartier accordirt, ehe man es bezieht. Der Speisewirth schickt seine Zettel mit den Preisen, und bey Picknicks bestimmt man gleichfalls wie viel die Person zu zahlen habe, und die Gesellschaft wird darnach bewirthet. Bey allem Kauf und Verkauf findet Bieten und Wiederbieten statt. Warum sollte man sich nicht in gleichen Fall mit den Wirthen auf dem Lande und in kleinen Städten setzten können.

Mein unmaßgeblicher Vorschlag wäre daher dieser: Eine Hohe Behörde legte solchen Gastgebern in der Nachbarschaft die Verpflichtung auf, mit Personen welche entweder vorher Bestellung machen, oder welche geradezu anfahren, einen bestimmten Accord zu treffen über den Preis dessen, was man von ihnen verlange, es sey nun an Frühstück, Mittagessen, Wein, Caffee und dergleichen. Oder auch, wenn Gäste, wie hier öfters zu geschehen pflegt, etwas mitbringen, für das Absteige-Zimmer, allenfalls den Gebrauch der Küche und sonstiges. Den Gästen würde dieses bekannt gemacht, und jeder würde sich gerne darnach richten, weil die Sache sehr einfach ist. Eine hohe Behörde hätte hierdurch auch keine weitre Beschwerde, weil das Verhältniß auf einem Vertrag beruht, wo denn jedermann sich selbst vorsehen mag. Taxen haben überhaupt etwas mißliches, und sind in dem gegenwärtigen Augenblicke kaum[112] Denkbar. Auch wäre die Sache nicht neu und unerhört, sondern es erstreckte sich nur, was schon in Carlsbad gebräuchlich ist, auch über die Gegend.


22/6157.


An Moritz von Dietrichstein

Hochgeborner

Hochzuverehrender Herr Graf.

Ew. Hochgeboren haben mir durch die übersendeten Lieder sehr viel Freude gemacht, und ich hoffe, daß Herr von Genz meinen vorläufigen Dank wird gefälligst abgetragen haben. Seit fünf Wochen befinde ich mich in Carlsbad, nicht ohne Hoffnung mich Ew. Hochgeboren persönlicher Bekanntschaft bey einem längern Aufenthalt in Böhmen vielleicht irgendwo zu erfreuen.

Da ich aber gegen Erwarten dießmal gleich wieder nach Hauß zurückkehre, so verfehle ich nicht, vorher meine Erkenntlichkeit selbst auszusprechen.

Ohne daß ich im Stande bin ein Kunsturtheil über jene Compositionen zu fällen, darf ich doch soviel sagen, daß mir sowohl ihre Anmut als eine gewisse Eigenheit des Charakters sehr viel Vergnügen gemacht hat. Es gibt zu interessanten Betrachtungen Anlaß, wenn man sieht, wie der Componist, indem er sich ein Lied zueignet und es auf seine Weise belebt, der Poesie eine gewisse Vielseitigkeit ertheilt, die sie an[113] und für sich nicht haben kann; woraus denn erhellt, daß etwas Einfaches und beschränkt scheinendes, wenn es nur wirksam ist, zu den mannigfaltigsten Productionen Anlaß geben kann. Sehr angenehm würde es mir seyn, diese Lieder von dem Componisten selbst oder in seiner Gegenwart vorgetragen zu hören, weil sie dadurch gewiß nur gewinnen können.

Indessen haben unsere Sänger und Musiker sie mit viel Liebe und Aufmerksamkeit behandelt und mir dadurch manche vergnügte Stunde gemacht. Der ich in der angenehmen Hoffnung Hochdenenselben irgendwo einmal zu begegnen, mich mit der vollkommensten Hochachtung zu unterzeichnen die Ehre habe.

Ew. Excellenz

Carlsbad

ganz gehorsamster Diener

den 23. Juny

J. W. v. Goethe.

1811.


22/6158.


An N. N. in Prag

[Concept.]

Vor meiner Abreise von Weimar erhielt ich einen anonymen Brief aus Prag, datirt vom 10. April, worin mir ein junger Mann seinen Wunsch zu erkennen giebt, bey dem Weimarischen Hoftheater angestellt zu werden, und zugleich mir die Hoffnung macht, daß ich ihn vielleicht in Teplitz würde persönlich kennen lernen. Seit fünf Wochen befinde ich mich in Carlsbad; da ich dieß Jahr nicht nach[114] Töplitz sondern gerade zurück nach Weimar gehe, so will ich durch Gegenwärtiges die bisher unterlassene Antwort ertheilen, welche jedoch leider nicht jenen Wünschen gemäß erfolgen kann. Die Lage des Weimarischen Theaters ist anjetzt von der Art, daß eine Vermehrung des Personals nicht räthlich scheint. Gerade in den Fächern, in welchen sich der Ungenannte etwas zutraut, sind schon mehrere Competenten angestellt, welche sich öfters die Rollen streitig machen. Es thut mir daher leid, dieses zu melden, und würde ich bey persönlicher Bekanntschaft sowohl hierüber, als über die dramatische Kunst selbst sehr gern weitläuftiger gesprochen haben.

Gegenwärtig aber bleibt mir nichts übrig als zu wünschen, daß jenes Bestreben auf einem andern Wege möge von Glück begünstigt werden.

Carlsbad den 23. Juny 1811.[115]


22/6158a.


An Antonio Brizzi

[Concept.]

[Carlsbad, 25. Juni 1811.]

Monsieur

La lettre agréable du 10me May par laquelle Vous avez bien voulu répondre à le mienne du 3me ne m'est parvenue qu'à Carlsbade, où je me trouves[391] depuis six semaines. J'ai communiqué vos intentions à Monseigneur le Duc, qui pour le moment se porte très bien à Toeplitz. Son Altesse sera très charmée de Vous revoir à Weimar, depuis le 10. d'Octobre jusqu'au 25. Décembre; et nous promettons tous un commencement d'hiver très agréable.

Pour ce qui est de l'opéra Ginevra nous la possédons et les parties en sont déjà copiées, même distribuées; ainsi que Vous nous trouverez assez bien préparés à votre arrivée.

Voudriez Vous du reste avoir la complaisance de nous envoyer la partition et les parties de l'opéra Gli Orazj e Curiazj. Il seroit peutêtre possible de donner encore cette pièce, que Monseigneur le Duc désireroit de voir representée.

Ma petite femme est infiniment charmée de Votre souvenir; elle Vous fait ses complimens, en attendant le plaisir de Vous revoir. Je partage ce sentiment de tout mon coeur et j'ai l'honneur de me souscrire...[392]


22/6159.


An Ludwig van Beethoven

[Concept.]

[Carlsbad den 23. Juny.]

Ihr freundliches Schreiben, mein werthschätztester Herr, habe ich durch Herrn von Oliva zu meinem großen Vergnügen erhalten. Für die darin ausgedrückten Gesinnungen bin ich von Herzen dankbar und kann versichern, daß ich sie aufrichtig erwiedre: denn ich habe niemals von Ihren Arbeiten[115] durch geschickte Künstler und Liebhaber vorgetragen hören, ohne daß ich gewünscht hätte Sie selbst einmal am Clavier zu bewundern und mich an Ihrem außerordentlichen Talent zu ergetzen. Die gute Bettine Brentano verdient wohl die Theilnahme, welche Sie ihr bewiesen haben. Sie spricht mit Entzücken und der lebhaftesten Neigung von Ihnen, und rechnet die Stunden die sie mit Ihnen zugebracht, unter die glücklichsten ihres Lebens.

Die mir zugedachte Musik zu Egmont werde ich wohl finden, wenn ich nach Hause komme, und bin schon Voraus dankbar: denn ich habe derselben bereits von mehrern rühmlich erwähnen hören; und gedenke sie auf unserm Theater zu Begleitung des gedachten Stückes diesen Winter geben können, wodurch ich sowohl mir selbst, als Ihren zahlreichen Verehrern in unserer Gegend einen großen Genuß zu bereiten hoffe. Am meisten aber wünsche ich Herrn von Oliva recht verstanden zu haben, der uns Hoffnung machte, daß Sie auf einer vorhabenden Reise Weimar wohl besuchen könnten. Möchte es zu einer Zeit geschehen, wo sowohl der Hof als das sämmtliche musikliebende Publicum versammelt ist. Gewiß würden Sie eine Ihrer Verdienste und Gesinnungen würden Sie eine Ihrer Verdienste und Gesinnungen würdige Aufnahme finden. Niemand aber kann dabey mehr interessirt seyn als ich, der ich mit dem Wunsche recht wohl zu leben, mich Ihrem geneigten Andenken empfehle und für so vieles Gute,[116] was mir durch Sie schon geworden, den aufrichtigsten Dank abstatte.


22/6160.


An Carl Friedrich Zelter

Ehe ich von Carlsbad abreise, welches dießmal früher als gewöhnlich geschieht, um meinen Weg wieder sogleich nach Hause zu nehmen, will Ich Ihnen, mein theurer Freund, für Ihren unterm 25. May an mich abgesendeten Brief zum allerschönsten Dank gesagt haben. Ich hatte wenig oder nichts von unsern guten Wolffs gehört; desto angenehmer war mir die Nachricht, daß es diesem talentlosen Ehpaar auch in Berlin gut gehe. Bis auf einen gewissen Grad ließ es sich wohl voraussehen; doch hängt es auf der Bühne nicht immer von dem Talent ab, sondern von gar viel andern Zufälligkeiten, und überhaupt muß man doch immer einen Schauspieler erst gewohnt seyn bis man seine Vorstellungen recht genießen und billig beurtheilen kann. Haben Sie vielen Dank, daß Sie sich dieser mir so werthen Personen treulich und freundlich angenommen.

So möge Ihnen denn auch auf irgend eine Weise belohnt werden, was Sie an der Pandora thun. Wenn ich den Antheil hätte voraus sehen können, den Sie an dieser Arbeit nehmen; so hätte ich den Gegenstand anders behandelt und ihm das Refractaire, was er jetzt für die Musik und für die Vorstellung[117] hat, zu benehmen gesucht. Nun ist es aber nicht anders. Fahren Sie fort, wie es Ihnen gemüthlich ist, und ich will sehen, ob ich an die Ausführung des zweyten Theils kommen kann. Ausgedacht und schematisiert ist alles. Allein die Gestalten selbst sind mir etwas in die Ferne getreten und ich verwundre mich wohl gar über die Titanischen Gestalten, wenn ich in den Fall komme, wie mir gestern geschah, etwas daraus vorzulesen.

Mögen Sie auf Ihrem Wege nach Schlesien alle harmonischen Geister begleiten und Ihr thätiges Ausharren durch geziemende Wirkungen belohnt werden: denn wahrhaftig, wenn man bedenkt, wie wenig die Welt Ihrem schönen und edlen Thun geantwortet hat, so darf man es wohl unziemlich nennen. Auf Ihrem gehofften Rückweg durch Böhmen finden Sie mich freylich nicht. Die vier letzten Monate, ja die fünf des Jahrs versprechen für Weimar sehr lebhaft und, wills Gott, glücklich zu seyn. Im August erwarten wir die Niederkunft der Hoheit; im September Ifflands, und im October Brizzi's Wiederkunft. Leider komme ich mir in allen diesen Fällen wie eine Doppelherme vor, von welcher die eine Maske dem Prometheus, die andere dem Epimetheus ähnlicht, und von welchen keiner, wegen des ewigen Vor und Nach, im Augenblick zum Lächeln kommen kann.

Carlsbad ist jetzt belebt genug. Für dießmal hat es für mich eine eigene Physiognomie gehabt. Weil[118] meine Frau hierherkam und die Equipage bey sich hatte, dadurch bin ich ins Freyere und Weitre gelangt, mehr als die letztern Jahre, und habe mich auch an der Gegend und an Ihren Inhalt wieder frisch ergetzt, weil ich sie mit mit frischen Personen, die über gar manches in ein billiges Erstaunen geriethen und sich sehr wohl gefielen, durchwandern konnte.

Himmel ist seit einigen Tagen hier und obgleich leidend, doch immer der alte; lustig, mittheilend, und durch sein Spiel auch die rohsten Instrumente verbessernd. Ich habe ihn immer zu wenig gehört und gesehen; und komme wegen seiner lustigen Lebensart nicht viel mit ihm zusammen; aber doch ist mir diese eingefallen, ob ich nicht die Maxime, Übersetzungen, Triebe oder wie Sie es selbst nennen wollen, wonach er sich bey seinen Compositionen lyrischer Gedichte richtet, oder von denen er geleitet wird, herausbringen könnte. Es scheint mir nicht unmöglich und glaube ziemlich auf dem Wege zu seyn; aber es geht mir doch zu viel ab, als daß ich damit so leicht fertig werden könnte. Mögen Sie mich gelegentlich darüber aufklären, so erzeigen Sie mir eine Liebe. Nun leben Sie recht wohl, und wenn Sie mir vor Ihrer Abreise von Berlin noch ein Wort sagen mögen, so geschähe es direct nach Weimar.

Carlsbad den 26. Juny 1811.

G.[119]


22/6161.


An Sulpiz Boisserée

In diesen Letzten Tagen meines Hierseyns habe ich immer auf Ihre Ankunft gehofft, welche mir ein Brief aus Dresden versprach. Leider muß ich abreisen, ohne Sie länger erwarten zu können.

Durch Gegenwärtiges melde ich nur soviel, daß der Brief des Herrn Gesandten von Reinhard erst hier bey mir angelangt. Ich habe ihn nach Weimar erst an Herrn Legationsrath Bertuch zurückgeschickt, in der Überzeugung daß derselbe den Ort Ihres Aufenthalts am sichersten wissen werde. Ich habe auch hiervon dem Herrn Gesandten Nachricht gegeben. Ich hoffe der Brief wird nunmehr in Ihren Händen seyn.

Daß Sie einen tüchtigen Kupferstecher für die bedeutende Platte gefunden, ist mir sehr angenehm. Ich wünsche, daß soviel Menschen als möglich die Freude und das Interesse theilen, die uns Ihre Bemühungen versprechen. Möge Ihre Beharrlichkeit alle die Hindernisse überwinden, welche der Augenblick solchen Unternehmungen entgegensetzt.

An einer öffentlichen Empfehlung von meiner Seite soll es nicht ermangeln; nur bitte ich um einige Zeit, damit sie am rechten Fleck stehen könne. Mit Tages-, Wochen- und Monatsblättern bin ich außer aller Verbindung, und diese haben die böse Art, daß sie sehr oft die höchsten Worte, mit denen nur das[120] Beste bezeichnet werden sollte, als Phrasen anwenden, um das Mittelmäßige oder wohl gar Geringe zu maskiren. In solcher Gesellschaft thut ein bestimmtes vernünftiges Wort nicht seine rechte Wirkung. Doch soll, wie gesagt, was ich Ihnen schuldig zu seyn glaube, nicht ausbleiben.

Wie dem guten Cornelius zu helfen sey, sehr ich nicht so deutlich. Wie hoch schlägt er seine Zeichnungen an? und wen sich kein Verleger dazu findet, um welchen Preis würde er sie an Liebhaber verlassen?

Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit wissen, wie es mit Ihnen und Ihren Unternehmungen vorwärts geht. Leben Sie recht wohl und bleiben Sie meines aufrichtigen Antheils versichert.

Carlsbad den 26. Juny 1811.

Goethe.


22/6162.


An den Herzog Carl August

Carlsbad, den 27. Juny 1811.

Ew. Durchlaucht

gnädiges Schreiben hat mein Bedauern über den unserer geliebten und verehrten Herzogin begegneten Unfall erneuert und vermehrt; ich hatte von den hier angelangten Weimaranern das allgemeine vernommen. Möge die Hoffnung, die man uns giebt, in ihrem ganzen Umfange bald realisirt werden! – Dergleichen[121] Unfälle führen Einen immer auf die Betrachtung, daß es so viel zufälliges Unglück, so wenig zufälliges Glück gebe, und daß wir deshalb wohl Ursache haben, an den unvergänglichen Gütern der Liebe, Neigung und Freundschaft festzuhalten.

Ew. Durchlaucht sind nun ohne Zweifel von guter und unterhaltender Gesellschaft umgeben. Carlsbad hat sich sehr angefüllt; indeß die erste Generation sich schon wieder zum Schreiben vorbereitet, werden immer neue Gäste angemeldet und antrompetet. In den Sälen giebt es allerley Picknicks; gestern hab' ich einem sächsischen beygewohnt.

Eine Partie nach Schlackenwalde hat mir viel Vergnügen gemacht. Es war mir interessant, einen so wichtigen und seltnen Naturpunkt auch nur oberflächlich zu betrachten. Das Vorkommen des Zinns wird wohl immer den Geologen wo nicht ein Räthsel doch gewiß ein Zankapfel bleiben.

Wenn Friedrich Schlegel's Vorlesungen über die neuere Geschichte Ew. Durchlaucht noch nicht zu Händen gekommen sind, so will ich sie empfohlen haben. Man könnte das Buch für eine Parteyschrift halten; aber es ist trefflich gedacht und geschrieben, mit so schöner Kenntniß als Umsicht. Es treffen bey ihm so manche Eigenschaften und Umstände zusammen, die ein solches Werk möglich machten.

Einige merkwürdige Bekanntschaften habe ich gemacht, zwar nur vorübergehende, aber genugsam belehrende.[122] Wichtig genug ist es, was man von solchen Männern erfährt, wenn es nur einigermaßen erfreulicher wäre.

Morgen früh denke ich, hier abzugehen und den July in Jena zu verweilen. Hoffentlich finden Ew. Durchlaucht bey Ihrer Rückkehr die bisher zerstreuten und leider nur zu oft umgestellten Sachen an einem bequemen und geräumigen Ort beysammen. Auch wird ja wohl die Wohnung fertig und bereit seyn, Sie aufzunehmen.

Mögen Sie gestärkt und von so manchen Übeln befreyt zu uns zurückkehren. Freylich muß man sich immer nach einer solchen Brunnen- und Bade-Kur gestehen, daß man nicht von der fontaine de jouvence zurückkommt.

Mit den aufrichtigsten und lebhaftesten Wünschen für Ihr Wohl empfehle ich mich zu fortdauernden Hulden und Gnaden.


22/6163.


An Johann Georg Lenz

Wenn Ew. Wohlgebornen gegenwärtiges erhalten, werde ich Sie schon in Jena begrüßt haben. Ich bemerkte also nur hier kürzlich, daß ich das Kästchen Carlsbader Mineralien am 27. Juny an Herrn Joseph Becher dahier übergehen habe.

Das Beste wünschend

Carlsbad den 27. Juny 1811.

Goethe.[123]


22/6164.


An Chevalier O' Hara

[Concept.]

[Schleiz 30. Juni.]

Voila, mon très cher et très digne ami, un mot de Schleiz comme le voyageur l'a promis. Je ne dis rien de tout ce qui s'entend de soi même; mais je ne manque pas de Vous avertir de ce concerne la route d'ici à Jena.

Quand on arrive ici avec la poste, il faut partie avec elle, et c'est alors qu'on fait le chemin détestable d'ici à Neustadt, et de Neustadt à Jena. Pour trouver un chemin meilleur par Podelwitz, on prend des chevaux de louage, parceque le maître de poste n'ose pas dépasser la station de Neustadt. Mais alors on ne pourroit pas partir d'ici avant les 24 heures sans son consentiment.

Pour moi j'ai su me le procurer; mais il m'a été impossible d'obtenir la même permission pour un cas futur. Je ne pourrois donc conseiller à Madame de Comtesse à la quelle vous aurez la bonté de payer mes respects, que d'aller tout droit à Schleiz à gagner quelque argent par les chevaux qu'il nourrit toute l'année. C'est pour cela qu'il fera tout son possible à faire partir Madame, comme elle le souhaite. Mais toujours il faudroit que quelqu'un de la part de Madame allât conjointement avec l'aubergiste pour persuader le[124] maître de poste. La chose paroit un peu incommode, mais il vaut toujours mieux de faire quelques demarches, que de passer par Neustadt, ou de rester 24 heures à Schleiz. Toujours si le maître de poste étoit inflexible, c'est ce que je ne crois pas, je conseillerois de se reposer à Schleiz et de passer son tems le mieux possible plustôt, que de s'aventurer sur les chemins les plus mauvais de Allemange.

Pardonnez, mon cher ami, la prolixité de mon mémoire. Ce n'est que pour remplir mou devoir vis à vis de Vous et d'une Dame vénérable que je compte d'avoir l'honneur de revoir à Weimar. Vous aurez la bonté de remettre l'incluse à ma petite femme, qui en partant de Carlsbade n'aura d'autre regret que de s'être toujours trouvée dans nécessité de Vous parler par interprête.


22/6165.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchl.

von meiner Ankunft in Jena schuldige Nachricht zu geben, versäume ich um so weniger als ich mir eine Gelegenheit darbietet das Gegenwärtige durch Jenaische Curgäste in Ihre Hände zu bringen.

Gute Nachrichten von Wilhelmsthal habe ich hier gefunden und bin dadurch von einer sehr beschwerlichen letzten Tagreise wieder glücklich hergestellt worden. Die sonst leidlichen Wege über Pöseneck[125] waren von Gewitterfluthen äußerst zerrissen und stellenweise grundlos, so daß ich mich gegenwärtig auf ebenem und festen Boden sehr glücklich fühle.

Eben als ich ankam war die militärische Verlosung geschehen. Die Jenenser sind ein lustig Völckchen, sie haben die Sache ziemlich leicht genommen und sich ausgebeten Abends den Vorgesetzten ein Ständchen zu bringen, welches denn auch mit kriegerischer Music geschehen. Da es nun dabey mit den Studenten Händel gab welche den ci devant Knoten eine solche Ehre nicht gönnen wollten; so haben diese sich knotig erwiesen und zugleich wirklich gesetzt und verständig, daß sie aus dieser ersten Affaire mit allen Ehren hervorgegangen sind.

Über der Reitbahn sieht es noch etwas wild aus, doch hoffe ich in kurzer Zeit in Ordnung zu kommen. Doebereiners Laboratorium und Hörsälchen sieht desto artiger und reinlicher aus.

Die Vegetation in der Gegend ist ganz herrlich und das Saalthal will mir gar viel lustiger vorkommen, als der düstre Ellenbogener Kreis, ob wir gleich diesem seine Verdienste nicht schmälern wollen.

Für das Grummet ist seit einigen Tagen der Regen sehr willkommen, wie überhaupt die Pflanzenwelt nicht leicht der Feuchtigkeit genug hat. Mit dem botanischen Garten hoffe ich werden Ew. Durchlaucht. zufrieden seyn.

[126] Nun hoffe ich bald zu vernehmen daß das Töplizer Bad seine vollkommen wohlthätige Wirckung äussert, ob man gleich erst hinterdrein sich davon überzeugen kann. Diese Curen mit der sie begleitenden Lebensart bringen doch immer eine Art von Fieber hervor von dem man sich erst zu erhohlen hat um zu fühlen daß man wircklich besser geworden.

Der Herr v. Schömberg-Roth Schömberg ein kleiner muntrer Mann den Ew. Durchl. kennen wird in Töplitz aufwarten. Er hat Skizzen und Zeichnungen nach der Natur die ein gewisser Wehle von Bauzen auf einer Reise nach Persien gefertigt, die höchst interessant sind, und wird sie vorlegen. Auf dem noch übrigen kleinen Raume die größte Anhänglichkeit Ergebenheit und Verehrung betheurend

Jena d. 6. Juli 1811.

Goethe.


22/6166.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Auf der 145. Seite des zweyten Bandes von Thibauts Pandekten in der Note a) steht eine Dissertation angeführt:

J. C. Goethii Electa de aditione hereditatis. Giessen, 1803.

Ist dieses letzte nicht ein Druckfehler? Es scheint mir die Dissertation meines Vaters zu seyn, welche in das zweyte Viertel des vorigen Jahrhunderts fällt.

Jena den 7. Juli 1811.

Goethe.[127]


22/6167.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Wohlgebornen sorgfältigen Brief vom Anfange dieses Monats erhalte ich in Jena, da ich soeben von Carlsbad zurückkomme, und eile um so mehr denselben zu beantworten, als ich noch auf einen im April eingegangenen eine Erwiederung schuldig bin.

Vor allen Dingen übersende ich die ausgefüllte und unterzeichnete Declaration, damit der schuldige Abtrag sogleich geschehen könne.

Sodann danke ich gar sehr für die übersendete Rechnung und bitte dasjenige, was mir theils nach derselben, theils noch bis Michael zu Gute kommt, in Ducaten umsetzen; nur muß ich wünschen, daß sie vollkommen vollwichtig seyen. Mit der Übersendung derselben hat es keine Eile, und wir können das Weitre darüber verabreden.

Die Bescheinigung wegen der Documente, die Ew. Wohlgebornen noch in Händen haben, liegt gleichfalls bey. Was diesen Punct betrifft, so habe ich Ihnen abermals für Sorgfalt, Ordnung und Aufmerksamkeit gar sehr zu danken. Was Sie wegen des Ochsischen Capitals verfügt, hat meinen völligen Beyfall.

[128] Die Subsciptions-Anzeige der Riepenhausen will ich zu befördern suchen. Ich habe schon seit mehreren Jahren aufrichtigen Antheil an den Talenten und dem Lebensgange dieser geschickten Künstler genommen. Ihr Herr Bruder scheint freylich ungern von Rom wegzugehen und ich kann es ihm nicht verdenken. In ein solches Leben kehrt man nicht wieder zurück.

Das Gesuch des Herrn von Leonardo hat leider keine Gewährung gefunden. Nach dem Tode des Herrn von Riese hielt man für räthlicher die Stelle unbesetzt zu lassen, da sie vorher nicht bestanden hatte, und in der gegenwärtigen Lage der Dinge eine solche Mittelsperson nicht gerade nöthig schien.

Ob Herr Lohmeyer aus München während meiner Abwesenheit durch Weimar gereift, habe ich gegenwärtig bin, so werde ich ihn freundlich aufnehmen.

Die nähere Bekanntschaft mit Herrn Boisserée, seinen Arbeiten und Bemühungen ist mir sehr angenehm und nützlich gewesen. Er machte mir Hoffnung, daß ich ihn in Carlsbad wieder sehen würde, wohin er von Dresden aus zu gehen sich vorgesetzt hatte; allein ich mußte leider abreisen, ohne ihn erwarten zu können. Grüßen Sie ihn vielmals wenn es bey Ihnen durchgeht und sagen ihm viel Schönes von mir.

[129] Herr Cornelius danken Sie für seinen Brief und sagen ihm, daß mir jedes Zeichen seiner Neigung und seines Andenkens willkommen seyn wird. Ich hätte gewünscht, er wäre persönlich dabey gewesen, um zu erfahren, wie gut seine Zeichnungen aufkommen worden. Ich habe mich in seine Zeichnungen aufgenommen worden. Ich habe mich in dem Briefe an ihn nur mäßig ausgedruckt, wie man im Schreiben billig thun soll; ich wünschte aber, wie gesagt, daß er sich in der Gegenwart des Enthusiasmus hätte erfreuen können, den seine Arbeiten erregt haben.

Des Herrn Professor Textor in Thübigen werde ich nicht ermangeln gehörigen Orts zu gedenken.

Für die übersendeten Notizen danke ich gleichfalls zum allerschönsten. Frau Melder und den übrigen Mittheilenden bitte mich dankbar zu empfehlen. Über die Hauptsache d.h. über den Zweck wozu ich sie gewünscht habe, werde ich mich nächstens umständlich äußern können. Würden Sie mir wohl das Notizenbuch Ihres Herrn Vaters auf kurze Zeit communiciren? Es ist mir mehr um einen chronologischen Anhalt, las um andre Nachrichten zu thun; doch bitte ich wenn Sie irgend ein Bedenken tragen diesen Wunsch als nicht geäußert betrachten.

Da bey dieser Gelegenheit manche Frankfurter Alterthümlichkeiten zur Sprache kommen, und Personen, die sich dafür interessiren, Eins und das Andre mit Augen schauen möchten; so frage ich an. ob Sie mir nicht einen ehmaligen Frankfurter Raths-Calen der,[130] wie man ihn an die Wand hing, mit den Wappen der sämmtlichen Rathsglieder verschaffen könnten. Nicht weniger wünschte ich einen hölzernen Becher und Stäbchen, wie sie dem Schultheiß beym Pfeifergericht von den Abgeordneten der Städte überreicht wurden, zu erhalten. Vielleicht finden sich auch noch ein paar Handschuhe von dieser Ceremonie. Wie steht es überhaupt mit derselben, wird sie noch beobachtet, oder ist sie mit so manchen andern verschollen?

Soviel für dießmal. Der ich mich zu freundschaftlichem Andenken bestens empfehle

Jena d. 10. Jul. 1811.

J. W. v. Goethe.


22/6168.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

sende die anvertraute Recension mit vielem Danke zurück, es war mir immer angenehm zu sehen, mit wie viel Aufmerksamkeit der Verfasser meinen Bemühungen gefolgt ist.

Mögen Sie die beyliegende Ankündigung publiciren, so werden Sie ein paar braven Künstlern und meinen Freunden eine Gefälligkeit erzeigen.

Mich bestens empfehlend

Jena den 17. Juli 1811.

Goethe.[131]


22/6169.


An Anton Genast

Zuvörderst danke ich Ihnen, mein lieber Herr Genast, für die Nachrichten, die Sie mir gegeben, wie es mit unserer guten Gesellschaft bisher gestanden. Ich habe alles, was sich auf sie bezieht, immer im Sinne, und überzeuge mich deshalb nur an wenigen Worten, wie es mit unserer Sache steht.

Was Lauchstädt betrifft, so werden Sie daselbst thun, was nöthig und schicklich ist. Es ist zu hoffen, daß Halle auch uns zum Vortheil der dortigen beytragen, und solche Verhältnisse, wo beyde gewinnen, immer die besten sind. Ich schicke auch deswegen einen Prolog, den ich mir in meinen gegenwärtigen Zeiten und Umständen gleichsam abgespart habe. Ich hoffe, daß er seine gute Wirkung thun soll. Neben dem Gedicht selbst und in dem Context desselben sind mit rother Tinte Bemerkungen gemacht, welche die Schauspielerinn im eigenen Nachdenken über den Vortrag bestärken können. Denn freylich läßt sich sehr wenig schreiben über das was lebt oder belebt werden muß. – Soviel ich übersehen kann, sind alle Verhältnisse in dieser kleinen Rede berücksichtigt; aber ich ersuche Sie, das Manuscript geheim zu halten, und Niemand, unter welcher Bedingung es auch sey, eine Abschrift zu gestatten. Da jedoch nicht leicht Jemand beym ersten[132] Mal Hören das Einzelne faßt und man nachher Abschriften verlangen und machen wird, diese aber immer sehr incorrect und unschicklich ausfallen: so habe ich mich entschlossen, den Prolog hier abdrucken zu lassen, und Ihnen eine genugsame Anzahl Exemplare zuzusenden, die hoffentlich nach vor Ihrem förmlichen Einzug nach Halle eintreffen sollen.

Haben Sie Dank für die gute Art, womit Sie bisher dornige Geschäft fortgeführt; ich hoffe daß wenn wir im September wieder zusammenkommen, alles zur allgemeinen Zufriedenheit sich werde gefügt haben. Ich wünsche, daß Sie mit den Ihrigen sich recht wohl befinden mögen. Sagen Sie mit den Ihrigen sich recht wohl befinden mögen. Sagen Sie der sämmtlichen Gesellschaft meine besten Grüße. Ich wünsche nichts mehr, als sie alle gesund und in ununterbrochener Thätigkeit wieder in Weimar zu sehen.

Jena den 22. July 1811.

Goethe.


N.S. Schreiben Sie mir durch den rückkehrenden Boten, wie es Ihnen bisher gegangen ist, und was Sie für Aussichten haben. Auch melden Sie mir den Tag, wann Sie in Halle den Prolog geben werden und was für ein Stück dazu.

Der Bote erhält einen Laubthaler, wie schon auf dem Couvert steht. Was Sie ihm sonst zu Gute thun wollen hängt von Ihnen ab.

Inliegendes geben Sie Herrn Wolff mit einem Gruße.[133]


22/6170.


An Pius Alexander Wolff

[Concept.]

Vor allen Dingen, mein lieber Wolff, muß ich Ihnen für die Nachrichten danken, wie Sie mir von Berlin gegeben; sodann für die Mittheilung des Briefs den Ihnen Robert zugesendet.

Mündlich wünsche ich gar sehr das Einzelne zu hören, und mag überhaupt gerne hoffen, daß zwar auswärts alles zu Ihrer Zufriedenheit abgelaufen sey; daß Sie aber auch wieder eben so gern zu uns in Ihre früheren Zustände zurückkehren.

Wegen des Prologs, den Ihre liebe Frau, die ich schönstens grüße, in Halle nach Ihrer Art und Kunst glücklich recitiren wird, und welcher mit dem gegenwärtigen an Herrn Genast abgeht, habe ich nichts mehr zu sagen, indem er theils schon selbst klar genug ist, theils aber auch durch gewisse Bemerkungen sowohl in Worten als Zeichen, einige Nachhülfe mit sich geführt. Ich brauche nicht zu sagen, daß unsere gute Wolff, wenn sie diesen Monolog von einiger Breite für sich durchstudirt, alle Gelegenheit finden, die durch die Natur ihr gegeben und durch die Übung erworbenen Mittel auch hier anzuwenden und zu gebrauchen. Ich wünsche nichts, als daß sie große Gelassenheit und Ruhe haben möge, alles gehörig zu entwickeln: denn leider spricht sich so etwas[134] nur einmal, und um desto richtiger und stärker soll man es ausprägen.

Indem dieses geschrieben ist, so kommt mir denn doch die Lust noch einige Bemerkungen aufzusetzen. Ich wünschte sie läße solche erst wenn sie sich selbst schon den Prolog durchgedacht und auf ihre eigene Weise vergegenwärtigt hat. Mit Worten aus der Ferne läßt sich in solchen Dingen selten das Rechte wirken.

Leben Sie recht wohl, und lassen Sie mich hoffen, Sie gesund und vergnügt in Weimar wiederzusehen. Von rechtswegen sollten wir diesen Winter wieder etwas Unerhörtes unternehmen; doch was muß man sich gerade nicht vornehmen. Leben Sie recht wohl.

Jena den 22. July 1811.


22/6171.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgebornen

ersuche, mir das Werk des russischen Berghauptmanns Herrmann zu übersenden. Ihro Kaiserliche Hoheit die Erbprinzeß tragen Verlangen, es zu sehen. Ich wünsche zu vernehmen, daß Sie sich recht wohl befinden. Wenn indessen etwas Neues angekommen, so haben Sie die Gefälligkeit es mir anzuzeigen.

Weimar den 3. August 1811.

Goethe.[135]


22/6172.


An Christian Gottfried Körner

Von Carlsbad bin ich dießmal mit schwerem Herzen abgereist, da mir, werthester Freund, Ihre nahe Ankunft gemeldet war, allein der peremptorische Termin, der mich aus meinem Quartiere trieb, war erschienen, und ich mußte wohl Platz machen.

Dagegen hat mich Frau Hofrath Schiller mit dem biographischen Aufsatz desto mehr erfreut. Mir scheint diese schwere Aufgabe sehr gut gelöst. Die ganze Lebensreihe unsres verewigten Freundes entfaltet sich leicht und angenehm vor dem Gemüthe, und es ist sehr glücklich, daß Sie ihn meistens konnten selbst reden lassen. Das heitre Bewußtseyn, wie er mit freyen Zügen seine jedesmaligen Zustände schildert, ist wirklich erquickend und aufregend, und es wäre dem nächsten Freunde und genausten Beobachter nicht möglich, ihn so angemessen darzustellen, als er es hier selbst thut. Ich wüßte nichts hinzu zu setzen noch davon zu thun: es ist alles hübsch aus Einem Gusse, fließt gemächlich vor sich hin und nimmt uns zur Theilnahme mit sich fort. Haben Sie von meiner Seite recht vielen Dank. Komme ich je an die Schilderung meines Verhältnisses zu ihm, so finde ich in diesem Ihren Aufsatze den schönsten Anlaß zu einer weitern Ausführung von manchem das hier nur mit leichten aber doch so sichren Umrissen angegeben ist.

Auch bey der Ordnung, die Sie gewählt haben,[136] um die Werke unsres trefflichen Freundes darnach herauszugeben, wüßte ich nichts zu erinnern. Da die Arbeiten desselben so in einander greifen, indem er meist nur durch innern Anlaß dazu getrieben wurde; so läßt sich so eine chronologische Ordnung gar wohl denken, und es wird gewiß durch Ihre Bemühung dieser Zusammenhang recht deutlich hervorgehen.

Wie leid thut es mir, daß ich nicht mündlich über das Einzelne dieses Sommers, Sie und die lieben Ihrigen in Carlsbad kennen gelernt zu haben. Wir empfehlen uns beyde zum schönsten und hoffen nichts so sehr, als einmal in dem schönen Dresden einen Besuch abzustatten, oder Sie hier bey irgend einem günstigen Anlaß in Weimar zu sehen. Leben Sie recht wohl und erhalten mir ein freundschaftliches Andenken.

Weimar den 4. August 1811.

Goethe.


22/6173.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

letzter Verabredung gemäß haben wir die Windischmannische Recension nochmals in Betrachtung gezogen und wohl überlegt, ob man etwa, wie Sie wünschen, durch eine Anfuge der Sache eine gewisse Wendung geben könnte. Leider aber hat es sich nicht[137] machen wollen. Denn sollte man sich nicht zu einem Aufsatze entschließen, bey welchem der Verfasser des Werks seinen Einfluß allenfalls eingestehen dürfte; so würde man darin nothwendig zu berühren haben, wie sich Freunde sowohl als Widersacher bisher benommen, und hierzu, wie ich gern gestehe, scheint es mir noch nicht Zeit. Man muß wohl abwarten, inwiefern diese Arbeit sich selbst Raum macht, und inwiefern sich Männer finden welche dem Gegenstand durch einige Jahre, sowohl experimentirend als theoretisirend, die gehörige Aufmerksamkeit widmen, und das Ganze in seinem Zusammenhange betrachten wollen. Alsdann wird man die Bequemlichkeit und Nutzen die Stimmen sammlen können; es wird sich beurtheilen lassen, wo die hauptsächlichsten Hindernisse liegen und ob wirklich gewisse Menschen das Einfachste einzusehen nicht im Stande sind, oder inwiefern böser Wille und Vorurtheil sie umnebeln. Sehr ungern sende ich daher das mir mitgetheilte Manuscript zurück und führe zu meiner Entschuldigung noch zum Schlusse dieses an, daß ich auch hier wohlzuthun glaube, wenn ich auf meine alte Weise verfahre und den Wirkungen der Zeit nicht vorgreife.

Ich empfehle mich bestens und wünsche immer zu vernehmen, daß Sie Sich wohl befinden

Mit vorzüglicher Hochachtung

Weimar den 4. August 1811.

Goethe.[138]


22/6174.


An von Putz

[Concept.]

[Weimar, 5. ? August.]

Hochwohlgeborner,

Insonders hochgeehrester Herr,

Ew. Hochwohlgeboren haben bey meinem Aufenthalt in Carlsbad so manche Gefälligkeit gehabt, daß ich mir schmeichle Sie werden mir solche auch in einer Angelegenheit erweisen, die für mich von einiger Bedeutung ist. Ich habe nämlich unterm 5. Juny einen Brief an Herrn Sulpice Boisserée nach Weimar mit der Bemerkung: bey Herrn Legationsrath Bertuch abzugeben, in Carlsbad auf die Post geben lassen. Es ist derselbe aber, wie ich bey meiner Ankunft vernehme, hier nicht angekommen.

Wollten Ew. H. deswegen die Güte haben in Ihren Verzeichnissen nachsehen zu lassen, auf welchem Wege dieser Brief von dort abgegangen, und sowohl durch einen Laufzettel demselben nachzuführen, als auch mir davon einige gefällige Nachricht zu geben.

Unter dem 6. sind auch einige Briefe von mir auf die Post gekommen, einer nach Mailand, ein anderer nach Cassel. Jener aber ist bey mir wie gesagt unter dem 5. notirt. Ich bitte wiederholt um die mir zu erzeigende Gefällligkeit, und wünsche zugleich zu erfahren, daß Sie sich recht wohl befinden.

Der ich die Ehre habe ich mich mit besonderer Hochachtung zu unterzeichnen.[139]


22/6175.


An Sara von Grotthuß

Weimar den 6. August 1811.

Nur mit wenigen beantworte ich, wertheste Freundinn, Ihren lieben Brief von Töplitz. Er beruhigt mich zwar nicht über den Zustand Ihrer trefflichen Schwester; aber doch war mir ein Lebenszeichen von Ihnen höchst erwünscht. Mein Sommer ist mir froh und glücklich genug vergangen; hätte ich nur von Freunden, denen ich so innig verbunden bin, bessere Nachrichten vernehmen können; ja damit das Schlimmere zum Schlimmen komme, waren auch die trüben Berichte nur unbestimmt, wodurch sich das Zweifelhafte meines Zustandes nur vermehrte.

Die Hauptsache warum ich nicht nach Teplitz ging, war die, daß mir das Baden in Carlsbad dieses Jahr außerordentlich wohlgethan, und ich eine Reise, die mich Weiter von Hause führte, für unräthlich finden mußte. Daß ich Sie in Teplitz zu sehen hoffte und mir mancherley Lust und Gutes davon versprach, davon ist ein kleiner Stier von Erz Zeuge, den ich schon hatte hinschaffen lassen, in der Absicht, durch Ihre Vermittlung dasjenige dieß Jahr in Dux tauschweise zu erlangen, was voriges Jahr sich durch Schenkung nicht wollte erhalten lassen. Wie viel anders wäre noch wünschenswerth gewesen, theils in der Wirklichkeit, theils in der Erinnerung zu wiederholen.

[140] Wir empfehlen uns Ihrem freundschaftlichen Andenken aufs angelegentlichste, lassen Sie bald etwas von sich und Ihrer theuren Schwester vernehmen und bleiben meiner aufrichtigen Anhänglichkeit versichert.

G.


Ich lege das Neuste vom Jahr bey, einen Prolog, der heute in Halle bey dem Antritt unserer Schauspielergesellschaft daselbst gehalten wird. Möge es Ihnen in Töplitz nicht an guter geselliger Würze fehlen. Sie führen sie zwar immer bey sich, aber es ist doch auch wünschenswerth, daß uns einiges erwiedert werde.

Ihrem Gemahl meine besten Empfehlungen.


22/6176.


An Carl Bertuch

Weimar den 8. August 1811.

Ew. Wohlgebornen

übersende hierbey eine Anzahl Kupfer von Testa, welche bisher bey mir gelegen, aber in die Fernowsche Verlassenheit gehören. Auch ist mir beym Aufräumen noch ein ander Portefeuille wieder in die Hände gekommen, welche ich gleichfalls gern abgeben möchte. Es hat nämlich Herr Tauchnitz in Leipzig mir vor geraumer Zeit die Sammlung Zinkischer Kupferstiche, wie sie in seinem Verlage herausgekommen, zugeschickt, in der Absicht, daß sie etwa bey unsern gnädigsten Herrschaften[141] angebracht werden möchten. Dieses Portefeuille hat den 14. October 1806 bey mir überstanden und ist nachher bey Seite geschoben worden. Vielleicht stehen Ew. Wohlgebornen mit Herrn Tauchnitz in Connexion und deswegen bey ihm an. Ich würde es gern sodann zustellen. Mich bestens empfehlend

Goethe.


22/6177.


An Sulpiz Boisserée

Wenn ich nur irgend eine Möglichkeit sähe, in diesem Spätjahr Weimar zu verlassen und Sie in Ihrer herrlichen Gegend zu besuchen, so würde ich mit meiner Antwort zaudern und die Hindernisse zu beseitigen suchen; aber da ich mir keine Illusion machen kann, und für dießmal an meinen Wohnwort gefesselt bin, so will ich lieber gleich schreiben, wie Sie es wünschen, weil Sie Ihre Einrichtung darnach zu machen haben.

Daß es mir sehr leid gethan, Sie in Carlsbad nicht mehr erwarten zu können, davon werden Sie überzeugt seyn. Denn da ich nicht immer jungen Männern, welche einiges Vertrauen zu mir hegen, ihre gute Meynung erwiedern kann, weil sie auf Wegen wandeln, die zu weit von dem meinigen abführen; so war es mir um desto angenehmer Sie zu finden, dessen allgemeine Richtung mir ganz gemäß ist, und dessen besonders Studium unter diejenigen[142] gehört, welche ich liebe und in denen ich mich sehr gerne durch andere unterrichten mag, da ich sie selbst zu behandeln durch Zeit und Umstände abgehalten worden. Lassen Sie uns daher immer in Verbindung bleiben, und sagen Sie mir von Zeit zu Zeit, wie es Ihnen geht. Vor allen Dingen wünschte ich, daß Sie bey einiger Muße sich die Mühe nähmen, mir die Hauptsumme Ihrer bisherigen Arbeiten, sowie Ihrer nächsten zu recapituliren. Ich habe zwar so ziemlich dasjenige gefaßt, was Sie in Ihrem Kreise theils als Erfahrung theils als Resultat gewonnen haben; allein unser Zusammenseyn war doch zu kurz, als daß ich damit völlig im Reinen seyn könnte. Wollen Sie daher, wie gesagt, mir die Hauptpuncte in Erinnerung bringen, und in Verknüpfung sowohl des Geleisteten als Ihrer Vorsätze mir im Zusammenhange darleben; so sind es auch zu meinem Vorhaben dienlich seyn, wenn ich eine Gelegenheit ergreife, von Ihren Bemühungen öffentlich zu reden, welches ich doch gern gründlich und in Ihrem eigenen Sinne thun möchte.

Ich brauche nicht zu versichern, daß ich zu Ende Septembers wenigstens in Gedanken Sie unter Ihren Traubengeländern besuchen werde. Sollte Herr von Reinhard in Ihre Gegend kommen, so beneide ich Sie doppelt und dreyfach, um die schöne Welt, den schönen Himmel, und die Unterhaltung mit diesem trefflichen Manne.

[143] Mehr sage ich nicht, damit dieser Brief seinen Weg antrete. Ich wünschte recht wohl zu leben, und hoffe recht bald wieder von Ihnen zu hören. Meine Frau grüßt zum allerschönsten. Sie war zur Reise gleich bereit, ja sie hallt schon davon prädulirt; allein leider bin ich nicht mehr so beweglich als sie, und lasse Betrachtungen bey mir vorwalten, die ihr nicht so bedeutend als mir erscheinen können. Ich schließe mit nochmaligen Lebewohl.

Weimar den 8. August 1811.

Goethe.


22/6178.


An die Erbprinzessin Caroline Louisevon Mecklenburg-Schwerin

[Concept.]

[Weimar, 14. August.]

Ew. Durchlaucht hat unser Knebel Nachricht gegeben von einigen durch meinen Faust veranlaßten Zeichnungen. Sie sind wirklich geistreich und lobenswerth, und mir ist es sehr angenehm zu hören, daß Ew. Durchlaucht hat unser Knebel Nachricht gegeben von einigen durch meinen Faust veranlaßten Zeichnungen. Sie sind wirklich geistreich und lobenswerth, und mir ist es sehr angenehm zu hören, daß Ew. Durchlaucht sie zu besitzen wünschen. Sie werden Ihnen gewiß Vergnügen machen und auch der Gesellschaft eine angenehme Unterhaltung geben. Doppelt angenehm wird es mir seyn sie in Ew. Durchlaucht Händen zu wissen, da der Zeichner das Glück hat sich zu den Ihrigen rechnen dürfen. Es ist der Kammer-Secretär Nauwerck in Ratzeburg, derselbe welcher in Fernow's Leben als ein Jugendfreund vorkommt, der[144] bey einem angebornen Talent für Malerey nicht so glücklich war Italien jemals zu betreten, sich aber auf eine unablässige und fleißige Weise weiter ausgebildet hat, als man von einem Liebhaber erwarten sollte.

Es sind sieben Stück:

1.) Der Prolog auf dem Theater.

2.) Das Vorspiel im Himmel.

3.) Faust und der Erdgeist.

4.) Der Spaziergang am Ostertage.

5.) Die Hexenküche.

6.) Auerbachskeller.

7.) Der Blocksberg

Er hat eine jede dieser Zeichnungen zu 25 Thaler Sächsisch angeschlagen und sie sind es im Durchschnitt wohl werth, da einige von außerordentlichen Detail und der zartesten Ausführung sind.

Wollten also Ew. Durchlaucht die 175 Thaler gedachtem Manne übermachen lassen, so wird er sehr glücklich seyn zu erfahren, daß sein Fleiß und Talent von seiner Fürstinn anerkannt und gebilligt worden.

Möge ich doch immer wie bisher vernehmen, daß Ew. Durchlaucht sich wohl und vergnügt befinden und auch meiner gedenken.

Von Carlsbad bin ich dießmal in kürzester Zeit mit meiner Cur sehr zufrieden gekommen.

Ich empfehle mich angelegentlichst zu Gnaden.[145]


22/6179.


An Ludwig Gottlieb Carl Nauwerck

[Concept.]

[Weimar, 14. August]

Die Scene in Auerbachs Keller ist bey mir glücklich angekommen und ich habe sie zu den übrigen Zeichnungen hinzufügt, an die sie sich sowohl in Erfindung als Ausführung recht gut anschließt. Die Erbprinzeß von Mecklenburg Schwerin geborne Prinzeß von Weimar hat durch hiesige Freunde davon gehört, und als man ihr zugleich meldete, daß diese Blätter verkäuflich seyen, sie zu besitzen verlangt. Ich habe daher alle zusammengepackt und abgesendet. Das Stück habe ich zu 25 Thaler Sächsisch angeschlagen, welches wenn ich mich recht erinnere, mit Ihrer Forderung übereintrifft: denn Ihre Briefe habe ich gerade nicht bey der Hand. Es wird Ihnen gewiß angenehm seyn, diese Blätter in den Händen Ihrer Fürstinn zu wissen. Sie verschaffen Ihnen wohl Gelegenheit dieser vortrefflichen Dame einmal aufzuwarten. Ich wünsche recht wohl zu leben und ersuche Sie, mir gelegentlich von sich einige Nachricht zu ertheilen.

Weimar den 10. August 1811.[146]


22/6180.


An den Grafen Sergej Semenowitschvon Uwarow

Hochwohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Hochwohlgeboren einigermaßen zu beweisen, daß auch wie uns hier immerfort mit demjenigen beschäftigen, was für Sie so viel Interesse hat, lege ich einen kleinen Aufsatz bey, welcher durch Ihr schönes und ausführliches Memoire veranlaßt worden.

Er ist von Herrn Rath Friedrich Majer, welcher sich schon seit geraumer Zeit bey uns aufhält und sich um die asiatische Literatur manches Verdienst erworben hat.

Mögen diese Blätter Ew. Hochwohlgeboren nicht mißfällig und unbrauchbar seyn. Ich sage nicht mehr, um nicht eine Gelegenheit zu versäumen, wodurch Gegenwärtiges bald in Ihre Hände gelangen kann. Ich empfehle mich aufs angelegentlichste und habe die Ehre mich mit ganz vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeboren

Weimar

ganz gehorsamster Diener

den 17. August

J. W. v. Goethe.

1811.


22/6181.


An Wilhelm Grimm

Für die mir zugesendete Übersetzung der Dänischen Lieder bin ich Ihnen sehr dankbar. Ich schätze seit[147] langer Zeit dergleichen Überreste der nordischen Poesie sehr hoch und habe mich an, manchem einzelnen Stück derselben schon früher ergetzt. Hier aber haben Sie uns nunmehr sehr viel bisher Unbekanntes gegeben, und durch eine glückliche Behandlungsweise aus vielem Einzelnen einen ganzen Körper gebildet. Solche Dinge thun viel bessere Wirkung, wenn man sie beysammen findet: denn eins nimmt uns dem Antheil den wir an dem andern zu nehmen haben, und diese fernen Stimmen werden uns vernehmlicher, wenn sie in Masse klingen. Sehr angenehm ist es auch, zu sehen, wie gewisse Gegenstände sich bey mehrern Völkern eine Neigung erworben, und von einem jeden nach seiner Art roher ausgebildeter behandelt worden.

Zu der Abschrift des zweyten Theils der Edda-Sämundar, wovon ich das Arendtsche Manuscript gesehen, wünsche ich Glück, und verlange sehr nach Ihrer Übersetzung. Sie melden mir zwar, daß Sie das erste Lied beygelegt, aber leider finde ich es nicht.

Wahrscheinlich ist es beym Auspacken in den Papieren des Umschlags geblieben, welches mir sehr leid thut, da ich Ihre Sendung in Jena erhalten und so leicht nicht nachkommen kann. Die zwey Bilder aber haben sich gefunden. Ich freue mich, daraus zu sehen, welche Fortschritte der junge Künstler macht. Grüßen Sie ihn von mir zum allerschönsten daß ich an Ihren Arbeiten einen lebhaften Antheil nehme, und daß ich unter diejenigen gehöre,[148] die sich immer des Gewinns, den Sie sich und uns auf diesem Felde verschaffen, aufrichtig erfreuen.

Ich wünschte recht wohl zu leben und bitte mich Ihrem Herrn Bruder aufs beste zu empfehlen.

Weimar den 18. August 1811.

Goethe.


22/6182.


An Carl Ludwig Woltmann

Weimar, den 18. August 1811.

Ew. Wohlgebornen

Übersetzung des Tacitus und zwar deren zwey erste Bände habe ich wohl erhalten, und mich bey dieser Gelegenheit gern wieder zu den wichtigen Denkmälern der ältern Geschichte gewendet. Ich werde nicht verfehlen, Freunde und Bekannte auf dieses Werk aufmerksam zu machen, und ich wünsche daß ich etwas zu dessen Verbreitung dadurch beytragen möge.

Über die Grundsätze, welche Sie bey Ihrer Übersetzung in Absicht auf Sprache und Styl befolgen, erlaube ich mir kein Urtheil, indem ich wohl weiß, daß manches Befremdliche versucht werden muß, bis Zeit und Gewohnheit das erst neu und gewagt scheinende aufnehmen und bestätigen. Auch ist das was Sie ausgeübt nicht ohne Vorgänger. Aber das darf ich wohl sagen, daß gerade in dem Fall, in welchem Sie, wie Sie mir schreiben, sich befinden, die Sache vielleicht etwas leichter und für den Leser bequemer zu[149] nehmen gewesen wäre. Sie widmen Ihre Arbeit dem gegenwärtigen Augenblicke, Sie wünschten die Theilname des Publicums; aber sollte dieses nicht eben durch einen Styl abgeschreckt werden, der den jetzt Lebenden fremd erscheinen muß, wenn seine Verdienste auch wohl in er Zukunft anerkannt werden.

Verzeihen Sie diese Bemerkung; sie fließt aus dem Wunsche, daß Ihr Werk, bey so manchen äußern Hindernissen, nicht auch noch durch ein inneres möge gehemmt werden.

Was meine Farbenlehre betrifft deren Sie mit Gunst erwähnen, so ist deren Sie mit Gunst erwähnen, so ist sie eigentlich der Zukunft gewidmet. Es freut mich aber zu hören, daß die Zeitgenossen daran auf mancherley Weise Antheil nehmen, es sey nun durch Widerspruch, oder durch ernstliches Aufmerken auf die Phänomene die ich besonders in Anregung gebracht, aber sonst auf eine andere Weise. Dieses alles kann für den Moment nur Verwirrung hervorbringen, und ich darf nicht verlangen, daß Andre dasjenige, was ich seit so viel Jahren in mir aufgebaut, und gleichmäßig bey sich in kurzer Zeit zusammenstellen sollen. Indessen soll es mich freuen, wenn, wie Sie mir gefällig melden, die Behandlungsart Beyfall findet.

Da ich Ihre Sendung in Jena erhielt, gab sie mir Anlaß jener guten Zeiten zu gedenken, die wir daselbst in gemeinsamen Bestrebungen und Hoffnungen zubrachten. Lassen Sie uns, nach allem was die[150] Jahre geraubt haben, des frühern guten Verhältnisses immer eigedenk bleiben.

Ich empfehle mich Ihnen bestens, und bitte Herrn Lefebre, welcher von der Casseler Gesandtschaft ab, und vor Kurzem von hier nach Berlin ging, etwas Freundliches von Mir zu sagen. Es war mir sehr interessant, seine Bekanntschaft gemacht zu haben.

Goethe.


22/6183.


An Franz Kirms

Nach dem Briefe scheint die Herkunft des Swoboda eine ausgemachte Sache. Wenn es aber eingermaßen möglich wäre ihn für dies Mal abzuhalten, so würde es höchst wünschenswerth seyn. Wir sind zwar in einigen Opern einstudirt, in welchen er sich produciren könnte, als der Tyroler Wastel, die unruhige Nachbarschaft und dergleichen; soll er aber als ein doch sehr fremdartiges Wesen bey uns einigen Effect thun, so müßten wir bey dem ersten Willen uns in ihn zu schicken suchen, einige noch ungesehene Stücke einstudiren, um eben auch einmal zu werden wie jene an er Moldau und Donau. Kann er nun aber nur mit dem letzten September seine Reise nach Weimar antreten; so ist leicht zu berechnen, daß wir die erste Hälfte des October brauchen, um uns nur mit ihm in einigen Rapport zu setzen, welche Zeit wir aber unumgänglich nöthig haben, um uns auf Brizzis[151] Ankunft vorzubereiten. Diese Verhältnisse sind von der Art, daß sie gewiß nicht Anders als Störung und Hindernisse, Last und Mühe von unserer, Unzufriedenheit von Seiten des Kommenden, und von Seiten des Hofes und Publicums wenig Freunde versprechen müssen. Kann also dieser Kelch vorübergehen, so ist es sehr glücklich. Ich wünsche, daß man über die Möglichkeit den Capellmeister befrage, der noch gar nicht weiß, was uns bevorsteht.

Noch eine Betrachtung füge ich hinzu, daß man den gleichfalls eingeladenen Iffland aus ganz guten Gründen abgelehnt hat; für diesen müßte es höchst auffallend seyn, wenn man zu eben der Zeit einen andern aufnähme. Es findet sich ja wohl eine Auskunft, den Böhmen sowohl als den Berliner mit einer Einladung auf die nächstfolgende Zeit zu beschwichtigen.

Weimar, 19. August 1811.

G.


22/6148.


An Johann Friedrich Cotta

Bis diese Tage hoffte ich noch immer, nach meiner gethanen Zusage, Ihnen etwas zu dem Frauenzimmer-Almanach zu senden. Allein ich habe vergebens von einer Zeit zur andern auf einige Ruhe gewartet, um das was ich im Sinne hatte auszuarbeiten. Aber es drängt sich soviel übereinander, daß es mir nicht[152] möglich geworden ist, und ich würde mit mehr Verlegenheit dieses anzeigen, wenn nicht die Versprechen der Autoren, sowie die Schwüre der Liebhaber von Göttern selbst mit einiger Leichtigkeit behandelt würden.

Desto besser gehen unsere biographischen Blätter vorwärts. Wir sind am 18. Bogen und werden also zur rechten Zeit fertig. Freylich giebt die schließliche Reaktion des Manuscripts, sowie die Revision des Drucks gar manches zu bedenken und zu thun, so daß die Zeit nach unserer Zurückkunst vorzüglich darauf verwendet werden mußte. Dagegen läßt sich aber hoffen, daß dieses wunderliche Werklein gute Aufnahme finden und manches Gemüth erheitern wird.

Was Sie mir in Ihren letzten Briefen gemeldet, erkenne ich sämmtlich dankbar; wobey ich mich freue zu hören, daß wenigstens eins der Boisseréeschen Blätter in Kupfer erscheinen wird. Ich habe diesen jungen Mann näher kennen lernen und ich ihn sehr wohl begründet und unterrichtet gefunden. Seine Arbeiten werden zur Aufklärung eines Theils der Kunstgeschichte viel beytragen.

Auch versehe ich nicht, für die Müllerischen Werke, das Hebelsche Schatzkästchen und was Sie mir sonst an neuen Druckschriften haben verehren wollen, auf das schönste zu danken.

In diesen Tagen ist mir der Körnersche Aufsatz communucirt worden, in welchem Schiller meist mit[153] seinen eigenen Worten dargestellt ist. Es hat mir diese Behandlungsart sehr wohl gefallen. Sie macht einen guten, heitern, ja man kann wohl sagen, großen Eindruck. Außerdem konnte mir diese kleine Schrift sehr angenehm seyn, weil sie mir den schönsten Anlaß verschafft, dereinst wenn ich zu der Schilderung unseres Verhältnisses kommen sollte, das hier nur umrißweise gegebene ins Einzelne auszumalen. Mehr sage ich für dießmal nicht, damit er schon zu lange zurückgehaltene Brief noch heute abgehe. Entschuldigen Sie meine Versäumniß und erhalten mir ein geneigtes Andenken.

Schließlich darf ich jedoch nicht vergessen anzuzeigen, daß ich den Nachdruck meiner Werke von Wien erhalten habe. Sie erschienen durch die unschicklichste Verwirrung und Umstellung er Theile, eine gewisse Originalität inventirt zu haben, oder was sie sonst zu einem solchen Arrangement bewogen haben mag. Wenn man sich etwas unwillig äußerst, so entschuldigen sie diesen Raub, wie so vieles andere, mit dem schlechten Cours und versichern, daß sie sonst keine in fremden Landen gedruckte Bücher würden lesen können. Übrigens ist es die alte grobe unedle Maxime, die sich von Kaiser Joseph herschreibt, der zwar ein sehr braver Herr Joseph beschreibt, der zwar ein sehr braver Herr, aber mitunter sehr platt war.

Ich wünsche von Herzen wohl zu leben.

Weimar den 22. August 1811.

Goethe.[154]


22/6185.


An Carl Ludwig von Knebel

Du sollst, mein lieber Freund, auch wieder einmal etwas von mir vernehmen, ob ich gleich dießmal nicht viel zu sagen habe. Wir sind in Erwartung der Ding, die da kommen sollen. Unsere Hoheit läßt sich nicht mehr öffentlich sehen, war aber das letztemal als ich sie sprach, ganz heiter und so ist sie es auch noch, wie ich höre.

An die Prinzeß sind die Zeichnungen zum Faust abgegangen. Ich wünsche daß sie Beyfall erhalten mögen.

Daß die Schlegelschen Vorlesungen dir nicht behagt, thut mir leid. In unsern Zeiten sollte man immer dieses oder jenes nachsehen. Alles Partheyliche fällt mir wenig auf. Hat man es einmal zugegeben, und ist das Werk sonst gut geschrieben, so kann man wohl Vergnügen und Nutzen daraus ziehen.

Mir ist ein wunderbares Heft in die Hände gekommen, was vielleicht auch schon gesehen hat. Es sind Briefe, die Prinz Eugen an gleichzeitige Kriegs- und Staatsmänner geschrieben haben soll. Der Herausgeber, von Sartori, Bibliothekar zu Wien, will die Originale besitzen, die französisch seyn wollen. Allein diese Briefe scheinen mir problematisch. Sie sind mit Geist, Freyheit und Einsicht geschrieben; aber hie und da klingen sie doch etwas zu modern. Die Thätigkeit und Ungerechtigkeit der Franzosen wird[155] gar zu stark mit der Wohldenkendheit und Langsamkeit des Wiener Hofs in Gegensatz gebracht, so daß es aussieht, man habe sich dieser Maske bedienen wollen, um etwas öffentlich zu sagen, wozu sich kein Gleichzeitiger leicht bekennen dürfte. Unsere Herren Kritiker werden das bald ausmachen.

Ein recht interessantes Buch ist mir auch zugekommen: Johannes Spix von München, Geschichte und Beurtheilung aller Systeme in der Zoologie. Es ist mit viel Kenntniß sehr gut und klar geschrieben. Diese Dinge berühren dich zwar nicht eigentlich; aber wenn dir das Büchlein begegnet, so siehst du wohl die Einleitung an und die ersten griechischen und römischen Zeiten.

Unser Vogelschießen ist sehr lebhaft, und man kann dort die sämmtlichen Stände von Weimar in einem mäßigen Bezirk, Tags und Abends, beysammem finden. Ich habe mich einige Male, obwohl nur auf kurze Zeit, draußen umgesehen.

Was mich jetzt vorzüglich beschäftigt, ist, mit Meyern die Hefte seiner Kunstgeschichte durchzugehen, welche schon jetzt vortrefflich genannt werden können. Betrachtet man sie aber als Grundlage eines ausführlichen Werkes, so geben sie die größten Hoffnungen.

Meine biographischen Späße gehen auch ihren Gang und werden gegen Michael aufwarten.

Von einem merkwürdigen Manne lege ich einige unerfreuliche Hefte bey. Es giebt doch recht wunderliche[156] Menschen! Lebe recht wohl und grüße die Deinigen zum allerschönsten.

Weimar den 24. August 1811.

Goethe.


22/6186.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Hochwohlgeboren

haben mich vor einem Jahr von der großen Unbequemlichkeit gefälligst befreyt, welche mir die Regelbahnen in der Nachbarschaft gegeben, und ich habe meinen aufrichtigsten Dank nicht besser ausdrücken zu könne, als daß ich dieses Jahr früher zurückgekommen bin, um sub umbra alarmum tuarum mich meines stillen und heimlichen Gartens zu erfreuen. Aber unglücklicherweise habe ich schon wieder eine Regeley zu denunciren, welche an der selben Stelle errichtet worden. Es scheint zwar nur ein Schub zu seyn, wie man solche auf Tischen veranstaltet, aber der Lärm ist, wo nicht so stark, doch eben so widrig, und dann hat diese Art noch das Übel, daß, wenn keine Gäste da sind, sich wahrscheinlich die Kinder und Knaben aus der Nachbarschaft damit ergetzen; denn es ist den ganzen Tag über wenig Ruhe.

Ich bin ohnehin hier außen in der Vorstadt zwischen manche Handwerker eingeklemmt, zwischen Grob- und Nagelschmiede, Tischer und Zimmerleute, und sodann ist mir ein Leinweber der unangenehmste[157] Wandnachbar. Doch macht man sich nicht über solche nothwendige Dinge nach Raison, indem man zugeben muß, daß ein Gewerbe nicht geräuschlos seyn könne. Wenn aber an Feyerabenden und an Sonn- und Festtagen der Müßiggang mehr Getöse macht, als die sämmtlichen thätigen Leute zusammen in ihren Arbeitsstunden, so wird man um so ungeduldiger, als den Liebhabern solcher nutzlosen Übungen außer der Stadt die herrlichsten Bahnen reichlich eröffnet sind.

Doch dieses alles darf ich nicht erst erwähnen; denn es sind ja eben dieselben Betrachtungen, welche E. Hochwohlgeboren veranlaßten jene früheren für den Ruheliebenden so erwünschten Verfügungen zu treffen.

Mit Sehnsucht habe ich auf Ew. Hochwohlgeboren Rückkehr gewartet, weil ich gern dasjenige, was ich Ihnen schon einmal schuldig geworden, auch dießmal verdanken möchte. Ich wollte nicht in den ersten Tagen zudringlich seyn; nun aber lege ich zuversichtlich diese kleine, mir jedoch wichtige Angelegenheit in Ihre Oberrichter- und Freundeshände.

Ew. Hochwohlgeboren

Weimar

ganz gehorsamster Diener

den 27. August

J. W. v. Goethe.

1811.[158]


22/6187.


An Charlotte von Stein

[Weimar, 30. August.]

Hier, verehrte Freundinn, die durch Riemer verlangten Günderodischen Poesien. Dürfte ich mir dagegen den Roman Manon Lescaut ausbitten. Mit vielen Danck für den gestrigen Besuch.

G.


22/6188.


An Carl Friedrich von Reinhard

Nur ein Monat des Dancks für die Bekanntschaft von Herrn le Febre. Es war mir sehr angenehm einen Mann zu sprechen, der so lange in Ihrer Nähe gelebt und so viel durch Sie gewonnen hat.

Cammerherr von Spiegel geht nach Cassel, er will ein freundliches Wort an Sie bringen und da mag denn auch der alte Hackert mitgehender früher hätte anlangen sollen.

Zu Michael sehen Sie etwas wunderliches von mir, das ich Ihrer Liebe und Ihrem Schutz empfehle.

Mit immer gleicher Verehrung und Anhänglichkeit.

W. d. 31. Aug. 1811.

G.[159]


22/6189.


An Johann Jakob Dominikus

[Concept.]

Hochwürdiger,

Hochgeehrtester Herr

Die hochansehnliche Akademie der nützlichen Wissenschaften zu Erfurt erzeigt mir eine besondre Ehre, indem sie meiner an einem so großen Feste gedenken und mich unter ihre Glieder gefällig aufnehmen wollen. Ich wünsche, daß dasjenige was ich auf meinem Lebensgange gewollt und vermocht, auch einigen Nutzen möge gestiftet haben, damit ich mit einigem Zutrauen unter viel würdigen, auf das Beste ihrer Mitmenschen bedachten Männern einen Platz nehmen könne. Haben Sie die Güte meinen Dank für diese Auszeichnung der Gesellschaft auf das verbindlichste auszudrücken, und glauben Sie der Versicherung, daß dieses Geschenk mir nicht angenehmer hätte zukommen können, als durch die Hände eines Mannes, den ich so lange höchlich zu schätzen Ursache habe. Und so ist es keine leere Formel, wenn ich mich mit besonderm Zutrauen und vorzüglicher Hochachtung unterzeichne.

Weimar d. 11. Sept. 1811.[160]


22/6190.


An Friedrich Heinrich von der Hagen

Hochwohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Hochwohlgebornen lassen mir Gerechtigkeit widerfahren, wenn Sie überzeugt sind, daß ich nicht aufhöre Theil an den Arbeiten zu nehmen, denen Sie mich mit so viel Einsicht und Fleiß gewidmet haben; und ich finde mich besonders geehrt durch die öffentliche Versicherung dieser Ihrer Überzeugung, so wie ich die mir geschenkte Neigung dankbar erwiedre.

Ich gehöre gewiß zu denjenigen, welche das Verdienst Ihrer Bemühungen erkennen. Denn diese schätzbaren Reste des Alterthums hätten viel früher auf mancherley Weise einen günstigen Einfluß auf mich ausgeübt, hätten sie mich nicht durch ihre rauhe Schale abgeschreckt, welche zu durchbrechen weder mein Naturell noch meine Lebensweise geeignet war. Es muß mir daher höchst erwünscht seyn, jene bedeutenden Werke sowohl in einer Reihe als ihrem innern Verdienst nach kennen zu lernen, da sie mir früher nur einzeln und zerstreut und gewissermaßen blos nach ihrem allgemeinen Inhalt bekannt waren. Daher ich denn, was mich betrifft, der Behandlungsweise, wo durch Sie uns diese Gedichte näher bringen, meinen völligen Beyfall gebe, um so mehr, als das Rohe und Ungeschlachte, was sich an ihnen findet, zwar dem[161] Character iener Zeit angemessen, auch bey der historischen Würdigung wohl nothwendig zu beachten, keinesweges aber zur wahren Schätzung nöthig und dem Genuß durchaus hinderlich ist.

Ich wünsche daher nichts mehr, als zu vernehmen, daß Ew. Hochwohlgebornen und diejenigen, welche sich diesen und ähnlichen Studien ergeben haben, sowohl aus eigener Neigung, als aufmuntert durch die Theilnahme des Publicums, fröhlich darin fortfahren. Der ich die Ehre habe mit besonderer Hochachtung mich unterzeichnen

Ew. Hochwohlgeb.

Weimar

ganz gehorsamster Diener

den 11. September

J. W. v. Goethe.

1811.


22/6191.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgebornen

sich versichert, daß es mir sehr leid gethan hat, Sie bey Ihrer Durchreise nicht begrüßen zu können. Sich bey Ihrer Durchreise nicht begrüßen zu können. Sich einmal wieder anzutreffen und über manches ausreden, giebt auf mehrere Jahre ein wo nicht besseres doch gewiß entschiedeneres und klares Verhältniß. Indessen will ich mich durch die Sicherheit Ihrer Neigung und Ihres Wohlwollens trösten.

Wenn sie wünschen, daß ich dem braven Freyherrn von Truchseß meine Bearbeitung des Götz für[162] das Theater mittheilen möge; so will ich deshalb mein Bedenken eröffnen. Er hat an dem Stücke, wie es zuerst herausgegeben worden, so vielen und warmen Antheil genommen, ja sich gewissermaßen selbst in die Person des alten biedern Helden versetzt, daß es ihm gewiß nicht angenehm seyn würde, nunmehr manches ausgelassen, umgestellt, verändert, ja in einem ganz andern Sinne behandelt zu seyen.

Eigentlich kann diese Umarbeitung nur durch den theatralischen Zweck entschuldigt werden, und kann auch nur insofern gelten, als durch die sinnliche Gegenwart der Bühne und des Schauspiels dasjenige ersetzt wird, was dem Stücke von einer andern Seite entzogen werden mußte. Da ich also überzeugt bin, daß beym Lesen Niemand leicht die neue Arbeit billigen werde, weil nicht zu verlangen ist, daß der Lesende die mangelnde Darstellung sich vollkommen supplire; so habe ich bisher gezaudert diese Bearbeitung drucken zu lassen, ja selbst meine nächsten hiesigen Freunde, die das Manuscript zu sehen verlangt, an die Vorstellung gewiesen, von der sie denn nicht ganz unzufrieden zurückkehrten.

Ich bin überzeugt, daß Ew. Wohlgebornen sowohl als der würdige Truchseß-Götz, es nicht misbilligen, wenn ich diesen meinen Gründen soviel Gewicht gebe, um die gewünschte Mittheilung abzulehnen. Verzeihen Sie daher, und erhalten mir ein freundliches Andenken.

[163] Ein etwas wunderliches biographisches Bändchen erhalten Sie zu Michael. Wilhelm Meisters Wanderjahre durchzuführen haben mich meine eigenen Wanderungen abgehalten. Bey jenem Büchelchen aber bitte ich Sie zu überzeugen, daß Sie unter diejenigen gehören, für die ich es schreibe. Mit entfernten Freunden und Geistesverwandten mich zu unterhalten ist dabey meine einzige Absicht: denn diese sind es ja eigentlich nur, die man zu Zeugen seines vergangenen Lebens und Treibens, und zur Theilnahme am gegen wärtigen aufrufen kann.

Ew. Wohlgeb.

Weimar

wahrhaft zugethaner

den 11. September

Goethe.

1811.


22/6192.


An Johann Heinrich Meyer

Weimar den 20. Septbr. 1811.

Mit Bedauern und aufrichtigem Beyleid über das so wunderliche und gewissermaßen selbst verschuldete Absterben Ihres guten Schwiegervaters, thue ich folgende Anfrage.

Es ist mir ein kleiner Pomeranzen Kürbis zukommen, welcher monstros ist und wohl verdient gezeichnet und mit den natürlichen Farben illuminirt zu werden. Das Interessante daran ist freylich sehr zart, und müßte sehr genau nachgeahmt werden. Welchen von Ihren jungen Leuten schlügen Sie mir[164] dazu vor? und wann ich Sie zu Hause, daß wir darüber sprechen können? Ich wünschte, daß Sie es bey sich vornehmen ließen.

G.


22/6193.


An Behrendt

[Weimar, 21. September.]

Wohlgebohrner

Insonders hochgeehrtester Herr Hofrath,

Auf Ew. Wohlgeb. gefälliges Schreiben vom 7ten huj verfehle nicht in Antwort zu erwiedern: daß die Hackertische Biographie der Cottaischen Buchhandlung für 400. rh. Sächsisch überlassen worden: da denn 200 rh. als die den T. Herren Erben zugehörige Hälfte bey mir zu Erhebung bereit liegt. Ew. Wohlgebohren überlasse irgend jemanden zu dem Empfang derselben zu autorisieren oder mir anzuzeigen, auf welche Weise ich sie Ihnen übermachen soll.

Der Lotterie ist von mir empfohlen worden und obgleich die Meynungen darüber getheilt sind; so hoffe ich doch, daß einige Loose werden genommen werden, wovon ich zu seiner Zeit Nachricht ertheilen werde. Die zurückbehaltnen Antiken Steine haben zwar wahrhaften Kunstwerth; sind in früherer Zeit angesetzt, jetzt aber, da so viele Kunstwerke verkäuflich sind, möchten sie schwerlich zu erhalten seyn. Wollten[165] Ew. Wohlgeb. sich deshalb mit Alterthums Kennern berathen und mir von etwa verminderten Preisen Nachricht geben; so würde ich vermögenden Liebhabern gern aufs Neue diese unschätzbaren Wercke anbieten. Die mir anvertrauten Papiere sowie die wenigen wohlgerathnen Abgüsse der Gemmen sende gelegentlich zurück. Empfehle mich Ihrem geneigten Andencken, mit der Versicherung, daß ich gern etwas Angenehmes und Dienstliches zu erzeigen jederzeit geneigt bin. Der ich die Ehre habe, mich mit besonderer Hochachtung zu unterzeichnen

Ew. Wohlgebohren

ergebenster Diener

J. W. v. Goethe.


22/6164.


An Charlotte von Schiller

Mit einigem Widerstreben vermelde ich Ihnen, verehrte Freundinn, daß ich diesen Winter in meiner kleinen Loge den Einsiedler spielen muß. Ich würde dieses jedoch nicht ausführen können, wenn ich Ihnen nicht einen besseren Platz als den bisherigen anzubieten wüßte. Es ist der Sessel an der Säule der herrschaftlichen Loge, wo ich so manchen vergnügten Abend in Ihrer Nähe zubrachte. Sie haben auf diesem Platz den Vortheil, gut zu sehen, nicht gesehen zu werden und die lieben Ihrigen bey Sich versammeln zu können.

[166] Da jedoch, bey der sich immer vermehrenden Anzahl der Abonnenten der Zudrang nach Plätzen in den Logen sehr stark ist; so wünschte ich daß Sie schon heute von diesem Sessel Besitz nehmen möchten. Die nöthigen Ordres sind gegeben und ich wünschte nur daß die Einrichtung zu Ihrer Zufriedenheit gereichen möge. Mich Ihrer freundschaftlichen Gesinnung bestens empfehlend

d. 21. 1811.

G.


22/6195.


An Luise Seidler

Schon lange zaudre ich, Ihnen, liebe sanfte Freundinn, für Ihre liebliche Sendung Danck zu sagen, denn mit der Feder läßt sich das nicht so thun; ich hoffe Sie bald wieder zu sehen und Sie recht lebhaft zu versichern, daß Sie mir durch den Brief und Bild recht viele Freude gemacht haben. Das Bildniß hat unsres einsichtigen Meyers Lob und sodann auf der Ausstellung vielen Beyfall erhalten. Unsrer verehrten Herzoginn war der tiefe Blick und die treue Künstlermelancholie merckwürdig, die über das ganze Gesicht verbreitet ist. Der Charackter und die natürliche bräunliche-blasse Farbe ist Ihnen sehr glücklich gelungen. Soviel für diesmal, da ich hoffen kann, sie bald wieder zu sehen. Hatte ich nicht das Vergnügen, Sie in Dresden zu besuchen, so sollen Sie mir desto[167] mehr erzählen von Sich, von den Freunden und von dem guten Minchen, von der ich so lange nichts gehört und deren bevorstehende Wiedervereinigung mich angenehm überrascht. Sind Ihnen alle Arbeiten so wohl gelungen als das Mengsische Portrait, so bringen Sie Sich und Ihren Freunden wahre Schätze mit. Daß Sie uns auch Ihre guten Gesinnungen wieder zurückbringen, daran wollen wir nicht zweifeln und Ihnen zum Voraus zu einer glücklichen Rückreise Glück wünschen. Dresden muß auch dießmal einen herrlichen Herbst dargeboten haben. Ich will nicht umwenden, und noch auf diesem Blat Grus und Danck auf's beste wiederhohlen.

Weimar, d. 25. Septbr. 1811.

Goethe.


22/6196.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

freundliches Schreiben besucht mich zu einer ganz behaglichen Epoche. Wenn Titel und Vorwort an den Drucker abgeliefert sind; so fühlt man sich einen Augenblick frey und ledig und eine solche gute Stunde wird nicht besser als zu einer traulichen Erwiederung verwendet.

Möge jenes Werkchen aufgenommen werden wie es gegeben wird! Seit einiger Zeit klingen mir so viele theilnehmende Stimmen aus dem Publicum daß ich auch wohl für diesen Band das Beste hoffen[168] darf. Der zweyte kann Ostern erscheinen; er wird unsre Winterbeschäftigung seyn. Der Erbprinzeß von Mecklenburg Durchl. meine Verehrung und Anhänglichkeit öffentlich zu bezeigen muß mir denn doch zuletzt gelingen und als dann ist kein schicklicherer Weg als durch den Damenkalender, ich dencke daher daß Sie die Zueignung zu jenem Zwecke offen gelassen haben.

Was den Abdruck meiner Wercke betrifft; so wünschte ich daß Ew. Wohlgeb. die Ankündigung so lange zurückhielten, bis Sie mir nähere Auskunft deshalb gegeben. Daß ein solcher Abdruck mit, oder bald nach jener Octav Ausgabe erschiene dazu konnte ich wohl meine Einwilligung geben, daß sie aber so spät hervortreten soll scheint mir in mancher Rücksicht bedencklich.

Sollte es nicht besser, wircksamer und vortheilhafter seyn, gleich jetzt zu einer correckten, und completen Auflage zu schreiten, die um so vollständiger seyn könnte, als meine Confessionen den Weg bahnen, manches was für sich nicht bestünde als einen Theil des Ganzen aufzustellen.

Die Sache ist schon früher überdacht und vorgearbeitet und ich bitte mit Ihr einsichtiges Urtheil darüber aus; da sie mir bedeutend vorkommt; so sende ich gegenwärtiges durch Estafette; eine gefällige Antwort könnte mir wohl die reitende Post bringen.

[169] Eine Assignation auf 400 rh. habe ich in diesen Tagen (d. 21. September) auf Herrn Frege ausgestellt; nun aber wünschte ich vor allen Dingen meine Schuld zu tilgen, die ich ungern aufwachsen sehen, um sodann mit mehrerer Geistesfreyheit, in vorkommenden Fällen, mich des mir so zutraulich gegönnten Credits fernerhin bedienen zu dürfen.

Für die fortgesetzte Sendung des Morgenblats, wie der allgemeinen Zeitung, nicht weniger für die schönen Verlagsartickel, die ich erst nach meiner Rückkunft recht genossen und genützt dancke zum verbindlichsten.

Der ich recht wohl zu legen wünsche und mich zu geneigtem Andencken bestens empfehle

W. d. 28. Sept. 1811.

Goethe.


22/6197.


An Charlotte von Stein

[Weimar, 28. September.]

Wenn ich, verehrte Freundin, gegen das zierliche Opferthierchen und die schmackhafte Frucht mich selbst anbiete; so werde ich ja wohl, wegen jenes Briefchens einigen Aufschub erhalten bis ich mit freyem und frohem Muthe der Abwesenden wieder gedencken kann. Das Beykommende bitte geheim zu halten.

G.[170]


22/6198.


An Friedrich August Wolf

Da man eine Gelegenheit die sich darbietet, ein langes Schweigen zu unterbrechen, ja nicht aus der Hand lassen soll, so will ich einem jungem Manne der nach Berlin geht, ein Empfehlungs Schreiben an Sie verehrter Freund, nicht versagen. Sein Name ist Schopenhauer, seine Mutter die Frau Hofrath Schopenhauer, welche sich schon mehrere Jahre bey uns aufhält. Er hat eine Zeit lang in Göttingen studirt, und soviel ich mehr durch andere als durch mich selbst weiß, hat er sichs Ernst seyn lassen. In seinen Studien und Beschäftigungen scheint er einige Mal variirt zu haben. In welchem Fach und wie weit er es gebracht, werden Sie sehr leicht beurtheilen, wenn Sie ihm, aus Freundschaft zu mir, einen Augenblick schenken, und ihm sofern er es verdient, die Erlaubniß ertheilen wollen, Sie wieder zu sehen.

Ich würde das Nähere von ihm schreiben können, wenn er von Göttingen aus über Weimar nach Berlin ginge, wie ich anfangs glaubte, und mich hauptsächlich dadurch bewegen ließ, Madam Schopenhauer diesen Brief zuzusagen: denn ich wollte Ihnen wenigstens einen Theil der Bücher zusenden, die Ihnen gehören und deren Ich mich in Carlsbad bemächtigt habe. Die kleinen Schriften des Plutarch waren[171] gerade recht am Ort: sie unterhielten uns mehrere Wochen fast ganz allein, und ich habe mich so darein verliebt, daß Sie diese Übersetzung wohl schwerlich wiedersehen werden. Denn was sollte sie Ihnen auch, da das mir zugeschlossene Original Ihnen frey und offen steht. Ein paar Bändchen von dem Nachdruck der Wercke Ihres Freundes und ein paar andere, die mit Recht nicht einer Biene, sondern einer Hummel zugeschrieben würden, sollen Ihnen auf irgend eine Weise zukommen.

Was ich treibe, ist immer ein offenbares Geheimniß. Es freut mich, daß meine Farbenlehre als Zankapfel die gute Wirkung thut. Meine Gegner schmatzen daran herum, wie Karpfen an einem großen Apfel den man ihnen in den Teich wirft. Diese Herren mögen sich gebärden, wie sie wollen, so bringen sie wenigstens dieses Buch nicht aus der Geschichte der Physik heraus. Mehr verlang' ich nicht; es mag übrigens, jetzt oder künftig, wirken was es kann.

Zu Michaelis werden Sie mich auf einem wunderlichen Unternehmen ertappen. Ich sage davon weiter nichts, als daß ich's der Zeit ganz gemäß halte, das Faß in dem man gewohnt, auf und abrollen, damit man nicht müßig zu seyn scheine.

Aber warum ziehen Ihre Wolken nicht über uns her? Sind sie auch so hartnäckig, wie die Wolken des physischen Himmels, die uns ihre erquickliche[172] Gegenwart so lange entzogen? Wir hoffen darauf von einem Tage zum andern: lassen Sie uns nicht länger schmachten.

Überhaupt wäre es recht schön und freundlich wenn Sie die gegenwärtige Anregung nicht verklingen ließen, und mir einige Nachricht gäben, wie sie sich befunden, und was Sie auf Reisen und zu Hause merkwürdiges erlebt, auch was Ihre Universität für Hoffnungen giebt. Gar oft wünsche ich nur einige Tage vertraulichen Umgangs, um mich wohl im Leben als im Wissen, wie sonst wieder einmal gefördert zu sehen. Möge ich doch immer das Beste von Ihnen vernehmen. Was mich betrifft, so kann ich wohl sagen, daß meine körperlichen Zustände mich hindern nach meiner Art thätig zu seyn und den mäßigen Forderungen Genüge zu leisten, die ich und andre an mich machen.

Unser guter Wieland hat einen großen Unfall erlebt, wie Sie werden vernommen haben. Durch den Sturz eines Wagens ist er, bey seinen Jahren, über alle Erwartung. Der Fall an sich und die ihn begleitenden Umstände haben uns alle höchlich geschmerzt.

Nun, zum Ersatz, lassen Sie mich nicht lange ohne Nachricht, daß Sie vortrefflich befinden.

Weimar den 28. September 1811.

G.[173]


22/6199.


An die Badedirection in Halle

[Concept.]

Wohlgeborne,

Insonders hochgeehrteste Herren,

Ew. Wohlgebornen gefälliges Schreiben mußte sowohl Herzogl. Hoftheater Commission als auch mir persönlich besonders angenehm seyn, da wir durch die gegebene Nachricht unsern Wunsch, daß die hiesige Gesellschaft den Erwartungen des Hallischen Publicums entsprechen möchte, vollkommen erfüllt sahen, und daß das Unternehmen zu allseitiger Zufriedenheit ausgeschlagen sey.

Wie wir nun für die übernommene Bemühung und für die günstige Behandlung und die in allen Stücken geleistete Beyhülfe den verbindlichsten Dank sagen, so bekennen wir vorläufig, daß es uns ein angenehmes Geschäft seyn werde, Durchlaucht dem Herzog unserm gnädigsten Herrn, von dem Bisherigen unterthänigen Vortrag zu thun, und uns eine beyfällige Entschließung wegen der Zukunft zu erbitten. Wir werden nicht verfehlen, zu seiner Zeit von dem Erfolg umständliche Nachricht zu geben, und empfehlen sowohl uns als das Geschäft zu fortgesetztem Wohlwollen und Begünstigung.

Darf ich die Bitte hinzufügen, sowohl mich als die Sache denen dortigen verehrlichen Ober-Behörden,[174] welche soviel zum glücklichen Erfolg mitwirkt, dankbar zu empfehlen. Der ich die Ehre habe mit vollkommener Hochachtung mich zu unterzeichnen.

[Weimar] d. 28. Sept. 1811.


22/6200.


An Charlotte von Stein

[Weimar, Anfang October]

Hier Titel und Vorwort, die beyden letzten Bücher werden auch bald aufwarten.

G.


22/6201.


An Charlotte von Stein

[Weimar, Anfang October]

Darf ich um die ersten Bücher meines Lebensmährchens bitten? Ich werde sie nun bald completiren können.


22/6202.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

freundliches Schreiben wünschte am liebsten mündlich zu beantworten, weil dasjenige was mich beunruhigt alsdann wohl in kurzem abgethan seyn würde. Ich versuche jedoch meine Absicht zu concentriren und empfehle sie einer günstigen Beherzigung.

[175] Als Ew. Wohlgeb. im Jahre 1805 Sich, ausser der Hauptausgabe, noch einen Abdruck in Taschenformat vorbehielten, trug ich um so weniger Bedencken einzuwilligen, als ich mir denselben von jener verschieden dachte, wie ohngefähr der kleine Faust einen Maasstab zu geben schien, wobey ich voraussetze daß beyde Abdrücke wo nicht gleichzeitig hervortreten, doch kurz auf einander folgen würden. Wenn sich nun die Sache verzögerte und vor anderthalb Jahren eine Ankündigung des zweyten Abdrucks erschien; so glaubte ich um so weniger etwas dabey erinnern zu können, als noch genugsame Zeit vorhanden und ich Ew. Wohlgeb. so manches schuldig geworden, was mich zu einer lebhaften Danckbarkeit aufrief.

Sollte aber jetzt, kurz vor Ablauf des contracktli chen Termins, eine neue, der ersten fast gleiche Auflage, für geringen Preis ins Publicum gespendet werden; so sehe ich eine vorbereitete, korreckte und vollständige Ausgabe meiner Wercke, welche doch auch noch erleben möchte, ins Unbestimmte hinausgerückt, besonders wenn ich den vorhandenen Nachdruck und Unbilden der Zeit bedencke.

Diese meine Verlegenheit wird noch dadurch vermehrt, daß die Meinigen, denen ich, in Betracht der Vergänglichkeit eines menschlichen Individuums, von meinen oekonomischen Verhältnissen Notiz zu geben gewohnt bin, dieses Ereigniß mit einer besondern Ombrage betrachten, welche zu mildern ich mich nicht[176] im Stande sehe. Vielleicht entspringen diese Besorgnisse aus meiner Unkenntniß des Handelsganges und würden bey mündlicher wechselseitiger Erklärung wohl gehoben werden können.

Ich habe geglaubt unserm schönen vertraulichen Verhältnisse schuldig zu seyn Ew. Wohlgeb. diesen Anstos zu eröffnen und ich will nicht läugnen daß ich jene vorgeschlagne vorzurückende neue Ausgabe, als ein Ausgleichungsmittel dachte, wobey die Ihnen noch zustehenden zwey Jahre auf irgend eine beliebige, billige Weise in Betracht kommen müßten.

Überzeugen Sich Ew. Wohlgeb. daß mir in diesem Augenblicke alles vor der Seele schwebt was ich Ihnen seit so viel Jahren angenehmes, gutes und vortheilhaftes verdancke und eben deswegen mit unbegränztem Vertrauen die Zweifel eröffne die mich beunruhigen. Ich empfehle die Angelegenheit und mich Ihren freundschaftlichen Gesinnungen.

W. d. Octbr. 1811.

Goethe.


22/6203.


An Sulpiz Boisserée

Ihrem Brief, mein lieber Herr Boisserée, will ich nicht lange unbeantwortet lassen und über Ihren Vorsatz uns zu besuchen, sogleich einige Bemerkungen machen.

[177] Es kann mich und für uns Weimaraner überhaupt nur Gewinn seyn, wenn Sie uns wieder besuchen, und sogar die schönen Gemälde, wovon wir so viel Gutes gehört, zu uns bringen wollen. Allein ob Sie von dieser Expedition eben soviel Zufriedenheit haben werden, scheint mir eine andere Frage.

Ich muß Ihnen auf eine sehr naive Weise bekennen, daß Weimar sich auf eine ganz andere Art gegen Gäste als gegen Bewohner beträgt, und ich habe in der langen Zeit, daß ich mich hier befinde, gar manchen gesehen, der durch den ersten Empfang zum zweyten Kommen und längern Verweilen angereizt, sich zuletzt bitterlich über Gleichgültigkeit und Untheilnahme beklagen zu dürfen glaubte. Jedoch dieses bey Seite gesetzt, so bleibt es doch immer ein kostspieliges Unternehmen mit so viel Gemälden sich hieher zu bewegen. Ein Saal, wie Sie ihn zu verlangen scheinen, findet sich kaum. Ist indessen vielleicht Ihre Absicht, auf Ostern sich mit Ihren Bildern nach Leipzig zu begeben, um für sich und Ihre Unternehmung mehr Interesse zu erregen; so erhielte die Sache dadurch freylich ein anders Ansehen.

Auf alle Fälle, wenn Sie bey Ihrem Entschluß beharren, so würde ich rathen, daß Herr Bertram, wenn er die Bilder eingepackt und sie in Heidelberg einem Spediteur übergeben, zuerst hieher käme, sich sein Local selbst aussuchte und alsdann die Bilder nachkommen ließe: denn es wird bey Bestellung von[178] Quartieren wohl selten die Absicht des Fremden getroffen; nicht gerechnet, daß die Miethe von dem Tage an welchem die Abrede geschieht, gezahlt werden muß.

Mögen Sie mir hierauf etwas erwiedern, oder Herrn Bertram gleich hiehersenden, so werden Sie mich immer sowohl für Ihre Person als für Ihre Sache theilnehmend und thätig finden, der ich freylich bedaure so schöne Jahrszeit nicht auch in einem schönen Lande zuzubringen, recht wohl zu leben wünsche und mich Ihrem geneigten Andenken empfehle.

Weimar den 20. October 1811.

Goethe.


22/6204.


An Bernhard August von Lindenau

[Concept.]

[Weimar, 20. October.]

Hochwohlgeborner

Insonders hochzuehrender Herr,

Ew. Hochwohlgebornen hätten mich auf keine angenehmere Weise an die interessanten Gespräche erinnern können, welche ich bey Ihrem Hierseyn mit Ihnen zu führen das Glück hatte, als durch das übersendete reichhaltige Heft, welches ich gelesen und wieder gelesen habe. Besonders muß man die ersten Blätter sehr anziehend finden, in welchen Sie die höchsten Gegenstände, die der Sinn zu fassen, die Einbildungskraft zu ergreifen und der Verstand zu durchdringen strebt, mit Einsicht und Klarheit, mit[179] Ordnung und Kraft so darstellen, daß zugleich der Geist unterrichtet und aufgeklärt, und das Herz bewegt und erhoben wird. Fürwahr Sie haben damit auf eine sehr würdige Weise das bedeutende Gestirn das jetzt alle unsere Aufmerksamkeit fordert, auf seiner Bahn begrüßt.

Was die wissenschaftliche Sprache betrifft, so gestehe ich gern, daß ich Niemanden, am wenigsten dem Mathematiker verarge, wenn er sich wie seine Vorfahren und Kunstgenossen ausgedrückt. Derjenige dessen Lebensgeschäft es ist den geheimnißvollsten Kräften nachzuspüren, ihre Wirkungen im Besondern und Einzelnen auf das genauste zu beobachten, zu messen, zu berechnen und auf eine wunderwürdige Weise vorherzusagen, muß ja wohl das Recht haben, diesen Kräften solche Namen zu geben, die ihm am schicklichsten däuchten, und sich dieselben vorzustellen, wie es keiner Denkart am gemäßesten ist; ja vielleicht hat man im Gegentheil und andere nicht ganz mit Unrecht im Bedacht, daß wir nur einiger Bequemlichkeit willen, gewisse Formeln lieben, die uns, weil wir einmal damit zu operiren gewohnt sind, bey unsern allgemeinern Forschungen zum Leitfaden dienen können.

Dem sey jedoch wie ihm wolle, so bleibt die Ehrfurcht unverrückt, welche jeder für die großen und folgereichen Arbeiten, die von diesem kleinen Erdenrunde dem Weltall gleichsam gebieten, empfinden muß. Bleiben Ew. H. überzeugt, daß ich nichts mehr wünsche[180] als in Ihrer Nähe von jenen erhabenen Gegenständen, insofern es mir gegönnt seyn möchte, genauere Kenntniß zu erlangen, und mich mit Ihnen über manches zu unterhalten, wodurch ich nicht geringe Förderung mir versprechen könnte. Der ich die Ehre habe mich mit vollkommener Hochachtung zu unterzeichnen.


22/6205.


An Franz Ludwig Carl Friedrich Passow

Ew. Wohlgeboren

hätte schon früher für den übersendeten Longos auf das Verbindlichste danken sollen. Ich habe von je her für dieses Gedicht eine ganz besondere Vorliebe gefühlt und dem reichen Gehalt, dem vortrefflichen Plan, der glücklichen Bearbeitung desselben gar manche Betrachtung zugewendet. Diesmal aber ist es mir noch werther geworden, theils weil ich es in der anmuthigen Übersetzung mit größerer Bequemlichkeit genießen konnte, theils weil ich zum erstenmal das bisher fehlende bedeutende Stück kennen lernte. Es überraschte mich dasselbe, als ich im Laufe des Lesens unvermuthet darauf stieß, und ich mit Verwunderung anerkennen mußte, daß erst durch dieses bisher unbekannte Glied das höchst schätzbare Werck zu einem wahren Kunstganzen hergestellt worden. Nehmen Sie also meinen besten Dank für dieses mir verschaffte Vergnügen, das ich sonst vielleicht noch lange entbehrt oder wenigstens nicht so lebhaft genossen hätte!

[181] Über den neuen, mir mitgetheilten Plan wünschte ich mich mit Ihnen und Ihrem werthen Herrn Collegen, dem ich mich bestens empfehle, mündlich unterhalten zu können, weil es schwer ist, schriftlich, kurz und klar über solche Gegenstände sich auszudrücken, um so mehr als meine Gesinnung mit der Denkweise der Zeit gerade in Opposition steht. Ich habe es immer in der zweyten Hälfte des vorigen Jahrhunderts mehr und mehr überhand nahm, daß man zwischen Exoterischem und Esoterischem keinen Unterschied mehr machte, daß man die Grundsätze und Maximen, nach welchem man lehrt und handelt, früher als die Lehre und das Handeln selbst öffentlich werden läßt, da doch sowohl das Beyspiel der ältern Weisen als die Erfahrungen an dem neuern Thun und Treiben uns hätten aufmerksam machen sollen daß man seinen Zweck vernichtet, indem man ihn voraussagt, daß eine Handlung, wenn sie glückt, nicht contestirt wird, wohl aber nichts mehr Widerspruch erleidet als eine vor, ja sogar nach der That ausgesprochene Maxime. Möchte ich doch mit Pallas (Allgemeine Zeitung Nro. 285) ausrufen: »Die Wahrheit hätte nur unter uns Akademikern bleiben sollen!«

Ferner hat mich die Erfahrung gelehrt, daß man, besonders in Deutschland, vergebens Mehrere zu Einer Absicht zusammenruft. So viel Köpfe, so viel Sinne, ist eigentlich die Devise unserer Nation. Betrachte[182] ich noch dabey die gegenwärtige Zeit und den abgelegenen obgleich in mancher Rücksicht günstigen Wohnort, betrachte ich die babylonische Verwirrung, welche durch den Pestalozzischen Erziehungsgang Deutschland ergriffen, ob ich gleich von seinem vorgehabten Thurmbau das Beste denken will: so glaube ich Ihrem Unternehmen wenig Glück weissagen zu können. Weil jedoch Niemand die Möglichkeiten übersieht, so will ich wünschen und hoffen, daß Alles zum Vortheilhaftesten gedeihen möge, welches um so eher denkbar ist, als Sie in Ihrem Kreise ungestört nach Ihrer Überzeugung das Gute wirken können, wenn es auch von außen weder gefördert noch anerkannt werden sollte. Gehen tüchtig gebildete junge Leute von Ihnen aus, woran ich nach genauer Betrachtung Ihres ersten Programms nicht zweifle, so ist das Beste gethan und der schönste Zweck erreicht. Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit hören, wie Ihr Unternehmen vorwärts schreitet, und es wird mir angenehm seyn, wenn meine vielleicht hypochondrische Ansicht der Sache durch einen glücklichen Erfolg aufgeheitert werden sollte.

Der ich recht wohl zu leben wünsche,

Weimar, den 20. October 1811.

Goethe.


22/6206.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

Es ist der ernsten und ahndungsvollen Erwartungen, welche denjenigen die ein höheres Alter[183] erreichen, vor Augen schwebt, daß oft Jüngere die ein größeres Recht hätten länger hier zu verweilen, unaufhaltsam früher dahin gegriffen werden. Der Verlust Ihrer theuren Gattinn ist auch mir sehr empfindlich. Ich hatte seit langer Zeit viel Liebes und Gutes von ihr gehört, ja wer von ihr sprach, zeigte einen Enthusiasmus der mich in er Ferne ein eignes vorzügliches Wesen ahnden ließ. Wenn sie bey so viel liebenswürdigen und edlen Eigenschaften mit der Welt nicht einig werden konnte, so erinnert sie mich an ihre Mutter, deren tiefe und zarte Natur, deren über ihr Geschlecht erhobener Geist sie nicht vor einem gewissen Unmuth mit ihrer jedesmaligen Umgebung schützen konnte. Obgleich in der letzten Zeit fern von ihr, und nur durch einen seltnen Briefwechsel gleichsam lose mit ihr verbunden, fühlte ich doch diesen ihren, der Welt kaum angehörigen, Zustand sehr lebhaft und ich schöpfte daraus bey ihrem Scheiden zunächst einige Beruhigung.

Meine liebe Nichte habe ich niemals gesehen, aber doch immer an derselben, so wie an Ihnen und an den lieben Ihrigen aufrichtigen Antheil genommen. Möge es Ihnen gelingen in der Erziehung und Bildung der Zurückgelassenen einen thätigen Trost zu finden, und sich an den Ebenbildern der Mutter noch lange zu ergötzen.

Möge mir auch einmal das Vergnügen werden Sie in dieser spätern Zeit kennen zu lernen, wo man[184] immer mehr nöthig hat sich an diejenigen anzuschließen, von deren redlichen Gesinnungen und unterbrochenem Bestreben man genugsam überzeugt ist.

Leben Sie recht wohl und gedenken meiner unter den Ihrigen.

Weimar den 20. October 1811.

Goethe.


22/6207.


An Carl Friedrich von Reinhard

Ich habe gezaudert, verehrter Freund, Ihnen auf den lieben und interessanten Brief den ich durch Herrn von Spiegel erhielt, zu antworten, weil ich das beykommende Büchlein zugleich überschicken und Ihrer freundlichen Theilnahme empfehlen wollte.

Was Herrn Le Febre betrifft, so hat sich derselbe in seiner Relation wahrhaft diplomatisch bewiesen. Ich bin Ihnen für die Bemühung sehr dankbar, welche Sie beym Abschreiben einer langen Stelle seines Briefs übernehmen wollen. Es war mir sehr angenehm zu sehen, daß er den Sinn, den Inhalt und die Ausdrücke unsres Gesprächs so gut aufgefaßt; und es geschieht wohl selten, daß unsere Absichten von einem Fremden, mit dem wir uns zum erstenmal unterhalten, so gut aufgenommen werden. Bis auf ein einziges Wort (statt judicieux lies circonspect) kann ich die ganze Relation, insofern sie das was ich gesagt und gewollt betrifft, unterschreiben. Dasjenige was er günstig[185] von mir urtheilt, erkenne ich mit dankbarer Bescheidenheit. Doch bin ich überzeugt, daß er weder so viel Theil an mir genommen, noch so vortheilhaft von mir geurtheilt hätte, wenn er nicht lange an Ihrer Seite gelebt und durch Ihre freundschaftlichen Gesinnungen zu einem günstigen Vorurtheil für mich geleitet worden.

Das Französische soll nach Ihrer Aufmunterung lebhafter betrieben werden. Meine Jugendgeschichte zeugt freylich gegen mich, und ich gestehe gern, daß ich es in dieser Sprache hätte weiter bringen sollen.

Mehr nicht für dießmal, damit das Bändchen nicht liegen bleibe. Sie werden in demselben gar manche unmittelbar an Sie gerichtete Stelle finden. Leben Sie recht wohl und gedenken meiner, so bey dieser wie bey andern Gelegenheiten.

Weimar den 26. October 1811.

Goethe.


22/6208.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr,

Ew. Wohlgebornen anzuzeigen, daß die übersendete Kiste gestern glücklich angekommen, will ich nicht aufschieben, um so weniger als ich noch zu berichten habe, daß die früher mir durch Herrn Staats-Rath Uhden zugesendeten Stücke mir auch wohlüberliefert worden.[186] Nehmen Sie meinen aufrichtigen Dank für die vielfachen Besorgungen, und haben Sie die Güte dem Herrn Doctor Textor für die Handschuhe, die mir sehr große Freude gemacht haben, und Herrn von Gering für das Städtchen, das als das Tüppchen auf dem J anzusehen ist, meine besondere Danksagung abzustatten ist, meine besondere Danksagung abzustatten.

Aus dem beyliegenden Bändchen werden Sie ersehen, wie diese Alterthümer bey mir wieder ins Gedächtniß gekommen, und werden es natürlich finden, daß die Personen, welche mich hier umgeben, auch einen anschaulichen Begriff davon zu haben wünschen. Was das Büchelchen selbst betrifft, so empfehle ich es Ihrem Herzen. Ich sage nichts über die Behandlung dieser Gegenstände: Sapienti sat!

Das große Buch Ihres Herrn Vaters hat mich in Verwunderung gesetzt: es zeugt von seiner Thätigkeit und Ordnungsliebe. Ich werde es durchgehen und mir daraus manche Epochen, sodann aber solches gleich zurücksenden.

Von Herrn Bruder habe ich einen sehr liebenswürdigen Brief aus Rom erhalten. Eine Antwort, die nächstens erfolgen soll, bin ich so frey Ihnen zu weiterer Beförderung zuzusenden. Er ist freylich dort jetzt in einer sonderbaren Lage, da er die alte Herrlichkeit immer mehr verschwinden sieht, und doch begreif ich wohl, wie man sich von diesem scheidenden Meteor nicht wegwenden mag.

[187] Der Verlust, den der gute Nicolovius erlitten, hat mich sehr geschmerzt. Ich habe das liebe Wesen nie kennen lernen, aber soviel Gutes von Ihr gehört, daß ich ihr Scheiden doppelt bedauern muß. Möge ich Ihnen und den lieben Ihrigen, denen ich mich bestens empfehle, immer nur Gutes und Gedeihliches vernehmen.

Weimar den 28. October 1811.

Goethe.


22/6209.


An Christian Gottlob Voigt

Indem ich Ew. Excellenz für die neuliche Eröffnung und die übersendeten Ackten meinen verbindlichsten Danck abstatte, übersende zugleich ein ostensibles Blat um solches allenfalls Serenissimo vorlegen zu können. Ich habe geglaubt die zugedachte Gnade pure acceptiren zu müssen, obgleich mancherley Bedencklichkeiten bey der Sache obwalten. Finden Ew. Excellenz irgend einen Grund jenes Blat bis zu meiner Wiederkunft zurückzuhalten, so sey es Ihnen ganz überlassen.

Freytag bin ich auf alle Fälle wieder in Weimar. Die hiesigen Museen nehmen sich sehr artig aus; ich werde nicht verfehlen eine umständliche Relation abzustatten und was nun zunächst nothwendig wäre, vorzulegen.

Herr v. Hendrich entschuldigt sich mit Serenissimi Aufträgen und der Nothwendigkeit die Zimmer endlich[188] wohnbar zu machen. Leider verschafft man sich in solchen Fällen nicht erst eine Übersicht und ist die Sache begonnen; so weis man nicht wohin die Sache hinausläuft. Ich theile die Besorgnisse Ew. Excellenz und dies Unbehagen.

Die Frau Accessistinn ist eine artige Erscheinung.

Darf ich bitten diese Spätlinge des Vogelfangs mit Erinnerung meiner froh zu verzehren.

d. 5. Nov. 1811

G.


[Beilage.]

[Concept.]

[Jena, 5. November.]

Die von Ew. Excell. mir bekannt gemachten gnädigsten Gesinnungen Serenissimi gegen meinen Sohn fordern mich jemehr ich sie bedencke immer zu größerer Bewunderung und Erkenntlichkeit. Die Stelle eines Landraths, wie die letzte Instruktion sie näher bestimmt und begränzt, ist ohne Zweifel die wünschenswertheste für einen jungen Mann. Er findet sich im Falle seine Fähigkeiten auszubilden und zugleich seine Thätigkeit frey zu zeigen und dadurch von seinen Vorgesetzten wie von seinem Fürsten beurtheilt und bekannt zu werden. Ich eile daher die mir und meinem Sohn zugedachte Gnade auf das danckbarste unterthänigst anzuerkennen, die weiter Leitung und Vollführung höchster Anordnung und Ew. Excell. freundschaftlicher Mitwirckung vertrauensvoll anheimgebend.

[189] Dürfte ich noch eine Bitte hinzufügen; so wäre es: daß meinem Sohn erlaubt sey den Charackter als Cammerassessor dabey fortzuführen und daß jene Stelle zu der ihm das vorjährige gnädigste Deckret wenigstens einige Hofnung gemacht worden, solange offen behalten werde bis er zeigen kann in welchem Grade er bey solchen Geschäfften sich gewandt und brauchbar erweise.

Alles jedoch höheren Ermessen, mit wiederhohltem Dancke für alles Bisherige, lediglich überlassend.


22/6210.


An Elisabeth von der Recke

Hochgebohrne Gräfinn,

gnädige Frau,

Sie haben mir, verehrte Freundinn, seit meinen Jünglingsjahren, so viel Gunst und Freundschaft erwiesen, daß ich wohl hoffen darf, Sie werden auch diesmal den Knaben gütig aufnehmen. Beschauen Sie in diesem Bändchen aufgeführte Bilderreihe mit nachsichtiger Aufmercksamkeit, und sagen mir ein treues Wort, wie sie Ihnen erscheint und was Sie von der Folge erwarten und hoffen.

Seit manchen Jahren bin ich Zeuge der schönen Wirckungen, die Ihnen erscheint und was Sie von der Folge erwarten und hoffen.

Seit manchen Jahren bin mich Zeuge der schönen Wirckungen, die Ihnen das Vaterland zu verdancken hat, und ich muß mir im Voraus die Erlaubniss erbitten,[190] davon zu seiner Zeit nach meiner Überzeugung sprechen zu dürfen.

Bey soviel unerläßlichen Widerwärtigkeiten, die der Mensch zu erdulden hat, bey unvermeidlicher Spannung und Widerstreit, macht er sich oft ganz willkürlich ein Geschäft sich von andern zu trennen. Diesem Übel zu begegnen haben die vorsehenden Gottheiten solche Wesen geschaffen, welche durch die vorsehenden Gottheiten solche Wesen geschaffen, welche durch eine glückliche Vermittlung dasjenige was sich ihnen nähert zu vereinigen, Misverständnisse aufzuheben, und einen friedlichen Zustand in der Gesellschaft herzustellen wissen. Sagte ich nun: Sie verehrte Freundinn, gehören zu diesen; so würde ich viel zu wenig sagen. Denn auf meinem Lebenswege ist mir niemand begegnet, dem jene Gabe mehr wäre verliehen worden als Ihnen, oder der einen so anhaltenden, so schönen Gebrauch von derselben gemacht hätte.

Auch ich und die Meinigen haben davon vergangnen Sommer die wünschenswerthesten Wirckungen erfahren. Meine Frau, die sich Ihnen angelegentlichst empfielt, ist noch immer durchdrungen und bewegt von Ihrer Güte, und in unserm kleinen Familienkreise wird Ihr Andencken als eines wohlthätigen Genius verehrt. Möge uns das Glück beschert seyn, Ihnen, Verehrte, wieder an der heilsamen Quelle zu begegnen, und uns von Ihrem Wohlbefinden gegenwärtig zu überzeugen.

[191] Möchten Sie uns gelegentlich Ihrer unvergleichbaren fürstlichen Schwester, Ihren liebenswürdigen Richten, namentlich der Fürstinn von Hohenzollern, auf das dringendste empfehlen, nicht weniger uns in das Andencken des Herrn Tiedge zurückrufen; so würden Sie uns auf's Neue und wiederholt verpflichten. Erlauben Sie daß ich nun schließe und mich verehrend unterzeichne

Weimar d. 8. Nov. 1811.

Goethe.


22/6211.


An Christine de Ligne

[Concept.]

Läugnen darf ich nicht, meine schöne Gnädige, daß, schon vor geraumer Zeit, ein allerliebster Curier bey mir angekommen, an dessen Depeschen, so wie an seinem anmuthigen Gruß, ich mich auf's innigste ergötzt habe. Ich behielt ihn bey mir und behandelte ihn aufs beste, indem ich hoffte er sollte mir bey meiner Ankunft in Töplitz, wenn ich ihn zur Anmeldung vorausschickte, eine günstige Aufnahme bereiten.

Unglücklicher Weise ward ich von Carlsbad gerade wieder nach Hause geführt und ich wußte nun nicht wie ich meine doppelte Verzögerung auf irgend eine Art entschuldigen sollte.

Nun aber kommt vor einiger Zeit glücklicher Weise der Dechant aller Prinzen, und das Muster aller Grosväter (und wovon nicht alles noch Muster) unser[192] kleines Weimar durch seine Gegenwart zu beglücken und mich besonders, indem er mir keinen Zweifel läßt daß er mir seine unschätzbare Huld beständig erhalten wollen und daß er mir seine unschätzbare Huld beständig erhalten wollen und daß ich in dem verehrten Kreise des Schlosses von Töplitz noch in günstigen Andencken stehe.

Die Tage des Hierseyns dieses erfahrnen, geistreichen, einzigen Fürsten flohen schnell vorüber, wie denn die Zeit in seiner Gegenwart gar nicht verweilen kann, und beym Abschiede waren wir alle verwundert, ja betäubt, daß er uns unsern Fürsten entführte; ob wir dieses gleich ganz natürlich fanden; denn wer mag sich gern von ihm trennen. Herr von Spiegel übernahm gefällig mich in Töplitz aufs dringendste zu empfehlen.

Nun, bey unsers theuren Fürsten Zurückkunft, höre ich von bevorstehenden Festen, bey welchen man sich freylich glückwünschend einfinden muß. Zugleich vernehme ich daß Sie schöne Freundinn einigen Werth auf ein Blat legen wollen auf welchem ich der lieben Natur mit eingeübter Hand etwas abzugewinnen versucht, ja daß Sie es sogar in das Büchlein der Erinnerung aufzunehmen gedencken. Beschämt von dieser Güte sende ich mehrere zu beliebiger Auswahl und völliger Disposition.

Damit aber doch mein Andencken auf eine etwas anständigere Weise bey Ihnen verweile; so lege ich ein paar Blätter bey welche der geschickte Hammer[193] in Dresden nach meinen Scizzen ausgeführt, die eine Übersicht von Bilin, und den Platz vor dem Thore dieses anmuthigen Städtchens vorstellen.

Möchten Sie diese Bilder unter Rahmen und Glas in dem Cabinete aufhängen. in welchem Sie in Gesellschaft Ihres fürtrefflichen Gemahls und dereinst umgeben von liebenswürdiger Familie die glücklichsten Stunden zubringen, und dabey desjenigen gedencken dem Ihre Vorzüge welche Sie der Natur und Bildung verdancken immer gegenwärtig sind.

Indem hohen Claryschen Hause bitte mir eine gnädige Aufnahme bey meiner Rückkehr nach Töplitz gütig zu bereiten und mein Andencken in dem Herzen des grosväterlichen Fürsten nicht ersterben zu lassen.

[Weimar] 10. Nov. 1811.


22/6212.


An Carl Friedrich Zelter

Die Rübchen sind glücklich angekommen, wofür Sie bey jedesmaligen Genusse derselben den schönsten Dank haben sollen. Die Comödienzettel auf dem Grunde sind gleich zum Buchbinder gegangen. Wenn sie in schön geordnetem Volumen zurückkehren, werde ich die theatralische Bahn des vorigen Jahrs aufmerksam verfolgen und mich von mancherley dadurch belehren.

[194] Auch Ihr lieber Brief vom 25. October hat mich sehr erfreut. Daß Ihr Geschäft glücklich abgelaufen, dazu gratulir' ich. Länder, Menschen und Anstalten haben Sie manche gesehen, und ich danke für die wenigen aber bedeutenden Bemerkungen, die Sie mir mittheilen.

Hierbey folgt das verlangte und Ihnen längst zugedachte Büchlein. Hier tritt der Widerstreit zwischen Erziehung und Neigung und Leben viel verwickelter hervor als bey dem was Sie uns von Ihren frühern Jahren vorlasen. Was bey Ihnen nur Zwiespalt ist, ist hier hundertfältig. Nehmen Sie das alles mit freundlichen Wohlwollen auf.

Brizzi ist wieder hier, und wir hören heute Abend Ginevra, Königinn von Schottland. Ich wünschte, daß Sie bey uns wären, theils um dieses Fest mitzugenießen, theils mir Aufschlüsse über die Composition zu geben, damit mein Genuß zugleich sinnig und verständig wäre.

Fragen Sie doch gelegentlich meine Berliner Gegner, ob sie Ihnen nicht die Versuche worauf es eigentlich ankomme, zeigen könnten. Thun Sie aber ja, als wenn die Frage aus Ihnen selbst käme, und suchen Sie dadurch zu erfahren, ob sie denn auch wirklich sich einen Apparat angeschafft haben, um alles darzustellen wovon eigentlich die Rede ist.

Wenn von Composition einer Arbeiten die Rede gewesen wäre, so hätte ich nicht leicht auf die[195] Geheimnisse gerathen. Sie machen mich durch diese Nachricht sehr neugierig. Für dießmal nicht mehr als noch ein herzliches Lebewohl.

Weimar den 11. November 1811.

G.


22/6213.


An Johann Friedrich Cotta

Das Verhältniß zwischen Autor und Verleger die Goethischen Wercke betreffend ist nur aus Briefen ersichtlich, weil niemals darüber ein eigentliches Instrument aufgesetzt und vollzogen worden. Zu leichterer Übersicht lege ich daher, das hierauf bezügliche wie es sich in meinen Papieren findet, in bequemer Gegeneinanderstellung bey und bitte um gefällige Prüfung.

A.) In dem Goethischen ersten Promemoria, wird in der sub A. angeführten Stelle das Recht dieser Auflage auf 5 bis 6 Jahre zugestanden.

B.) Der Herr Verleger wünscht diese 6 Jahre von der Herausgabe der letzten Lieferung an und rechnen und da diese Ostern 1808 intentionirt war; so spricht er den Terminum ad quem Ostern 1814 aus.

C.) In er Antwort sub C. giebt der Verfasser in so weit nach daß er acht Jahre von der ersten Lieferung an zugesteht; es bleibt aber unverrückt bey dem Schlußtermin 1814.

D.) In dem Briefe, ausgezogen sub D. zeigt sich die Besorgniß des Herrn Verlegers daß er vielleicht[196] durch Saumseligkeit des Verfassers zu Schaden kommen könne, und er bedingt sich daher: wenn der Verfasser mit der letzten Sendung zaudern werde auch seine letzte Zahlung zurück zu halten. Von Verrückung des Verlags-Rechts in solchem Falle war nicht die Rede. Jene Besorgniß aber ward dadurch gehoben daß der Autor mit Ablieferung des Manuscripts nicht säumte, wogegen auch der Verleger die Zahlung in Termino leistete. Der Schluß Termin des Verlag-Rechts 1814 blieb in voller Kraft.

E.) Daß nun in der Folge, auf Antrag des Herrn Verlegers, die Wahlverwandschaften als 13. Band abgedruckt wurden kann keine Änderung machen. Der Verfasser willigte unter dem Zusatz ein: daß es damit wie mit dem Übrigen gehalten werde. Welche Worte wohl keine andre Auslegung erleiden, als daß das Verlags-Recht auch dieses Bandes sich bis Ostern 1814 erstrecken solle.

Soviel habe ich mir bey öfters wiederhohlter Prüfung der Sache deutlich machen können, und bitte um gleichfalls gefällige Beherzigung.

Weimar d. 16. Nov. 1811.

Goethe.


Vorstehendes habe noch einige Tage bey mir liegen lassen und die Sache von allen Seiten zu betrachten. Nun ist wohl einzusehen wie solche Umstände, besonders in diesem Falle, eher hundert[197] dergleichen Verhältnisse hat, als dem Autor der nur in diesem einzigen steht, aus dem Gedächtniß schwinden können. Ich sage nicht mehr um die Sendung nicht länger zurück zu halten. Die übrigen Puncte beantworte nächstens. Mich bestens empfehlend

Goethe.


[Beilage.]

A.

In dem Göthischen Promemoria vom 14. Juni 1805 heißt es:

Das Recht für diese Auflage würde etwa auf 5 bis 6 Jahre zugestehn.


Auszug contracktlicher Briefe von 1805.

B.

Ich übernehme den Verlag Ihrer Wercke für 10000 rh. in den festgesetzten Terminen, da das Ganze aber ein bedeutendes Capital beträgt so setze ich voraus, daß das Recht für diesen Verlag sich auf 6 Jahre von der Herausgabe der letzten Lieferung an gerechnet erstrecken werde, also z.B. 1808 Ostern erscheint die letzte Lieferung, so habe ich bis 1814 Ostern das Recht des Verlags.

2.) Ich bin nicht blos an die festgesetzte saubre und geschmackvolle Handausgabe mit deutschen Lettern gebunden sondern darf auch andre Formen wählen, wenn ich es z.B. räthlich fände die Idee einer Taschenausgabe auszuführen.

[198] 3.) Ich habe nach Verdruß der 6 Jahre das Vorrecht vor jedem andern Verleger bey Eintretung in gleiche Verbindlichkeit.

4.) Sie vertreten mich bey den bisherigen Verlegern, Göschen, Unger pp.

5.) Bis zum Absatz der ersten Auflage findet keine neue statt; falls diese auch länger als 6 Jahre erforderte.

pp

Tübingen d. 6. Jul.

Cotta.

1805.


C.

ad. 1) Da bey einer Übereinkunft, für beyde Theile das Gewisse wünschenswerth ist; so möchte wohl der Termin von der Herausgabe der ersten Lieferung zu rechnen seyn. Wogegen ich zufrieden bin daß er auf 8 Jahre erstreckt werde. Also z.B. von Ostern 1806 bis Ostern 1814.

ad. 2) bin es zufrieden.

ad. 3) bin es gleichfalls zufrieden (würde nun heißen nach Verlauf der 8 Jahre.)

ad. 4) (Wurde dieser Punckt bejaht.)

ad. 5) (Wurde dieser Punckt abgelehnt.)

Lauchstedt

Goethe.

d. 12. August.

1805.[199]


D.

Auszug eines Briefes

Tübingen vom 30. August 1805.

Statt 6 Jahre werden also 8 für das Verlagsrecht das heist also bis Ostern 1814 bestimmt. Da die Herausgabe aber doch als ein Ganzes betrachtet werden muß und es also für mich von wesentlichem Belang ist wann die letzte Lieferung erscheint; so war dies der Grund warum ich von dieser den Terminum a quo setzen wollte. Ich überlasse dies Ew. Excell. in vollstem Vertrauen. Denn sonst wäre noch ein Ausweg möglich, nämlich da nach Dero Intention doch 1808 die letzte Lieferung erscheinen soll; so könnten die auf Ostern gedachten Jahres zu bezahlenden letzten 3000 rh. an diesen Termin so geknüpft werden daß wir übereinkämen: diese Summe sey Ostern 1808 zu bezahlen, falls das letzte Manuscript vor oder auf diesen Termin an mich abgeliefert sey, wo nicht so bestimme die Ablieferung dieses Mspts sodann den Termin dieser letzten Zahlung.


E.

Auszug eines Briefes

Jena vom 1. October 1809.

Daß der Roman als Fortsetzung meiner Wercke abgedruckt werde bin ich wohl zufrieden, und so daß es damit wie mit dem Übrigen nach unsrer Verabredung gehalten werde.

G.[200]


22/6214.


An Carl Bertuch

Ew. Wohlgebornen.

übersende hierbey das Namenregister meiner Autographa, mit dem Ersuchen, dieselben auf neulich schon gemeldete Weise auf ein Quartblatt drucken zu lassen, so nämlich, daß vier Columnen auf eine Seite kommen, und daß die Schrift gebraucht wird, womit die Species im Belvedereschen Verzeiniß gedruckt sind.

Da ich noch am Ende eine Bitte um Beyträge hinzugefügt habe, so könnte vielleicht die zweyte Seite nicht ganz hinreichend seyn. In diesem Fall ersuche ich Ew. Wohlgebornen soviel unbedeutende oder unbekanntere Namen wegzusteichen, deren es besonders unter den älteren noch manche giebt. Zugleich bitte, eine recht genaue Correctur zu besorgen. Die Revision kann bis zu meiner Ankunft, welche Sonnabends erfolgen wird, liegen bleiben. Der ich mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Jena den 25. November 1811.

Goethe.


22/6215.


An Silvie von Ziegesar

[Jena, etwa 25. November.]

Die Unbeständigkeit der theatralischen Dinge giebt mir Gelegenheit meiner lieben, beständigen Freundinn nochmals zu schreiben. Ginevra ward Sonnabend nicht gegeben, sie erscheint Mittwoch. Sonnabend hingegen[201] und Montag tritt Achill auf, vorausgesetzt daß sich nicht wieder böse Dämonen einmischen wollen. Dem verehrten Papa die...[202]


22/6215a.


An Antonio Brizzi

[Concept.]

Monsieur,

Monseigneur le Duc est très faché de voir évanouir l'espérance de Vous posséder plus longtemps. Pour moi je me trouve dans le même cas. Cependant Vos engagemens Vous appellent alieurs, il[392] faut bien céder, et ce n'est qu'avec regret, que nous Vous verrons partir après la seconde représentation d'Achille. Soyez persuadé, que le souvenir des belles soirées que Votre double talent nous a procuré ne sortira pas de notre memoire, et que je cesserai jamais de m'avouer...

Jena le 26. Novembre 1811.[393]


22/6216.


An Christian Gottlob Voigt

Zum stillen Feste wünsch ich vom Herzen Glück und hoffe dem lieben Paare bald etwas freundliches erzeigen zu können.

Jena den 26. Nov. 1811.

G.


22/6217.


An Antonio Brizzi

[Concept.]

Monsieur

Ayant reçu votre lettre du 23. au moment que Msgr. le Duc se trouvoit à Jena, je n'ai pas manqué de faire relation du contenu à Son Altesse, en tachant d'eclaircir l'erreur glissé dans la lettre de Munic qui Vous faisoit tant de peines.

Msgr. quoique avec regret a consenti, que Vous partiriez selon vos souhaits aprés la seconde représentation d'Achille, et j'ai cru de mon devoir de Vous donner dabord conaissance de cette resolution. À present ma lettre Vous sera parvenue.

Pendant ce tems Vous avez adressé quelque piece justificative à Msgr. qu'il a bien voulu me communiquer, et que je joins à la présente.

[202] Le sentiment de Son Altesse est toujours le même. Elle est seulement fachée de ne pas pouvoir accepter votre offerte pour le Fevrier, Msgr. ayant l'intention de faire justement par ce tems un voyage pour le Meclembourg qui surement ne Lui feroit pas un plaisir complet si Il Vous savoit ici pendant Son absence.

Je me hâte de confirmer par celle-ci le contenu de ma précedente, et j'espère de pouvoir bientôt Vous prouver de bouche combien je sais apprecier des talens si distingués, dont je m' avouerai toujours.

Jena le 27. Nov. 1811.


22/6218.


An Carl Bertuch

Mit vielem Dank, daß sie meine Sammlung mit einigen Beyträgen sogleich bereichern wollen, wie ich sie Ihnen auch ferner empfohlen haben will, sende ich hier die Correctur zurück. Wir wünschen noch ein Blatt zur Revision zu erhalten. Die sämtlichen 300 Exemplare würden auf so feines Papier gedruckt, wie diese Correctur, damit ich theils meinen Namen unterschreiben kann, theils auch daß es sich leichter als Beylage eines Briefs versenden lasse. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 1. December 1811.

Goethe.[203]


22/6219.


An Carl Bertuch

Ew. Wohlgebornen erhalten hier das revidirte Blatt zurück. Sie werden entschuldigen, daß einige Einschaltungen und Umstellungen beliebt worden sind. Vielleicht mögen Sie uns eine nochmalige Revision schicken. Bey einem Blättchen, das so weit umher reisen soll, gibt man sich billig einige Mühe. Von meinen Dubletten steht, was Ihnen fehlt, zu Diensten.

Weimar den 5. December 1811.

Goethe.


22/6220.


An Carl Bertuch

Ew. Wohlgebornen werden nunmehr den Abdruck gefällig befördern und mir die 300 Exemplare zugleich beschneiden lassen. Daß sie vorher genugsam abtrocknen, um nicht abzufärben, darf ich wohl kaum erinnern. Mich bestens empfehlend.

Weimar den 5. December 1811.

Goethe.


22/6221.


An die Hoftheater-Commission

Serenissimo wären die den Unfug des Schauspieler Deny betreffenden Papiere unterthänigst vorzulegen damit Höchstdieselben die äußerste Unart selbst beurtheilen[204] können, mit welcher dieser rohe und incorrigible Mensch sich betragen. Leider bin ich Unterzeichneter selbst noch im Theater gewesen und habe mit anhören müssen, welch ein rasendes Geschrey, während noch ein Theil des Publicums zugegen war, sich erhob. Wäre ein Husar noch in dem Hause gewesen, so würde ich Deny sogleich haben arretiren lassen.

Die der Commission zugefügte Beleidigung ist im eigentlichen Sinne durch gar nichts abzubüßen; allein meo voto kann er wenigstens nicht vor Dienstag Mittag von der Hauptwache entlassen werden, weil sonst gar keine Proportion mit dem was in ähnlichen Fälle geschehen, beobachtet würde; wie man denn den Beckerischen Fall hierbey erwähnen kann. Das Weitere meinen Herrn Mit-Commissarien überlassend

s. m.

Weimar den 6. December 1811.

G.


22/6222.


An Friedrich Maximilian Klinger

[Concept.]

Ihre sehr liebe Sendung kommt in dem Augenblick an, da ein Courier nach Petersburg abgeht, und ich erfreue mich höchlich sie sogleich zu erwiedern. Hier haben sie unser altes Frankfurt, in welchem Sie sich gewiß wieder erkennen werden, und mit Lust. Das ist der erste Theil, und im dritten erlauben[205] Sie mir, daß ich sie auch vorführe das räuchrige Zimmerchen neben der Klingelthüre war ein gutes Nest, wo manches brütete. Ich freue mich darauf, daß es Ihnen Spaß machen wird, wie ich mich aller der Eigenthümlichkeiten erinnere, aus denen so viel ausgegangen ist. Ihr immer noch wunderliches Siegel bürgt mir dafür. Möchten sie dem beyliegenden Blättchen eine recht freundliche Aufnahme gönnen! Ihr lieber Brief ist gleich eingeschaltet worden. Was soll's denn weiter als daß man das unmittelbare Andenken der Tüchtigen erhält. Können sie mir auch nur Namens-Unterschriften der Kaiser und Kaiserinnen, der Größten des Reichs, in Kriegs- und Friedens-Geschäften, der Akademiker, und bedeutender Menschen jeder Art, gelegentlich übersenden; so erzeigen Sie mir was außerordentlich angenehmes. Bisher habe ich die Art oder Unart gehabt alles Vergangene eher zu vertilgen als zu bewahren. Nun mag die Zeit des Bewahrens, wenn auch zu spät, eintreten. Mehr sag' ich nicht, aber ich bitte, da doch zwischen dem großen Petersburg und dem kleinen Weimar eine so liebenswürdige Wechselwirkung besteht, Niemanden wegzulassen der nicht etwas an mich bringe, und ich will das gleiche thun. Das Leben ist den Sibyllinischen Büchern ganz gleich; je knapper, je theurer. Leben sie wohl und gedenken mein, wie am Anfang und Mittel, so am Ende.

[Weimar] d. 8. Dec. 1811.[206]


22/6223.


An Carl August Varnhagen von Ense

Zu einer Zeit, da ich im Begriff stehe, mir und anderen von meinem Leben und meinen Werken Rechenschaft zu geben, konnte ich wohl nichts erwünschter seyn als zu vernehmen, wie so bedeutende Personen als jene Correspondenten sind, aus deren Briefen Sie mir gefällig Auszüge mittheilen, über mich und meine Productionen denken. Diese beyden Wohlwollenden machen ein recht interessantes Paar, indem sie theils übereinstimmen, theils differiren. G. ist eine merkwürdige, auffassende, vereinende, nachhelfende, supplirende Natur, wogegen E. zu den sondernden, trennenden und urtheilenden gehört. Jene urtheilt eigentlich nicht, sie hat den Gegenstand und insofern sie ihn nicht besitzt, geht er sie nicht an. Dieser aber möchte Betrachen, Scheiden, Ordnen, der Sache und ihrem Werth erst bekommen, und sich von allem Rechenschaft geben. Merkwürdig ist es mir, daß zuletzt E. herangezogen wird, eine Wirkung welche diese letztere Natur nothwendig gegen denjenigen ausüben muß, der sie liebt und schätzt.

Doch was sage ich das Ihnen, der Sie die Personen, ihre Verhältnisse und den ganzen Briefwechsel kennen, dagegen ich mir hiervon nur ein unvollkommenes Bild aus den Bruchstücken zusammenbauen muß.

[207] So sehr ich übrigens von dem Wohlwollen dieser Personen und von der Theilnahme an mir gerührt bin; so wünschte ich doch, wo nicht die ganze Correspondenz, doch größere Auszüge daraus zu sehen, theils um mir ein deutlicheres Bild von den Individualitäten zu machen, und das allzu Schroffe dieser Fragmente hie und da mehr ans Leben geknüpft zu sehen, theils auch über Mitlebende und kürzlich Abgeschiedene ihre Gesinnungen zu vernehmen, wie mir die Stellen über Jean Paul, Heinse, Johannes Müller, sehr merkwürdig gewesen sind. Vielleicht können Sie in der Folge mir noch eins und das andere mittheilen.

Was den Druck betrifft, so lassen Sie mich darüber noch denken. Es sind so wenige Bogen, daß sie auf eine eigene Art gedruckt werden müßten wenn sie ein Heftchen machen sollten. Irgendwo in einer Sammlung stünden sie wohl am schicklichsten, aber freylich: in welcher? Doch das eben wäre zu bedenken. Ich bewahre das Manuscript sorgfältig, und wenn es nicht gedruckt würde, erhalten Sie es wieder. Vielleicht habe ich das Vergnügen Ihnen bey meinem nächstkommenden Aufenthalt in Carlsbad zu begegnen und für das mir geschenkte Vertrauen aufrichtig zu danken.

Mich Ihrem gewogenen Andenken bestens empfehlend

Weimar d. 10. Dez. 1811.

Goethe.[208]


22/6224.


An Johann August Barth

[Concept.]

[Weimar, 10. December.]

Sie hätten mein werthester Herr Barth, die Vereinigung der beyden Universitäten zu Breslau nicht schöner feyern können, als durch das polyglottische Heft, für dessen gefällige Übersendung ich zum besten danke. Eine Sammlung verschiedener Schriftmuster, wodurch man zeigt was eine Offizin in verschiedenen Sprachen leisten könne, ist nirgends mehr am Platz als in der Hauptstadt Ihrer ansehnlichen Provinz, welche von so verschiedenen Nationen umgeben liegt und durch einen ausgebreiteten Handel auch mit entfernteren in Verbindung steht. Der Augenblick den Sie wählen damit hervorzutreten, ist gleichfalls der schicklichste, indem jetzt mehr als jemals sich bildungsfähige und gebildete von allen Enden her, bey Ihnen versammeln werden, welche in fremden Sprachen Unterricht nehmen und geben, und also zunächst der Buchdruckerkunst bedürfen sowohl um Kenntnisse zu empfangen als mitzutheilen. Ich bin überzeugt, das Ihr Verdienst von Jedem, besonders auch von Ihren Vorgesetzten anerkannt werden und Ihnen zu Ehre und Vortheil gereichen wird.

Noch darf ich hinzufügen daß mich der correcte Abdruck derjenigen Stücke, wovon ich die Sprache verstehe,[209] sehr gefreut hat. Lassen Sie diesen Vorzug welchen diese Musterstücke dadurch gewinnen, auch allen größeren Werken zu Theil werden, die aus Ihrer Offizin hervorgehen. Der Leichtsinn der Deutschen ist, was diesen Punct betrifft, in der letzten Zeit aufs höchste gestiegen. Öfters kommen einem Bücher zur Hand, besonders von historischen und wissenschaftlichen Dingen, die so fehlerhaft gedruckt sind, daß man so gelehrt, ja gelehrter seyn müßte, als der Verfasser, um sie mit Bequemlichkeit und Nutzen lesen zu können. Unterlassen Sie nicht diese Zierde zugleich mit den übrigen immer bey Ihren Arbeiten zu erhalten und sich dadurch noch besonders Achtung und Dank bey dem Publicum zu verdienen.

Mögen sie dem beyliegenden Blatte einige Aufmerksamkeit gönnen, und mir sowohl von jetztlebenden als frühern bedeutenden Schlesiern handschriftliche Proben gelegentlich zukommen lassen, so werden Sie mich sehr verbinden. Meine Sammlung hat den reinen Zweck das Andenken solcher Männer durch unmittelbare Documente bey mir den Meinigen zu erhalten.

Leben sie recht wohl und empfehlen mich den achtungswerthen Personen, deren Wohlwollen ich mir in Breslau hoffen darf.

Weimar

den 4. December

1811.[210]


22/6225.


An Caroline von Wolzogen

Jena, 10 December 1811.

Sie sind mir liebe Freundinn so ganz unvermuthet entwischt, daß ich Sie nothwendig mit Gegenwärtigem verfolgen muß. Warum soll ich nicht bekennen, daß ich gerade von Ihnen für den Knaben ein freundliches Zeugniß gewünscht hätte, damit Lust und Muth dem Jüngling nachzugehen, in mir gestärkt würde. Doch will ich das auch, wenn es seyn muß, entbehren und mich an den Glauben halten, daß ihnen jenes Büchelchen willkommen gewesen.

Indem ich in Jena einige ruhige Tage mit rückwärts auf das vergangene Jahr verrichtetem Blicke zubringe, finde ich leider auch eine ziemliche Sammlung unbeantworteter Briefe vor mir und stecke so tief in Schulden, daß ich mich kaum zu retten weiß. Dürfte ich sie daher wohl bitten, etwas davon in meinem Namen abzutragen?

Möchte doch Herr von Dalberg durch Sie erfahren, daß ich ihm für das übersendete Werk sehr dankbar bin. Seine Nachforschung und Zusammenstellung so interessanter Gegenstände war mir sehr erwünscht und belehrend. Es ist gar schön, wenn angeregt durch neue oder wiederbemerkte Naturphänomene Jemand in's Altertum zurückgehen mag und dasjenige zu vereinigen sucht, was man sonst darüber erfahren,[211] gedacht und gewähnt habe. Durch Ihre Vermittlung wird mir Herr von Dalberg gewiß mein bisheriges Schweigen verzeihen, und meinen Dank aus Ihrem Munde günstiger aufnehmen.

Gegen Frau von Hastfer bin ich abermals ein Schuldner geblieben. Mögen Sie ihr in meinem Namen für die überschickte wohlgerathne Legende freundlichst danken uns sie ersuchen mich unter ihre Subscribenten zu setzten.

Finden Sie meine theuerste Freundinn, eine ruhige Viertelstunde, so sagen sie mir ein Wort wie es Ihnen geht und was Sie zunächst umgiebt.

Das musicalische Werk, welches Herr Windischmann verlangte, war leider nicht bey und uns vorzufinden. Grüßen Sie ihn zum schönsten und entschuldigen.

Ihr lieber ist, hoffe ich, wieder hergestellt. Es ist das Gute in Kindheit und Jugend, daß oft schwere Krankheiten eine schnellere Entwickelung und ein besseres Gedeihen vorbereiten.

Leben Sie recht wohl und gedenken meiner freundlich. Wenn es sich schicken will so bringen Sie mich auch wohl bey Ihro Königl. Hoheit dem Fürsten Primas wieder in ein gnädiges Andenken.

Schenken Sie beyliegendem Blatte einige Aufmerksamkeit. In der Privat-Canzley des Großherzogs müssen die sämmtlichen Namen unserer bedeutenden Männer vorhanden seyn, vielleicht verschafft mir Ihre Freundschaft einiges davon. Ich lebe jetzt gar zu gern[212] in solchem unmittelbaren Andenken der alten Zeit. Wie immer der Ihrige

Goethe.[213]


21/6073.


An Marianne von Eybenberg

[10. December 1811]

So eben schließen wir einen Brief an die gute Schwester nach Berlin, in welchem, wie überhaupt in unserer Correspondenz, von den schönsten Leckerbissen[436] die Rede ist, von Kaviar, Dorschen, Sandern, Schellfischen, besonders aber Spickgänsen, welche uns aus einer grauen, pommerschen Ferne gar freundlich entgegen leuchten. Außerdem ist aber auch von Tragödien die Rede, besonders gegenwärtig von der Tochter Jephta's, und auf welche Weise dieses gute Kind geopfert werden soll. Dem Protégé unserer lieben Grothus darf es nicht übel gehen, und so wollen wir uns seiner Productionen redlich annehmen.

Die Oper Achille ist denn endlich sehr gut und glücklich aufgeführt worden; wir haben schon zwey Repräsentationen gehabt, welche die sämmtliche beywohnende Welt in Erstaunen gesetzt habe. jedermann ist entzückt, und Brizzi selbst versichert, nicht leicht ein solches Ensemble gefunden zu haben. Die Oper wird noch zweymal gegeben, und dann tritt er seine Rückreise nach München an.

Daß in diesen Tagen nicht viel Weiteres ist von mir gethan und geleistet worden, können Sie wohl denken. indessen, daß doch etwas geschehe, redigire ich die Hackert'sche Biographie, von der ich, wenn ich mich nicht irre, Ihnen früher Etwas vorgelesen habe. Man erstaunt wirklich über das Schlaraffenleben, welches der Künstler damals in Italien und besonders in Neapel führte, und mit einer sonderbaren Empfindung erinnert man sich, daß man auch mit an diesen Tische gesessen hat.

Wie gedachtes Büchlein den Künstlern, so muß[437] Gleim's Leben von Körte, welches eben heraus gekommen, allen denen willkommen seyn, die sich für deutsche Litteratur interessiren. Es ist äußerst interessant, diesen braven Mann so viele Jahre immer auf gleiche Weise wirken zu sehen. Hätte er so viel Talent gehabt, als Charakter, so würden ihn seine Werke zum ersten Range in der Dichterwelt erheben.

Ich würde noch von manchen anderen, ähnlichen Producten schreiben, wenn ich nicht wüßte, daß solche Vögel sich nicht leicht nach dem lustigen Wien verlieren, und man sieht erst recht, wie weit diese Kaiserstadt von uns entfernt liegt, wenn man sich von solchen Dingen unterhalten will, die hier viel und dort nichts gelten. Übrigens will es scheinen, daß es mit den Bankozetteln bald wie mit der Litteratur aussehen wird.

Der Prinz de Ligne hat an den Herzog einen äußerst lustigen Brief geschrieben. Ich lasse hiebey die Stelle copiren, welche meine Wahlverwandtschaften betrifft. Sie rechnen mir diese kleine Eitelkeit nicht hoch an; da sich viele Gegner alle Mühe geben, dies Werklein zu discreditiren, so mag es wohl auch erlaubt seyn, unter Freunden was Freunde denken mitzutheilen.

»Aidé d'une bonne traduction, j'ai lu avec admiration les affinités électives: et je plains les hommes begueules, et les femmes qui souvent le sont moins, de n'avoir pas trouvé, au lieu d'immoralités[438] qui n'existent pas, tous les secrets du coeur humain, le developpement de mille chose qu'on n'a pas senties, parcequ'on ne reflechit pas, des tableaux du monde, de la nature, et deux portraits piquants et neufs, Lucienne dans un genre et Mitler dans un autre. Quel chef d'oeuvre, même en français, que les tablettes d'Ottilie! et que de profondeur, et d'attachant, et d'imprévu dans cet ouvrage, où il y a la plus grande superiorité sur ceux des autres nations! – J'espere et Vous aussi surement, Monseigneur, que le Major et Charlotte se consolent un peu à présent, et que s'ils ont des petites fantaisies de part et d'autre, ils se les confient: car c'est là la seule manière d'être heureux en mariage. etc.«

Hierauf folgen großer Gesang bey mir, und Prinz Friedrich gegenwärtig, da ich mich denn nicht enthalten konnte, ihm den Sessel bescheren zu lassen, der ihm sehr große Freude machte. Die Blätter waren auf einem großen Sessel aufgesteckt und nahmen sich zusammen sehr gut aus, so daß mich fast meine Tugend gereut hätte. Wahrscheinlich erhalten Sie von ihm bald einen dankbaren Brief.

Zum Schluß des Ganzen will ich Sie ersuchen,[439] mir einige Nachricht von Freund Humboldt zu geben, den ich wenn Sie ihn sehen, schönstens zu grüßen bitte. Sobald ich zu einer Art von Ruhe komme, erhält derselbe auch wieder einmal einen Brief von mir. Ein paar Worte von ihm würden mich sehr erfreuen.

Und nun leben Sie für diesmal recht wohl, grüßen die Engländerin, unsere Freundin, zum allerschönsten. Wie führt sich Pepine auf? Sagen Sie ihr einen freundlichen Gruß von mir.

Ist denn die Herzogin von Curland noch in Wien? Viele Empfehlungen an die liebenswürdige Fürstin, und die theuren Ihrigen. Manches andere, was mir noch einfällt verspare ich bis zum nächsten. Was übrigens Post und Polizeimeister nicht zu wissen brauchen versteht sich von selbst.

G.[440]


22/6226.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlbebornen

vernehmen gewiß mit Vergnügen, daß in der neuern Zeit wie sonst mehrere Recensionen der A. J. L. Z. höchsten Orts mit Beyfall aufgenommen worden. Dieses ist besonders der Fall bey der Recension über Heerens und Woltmanns Johannes von Müller. Die Unterzeichnung mit L. hat auf einen Jenaischen Historiker als Verfasser rathen lassen, und ich glaube bemerkt zu haben, daß man hierüber gewiß zu seyn wünscht. Finden Ew. Wohlgebornen kein Bedenken mir den Recensenten zu nennen, so wird es gewiß angenehm seyn.

Zu gleicher Zeit lege ich einige Exemplare des Blättchens bey, auf welchem die Autographa verzeichnet sind die ich besitze und von denen ich Ihnen einen großen Theil verdanke. Ich bitte um fernere Theilnahme, mich angelegentlich empfehlend

Weimar den 12. December 1811.

Goethe.[213]


22/6227.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchlaucht

ermangle nicht unterthänigst anzuzeigen, daß es mit der Bertuchischen Luftpumpe nicht zum besten aussieht. Zwar hat wie die Beylage sub A. ausweist Hofrath Voigt dieses Instrument welches unter seiner Aufsicht gemacht worden, anno 1805 sehr herausgestrichen. Auch soll, nach der Beylage sub B., für dasselbe etwa 230 Thaler gezahlt worden seyn. Allein gegenwärtig versichert der hiesige Mechanikus Körner, daß diese Luftpumpe ganz unbrauchbar sey; wie er denn auch hievon den Legationsrath Bertuch selbst überzeugt haben will, und sich zu einer umständlichen schriftlichen Critik derselben erbietet. Unter diesen Umständen möchte den doch wohl die Annahme gedachten Instruments bis auf weitere Untersuchung nicht räthlich seyn.

Weimar

Mich zu Gnaden empfehlend

den 15 December

J. W. v. Goethe.

1811.


22/6228.


An Berthold Georg Niebuhr

Wenn ich manchmal durch Verspätung meiner Antwort mich an Freunden und Wohlwollenden versündige, so will ich dießmal lieber etwas voreilig seyn und ehe[214] ich noch Ihr Werk erhalten habe, Ew. Wohlgebornen für die Freude danken, die sie mir durch Ihre Zuschrift gemacht haben. Sie führen einen Namen den ich von Jugend auf verehren lernte, und von Ihnen selbst haben wir manche Freunde soviel Liebes Gutes und Vorzügliches erzählt daß ich sie schon näher zu kennen glaube und aufrichtig versichern kann, daß ich recht seht wünschte Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen.

Indessen soll das Werk das Sie mir ankündigen mir eine sehr angenehme und belehrende Unterhaltung seyn: denn was kann uns reizender dünken als eine so oft und viel durchgearbeitete Materie abermals aus neuen Gesichtspuncten dargestellt zu sehen, und durch neue Untersuchungen gleichsam wiedergeboren zu finden. Je weniger es mir in meinem Leben vergönnt gewesen, Gegenstände die mich so sehr interessiren, selbst zu bearbeiten, desto mehr weiß ich diejenigen zu schätzen welche dergleichen zu unternehmen das Talent und die Beharrlichkeit haben.

Ich wünsche, daß sie diesen vorläufigen Dank freundlich aufnehmen und mir ein geneigtes Andenken erhalten.

Jena den 27. November 1811.

Goethe.


Vorstehendes nahm ich mit von Jena nach Weimar, wo ich Ihr vortreffliches Werk vorfand und gleich zu[215] lesen anfing. Nun bin ich am Ende desselben und möchte, ehe ich wieder von vorn anfange (welches höchst nöthig ist, um es zu verstehen und zu benutzen) nicht blos einen allgemeinen und gefühlten, auch einen besondern und motivirten Dank abstatten. Bis mir aber dieses gelänge, möchte wohl eine gute Zeit vorbeystreichen, und bey hundert Anlässen, auf die Nothwendigkeit solcher Untersuchungen hingewiesen wurde, allein bey jedem Schritte sowohl meine eigene als Anderer Unzulänglichkeit gar bald gewahr wurde. Da ich nun seit jener langen Zeit her meine Aufmerksamkeit auf diese Gegenstände wenden fortgefahren, so kommt Ihr Werk mir höchst erwünscht, das so viele Räthsel auf einmal lös't.

Der vor-römische Zustand Italiens wird uns nun anschaulich, und die mehreren gleichsam übereinander geschobenen Schichten von Völkern ihrer Folge nach deutlich. Die Sonderung von Dichtung und Geschichte ist unschätzbar, indem keine von beyden dadurch zerstört, ja vielmehr jede erst recht in ihrem Werth und Würde bestätigt wird; sowie es unendlich interessant ist zu sehen, wie sie beyde wieder zusammenfließen und wechselseitig auf einander wirken. Möchten doch alle ähnlichen Erscheinungen der Weltbegebenheiten auf diese Weise behandelt werden.

[216] Bedarf es wohl vieler Worte, um zu versichern, daß mir die Entwicklung der Staats- und Finanzverhältnisse, des Verhältnisses zu Griechenland, die misliche Lage Roms nach Vertreibung der Könige, genug Alles und Jedes höchst belehrend geworden ist. Wollte ich ins Besondere gehen, und die Darstellung des Ankus Martius, die Enthüllung der Sibyllinischen Bücher erwähnen, von den Poemen Lukretia und Coriolan auch besonders sprechen, so würde ich ein Buch über das Buch zu schreiben haben, und diese Blätter niemals auf die Post gelangen. Seyn Sie überzeugt, daß Sie mir ein großes Geschenk gemacht haben, wofür ich Zeitlebens dankbar, die Fortsetzung sehnlichst erwarte und um mich derselben würdig zu machen, den ersten Band aufs fleißigste studire und mir zueigne.

Mögen Sie beyliegendem Blättchen einige Aufmerksamkeit gönnen und besonders mir von der Hand Ihres verehrten Herrn Vaters etwas zukommen lassen! Mich nochmals bestens Ihrem geneigten Andenken und Ihrer freundlichen Theilnahme empfehlend

Weimar den 17. December 1811.

Goethe.


22/6229.


An Friederike Bethmann-Unzelmann

[Concept.]

Es ist sehr freundlich von ihnen, wertheste Freundinn, daß Sie mir von der glücklichen Aufführung[217] meines Tasso selbst Nachricht geben. Wenn Künstler wie Sie und Ihre Mitspielenden mit sich selbst zufrieden sind, so kann man auch in der Ferne versichert seyn, daß das Werk gut gerathen ist, und wie Sie mir das Einzelne genau bezeichnen, kann ich mir schon eher vorstellen auf welche Weise und in welchem Maße es gelungen ist. Haben sie allerseits recht vielen Dank, daß Sie dieses theaterscheue Werk hervorgezogen und in ein günstiges Bühnenlicht gestellt haben. Sie erneuen und vermehren dadurch die Verbindlichkeit die Ihnen andere meiner Productionen schon früher schuldig geworden.

Herrn Bethmann empfehlen Sie mich bestens. Es ist mir sehr angenehm zu denken, daß er, bey seinem Geist und seinen Talenten, sich gern mit einer Rolle beschäftigt hat, die vielleicht unter allen denen die ich geschrieben habe, am meisten ausgeführt ist. An der feinen, klugen, zarten Leonore habe ich gleichfalls nicht den mindesten Zweifel. Leben Sie recht wohl und gedenken meiner. Wie Ihr Sohn indessen zugenommen hat, haben Sie selbst beurtheilen können. Die Leichtigkeit seines Spiels, sein guter Humor und seine übrigen guten theatralischen Anlagen und Fertigkeiten machen und erhalten ihm viel Freude im Publicum. Dazu kommt daß er gegen Jedermann gut und verträglich ist und Niemandem schadet, außer allenfalls sich selbst: welches denn, wie bekannt, Niemanden leicht übel genommen wird.

[218] Vorstehendes war geschrieben, als ich in der Berliner Zeitung eine wohlwollende und umständliche Nachricht von der Aufführung des Tasso laß, die mir als Seitenstück zu Ihrem lieben Briefe viel Vergnügen gemacht hat.

Besonders aber bitte ich Herrn Director Iffland vielmals zu danken, der mir auch darüber durch Frau von Heigendorf ein freundliches Wort sagen ließ. Ich bin gewiß nicht unempfindlich für die Aufmerksamkeit die man einem Werke erweist, auf das ich ganze Epochen meines früheren Lebens verwendet habe. Leben Sie recht wohl und verschaffen Sie mir zu meiner Handschriftsammlung gefällig einige Beyträge. Vielleicht fände sich ein Blättchen von Eckhoff, Großmann, Brandes etc.

[Weimar] d. 17. Dez. 1811.


22/6230.


An Sulpiz Boisserée

Weimar den 17. December 1811.

Aus Ihrem zweiten Briefe, mein lieber Boisserée, habe ich mit Vergnügen gesehn, daß das kleine Misverständniß, zu welchem mein letzter Brief Anlaß gegeben, sich von selbst gehoben hat, und so ist es denn auch recht und natürlich.

Was ich Ihnen wegen ihrer Herkunft schreiben wollte, wird nun durch Ihren letzten Brief noch besser[219] eingeleitet. Diese Frühjahr rathe ich Ihnen nicht zu kommen, weil mein Aufenthalt in demselben ungewiß ist, und ich wahrscheinlich wieder bey Zeiten nach Böhmen gehe. Komme ich aber dießmal, wie ich glaube im August schon wieder zurück, so wäre es sehr schön, wenn Sie die zweyte Hälfte dieses Monats, den September und vielleicht einen Theil des Octobers hier zubringen und uns ihre Kunstschätze zum besten geben wollen, und von uns nehmen, was wir anbieten können. Sie finden nicht allein mich und meine Familie wieder beysammen, sondern auch die Herrschaften sind wahrscheinlich wieder hier, sowie manche andre interessante Personen des Hofes und der Stadt. Auch das Theater kommt wieder heran, und so giebt es eine mannigfaltige Unterhaltung. Nicht weniger findet sich eher ein geräumig Quartier, weil die Fremden, die solche den Winter besetzen, erst später kommen. Und so möchte ich, daß Sie von allen Seiten einen angenehmen Aufenthalt hier fänden, ob Sie gleich so freundlich sind, die Unterhaltung mit mir als den Zweck Ihrer Reise zu betrachten.

Ihre herzliche Einladung in die schönen Rheingegenden werde ich auch dießmal schwerlich annehmen können.

Je mehr ich gegenwärtig im Geist bey meinen lieben Landsleuten wohne, desto weniger möchte ich es leiblich versuchen. Ich war überzeugt daß auch Sie mein biographisches Poëm wohl aufnehmen würden, und ich danke Ihnen, daß Sie mir es sagen.

[220] Die Nachrichten die Sie mir von unsern interessanten Frauen geben, sind hübsch und lustig genug. So ein kleiner Klatsch gefällt mir ganz wohl, wenn er so charakteristisch ist, wie derjenige den Sie zu mir gelangen lassen. Wenn Ihnen was ähnliches vorkommt, so wünsche ich, daß Sie es mir nicht vorenthalten.

Beyliegendes Blatt enthält das Verzeichniß der Handschriften die ich besitze. Ich habe sie in diesen langen Winterabenden revidirt und geordnet. Kommt Ihnen etwas von bedeutenden Lebenden, kurz oder längst Verstorbenen in die Hände, so erfreuen Sie mich mit Beyträgen. Ich mag die Geister der Entfernten und Abgeschiedenen gern auf jede Weise hervorrufen und um mich versammeln. Leben Sie recht wohl und lassen gelegentlich wieder von sich hören.

G.


22/6231.


An Johann Daniel Runge

Weimar den 17. December 1811.

Für das durch von Beseler erhaltene Paket ermangle nicht aufrichtig zu denken. Wenn gleich die Erinnerung an so vorzügliche Abgeschiedene, die uns, dem Gang der Natur nach, lange hätten überleben sollen, immer etwas Wehmüthiges hat; so ist es doch ein Opfer, dem wir uns, so schmerzlich es ist, nicht entziehen können. Ich glaube das Talent Ihres Herrn[221] Bruders mit Liebe penetriert und seinen Kunstwerth redlich geschätzt zu haben. Der Gang, den er nahm, war nicht der seine, sondern des Jahrhunderts, von dessen Strom die Zeitgenossen willig oder unwillig mit fortgerissen werden. Es ist sehr lobenswürdig, daß Sie die brüderliche Pflicht erfüllen und uns sein Andenken möglichst erhalten. Was ich von seinen Briefen vorfinden konnte, liegt hier bey; auch der Aufsatz, der in der Farbenlehre abgedruckt ist. Was Sie aus meinen Briefen an ihn brauchen wolle, soll Ihrem und Herrn Perthes Urtheil ganz überlassen seyn.

Empfehlen sie mich diesem werthen Manne. Ich wünsche, daß Sie sich beyde für die Sammlung interessiren, deren Verzeichniß hier beyliegt. Ich besitze schon die Handschriften mehrerer würdiger Hamburger. Sollte nicht ein Blättchen von Hagedorn, Brockes, Telemann und andern aufzutreiben seyn; vielleicht von letzterem einige selbstgeschriebene Noten? Der Hagedorn in meiner Sammlung ist der Dresdner Director.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich Ihrem geneigten Andenken empfehle.[222]


22/6231a.


An N.N.

Sie haben, werthe Freundinn, gestern Abend soviel Theilnahme an dem zerbrochnen Kruge bewiesen, der bey uns vor einiger Zeit ganz in Stücken gegangen,[142] daß ich mich freue Ihren Wünschen entgegenkommen zu können. Hier ist eine Abkürzung desselben, die vielleicht auf das Theater gebracht werden könnte. Da Sie das Ganze gegenwärtig haben, so giebt es Ihnen und dem Herrn Assessor wohl eine Unterhaltung die beyden Exemplare zu collationiren, und zu beurtheilen ob in gegenwärtigen zu viel oder zu wenig gethan worden. Sie werden auch mir hiedurch besondere Gefälligkeit erzeigen, und die Aufführung, in sofern man sie für thunlich halten möchte, beschleunigen. Mich besonders empfehlend

Weimar den 18. Dezember 1811.

Goethe.[143]


22/6232.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell.

höchst erfreuliches Schreiben erwidre mit wenigen, aber recht danckbaren Worten, indem ich die darin angebotne[222] Gunst mit beyden Händen ergreife, und mir zugleich die Erlaubniß ausbitte diesen Abend um 5. Uhr aufwarten zu dürfen. Ich muß gleich schließen weil ich sonst nicht endingen würde. Wie ich denn auch den Inhalt des verehrlichen Postscripts zu mündlicher Berathung verspare.

Weimar d. 21. Dec. 1811.

Goethe.


22/6233.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

Je unerwarteter mir das angenehme Geschenk von meinem verehrten Freunde gewesen, desto erfreulicher war es mir. Es kommt gerade zwischen Weihnachten und Neujahr, um seinen doppelten Glückwunsch gar anmuthig auszurichten. Diese uralten Denkmäler der Weltveränderung zu einem freundlichen täglich Gebrauche zu benutzen ist ein Gedanke, des Mannes werth, der seyn Leben zugebracht hat, die Naturschätze zum Besten und zur Freude der Menschen zu entdecken, an den Tag zu bringen und zu verarbeiten.

Hofrath Blumenbach, dessen Schreibzeug mit Zubehör aus lauter Naturseltenheiten zusammengesetzt ist, würde mich um dieses Lineal beneiden, wenn es ihm vor Augen kommen könnte. Ich danke dafür zum allerverbindlichsten; es soll sogleich in mein Reisebesteck aufgenommen werden und mich, wie ich hoffe, gelegentlich wieder nach Freyberg begleiten.

[223] Daß es mir gelingen würde, durch die Schilderung meiner Knabenjahre mich meinem alten Freunde auf eine heitere Weise darzustellen, hatte ich, währender Arbeit, immer gehofft, und es freut mich gar sehr aus meinen stillen Zimmern zu meinen entfernten Lieben hinzureichen. Ich bin sowohl mit Erinnerung des Ganzen als mit Ausarbeitung des Einzelnen ziemlich vorgerückt; doch weiß ich noch nicht, wann die Fortsetzung wird erscheinen können. Ich wünschte nur, daß wir schon wieder in Ilmenau zusammenträfen: denn ich hoffe die Schilderung jener Zeit soll dir ein Lächeln abgewinnen. Diese Epoche möcht' ich wohl, statt Dichtung und Wahrheit, Scherz und Ernst übertreiben. Dein und der Deinigen Beyfall muntert mich kräftig auf, und ich wünsche nichts so sehr als bald wieder etwas erwachsener aufzuwarten.

Nun will ich, anstatt einer Gegengabe (denn mit Freunden muß man nicht gleich immer faldiren) noch eine Bitte hinzufügen, um meine Schuld eher zu vermehren als zu vermindern. In den langen Winterabenden habe ich eine Sammlung von Handschriften mehr oder weniger bedeutender älterer oder neuerer Männer geordnet, und darüber ein Verzeichniß abgefaßt; es liegt hier bey, und gewiß bist du im Falle es um ein ansehnliches zu vermehren, da du mit den vorzüglichsten Männern deines Faches und deiner Zeit in Verhältniß gestanden. Ich bitte mir gelegentlich etwas auszusondern und mich damit zu erfreuen.[224] Solche Denkmale, da so vieles verloren geht, sind höchst erwünscht und auferbaulich, und geben zu mancher gesellschaftlichen Unterhaltung Anlaß, wodurch wir die gute Vergangenheit wieder hervorrufen. Jetzt lebe recht wohl, empfiel mich den werthen Deinigen und habe tausend Dank für das holde Andenken!


22/6234.


An Gerhard Fleischer

[Concept.]

Für das übersendete Exemplar des Taschenbuchs Minerva bin ich umso dankbarer, als es mir außer seinem Werthe noch ein Zeugniß gab Ihres fortdauernden Andenkens. Herrn Geh. Rath Jacobi werde für sein Werk selbst meinen Dank abstatten.

Etwas Poetisches für Ihr Taschenbuch wäre ich in dem Augenblick nicht im Stande zu übersenden. Damit ich aber vorerst meinen Guten Wille beweise, so könnte ich Ihnen eine Sammlung kurzer Anzeigen der neusten Werke der neuern Künstler, wie sie uns seit einem Jahre unter die Augen kommen, mittheilen, unter der Firma der Weimarischen Kunstfreunde (W. K. F.) die Ihnen wohl aus der Jenaischen Literaturzeitung bekannt seyn wird. Da Ihr Taschenbuch Minerva heißt, so würden Urtheile über bildende Kunst ihm nicht fremd seyn, und die lebende deutsche und[225] römische Kunstwelt würde zur Aufmerksamkeit auf Ihr Taschenbuch geleitet werden. Vielleicht findet sich sonst noch eine Gelegenheit Ihnen gefällig zu seyn. Der ich indessen recht wohl zu leben wünsche und mich zu geneigtem Andenken empfehle.

[Weimar] d. 27. Dez. 1811.


22/6235.


An Luise Seidler

Folgendes hat Frau von Heygendorf:

No. 3.Eine Schmisette mit 2

Kragen13.Thlr.-Sgr.

" 6.Eine Flügelpellerine7"– "

" 10.Eine Haube mit

französischen Spitzen10"12"

=30Thlr.12Sgr.


Folgendes Frau Gräfin von Henkel:

No. 11.Eine Haube mit

französischen Spitzen9Thlr.-Sgr.

" 13.do. do. do.5"12"

=14Thlr.12Sgr.


Fogendes Herr von Beseler:

No. 4.Ein Corset mit Spitzen8Thlr.

=8Thlr.


Folgendes Frau Hofrätin Schopenhauer:

No. 17.7 1/2 Elle Garnierung5Thlr.22Sgr.

=5Thlr.22Sgr.[226]


Folgendes Herr Geheimrath von Goethe:

No. 1.Ein Kleid mit Tüll22Thlr.

" 14.Eine Weste6"

" 15.9 1/2 Elle Garnierung7"3"

" 16.9 1/2 Elle Garnierung5"15"

=40Thlr.18Sgr.


Folgendes, welches noch bey uns liegt, denken wir auch noch anzubringen, wenn Sie meine Liebe die Güte hätten und der guten Frau schrieben, daß sie an den Preißen etwas nachläßt, man findet die Sachen sehr schön, aber die Preiße zu hoch, von Berlin kann man dieselben Stickereien viel wohlfeiler bekommen.


No.7Eine Schmisette mit Garnierung7Thlr.

" 8do. mit tiefem Bogen5"

" 9do. do.5"

" 12Eine Haube mit französischen Spitzen6"

" 2Ein Kleid mit doppelter Kante

und Spitzen11"

=54Thlr.


Man bittet zu wissen, was das genaueste der Preiße ist.

Durch Vorstehendes erfahren Sie liebste Luise wie es mit den Dresdner Waaren gegangen. Wenn Sie liebste Luise wie es mit den Dresdner Waaren gegangen. Wenn Sie dencken, so könnte man der Frau einsweilen das eingegangene Geld in Dresden anweisen. Wie heißt die Dame und wo wohnt sie?

[227] Mögen Sie beyliegendes als einen kleinen Weynachten vom Freunde freundlich aufnehmen und ihm bis zu einem frohen Wiedersehen Ihre Holden Gesinnungen bewahren.

W. d. 28. Dez. 1811.

G.


22/6236.


An Carl Ludwig von Knebel

Meine Frauenzimmer sind von Jena seht vergnügt zurückgekommen. Sie rühmen deine Hospitalität und guten Humor wie immer. Gegenwärtig beschäftigt die nächste Aussicht auf die Schlittenbahn die Gemüther unserer jungen Leute und wahrscheinlich auch eurer Jenaischen.

Ich bin mit theatralischen Arbeiten und Sorgen beschäftigt. Die drey Geburtstäge, die zu Ende Januars und Anfang Februars so schnell aufeinander folgen, machen uns viel zu schaffen; indessen ist Romeo und Julie so gut als fertig, und ich hoffe davon gute Wirkung, die du an dir selbst erfahren, den 30. Januar nicht versäumen mußt.

Unser alter Freund Trebra hat mir ein kleines Lineal geschickt aus der Zittauer Braunkohle geschnitten. Ein Tischmeister selbst möchte nicht leicht rathen, was es für Holz ist.

Sodann habe ich einen getrockneten Fisch erhalten, von welchem dir Bergrath Voigt erzählen mag. Er[228] hält ihn für einen Stör, hat ihn aber noch nicht näher bestimmen können.

Meinen Sammlung von Handschriften vermehrt sich jetzt fast täglich. Ich lege eine Blättchen des Verzeichniß bey, das du ja wohl gelegentlich einmal nach Nürnberg oder sonst wohin sendest; es wird irgend ein Freund dadurch wohl angeregt.

Deinen Auftrag auszurichten mußt du mir einige Zeit lassen. Auf directem Wege möchten wir schwerlich reüssiren; man muß auf irgend eine Wendung denken.

Werners Büste ist hier glücklicher als in Mecklenburg angekommen. Sie ist sehr schön gearbeitet und nimmt sich recht gut aus. Im Ganzen ist viel Übereinstimmung; das Scheinheilige aber ist darin nicht zu verkennen.

Die Sicklersche Charte von Latium und sein Panorama von Rom sind recht interessant, und brav gearbeitet. Die erstere kann man nicht entbehren; sie ist ein schönes Hülfsmittel zum Studium der römischen Geschichte. Auch an diesen Arbeiten sieht man, wie nach und nach immer mehr sich Anschauen und kritische Untersuchung verbinden.

Eben so treffen auch Niebuhr's erster Band und Micalis Werk: L'Italia avanti il Dominio dei Romani gar gut zusammen und geben über jene dunklen Zeiten die erwünschtesten Aufschlüsse.

So viel für dießmal. Ich gratulire zu dem weißen Kleide das deine Gegend nun angezogen hat, und[229] möchte sie wohl auch, wenn nur ein Stübchen wäre, in deiner Gesellschaft darin bewundern. Lebe recht wohl und grüße mir die Deinigen.

Weimar den 28. December 1811.

G.


22/6237.


An den Herzog Carl August

Unterthänigster Vortrag.

Ew. Herzogl. Durchlaucht

erlauben gnädigst, daß Ihro Hoftheater Commission, indem sie das Gesuch des Balettmeister Uhlich um einen vierwöchentlichen Urlaub zu beleuchten schuldig ist, ihr gegenwärtiges Verhältniß gegen solche Gesuche im Zusammenhang darstelle.

Es ist Ew. Herzogl. Durchlaucht noch gnädigst erinnerlich, daß ihro Commission mehrere Jahre dergleichen Gesuchen widerstanden und solche niemals zugegeben, wodurch sie in den Fall gesetzt worden, das hiesige Theater mit einem geringeren Personal und also auch mit wenigern Kosten als andre Bühnen zu bestreiten. Da nun aber der Fall eingetreten, daß einige Ausnahmen statt gefunden, so waren solche Urlaubsertheilungen nicht mehr mit voriger Strenge abzulehnen.

Commissio hat indeß, nun jenen Vortheil nicht ganz zu verlieren, den Grundsatz aufgestellt, daß nur solchen Mitgliedern der Urlaub ertheilt werden könne, welche bey einem neuen Contract sich solchen zur Bedingung[230] gemacht; worauf denn freylich die bedeutenden Schauspieler, deren Contract zu Ende ging, sich diese Vergünstigung ausdrücklich vorbehalten.

Hierbey beobachtet Commissio genau einen andern Grundsatz, daß es nämlich nicht mehrere Personen auf Einmal, und wohl gar zu unrechter Zeit darauf Anspruch machen können.

Was die Zeit betrifft, so kann im Winter kein Mensch Urlaub ertheilt werden, weil gerade in dieser Epoche bedeutende Vorstellungen auf einander folgen zu lassen.

Beurtheilt man nun hiernach das Gesuch des Balletmeister Uhlich, so findet man, daß herzogliche Commission alle Ursache gehabt, sein Gesuch abzuschlagen, weil weder sein Contract hievon etwas besagt, noch auch die gegenwärtige Jahrszeit dazu schicklich ist.

Wollte man dagegen einwenden, daß gedachter Uhlich eher als andere zu entbehren sey; so werden wir bemerken dürfen, daß vielleicht bey keinem Geschäft die Consequenz gefährlicher sey als beym Theater, weil ein Jeder sich, besonders in günstigen Dingen, dem andern alsobald gleich stellt, und das, was dem einen zugestanden worden, gleichfalls für sich zu gewinnen sucht. Wie wir denn schon mehrere Urlaubsgesuche, die noch nicht durch neue Contracte zugestanden sind, nicht ohne daher entsprungene Unannehmlichkeiten abschlagen[231] müssen, welche sogleich, wenn Uhlich begünstigt würde, sich erneuern möchten.

Wir glauben daher keine Fehlbitte zu thun, wenn wir Ew. Herzogl. Durchlaucht in Betracht vorstehender Gründe unterthänigst angehen, es bey der dem Balletmeister Uhlich ertheilten abschlägigen Resolution gnädigst zu belassen.

Weimar den 30. Dezbr. 1811.

Ew. Herzogl. Durchlaucht

Unterthänigst treugehorsamste

Hoftheater-Commission.

J. W. v. Goethe. F. Kirms. L. Kruse.[232]


22/6237a.


An Charlotte von Stein

[Weimar, Ende 1810 oder Anfang 1811.]

Die gute Gore hat früher, um eine Gruft für die Ihrigen und sich, mir so manchesmal Anfragen und Anträge zugehen lassen, die ich, weil dergleichen mich nicht sonderlich freut, eher abgelehnt als begünstigt. Neulich hab ich ihr, auf abermalige Anregung, einen sehr statlichen Vorschlag gethan, und nichts wieder gehört. Vielleicht führt Sie das Gespräch darauf. Kommt die Sache in meiner Abwesenheit zur Sprache, so –

G.


22/6237b.


An Christian August Vulpius?

[Weimar, November 1811?]

Ist der Geh. Staats Rath

Niebuhr

in Berlin ein Sohn des berühmten Reisenden?

Wer ist die Verfasserin von Adele de Lenanges?[393]


22/6237c.


An den Herzog Carl August

[Weimar, December 1811.]

Ew. Durchl.

haben meine neulich vorgebrachte unterthänigste Bitte in gnädigen Betracht gezogen, und werden mir daher vergönnen daß ich sie etwas umständlicher motivirt gegenwärtig wiederhohle.

Mein Sohn erfüllt nächsten Weihnachten sein zwey und zwanzigstes Jahr. Vor drey und einem halben Jahr ging er, durch Privat und öffentlichen Unterricht, so wie durch einen beständigen Umgang mit mir genugsam vorbereitet, nach Heidelberg, um sich dort vor allen Dingen eine Kenntniss der Rechtsgrundsätze zu erwerben. Wie er dort seine Zeit zugebracht, wie er sich betragen, davon legen die beygefügten Testimonia wohl ein unverdächtiges Zeugniss ab.

Er begab sich darauf nach Jena um sich dem kameralistischen Fache zu widmen wozu er um so mehr vorbereitet war als er von Jugend auf von mir selbst in den Naturkenntnissen unterrichtet worden, auch mich auf Reisen wiederholt begleitend in Jena Halle, Helmstedt, Göttingen, längere oder kürzere Zeit des Umgangs und der Belehrung der ersten Naturforscher genos. Wie er sich in Jena benommen, davon werden der Obrist von Hendrich, Professor Sturm[394] und Döbereiner kein ungünstig Zeugniß ablegen. Sodann hat letzterer in seinem Compendium, einer Entdeckung die dieser sein aufmerksamer Zuhörer gemacht nahmentlich erwähnt und ihn dadurch nicht wenig ausgezeichnet.

Überzeugt daß Leben mehr als Lehre bilde, lies ich ihn nach anderthalb Jahren von Jena abgehen und nach Capellendorf zu dem Rentsecretair Urlau ziehen. Hier ist er denenjenigen Geschäften welche in einem Herzoglichen Rentamte vorkommen aufmercksam gefolgt, und hat zugleich die ländliche Öconomie dabey näher kennen lernen, nicht weniger sich durch Lesung dienlicher Schriften weiter ausgebildet. Den ihm von Herzoglicher Regierung verwilligten Access beym Justiz Amte hat er fleißig genutzt und unter Anleitung beyder Beamten, einen Entwurf zu einer Frohnebeschreibung verfertigt, die dazu nöthigen Registraturen selbst aufgesetzt. Wie denn die durch den Rentbeamten bey Herzoglicher Cammer einzureichende Abschrift zu gnädigster Einsicht und Beurtheilung hier bey liegt.

Er hat ferner das Glück gehabt von den meisten Gliedern der Herzoglichen Cammer bey Commissarischen Verhandlungen zu denen ihm der Zutritt gestattet worden an verschiedenen Orten, wie er sich denn auch einer geneigten prüfenden Aufnahme des Herrn Geh. Rath v. Voigt zu erfreuen gehabt.

[395] Daß dieser mehr gedachter mein Sohn, das einmal ergriffene Geschäft mit Aufmerksamkeit und Gründlichkeit zu behandeln gesonnen ist, davon dürfte auch die gleichfalls beyliegende angefangene Sammlung von Wollproben zeugen, wodurch der Unterschied eines so wichtigen Erzeugniss vor Augen gebracht und das Urtheil darüber allein gesichert werden kann.

Nach allem diesem wünsche ich nunmehr meinen Sohn einige Jahre bey mir zu behalten, um die Zeit die mir noch gegönnt ist auch seinem Vortheil zu benutzen und sowohl durch Umgang als durch zweckmäßige Lecktur ihn immer weiter ausgebildet zu sehen. Aber alles würde unzureichend seyn, wenn er nicht in Thätigkeit versetzt auf das eigentliche Ziel seines Strebens unmittelbar hingewiesen ia sich demselben eiliger zu nähern gewissermassen genöthigt würde.

Ew. Durchl. haben die Gnade gehabt ihm vorläufig den Charackter eines Cammerassessors zu ertheilen und in ihm dadurch die Hoffnung einer wircklichen baldigen Anstellung erweckt, die ihn bisher bey allen seinen Schritten belebt hat, und um deren unschätzbare Erfüllung Vater und Sohn hierdurch nochmals Ew. Durchl. unterthänigst angehen. Beyde werden nicht verfehlen durch thätige Treue zu zeigen wie sie den hohen Werth von Ew. Durchl. gnädigem Beyfall und höchstem Zutrauen anzuerkennen und zu verehren wissen.[396]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 22, S. 222-234,393-397.
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