1817

[310] 27/7617.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

an den Großherzog meinen gnädigsten Herrn gerichtetes Schreiben habe sogleich zu überreichen nicht verfehlt, worauf denn Ihro Königl. Hoheit Antwort hier beyliegt.

[310] Jede Versicherung daß Ew. Hochwohlgeb. unserer gedenken und theilnehmen an den Bemühungen die wir Künste und Wissenschaft in unserm kleinen Kreise ununterbrochen fortsetzen dient mir zu großer Aufmunterung und so konnte auch Ihr gefälliges Schreiben nicht anders als höchst erfreulich seyn.

Möchten Dieselben im Laufe dieses Jahres uns Ihre Gewogenheit ferner gönnen, und mir auch Gelegenheit geben für so vieles Gute etwas Angenehmes erwidern zu können.

Der ich mich mit vorzüglicher Hochachtung unterzeichne.

Weimar d. 6. Jänner 1817.


27/7618.


An Luise Seidler

Weimar, den 6. Januar 1817.

Besitzen Sie das Blättchen noch, liebe Freundin, wodurch ich Ihnen die Wolkennegociation empfahl, so haben Sie die Güte, es mir mitzutheilen. Ich habe die Stelle vergessen, wo von diesen Dingen in Gilbert's Annalen die Rede ist.


27/7619.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

erhalten durch die fahrende Post den 15. und 16. Band meiner Werke, worin das Leben B. Cellini's[311] begriffen ist. Bey dem ersten Abdruck wurde dieses Werk so mit Kommaten überladen, daß man es kaum lesen konnte. Sie sind sorgfältig wegcorrigirt und dadurch die Interpunction, so wie hie und da der Styl verbessert. Ich habe an Setzer, Corrector und Revisor eine inständige Bitte beygelegt: um sorgfältige Beobachtung dieser Correcturen. Auch Ew. Wohlgeb. empfehl ich diese typographische Angelegenheit.

Die vier letzten Bände können vor Ostern noch in Ihren Händen seyn. Was den letzten betrifft, so denk ich nicht mit einzelnen Aufsätzen zu schließen, sondern, wenn Sie einstimmen, Rameaus Neffen, die dazu gehörige Bemerkungen über französische Literatur und sodann die kurze chronologische Übersicht meiner sämmtlichen Arbeiten bis auf die letzte Zeit zu geben, wodurch das Ganze sich auf eine schickliche Weise abrundete.

Das 2. Rhein- und Maynheft ist im Gange. An dem Umschlag wird gleichfalls gedruckt, so daß es auf so die Jenaischen Pressen ankommt wie bald es ausgegeben werden soll.

Wäre es Ihrer Convenienz nicht entgegen, so wünschte zu Ostern 3000 rh. und zu Michael 4000 rh. zu erheben, wodurch denn der Betrag der neuen Ausgabe saldirt würde.

Das Dutzend Exemplare meiner kleinen Gedichte ist angelangt, wofür ich schönstens danke.

[312] Wegen des Divans werde das Weitere in Überlegung ziehen und das Nähere melden.

Alles Gute und Freundliche wünschend

ergebenst

Weimar d. 7. Jänner 1817.

Goethe.


27/7620.


An Carl Lebrecht HartmannFreiherrn von Erffa

[Concept.]

Hochwohlgeborner

Insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Hochwohlgeb. geruhen dem Überbringer des Gegenwärtigen einige Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist ein junger Mensch, Namens Ferdinand Schreiber, aus Weyda gebürtig, der vergangene Ostern sich mir zum Dienst anbot, in welchen ich ihn denn auch wegen seiner leidlichen Gestalt und guten Betragens aufnahm. Er zeigte sich sehr willig geschickt und thätig und bildete sich sehr bald zu allem was bey der Aufwartung überhaupt besonders aber zum nähern Dienste meiner Person nöthig war. Wie er sich denn auch in dein Bade zu Tennstedt, wohin er mich begleitete, dergestalt erwies, daß ich mir keinen bessern Bedienten hätte wünschen mögen.

Unglücklicherweise ließ er sich bey seiner Rückkehr verführen ein schlechtes Haus zu betreten wo er von einem Übel ergriffen wurde, das früher offenbart und[313] besser behandelt, vielleicht als Kleinigkeit vorübergegangen wäre. Da nun aber mehrere Wochen zu seiner Widerherstellung nöthig waren, wie er denn, nach ärztlichen Zeugnissen, nunmehr völlig geheilt ist, so kann ich ihn doch in so manchem Betracht nicht sogleich wieder in meinem Dienste anstellen und um meine Person gebrauchen. Er ist jedoch ein sehr gutartiger Mensch und ich nehme mir die Freyheit ihn deshalb an Ew. Hochwohlgeb. zu senden. Er hat gute Anlagen zum Schreiben und Rechnen, ist in allen Arten von Thätigkeiten gewandt.

Ew. Hochwohlgeb. haben so einen weiten Wirkungskreis und sind in dem Falle manche Menschen dieser Art anzustellen und zu beschäftigen, so daß ich diesen wohl zu einiger gefälligen Aufmerksamkeit empfehlen darf, da er dem Neustädter Kreis als Landeskind angehört und außer jenem Fehltritt sich nicht das Geringste hat zu Schulden kommen lassen. Wäre es auch nur daß ihm für den Augenblick von Ihrer Gunst einige Beschäftigung gegönnt würde, so zweifle ich nicht daß er für die Folge sich selbst zu empfehlen im Stande wäre.

In Hoffnung Ew. Hochwohlgeb. bald bey uns zu begrüßen und eine geneigte Berücksichtigung meines angebrachten Gesuchs zu vernehmen habe die Ehre mich mit vollkommenster Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar d. 8. Jänner 1817.[314]


27/7621.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Daß Ew. Wohlgeb. dem für mich sehr interessanten Geschäft des Majolikakaufes mit solcher Aufmerksamkeit und Geduld folgen wollen, dafür hin ich höchlich dankbar und freue mich sehr, daß diese Sache nunmehr sich ihrem Abschluß nähert. Für die freundliche Art wie Herr von Derschau sich erklärt hat bin ich demselben gleichfalls verbunden und werde nicht verfehlen zum Schlusse unserer Verhandlungen ihm ein dankbares Wort zu sagen. Ich stimme also damit überein daß 200 rh. conv. Geld (20 fl. Fuß) gezahlt werden, wovon 40 rh. in Jena an Herrn Frühauf baar abgegeben, für die übrigen 160 rh. eine Assignation nach Leipzig folgen soll. Hiezu will ich noch 10 rh. fügen, damit Sie Ihre Auslagen und die abgehende Provision davon bestreiten und also eine Assignation auf 170 rh. stellen. Das Übrige haben Sie die Güte in Cassa zu behalten; vielleicht senden Sie mir, während der kalten Jahreszeit, ein Kästchen mit Nürnberger kleinen Bratwürsten, die wir lange entbehren.

Wegen des Packens beruhige ich mich ganz, doch wünsche daß die Sendung blos bis Jena gehe, von wo ich sie will abholen lassen, weil der kurze Transport herüber nicht durchaus in der besten Zucht und Ordnung ist.

[315] Wegen der übrigen Puncte, sowohl wegen des Ablasses als der Stammbücher, nächstens das Nähere.

Vielen Dank für die chromatische Literatur: das polarisirte Licht und die Licht-Moleküls, die sich um ihren Schwerpunct drehen, wollen mir freylich nicht in den Kopf. In unserer Sprache wird man mit der Sache geschwinder fertig. Merkwürdig aber ganz natürlich ist es, daß bey Umkehrung des schwarzen Kreuzes in ein weißes die Farbenumkehrung auch die physiologische ist. Dieses Phänomen zeigt sich gar hübsch und bequem wenn man fortfährt in den Spiegel zu sehen, nachdem man den Cubus schnell weggenommen.

Ich fahre fort diese Dinge immer zu betrachten und stelle sie mir nach meiner Weise zusammen und da erscheinen sie fast identisch mit den übrigen Phänomenen, die wir unter der Rubrik der physischen aufführen, und ich sehe diese Ihre Entdeckung noch immer als das Tüpfchen auf's i an, wodurch das ganze Wort klar wird, anstatt daß jene Herrn vom Handwerk mit seltsamen Redensarten die einfach begreiflichen Erscheinungen verfinstern und aus dem Reiche der Natur in das Reich seltsamer Phantaseien auf ihrem eingebildeten exacten Wege hinüberschleppen.

Möchte ich mich mit Ihnen bald über dieses und anderes mündlich unterhalten können.

Weimar d. 14. Jänner 1817.[316]


27/7622.


An Johann Georg Lenz

Mit dem Wunsche: das ganze Jahr möge eben so folgereich seyn!

Weimar d. 15. Jänner 1817.

G.


27/7623.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Ungesäumt sende Ihnen, theuerster Mann, die schuldige Quittung. Verzeihen Sie daß meine Anweisungen den Casse-Bestand überstiegen.

Nehmen Sie den verbindlichsten Dank für alle Ihre freundlichen Bemühungen und bleiben dagegen meines aufrichtigsten Antheils gewiß.

Herr Staats-Minister von Humboldt verläßt mich eben, der auch für Sie und Ihren lieben Bruder wahrhafte Neigung und Hochschätzung hegt.

Die Verheirathung meines Sohns wird die Frau Mutter notificirt haben. Ich empfehle das junge Paar gütiger Theilnahme und Vorsorge.

Das beste Lebewohl! und aufrichtige Grüße.

Weimar d. 19. Jänner 1817.

Goethe.


27/7624.


An Johann Heinrich Meyer

Können Sie mir, lieber Freund, die ersten Bogen der Anmerkungen schicken, auch die Aushängebogen.[317] In Jena lechzen die Setzer. Vielleicht kämen Sie zu Tische.

d. 19. Jänner 1817.

G.


27/7625.


An Emanuel Steiner

[Concept.]

[20. Januar 1817.]

Der ruhig-sinnige Blick, den Sie auf Ihr vergangnes Leben zurückwerfen, ist dem friedlichen Geschäfte sehr gemäß dem sich Ihr Künstler-Talent gewidmet hat. Ich danke zum schönsten für die Mittheilung der höchst interessanten Blätter. Man sieht darin einen jungen Mann von wahrhaft künstlerischer Anlage, sich selbst überlassen, in der weiten Welt umhersuchend, Studium, Arbeit, Genuß verbindend und vermischend und ohne Plan sich doch zuletzt auf einen Grad ausbildend, den er sich früher nicht hätte deutlich machen können.

Die vor mir stehende schöne Arbeit deutet auf einen reinen Blick in die Natur; nicht zu verkennen sind große Aufmerksamkeit im Auffassen; liebevoller, anhaltender Fleiß im Ausführen. Das Ganze ist wohl gedacht und erfreulich zusammen gebaut. Es macht Ihnen Ehre daß man unwillkürlich dabey an die vorzüglichen Männer denkt, die in diesem Fache gearbeitet haben.

Wollen Sie mir zwey solcher Bilder, nach dem[318] Maaße das Sie beylegten verfertigen; so geschieht mir eine besondere Gefälligkeit. Den Betrag werde zu übermachen nicht versäumen, so wie ich mir auch vorbehalte für das größere Bild von Zeit zu Zeit etwas Freundliches zu erweisen. Nehmen Sie vielen Danck mir durch diese schöne Blumengabe die grauen Wintertage erheitert zu haben.

Weimar d. 7. Jänner 1817.


27/7626.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

vermelde in Gefolg meines letzten Briefs daß man nicht abgeneigt ist für jenen angekündigten geographischen Atlas zwölf Carolin zu zahlen. Er könnte in einem Kästchen, wohlgepackt, auf der fahrenden Post hierher gehen. Im äußersten unwahrscheinlichen Falle, daß er nicht angenehm wäre, sollte er franco zurückgesendet werden.

Nun hab ich noch einen Wunsch: Ew. Wohlgeb. möchten mir eine kurze dem größeren Publicum verständliche Anzeige baldigst senden, wie in Verfolg der Untersuchungen über den Doppelspath Dieselben jene schöne Entdeckung von den entoptischen Farben gemacht, inwiefern Brewster gleichzeitig dasselbe entdeckt, wie die Nachricht von beiden zu den Franzosen gelangt, wie diese sich dabey benommen, wie endlich[319] der Preis zwischen Ihnen beiden getheilt worden und worin der Preis bestanden und was etwa seit jener Zeit sich weiter ergeben? Ich wünsche einen solchen Aufsatz für das Rhein- und Maynheft, welches nach und nach wohl die ganze Hydrographie Deutschlands durchschiffen wird, und dessen schon im Druck befangenes 2. Heft.

Weder von Ihrem Verdienst noch von der Aufmerksamkeit der Franzosen weiß kein Mensch in Deutschland etwas, eins wird mit dem andern verschwiegen. Mein 2. Heft legt sich im Kunstfache sehr an Laden und ich möchte auch auf andere Fächer kecklich hinweisen.

Weimar d. 20. Jänner 1817.


27/7627.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

gefällige Erkundigung wie weit es uns gelungen, jene neuerlich methodischer als sonst beachtete Lufterscheinungen bildlich darzustellen, hat mich aufgeregt, diese jetzt ruhenden Betrachtungen wieder aufzunehmen, und ich will suchen mit Hilfe unsrer jungen, nach allen Seiten hin beschäftigten Künstler, endlich auch jene Vorsätze zu vollbringen. Bey näherer Untersuchung glaube gefunden zu haben, daß die Gestalten der[320] Wolken-Phänomene vom Barometer-Stande und folglich auch von Barometer-Höhe abhängen.

Nimbus bezieht sich zunächst auf die Erde und wird in Form eines Streifregens von ihr angezogen.

Stratus entschwebt der Erde; von der ersten Entstehung an bis er zu höhern Regionen gelangt.

Cumulus bildet sich immer in höhern Regionen und alsdann ganz rein. Massenhaft einzeln oder sich weit erstreckend.

Wenn wir einen Cumulo-stratus sehen, so steht der letzte nicht, wie es manchmal scheinen möchte, in gleicher Höhe mit jenem, sondern viel tiefer, jedoch unserm Auge scheinbar vor ihm.

Cirrus gehört der höchsten Region an.

Cirro-cumulus entsteht, wenn bey hohem Barometer-Stande dieser in jenen aufgelöst wird. Ich habe davon in meiner Reise durch Tyrol einige Beyspiele gegeben.

Cirro-stratus kommt vor bey hohem Barometerstande, wenn die über den Bergen zusammen gezogene Wolkenstreifen sich in die höhere Region erheben, wo sie denn manchmal an ihren obern Säumen, manchmal aber auch wenn die Erhebung geschwinder geschieht in ganzen Massen gelockt und gekämmt werden.

Die Erscheinung welche Ew. Hochwohlgeb. an einem bedeckten aber doch wellenhaft bezeichneten Himmel beobachtet, wie eine andere mir bekannt gewordene,[321] wo man den Himmel gegittert nennen könnte, wollt ich unter den Cirrus rechnen. Beide mögen wohl nur bey höherm Barometer-Stande und auch in der höhern Region vorkommen.

Von Humboldt hat hoch über dem Chimborasso eine Wolkenlinie gesehen, die man wohl auch dem Cirrus unterordnen kann.

Einen solchen ungeheuren Bogen von reinen Cirrus-Flocken, der den ganzen Zenith einnahm, sah ich in Girgent; der eine Fuß stand auf Sicilien auf, der an dere, wie mir die Einwohner versicherten, deutete auf den Punct wo Malta liegt.

Ich hoffe bald im Stande zu seyn zur Fortsetzung Ihrer Beobachtungen, die auch mir vom größten Interesse seyn müssen, das Meinige, durch bildliche Darstellungen, beytragen zu können.

Weimar den 20. Januar 1817.


Noch kann ich nicht unbemerkt lassen, daß ich am 9. December 1815 bey einem sehr lebhaften Nordwinde und sonst nicht klaren Himmel als ich an das Umpferstädter Chausseehaus kam über den Jenaischen Bergen die sämmtlichen obengenannten Erscheinungen, nur den Cirro-stratus nicht, über einander aufgethürmt und bewegt gesehen habe. Eine Skizze auf der Stelle entworfen hoffe ich aus meinen Papieren, wo sie sich versteckt hat, wieder herauszufinden.[322]


27/7628.


An Christian Gottlob Voigt

Wenn Ew. Excellenz lange nichts von mir vernehmen, so ist es ein Beweis, daß ich mich nicht zum besten befinde. Ich habe diese Tage her zwar nicht schmerzhaft doch viel gelitten, beynah in völlige Unthätigkeit versetzt.

Hiebey auf den letzten Blättern des kleinen Acten-Fasciculs das Neuste von Frankfurt. Den Schriftsteller kann man eben nicht loben. Der Aufsatz ist mehr unsicher als vorsichtig. Indessen will ich die Connexion erhalten; wenn auch aus den Vorschlägen sich nichts weiter entwickeln sollte, so thut man doch einen Blick in die seltsamen, von einander abweichenden Zustände der vier Städte. Welch ein wunderbarer Antagonismus entsteht hieraus! Vielleicht war nie ein wunderlicherer Bund von vier gleichbenamsten und innerlich von einander höchst verschiedenen Staaten.

In Ober-Aufsichts-Angelegenheiten expedire vorfallende Kleinigkeiten. Im Winter ruht ohnehin alles, nur allein die Rennerische Anstalt ist im Gange und macht sich unter Färbers Unteraufsicht recht glücklich heraus. Ich lege das Acten-Fascicul zu gefälliger Einsicht bey.

Die 400 rh. Körnerischen Vorschuß habe von Ihro Kaiserl. Hoheit Scatoulle wieder in unsere Casse gebracht, auch ist von der Russischen Kaiserin der Betrag[323] für die Auslage der J. A. L. Zeitung wieder eingegangen, und somit ist wieder etwas wo nicht gewonnen doch in Ordnung gekommen.

Für Ostern bereite einen übersichtlichen Bericht, Vorschläge zu einem Etat, und ich hoffe wir wollen ganz gut bestehen.

Mögen Ew. Excellenz durch die nächsten sehr bedeutenden allgemeinern Geschäfte von der besten Gesundheit durchgeleitet werden.

gehorsamst

Weimar d. 22. Jänner 1817.

J. W. v. Goethe.


27/7629.


An Johann Erdmann Hummel

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

die glückliche Ankunft der übersendeten Gemälde mit Dank anzuzeigen habe verschoben, bis ich zugleich melden konnte daß dieselben heute nach Cassel an ihre höchste Bestimmung abgegangen sind.

Die Weimarischen Kunstfreunde haben mit Sorgfalt sowohl die Intention dieser Bilder zu erforschen gesucht, als auch die Ausführung und Vollendung derselben mit Theilnahme betrachtet. Vielleicht findet sich bald Gelegenheit hierüber ein Wort zu äußern, wie ich denn nichts angelegentlicher wünsche als zu vernehmen daß es Ihnen und dem Freunde auf Ihrem Lebensgange förderlich und vergnüglich ergehen möge.

Mich mit p.

Weimar d. 25. Jänner 1817.[324]


27/7630.


An Carl Haffner und Genossen

[Concept.]

Meine Herrn!

Dankbar für das Vertrauen welches Sie mir bezeigen thut es mir leid, daß ich nicht sehe wie es in der kurzen Zeit möglich seyn möchte, Ihren Wünschen Gnüge zu leisten.

Was ich über die große Angelegenheit auszusprechen wagte ist in Rede und Gesang durch das für Berlin mit Vergnügen gearbeitete Festspiel: Epimenides, geschehen und so wüßt ich auch nicht, wie ich, im Allgemeinen genommen, verschiedene Chorgesänge des Stücks überbieten könnte.

Der Fall freylich, in dem Sie Sich befinden, ist von der Art, daß er wohl eine besondere Behandlung zuläßt, wie sie die Gunst der Musen wohl zu gelegener Zeit einflößen könnte.

Sollte mir im Laut des Jahrs etwas dieser Art gelingen, so werde ich nicht verfehlen es mitzutheilen und es würde mich glücklich machen, wenn Sie in der Folge bey Ihrem bedeutenden Feste auch meiner gedenken möchten.

Weimar d. 29. Jänner 1817.[325]


27/7631.


An Johann Gottfried Schadow

Ew. Wohlgeboren

danke ergebenst für die Sendung und werde von dem Brief des Herrn von Preen sogleich Gebrauch machen. Wollten Sie mir nur mit Wenigem anzeigen, wie weit Sie mit der Arbeit selbst vorgerückt sind, damit auch dieses Punctes Erwähnung geschehe.

Für alle Bemühungen, die Sie meinetwegen unternehmen wollen, höchlich dankbar und verbunden. Nicht mehr für dießmal.

ergebenst

Weimar d. 29. Jänner 1817.

Goethe.


27/7632.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Wenn Ew. Königl. Hoheit nicht so oft als ich wohl wünschen möchte, zu nahen das Glück habe, so bleibt mir doch das hoffnungsreiche Gefühl, in meiner Stille vielleicht etwas hervorzubringen, was Höchstdenenselben einen angenehmen Moment bewirkte.

Erlauben Ew. Königl. Hoheit deshalb, daß ich an dem heutigen Tage mit kleinen Gaben erscheine und zu dem Wunsche für Höchstderoselben Heil den selbstischen Wunsch hinzufüge, daß in den beykommenden[326] und nachfolgenden Bänden einiges Gefällige enthalten seyn und mich Höchstderoselben Gnade und Wohlwollen auch für die Zukunft empfehlen möge.

Weimar den 30. Jänner 1817.


27/7633.


An Johann Heinrich Meyer

Weimar d. 31. Jänner 1817.

Dießmal muß ich, mein lieber Freund, mit Bedauern berichten, daß mir einiges Gedicht zu den Tableaux ganz unmöglich fällt. Die Unruhe äußerlich und innerlich ist zu groß, als daß an Fassung und Production zu denken wäre.

Entschuldigen Sie mich so gut als möglich, denn ich werde nicht verfehlender Vorstellung beyzuwohnen, und vielleicht gelingt es mir alsdann etwas nachzubringen, denn nur wo ich einen äußern Anlaß habe kann mir etwas der Art gelingen. Sollte sich vielleicht Canzler von Müller, der in diesen Dingen eine hübsche Fertigkeit hat, bereden lassen etwas dergleichen zu unternehmen? ein junger Mann fände vielleicht ehr Anlaß den hübschen Kindern was Artiges zu sagen.

G.[327]


27/7634.


An Johann Heinrich Meyer

d. 31. Jänner [1817].

Wie wär es, lieber Freund, wenn Sie Inliegendes mit einem Vorwort an Canzler v. Müller sendeten und mit meinem Sohn die Folge der Beschreibung der Tableaux besprächen, so könnte vielleicht schon morgen früh etwas Schickliches zum Druck gelangen. Wir müssen ja ohnehin nach und nach den jungen Talenten Platz machen.

G.


27/7635.


An den Großherzog Carl Friedrich

[Concept.]

Ew. Königl. Hoheit

nehmen zu dem heutigen festlichen Tage eine gewissermaßen ganz einheimische Gabe gnädigst auf.

Möchten Höchstdieselben in den spätesten Jahren diesen Bänden einen Blick zuwerfend sich sagen: alles dasjenige was damals in Weimar vorbereitet, gestiftet, begründet, auferbaut und vollendet worden, allem diesen habe ich eine stäte ununterbrochene Folge gegeben und freue mich nun auch in der Reihe des früher Gethanen dessen was ich geleistet. Nicht im Selbstgespräch sondern in Gegenwart einer zahlreichen Nachkommenschaft möge aller Mitlebenden und auch desjenigen huldvoll gedacht werden, welcher das Glück hat sich zu unterzeichnen.

Weimar den 2. Februar 1817.[328]


27/7636.


An Antonia Brentano

[Concept.]

Sollte Ihnen, so oft ich an Sie denke, ein merkliches Zeichen erscheinen; so würden Sie nur allzusehr beunruhigt werden. Deshalb ich zugleich auf einmal ein Dutzend Wiederholungen des heiligen Bildes, mir durch Ihre Nachbarschaft so werth, hiermit freundlichst übersende. Haben Sie die Güte jedem der frommen Theilnehmer an unserem Gelübde ein Exemplar davon zu überreichen. Möge solches auch zum Andenken meiner bey so vielen Trefflichen, Freunden und Gönnern für die Zukunft dienen, da ich kaum hoffen kann dieses Jahr mein Andenken persönlich anzufrischen.

Möge Ihnen und den theuern Ihrigen, denen ich mich bestens empfehle, alles zum besten gelingen und gerathen.

Weimar d. 4. Februar 1817.


27/7637.


An Franz Kirms

Ich wünsche die Acten:

1) Die erste Erscheinung des Herrn Grafen Edling bey uns.

Ingleichen was sonstige Einführungen betr.

2) Die Obliegenheiten des Regisseurs und dessen Anstellung betr.[329]

3) Die Tabellen, die monatliche Beschäftigung der Schauspieler betr. vom September v. J. an.

4) Die sämmtlichen Zettel der aufgeführten Stücke gleichfalls vom September an.

Weimar d. 5. Februar 1817.

Goethe.


27/7638.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

hören einmal wieder etwas von mir und zwar ist es dießmal der Himmel der mich veranlaßt. Herr von Münchow empfahl mir auch mündlich die Sache dringend. Der Vorschlag scheint einem verständigen Manne ganz gemäß zu seyn, doch habe ich geglaubt den Vortrag so einrichten zu müssen wie er beyliegt, besonders da ich zu einer solchen Geldausgabe ohne tiefere Einsicht in die Sache nicht rathen kann. Wollen Ew. Excellenz übrigens bey den wichtigen landständischen Geschäften auch meiner gedenken, indem der bretterne Land- und Stadtspiegel mir dießmal viel zu schaffen macht.

Möge Ihre freundliche Theilnahme mich zu jeder Zeit erfreuen und erquicken.

gehorsamst

Weimar den 7. Februar 1817.

G.[330]


27/7639.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar d. 7. Februar 1817.

Schon lange hab ich, mein theurer Freund, nichts von dir vernommen, kann auch von mir nichts weiter sagen, als daß ich die Zeit in großer Unruhe gelebt. Eine bedeutende Veränderung bey unserem Theater hat uns ziemlich in Athem erhalten und dieß ist auch Ursache warum ich gegenwärtig schreibe.

Ein junger Mann, Namens Teichmann, der seit Ernennung des Grafen von Brühl zum General-Intendanten, in dessen Bureau als Journalist angestellt ist, hat sich bey mir zum Schauspieler erboten. Dieses geschah im November v. J wo ich es ablehnen mußte.

Gegenwärtig ersuch ich dich, in Vertrauen, den jungen Mann zu sprechen und wo möglich etwas von ihm recitiren oder declamiren zu lassen, sodann mir davon so wie von seiner Figur, Anstand und Betragen, nach deiner Weisheit, auslangende Kenntniß zu geben, auch ihn zu veranlassen, daß er ein ausführliches Curriculum vitae aufsetze, ingleichen ein Verzeichnis der Rollen in welchen er zu reussiren denkt. Je geschwinder dieses zu mir gelangen kann, desto besser ist es. Nichts weiter also, als die Versicherung meiner ewigen Anhänglichkeit.

G.[331]


27/7640.


An Franz Kirms

[Weimar, 8. Februar 1817?]

Anfragen und Wünsche.

(Dieses Blatt bringt mir Sprung jederzeit zurück, weil ich daraus ein Actenstück zu machen gedenke.)

Goethe.


1) Ist das Stück: welches ist die Braut? in Weimar, oder woher ist es zu erlangen?

2) In Mahomet sind, soviel ich weiß, zwey Rollen unbesetzt: Omar und Seïde; beide wünsche zu erhalten.

3) Ich schrieb ein Blatt: Bemerkungen über Achill, dieß wünsche auch zurück. Die Beuthersche Erklärung darüber ist in meinen Händen.

4) Die Comödien-Zeddel rückwärts auf einige Jahre wünsch ich.

5) Ingleichen die Tabellen der aufgeführten Stücke und Rollen.


27/7641.


An Friedrich von Luck

[Concept.]

Eines alten Freundes Siegel und Hand wieder zu erblicken, war mir sehr erfreulich, so wie mein Wunsch erfüllt: von seinem bisherigen Leben und gegenwärtigen Zuständen etwas zu erfahren. Möge es Ihnen immer[332] recht wohl gehen, so wie ich mich auch nach mancherley Wechsel der Dinge recht leidlich befinde.

Was die Mnemosyne betrifft, so stand sie auf meinem Pult, vor meinen Augen, bis unsere Durchlauchtigste Erb-Großherzogin zurückkam, der ich solche bey Gelegenheit mittheilte. Nach ihrer gewöhnlichen Freundlichkeit nahm sie das Büchlein geneigt auf, ob sie sich gleich den wunderlichen Poeten nicht ganz verdeutlichen konnte.

Seit der Zeit aber ist die Göttin des Gedächtnisses leider von mir an einen andern Ort hingelegt und wahrscheinlich sehr gut verwahrt worden, jedoch daß ich mich desselben nicht gleich erinnere, weshalb aber keine Sorge wegen ihres Wiederfindens zu tragen ist. In einigen Zimmern und Behältern, wo ähnliche Dinge verwahrt werden, läßt sich der unangenehmen Witterung wegen nicht nachsuchen; mit dem zunächst eintretenden Frühjahr aber soll eine genaue Umsicht sogleich erfolgen, von der man sich das Beste versprechen kann.

Gedulden Sie Sich also bis dahin und gedenken Sie meiner.

Aus meinen neusten, so wie aus meinen älteren Schriften mögen Sie Sich freundlich herausnehmen, was Ihnen am besten behagt und alles Gute Sie begleiten wie meine Wünsche.

Weimar d. 8. Februar 1817.[333]


27/7642.


An Sulpiz Boisserée

Ihr lieber Brief und die schöne Sendung kam eben zur rechten Zeit. Der Aufsatz wird abgedruckt, wie er ist, weit er nicht besser seyn kann. Überhaupt war ich diese Tage in Gedanken, wie ich Sie zu einer lebhafteren Theilnahme an dem Rhein- und Maynheft einladen wollte. Da ich nun glücklicherweise aus Ihrem Aufsatze gerade das ersehe was ich zu bemerken und zu erfahren wünschte; so werde ich um soviel leichter mich erklären können, welches nächstens geschehen soll, sobald ich einigermaßen daran komme.

Von Berlin meldet man mir, daß die Ursache der Verzögerung Ihres Geschäftes diese sey: daß Sie zu Bedingung gemacht hätten, Ihre Bilder nur auf zwey Jahre nach Berlin zu dringen, dann aber damit nach Cöln zu ziehen. Sagen Sie mir, was daran ist, und wie sich die Sache verhält.

Können Sie mir im Vertrauen den Namen des Recensenten von Griesens Calderon in den Heidelberger Jahrbüchern verschaffen? sie ist gar zu schön und einen solchen Mann sollte man kennen.

Hiermit will ich schließen und nur noch hinzufügen, daß der zehnte Bogen des 2. Rhein- und Mayn heftes unter der Presse schwitzt. Ihr Aufsatz kommt in den eilften.

[334] Sagen Sie mir von Zeit zu Zeit etwas wenn auch nur weniges. Frankiren Sie Ihre Briefe nicht, denn ich bin postfrey. Ich führe wider meinen Willen ein sehr bewegtes Leben.

Weimar d. 10. Februar 1817.

G.


27/7643.


An Franz Kirms

Bemerkungen und Anfragen.

Worüber ich mir auf der gegenüberstehenden Columne Antwort erbitte; damit nichts versäumt werde, soll hieraus ein Acten-Fascicul gebildet werden.

1) Herr Graf Edling giebt zu erkennen: der Hof wünsche den Schutzgeist verkürzt zu sehen; das Publicum hegt gleichen Wunsch. Er ist nicht ohne Schwierigkeit und Beschwerde zu erfüllen, doch werde ich gleich an's Werk gehen, das unter drey Wochen zu vollbringen unmöglich ist.

2) Ich habe daher die Rollen von sämmtlichen Schauspielern abfordern lassen.

3) Sonnabends würde daher ein ander Stück angesagt werden müssen. Ich schlage die kleine Zigeunerin vor, die nur einmal gegeben ist.

4) Ich gedenke Mahomet in Gang zu bringen. Sollten die Rollen von Omar und Phanor[335] fehlen wie es scheint; so müßten sie gleich ausgeschrieben werden.

5) Gedenken Sie Athalia Abonnement suspendu zu geben?

Weimar d. 10. Februar 1817.

G.


27/7644.


An Carl Joseph Raabe

Ihren werthen Brief, theuerster Herr Raabe, vom 5. October v. J. nebst dem dazugefügten Bilde habe zu seiner Zeit erhalten; aus dem ersten ersehen, daß Sie sich Wohlbefinden, so wie das zweyte mir von Ihrer fortgesetzten treuen künstlerischen Thätigkeit ein Zeugniß giebt. Nehmen Sie für beides meinen Dank! und wenn Sie Gegenwärtiges über Berlin erhalten; so fördern Sie gefälligst den Wunsch des thätigen und zuverlässigen Kunsthändlers Herrn Wittichs, welcher gleichfalls ein Bildniß von mir verlangt, um solches stechen zu lassen.

Wenn Sie den Ort verändern, so haben Sie die Gefälligkeit mir davon Nachricht zu geben, damit ich in jeglichem Fall wisse, wo ich Sie zu finden habe. Im gegenwärtigen füge ich nur den Wunsch bey für Ihr Wohl. An Beschäftigung kann es Ihrem schönen Talent und unausgesetzten Fleiße niemals fehlen.

Gedenken Sie mein zu guter Stunde!

Weimar den 11. Februar 1817.

Goethe.[336]


27/7645.


An Carl Ludwig von Knebel

Du hast mir, lieber Freund, so viel Gutes geschrieben und zugedacht, daß ich mir Vorwürfe mache, lange ein Zeichen des Lebens gesendet zu haben. Dir hat Frau Fama gewiß in deine beneidenswerthe Einsamkeit die Nachricht überliefert, daß ich die Theaterlast in alten Tagen nochmals auf mich genommen habe, eben als wenn wir noch junge Bursche wären. Dadurch daß mein Sohn mir zugegeben ist, wird eine solche Führung in der bedenklichen Lage nur allein möglich. Doch eben das Bedenkliche giebt den wahren Reiz. Ich hoffe, daß man zu Ostern schon sehen soll, was sich mit Ernst und Kraft thun läßt.

Am Rhein- und Maynheft wird fortgedruckt, es wird euch bald mit wunderlichen Dingen begrüßen. Überhaupt ist mein Glück, daß so vieles vorgearbeitet daliegt und die jetzt drängende Noth mich mehr aufregt etwas bey Seite zu schaffen, als daß sie mich hinderte.

Es kommen mancherley kleine gedruckte Hefte an mich, worunter ich aber nichts Erfreuliches finde. Wenn die Deutschen anfangen einen Gedanken oder ein Wollen, oder wie man's nennen mag zu wiederholen, so können sie nicht fertig werden, sie singen immer unisono wie die protestantische Kirche ihre Choräle.

[337] Vielleicht daß meine gegenwärtige Theaterqual den Jenaischen Freunden, ja sogar auch dir etwas Angenehmes bereitet.

Lebe wohl und laß manchmal von dir hören!

Der Deine

Weimar d. 12. Februar 1817.

G.


27/7646.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

[13. Februar 1817.]

Ew. Wohlgeb.

haben durch geneigte Besorgung der Majolika großes Verdienst um mich erworben, und der Erfolg hat Ihre schönen Bemühungen gekrönt. Die Kiste kam den 10. d. M. wohlbehalten an und ich hatte Ursache bey'm Auspacken, dem ich selbst vorstand, die Sorgfalt des Einpackens zu bewundern. Nicht das mindeste war beschädigt, sogar die in voriger Zeit zerbrochenen und wieder hergestellten Stücke waren ganz und unverletzt.

Die sämmtlichen neuen Ankömmlinge wurden sogleich auf den Boden neben einander gestellt und die wenigen die ich schon besaß hinzugefügt, so daß es ein ganz stattlicher Anblick war.

Kaum hatte sich eine muntere an dieser schönen Acquisition freundlich theilnehmende Gesellschaft bey Tische bis zum Dessert mit mancherley kunsthistorischen Gesprächen ergötzt, als auch die Würstchen ankamen, davon denn sogleich ein Theil zum Nachtisch aufgebraten[338] wurde. Sagen Sie Ihrer theuern Gattin dafür den schönsten Dank und ersuchen selbige, so lang es die Witterung zuläßt, alle vier Wochen mich mit einer gleichen Portion zu erfreuen. Die Quittung auf 40 rh. Sächs. von Herrn Frühauf ist in meinen Händen. Was Sie für mich für Auslagen haben könnten, werde auf Bemerkung sogleich an gedachten Handelsmann bezahlen.

Der von Hallerische Atlas wird für 12 Carolin behalten. Nächstens wird die Zahlung deshalb an Ew. Wohlgeb. erfolgen. Die am 28. Januar an Dieselben abgegangene Assignation auf 170 rh. Sächs. wird nun auch in Ihren Händen seyn, weshalb mir gefällige Nachricht erbitte. Frege & Comp. sind avertirt. Ein Brief an Herrn von Derschau liegt bey, welchen mit vielen Empfehlungen zu übergeben ersuche.

Möchten Sie mir von dem übrig Angebotenen nähere Kenntniß geben: bunten Fensterscheiben, Stammbüchern, Autographen u. d. g. so könnten vielleicht dafür Liebhaber zu finden seyn.

Begegnen Ihnen einzelne Majolika-Teller, so bitte sie für mich anzuschaffen; je größer eine solche Sammlung wird, desto belehrender ist sie.

No. 5 der Schüsseln wornach ich, fragte hat sich gefunden, sie ist wahrscheinlich nur bey'm Abschreiben übersehen worden, es ist ein schönes bedeutendes Stück, wie auch schon sein Rang andeutet. Nochmals allen Dank für Sorgfalt, Treue und Glauben und was[339] damit verschwistert ist. Mögen Sie mir Herrn von Derschaus Vornamen und sonstige Lebens- und Familienumstände näher bezeichnen, so geschieht mir ein Gefalle. Ich pflege, sowohl in meinen Catalogen, als bey Aufstellung der Gegenstände selbst die Abstammung meiner Besitzungen zu bemerken.


27/7647.


An Hans Albrecht von Derschau

[Concept.]

[13. Februar 1817.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben Sich zu meinen Gunsten einer seit langen Jahren sorgfältig zusammen erlesenen und lange mit Vergnügen und Antheil besessenen Sammlung zu entäußern beliebt, wofür ich hiemit den verbindlichsten Dank abstatte.

Sie ist gestern glücklich angekommen ohne die mindeste Beschädigung welches denn freylich in solchem Falle von der größten Wichtigkeit ist. Nach wiederholtem Überschauen kann ich hinzufügen, daß diese Sendung meinem Erwarten völlig entspricht, denn man muß freylich wissen was man von solchen subalternen Kunstwerken zu fordern hat. Von welchem Werth sie aber auch seyn mögen, so wird man sich immer wundern, wie eine Kunst, ja eine Technik, welche in älterer Zeit die hohen kirchlichen Ansprüche befriedigte, nach und nach bis zur Töpferwaare heruntersteigend, noch so schöne Reste bewahren konnte.[340] Alle Stücke dieser Sammlung sowie auch die, die ich schon besaß, deuten alle auf höheren Ursprung.

Jedes Vergnügen, das mir und meinen Freunden durch diesen neuen Besitz zu Theil wird, soll im Andenken von Ew. Hochwohlgeb. gefeyert und der zu ihrer Aufbewahrung bestimmte Schrank mit Ihrem Namen bezeichnet werden.

Weimar d. 11. Februar 1817.


27/7648.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

vermelde sogleich über die Anfrage wegen des 14. Bandes meine Meinung, indem ich sie auf nachstehendem Blatte auseinandersetze. Sollte noch irgend ein Bedenken obwalten, so bitte mir es anzuzeigen und um Vergebung daß ich mich heute so kurz fasse.

Das 2. Rhein- und Maynheft ist gegenwärtig bis zum 10. Bogen gelangt.

ergebenst

Weimar d. 14. Februar 1817.

Goethe.


[Beilage.]

Zu Aufstellung des vierzehnten Bandes, den Besitzern der älteren Ausgabe zu Lieb, bedarf es nur einer Collationirung der dreyzehn ersten Bände gegenwärtiger Ausgabe mit denen der vorigen. Man druckt das in der neuen Neueingeschaltete, wie es Band nach[341] Band steht, hinter einander fort. Bey dem Inhaltsverzeichniß wäre es gut die Pagina anzugeben, wo jedes Gedicht in der neusten Ausgabe steht.

Der 14. Band würde also folgendermaßen anfangen:

Zuneignung.

Lieder.

Gesellige Lieder.

Balladen.

(Die übrigen Rubriken fallen weg.)

Sonette.

Vermischte Gedichte.

Aus Wilhelm Meister.

An Personen.

Kunst.

Parabolisch.

Gott, Gemüth und Welt.

Sprichwörtlich.

Epigrammatisch.

(Diese Gedichte würden, es möchten ihrer viel so oder wenig seyn, durch Schmutztitel getrennt. Ebenso würde man mit den folgenden Bänden, bis zum 13. Bande incl. verfahren und nur immer durch Schmutztitel: derjenigen Abtheilung gleich, woraus die Stücke genommen sind, die Abschnitte charakterisiren. Diese Arbeit würde ein jeder Druckverwandte sehr leicht zu Stande bringen.)

Weimar d. 14. Februar 1817.

Goethe.[342]


27/7649.


An Johann Heinrich Meyer

Sie könnten mir, theuerster Freund, den größten Gefallen erzeigen, wenn Sie um 11 Uhr zu mir kämen, um 12 mit mir spazieren führen, zu Mittage bey uns blieben u.s.w. nach Belieben. Können Sie auch nur einen Theil dieser Wünsche gewähren, so verbinden Sie mich gar sehr. Ich bitte um ein Wörtchen Antwort.

Weimar d. 14. Februar 1817.

Goethe.


27/7650.


An Carl Ludwig von Knebel

Deinen freundlichen Nachrichts- und Lehre-reichen Brief kann ich sogleich mit etwas Angenehmen erwidern, was mir begegnet ist. So wohl wird es uns freylich nicht immer. Du hast gewiß die Majolika des Herrn von Derschau in Nürnberg gesehen; hiebey das Verzeichniß, zu bequemerer Erinnerung. Diese schöne und bedeutende Sammlung ist durch freundliche Vermittelung unseres wackern Seebecks in meinen Besitz gekommen, ja sogar schon glücklich angelangt, ohne die mindeste Beschädigung.

Wenn man weiß, was man von solchen Arbeiten zu erwarten und zu fordern hat, so wird man diese schöne Gesellschaft an dem Platz, den sie in der[343] Kunst- und Handwerksgeschichte einnimmt, höchlich schätzen. Sie wird aufgestellt und ich wünschte mir nahe Hoffnung, sie dir vorzeigen zu können. Die Schaale, die ich deiner Güte zu verdanken habe, nimmt hier einen ehrenvollen Platz ein; die letzten Nummern 21 bis 23 sind wirklich unschätzbar, und so kündigt sich mir das Frühjahr freundlich genug an.

Ich warte diese Tage auf das seltsamste Document, auf Herrn Städels Testament, welcher Haus und Kunstsammlungen nebst einer Summe von

Dreyzehnmal hunderttausend Gulden

zu einer Kunstanstalt vermacht hat, wozu noch gar eine Anstalt gemacht ist. Daß über die Verwendung eines so ungeheuren Geldes Reichsstädter nicht unter einander einig werden können, läßt sich denken. Es sind hierüber zwey Parteyen entstanden, die mir beide die Ehre erzeigen, mich in die Sache ziehen zu wollen. Der Executor des Testaments will, wie billig nach demselben und seiner Einsicht verfahren; die andere Partey behauptet, ich müsse die Leitung des Ganzen übernehmen. Indessen beide sich streiten, lassen sie mir Zeit, den Vorsatz bey mir reif werden zu lassen, daß ich auf keine Weise etwas damit zu thun haben will.

Von Berlin habe ich auch wunderliche Anträge. Ich ehre das Zutrauen, aber ich will in alten Tagen nicht noch so ungeheure Verbindlichkeiten übernehmen. In solche sich einzulassen, müßte man in vollen[344] Kräften seyn und zwanzig Jahr in Hoffnung vor sich sehn.

Demohngeachtet kann man sich nicht enthalten, wenigstens dahin zu blicken, wo so Großes unternommen wird. Leider weiß man nur zu sehr, wie die Alltagswelt dergleichen in ihre Sphäre herabzuziehen, ja zu vernichten pflegt.

Hieraus, mein Lieber, ersiehst du, daß ich recht vorsätzlich faullenzen müßte, wenn ich mir nur einen Augenblick Langeweile fühlen sollte; denn dergleichen Anlässe, man mag sich gebärden wie man will, zerren einen doch in Gedanken hin und her, wenn man sich auch vor der That in Acht nimmt. Schreibe mir bald. Kann ich nicht kommen, so werde ich doch etwas zu senden bald im Stande seyn. Grüße die werthen Deinigen.

Weimar d. 15. Februar 1817.

G.


27/7651.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

P. P.

So oft ich mich in Gedanken an Ew. Kaiserl. Hoheit wende, scheine ich mir immer von einem orientalischen Blumengarten umgeben, und so kann ich, bey der winterlichsten Einsamkeit, mich an den schönsten Frühlingstagen erquicken. Hievon hab ich[345] ein schwaches Bild zu entwerfen gewagt, welches Höchstdenenselben an heutigem Fest zu Füßen stelle. Möge das, was in der Unterlage vielleicht weniger fröhlich erscheint, durch den heiter emporstrebenden Wuchs ergötzlicher werden und Ew. Kaiserl. Hoheit einen theilnehmenden Blick abgewinnen.

Der ich p.

Weimar d. 15. Februar 1817.


27/7652.


An den Herzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

neuliche gnädigste Äuserungen überraschten mich so angenehm dergestalt daß ich einen Augenblick wähnte auch im benanten Fall Höchst Ihro unschätzbares Zutrauen einigermassen verdienen zu können.

Ich habe gebührend diese Zeit über die Sache und meine Kräfte hin und wieder gewogen und finde mich zuletzt jenen Posten zu bekleiden ausser Stand.

Die bisherige Oberaufsicht werde mit Vergnügen pflichtmäßig fortsetzen, in ein näheres Verhältniß zur Academie darf ich mich nicht wagen und bin Ew. Königl. Hoheit meine mit vielen Gründen zu unterstützende Bedenklichkeit aufs baldigste vorzulegen schuldig um ferneren Entschluß nicht aufzuhalten. Meine Danckbarkeit für ein so ehrenvolles Vertrauen[346] wünsche in dem bisher mir eröffneten Felde beweisen zu können.

Ewig anhänglich

unterthänigst

W. d. 18. Februar 1817.

Goethe.


27/7653.


An Carl Ludwig von Knebel

Da wir einmal im Zuge sind, mein Lieber, so schreib ich wieder gleich ein paar Worte, indem ich eine Englische Notiz zu senden habe, die dir Vergnügen machen wird, wenn sie dir noch nicht zu Handen kam.

Heute wird die Majolika aufgestellt. Möcht ich mich deiner persönlichen Theilnahme bald erfreuen können.

Wegen Frankfurt und Berlin hast du ganz recht. Bey aller Apprehension mich in fremde Händel zu mischen, hab ich doch interloquirt und die Sache nicht ganz abgewiesen. Auch nur zu erfahren was vorgeht, ist schon einiger Mühe werth.

Auch darin stimm ich überein, daß, die Frankfurter am allervernünftigsten handelten, wenn sie den größten Theil der Interessen ihres Capitals auf Künstler verwendeten, die sie in alle Hauptstädte von Europa schickten. Unterdessen werden sie's machen wie die Menschen überhaupt; wir sind ja selbst nicht[347] davon frey, daß wir zu viel Vorbereitungen machen, anstatt sogleich zur Sache zu schreiten.

Nun leb wohl, grüße die Deinen und gedenke mein.

Weimar d. 19, Februar 1817.

G.


27/7654.


An die Hoftheater-Intendanz

Weimar den 8. Febr. 1817.

Heute morgens erschien der bisherige Regisseur Herr Genast und erklärte, daß er sich willig in Serenissimi Anordnungen füge, wobey er zugleich einige Bitten anbrachte die man zu begünstigen versprach.

Ferner bezeigte er sich geneigt den neuen Regisseur Herrn Oels in allem nöthigen einzuleiten und demselben anfangs zur Seite zu stehen als auch Großherzogl. Theater-Intendanz sowohl jetzt als künftig in allem zu Diensten zu seyn. Wie er denn sogleich einige nützliche Vorschläge that und sich dagegen gnädiger Fürsorge empfahl.

Nachrichtlich

Weimar d. 20. Februar 1817.

Goethe.[348]


27/7655.


An die Hoftheater-Intendanz

Weimar den 8. Februar 1817.

Erschien der zum Regisseur ernannte Hof-Schauspieler Herr Oels, dankte für das ihm bewiesene höchst verehrliche Vertrauen und gelobte, daß er in seinem neuen Geschäft an Fleiß und Sorgfalt es nicht wolle fehlen lassen. Da er aber selbst noch nicht übersehen könne, inwiefern er diesen Obliegenheiten gewachsen sey, so wünschte er sie nur auf Ein Jahr zu übernehmen, nach dessen Verlauf sowohl ihm als Großherzogl. Theater-Intendanz eine Aufkündigung frey bleiben möchte; wie denn solches zu beiderseitiger Beruhigung gar wohl zulässig sey. Man erwiderte seine Erklärung bejahend und mit der Überzeugung daß er seine Pflicht nach Kräften erfüllen werde.

Nachrichtlich

Weimar d. 20. Februar 1817.

Goethe.


27/7656.


An Carl Friedrich Zelter

Dank für deine beiden gehaltvollen Briefe. Der Bewohner einer großen Stadt ist doch immer zu beneiden, weil ihm vor Aug und Ohr kommt wovon wir Kleinstädter nie einen Begriff erhalten. Deine Tänzer hast du meisterhaft geschildert.

[349] Durch die guten Worte, womit du Iphigenien so treulich ehrest, sey mir gleichfalls gelobt und gepriesen. Die wundersame Entstehung der zweyten Redaction schildert die Italiänische Reise. Iphigenie auf Delphi wird wohl ungeschrieben bleiben. Es ist eine Notiz da, daß die alten Tragiker diesen Gegenstand behandelt haben, der mich nothwendig reizen mußte weil ich in das Atreuische Haus mich so eingesiedelt hatte. Eine cyklische Behandlung hat viele Vortheile, nur daß wir Neuern uns nicht recht darein zu finden wissen. Ferner sollst du gelobt seyn wegen der erfreulichen Schilderung des jungen Teichmanns, dessen Wesen und Naturell mir gar wohl gefällt. Er hat mir auch recht verständig geschrieben und geschickt was ich begehrte; auch schreibt er eine allerliebste Hand.

Nur ist seit der Zeit als ich das erstemal dir schrieb eine unerwartete und also seltsame Veränderung bey unserm Theater vorgegangen, welche durch die eilende Fama besonders bey jetzo gut eingerichteten Posten, eilig genug zu euch gekommen seyn wird. Ich habe die Sache wieder auf den Schultern, wie vor soviel Jahren, fange wieder an wie damals. Den Mahomet hab ich schon wieder auf die Bühne gebracht, als Exercitium der ersten grammatikalischen Übungen. Die Sache steht wunderlich genug, für mich so günstig als möglich. Im eigentlich Artistischen, Technischen, Oekonomischen kann man sich keine Einrichtung besser wünschen, nur erregte zuletzt eine geistlose Behandlung[350] allgemeinen Unwillen daß endlich eine Explosion folgen mußte. Ich erwartete sie um auch aus der Sache zu scheiden. Anstatt dessen fühlt ich mich verpflichtet zur Erhaltung des morschen Gebäudes beyzutragen. Dieß wird mir möglich und leicht weil mein Sohn mit zur Intendanz gesetzt worden, und ich eine unumschränkte Gewalt im Kunstfach ausübe, ohne durch Nebendinge gehudelt zu werden. In kurzer Zeit soll alles ein anderes Ansehn haben, und wenn ich bis Johannis fortfahre zu handeln wie diese drey Wochen, so kann ich in die weite Welt gehen und es soll dieser Anstalt besser geholfen seyn als durch Solons Gesetze und Abschied den Atheniensern.

Aber eben gerade jetzt muß ich mich auf unser Personal einschränken und zeigen was man damit thun kann, und darf durch Erscheinung eines Fremden keine Apprehension geben, wie ich vor ein paar Monaten mit größter Gleichgültigkeit gethan hätte. Sage dem jungen Mann darüber ein freundlich Wort und ohngefähr soviel als er zu wissen braucht.

So den leeren Raum zu benutzen will ich dir vertrauen daß ich mich seit vollen vierzehn Tagen, Tag und Nacht, wenn das Letztere viel bey mir sagen will, mit einer Arbeit beschäftige die du mir nicht zutraust. Ich redigire nämlich Kotzebues Schutzgeist. Sie hatten ungeschicktester Weise das Stück zur Großherzogin Geburtstag in Extenso gegeben, es dauerte bis halb Eilf, Hof und Stadt protestirten gegen seine[351] Wiedererscheinung. Weil aber die darin zusammen gestoppelten Motive doch manches Interessante haben, gerade wie es die Leute wünschen, so fuhr ich herein und machte den Schutzgeist des Schutzgeistes. Er bleibt mit auf dem Repertorium und schon dadurch ist meine Mühe reichlich belohnt.

Lebe wohl und schreibe bald.

Weimar d. 23. Februar 1817.

Der Deine

G.


27/7657.


An die Hoftheater-Intendanz

Eine der nothwendigsten Anstalten die wir sogleich zu treffen haben ist die: ältere Versatzstücke mit neueren, besonders aber mit den neuen Decorationen in Harmonie zu bringen. Dieses müßte jedesmal vor der Aufführung eines älteren Stückes geschehen, würde das aber versäumt, doch sogleich nachher.

So bring ich z.B. gleich die Decorationen der Schweizerfamilie zur Sprache. Diese, in ihrer Anlage und Einrichtung nicht ganz übel, macht, wie sie jetzt erscheint, ein jämmerliches Gesicht; jeder Theil so einzeln ist nicht zu verwerfen, nur ist es ein großer Mißstand, daß sie untereinander weder durch Farbe noch durch Haltung irgend ein Verhältniß haben.

Um in's Einzelne zu gehen, so ist der Hintergrund zu stark gemahlt und fernt nicht. Will man ihn aber[352] doch brauchen, so muß die davorstehende Mauer, welche theilweise durchlöchert und im Ganzen verblichen ist, aufgemahlt und durch Localfarbe und Schatten dem Auge entgegen gedrängt werden.

Derselbe Fall ist mit der Schweizerhütte, welche zu matt und unkräftig dasteht. Auch dieser muß durch Farbe, Licht und Schatten nachgeholfen werden. Ich habe darüber schon mit Herrn Beuther gesprochen, welcher meine Überzeugungen theilt und sogleich erbötig ist, den Anfang dieser Verbesserung zu machen, wenn vorher die zum Schutzgeist erforderlichen Einsetzstücke fertig sind.

Weimar den 23. Februar 1817.

G.


27/7658.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

vermelde sogleich daß das eingeschaltete Manuscript am rechten Platze liegt, es hat sich später gefunden und erhält einen Schmutztitel mit der Aufschrift

Die guten Weiber.

Es ist der kleine Dialog der einmal im Damencalender stand, als Parodie eines anderen Aufsatzes Die bösen Weiber.

Mich bestens empfehlend

ergebenst

Weimar d. 24. Februar 1817.

Goethe.[353]


27/7659.


An die Hoftheater-Intendanz

Es war vorauszusehen daß eine Erneuerung der Zauberflöte an Decorationen, Kleidern und andern Erfordernissen, wenn man auch mit größern Theatern nicht wetteifern wollte, doch sehr weit führen und manche Müh und Unkosten verursachen würde. Dieses tritt aus Herrn Beuthers Aufsatz noch deutlicher hervor.

Vor seiner Abreise nach Leipzig kann er die Decorationen nicht fertigen und wenn er es könnte, würde es nichts helfen, denn wir können sie ohne ihn nicht ausführen. Nach meiner Überzeugung sollte man ihn auf die gesetzte Zeit reisen lassen, die Sommerzeit mit Muße anwenden die Decorationen mit Sorgfalt und Ruhe zu malen, Kleider und Requisiten zu erneuen, zur Vorbereitung aber möglichst Kosten-Anschläge zu machen was an Leinwand, Pappe, Farben und sonstigen Zuthaten nöthig seyn möchte.

Seine Zeit kann Herr Beuther in den nächsten Monaten sehr gut anwenden, wenn er vorerst die Einsetzestücke und was sonst unserm erneuerten Theater widerspricht in Ordnung brächte. Nicht weniger die Beleuchtung nach seinen Vorschlägen wozu schleunigst Anstalt zu machen wäre.

Auch müßte man ihm einen Gehülfen zugeten den er zu jeder Zeit zu seinem Dienste haben könnte. Der[354] geringe Aufwand einen solchen Taglöhner zu bezahlen wird zehnfach ersetzt, wenn ein thätiger Mann wie Beuther niemals gehindert ist.

Weimar den 24. Februar 1817.

G.


27/7660.


An die Hoftheater-Intendanz

Der Weimarischen Oper sowohl als dem Schauspiel fehlt es nicht an trefflichen Elementen. Ja wir haben Aufführungen gesehen welche nichts zu wünschen übrig ließen. Leider gerieth die ganze wohl gegründete ja sogar wohl erhaltene Anstalt in der letzten Zeit in solch ein Stocken daß es endlich unerträglich werden mußte. Die vielfachen zusammentreffenden Ursachen würde unfreundlich seyn aufzuzählen, da vielleicht niemand der Theilnehmenden, von oben bis unten, ganz schuldlos an diesem Unheil war.

Als daher Ihro Königl. Hoheit in dem gnädigsten Rescripte vom 29. Januar a. c., wodurch eine Veränderung in der bisherigen Organisation befohlen ward, sich eine weitere Entschließung wegen der Oper vorbehielten, mir auch bekannt war, daß man noch einen tüchtigen Tonkünstler hieher berufen wolle; so hielt ich es für Pflicht der Sache fleißig nachzudenken und nehme mir die Freyheit die Resultate meiner Überlegung gegenwärtig vorzulegen, da durch ein gnädigstes Handbillet vom 21. Februar uns die Höchste Willensmeinung bekannt geworden.

[355] Die Oper bedarf bey dem Gehalt ihres Personals, so wie das Schauspiel, nur eines Anstoßes um sogleich alle Forderungen zu befriedigen. Allein hiezu gehört nicht nur ein ernster fester Entschluß, sondern eine ununterbrochene Thätigkeit und durchgreifende Bemühung. Alle Hindernisse, welcher Art sie auch seyen, müssen augenblicklich beseitigt werden wenn die vier von Serenissimo benannten Personen den guten Willen, den sie gewiß hegen, zum Vortheil des Ganzen zur That bringen sollen, und nichts, was ihre Thätigkeit nur einigermaßen hindert oder sogar lähmt, darf auch nur einen Augenblick geduldet werden.

Ich gehe sie, wie sie das gnädigste Blatt bezeichnet, von unten auf durch. Der Correpetitor muß daß Recht haben das Einlernen der Stimmen zu betreiben. Es muß in ihm zur Pflicht gemacht werden, wenn es irgendwo stockt, es sogleich bey der Intendanz anzuzeigen.

Dasselbe gilt von dem Director des Chors, welcher nach seiner Bestimmung mit dem Correpetitor zusammen wirken und mit ihm gemeine Sache machen wird. Der Kapell-Meister bleibt in seinen Functionen, in denen er bey Krankheits- und anderen Verhinderungsfällen durch den Nachgesetzten sublevirt wird. Der Regisseur endlich übersieht das alles, hebt alle Hindernisse und insofern dieß ihm nicht gelingen wollte, thut er Anzeige bey der Intendanz.

Betrachtet man nun den Gang den die Oper von[356] der Austheilung an bis zur Aufführung nimmt, so überzeugt man sich alsbald, daß der Regisseur ein zwar sehr geregeltes, nicht eigentlich beschwerliches, aber doch ununterbrochene Thätigkeit forderndes Geschäft auf sich nimmt.

Man fange nur an von der Revision der Partituren, dem Ausschreiben der Rollen, dem Einstudiren derselben, den Quartettproben im Zimmer und gehe endlich zu den ganzen Proben daselbst, zu den Vorproben auf dem Theater, zur Hauptprobe, ja zur Aufführung; so sieht man gar leicht daß ein solches Unternehmen bey jedem Schritt aufgehalten werden kann. Hierin mit Leichtigkeit und rasch zum Zwecke zu wirken trägt sehr viel bey wenn der Regisseur selbst ein ansehnliches Mitglied der Oper ist, wie es sich denn nach Serenissimi Höchstem Willen dießmal ereignet.

Diesen mannigfaltigen Bemühungen kommt freylich das Fundament zu Statten welches dem Schauspiel fehlt: es ist die Partitur, der ausgesprochene Wille des Componisten, so daß Ton, Ausdruck, Bewegung Körperstellung beynah nicht verfehlt werden kann. Eine Oper hört man überall beynahe als eben dasselbe Kunstwerk; die Schauspiele dagegen klingen auf jedem Theater anders, so daß man sie oft nicht wiedererkennt.

Übernimmt nun der Regisseur der Oper eine schwere Aufgabe, die er sich aber nothwendig selbst auflegen[357] muß: alle Woche eine gangbare, alle vier Wochen eine neue oder erneute Oper zur Schau zu stellen, so hat er dagegen den Vortheil daß das Mechanische des Theatergeschäftes auf den Schultern des Schauspiel-Regisseurs verbleibt. Dieser besorgt alles was sich auf Bühne, Decoration, Einsetzstücke, Beleuchtung Garderobe und Requisiten bezieht, nachdem er sich vorher mit dem Regisseur der Oper darüber verständiget und verabredet.

Hiebey wird eine Übereinstimmung um desto gewisser seyn, als Großherzogl. Theater-Intendanz künftighin genaue Einsicht in alle diese Erfordernisse nehmen wird, sowohl in artistischer als ökonomischer Hinsicht. Weshalb denn jedesmal eine Tabelle verfertigt wird mit nachstehenden Columnen:

Personen | Austheilung | Kleider | Decorationen | Requisiten (Zwischenmusik, bey'm Schauspiel). Hiervon werden Exemplare der Intendanz und der Regie eingehändigt. Ward etwas vergessen oder verändert, so wird es sogleich gemeldet, weil besonders nichts was Kosten verursacht ohne Einwilligung der ökonomischen Section der Theater-Intendanz angeschafft werden kann.

Da nun nach Serenissimi höchster Intention der Cammer-Sänger Stromeyer die Stelle eines Regisseurs bey der Oper auf ein Jahr einnehmen soll, da denn zu Ende gegenwärtigen Jahres beiden Theilen die Aufkündigung frey stünde, wie denn auch der[358] Regisseur Oels sich diese Bedingung erbeten, so nimmt unsere Regie-Verfassung die Art eines Contracts an. Mit Oels war er leicht zu verabreden weit er in die sämmtlichen Befugnisse und Rechte des vorhergehenden Regisseurs eingesetzt wurde, bey Stromeyern ist es ein anderes, es ist eine ganz neue Function, deren Wirkungskreis und Gränze erst zu bestimmen ist.

Für denselben wäre daher eine Instruction aufzusetzen und die daraus entspringenden Veränderungen in der Instruction der Schauspiels-Regie zu bemerken. Es ist kein wichtigerer Punct als in eine schon vorhandene Kette ein neues Glied aufzunehmen; drum wünsche ich, daß in gegenwärtigem Falle die sämmtlichen Glieder der Intendanz ihre Gedanken eröffnen nach Einleitung vorstehenden Voti und Serenissimi gnädigsten Handbillets.

Ich habe selbst noch mehrere Puncte zurückgehalten, welche im Zusammenhang gleich erörtert werden müssen, damit man nicht künftig im Einzelnen sich zu wiederholen, sondern nur auf das einmal Festgesetzte zu beziehen brauche. Es ist gegenwärtig der Moment wo alles zur Sprache kommen muß, und die Theater-Intendanz darf künftig keine Schuld auf sich nehmen die sie nichts selbst verwirkt hat.

Zu aufrichtigster und redlichster Theilnahme mich erbietend

Weimar d. 24. Februar 1817.

Goethe.[359]


27/7661.


An August Eberhard Müller

Da Ew. Wohlgeb. sich leider Ihres Übels wegen wieder zu Hause halten müssen, so bringe ich von Zeit zu Zeit einige Anfragen und Wünsche schriftlich an Dieselben. Ich schreibe sie auf ein gebrochen Blatt, haben Sie die Gefälligkeit mir daneben Ihre Gedanken zu eröffnen. Vorläufig bemerke, daß die gestrige Musik zu den beiden Stücken sehr passend ausgefallen.

1) Frage an: wann Hoffnung ist die vereitelten Ränke aufzuführen.

2) Was sagen Ew. Wohlgeb. zu El Bondocani? sollte man die beiden Frauenzimmer nicht durch die Unzelmann und Riemann besetzen, theils um diese Personen in Übung zu bringen, theils, wenn es von obenherein fehlt, etwas Gesang zu haben? Diese kleinen Opern wären mir höchst schätzbar weil es sehr oft vorfällt daß unsere Vorstellungen aus zwey Theilen bestehen müssen.

Weimar d. 25. Februar 1817.

G.


27/7662.


An die Hoftheater-Intendanz

Wir haben an Herrn Beuther einen vortrefflichen Decorateur und können sehr zufrieden seyn, daß auch Herr Holdermann ein so schönes Talent besitzt. Allein[360] man hat bisher den Fehler begangen, daß man beide separat arbeiten ließ. Sie können nicht in einem Zimmer mahlen, aber sie werden künftig in einem Sinne mahlen. Was ich darunter verstehe setze ich auseinander.

Die Theatermahlerey hat eine doppelte Perspective, die der Linien und die der Haltung über eine wie die andere werden sich beide Männer künftig berathen, und ich werde sehr gern auch in diesem Puncte mitwirken. Damit aber dieses rein, ohne Hinderniß und Verwirrung geschehen könne, so darf von nun an keine Bestellung bey dem einen oder andern mündlich geschehen, sondern schriftlich und von mir unterschrieben, wie ich die Decorationen des Schutzgeistes betreffend hier einen Entwurf beylege, wornach ich sogleich zu wirken und mit beiden Männern zu bereden anfange.

Weimar den 27. Februar 1817.

G.


27/7663.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

erhalten hiebey ein Stückchen Acten die bewußte Angelegenheit betreffend, die ich wegen ihres vorzüglichen Interesses gern recht genau eingeleitet sähe.

Der Bau-Revisor Klein wird sich bey Denenselben in diesen Tagen melden, was ihm aufgetragen ist,[361] besagt das in den Acten befindliche Concept. Das kleine Heft hab ich so sorgfältig eingepackt weil ich hoffen darf daß es noch mehr als einmal in Serenissimi Hände kommen wird.

Mich bestens empfehlend und mit der Hoffnung im Frühjahr vom erfreulichen Fortgange dieser Angelegenheit Augenzeug zu seyn.

W. d. 27. Februar 1817.


27/7664.


An Johann Gottfried Schadow

Weimar d. 28. Februar 1817.

Ew. Wohlgeboren

vermelde nur mit wenigen Worten, daß die sehr wohlgerathenen Abgüsse glücklich angekommen sind und mir viel Vergnügen machen. Die Auslagen deshalb sollen gleich wieder erstattet werden, ich sende das Geld mit den rückkehrenden Zeichnungen.

Ich und mein Sohn wünschen alles häusliche Glück der neuen Verbindung letzterer ist überzeugt von dem Antheil, den Sie an der seinigen nehmen.

Mehr nicht für dießmal damit der Brief gleich abgehe

ergebenst

Goethe.[362]


27/7665.


An Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

Auf das angenehmste überraschte mich Ihre werthe Sendung deren glückliche Ankunft ich hiermit vermelde. Sie fand mich in einem Drang von Umständen, der mir nicht erlaubt, recht ausführlich und gemüthlich Ihre freundschaftliche Mittheilung zu erwidern.

Der erste ruhige Augenblick soll Ihnen gewidmet seyn.

Dieß zur Nachricht, welche Sie ungesäumt erwarten können.

Treu verbunden

Weimar, den 28. Februar 1817.

Goethe.


27/7666.


An die Hoftheater-Intendanz

[Ende Februar 1817?]

Wegen der aufzuführenden Stücke bis Sonnabend vor Palmarum mache folgende Bemerkung:

Es ist zu hoffen daß bis dahin Athalie zweymal, desgleichen die vereitelten Ränke und der Schutzgeist zweymal gegeben werden, Mittwoch den 12. März könnte Clavigo seyn. Wegen beider letzten Stücke liegt eine Tabelle bey, welche zu prüfen und die leer gelassenen Stellen auszufüllen bitte

.


28/7667.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey abermals etwas Manuscript. Ich wünschte daß Sie es setzen ließen, damit man erführe was noch nachzusenden ist. Ich wünschte daß es 13 Bogen gäbe und auf die letzte Seite dasjenige zu stehen käme was beyliegendes Couvert (sub [*Sonne]) enthält. Nach meiner Absicht würde die Seite mit einem Perlenstäbchen eingefaßt, worin die Beschreibung des närrischen Gemäldes als dann zu stehen käme.

Wenn ich allenfalls weiß wie viel Raum noch zwischen dieser letzten Seite und dem vorhergehenden bleibt, so sende das nöthige Manuscript und wir wollen sehen inwiefern wir ihn glücklich ausfüllen. Mich zum schönsten empfehlend.

Weimar d. 2. März 17.


28/7668.


An Sulpiz Boisserée

Überbringer, Herrn Hof-Medicus Dr. Rehbein, dem ich als einem geschickten und sorgsamen Arzt diesen[1] Winter über viel schuldig geworden, nehmen Sie um meinet- und seinetwillen freundlich auf und lassen ihn einen Blick in Ihre Schatzkammer thun. Der Brief vom 18. Februar ist zu seiner Zeit wohl angelangt, auf welchen ich nächstens umständlich erwidern werde.

Für dießmal leben Sie wohl und lassen mich durch ein freundliches Blatt erfahren wann Dr. Rehbein bey Ihnen gewesen.

der Ihrige

Weimar d. 6. März 1817.

G.


28/7669.


An A. Steinau

[Concept.]

[Weimar, 8. März 1817.]

Auf Ew. Wohlgeb. werthes Schreiben vom 19. Februar würde früher geantwortet haben, wenn sich nicht bey unserm Theater Veränderungen ereignet hätten, welche bisher die Bestimmung einiger Gastrollen unmöglich machten. Auch jetzo befinden wir uns noch in demselbigen Falle und es ist mir um so unangenehmer Ihren Wünschen nicht entsprechen zu können, als wir Ihnen für verschiedene Gefälligkeiten unsern Dank abzutragen haben. Es geschieht dieses gegenwärtig einstweilen mit Worten welche den Wunsch hinzufüge, daß ich bald in der That etwas Gefälliges erzeigen könne.[2]


28/7670.


An Paulus Usteri

Ew. Wohlgeb.

erlauben daß ich eine sich mir anbietende Gelegenheit ergreife die vorzügliche Hochschätzung, welche Denenselben schon längst gewidmet habe, mit wenigen Worten auszusprechen und zugleich den Überbringer, unsern Hof-Medicus Dr. Rehbein, vorzustellen. Daß er ein trefflicher Arzt sey kann ich betheuern, indem ich ihm diesen Winter über viel schuldig geworden. Einige Unterhaltung wird Ew. Wohlgeb. hievon am sichersten überzeugen. Da er auf seiner Geschäftsreise zugleich von Ihro Königl. Hoheit dem Großherzog, einem großen Freunde der Pflanzenkunde, den Auftrag hat, in der Schweiz botanische Connexionen für hiesige Anstalten einzuleiten, so kann seinem Vorhaben keine bessere Richtung geben, als daß ich ihn bey Denenselben einführe.

Möge ich bey seiner Rückkehr von ihm erfahren daß Sie Sich wohl und in erwünschter Lage befinden, so wird es mir zu besonderm Vergnügen gereichen. Fügt er noch hinzu daß Sie meiner mit Geneigtheit gedenken und meine Fürsprache zu gelten lassen, so ist einer meiner angelegentlichsten Wünsche erfüllt.

Der ich die Ehre habe mich mit besonderer Hochachtung zu unterzeichnen.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar d. 8. März 1817.

J. W. v. Goethe.[3]


28/7671.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

P. P.

Ew. Hochwohlgeb. nehme mir die Freyheit in Auftrag Ihro Königl. Hoheit des Großherzogs meines gnädigsten Herrn folgende Wünsche zu äußern.

In dem Lambertischen Pinuswerke, wozu die Zeichnungen von Ferdinand Bauer sind, welches in der Kaiserl. Königl. Handbibliothek und in der des Herzogs Albert v. S. Teschen Hoheit aufbewahrt wird, befinden sich drey Species wovon Ihro Königl. Hoheit Abbildung und Beschreibung zu haben wünschen. Es sind solche:

1. Dombaya excelsa, sive Norfolk Island Pinus,

2. Pinus Damara, sive Pitch Pinus from Amboina

3. Pinus Columbaria.

Ihro Hoheit würde es zu besonderm Vergnügen gereichen, diese Abbildungen in derselben Größe gezeichnet und illuminirt, auch die Beschreibung in gleichem Format sauber copirt zu sehen.

Ferner haben Ihro Königl. Hoheit bemerkt daß in der österreichischen Flora sehr schöne Gentianen vorkommen und würden sehr gerne von den verschiedenen Arten derselben Samen erhalten. Ew. Hochwohlgeb. wissen am besten woher dergleichen zu schaffen, ich bitte daher solche baldmöglichst unter meiner Adresse hieher gelangen zu lassen.

[4] Zugleich lege die Copie eines uralten Monumentes bey, welches bisher in der Außenseite der Kirche Heilsbergs, eines zwey Stunden von Rudolstadt gelegenen Dorfes, eingemauert gewesen und vor kurzem nach Weimar gebracht worden. Ew. Hochwohlgeb. selbst, als Kenner des Alterthums sich bewährend, an einem Orte wo viele trefflich unterrichtete Männer sich befinden, könnten wohl zur Auflösung dieses Räthsels behülflich seyn. Auch ist mir beygegangen, ob ein geübter Dechiffreur, der noch wunderbarere Zeichen zu diviniren hat, hier nicht gute Dienste leisten könnte. Von dieser Inschrift ist das Nähere in den Curiositäten der p. Vor- und Mitwelt 5. Bandes 6. Stück pag. 507, Weimar 1816, zu ersehen.

Mehr setz ich nicht hinzu als die Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung und des herzlichsten Dankes auch von meiner Seite für so mannigfaltige mir gleichfalls höchst interessante Bemühungen.

Weimar d. 9. März 1817.


28/7672.


An Carl Friedrich Zelter

Wenn dir, mein Theuerster, Frau Fama oder Fabula Nachricht von Krankheit gebracht hat, die mich soll befallen haben, so mochte sie veranlaßt seyn dadurch, daß ich seit vier Wochen kaum aus dem Hause gekommen bin, und wirklich an dem seltsamen[5] Unternehmen krankte, wovon ich dir schon gemeldet habe: an der Bearbeitung des Schutzgeistes nämlich für unser Theater. Gestern bin ich nun von diesem Übel genesen, wie du aus beyliegendem Anschlagzettel siehst, mit welchem du der Frau Historia ein Geschenk machen kannst. Was du aber auf dem Zettel nicht liesest, ist das glückliche Gelingen. Ich habe bey meiner Redaction nur das Wirksame behalten und das Nothwendige in die Enge gebracht. Die langen ausführlichen Erzählungen zu kurzen kräftigen Darstellungen umgeschrieben, die matten Verse überarbeitet und die Lücken, die ich mit grausamer Scheere hineingeschnitten, wieder zusammengefügt und übermalt, so daß es jetzt ein interessantes glatt hintereinander weggehendes Stück und beynahe um eine Stunde kürzer geworden.

Soviel von meinen neusten Thaten, wozu ich noch fügen muß, daß die ganze Aufführung nach alter Weimarischer Weise mit Präcision sowohl des Auftretens, Gehens und Bewegens, Gruppirens, nicht weniger der Recitation und Declamation gegeben worden. Schreibe mir nun auch wieder bald ein Wort von dir. Athalia ist noch nicht gegeben wegen Krankheit Stromeyers. Wir hoffen sie nächsten Sonnabend den 15. dieses aufzuführen. Ein herzliches Lebewohl!

Weimar d. 9. März 1817.

G.[6]


28/7673.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Unterthänigster Bericht.

Ew. Königl. Hoheit können wir den durch zwey gnädigste Rescripte abgeforderten Bericht über Aufsuchung und Erhaltung geistlicher und weltlicher Monumente der Vorzeit nicht besser und ungesäumter unterthänigst vorlegen, als wenn wir die Worte des, diese wünschenswerte Anstalt veranlassenden Oberconsistorii mit Überzeugung wiederholen: »daß es nämlich unleugbar von großem Nutzen und Interesse seyn möchte, über die in den Kirchen und Gewölben, Kreuzgängen und Vorhallen zerstreuten Kunstdenkmale eine genaue Übersicht, die sich augenblicklich zu jedem beliebigen Zweck benützen ließe, zu erlangen.«

Wenn nun die Großherzogl. Oberconsistorien in ihrem Wirkungskreise die nöthigen Nachrichten einziehen und auf Ew. Königl. Hoheit gnädigsten Befehl die übrigen Behörden das Gleiche thun, so werden wir nicht verfehlen, dasjenige was etwa schon in unsern Gewahrsam gelangt oder wovon wir Nachricht erhalten haben zu verzeichnen und auf's baldigste schuldigst einzureichen.

Ist man nun über das Vorhandene im Klaren, so wird sich der Werth und Unwerth solcher Dinge besser beurtheilen lassen; auch kann alsdann erst überlegt[7] werden, was an Ort und Stelle einzeln verbleiben, oder was in eine Art Museum zusammengestellt werden soll, zu welcher letzteren Anstalt denn aber vor allen Dingen ein schickliches, geräumiges und zu ewigen Zeiten diesem Zwecke gewidmetes Local auszufinden wäre. Wie denn auch für Restauration und allenfalls Transport immer ein ansehnlicher Aufwand vorauszusehen ist, welchen zu bestreiten eine Summe auszumitteln, festzusetzen und hienach die Unternehmung und deren Eintheilung auf verschiedene Jahre zu reguliren wäre. Welches denn alles nach hinlänglicher Vorbereitung umständlicher wird ausgeführt werden können.

Da nun wegen eintretendem Reformationsfeste dieser Gegenstand dringender zur Sprache kommt, so haben wir nicht verfehlen wollen diesen vorläufigen Bericht unterthänigst abzustatten. Die wir uns pflichtmäßig vorbehalten das Weitere zu bedenken und deshalb ausführlicher unser ohnmaaßgebliches Gutachten vorzulegen, die mitgetheilten Acten beyschließend.

Weimar den 9. März 1817.


28/7674.


An die Hoftheater-Intendanz

Gegen die Annahme des Hunnius, nach denen in vorstehendem Votum ausgesprochenen Bedingungen, weiß ich nichts zu erinnern. Nur müßte es in dem[8] Contract nicht heißen: an Malkomi's Stelle sondern, wie es in den andern Contracten heißt: er verbinde sich zu allem seinem Alter und Talenten angemessenen Rollen welche ihm von Großherzogl. Intendanz zuertheilt werden. Und so würde denn schleunigst unterthänigster Vortrag wegen demselben als wegen beygehendem Gesuch des jungen Genast zu erstatten seyn.

W. d. 9. März 1817.

G.


28/7675.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey das Reglement für die Regisseurs und übrige Theater-Dienerschaft. Ich bin dabey so zu Werke gegangen, daß ich

1) Alles in einen Aufsatz gebracht und mit fortlaufenden Nummern bezeichnet habe, weil es nothwendig ist daß jeder eines andern Pflichten und Befugnisse kennt.

2) Hab' ich mich so kurz wie möglich gefaßt. Alles was noch hinzuzufügen wäre kann als Note nachgebracht werden und mit der Nummer des § bezeichnet.

3) Wünsch' ich daß Ew. Wohlgeb. das Ganze nochmals überdenken und was Sie in die Noten gebracht wünschen notiren.

[9] 4) Meo voto communicirte man baldmöglichst das Ganze denen Herrn Oels und Stromeyer zur Erklärung: ob sie auf diese Bedingungen und Anordnungen die beyden resp. Regien anzutreten und Ein Jahr sorgsam zu verwalten geneigt sind, da denn beyden Theilen künftige Weihnachten eine Aufkündigung frey bleibt.

5) Die ersten Aufsätze aus welchen der meinige genommen liegen bey und das Ausgelassene kann gleichfalls in Noten nachgebracht werden. Die besondern Bemerkungen die hieher nicht gehören habe zurück gehalten.

6) Unter Repetitor verstehe ich Herrn Häser.

Alles zu gefälliger Theilnahme empfehlend.

Weimar d. 11. März 1817.


[Beilage.]

Schauspiel.

1.

Bey Großherzogl. Theater-Intendanz werden öfters Manuscripte eingereicht, mit dem Wunsch: solche auf der Weimarischen Bühne aufgeführt zu sehen – Findet man dieselben einigermaßen annehmlich, so erhält sie der Regisseur zu sorgfältiger Prüfung; auch erkundigt sich derselbe außerdem fleißig was etwa sonst handschriftlich oder im Druck Brauchbares erscheinen möge, giebt Kenntniß davon, und reicht die Stücke, wenn sie ihm zu Handen kommen, baldigst ein.[10]


2.

Wird ein Stück approbirt, so erhält solches der Regisseur um es dem Rollenschreiber zu übergeben. Die ausgeschriebenen Rollen legt er vor, und die Austheilung derselben geschieht mit seinem Beyrath. Die Intendanz unterschreibt diese Vertheilung und der Vorsitzende schreibt die Namen der Schauspieler auf die Rollen, welche der Regisseur, durch den Theaterdiener, welcher es sorgfältig verwahrt und an die Theater-Bibliothek abliefert.


3.

In den nun wöchentlich einmal (zeither Donnerstags) gehaltenen und künftig zu haltenden Beredungen werden die Beschäftigungen der nächsten Woche in Ansehung der zu gebenden Stücke und Opern, ingleichen der dazu erforderlichen Proben regulirt, und auf die übrige Zeit die Lese- und anderen Proben in Gegenwart der Regien und des Capellmeisters bestimmt, von der Intendanz approbirt oder abgeändert und dann in duplo ausgefertigt.

Das eine Exemplar bekommt der Capellmeister, welcher es dem Repetitor und Correpetitor mittheilt, und der Capelle die Proben von Tag zu Tag ansagen läßt.

[11] Das andere Exemplar kommt aber an den Regisseur des Schauspiels, welcher es durch den Theaterdiener bey den Mitgliedern circuliren, dann Abschriften davon machen und solche in den Garderobestuben anschlagen läßt, damit sich keiner mit der Unwissenheit entschuldigen möge.


4.

Wenn denn in gedachten Sessionen die Beschäftigungen regulirt worden, so hat der Regisseur sich mit dem zu gebenden neue Stück genau bekannt zu machen, und, ist es eine Oper, mit dem Regisseur des Singsaches alles wohl zu verabreden, sodann aber der Intendanz vorzuschlagen, was nach seiner genauen Kenntniß der Garderobe für bereits vorhandene Garderobestücke zu dieser oder jener Rolle mit Nutzen, ohne vergeblichen Aufwand zu machen, gebraucht werden können, dann die durchaus neu anzuschaffenden aber vorzuschlagen, daß mit wenigen Mitteln ein erwünschter Effect hervorgebracht werden möge; deshalb denn auch Anschläge vorzulegen sind.


5.

Ein gleiches gilt von den Decorationen, Einsetzstücken und sonstigen Erfordernissen sowohl bey neuen Stücken als bey älteren welche mit dem Decorateur umständlich zu besprechen sind, welchem denn auch das Resultat schriftlich zugefertigt wird. Damit die Theatermeister nach dieser Anordnung alles[12] zu rechter Zeit aufstellen mögen, und das bey Vor- und Hauptproben schon, besonders aber bey Vorstellungen es an nichts fehlen möge, wie denn überhaupt noch eine besondere Instruction für den Decorateur dieser Anordnung beygefügt ist.


6.

Von der Regie bekommt nun der Requisiteur den Requisiten-Zettel, welcher bey der Hauptprobe schon vorhanden seyn und von der Regie durchgesehen werden müssen.


7.

Der Garderobier erhält das Verzeichniß der zu jedem neuen Stück erforderlichen Garderobestücke, so wie die Anzahl der nöthigen Statisten, mit Bestimmung der Stunde, wenn solche zur Probe zu bestellen sind, von der Regie, welche demnächst dafür zu sorgen hat, daß diese Verzeichnisse in die Bücher der resp. Theatermeister und Garderobiers zu fernerm Gebrauch von dem Souffleur eingetragen werden. Die richtig zu fertigende Scenaria, die Besorgung der Zettel in die Druckerey und dergl. nicht zu gedenken.


8.

Bey neuen und Hauptstücken wird die Intendanz selbst Leseprobe halten und sich überzeugen, daß der Sinn der Rollen vollkommen gefaßt worden. Das Gleiche gilt von Theaterproben, da denn das Kommen[13] und Gehen, Stellen, Bewegen, Gruppiren, theils wie routinirte Schauspieler das Rechte leisten genehmigt, theils in besonderen Fällen angegeben und festgesetzt wird. Bey älteren Stücken bleibt es bey dem Herkömmlichen, überhaupt aber wäre der Tanzmeister nicht nur bey Tänzen, Aufzügen und Gefechten zu Rathe zu ziehen, sondern auch bey Gruppirungen, ja selbst Stellung, Gehen und Kommen würde mit seinem Beyrath geschehen, weil die Intendanz nicht jedem einzelnen Schauspieler ihre Wünsche bey öffentlicher Erscheinung mittheilen kann, wohl aber in allem was man Tragen des Körpers nennt andere zu unterrichten.


9.

Da der Regisseur des Schauspiels bey den zu gebenden Opern nur insoweit interessirt ist, als dieselben den Dialog betreffen, so ist derselbe von allen Chor-, Clavier- und Quartettproben gänzlich befreyt, daher außer der Leseprobe, die er zu halten hat, erscheint derselbe erstlich bey der ersten Theaterprobe mit Dialog, und seine Functionen bey Aufführung der Opern sind die nämlichen wie bey'm Schauspiel und stehen mit diesen in der genausten Verbindung.


10.

Übrigens hat der Regisseur im Ganzen auf die Geschäfte der Garderobiers, der Theatermeister, des[14] Theaterdieners, auf die Erleuchtung und alles zu sehen, was zur guten Ökonomie und Ordnung abzweckt, worinnen derselbe jederzeit von der Intendanz geschützt werden soll.


Oper.


11.

Die Bestimmung, welche Oper gegeben werden soll, es sey nun eine neu einzustudirende oder eine aus früherer Zeit wieder aufzunehmende, kann auf verschiedene Weise veranlasst werden. Ein Höchster Befehl, der Wunsch des Publikums, die Überzeugung der Intendanz, eine Veranlassung von Seiten des Capellmeisters, ja der Sänger selbst, eins wie das andere wird berücksichtigt.


12.

Ist eine neue Oper bestimmt, so erhält der Capellmeister die Partitur, geht sie durch, corrigirt sie und läßt sie den Angestellten Notenschreiber in Stimmen aufschreiben; reicht sodann eine nach Kenntniß der Talente unserer Sänger eingerichtete Austheilung an die Intendanz ein, worüber in der Session gesprochen wird. Ist die Austheilung gebilligt, so schreibt der Vorsitzende die Namen der Sänger auf die Sprechrollen.


13.

Der Capellmeister beredet sich nunmehr vor allen Dingen mit denen Personen welche das Einlernen der[15] Parthien besorgen und kommt mit ihnen bey Zeiten überrein wie die Tempi's genommen werden sollen.


14.

Nun geht die Funktion des Repetitors und Correpetitors an, es sey nun von einzelnen Parthien oder vom Chor die Rede, und zwar geschieht das Einlernen in dem Theaterzimmer, wo die Lehrenden allein Unterricht zu geben verpflichtet sind. Italienische Opern besonders gehören in das Fach des Repetitors, so wie dieser zugleich auch Chor-Director ist, im übrigen bleibt die Function des Correpetitors unter des Repetitors Leitung wie bisher.


15.

Sind Sänger und Choristen gehörig vorbereitet, so tritt der Capellmeister ein. Es werden Quartettproben gehalten, wozu zwey von jeder Instrumentalstimme zugezogen werden. Hier werden die Tempi's näher regulirt, die in den Orchester-Stimmen eingeschlichenen Schreibfehler berichtigt. Man schreitet zu den Vorproben, sodann zu den Hauptproben, zuletzt zur Vorstellung.


16.

In allen diesen Geschäften wird der Capellmeister bey eintretenden Krankheitsfällen oder andern Behinderungen von dem Repetitor und Correpetitor sublevirt und haben die Sänger einen jeden dieser Männer gehörige Folge zu leisten.[16]


17.

Daß dieses geschehe und daß überhaupt alle Hindernisse die dem Geschäft von Anfang bis zu Ende entgegen stehen könnten schleunigst gehoben werden, dafür hat der Regisseur der Oper durchaus zu sorgen, alles dergleichen zu beseitigen und, wenn er dieses nicht selbst in Güte vermöchte, bey der Intendanz ungesäumt davon Anzeige zu thun. Es ist daher seine Gegenwart durchaus nöthig, welches ihm um so weniger schwer fallen kann, da der Gegenwärtige selbst Sänger und also auf doppelte Weise beschäftigt und interessirt ist.


18.

So hat er denn auch, sobald eine Oper bestimmt und ausgetheilt ist, mit dem Regisseur des Schauspiels sich zu besprechen und zu vereinigen, was an äußerlichen Erfordernissen, es sey Garderobe, Requisiten, Decoration, Einsetzstücken oder sonst nöthig seyn möchte. Dieses alles legt der Regisseur des Schauspiels Großherzogl. Theater-Intendanz zur Beurtheilung und Genehmigung vor und besorgt die Ausführung; wie er denn auch die Leseprobe des Dialogs anordnet und derselben beywohnt, auch von der ersten Theaterprobe an am Ganzen Theil nimmt.


19.

Bey allen Opern, worin Aufzüge, Tänze, Gefechte, Stellungen u.d.g. vorkommen, wird der Tanzmeister[17] gleich bey der ersten Theaterprobe hinzugezogen, mit demselben das Nöthige besprochen, ihm jedoch Anordnung und Ausführung überlassen, damit die beiden Regisseurs ihre Aufmerksamkeit auf andere Dinge wenden können und in complicirten Fällen sich nicht ohne Noth abarbeiten dürfen.


28/7676.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgebohren

vermelde wenn es nicht schon bekannt ist daß Ihro Kaiserl. Hoheit Donnerstag Abend Concert geben wollen und daß deswegen Donnerstag früh Probe von Athalie sein sollte. Die Sache ist an den Capellmeister gelangt welcher das Unthuliche vorgestellt hat.

Ich halte auch dafür daß Athalie ohne zwey Abendproben nicht gegeben werden kann. Wenn also Donnerstag Abend Concert seyn soll; so bleibt uns nichts übrig als demselben den ganzen Donnerstag zu überlassen, Freytag Probe vom Schutzgeist anzusetzen, Sonnabend den Schutzgeist zu spielen, Sonntag Abend Vorprobe von Athalie, Dienstag Hauptprobe zu halten und diese Oper den Mittwoch zu geben, freylich wird unsere Einrichtung wieder sehr dadurch verschoben; wenn jedoch Ew. Wohlgebohren wie ich glaube in meinen Vorschlag einstimmen, so haben Sie die Güte das[18] Nöthige anzuordnen und des Herrn Staatsminister Grafen Edling Excellenz davon Nachricht zu geben.

Weimar d. 12. März 1817.

G.


28/7677.


An Johann Gottfried Schadow

Ew. Wohlgebohren

gefällige Sendung ist, wie ich schon vorläufig gemeldet habe, zu seiner Zeit glücklich angelangt und ich verfehle nicht die dadurch verursachten Auslagen zu erstatten. Auch kommen die Zeichnungen wieder zurück, wegen welchen ich mich aber in einiger Verlegenheit befinde.

Bey der allegorischen Vorstellung wüßte nichts zu erinnern, sie ist in der Hauptsache die vorige und da das Bild einige Höhe hat, so sind die beiden Genien nicht zu mißbilligen. Hingegen die andere Vorstellung will mir aus mehr als einer Ursache nicht gefallen, denn

1) ist sie ganz historisch und sticht sie gegen das Poetische der ersten gar zu sehr ab.

2) Möcht ich den Helden nicht ganz so im Detriment sehen, wie er hier erscheint. Ihre erste Erfindung, wo er sich aufrafft, ist edler und ungleich besser, denn gegenwärtig wird man in einiger Entfernung nicht unterscheiden können, ob er todt oder lebendig sey.

[19] 3) Daß er wundersam gerettet worden, schreibt man billig einem Schutzgeiste zu, der auf der frühern Zeichnung sich schirmend über ihn biegt, wodurch eine sehr lobenswerte Gruppe entsteht! Daß dieser Schutzgeist in Wirklichkeit ein Herr von Nostiz gewesen, gehört der Geschichte an, die bildende Kunst darf sich aber damit nicht befassen.

4) Ist durchaus zweydeutig, ob der Uhlan, dem der junge Mann in den Zügel fällt, Freund oder Feind ist: das letztere vermuthet man bey'm ersten Anblick, das erste muß man sich sagen lassen.

So ist meine Meinung die ich diese Tage öfters überlegt habe, und nichts davon zu ändern müßte.

Zugegeben daß man Liebhabern und Bestellern etwas zu Willen seyn kann, so darf es doch nicht so weit gehen, daß der Künstler in einem so wichtigen Falle sich einem gegründeten Tadel aussetzen dürfte.

Nach meinem Votum also, welches freylich nur consultativ und nicht entscheidend ist, bliebe es bey der ersten wohlerfundenen und durch die Beugung des Schutzgeistes sehr glücklich verbesserten Vorstellung.

Übrigens wünsche Glück zu dem guten Fortgang. Möchten die Erfahrungen und Übungen, welche bey dieser wichtigen Arbeit gewonnen werden, künftige ähnliche Unternehmungen erleichtern und in Berlin der Erzguß wie der Eisenguß unter Ew. Wohlgeb. kunstreicher Anleitung zur Vollkommenheit gelangen.[20]

Für gefällige Besorgung der Medaille, mit welcher ich schon manchem Freunde Vergnügen gemacht, nochmals meinen herzlichsten Dank.

Möchte ich bald zu der vollzogenen Verbindung auch meine Glückwünsche aussprechen können

ergebenst

Weimar d. 12. März 1817.

J. W. v. Goethe.


N. S.

Noch muß ich hinzufügen, daß mir die eingesendeten Distichen keineswegs Beyfall ablocken können. Ferner gehörte, wie Ew. Wohlgeb. ganz recht bemerken, nur Eine tüchtige Zeile, Ein ächter Kernspruch auf eine solche Degenscheide. Aber auch das will mir nicht gefallen: denn dem Künstler entgeht dadurch der Raum sie plastisch zu verzieren. Bringe man die rechten Worte, die ich freylich nicht gleich zu finden weiß, auf die Tafeln, so bedarf es anderen Nebensprüchlein nicht. Und überhaupt, wie soll der Beschauer an die colossale Statue hinauf nach Buchstaben blinzen. Verzeih Ew. Wohlgeb. wenn ich etwas geradezu spreche, es liegt mir jetzo so vieles ob, daß ich nur fertig werde wenn ich in jedem Geschäft meine Meinung aufrichtig sage; euphemische Wendungen zu suchen verbietet mir die Kürze der Zeit und des Lebens

ergebenst

d. 12. März 1817.

Goethe.[21]


28/7678.


An Johann August Barth

[Concept.]

[13. März 1817.]

Ew. Wohlgeboren

würde für die Sendung des merkwürdigen und wohlgerathenen polyglottischen Friedens-Monumentes schon längst meinen verbindlichen Dank abgestattet haben, wenn ich nicht etwas beyzulegen wünschte, welches Ihnen wohl einiges Vergnügen gemacht hätte.

Der Anblick des schönen Werkes erregte in mir den Wunsch auch von meiner Arbeit darin zu sehen, welches mir um so möglicher schien als das Ganze aus einzelnen Blättern besteht. Diesen Vorsatz auszuführen ist mir bis jetzt nicht gelungen, ich geb ihn aber noch nicht auf, sende jedoch das gegenwärtige Blatt, um nicht durch längeres Säumen in Verdacht einer unverzeihlichen Undankbarkeit zu gerathen.

Mögen Sie Herrn Professor Büsching in meinem Namen grüßen und ihn für die letzte Sendung, die ich vor einigen Tagen erhielt, zum schönsten danken!

Der ich mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar d. 10. März 1817.


28/7679.


An Franz Kirms

Vorstehendem voto trete bey, auch will mich bedünken daß es Befugnis der Intendanz sey ohne[22] unterthänigsten Bericht in dieser Angelegenheit selbst zu verfügen indem die Berichterstattung nur alsdann eintritt wenn der Gegenstand Einfluß auf's Ganze hat und auf die Dauer wirkt.

Weimar d. 17. März 1817.

J. W. v. G.


28/7680.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar d. 17. März 1817.

Für den mitgetheilten behaglichen Brief danke zum allerschönsten; man sieht in wunderliche Zustände hinein. Deswegen wird mir auch meine Sammlung von eigenhändigen Briefen bedeutender Menschen immer interessanter, ja zuweilen furchtbar; man wird in ein vergangenes Leben, als in ein gegenwärtiges versetzt, und wird verleitet das gegenwärtige als ein vergangenes anzusehn.

Den Aufsatz von Ruckstuhl hast du wohl schon in der Nemesis gesehen. Ich schicke dir aber einen besondern Abdruck zu Erb- und Eigenthum; man kann sich nicht genug daran erfreuen, noch ihn genugsam besonders jungen Leuten empfehlen.

Mein zweytes Rhein- und Maynheft wird ehstens aufwarten und wird als eine Bombe in den Kreis der Nazarenischen Künstler hinein plumpen. Es ist gerade jetzt die rechte Zeit ein zwanzigjähriges Unwesen anzugreifen, mit Kraft anzufallen, und in[23] seinen Wurzeln zu erschüttern. Die paar Tage, die mir noch gegönnt sind, will ich benutzen, um auszusprechen, was ich für wahr und recht halte, und wär' es auch nur, um, wie ein dissentirender Minister, meine Protestation zu den Acten zu geben. Der Aufsatz jedoch selbst, mit seinen lehrreichen Noten, ist von Meyern und dient als Confession, worauf die Weimarischen Kunstfreunde leben und sterben.

Nun hab ich nach dem Schutzgeiste gleichfalls ein Kotzebuisches kleines Stück für unser Theater eingerichtet, was ich mit mehrern zu thun Willens bin, weil alles darauf ankommt, daß unser Repertorium wieder vollständig, ja reich werde; hernach macht mir das Geschäft eigentlich nur noch wenig zu schaffen. Indem ich nun diese Exercitien eines vorzüglichen, aber schluderhaften Talents corrigire, lern ich es immer mehr kennen und will einmal zur heiteren Stunde zu eigner und der Freunde Satisfaction meine Gedanken ordnen und schriftlich aufsetzen. Es ist wohl der Mühe werth den Widerstreit, in welchem er mit sich selbst, mit der Kunst und dem Publicum sein Leben zubringt, klar auszusprechen und ihm selbst, so wie denen, denen er gefällt oder mißfällt, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Denn er bleibt in der Theatergeschichte immer ein höchst bedeutendes Meteor.

Ich lege ein Bändchen Gedichte bey, die vielleicht dir, gewiß aber unsern niederdeutschen Freunden,[24] welche ich schönstens zu grüßen bitte, viel Vergnügen machen. Majolika und die übrigen Nürnberger Schätze sind nun glänzend aufgestellt, Kennern und Liebhabern zur Freude gereichend.

Lebe wohl und liebe.

G.


28/7681.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Nach Ew. Wohlgeboren Anleitung habe noch einige Artikel dazwischen geschoben. Das Arrangement des letzten halben Bogens in diesem Sinne lege bey. Die Skizze des absurden Bildes käme auf die letzte Seite. Hat die Officin nicht ein Rähmchen das ein bißchen schmucker ist, man hat ja so artige Perlenstäbchen u.d.g. Die Kupferabdrücke sollen mit dem Postwagen folgen.

Da es mir jetzt unmöglich ist, auf irgend etwas meine Gedanken zu concentriren, so schlage vor, daß wir gleich am dritten Rhein und Maynheft anfangen, wozu schon Manuscipt parat liegt. Wenn wir ja auch nur einige Bogen vorwärts kommen, so haben wir soviel Vorsprung und können zu Michael bestimmt ein Stück herausgeben. Einige freye Sommermonate helfen sodann wohl zu manchem wünschenswerthen Übrigen.

Mich bestens empfehlend und bey heiterem Himmel mich immer wieder in Ihre Nachbarschaft sehnend. Allen Lieben viele Grüße. Hat sich Herr Dr. Gries[25] nicht über die Recension in den Heidelberger Jahrbüchern gefreut? Ich war gewissermaßen böse, daß mir der Recensent wegnahm, was ich über den Magus zu sagen hatte, dann war ich wieder vergnügt, daß es Andere giebt, die das Verdienst des Originals und der Übersetzung ansehen wie ich.

Wenn man sich bereiten muß vom Schauplatz abzutreten, so ist das schönste Gefühl, daß unsere Überzeugungen in Anderen fortleben. Man kann die deutsche Nation recht lieb haben, denn wenn man ihr Zeit läßt so kommt sie immer auf's Rechte.

Mit den besten Wünschen

Weimar den 18. März 1817.

Goethe.


28/7682.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeb.

würden morgen früh um 11 Uhr mit einer freundlichen Gesellschaft, welche selbst einzuladen bitte, herzlich willkommen seyn.

Mich bestens empfehlend

W. d. 18. März 1817.

Goethe.


28/7683.


An die Hoftheater-Intendanz

Der fremde Schauspieler, Herr Blumauer, hat mich besucht, mir seine Zustände und Wünsche eröffnet,[26] auch einige Gedichte vorgelesen. Seine Gegenwart, Gestalt, Betragen, Ausdruck, alles spricht zu seinen Gunsten und ich halte bey gegenwärtiger Lage der Weimarischen Bühne ihn für ein sehr brauchbares Mitglied.

Da seine Reise, wie offenbar, nur unternommen worden um Engagement zu suchen, so wird er gern, wenn man ihm einige Hoffnung und billigen Unterhalt giebt, hier verweilen. Ich schlage daher vor, daß man ihm eine billige Sustentation, etwa auf sechs Wochen zusage und sich einrichte, daß man gleich nach Ostern, etwa den 9. und 14. April, Clementine und Dienstpflicht in Stand brächte. Ich würde ihn in der Zwischenzeit manchmal sehen und mir von ihm sowohl Prosa als Verse recitiren lassen, woraus ich ihn hinlänglich beurtheilen könne. Die beiden Gastrollen wären alsdann nur Anfragen an Hof und Stadt.

v.m.

Weimar d. 20. März 1817.

G.


28/7684.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgebornen

geneigtes Schreiben hat mir viel Freude gemacht, ich sehe daraus daß mein Andenken bey Ihnen lebendig ist, und daß Sie auf die freundschaftlichste Art[27] meine Neigung zu befriedigen wünschen und mir für belehrende Unterhaltung Sorge tragen wollen. Ich nehme daher das Anerbieten wegen des Guercin. Bildes dankbar auf, bitte mir solches zu senden, und nicht zu verhehlen was ich dafür schuldig werde.

Die geschnittenen Steine betreffend, so lassen Sie Sich nicht reuen mir davon gemeldet zu haben. Seine Waare muß man aus stellen, ausbieten, wenn man sie los werden will. Unsere gnädigsten Herrschaften sind gegenwärtig nicht geneigt dergleichen anzuschaffen; ich habe jedoch einen anderen Gedanken: Wir stehen mit den Hanauern Goldarbeitern in gutem Verhältniß theils wegen des Falkenordens, theils wegen mancher Geschenke welche die Fürsten öfters abreichen müssen. Solche Fabriken haben hunderterley Gelegenheit auf Dosen, bey Schmuck, Ringen und d.gl. dergleichen anzubringen. Möchten Sie mir ein detaillirtes Verzeichniß zusenden, was die Steine vorstellen, von welcher Größe sie sind, vielleicht legten sie auch einige Gypsabgüsse der größten, oder für vorzüglich gehaltenen bey; so wollt ich das alles nächstens nach Hanau spediren, da ich ohne dem etwas dort zu bestellen habe. Es sollte mir Freude seyn Ihren Wünschen hiedurch entgegen zu kommen.

Möcht ich vernehmen daß Sie sich wohl und heiter befinden.

ergebenst

Weimar d. 20. März 1817.

Goethe.[28]


28/7685.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Da ich doch einige Ungeduld spüre, die Versuche des Stahlanlaufens zu sehen; so wünschte daß Ew. Wohlgeboren morgen ein Stündchen dazu aussetzen. Nach Ihrer Frühstunde könnten wir das Nähere besprechen.

Jena den 22. März 1817.

Goethe.


28/7686.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

vergönnen daß ich mir, wie schon seit vielen Jahren geschehen, in der Entfernung eine frohe Stunde mache und mich in Ihre Nähe versetze, von dem was uns gemeinsam an- und obliegt Rechenschaft gebe, Ihre Beystimmung erbitte, manches mittheile und Mittheilung hoffe.

Wahrscheinlich ist schon durch unsern Gesandten dasjenige nach Weimar gelangt, was in Frankfurt wegen dem Beytritt der freyen Städte zu unserm Appellationsgericht vorgekommen, ich sende es jedoch, mit Beylegung einiger Francofurtensien.

Nicht weniger lege ich den Gerningschen Brief bey, woraus man die Mißwürkung der Heidelbergischen Recension ersieht. Wir können indeß dem Erfolg zusehen.

[29] Mit den hiesigen Anstalten, welche unserer Ober-Aufsicht untergeben sind, steht es gar erfreulich. Einiges was bey eintretendem Frühjahr eingeleitet und angeregt werden muß läßt sich gar wohl thun, Lenz hat durch seine Thätigkeit wieder vieles hereingebracht.

Ich lege ein Heft eines englischen Journals bey; der Herausgeber desselben, James Sowerby, hat sehr instructive Exemplare der meisten auf Platte 43, 44, 45 wohlgestellten Mineralien eingesendet, und erhält dagegen ein Diplom, schönen Dank und neue Anforderungen.

Das Heft überhaupt wird Ew. Excellenz gefallen, wir erhalten bald das ganze Werk, das deswegen sehr schätzbar ist, weil die Kupfer erfreuliche Surrogate der Originale sind, die man im Leben niemals sehen würde. Von den übrigen ältern Anstalten gebe ich nach und nach Rechenschaft.

Die neu angelegte Veterinar-Schule ist in einem alten, seltsamen, labyrinthähnlichen Gebäude gar zweckmäßig eingenistet, und wird vom Lehrer, Amanuensen und Schülern gar schwunghaft betrieben, ich werde alle Sorge tragen, daß hier an nichts ermangle welches gar wohl geschehen kann, weil die Theilnehmenden bey mäßigen Forderungen die Anstalt durch Thätigkeit befördern.

Herr von Bünau, ein junger Mann und Gutsbesitzer, im letzten Krieg Freiwilliger zu Roß, dem die[30] genaue Kenntniß der nutzbaren zahmen Thiere sehr angelegen zu seyn scheint und der mit seinem Aufenthalt hier sehr zufrieden ist, wünscht die Erlaubnis außerhalb der Stadt wohnen zu dürfen, welche ihm als akademischen Bürger versagt wird. Reicht er mir sein Gesuch schriftlich ein, so übersende es zu gefälliger Begünstigung.

Eigentlich sollte man allen Theilnehmern der Veterinar-Schule in der freisten Luft zu leben anbefehlen, denn was das für ein doppelt und dreyfach widriges Studium seyn müßte dem, der sich nicht eigens berufen fühlte, läßt sich bey einem cursorischen Blicke schnell genug überzeugen.

Soviel für diesmal. Lassen Sie mich in Ihrem verehrten Familienkreise leben, mich von Zeit zu Zeit ein erfreuliches Wort vernehmen, und verbleiben meiner unverbrüchlichen Anhänglichkeit gewiß.

Jena den 22. März 1817.

J. W. v. Goethe.


28/7687.


An August von Goethe

[Jena, 24. März 1817.]

Ich wünsche den sämmtlichen Apparat zu den entoptischen Farben herüber.

1) Das Gestell, wobey die obere Schraube herauszunehmen und besonders einzupacken wäre.

2) Die Spiegel könnte man mit den Gläsern auf einander legen, wenn man vorher genugsam weißes[31] Papier dazwischen gebracht. Diese können alsdann auf einander gebunden werden.

Alsdann findet sich im Deckenzimmer rechts, wenn man vom Saal hereingeht, der Spieltisch, in dessen Schublade der übrige Apparat beysamen liegt.

3) Ist zuförderst das grüne Buch worinnen Glimmerblätter liegen mit Bindfaden zuzuschnüren und ein Kästchen aufzusuchen, worein es paßt, oben drauf können alsdann die beiden Spiegel und Nachstehendes gepackt werden.

4) Eine größere und kleinere Glaskugel.

5) Kleine viereckige Glasplatten.

6) Dergl. dreieckigte.

7) Dergl. runde.

8) Die beiden dicken aufeinander liegenden Glasplatten welche von Kräuter erhalten.

9) Einige Stücke Marienglas.

10) Einige größere Platten viereckigt von Spiegelscheiben, sonst zum Chladnischen Apparat gehörig, alles findet sich zusammen in derselben Schublade, meist in der vordern Reihe.

11) Das Fascikel Acten entoptische Farben wünsche gleichfalls.

12) Auch das hölzerne Keilchen, welches unter die Spiegel geschoben wird, wäre nicht zu vergessen.

Nach großen Fischen sind Netz und Angel ausgeworfen.[32]


28/7688.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey:

1000 Abdrücke des Umrisses von Rochus,

1000 dergleichen vom Umschlag.

Der Umriß wird gegen das Titelblatt über geheftet.

Auch folgt Manuscript welches nach unserer gestrigen Unterredung bitte bald setzen zu lassen, damit bey meinem Hierseyn der Druck in Gang komme, gegenwärtiges Manuscript wird nicht viel gegen einen Bogen betragen, ich habe aber um den zweyten zu füllen manches zur Einleitung Schickliches.

Die Seite wird mit römischen Zahlen bezeichnet, künftig aber die Hefte durchpaginirt. Die Titel bitte noch zu überlegen, vielleicht sprechen wir noch darüber ehe Sie beginnen. Die Revision des Schlusses erbitte mir sobald es dahin ist.

Für die gestrigen schönen Stunden danke ich zum allerbesten. Oberbaudirector Coudray hat mich gestern überrascht, Sie erlauben mir daß ich ihn Ihrem lieben Kreise zuführe.

Mich bestens empfehlend und einen Abdruck der begonnenen Metamorphose der Pflanzen erbittend.

Jena den 24. März.

G.[33]


28/7689.


An Christian Gottlob Voigt

Das Schillerische Gartenhaus betreffend.


Schiller baute in die linke Ecke seines Gartens ein kleines Häuschen, wo zu einem einzigen Zimmer im ersten Stock eine frey stehnde Treppe führte. Diese ist wie die allzu tief liegenden unteren Schwellen verfault, diese wären höher neu einzuziehen, die Treppe in das Gebäude zu verlegen, und das Ganze so herzustellen, daß man zu dem obern Zimmer gelangen und Fremde dahin führen könne.

Diese wallfahrten häufig hierher, und meine Absicht ist den hergestellten Raum nicht leer zu lassen, sondern des trefflichen Freundes Büste daselbst aufzustellen an den Wänden in Glas und Rahmen ein bedeutendes Blatt seiner eigenen Handschrift, nicht weniger eine kalligraphische Tafel, meinen Epilog zur Glocke enthaltend.

Hiezu wünscht ich nur einen Stuhl, einen kleinen Tisch dessen er sich bedient. Vielleicht Tintenfaß, Feder oder irgend eine Reliquie.

Alles sollte so viel es der Raum gestattet anständig und zierlich aufgestellt werden, den Wunsch Einheimischer und Fremder zu erfüllen und diese Freundespflicht gegen ihn zu beobachten.

Jena den 24. März [1817].[34]


28/7690.


An Friedrich von Luck

Jena, 26. März 1817.

– – – Indessen aber mache ich Ihnen zur Freundschaftspflicht, mich bey Ihro Königlichen Hoheit zu entschuldigen, und das sollen Sie, lieber Sonettenmeister, in einem Sonette leisten, worinnen Sie mich dem Schein nach heftig anklagen, im Grunde jedoch lieblich entschuldigen. »Mnemosyne« wird sich gewiß früher wiederfinden als im Gedächtnis, das seine alte Lebhaftigkeit zu verläugnen anfängt, doch das Andenken lieber Freunde noch immer frisch zu erhalten weiß.

Aus diesem ruhigen Zufluchtsort der erste Blick nach fernen Freunden.


28/7691.


An Johann Georg Lenz

Herr Bergrath Lenz erhält hiebey das Verzeichniß Brückmannischer Edelsteine, gegenwärtig in Besitz Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs.

Man wünscht daß Herr Bergrath bedenken möge inwiefern diese Sammlung in systematische Ordnung aufzustellen sey, nicht weniger was allenfalls daran fehlen möchte da man denn bey der Aufstellung Lücken ließe, um sie nach und nach auszufüllen.

[35] Man wünscht daß diese Angelegenheit durchdacht, besprochen und alsdann ein schriftlicher Aufsatz verfaßt werde.

Jena den 26. März 1817.

J. W. v. Goethe.


28/7692.


An Christian Gottlob von Voigt?

Die ruhigen Stunden meines hiesigen Aufenthaltes benutzte vor allen Dingen um die künftige Gestalt meines Verhältnisses zum Theater durchzudencken. Hier das Resultat.

In allem was eigentlich die Kunst betrifft, es sey Vorbereitung oder Ausführung, werde nach wie vor eifrig mitwirken; alles Übrige hingegen muß ich ablehnen. Will man meine Meinung, meinen Rath vernehmen; auch da werde ich aufrichtig zu Handen seyn; mein Votum aber zählt nicht bey der Entscheidung, deswegen enthalte mich aller Signatur und Unterschrift, und entbinde mich dadurch aller Verantwortung.

Jena d. 26. März 1817.

Goethe.


28/7693.


An Christian Gottlob von Voigt?

Die hier zurückkommenden Conzepte sind ganz in meinem Sinne, nur kann ich für Genast den Titel[36] eines Theaterkonsulenten nicht anrathen, der eines Comissionsraths scheint mir angemeßner.

Zur Berathung nicht Abstimmung

Jena d. 26. März 1817.

Goethe.


28/7694.


An Ottilie von Pogwisch

Hier meine liebe Tochter abermals eine Pflanzen-Lection, studire sie fleißig damit du dich der gegenwärtigen Zeit freudig erinnern könntest, wenn sie oft wiederkehren und immer wieder dieselben sind.

Mir ist ein großer altindischer Schatz zugekommen in englischer Sprache, von welchem nächstes mehr.

Hundert Grüße, gemüthlich auszutheilen, und ein herzliches Lebewohl.

Jena den 27. März 1817.

G.


28/7695.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey die genaue Beschreibung einer chronischen Rechtskrankheit.

Weit entfernt daß ich, alter Practikus, hier einige Heilung hoffen sollte, habe ich doch das in mich gesetzte Vertrauen des Patienten, nicht weniger den Glauben an meinen Einfluß auf die würdigsten Justizfreunde so ganz von der Hand weisen können,[37] bitte daher um freundliche Aufnahme, und, insofern es möglich wäre, geneigte Theilnahme.

Mich bestens empfehlend, mit Bitte bey Gattin, Freundinnen und Schönheiten meiner eingedenk zu seyn, als eines Freundes der verwundert ist, sich unter dem jenaischen Himmel so schnell von mancherley einsiedlerischen Grillen geheilt zu sehen und aus innerm Antrieb frohe Gesellschaft zu suchen.

Mögte ich doch auch bald der Ihrigen wieder genießen.

gehorsamst

Jena den 27. März 1817.

Goethe.


28/7696.


An August von Goethe

[Jena, 28. März 1817.]

Nachstehendes wünsche theils durch den zurückkehrenden Wagen, theils durch die Sonnabends-Boten zu erhalten:

1) Drey Muster von Pappekästchen, von steigender Größe. Wie sie zum Zwecke unserer Mineralogischen Sammlung nütze sind.

2) Wachholder Aeste zum Dreßlen von Dosen und dergl. Es findet sich hier ein sehr geschickter Arbeiter. Er hat schon Rahmen zu den Eisenmedaillen gemacht.

3) Die Fucus (Tang) Arten sie liegen auf dem Pulten des Bücherzimmers. Sie wären in zwey Pappen zu verwahren.

[38] 4) Von Linée

Termini Botanici

Philosophia botanica

5) Ich wünsche ein halb Dutzend Schräubchen, oben mit messingenen Riegelchen aber nicht größer als das hier mitkommende; sie sollen dazu dienen die Rähmchen aufzuhängen, in welchen meine Medaille befestigt ward.

6) In der mittlern großen Schublade des Schreibtisches an der Thür meines Zimmers liegen ganz hinten Zeichenstifte aller Art wie sie von Wien gekommen sind, ich wünsche von jeder Sorte ein halb Dutzend.

7) Ferner den in Saffianpapier gebundenen Catalog des kleinen Mineralienkabinetts, er liegt auf dem Schränkchen im gewölbten Zimmer.

8) Von Kant

Kritik der reinen Vernunft

Kritik der Urtheilskraft.


28/7697.


An Heinrich Grafen Vitzthum von Eckstädt

[Concept.]

[Jena, 28. März 1817.]

Hochgeborner Graf,

Hochzuverehrender Herr!

Ew. Excellenz mögen die Freiheit, womit ich, in vollkommenem Zutrauen auf Wohlwollen und Geneigtheit, Gegenwärtiges erlasse, günstig aufnehmen.

[39] Von Großherzoglichem Theater bereitet sich ein junges Mitglied zu einer Kunstreise, Eduard Genast, der sich schmeichelt auf dem Königl. Sächsischen Hoftheater vor Ew. Excellenz erscheinen zu dürfen.

Die Natur hat ihn begünstigt, Fleiß und Aufmerksamkeit ließ er nicht fehlen, zur Übung fand sich Gelegenheit und man darf daher viel Gutes von ihm hoffen.

Hochdieselben werden seine Fähigkeiten und Fertigkeiten am sichersten selbst beurtheilen, wann ich aber hinzufüge: daß es ein junger Mann von guter Art ist, unter meinen Augen aufgewachsen, mit dessen Familie ich seit vielen Jahren alle Ursache habe zufrieden zu seyn; so werden Ew. Excellenz um desto eher entschuldigen, wenn ich durch Gegenwärtiges für den Überbringer ein günstiges Vorurtheil zu erwecken suche.

Der ich die Gelegenheit ergreife jene vorzüglichste Hochachtung auszusprechen womit ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen.


28/7698.


An den Grafen Sergej Semenowitschvon Uwarow

Ew. Hochwohlgeboren

Haben mir durch das öffentliche Zeugniß Ihres Wohlwollens, Ihrer Neigung sehr glückliche Augenblicke bereitet. Denn derjenige, der sich angetrieben fühlt etwas zu leisten, findet, indem er lebt und wirkt, überall Widerstand und Hindernisse, so daß er selten des Tages genießt, an welchem er das Gute vollbringt.[40] Auch regt sich ihm immerfort das Bestreben nach dem Besseren, so daß das Gethane selbst ihm nicht hinreichend, ja kaum beachtenswerth erscheinen kann; späterhin erst, wo die Wirkung hervortritt, wenn er bemerken kann, daß die Zeitgenossen seine Hoffnungen in sich aufnahmen, sie verwirklichten, förderten, dann empfindet er sich mit anderen zusammen als ein Ganzes, als ein wahrhaft lebendiges Wesen.

Solche Gefühle erregte mir jede Ihrer Sendungen, vorzüglich nun die letzte, wo Sie auf das freundlichste mich namentlich in den Kreis Ihrer Wirksamkeit aufnehmen.

Ich eile meinen vorläufigen Dank herzlich auszudrücken und behalte mir vor, bey Übersendung eines eben im Drucke zu beendigen Heftes mich sowohl über das Verdienst Ihrer Arbeit, als über den schönen und so richtigen Gedanken: von Benutzung verschiedener Sprachen zu verschiedenen charakteristischen Zwecken meine Freude weiter auszusprechen. Denn gerade zu der jetzigen Zeit kommen diese Worte als erwünschtes Evangelium, dem Deutschen zu sagen: daß er, anstatt sich in sich selbst zu beschränken, die Welt in sich aufnehmen muß, um auf die Welt zu wirken. Ihr Beyspiel ist unschätzbar!

Mich auf's angelegentlichste empfehlend

Ew. Hochwohlgeboren

ganz gehorsamster Diener

Jena, d. 28. März 1817.

J. W. v. Goethe.[41]


28/7699.


An Johann Heinrich Meyer

[Jena, 28. März 1817.]

Hierbey, mein theuerster, wird Ihnen Kräuter einen Brief an Herrn von Ouwaroff zustellen und zwar ungesiegelt, damit unsre liebe Hoheit allenfalls wisse was sie absendet. Diese acht Tage war ich in der tollsten Bewegung, ganz im Gegensinn meines bisherigen Lebens. Es ist auch das wieder einmal gut. Erfreulich ist mir daß alles was von der Ober Aufsicht abhängt im schönsten Stande und besten Vorschreiten sey. Ihre Papiere die Zeichen Anstalt betr. habe ich bey mir. Nächste Woche erhalten Sie einen Aufsatz. Schreiben Sie mir manchmal. Empfehlen Sie mich wo und wie Sie wissen. Den lieben Prinzessinnen die schönsten Grüße aus Griesbachs Garten; er macht schon recht freundliche Miene.

G.


28/7700.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

Verschaffen mir ja wohl gefälligst eine Karte von Indien. Die große Rennels ist vielleicht nicht da, doch mir jede andre auch hinreichend.

Ergebenst

Jena den 29. März 1817.

Goethe.[42]


28/7700a.


An Ottilie von Goethe?

Vorzeiger dieses legitimirt sich hiedurch daß er um drey Uhr in Jena angekommen und um vier Uhr wieder abgefahren sey. Sur quoi Dieu Vous prenne sous sa sainte Garde

G.

J. d. 29 März 1817.[40]


28/7701.


An August von Goethe

I. Privata.

a) Sonnabends wird ein Kästchen von Rochlitz angekommen seyn, welches ich uneröffnet baldigst herüber wünsche.

b) Da in diesen Tagen das botanische Museum eingeräumt wird, so packe alles zusammen was du von Pflanzengebilde und Ungebilde los seyn willst, besonders die Verbreiterung der Zweige.

Die Aufstellung dieses Theils wird sehr angenehm und unterrichtend werden.

c) Der Fund von ein paar Dutzend Versteinerungen aus altem Straßenschutt, den die letzten Wasserfluthen zerrissen und ungewendet, ist so seltsam und problematisch als irgendein Fall der mir vorgekommen.

d) Lenz behauptet du hättest noch das Walchische Versteinerungsystem, sende es herüber. Da dieses Fach im Heimischen Saal bequem aufgestellt ist, so will ich es bey meinem Hierseyn ernstlich durchgehn.

e) Unter denen bey Seite gestellten Bildern befindet sich eine Hexe von Endor, Ölgemälde auf Holz in Rahmen. Sende es mir wohl verwahrt herüber.

f) Ferner wünsche 2 Flaschen Champagner, um solche auf eure Gesundheit mit Knebel auszuleeren.

Vale

J. d. 31. März 1817.

G.[43]


28/7702.


An Friedrich Theodor Kräuter

II.

Ich wünsche durch die nächsten Boten zu erhalten

1) Ein halb Dutzend Bronzemedaillen meines Bildes, sie liegen in der linken Schublade des Zeichentisches unter dem Spiegel.

2) Die farbigen Glocken im gewölbten Zimmer stehend, Körner packte sie wohl selbst ein, und das Kästchen wäre den Botenleuten ernstlich zu empfehlen.

3) Ein paar Dutzend Couverte von feinem Papier wie beykommendes Muster.

4) Mögen Sie, lieber Kräuter, in unsern Angelegenheiten so fortfahren wie bisher, und mir von dem Einzelnen und Besondern von Zeit zu Zeit Nachricht ertheilen.

Jena den 30. März 1817.

G.


28/7703.


An Johann Heinrich Meyer

Manches, mein lieber Freund, möchte mittheilen! heute nur soviel: Was Sie wegen der Zeichenstunde bemerkt erfolgt in oberaufsichtlicher Form nächstens, an meinen Sohn, der alles mit Ihnen wird besprechen und an den Herrn Staatsminister von Voigt gelangen lassen.

[44] Haben Sie noch einige Ruckstuhls? so schicken Sie mir solche, es bleibt in unserer Zeit nichts übrig als offensiv zu gehen. Worauf ich mich ganz einrichte.

Herr von Bielke besahe sich heute Griesbachs Garten, möge der dießmalige Vollmond nicht auf ähnliche folgende deuten, sonst möchte den guten fürstlichen Kindern übel gerathen seyn.

Empfehlen Sie mich zum allerschönsten höchsten Ortes, und lassen mich manchmal ein theilnehmendes Wörtchen hören, ich bin geschäftig, thätig und fleißig und habe schon manches vorwärts, auch manches hinter mich gebracht.

So eine Universitas literaria ist doch von allen Seiten höchst anregend, jeder eifert in seinem Fache, und alles zusammen ist doch im Grunde nur Ein Streben, das jedem einzelnen Streben wieder zu Gute kommt.

Tausend Lebe wohl, aus feuchter Cimmerischer Atmosphäre.

J. d. 31. März 1817.

G.


28/7704.


An Charlotte von Stein

Da ich zu bemercken glaube daß, durch die Vermittlung des guten Knebel, einiges Misverständniß einschleichen könnte, wende ich mich, verehrte Freundinn,[45] Gerade an Sie, dankbar für den lieben und herzlichen Antheil. Also die Sache:

Um die bey der Regie beliebte Veränderung nützlich und für die Anstalt fruchtbar zu machen, übergab ich einen Verfassungs Entwurf, der das Glück hatte, Serenissimo und meinen Mitgeordneten wohl zu gefallen. Hiernach arbeitete ich Resolutionen aus, welche schon expedirt sind und deren Erfolg nun erwarte.

Ausser diesen Verordnungen, die Regisseurs, den Capellmeister, den Re- und Correpetitor betreffend, sind noch andre zurück, um die übrigen Untergeordneten sogleich anzuschließen.

Das alles zusammen wohl auszudencken und ins Werck zu setzten ist gegenwärtig meine dringenste Angelegenheit in meiner Jenaischen Ruhe und Stille. Ist es, wie ich hoffen kann, bald gelungen, so wird sich mein Verhältnis leicht aussprechen lassen in welchem ich zur Zufriedenheit meiner höchsten Gönner, mit Rath und That auf eine Anstalt fernerhin wircken könne, der ich meinen Antheil niemals entziehen kann. Indessen mir Huld und Nachsicht wie vor Alters erbittend.

Leider kann ich Sie, liebe Freundinn, nicht herüber laden. Das Mühlthal ist zerrissen, das Wetter abscheulich. Lassen Sie mich nah und fern Ihren Antheil immer voraussetzen.

J. d. 31. März 1817.

G.[46]


28/7705.


An Johann Wolfgang Döbereiner

[Jena, 4. April 1817?]

Es ist mir sehr angenehm, daß der Versuch vor sich gehen kann, nur hab ich vergessen anzufragen, ob er draußen in Ihrem Hause oder im Schloß-Laboratorium vorgenommen wird?

G.


28/7706.


An Friedrich Theodor Kräuter

Nachdem gestern Eilfertigkeit und Zerstreuung manches zu besprechen gehindert, so ersuche Sie hiedurch mein lieber Kräuter Nachstehendes theils selbst zu besorgen theils meinem Sohn zu empfehlen.

1) Die Verwahrung und Bewachung des Hauses. Dafür wird schon Sorge getragen seyn, doch wünschte ich, wenn Sachse unten schläft, daß John oben schläft in Carls Bette, damit das Hinterhaus nicht ohne Wache sey. Sie kämen alsdenn Morgens und visitiren wie sich alles befindet.

2) Das Gemälde von Leipzig nebst einigen andern Dingen sollte Sonnabend den 29. März durch Hofzahnarzt Angermann in Weimar ankommen, erkundigen Sie sich, ob er da ist, und ob er solches mitgebracht hat, vielleicht hält er es zurück weil ich abwesend bin.

[47] 3) Es ist ein Pappenschränkchen im Hause mit vielen kleinen Schubladen von Lortzing gefertigt, das Wort- und Buchstabenspiel. Ich wünsche es herüber.

4) Von jeder Sorte unserer Kartoffeln wünsche ein Dutzend Exemplare.

5) Bey den weimarischen Glasern werden sich wohl zerbrochene Stücke geschliffener Spiegelgläser finden, sie dürften aber nicht stärker seyn als beykommendes Muster, sie brauchen aber keine besondere Größe zu haben, indem sie in kleine Tafeln zerschnitten werden, wie Figura ausweist.

1817

6) Ich wünschte daß der Cammerrath bey'm Besuch in Stützerbach die Präparatengläser zu erinnern nicht versäumte.

7) Auch schnell abgekühlte Glastropfen bestellte. Dergleichen werden von den Arbeitern unaufgefordert gemacht, um von Gästen Trinkgeld zu erhalten, desto[48] Eher werden sie es thun, wenn man es verlangt oder bestellt.

8) Die Relation, was die Zeichenanstalt betrifft, ist sehr gut gerathen und hat mir zu großer Zufriedenheit gedient.

9) So wie ich auch alles, was sich auf's Theater bezieht, durcharbeiten werde, wie nicht weniger anderes Ober-Aufsichtliche.

10) Dem Cammerrath wünsche ich glückliche Reise und Expedition, auch baldige Nachricht von seiner Rückkehr, wie ich sodann bald zu sprechen wünsche.

11) Was Sie dem Hofbildhauer Herrn Kaufmann Gutes und Liebes thun können, daran lassen Sie es nicht fehlen. Leiten Sie es ein, daß er gleich nach seiner Ankunft Sr. Excellenz dem Herrn Staatsminister von Voigt die Visite macht.

12) Fragen Sie bey'm Conducteur Kirchner an, ob er nicht etwa solche Bruchstücke von Spiegelglas irgend besitzt und uns etwas davon mittheilen mag.

13) Die entoptischen Farben machen sich alle Tage schöner, und unter der Mitwirkung der hiesigen Physiker und Chemiker, die beständige Aufmerksamkeit auf die Phänomene [haben], hoffe um ein gutes Theil weiter zu kommen.

Jena den 6. April 1817.

G.[49]


28/7707.


An Ottilie von Pogwisch

Da der treffliche Freund, nach wahrhafter Cammerraths Maxime: daß nichts besser schmecke als was man selbst speist, sich in Ilmenau mit Forellen tüchtig ausfüttern wird, ohne daß wir eine Gräte sehen werden; so sollst du liebe Kleine auch nicht ohne Fischgericht bleiben; deshalb sende dir ein bissiges Geschöpf, das uns zwar ins Garn lief, aber doch nur durch Tobias Engel heraus gehoben werden konnte.

Wegen dieser Bedeutsamkeit sende sogar die Leber mit, welche du, um den Asmodi zu verscheuchen, gegenwärtig noch nicht auf Kohlen zu verbrennen brauchst; laß sie aber, so wie das Ganze Geschöpf, gesotten, dir und Deinen wohlschmecken.

Grüße, gedenk und liebe!

Jena den 8. April 1817.

G.


28/7708.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeb.

können, mitten in Leipzig, umgeben von eignen Kunstschätzen und Sammlungen andrer, Sich unmöglich einen Begriff machen wie es mir zu Muthe sey, in dem zwar geistvollen; doch gestaltlosen Jena, auf einmal eine so liebenswerthe Erscheinung zu sehen als[50] das Bild, mir zur freundlichen Gabe dargereicht. Es hat mich schon zu hundert Betrachtungen veranlaßt, und soll immer vor meinen Augen, mich an Ihr Verdienst und Ihre Neigung zu mir täglich erinnern.

Nehmen Sie meinen vorläufigen eiligen Danck und verzeihen wenn ich das schöne Geschenck nicht so unbewunden annahm als Sie es anboten. Wer sich fast unabläßig mit der wilden Welt herumbalgen muß vermißt oft das Zarte Gefühl den Händedruck eines Freundes gebührend zu erwiedern; lassen Sie mich also doppelt und dreyfach Ihren ethischen Schuldner bleiben.

ergebenst

Jena d. 9. April 1817.

Goethe.


Hr. Angermann hatte die Artigkeit mir das Kästchen hier persönlich zu überreichen.

Wegen der Gemmen nächstens.


28/7709.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

vermelde, durch einen rückkehrenden Boten, schuldigst und eiligst, daß die Kupferlasuren und Consorten, glücklich angelangt, unter Glaskästchen nächstens in der Reihe prangen werden. Anderes durch Rath Vogel[51] Übersendetes habe danckbar empfangen zu Nutzen und Freude. Ein laconischer aber ausführlicher Bericht erfolgt nächstens, zu der Sachen und unsrer Empfehlung bey Serenissimo.

Die Herren Conta und von Hof gehen bedächtig zu Wercke, sorgfältig aufmerckend. Ich habe ihnen meine Überzeugungen gesagt, mit dem Ersuchen mir gleichfalls zu vertrauen wenn sie es anders finden. Werden die schädlichsten Nekrosen diesem Knochensystem ausgemeiselt; so wird sich wohl Bein und Fleisch wiederherstellen. Solch ein Körper wäre freylich lange todt wenn er nicht unsterblich wäre.

Aus meinen Gleichnissen sehen Ew. Exzell. daß Anatomie wieder bey mir aufwacht. Kenners Thätigkeit ist freylich sehr anregend. Ein wahrer Loder redivivus! Die Anstalt gedeiht gewiß!

Ew. Exzell. gehen gewiß bey diesen neuen Ereignissen mit herkömmlicher Lust und Liebe zu Wercke. Warum sollte man nicht hoffen daß eine Epoche wie gegenwärtige uns wieder vergütete was eine vorhergehende uns verkümmert hat. Solche Hoffnungen begünstigt das schöne Wetter, davon gleichen Genuß auf den Ilmhöhen wünsche. Ihrem verehrten Kreise mich angelegentlichst empfehlend

Jena d. 10. Apr. 1817.

Goethe.[52]


28/7709a.


An Friedrich Theodor Kräuter

Hier einiges zur Bestellung.

Besonders bald das Packet an Kirchner.

Das Buch Kabus wünsche Sonnabend.

Morgen Abend schreibe mehr.

Fahren Sie mit aufmerksamer Beachtung unsrer Angelegenheiten fort. Erfreuen sich zugleich des schönen Wetters

Jena d. 10. Apr. 1817

G.[150]


28/7710.


An Friedrich Theodor Kräuter

Indem ich nicht verschweigen kann daß die bisherigen Besorgungen mir angenehm und genügend gewesen, so eröffne abermals folgende Aufträge und Wünsche.

1) Blumenbachs Anatomia comparativa wäre nächstens herüber zu senden.

2) An Demoiselle Servière wäre ein Brief, wie er im Concept beyliegt, in Ihrem Namen abzulassen. Der Datum ist aus unserm Tagebuch-Calender zu supplieren.

3) Der Anfang des 3. Rhein- und Maynheftes liegt in dem rechten Aufschiebeschränkchen meines Schreibtisches, in der bekannten Quartmappe englisch Leder, diese wünschte herüber.

4) Wenn mein Sohn nach Hause kommt der den Schlüssel hat zu dem Schreibtisch an der Thüre: so wird die mittlere große Schublade aufgemacht, darinnen liegen die drey Bände Wahrheit und Dichtung, vom Doctor Vulpius revidirt, auch diese wären herüber zu schicken.

5) Was die Glastäfelchen betrifft, so wollen wir es bewenden lassen, denn ich habe dergleichen hier zu finden Gelegenheit gehabt.

6) Soeben kommt zu meinem großen Vergnügen H. Inspecktor von Bercka.

Jena d. 11. Apr. 1817.

G.[53]


28/7711.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

würden mir eine große Gefälligkeit erzeigen, wenn Sie nachstehende Notizen, die ich wünsche, unschwer mittheilen möchten:

Linné, Geburtsjahr

– – – – – – – Sterbejahr

Hofrath Büttner, Geburtsjahr

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – Sterbejahr

Professor Batsch, Vorname

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Geburtsjahr

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Sterbejahr

Rupps Flora Jenesis, erste Ausgabe?

Ergebenst

Jena den 12. April 1817.

Goethe.


28/7712.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, lieber Freund, zwey Blätter, eins zu Ihrer Notiz und Billigung. Das andere ist, der beliebten Kürze wegen, so eingerichtet, daß Sie es den Lehrern sogleich übergeben können.

Kräuter hat mir eine umständliche Relation geliefert, nach der ich verfahren und mancherley besorgen werde. Ich fühle mich so wohl und verbleibe[54] in ununterbrochener Thätigkeit und Bewegung, so daß ich mich fast selbst nicht kenne. Und diese Wunder hat der Gebrauch des Extracts des nun aufsprießenden Löwenzahns gethan. Eine so schnelle und glückliche Wirkung habe ich noch nicht erlebt, als dieses ganz zufällig bey günstig eintretender Gelegenheit von mir ergriffene Mittel geleistet hat. Es ist mir beynahe bange die fortschreitende Witterung möchte mir den Gebrauch allzuschnell abschneiden.

Jetzt mag ich Sie noch nicht einladen, im Stöberwetter ist die Stadt abscheulich und die Gegend unerfreulich. Wenn der Rübsaamen blüht, wird es schon lustiger werden.

Auch hier ist das herrschaftliche Bauwesen hinein zu blicken findet sich in keiner Instanz Förderniß, und wo nicht Hinderung doch Stockung und Retardation. Ich sinne auf ein Auskunftsmittel für die Zukunft. Wie wenig aber von Jena zu hoffen sey, habe ich diese Tage wieder mit hellen Augen gesehen.

Höchsten Orts empfehlen Sie mich zum allerbesten; wann denken denn ungefähr die lieben Kleinen herüber zu kommen?

Daß ich sehr fleißig sey, dafür bürgt die Weile der langen Tageszeit.

Tausend Lebewohl

Jena den 13. April 1817.

G.[55]


28/7713.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeb.

erhalten abermals einiges Manuscript, mit Bitte es baldigst absetzen zu lassen, damit man beurteilen könne wieviel zu dem zweyten Bogen noch nötig sey.

B. J. Schütz dankt schönstes für geneigte Aufnahme und hofft Erlaubniß zur Wiederkehr.

Einige Wiener Zeichenstifte folgen hiebey zur Probe.

ergebenst

J. d. 14. Ap. 1817.

Goethe.[56]


28/7713a.


An Friedrich Theodor Kräuter

Mein lieber Kräuter.

Manchmal mögt ich wohl, hergebrachter Massen ein Stündchen mit Ihnen verarbeiten, da das aber nicht angeht so wollen wir schriftlich ferner über agenda et resolvenda kommuniziren.

1) Den zweyten Band von aus meinem Leben verlangen Sie vom Bibliothekar und senden ihn.

[150] 2) Die Bütternische Mspte sind angelangt.

3) Papir aller Sorten beschnitten zu senden.

4) Jäger von Misbildung der Pflanzen.

5) Misgebildete Pflanzen in Natura bey meinem Sohn zu betrieben.

6) Meines Sohns Exemplar von Rameaus Neffen wäre an Rath Vulpius zu geben.

7) Sind

Mirbel Elemens de Physiologie vegetale Paris 1815

auf der Bibl?

Ein Band Text, Ein Band Kupfer.

8) Castellan Kirchner erhält, mit vielem Danck für gefällige Bemühung, beyliegende authorisirte Rechnung. Wegen der Anfragen antworte nächstens.

Jena. d. 14 Apr. 1817.

G.[151]


28/7714.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit kommen, wie schon so oft gnädigst geschehen, meinen Wünschen entgegen, ja zuvor. Ich glaubte Sie nunmehr hegen zu dürfen da, nach jenen von Höchstdenenselben mit Beyfall aufgenommenen Entwurf, die Instrucktionen an die Untergeordneten abgegangen und was daran zu modificiren seyn möchte durch Erfahrung nach und nach sich ergeben wird.

Nehmen Sie daher meinen verpflichteten Danck für alle Gnade und Nachsicht, die ich im Laufe des Geschäftsgenossen, und auch in der Folge auf denjenigen[56] Theil desselben einigen Einfluß zu haben von welchem ich mir Kenntniß und Übung zutrauen darf, sey mir gnädig vergönnt.

Zugleich erlauben Höchstdieselben die unterthänigste Bitte meinen Sohn ebenfalls von diesem Geschäft zu entbinden, da eigentlich seine Wircksamkeit dabey nur insofern bedeutsam seyn konnte als er die täglich, ja stündlich zubringenden Einzelheiten aufnehmen und mit vermitteln konnte; mein gegenwärtiges Verhältniß aber sich nur auf solche Fälle beziehen kann in welchen Reife und ruhige Berathung gefordert wird.

Die besondere Gnade welche Höchstdieselben meinem Sohn abermals, mir zu größter Danckverpflichtung, erzeigt, bringt mir jenen Wunsch doppelt ab. Soll er sich während eines Jahrs in den Baugeschäften dergestalt umsehen daß er sich werth mache den Auftrag künftig weiter zu führen, oder wenigstens einem Nachfolger gründlich vorzuarbeiten; so ist vollkommenste Aufmercksamkeit auf dieses Geschäft zu richten und alle Zeit hierauf zu verwenden.

Von hiesigen Oberaufsichts Angelegenheiten, welche Ew. Königl. Hoheit mir zur erneuten angenehmen Pflicht machen, kann ich nur das Erfreulichste melden. Nirgends finde ich Stockung oder Hinderniß, einiges was den Winter über geruht setzt sich im Frühjahr von selbst in Bewegung. Ausführlicher Bericht und Etatsvorschläge sind in Arbeit.

[57] Daß meine Gegenwart der neuen Einrichtung Renners und Körners zustatten kommt, darf ich mir wohl schmeicheln und mir deshalb verlängerten Urlaub erbitten. Möge diese bedeutende Stiftung Ew. Königl. Hoheit zu Freude wie zu Ruhm gereichen! und mir dabey einiges Verdienst erworben seyn.

Mit wiederholten vielfältigen Dancksagungen

Ew. Königl. Hoheit

unterthänigster

Jena d. 15. Apr. 1817.

J. W. v. Goethe.


Versäumen darf ich nicht nachschriftlich die trefflichen englischen Wercke zu rühmen die mir zukamen. Mit gnädigster Erlaubniß sende noch einiges Wünschenswerthe aufgezeichnet an Canzl. R. Vogel.

unterthänigst

Goethe.


28/7715.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

in diesen Wochen zu sehen hatte bis jetzt gehofft und, da ich gegenwärtig in Jena bin, schon Vorsicht gebraucht Sie nicht zu verfehlen; Ihr letztes Schreiben jedoch benimmt mir leider diese Aussicht, und ich beeile mich daher die drey Bände aus meinem Leben zu übersenden.

[58] Rameaus Neffe wird auch bald folgen, die summarische Andeutung der Chronologie meiner schriftstellerischen Arbeiten, auf den Gang meiner ästhetischen und wissenschaftlichen Bildung bezüglich, wird zunächst in hiesiger Stille meine Arbeit seyn. Was ich auf die Bemerkung des Herrn Factors erwiedere, hat wohl die reitende Post schon gebracht. Das zweyte Rhein– und Maynheft ist fertig, das dritte angefangen. Bildung und Umbildung organischer Naturen belebt sich auch wieder. Darf mein Aufenthalt in Jena von einiger Dauer seyn; so sollen die ersten Bogen des zweyten Theils meiner Reise durch Italien gleichfalls an die Reihe. Allen diesen und andern Schriften fehlt nur die letzte Revision, welche wirksam zu betreiben der Setzter ganz allein die wahre Kraft besitzt.

Wegen des Divans thue nächstens Vorschläge; wir wollen die Sache ganz einfach nehmen, denn Zeichner, Kupferstecher und Holzschneider sind mit Vorausbestellungen so überhäuft, daß mit ihnen durchaus nichts anzufangen ist.

Empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen. Wie geht's Ihrem Herrn Sohn in Göttingen, oder wo er sich sonst befindet?

Wohin ich mich diesen Sommer wende weiß noch nicht zu sagen. Meine Wünsche gehen freylich den Rhein aufwärts, die Ärzte wollen mich nach Böhmen. Wohin ich keine sonderliche Lust habe; am[59] Ende wird es leider, wie so manches Jahr, von Zufälligkeiten abhängen.

Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken.

ergebenst

Jena den 17. April 1817.

Goethe.


[Beilage.]

Mit Herrn Factor Reichels Bemerkung bin ich vollkommen einverstanden. Wir geben der Ankündigung gemäß an die Besitzer der älteren Ausgabe die zwei ersten Bände Gedichte der neueren.

In den vierzehnten Band kämen sodann:

Aus dem fünften

1) Theatralische Gelegenheitsgedichte.

Aus dem achten

2) Maskenzüge,

3) Carlsbader Gedichte,

4) Des Epimenides Erwachen.

Aus dem neunten

5) Das neueste aus Plundersweilern,

6) Satyros,

7) Epilog zu Schillers Glocke.

Aus dem zehenden

8) Die Zeichen der Zeit.

Aus dem eilften

9) Pandora.

Aus dem dreyzehenden

10) Die guten Weiber.[60]

Wenn auch bey den Nummern 1, 2, 5, 7 einiges mit abgedruckt wird, welches in den älteren Bänden schon steht, so hat es nichts zu sagen, denn das Neuere unter diesen Rubriken läßt sich von dem Alten nicht sondern.

Den Zusatz zu Stella lassen wir weg, der kann dereinst mit auftreten, wenn allenfalls die Umarbeitung des Götz von Berlichingen und anderen eigenen und fremden dramatischen Arbeiten abgedruckt werden sollten. Mehr wüßte über diese Gegenstände nichts zu sagen.

Jena den 17. April 1817.

Goethe.


28/7716.


An Sulpiz Boisserée

Bey Rückkunft unseres wackern Rehbein erging es mir ebenso wie Ihnen bey seiner Ankunft, mir brachte die Erzählung des frischen Mannes die werthesten Freunde, mit allem Lokal, Schloß, Carlsplatz, Markt und Kirche, so klar vor die Augen, daß mich eine wahrhaft-unerträgliche Sehnsucht ergriff, die sich zu steigern alle Gelegenheit findet da in Jena, von Freunden und Wissenschaften reichlich umgeben, den größten Theil der Zeit doch einsam und, bey schlechtem Wetter, eingehauset verbringe.

Hier gedenke ich nun erst, nach verklungenem weimarischem Wintertreiben und Quirlen, daß ich Ihnen[61] lange nicht geschrieben, gar manches aber zu erwiedern habe, vielleicht fällt mir nicht alles bey, weil Ihre Briefe mir nicht alle zu Handen sind.

Zuvörderst will ich also bekennen daß jener Abdruck Ihrer Gemäldebeschreibung auf meine Veranlassung geschah. Man muß sich gedruckt sehen wenn man soll drucken lassen.

Im zweyten Rhein- und Maynheft finden Sie Ihre Architectonica. Ich hatte ihr S. B. darunter gesetzt, das durch Zufall wegblieb, und Sie erfreuen sich auch dießmal des vollkommensten Incognito.

Bey jedem schriftlichen Aufsatz soll der vollständige, reine, klare Begriff dem Geiste schon vorliegen.

Wollen wir aber von bildender Kunst Rechenschaft geben, so muß mehr geschehen, hier muß wohl überlegt werden, wie dasjenige, was nebeneinander vor unsern Augen steht, in einer Wortfolge wieder lebendig werden könne. Zu dieser Kunst des Darstellens gehört freilich ein eigenes Naturell, es läßt sich aber auch manches überliefern und auffassen, da eine solche Arbeit an das rhetorische grenzt.

Ich besitze zum Beyspiel von Ihnen eine umständliche Beschreibung des großen Hemmlingschen Bildes. Meine Absicht war längst alles was Sie und wie Sie es verzeichneten in einer andern Ordnung vorzutragen, um practisch auszusprechen, wovon eigentlich die Rede sey. Aber die Welt rennt unter einem weg wie der Schrittschuh, man muß sich vorwärts[62] beugen um nur nachzukommen, rückwärts darf man nicht schauen.

Hier will ich mich aber laut beklagen, wie ich oft im Stillen that, daß mir vor'm Jahr die Reise zu Ihnen mißlang; dadurch wurden meine schönsten Plane und Vorsätze verrückt. In Gesellschaft mit Meyern sollten wir das weite Feld überschauen und durchsprechen, uns über so manches verständigen und vereinigen, damit auch in der Ferne ein gemeinsames Bearbeiten möglich würde. Das unterblieb nun, und ich komme erst jetzt, als Einsiedler, dazu mich hierüber zu beschweren.

Was diesen Sommer aus mir werden wird sehe ich nicht voraus. Seit mehreren Jahren war mein Reiseentschluß gewöhnlich aus dem Stegreife gefaßt, der Erfolg aber dem Zufall unterworfen. Ich denke also lieber gar nicht daran, und will Grünendes und Blühendes erst hervorkommen lassen und erwarten, wohin es mich zieht oder wohl treibt.

Daß ich mich am liebsten südwestwärts bewegte, davon sind Sie überzeugt. Auch ich bin in böhmischen Bädern, wohin mich die Ärzte haben wollen, außer aller Verbindung. Ältere Verhältnisse sind zerstoben, und neue mag man nicht mehr im Getümmel suchen.

Leben Sie recht wohl, schreiben Sie bald, und erinnern Sie mich, ob ich noch auf etwas Antwort oder Auskunft schuldig bin. Grüßen Sie die lieben Anwohner[63] der Kirche, und danken für die freundlichen Briefe. Der gefirmelte Schenke schriebe mir auch wohl einmal ein Blättchen von seiner neuesten Lebensweise.

Möge es den drey Magis recht wohl gehen.

Jena den 17. April 1817.

G.


28/7117.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Mögen Ew. Wohlgeboren mir von dem neusten, was wir dem Herrn Staatsrath Niebuhr verdanken, einige Notiz geben und zugleich auch etwa bemerken, was Sie hin und her für Wünsche hätten. In der Sendung, die ich eben bereite, könnte alles hingelangen.

Ergebenst

Jena den 17. April 1817.

Goethe.


28/7718.


An Christian Gottlob Voigt

Auf manche geneigte Mittheilung ein danckbares Erwiedern.

Unter den Begünstigten freute ich mich unsern Münchow zu finden, er verdient's und brauchts. Auch Döbereiner und Voigt dem j. hätte etwas gegönnt, und wäre es auch nur weil gerade diesen Männern Ser. oft persönlich Aufträge geben die nicht ohne Zeit- und Geldaufwand geleistet werden können; wie noch[64] in diesen Tagen geschehen. Vielleicht ist es vergönnt in der Folge hierauf hinzudeuten.

Dem Gothaischen Hofe auf unsere Oberaufsichtliche Geschäfte Einfluß zu geben können wir nicht rathen; da es aber gerade eine von Ser. neueren Lieblingsideen zu seyn scheint; so hielt ich für meine Pflicht darüber nachzudencken. Anfangs May will der Fürst mit Herrn v. Lindenau hier zusammen treffen und da möchte wohl die Sache zur Sprache kommen. Deswegen schicke nächstens meine Gedancken zu geneigter Prüfung damit man nicht unvorbereitet sey.

Wegen Kirstens Einquartirungs Anliegen haben Ew. Exzell. die Ackten zurück. Wegen Kaufmann und Düpont folgt meine Ansicht.

Zweihundert Thaler, zur Thierheilkunde, sind mit Danck anzunehmen.

Einhundert Thaler, zu anatom. Instrumenten (doch auch wohl zu Präparaten durch diese Instrumente verfertigt) danckbar acceptirt.

Dreyhundert 24 rh. für Preisaufgaben. Sollen die auch bey uns einfließen? Neuer Zuwachs von Ehre und Quaal!


Wegen Güldenapfel völlig einverstanden.


Was ich wegen dem Einfluß Gothas auf unser oberaufsichtliches melde bleibt ein Geheimniß unter uns.

[65] Soviel für diesmal. Könnte noch etwas für Döbereiner und Voigt geschehen; so würde es unserm Geschäft förderlich seyn. Jena d. 22. Apr. 1817.

Goethe.


28/7719.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey erhalten Sie, mein werthester Freund, unsern Rhein- und Maynheft, welcher eine ernst-heitere Miene macht. Was er Ihnen verdankt, erkenne ich auf's allerbeste. Geben Sie ihn noch nicht aus Händen, bis er von Leipzig her schwirrt, am dritten Heft wird schon angefangen zu drucken, damit nur etwas vorgearbeitet ist, denn was in den Druckereyen für ein Gedruckse ist, erfahre ich erst jetzt, wenn ihnen die Messe nicht auf die Nägel brennt, so fördern sie bald das eine, bald das andere, wie es ihnen bequem und vorteilhaft ist, und man kommt nicht vom Flecke.

An der Morphologie wird auch gedruckt, und ich denke so manchen versandeten Kahn wieder vom Ufer in's frische Wasser zu schieben.

Man wird Ihnen zugleich mit diesem Packete die Lortzingische Zeichnung bringen, Sie erinnern sich der beabsichtigen Unterschrift. Da der Raum unter dem Bilde so schmal ist, so ging das von Ihnen gezeichnete Schildchen nicht hinein, ich dächte wir verführen damit folgendermaßen.

[66] Sie ließen einen schmalen Streifen mit der Farbe des Grundes färben, und durch einen Schönschreiber, deren es ja mehrere giebt, die Worte:

Johann Friedrich Churfürst zu Sachsen.

drunter schreiben, vielleicht ohne Einfassung und in gerader Linie; doch wünschte ich die altdeutschen Buchstaben, wie sie uns die Titel der englischen Bücher häufig darbieten. Wäre der Name reinlich geschrieben, so legten Sie den Streif in den Rahmen, und man hätte nicht zu besorgen, daß bey dieser Gelegenheit an der Zeichnung etwas beschädigt würde. Das fertige Ganze wird Ihro Königl. Hoheit der Großherzogin zugestellt.

Wollen Sie die 40 Blätter Anfangsgründe der Landschaftszeichnung für die 3. Classe anschaffen, so würde es mir sehr angenehm seyn. Ich freue mich unendlich daß unsere Sachen so gut gehen, und hoffe die günstigen Musen werden auch unsern babylonischen Bau zu Stande bringen. Bis dahin wollen wir uns noch ein wenig geniren und alsdann Geduld und Hoffnung durch eine erfreuliche Ausbreitung belohnt sehen.

Lassen Sie die W. K. F. nur, wie herkömmlich, mit Ernst und Treue fortschreiten, das Echte drang schon durch und wirkt immer so fort. Boisserée schrieb mir ein sehr erfreuliches Urtheil über diesen Fiorillo. Er sieht mit uns ein, daß man alles was man aus ihm lernt umlernen müsse, wenn es dem[67] sinnigen Menschen brauchbar seyn soll. Wir behandeln die Niederländer auch als Landsleute, denn so närrisch ist der patriotische Deutsche, daß er versichert er könne ganz für sich bestehn, indem er sich sogleich die Verdienste aller Völker anmaßt und versichert alle Nationen stammen von ihm ab, oder seyn wenigstens ihm von der Seite verwandt. Ein lustiges Adamskind.

Erlebe ich hier schönes Wetter und gute Zeit, so sind Sie, wenigstens auf einige Tage, eingeladen, sind die lieben Prinzeßchen hier, so gäben Sie ja wohl etwas zu.

Fräulein Martin grüßen Sie zum schönsten, gestern unter Schnee-Sturm und Gestöber will man die Nachtigall gehört haben, sie mag sich sehr verwundern im Saalathen, wo sie sonst schon am 15. vom Frühling empfangen wurde, gegenwärtig so schlecht aufgenommen zu seyn, sobald ich sie selbst höre, erhält die Freundin Nachricht durch eine Estafette, nur fürchte ich durch diese die Ankunft der lieben Kinder nicht beschleunigt. Auch wünsche ich niemandem jetzt in Jena zu seyn, der nicht viel in der Stube zu thun hat.

Empfehlen Sie mich Ihro Kaiserl. Hoheit auf's angelegenste, schreiben Sie oft und mancherley, an freundlicher Erwiderung soll's nicht fehlen. Das herzlichste Lebewohl.

Jena den 24. April 1817.

G.[68]


28/7720.


An Johann Heinrich Meyer

Wegen des Rahmens bin ich in einiger Verwirrung und Verlegenheit, könnten Sie den Knoten lösen?

Haben Sie den Rahmen unmittelbar bestellt? oder sollte die Bestellung durch mich gehen? Das könnte in der letzten wilden Zeit seyn vergessen worden. Schicken Sie mir also das Maaß, ich will die Arbeit möglich zu beschleunigen suchen. Es ist schwerer als man denkt, den hiesigen Arbeitern etwas abzulocken, sie haben meist den vernünftigen Sinn, nicht mehr zu arbeiten, als sie allenfalls zu einem lustigen Leben brauchen.

Jena den 24. April 1817.

G.


28/7721.


An Gabriel Ulmann

[Concept.]

[Jena, 24. April 1817.]

Da unser Hofbildhauer Herr Kaufmann nunmehr glücklich angekommen, entsteht für mich eine neue Nothwendigkeit, manches nach Rom zu senden, besonders an Herrn Geh. Staatsrath Niebuhr, Königl. Preußischen Residenten. Ich wünschte ein Päckchen Bücher etwa ein Pfund schwer an ihn zu schicken, und zwar portofrei, welches Sie ja wohl einleiten könnten, wenn der Umschlag an das Haus Torlonia[69] gerichtet wäre. Könnte man wissen durch welche Gelegenheiten solche kleine Packete gehen? Zu meiner Zeit gingen sie durch die Couriere heraus, welches ebenso viel hieß als die reitende Post. Die Kosten waren nicht groß, doch wünschte das Nähere zu erfahren.


28/7722.


An N.N.

[Concept.]

In diesen Tagen hat man gefunden, daß bey'm Erhitzen des Stahls eine Erscheinung sich ergiebt, an Form und Farbe völlig analog derjenigen, welche Doctor Seebeck am schnell abgekühlten Glase bemerkt und entoptisch genannt hat, wodurch denn abermals ein Bezug der physischen Farben unter einander sich offenbart und neue Aufklärung über dieselben vorbereitet wird.

In dem Schweiggerischen Journal wird das Weitere nächstens erfolgen.

Jena den 24. April 1817.


28/7723.


An Friedrich Theodor Kräuter

Hiebey, mein lieber Kräuter, sende verschiedenes was zu expediren wäre, ingleichen manche Resolutionen. Was möglich ist besorgen Sie baldigst und das Übrige nach und nach.

[70] 1) Ein Packet an Herrn Hofrath Meyer! Zugleich mit demselben wird das unter Glas und Rahmen gefaßte Bild des Churfürsten Johann Friedrich an denselben überliefert.

2) Ein Packet mit der Addresse an den Herrn Canzler von Müller.

3) Ich wünsche gesendet: den Anfang meiner Reise nach Neapel, er liegt im Schränkchen meines Schreibtisches rechter Hand, in einer Tektur englisch Leder, die Sie kennen.

4) Wünsche ein Exemplar meiner Werke 8 Bände Schreibpapier ungeheftet.

5) Beyliegendes an Rath Vulpius.

6) Brief an Stadelmann, wegen der Weinsendung, beantwortet.

7) Ferner wünsche jederzeit diese Bogen, worauf Gesendetes und Gewünschtes verzeichnet ist, wieder zurück, weil ich sonst, bey nicht immer hinreichendem Gedächtniß, manchmal in Zweifel schwebe ob ich eine Sache bestellt oder ob nur die Absendung sich um einen Botentag verspätet, welches denn auch kein Unglück ist.

8) Ich wünsche 1/2 Pfund geräucherten Lachs.

9) Ein paar Gerichte echte italiänische Maccaroni. Offenbacher Pfeffernüsse.

10) Die Acten die Thierarzneyschule betreffend wünsche ich baldigst.

[71] 11) Nicht weniger beschnittenes Concept Papier sechs Buch, diese Sorte geht bey mir reißend ab.

12) Ich sende die Rolle worauf das alte Griechenland gesendet worden zurück. Ich wünsche das neue Griechenland, welches in dem Industriecomptoir verlangt werden kann, auf eben diese Weise zu erhalten.

Was von diesen Dingen mit den rückkehrenden Boten nicht gesendet werden kann folgt mit Gelegenheit.

[Jena] d. 25. Apr. 1817.

G.

Meinem Sohne schreib ich mit der Post.

G.


28/7724.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

ersehen gefälligst wie, auf Veranlassung des Oberconsistorium, die Ober-Aufsicht befehligt worden über kirchliche und weltliche Denkmale, deren Daseyn und Erhaltung zu berichten. Dieser Gegenstand kam, bey herandringendem Reformationsfest, abermals zur Sprache. Wir erstatteten vorläufigen Bericht, mit Billigung des Unternehmens, jedoch mit Andeutung: daß die Wichtigkeit desselben gute Überlegung, wohlgegründeten Plan und gesicherte Kosten voraussetze.

Der Bibliothekar Vulpius erhielt hiernach den Auftrag zu berichten was in seiner Gewahrsam von dergleichen Dingen auf Großherzoglicher Bibliothek[72] befindlich, welches er denn auch mit Eifer und Liebe zur Sache umständlich geleistet hat.

Ferner ward er veranlaßt auch die von Blankenhayn und Kranichfeld hierhergebrachten Schnitzwerke, welche, in producibler, restaurirten Gestalt, noch in meinem Gartenhause stehen, aufzuzeichnen. Nachdem nun auch dieses geschehen, reiche Ew. Excellenz das kleine Actenstückchen, mit vielem Dank für die bisherige Theilnahme an diesen Ausgeburten einer älteren Kunstepoche, mit Zutrauen dar, mit der gehorsamster Bitte Serenissimo durch einen Vortrag was geschehen zur höchsten Kenntniß zu bringen, damit sowohl die Wünsche des Oberconsistorium befriedigt, als auch gelegentlich eine Andeutung erfolgen möge was etwa fernerhin zu überdenken, vorzubereiten und zu leisten sey.

Jena den 25. April 1817.

Goethe.


28/7725.


An Emanuel Steiner

[Concept.]

Die an mich abgelassene Sendung ist zur rechten Zeit in Weimar angekommen, aber da ich mich auswärts befinde, nicht zeitig genug in meine Hände. Empfangen Sie eilig nun daher meinen Dank für die sorgfältige Kunst, welche Sie auf Blumen und Früchte und sonstige Geschöpfe zu unseren Gunsten[73] verwendet haben, unsere Schuld werde dagegen nächstens abtragen.

Die übrigen beygelegten Arbeiten lassen mich auf eine sehr angenehme Weise in übrige sonstige Thätigkeit hineinschauen, wie sie mir die biographische Skizze schon freundlich näher gebracht. Nächstens werden Sie auch unsere gute Meinung im Druck vernehmen.

Meinen Danck aufrichtig wiederholend.

Jena den 26. April 1817.


28/7726.


An Friedrich Theodor Kräuter

Da Serenissimus künftigen Mittwoch hier eintreffen und einige Tage verweilen; so kann unsere donnerstägige Zusammenkunft in Kötschau nicht statt finden. Ich bemerke daher bey Zeiten was ich Mittwochs durch die Boten wünsche, und was mir auch allenfalls vorher durch reitende und fahrende Post zukommen könnte, wovon ich die Wahl der Beurtheilung überlasse.

1) Den aus Mecklenburg angelangten Stein wünsche zu meiner Ergötzung hierher! Wenn er eingepackt wird wie er angekommen ist; so wird er ohne Gefahr herüber gebracht werden, doch wünsche daß es durch die Boten geschehe.

2) Wenn Sie die dritte Lieferung meiner Werke auspacken und zu den übrigen bringen, wird es löblich[74] seyn. Senden Sie mir ein Exemplar auf Schreibpapier damit mein hiesiges Exemplar voll werde.

3) Das Lustspiel der Rothmantel schicken Sie mir baldigst herüber, ich kann es mit geringer Mühe in den Zustand versetzen, wie ich es erhalten habe.

4) In der mittlern Schublade der rechten Seite meines großen Schreibtisches liegt ein Packet in Quarto, worauf geschrieben steht Wilhelm Meisters Wanderjahre welches herüber wünsche.

5) Ferner Leonide de Monbreuil, Roman, wenn er auf Großherzogl. Bibliothek ist.

6) Zwey Exemplare meiner Italienischen Reise.

7) Zwölf Exemplare meines Rhein- und Maynhefts, halb Velin halb Schreibpapier; lieber geheftet als ungeheftet.

8) Die Platte des Umschlags zum Rhein- und Maynheft wird mit Beyliegendem an Kupferstecher Müller gegeben.


Und so wünschte ich von Herzen, die Trennung von einem guten Vater bedauernd, daß Sie mit Ihrer lieben Frau glücklich leben mögen.

Für alle gute und sorgfältige Ausrichtung erkenntlich.

Jena den 28. 1817.

G.[75]


28/7727.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit Beyliegendes dem Intelligenzblatt der Allgemeinen Literaturzeitung inserieren zu lassen. Ich wünsche die Priorität einer nicht unbedeutenden Entdeckung meinem hiesigen Aufenthalte zu vindiciren.

Ferner bemerkte Folgendes: Mein Aufsatz über die Metamorphose der Pflanzen, im Jahre 1790 herausgekommen, ward in den Göttinger Anzeigen und der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung bald recensirt.

Die beiden Recensionen wünschte zu sehen. Vielleicht giebt es auch ein literarisches Hülfsmittel zu erfahren, ob mehrere Recensionen davon vorhanden sind.

Ew. Wohlgeboren verzeihen die Bemühung und erlauben mir nächstens ähnliche Freiheit zu nehmen.

Ergebenst

Jena den 28. April 1817.

Goethe.


28/7728.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz.

gefällige Theilnahme erbitte mir in dem Falle, welchen vorzutragen ich veranlaßt bin. Es war vorauszusehen,[76] daß die Veterinair-Anstalt, eine der wichtigsten, allgemein eingreifenden, wegen ihrer Verwandtschaft mit dem verworfensten Geschäft einige Prüfungen werde erleiden müssen, und so hat sich's auch gefunden.

Bald nach meiner Ankunft konnte man das Hin- und Wider-Reden im Publicum bemerken, das sich aus der niedrigen Classe in die mittlere zog, ich erwartete früher oder später ein Ereigniß wovon man Anlaß nehmen könnte in der Sache zu wirken. Nun fängt das gemeine- besonders Weibs-Volk schon an auf die untern Angestellten zu hetzen, die Tochter der Aufwärterin, den Sohn des Schmieds mit pöbelhaften Ausfällen zu verfolgen, ja der Prosector selbst (der freilich im Lande umherreitet, um die sonst verabscheuten Cadaver zusammen zu bringen) findet sich schon indirecten Beleidigungen ausgesetzt. Ich habe der Sache im Stillen zugesehen, weil dieses Vorurtheil der Menge von Alters her und nicht mit Unrecht auf solchen Geschäften ruht, ja in früheren Zeiten zum Vortheil der bürgerlichen Gesellschaft begünstigt wurde. Jetzt aber, da wir das Nützliche über Alles zu schätzen Ursache haben, weil das Schädliche, Gefährliche von allen Seiten auf uns eindringt, müssen wir solche Anstalten, eben wegen ihrer anrüchigen Verwandtschaft, desto kräftiger schützen.

Selbst unsre Casse wird durch solchen bösen Leumund verletzt und schon bisher müssen wir die Aufwärterin theurer lohnen als billig, nur um sie zu[77] erhalten, und weil sich schwerlich eine andere zu solchem widerwärtigen und zugleich dem Schimpf ausgesetzten Dienste finden möchte.

Die bey mir eingegangenen Beschwerden sind zwar auffallend genug, aber weil die Händel zwischen Weibern und Kindern vorgefallen, nicht von der Art, daß man darauf Untersuchung gründen und ernste Bestrafung veranlassen könnte. Mein Vorschlag geht also dahin, daß die hiesige Polizei veranlaßt würde, im Wochenblatt eine Verwarnung zu publiciren, wozu, beliebter Kürze wegen, einen Entwurf beylege. Ew. Excellenz um gefällige Theilnahme und geneigte Beschleunigung gehorsamst ersuchend.

gehorsamst

Jena den 29. April 1817.

Goethe.


Bekanntmachung.

Ihro Königliche Hoheit der Großherzog haben, unter andern vielen Wohlthaten, welche Sie Ihro Landen, besonders auch der Stadt Jena zugewendet, eine Heilschule für Pferde und andere Hausthiere errichtet. Wenn nun jeder vernünftige Staatsbürger die Wichtigkeit und Nothwendigkeit einer solchen Anstalt mit Dank zu schätzen weiß; so giebt es doch noch kurzsichtige Menschen genug, welche wegen eines äußern Scheins den wichtigen und heilsamen Zweck verkennen. Tritt nun Rohheit eines ungebildeten Betragens und leidenschaftliche Gemüthsart hinzu, so ist voraus zu[78] sehen ja schon durch die Erfahrung erwiesen, daß allerley widerwärtiges Beginnen sich ereignen werde. Man sieht sich also veranlaßt, einen jeden Hausvater aufzufordern, daß er Kinder und Gesinde über die Wichtigkeit jeder Anstalt aufkläre, sodann auch kräftig verwarne, alles was derselben entgegen wirken könnte, sorgfältig zu vermeiden. Wie man denn hiermit erklärt, daß jede unziemliche Nachrede, Schimpf oder wohl gar Bedrohung, welche der geringsten bey dieser Schule angestellten Person, oder irgend jemanden, der damit in Verbindung steht, widerführe, auf geschehene Anzeige, sogleich untersucht und gebührend bestraft werden solle.


28/7729.


An Phillip Emanuel von Fellenberg

[Concept.]

[Jena, Ende April 1817?]

Von Ihrem Bestreben und Thun, trefflicher, hochgeschätzter Mann, hatte ich leider bisher nur allgemeine, dunkle Vorstellung. Dem Gange Pestalozzis hatte nicht folgen können; wie der Ihrige sich davon herleitete, übereinstimmend oder abweichend, ward mir noch weniger deutlich. Als nunmehr ein holdes, mir in manchem Sinne empfohlenes Kind Ihrer Leitung übergeben werden sollte, wünschte ich mir endlich auslangende Kenntniß, diese ward mir glücklicher Weise durch Herrn Lippe, welcher, in kurzem Gespräch, mich[79] über Ihre Thätigkeit und Zustände höchst erfreuend unterrichtete, wie denn das Rechte und Verständige gar schnell mitzutheilen ist. Und nun verdank ich dem wackern, treuen Rehbein, nach so vielem andern Guten, auch noch einen freien Blick in Ihre Kreise.

Höchst erwünscht wird es mir daher seyn wenn Sie Ihren Vorsatz mich noch weiter aufzuklären, baldigst ausführen werden, an aufrichtiger Theilnahme werden Sie nicht zweifeln, und verspreche gern, wo es ver langt wird, Geheimniß: denn die größten redlichen Absichten können selten in der gewöhnlichen Sprache des Tags ausgedrückt werden.

Grüßen Sie Herrn Lippe zum schönsten, auch unsern, Ihrer Sorgfalt anvertrauten Zögling, und lassen mein Andenken in Ihrem Kreise lebendig seyn.

Möge Beykommendes Ihnen einiges Vergnügen machen und den jungen Männern die Sie umgeben theilweise nützlich werden.


28/7730.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Wenn beykommendes Werk noch nicht in den Händen eines Recensenten ist, so kann dieses Exemplar dazu dienen eine Recension zu veranlassen. Es ist ein trefflicher Mann, der alle Anerkennung verdient.

Wie sehr freut es mich die neuliche Besorgniß Ew. Wohlgeboren einigermaßen zerstreut zu sehen.

[80] Unsern würdigen Freund habe gestern wie immer theilnehmend, aber freilich noch nicht von allen Übeln befreit gefunden.

Mit den besten Wünschen

ergebenst

Jena den 2. May 1817.

Goethe.


28/7731.


An Christian Gottlob Voigt

Von Ihrer eignen, verehrten Hand ein Blat zu erhalten hat mich sehr glücklich gemacht, tausendmal dancke ich dafür. Kaum war ich über das Befinden unsrer verehrten Großherzogin durch Ihre Anherkunft beruhigt, so erschreckt mich eine böse Post von dem Anfall den Sie erlitten. Glücklicherweise erfolgt sofort bessere Nachricht. Mögen Sie uns und mir erhalten seyn! Indessen ich in unserm alten Sinne auch hier zu wircken fortfahre, muß ich tausend Betrachtungen anstellen, die zuletzt auslaufen da wo auch wo auch Sie hindeuten. Nicht mehr! Gute Botschaft von Ihrem und der theuren Ihrigen Befinden ist das Nächste und angelegentlichste was ich wünsche.

anhänglich wie immer

Jena d. 2. May 1817.

G.[81]


28/7732.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[Jena, 5. Mai 1817?]

Auch ich bin sehr besorgt. Ein gleichfalls mir zugekommener eigenhändiger Brief beruhigt mich nicht. Und wie mag man sich einen gränzenlosen Verlust vorausdencken!


28/7733.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Ihr letztes reiches Schreiben, mein Werthester, hat mich sehr gefreut. Zuförderst danke ich nochmals für das so sorgfältig beendigte Majolikageschäft.

Sodann vermelde, daß ich die Bezahlung des alten Atlas in Weimar urgirt wenn sie noch nicht geleistet seyn sollte. Er ist auf die Bibliothek gekommen, und das Geld wird an Sie gezahlt werden. Kommt sonst was curioses vor, was Sie unserer Liebhaberey gemäß halten, so zeigen Sie es gefällig an.

Ihre geneigte Mittheilung wie sich die Entdeckung der entoptischen Farben ergeben, nähert sich der Druckerpresse. Ich nehme einen wunderlichen Anlauf um was bey mir so lange gestockt, endlich in Fluß zu bringen. Dazu ist denn aber meine Gegenwart in Jena nöthig, die so lange als möglich fortzusetzen gedenke.

[82] Eine Akademie hegt doch immer das alte Leben, indem Lehrende und Lernende sich immer erneuern. Für Jena tritt eine frische Epoche heran. Weimar und Gotha führen jetzt die Sache allein, die übrigen wenig nahrhaften Nutritoren lassen sich's gefallen. Gotha erweist sich sehr theilnehmend, und wenn man das Hoffen nicht verlernt hätte, so ließe sich von solchen Vorkehrungen etwas hoffen.

Sogleich muß ich jedoch eine Nachricht hinzufügen, die Sie gewiß erfreuen wird. Meine Unterhaltungen mit Döbereiner haben uns den Fund gebracht, daß bey'm An- und Ablaufen des erhitzten Stahls Erscheinungen sich ergeben, die sich nach der Gestalt des polirten Metalls richten, in Form und Farbe den entoptischen ähnlich. Man konnte es aus den Prämissen oder wie man sonst zu sagen pflegte a priori vermuthen. Die Versuche werden fortgesetzt, um das Phänomen zur erfreulichen Evidenz zu bringen. Nächstens hören Sie mehr davon.

[Jena] Abgesendet den 6. May 1817.


28/7734.


An Friedrich Theodor Kräuter

Für alle gute und prompte Expedition danksagend wünsche Folgendes zu erhalten.

1) Bredows Tabellen.

2) Die Kupfer zu Faust.

[83] 3) Das Manuscript von St. Helena.

4) Hier folgt der Rothmantel, welcher sogleich Herrn Oels zuzustellen.

5) Tischbeins Zeichenbüchlein, mit inliegendem Brief.

Soviel für dießmal.

Jena den 6. May 1817.

G.


28/7735.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten, mein werthester Freund, hiebey die endlichen Rahmen. Daß die für unsern jungen Fürsten bestimmte dabey sey, bezeugt beygelegtes Maaß. Mir begegnet hier viel Gutes, das Beste jedoch daß ich meinem Handwerk getreu bleiben kann. Die Druckbogen schleichen wenigstens vorwärts.

Wenn die Prinzeßchen kommen, so sind sie ja auch höchsten Orts eingeladen. Sie finden Ihr Zimmer in meiner Nähe, mit den herkömmlichen Unbequemlichkeiten, von allen Freunden würden Sie wohl empfangen seyn, auf's beste von mir.

Jena den 6. May 1817.

G.


28/7736.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Herr Hofrath Meyer schreibt von gestern:

»Herr Staatsminister von Voigt war dieser Tage am Husten und Schnupfenfieber bedenklich krank; jetzt[84] geht's wieder besser und heute Morgen um 10 Uhr, als ich nachfragte, soll er eben aus dem Bette aufgestanden seyn.«

Jena den 7. May 1817.

G.


28/7737.


An August Claus von Preen

Da Ew. Hochwohlgeboren gewiß auch in irgend einem Fache sich durch leidenschaftliche Liebhaberey auszeichnen, so werden wir mitempfinden können, wie viel Vergnügen mir der übersendete Stein gemacht hat. Von diesen ältern problematischen Breccien habe ich eine schöne Sammlung, und die gegenwärtige gehört unter die merkwürdigsten. Nehmen Sie daher meinen verpflichteten Dank, welchen ich auch dem Herrn Schubart, dessen Besuch wir bald zu hoffen haben, mündlich abtragen werde.

Die Erwähnung des von Ew. Hochwohlgeboren so eifrig beförderten Denkmals wird im dritten Hefte meiner Zeitschrift Statt finden. Das zweyte nehme mir die Freiheit hiebey zu übersenden.

Mich zu fernerem geneigten Andenken angelegentlichst empfehlend.

gehorsamst

Jena den 7. May 1817.

Goethe.[85]


28/7738.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Könnten Ew. Wohlgeboren mir Schillers Leben von Körner, der neusten Ausgabe seiner Schriften beygefügt, verschaffen und folgende Fragen beantworten lassen, so geschähe mir ein großer Gefalle.

Wann kommen Schillers Räuber heraus?

Wann Don Carlos?

Wann ist das erste Stück der Horen herausgekommen?

Wann ist Moritz gestorben?

Wann kam die Kritik der reinen Vernunft heraus?

Die Kritik der Urtheilskraft 1790?

Jena den 14. May 1817.

Goethe.


28/7739.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[Jena, Mitte Mai 1817?]

Die hellenische Bibliothek von Korai, besonders die Prolegomena, wünschte zu sehen.

G.


28/7740.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren haben mir durch die Sendung der letzten Tafel einen abermaligen Beweis Ihres freundlichen Andenkens gegeben, und einen lebhaften[86] Wunsch dadurch erfüllt: denn ich konnte nur wenn ich Ihre ganze Arbeit vor mir sah in das Fach einzugehen wagen, das mir immer fremd geblieben war. Ich freue mich nun methodisch darin umherschauen zu können, und mit Ihnen, dem ich die Aufklärung desselben schuldig bin, in ein noch näheres geistiges Verhältniß zu treten. Dieses ist mir gegenwärtig sehr erwünscht, da ich meine früheren Papiere, die sich auf Bildung und Umbildung organischer Wesen beziehen, um sie dem Druck zu übergeben redigire. Da sie denn mehr als ein historisches Zeugniß meiner Bemühungen gelten mögen, als daß sie, da die Wissenschaft so weit vorgerückt ist, bedeutende Würckung hervorbringen könnten. Das angenehmste jedoch, das mir dabey zu Theil werden kann, ist daß Ew. Wohlgeboren und andere Freunde höherer Naturforschung mit desto mehr Zutrauen mir ihre Entdeckungen mittheilen und ihre Gedanken an den Tag legen werden. Wie wichtig muß es mir seyn, daß ich ein Geschäft, das ich vor dreißig Jahren einsam anfing, nunmehr in so guter Gesellschaft mit größerer Freiheit recapituliren und meine frühern Vorsätze durch andere glücklich vollendet sehen kann. Wie sehr wünschte ich eine persönliche Zusammenkunft, da ich mir aber hiezu keine Hoffnung machen darf, so sende, als ein Surrogat von meiner Seite, diese wenigen Bogen, bittend um freundlichen Empfang und Verheimlichung.

Jena den 15. May 1817.[87]


28/7741.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

gestrige Gegenwart im Geleit so schöner Damen hatte die besten Eindrücke zurück gelassen, und wir haben uns noch zusammen an der holden Erinnerung bis tief in die Nacht erfreut.

Hiebey mit Dank das problematische Manuscript, worüber die Welt wohl der Verfasser sey, wie über den Autor des sechsten und siebenten Buch Mosis welche so eben auf 20 Pappetafeln in syrischer, hebräischer, und deutscher Sprache mir zur Hand kommen. Dazu sind gefügt 2 transparente Spiegel, worinnen man gar nichts sieht, als wenn junge Herzen darhinter zur Folie genommen werden, da denn aber dem Beschauer zu seiner Verwunderung, manchmal zum Entsetzen, nichts verborgen bleibt.

Mit beyliegendem Rechtsvortrage werden Ew. Hochwohlgeboren nur belästigt, weil Sie mein neulich Eingereichtes so günstig befördert haben. Mir ist dafür großer Dank geworden, und man erzeigt mir die Ehre zu glauben daß ich wirklich einigen Einfluß im Staate habe.

Tausend Lebewohl. Die zurückgelassenen Denkbücher werden von jener magischen Spiegelung nähere Kenntniß geben.

gehorsamst

Jena den 16. May 1817.

G.[88]


28/7742.


An Christian Gottlob Voigt

Jede Zeile von Ew. Exzell. verehrter und lieber Hand erneuert immer längst empfundene Freude, möge sie mir bis an mein Lebensende werden.

Mein Sohn, der mich gestern besuchte, wird gehorsamst anfragen und einiges empfehlen. Mögen Sie den beyden durch Conta genannten Männern (Voigt und Sohn) die gewünschten Ehrenbenennungen (Geh. Hofrath und Hofrath) zutheilen; so wird der Sache und mir, insofern ich sie behandle, gewiß Förderniß geschehen.

Leg. R. Conta hat mich über einige Zweifel aufgeklärt, mein Sohn über andre, beyde junge Männer werden unter Ew. Exzell. Leitung die Sache völlig abschließen.

Die Veterinär Schule kostet schon viel, doch leistet auch über Erwartung. Ich darf mir schmeicheln daß meine Gegenwart dieser entstehenden Anstalt zum Nutzen sey. Sie wurde doch ex tempore angegriffen und nun entwickeln sich erst nach und nach die vielfachen Bedürfnisse und um so schneller als Renner sehr thätig, ja unermüdet ist. Homburg kommt auch wieder kräftig in Activität.

Eichstedt habe bisher wenig Trost geben können, jetzt aber scheint mir die Sache nicht so schlimm als er sie denckt. Wenn er von Leipzig zurückkommt versuch[89] ich es abermal. Denn Ew. Exzell. würdige Geschätfsführung auch in ihm verletzt zu sehen thut mir sehr weh. Was an mir ist zu erhalten und zu lindern soll gewiß nicht fehlen.


Die Ankunft der Erbgroßherzoginn nötigt mich abzubrechen mich andringlich empfehlend

Jena d. 16. May 1817.

Goethe.


28/7743.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

werden gewiß lächeln, wo nicht gar mich tadeln, daß ich 52 Thaler Sächs. für eine magische Handschrift gezahlt, unserer Bibliothek einzuverleiben. Die Aufschrift findet sich auf beyliegendem Blatte. Ich feilschte schon 4 Wochen darum, konnte es aber doch am Ende nicht aus Händen lassen. Eine auf dem Lande Oppburg bey Neustadt wohnende Alchymisten Familie hält es im Geheim seit mehreren Jahren für den größten Schatz und bringt es nur an Tag, weil der Glaube sich mindert, und die Noth sich mehrt.

Ich denke es hier zu behalten, und indessen bis Kosegarten kommt Tektur und Futteral darüber machen zu lassen, denn bisher ward es immer in Teppichen aufbewahrt. Ich halte es für nicht so alt als es sich angibt, doch ist es immer noch seltsam genug, um[90] Bibliotheksbesuchende in Verwunderung zu setzen, und einen trefflichen Aufsatz in die Curiositäten zu veranlassen.

Nachsicht! und Theilnahme!

Jena den 16. May 1817.

G.


28/7744.


An Friedrich Theodor Kräuter

Mit gewöhnlicher aufmerksamer Thätigkeit zu Besorgendes.

1) Herr Hofrath Meyer wird Druckschriften überliefern, sie können ihm auch allenfalls abverlangt werden, bestimmt für Herrn Ruckstuhl in Bonn. Hiezu wird nun das von mir mit Bleistift bezeichnete Packet gethan, wohl eingepackt, zusammen frankirt fortgesendet.

2) Das Packetchen an Herrn von Preen, welches von der Jenaischen Post zurückgekommen, weil sie mancherley Umstände machen.

3) Herrn Canzler von Müller wird gleichfalls abgegeben, so wie dasjenige.

4) An Serenissimum.

5) An Herrn Staatsminister von Voigt.

6) Dieses Blättchen Herrn Müller und Schwerdgeburth vorzuweisen, und um Beschleunigung der Sache zu bitten.

7) Das Werk von Nees von Esenbeck über Pilze und Schwämme, Text und Kupfer, wünsche herüber.

[91] 8) Meine Zeichnungen, die Gestalten der Wolken darstellend, wünsche herüber, sie lagen auf meinem Schreibtische rechts nahe an der Bibliotheksthür in einem Papiersack, vielleicht findet es sich noch so.

9) Die Büttnerischen Manuscripte werden Großherzoglicher Bibliothek restituirt.

10) Ich wünsche ein Exemplar von meinem Aufsatz zu Erklärung der Steinschneider Müllerischen Mineraliensammlung.

11) Ingleichen das Heftchen über die Mineralien von Franzensbrunn.

12) Die drey ersten Jahrgänge von Leonhards Taschenbuch.

13) Den Band der Horen, worinn die Unterhaltung der Ausgewanderten steht.

Jena den 16. May 1817.

G.


28/7745.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Gnädige Frau,

da ich veranlaßt bin morgen nach Weimar zu fahren; so nehme mir die Freyheit mich nochmals heute bey Tafel einzustellen, um das bisher eingerichtete zu vernehmen, auch was allenfalls in Weimar ausrichten könnte zu hören. Zugleich mich gnädigem und geneigtem Andencken zu empfehlen.

gehorsamst

J. d. 17. May 1817.

Goethe.[92]


28/7746.


An Friedrich Albert Franz Krug von Nidda

Ew. Hochwohlgeboren

angenehme Sendung ist mir in Jena geworden, wo ich eingedenk frühere Zeiten der akademischen Muße Freiheit und Belehrung genieße. Ich danke zum allerbesten für die angenehme Unterhaltung, die Sie mir abermals und vollständig geben und welche mir doppelt erfreulich ist, da ich bey persönlicher Bekanntschaft auch in der Abwesenheit Ihr Talent und anhaltenden Fleiß desto theilnehmender bewundern kann. Ich wünsche dieser Arbeit im Allgemeinen die Aufnahme, die sie bey mir findet, wenn ich mich gleich dabey immer fragen muß, ob mich Ihre freundliche Zuneigung nicht besteche. Allein es scheint mir, auch wenn ich ganz fern der Person, an dem Werke selbst unparteiische Freude würde gehabt haben. Rührend ist es zugleich, wie ich nicht verschweigen darf, wenn ich denke, welchen traurigen Zustand Ihnen die Muse überstehen half, und wie das Talent der sicherste Schutzgeist bleibt, uns über dornige Lebenspfade nicht hinüber zu geleiten, sondern sogar dieselben zu schmücken. Möge dieser gute Genius bis an das Ende nicht von unserer Seite weichen.

Jena, den 17. May 1817.

Goethe.[93]


28/7747.


An Christian Georg Carl Vogel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren übersende hiebey die Fortsetzung meiner Biographie, worin Sie Ihren werthen Namen dankbar finden und sich gewiß gern jener guten Zeiten erinnern.

Können Sie veranlassen daß bey einer Sendung aus England von verschiedenen Schmirgelsorten etwa von jeder ein Pfund hierher gelange, so werden Sie unsern Mechanikern und mir eine besondere Gefälligkeit erzeigen.

Den Betrag beyliegender Quittung ersuche mit dem Postwagen an mich herüber zu senden. Das Beste wünschend.

Jena den 20. May 1817.


28/7748.


An Friedrich Theodor Kräuter

1) Ich wünsche eine Schiefertafel herüber mit Stift.

2) Der geologische Aufsatz über den Cammerberg bey Eger wird sich in einem zusammengebundenen Packet finden, überschrieben Über Mineralogie. Es liegt entweder in dem Schranke in Johns Zimmer oder in der Schublade des kleinen Schreibtisches an der Thüre meines Zimmers.

3) Das Löbelische Buch an Rehbein.

Die besten Wünsche.

J. d. 20. M. 1817.

G.[94]


28/7749.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

erhalten durch die fahrende Post Diderots Rameau. Die Geschichte meiner Autorschaft wird zu rechter Zeit erfolgen und die sämmtlichen Epochen in gedrängter Kürze der Reihe nach enthalten.

Welchen lebhaften und aufrichtigen Antheil ich an der Stuttgarter Ereignissen genommen und wie sehr ich das Unangenehme, was Ihnen dabey widerfuhr mitempfunden, davon sind Sie überzeugt. Die allgemeine Zeitung beruhigt mich einigermaßen, doch wünschte darüber von Ihnen selbst ein Wort zu hören.

Das Beste wünschend und mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Die 3000 rh. habe in Leipzig noch nicht erhoben, weil über deren Anwendung noch zufällig einiger Zweifel obwaltet. Kleine Posten habe mir indessen auszahlen lassen.

ergebenst

Weimar d. 20. May 1817.

Goethe.


[Beilage.]

Die Anfrage des Herrn Factors beantworte folgen dermaßen. Da das Vorspiel Was wir bringen, Fortsetzung im Juli 1814, Halle, bey Gelegenheit der[95] Eröffnung des neuen Schauspielhauses gedichtet worden, so kann es gar wohl unter der Rubrik: theatralische Gelegenheitsgedichte mit abgedruckt werden und zwar als das erste derselben.

Jenes erste Was wir bringen, von dem das zweyte die Fortsetzung ist, wird nicht abgedruckt, da es in der alten Ausgabe steht.

Weimar d. 20. May 1817.

G.


28/7750.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Erbitte den Band der Allgemeiner Literaturzeitung, worin das Programm steht den Hades des Polygnots betreffend.

Jena den 21. May 1817.

G.


28/7751.


An Johann Heinrich Meyer

Könnte man sich nur auf Augenblicke zu seinen Freunden versetzen, so wäre manches schnell abgethan. Jetzt will ich nur weniges melden und wünschen.

Die Elgin Marbles beschäftigen mich sehr, das Buch ist unschätzbar, besonders der Verhöre über diese wichtige Sache, wovon Henry Bankes Esq. in the Chair kein Wort versteht, er müßte denn der größte Schelm seyn und die Zubefragenden mystificiren[96] wollen, senden Sie mir doch das Heft in welchem Sie Ihre Gedanken hierüber geäußert haben. Ich sehe nun erst recht wie wunderlich man dort herumtappt.

Von den Jahrmarktsbildern hat sich auf die wunderliche Weise zu mir verirrt: David Teniers fait dire la bonne Aventure a sa Femme gravé par Suruges. Ich sage nicht mehr davon, als daß die ganze Malerkunst darin enthalten ist und daß wenn sie verlohren ginge sie vollkommen daraus wieder hergestellt werden könnte.

Die wissenschaftlichen Stunden der lieben Prinzessinnen machen sich recht hübsch. Ich begleite sie nah und fern. Es wird mehr erreicht, als man davon erhofft hat. Sagen Sie gelegentlich der lieben Hoheit vorläufig zur Beruhigung das Beste. In wenigen Wochen wird sich's ausweisen.

Tausend Lebewohl

Jena d. 23. May 1817.

Goethe.


28/7752.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

würden unsere Vorsätze gar sehr fördern, wenn Sie Beykommendes so schnell als möglich absetzen ließen. Unser ganzes Heft Morphologie und Compagnie bedürfte nur noch weniger Columnen Ausfüllung und[97] es wäre doch vergnüglich, wenn wir das Heft noch vor Johannis in die Welt schickten.

Anderem würde Raum. Und ich fürchte sehr dazu Muße zu finden, da leichtsinniges Wandeln auf feuchtem Grund und Boden mir ein Übel am Fuße zugezogen hat, da ich dann wenigstens auf einige Zeit mich besonderem Fleiße widmen kann. Mich den werthen Ihrigen bestens empfehlend

Jena den 26. May 1817.

G.


Ein vollständiges Exemplar der sechs respective acht Bogen Morphologie erbitte mir, da die Aushängebogen sich durch einzelne Mittheilungen zerstreut haben.


28/7753.


An Sulpiz Boisserée

In meiner jenaischen Einsamkeit, in der ich mich schon seit Ostern mit Redaction älterer Papiere und am Abdruck derselben treulich beschäftige, habe ich Zeit genug meiner werthen, abwesenden Freunde zu gedenken, und da versetze ich mich denn gar oft in die Mitte der Heidelberger lieben Drey-Brüderlichkeit. Der Zustand, den Ihr letzter Brief mir meldet, liegt mir am Herzen, Ihr ruhiges, consequentes und sicheres Betragen, so wie die Würde Ihres Besitzes verbürgt mir eine glückliche Folge.

Hier denn auch das zweyte Heft Rhein und Mayn. Möge es Ihren Gesinnungen und Absichten zusagen.[98] Man ist in Deutschland nie von dem Eindruck sicher, den eine Druckschrift in dem Augenblick ihrer Erscheinung machen kann, gegenwärtig am wenigsten, und was jede wünschenswerthe Wirkung betrifft, so habe ich sie zeitlebens immer erst in der Folge gefunden, wo sie mir aber – der moralischen Weltordnung sey Dank – niemals gefehlt hat.

In diesem Zeitraum zwischen Ostern und Pfingsten, den ich hier zubringe, ward ich von allen Seiten wissenschaftlich angeregt und habe mit Heiterkeit meine alten Papiere vorgenommen, welche zu benutzen einige Schwierigkeit jetzt wie sonst finde. Man fühlt wohl das frühere Bestreben ernst und tüchtig zu seyn, man lernt Vorzüge an sich selbst kennen, die an jetzt vermißt, dann aber sind doch reifere Resultate in uns aufgegangen, jene Mittelglieder können uns kein rechtes Interesse abgewinnen. Dazu kommt noch, daß das Jahrhundert auf rechten und falschen Wegen nach allen Seiten in die Breite geht, so daß eine unschuldig Schritt für Schritt sich bewegende Naivität wie die meinige vor mir selbst eine wundersame Rolle spielt. Wie ich mich bey diesen Bemühungen verhalte, sehen Sie am besten aus der Beylage, wenn Sie dem Verfolg dessen was Sie schon kennen einige Aufmerksamkeit schenken mögen. Geben Sie doch die wenigen Blätter nicht aus Händen. In Kunst wie in Wissenschaft sind die currenten Maximen nicht erfreulich. Der Grundsatz daß man den Künstlern nur[99] Unterhalt gebe und sie übrigens solle gewähren lassen, was sie können und wollen, entspringt aus der Anarchie, die einen schwankenden Empirismus jeder geprüften, anerkannten Gesetzlichkeit vorzieht, sich mit Originalität schmeichelt und hofft aus fortgesetztem Spielen und Pfuschen solle zuletzt ein Kunstresultat hervorgehen. Und das sind mitunter fromme Leute, die nicht merken hier sey purer Atheismus. Eine Welt soll sich zufällig aus schwirrenden Elementen zusammensetzen! Ginge nur nicht so vieles Gute, Tüchtige und Verständige darüber zu Grunde, so hätte es nichts zu sagen.

Nicht mehr für dießmal, damit das schon einige Zeit fertige Packetchen nicht länger liegen bleibe. Tausend Grüße.

Jena den 27. May 1817.

Goethe.


28/7754.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

erinnern mich an eine alte Schuld, die ich Ihnen und manchen zarten Herzen abzutragen versäumt habe. Noch diese Tage erinnerten mich jenaische Freundinnen an das nußbraune Mädchen, und ich ward aufgeregt die Früheren Entwürfe wieder vorzunehmen. Für dieß Jahr leider zu spät.

Habe ich nun dem Damenkalender schon zwey Räthsel[100] anvertraut, so folgt hier das dritte, vielleicht daß es nun mit Auflösung und Abschluß geschwinder geht.

Von neuerer Belebung älterer naturwissenschaftlicher Papiere wird nächstens ein fertiges Heft Zeugniß geben. Diese Bearbeitungen sind mir um desto angenehmer als sie sich an die neuesten Forderungen der Zeit anschließen.

Ich empfehle mich zum geneigten Andenken, mit Versicherung aufrichtiger Theilnahme.

ergebenst

Jena den 27. May 1817.

Goethe.


28/7755.


An August von Goethe

[Concept.]

Die heitere Aussicht in das botanische Gartenquartier zu ziehen, welches mir Voigt gar freundlich abtritt, wird durch das anhaltende Regenwetter getrübt ja vernichtet, zu diesem Übel gesellt sich ein Geschwulst am linken Fuße, den ich mir durch unablässiges Spazierengehen auf feuchtem Boden mag zugezogen haben. Rehbein, dem ich schon einen Boten geschickt hatte, war zufällig hier und er hat allerley löbliche Vorkehrungen getroffen, wobey mir vor der Hand das Leiden und die Unbequemlichkeit bleibt. Diese Unbilden benutze ich zu meinen Redactionen, besonders der Reise nach Neapels und Sicilien. Im Fegefeuer gefangen gedenke ich des Himmels.

[101] Frommann ist wieder zurück. Mit meinen natur-historischen Heften geht es auch ganz frisch vorwärts, so daß die schlechtesten Tage doch immer für die Folge etwas Nützliches und Vergnügliches bereiten.

So eben stürzt das Regenwasser durch die Gassen der Stadt, als ob es Mittwoch oder Sonnabend wäre. So rein ist Jena lange nicht gewaschen worden.

Hof-Mechanikus Auch wird eine von mir authorisirte Quittung produciren, den Betrag für die Uhr sechs Carolin, mit der ich wohl zufrieden bin.

Mehr wüßte ich nicht zu sagen, obgleich allerley um mich vorgeht, das jedoch keinen Bezug auf dich hat.

Nun lebe wohl und laß mich bald etwas hören. Und sende mir Fachinger Wasser sobald es ankommt. Rehbein quält mich daß ich es mit weißem Wein trinken soll, deswegen laß deine nächste Sendung weißem Wein gewidmet seyn.

Die übersendeten Georginen wünsche dereinst blühen zu sehen, man versichert mir, es seyen schöne Sorten. Lebe wohl! und melde mir Gutes von dir und Ottilien, die ein Platzregen glücklicherweise in Rötschau hielt, denn es würde ihr doch keinen Spaß gemacht haben, den Papa lahm zu finden. Dem Hofmarschall habe ich mein Übel verheimlicht.

Jena den 27. May 1817.[102]


28/7756.


An Johann Heinrich Meyer

Aus meinem botanischen Gartenlogis schreibe ich in den ersten Stunden, Sie zu begrüßen und zu melden, daß Hofrath Rochlitz sich auf's freundlichste über unser Heft aus dem Stegreif herausgelassen. Nachdem er sich durch Schätzung des Echten und Rechten der alten Kunst eifrig verwahrt, fährt er fort:

»Nun aber jener Mißbrauch bey der kunstbeflissenen Jugend!- Nach dem, was Sie darüber äußern, scheint es fast, es ist Ihnen noch nicht bekannt worden, bis zu welchem Grade er aufgestiegen. Ich bin darüber, und zuverlässig, von Rom, Wien, München und andern bedeutenden Orten unterrichtet. (Die Dresdner, Friedrich ausgenommen, schlendern nur mit; Hartmann und Kügelgen haben der Zeit sparsame und wohlfeile Opfer gebracht.) Was ich von dort erfahre, erregt mich zu schmerzlichem Mitleid, welch ein herrlicher, seit langen Jahren unter deutscher Malerjugend nicht so angehäufter Fonds von Geist, Kraft, Liebe, Geschicklichkeit, Fleiß und Beharrlichkeit durch solche geistige Onanie fruchtlos vergeudet wird. Daß ich nur Einiges anführe! In Rom haben sich die Altneuen von allen Andern nun völlig und rottenweis gesondert, und bezeigen diesen nicht unter sich, sondern höhnen, schmähen und verfolgen offensiv, wenigstens[103] die jungen deutschen Ankömmlinge und Studirenden, wenn sie sich nicht bekehren und lassen und, was damit in unmittelbare Beziehung gebracht wird, zum Katholicismus übergehen wollen. Cornelius und Overbeck, bessere Menschen und bessere Künstler, sind zwar nicht unter den Häuptlingen, müssen aber zuhalten. Selbst Männer, wie unser Reinhard, werden frech gehudelt, bis etwa Einer mit der Faust dreinschlägt; wozu wenigstens dieser stets schlagfertig steht. Dieß reizt nun allerdings wieder eine Opposition, und treibt wieder diese – entweder zu entgegengesetzten, gleichfalls schädlichen Extremen, oder zu unmuthigem, die Zeit verachtenden Nichtsthun, wie eben Reinharden. Die vornehmen Römer und andere wahrhaft bedeutende Nichtdeutsche aber verachten jene Jugend und ihr Wesen, laut oder geheim, und eben so um ihres katholischen Fanatismus als um ihrer Kunstabgötterei willen. – Von Wien aus habe ich eine nicht unbeträchtliche Anzahl Gemälde und eine Menge Zeichnungen von den Brüdern Schnorr (Söhne Schnorrs in Leipzig), von den Brüdern Olivier (Söhne des Dessauischen Pädagogen) und von andern jungen Männern gesehen, die mir das Herz, eben um jenes Guten und Schlimmen willen, tief bewegt haben. Und so weiter!«

Zu Bethätigung daß er immer so gedacht, auch früher solche Wünsche freilich geäußert, sendet er ein Blatt musikalischer Zeitung, aller Ehren werth. Ich habe ihn aufgerufen Theil zu nehmen, wie Sie[104] Ruckstuhlen. Da sich alles in Vereine trennt, so werden wir den unsrigen ja wohl auch sammlen.

Ein Geschwulst am linken Fuße, den ich mir durch unvorsichtige Wandelung auf feuchtem Boden zugezogen habe, ist mir im Moment beschwerlich und deutet mir auf zukünftige Hindernisse. Die ehrenwerthen Äußerungen unserer hohen Damen erregen leider nur in mir Bedauern, denn wie sollte ich mit solchen Gebrechlichkeiten der Welt nur einigermaßen angehören. Gedenken Sie mein, und schreiben Sie mir bald.

Jena den 28. May 1817.

G.


28/7757.


An Carl Friedrich Zelter

Deine lieben Briefe habe ich nach und nach erhalten, und die Empfohlnen, die mich nicht verfehlten, freundlichst aufgenommen. Keine Wirkung aber in die Ferne, auch nicht gegen die Liebsten habe gelten lassen. Zehen Wochen concentrirte ich mich auf die Vergangenheit, sie zu beleben beschäftigt. Vom dritten Rhein- und Mayn-Heft, Erinnerung der Folgetage des Rochus-Festes, sind schon drey Bogen gedruckt. Die neue Belebung von Jena hat auch für mich im Natur-Fache viel Anregendes gebracht, und ich stehe wie Hesekiel verwundert, daß das alte Knochenfeld auf einmal lebendig wird. Vor Johannis, denke ich, soll ein[105] Heft von zwölf bogen ausgehen, wo ich, in mehreren Colonnen, meine alten Garden der Naturbeherrschung werde aufmarschiren lassen. Das alles konnte ich um so ruhiger thun, als mein zweytes Heft Rhein und Mayn zu euch auf dem Wege war, das denn auch wohl einige Täglichkeiten werth ist.

Die darin erhaltenen Kriegs- und Friedenserklärungen werden unausgesetzt erfolgt werden. Ich habe nicht viel Zeit mehr aufrichtig zu seyn, wir wollen sie benutzen: der Anblick ist gar zu närrisch, wenn man von unserm Standpuncte aus deutlich schaut, was für unglaubliche Vorzüge und Vortheile das Jahrhundert hat, was für treffliche Individuen darin wirken, und wie doch alles durch einander geht, eine Wirkung die andere aufhebt, so daß mir alle Menschen, die ich einzeln spreche, vernünftig und, wie ich sie in Bezug betrachte, verrückt erscheinen. Das geht so weit, daß ich mir manchmal selbst zweyschürig vorkomme und mich erst wieder von solchem Zweifel erhole wenn ich mit Menschen spreche, die theoretisch und practisch in ihrem Fache zu Hause sind. Woran es mir auf einer Akademie wie die unsrige war und ist, niemals gebrechen kann.

Da ich nun eine schöne heitere Gartenwohnung bezogen, so soll der zweyte Theil meiner Italiänischen Reise auch an die Reihe, freilich mit dem alten Motto auch Ich in Arkadien. Dieses Italien ist ein so abgedroschnes Land, daß wenn ich mich darin nicht[106] selbst als in einem verjüngenden Spiegel sähe, so möchte ich gar nichts davon wissen.

Dieses sind meine Thätigkeiten, ob ich gleich zu Ende May in der lieblichsten Gartenwohnung unbehaglich umnebelt friere, und erst recht einen ungeheuern Ofen von 1661 in meinem mäßigen Zimmer begreife. Was waren doch unsere Vorfahren für gescheute Leute!

Möge dein Augenübel sich verbessert haben! Lei der bleiben für uns und andere nur leere Wünsche. Auch bey mir werfen sich die Übel hin und wieder, ich suche mich nach Möglichkeiten tagtäglich zu erhalten, eine herkömmliche Wirksamkeit ist immer ein schöner Genuß. Soviel für dießmal. Ehe ich mich vom Platze bewege, vernimmst du ein Wort, mein größter Wunsch ist zu bleiben wo ich bin, unterdessen sind wir nicht Herren unseres Aberglaubens und unserer Hoffnungen.

Vale.

Jena d. 29. May 1817.

G.


28/7758.


An Carl Ludwig von Knebel

Bald werde ich, da Schnürstiefeln angekommen sind, wieder einmal von meiner Höhe herabsteigen, wo es denn auch ganz lustig aussieht. Hiebey sende ich einige Blätter Gubitz, artige Sachen enthaltend. Nur ist das Schlimme, daß man hier nur die Woge[107] sieht, welche mit schwimmenden Kähnen, Balken und Planken spielt, nirgends Steuerruder, Segel und Zucht. An Verstand fehlt es nicht, auch nicht an gutem Willen. Kenntniß der wünschenswerthen Zwecke ist auch vorhanden, nirgends aber Determination zum Rechten. Menschen die Talent und Thätigkeit haben, zugleich aber verrückt sind, thun den größten Schaden.

Schöne englische Bücher hat der Großherzog mitgebracht, die meisten geistlichen Inhalts, die Missionen in Indien und den neuen Bischof in Calcutta betreffend; dergleichen sende ich dir aber nicht wieder dein heydnisches Revier. Denn die Bildungsgeschichte der trefflichsten Männer geht immer von College zu College und man weiß niemals was man daraus nehmen soll. Die Engländer sind so confus wie wir, und so wollen wir einander sämmtlich verzeihen.

Jena den 30. May 1817.

G.


28/7759.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren herzlicher, aus freier Brust geschriebener Brief, hat mir große Freude gemacht. Ich hatte freilich auf Sie gezählt, daß Sie aber so schnell, augenblicklich, unmittelbar sich äußern, dafür weiß ich Ihnen den größten Dank. Freund Meyer, dessen Um- und[108] Übersicht aus alter und neuen Zeit Sie in dem kühnen Aufsatze nicht verkennen werden, trägt mit mir diese Gesinnungen schon viele Jahre auf dem Herzen, und es schien gerade der rechte Augenblick, wo das Absurde sich selbst überbietet, wo alle echte Gleichzeitigen, besonders die Väter und Pfleger talentvoller, durch diesen Zeitwahnsinn verrückter Söhne, in Verzweiflung sind, mit historischem, billigem, das Talent würdigendem, die Abweichung scharf bezeichnendem Vortrag aufzutreten. Tausend und aber tausend Wohldenkende werden sich bestimmt schnell versammeln, der reine Menschen- und Kunstverstand wird laut werden, und wir kommen auch denen zu statten, die jetzt wider Willen dem Strom in den sie sich eingelassen haben gehorchen.

Von dem Überschwenglichen der Tollheit wie Sie es mir schildern, hatten wir freilich noch keinen Begriff, da wir aber, es entstehe daraus was wolle, immer auf diesen Fleck zu schlagen gedenken, so haben Sie die Gefälligkeit, mich von Zeit zu Zeit von dem Besondern zu unterrichten. Wir möchten, wie auch schon in dem ersten Aufsatz geschehen, das talentvolle Individuum schonen und fördern, wie Sie auch thun und gethan haben, aber auf die falschen, krankhaften und im tiefsten Grunde heuchlerischen Maximen derb und unerbittlich losgehen, und, wie Sie ganz richtig anrathen und verlangen, dasjenige immer und immer wiederholen, was wirken soll. Das nächste dritte[109] Heft wird nicht allein in diesem Fache, sondern auch in andern aufrichtig seyn.

Haben Sie die Güte mir alles anzuzeigen, was Sie von Persönlichkeiten und Individualitäten wissen, ich mache keinen Gebrauch davon, ehe ich ihnen die Redaction vorgelegt habe. Es ist eine Gewissenssache, mit der wir zusammen wirken müssen. Die Masse ist breit, aber schwach, und ich denke ihnen noch von ein paar andern Seiten in die Flanke zu fallen.

Hievon nur diese Andeutung! Wie erfreulich ist mir der reine, freie Ausdruck Ihres Briefes, auch nur als Sprachäußerung betrachtet, und zu welchen ekelhaften, befremdenden Narrheiten wollen uns die deutschen Männer zwingen! auch gegen die werden wir auftreten, und welche wackere junge Theilnehmende wir für unsere Überzeugung hoffen können, davon zeugt beyliegendes Heftchen.

Kennen Sie schon den Aufsatz, so ist es Ihnen wohl angenehm ihn zu besitzen und Freunden mitzutheilen. Man muß jetzt auch Partei machen, das Vernünftige zu erhalten, da die Unvernunft so kräftig zu Werke geht. Lassen Sie uns bedenken, daß wir dieß Jahr das Reformationsfest feiern, und daß wir unsern Luther nicht höher ehren können, als wenn wir dasjenige was wir für Recht, der Nation und dem Zeitalter ersprießlich halten, mit Ernst und Kraft, und wäre es auch mit einiger Gefahr verknüpft, öffentlich aussprechen, und wie Sie ganz richtig urgiren, öfters wiederholen.

[110] Das mir geneigt gespendete Bild gewährt mir immer viel Freude. Aus einem Kunstwerk, das wahrhaft gut ist, läßt sich viel heraussehen, und was es anregt ist immer unendlich.

Ich weiß nicht, ob ich schon gemeldet habe, daß meine Vorliebe für's sechzehnte Jahrhundert mich auch verleitet hat, eine ansehnliche Sammlung Majolika aus Nürnberg mir eigen zu machen, welche glücklich angekommen einen vergnüglichen Anblick geben, dabey aber auch aussagen, daß dergleichen subalterne Kunstwerke nur in Masse können beurtheilt werden, wo sowohl ihre Vorzüge als ihre Mängel zur Schau stehen. Finden Sie, um billige Preise, von dieser Art in Leipzig, so erzeigen Sie mir den Gefallen davon Notiz zu geben.

Die Abdrücke der Sammlung geschnittener Steine sende in diesen Tagen zurück. Zu jenem ersten Vorschlag bewog mich die Meynung es sey eine Sammlung Cameen, die zu Schmuck, Putz und Modezwecken für Kenner und Nichtkenner brauchbar sind. Mit Intaglios will man siegeln, und da möchte man interessante beliebte Personen, deren sich, besonders für die neue Denkweise, unter der Folge römischer Kaiser wohl wenige finden möchten.

Den Abdruck eines Titelblatts sende hiebey, vielleicht bald nach Johannis das Heft selbst. Meinen längern Aufenthalt in Jena benutze, da ich gerade nicht Luft zu frischem Thun empfinde, zum Wiederabdruck[111] älterer, auf Natur sich beziehenden Schriften zu, Sichtung und Redaction aufgehäufter Manuscripte. Bey dieser Gelegenheit erscheint, beinahe zum Entsetzen, wie wir von den disparatesten Gegenständen afficirt, aufgeregt, hingerissen werden können. Hierdurch nun werde ich genöthigt mancherley Stückwerke mit Lebensereignissen in Verbindung zu bringen, damit das Ganze nicht allzu verworren und seltsam aussehe. Und gerade diese Mittelglieder sind es die ich Ihrem Antheil empfehlen möchte. Lassen Sie zunächst unsere wechselseitige Unterhaltung auf das lebhafteste würken, es giebt Epochen, wo es räthlich ja unvermeidlich ist das Eisen gemeinschaftlich zu schmieden.

Mit vielem Antheil und Vergnügen höre ich, daß Sie Konnewitz wieder hergestellt, und sich und den Ihrigen einen angenehmen Aufenthalt bereitet haben. Ich mußte mehrmals meine Existenz aus ethischem Schutt und Trümmern wieder herstellen, ja tagtäglich begegnen uns Umstände, wo die Bildungskraft unserer Natur zu neuen Restaurations- und Reproductions-Geschäften aufgefordert wird, helfe der Geist nach, so lange es gehen will.

Hier also ein Abschluß weil doch einmal zu schließen ist. Baldigste Erwiederung hoffend

ergebenst

Jena den 1. Juny 1817.

Goethe.[112]


28/7760.


An Charlotte von Kalb

Sie haben mir, verehrte Freundin, durch den Beweis Ihres fortgesetzten Vertrauens viel Freude gemacht, mir aber auch zugleich Schmerzen bereitet indem ich Ihre Wünsche zu erfüllen nicht im Stande bin. Sie hörten vielleicht in der Zwischenzeit, daß ich dem weimarischen Theater und folglich überhaupt dem Theaterteufel, nebst allen seinen Werken, Worten und Wesen förmlich entsagt habe und also jede Mittheilung dieser Art ohne weiteres ablehnen muß. Gerne hätte ich jedoch theilnehmend beobachtet, wie ein sittliches Ereigniß dieser Art auf Sie gewirkt und was es in Ihrem Innern aufregt; aber was Sie befürchteten ist erfolgt, es war mir nicht möglich die Schrift zu entziffern, und das Manuscript mir in einer gewissen Folge zu verdeutlichen. Ich sende es deshalb sogleich zurück, mit der Versicherung des herzlichsten Antheils, der aber nur Qual erregt weil er unwirksam bleiben muß und sich daher nicht einmal in Worten ergehen darf.

In treuer, leider unfruchtbarer Theilnahme.

Jena den 1. Juny 1817.

Goethe.


28/7761.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Die Wirkung in die Ferne, theuerste geliebte Freunde, läßt deshalb immer nach, weil wir doch[113] eigentlich Menschen sind, die am Augenblick und vom Augenblick leben, und wenn wir uns mit entfernten Freunden von dem was uns innigst interessiert unterhalten sollen, so fühlen wir einen Zweifel, ob denn das was uns eben beschäftigt auch gerade dort greife und nicht vielleicht als ein Fremdes und Unwillkommenes auftrete?

So habe ich in allem dem, was ich sonst mit Freund Christian zu verhandeln pflegte, manches vor mich gebracht, das ich mitzutheilen zaudere, weil ich nicht unmittelbare Theilnahme und Förderniß erwarten kann: denn wie verschieden ist mein Zustand in dem für Wissen und Unterricht neu erregten und doch stillen Jena, gegen Ihr Frankfurter Leben, das an und für sich schon das bewegteste ist und nun durch das wogende Interesse von ganz Deutschland noch gewaltsamere Brandungen bildet und erlebt.

Wenn ich nun also zur Eröffnung einiger erneuten Mittheilung vermelde, daß ich, in meinen Betrachtungen zurückschreitend, ältere Papiere und deren Naturwissenschaftlichen Inhalt zu redigiren und drucken zu lassen vorhabe; so spricht sich gleich mein Zustand gegen den Ihrigen sehr deutlich aus. Möge das was ich jetzt im Druck verfasse zunächst Ihnen beiden geliebten Brüdern zu irgend einer Aufregung des Gefühls oder Gedankens Anlaß geben.

Von Kunstsachen etwas anzuschaffen habe wenig Gelegenheit gehabt. Mein Studium des sechzehnten[114] Jahrhunderts verleitete mich eine Sammlung Majolika in Nürnberg zu kaufen, diese Acquisition gereut mich nicht, denn wenn diese Fabrikarbeiten einzeln wenig Werth haben, so sind sie doch bedeutend wenn sie zusammen auf eine abklingende höhere Kunst hindeuten. Sollte sich etwas in der Art in Frankfurt finden, so bitte meiner zu gedenken.

Das zweyte Rhein- und Mayn-Heft liegt hiebey, ich wünsche demselben Ihre Theilnahme und Mitwirkung. Die weimarischen Kunstfreunde hielten es für eine Gewissenssache länger zu schweigen, vielleicht hätten sie früher sprechen sollen, denn was für schöne Talente auf diesem falschen Wege vergeudet werden, ist bejammernswürdig; von Rom hört man die seltsamsten Ausbrüche einer Parteiwuth ohne gleichen. Haben Sie mir etwas Tröstliches zu sagen, so thun Sie es ja.

Wunderbar trifft mit diesen germanischen Verirrungen der glückliche Umstand zusammen, daß die kostbarsten Reste der alten Kunst nach Europa gebracht werden. London und München werden künftig die Freistädte wahrer Kunstbildung bleiben. Über andere Dinge wo das Zeitalter auch sich vom rechten Wege zu verlieren scheint, hätte ich noch gar manches zu sagen, verspare es aber auf erfrischte Wechselwirkung, die ich zunächst am Rhein und Mayn wünschte persönlich hervorblühen zu sehen.

Nach diesen erfreulichen und höheren Dingen will[115] ich denn auch eines beschränkten Irdischen gedenken. Ich säumete zu schreiben da Sie äußerten, daß die Witwe Ochs, unter Anführung einiger günstiger Hoffnungen, um Stundung gebeten habe. Ist diese Hoffnung nicht erfüllt, hat sie ihre Obliegenheiten nicht geleistet, so bitte den Rechtsgang in seiner Strenge walten zu lassen. Möchte sich der von Ihnen genannte Rechtsfreund mit mir in Rapport setzten, so würden Sie, mein Werthester, durch diese unangenehme Sache nicht gerade persönlich behelligt. Streng zu seyn geziemt wohl dem Eigenthümer und dem Sachwalter, die Mittelsperson hat immer eine peinliche Lage.

Viele Empfehlungen den theuren Ihrigen!

anhänglichst

Jena d. 1. Juni 1817.

Goethe.


28/7762.


An den Großherzog Carl August?

[Concept.]

[Jena, 1. Juni 1817.]

Beygehende Kapsel wird da eröffnet, wo das Wort Oben steht, alsdann findet sich darin eine Rolle, diese wird, wie auch darauf bezeichnet ist, da wo das Wort Oben steht und wo sie verklebt ist, nicht eröffnet, sondern unten wo nicht zugeklebt ist, nicht eröffnet, sondern unten wo nicht zugeklebt ist, und die darin befindliche Pflanze, ein Equisetum (die Species ist noch auszumitteln) sachte wie ein militarischer Federbusch[116] herausgezogen, und die Pflanze in Wasser an einen kühlen Ort gestellt. Sie kommt zwar in diesen Gegenden, aber nicht leicht so schön vor. Ihre Eigenschaft und Naturgeschichte soll nächstens folgen.


28/7763.


An Ferdinand Gotthelf Hand

[Concept.]

[Jena, 1. Juni 1817.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche Überbringern dieses einige Aufmerksamkeit zu gönnen. Er heißt Eichmann, ist bey'm Rechnungswesen angestellt, hat aber die unüberwindlichste Lust zu studiren, müßte noch auf der Schule eine gute Zeit verweilen, ehe er auf die Akademie zieht. Zu beiden hat er keine Mittel. Wie schwer es fällt, Unterstützung aufzufinden, ist bekannt. Indessen dauert mich dieses jungen Menschen unüberwindliches Streben, das doch vielleicht nicht einmal auf ein wahres Talent hindeutet. Gönnen Sie ihm ein Colloquium und sagen mir gelegentlich Ihre Gedanken. Verzeihung dieses zutraulichen Wunsches.


28/7764.


An Friedrich Theodor Kräuter

[Jena, 3. Juni 1817.]

Nachstehendes wünsche:

1) Das Nagelscheerchen und auch das andere kleine, beide werden auf meinem Schreibtisch zu finden seyn.

[117] 2) Doctor Reads Octavband über die Farben.

3) Zwey andere Englische Octavbände über Färberey, der Name des Verfassers ist mir nicht erinnerlich.

4) Daß Schwerdgeburth die Platte aufsticht, kann mir angenehm seyn.

5) Will Schwerdgeburth seine Majolika um ein Billiges lassen, so vermehre ich gern meine Sammlung.

6) Sechs Stangen Siegellack.


28/7765.


An Christian Gottlob Voigt

Von dem düstern Hauptwach-Schloßplätzchen in die freiere Atmosphäre des botanischen Gartens ziehend, hoffte sogleich Ew. Excellenz von meinen Zuständen Nachricht zu geben und mit dem verbindlichsten Danke manches zu verkünden. Da fand sich nun ein Geschwulst am linken Fuß ein, von welchem die Ärzte sagen, ich habe Gott zu danken daß es nicht der rechte sey. Da blieb mir nun nichts übrig als mich zu gedulden. Indessen hat ein von Serenissimo höchstselbst verordneter Schnürstrumpf Wunder gethan, und wenn sich das Übel so fort und fort vermindert, so werde ich's gar bald los; möchte sich in eben dem Maaße Ew. Excellenz Befinden wiederherstellend vervollkommen, so würden wir ein so freundliches als fröhliches baldiges Begegnen erleben.

Den aufrichtigen Dank habe zu sagen für die[118] Beförderung jener ehrenhaften Beynamen, es hilft mir persönlich, und also gewiß auch unsern gemeinsamen Geschäften, über manches hinaus; so viel kann ich im Ganzen versichern daß die hiesigen uns untergebenen Anstalten sämmtlich Prüfung nicht fürchten. Sie sind noch von der alten Zeit, wo man durch Sorgfalt, Kenntniß und Ausdauer mehr leistete, als auf andern Wegen geschehen kann.

Ich habe mich verführen lassen meine alten naturwissenschaftlichen Papiere zu sichten und das allenfalls Brauchbare drucken zu lassen, es mag seyn! die neusten Ansichten widersprechen meinen ältesten nicht; wenn man auch schnell und viel weiter gegangen ist als ich wagte, so mögen diese Hefte zum Zeugniß dienen, was früher im Sinne trug.

Derjenige, an dem ein neues Gesetz zum erstenmal ausgeübt wird, ist immer überrascht und hat Ursache sich zu beklagen. Das Gefühl unserer Freunde theile ich redlich, es ist aber immer sehr schmerzhaft, wenn man nur der Zeit die Heilung eines ethischen Unfalls anempfehlen muß.

Wie wird es nun gar mit unserm neuen Criminalgesetz gehen? wie werden sich die Menschen verwundern, wenn die Gebrechen, in denen und zu denen sie erzogen sind, auf einmal zu Verbrechen werden!

Die Akademie im Ganzen wird sich gewiß an Frequenz und Thätigkeit der Lehrer wie der Schüler[119] heben, alles andere sind Zwischenfälle, die man wie andere Unfälle erdulden muß.

Daß die deutschen Studirenden eine einzige Burschenschaft errichten, ist der Zeit ganz gemäß, und der allerliebste Zeitgeist präsidirt auch hier. Recht wunderbar! daß in dem Momente wo man die Innungen aufhebt, neue Innungen sich bilden, und es kommt jetzt blos auf einen einzigen kühnen Meister Maurer, Zimmermann, Becker und Fleischer an, so entstehen Corporationen, denen das neuste deutsche Reich nichts zu befehlen hat, und vor denen der Bundestag sich entsetzten müßte. Verzeihen Ew. Excellenz diese einsiedlerischen Äuserungen, eben als wenn sie mündlich geschehen wären, dergleichen Sie mir in unsern glücklichsten Zeiten manche nachgesehen haben.

Wünsche bleiben mir wenig zu thun, da mir mehr als ich verdiente geworden ist, aber ich habe die recht angelegentliche Hoffnung, daß wir, die wir auf dem Kahne des Lebens so lange zusammen fuhren und schwankten, auch in Charons Nachen unzertrennt hinüberziehen möchten!

Jena d. 5. Juny 1817.

G.


28/7766.


An August von Goethe

[Concept.]

Da du dergleichen Worte zu schätzen weißt, so melde ich dir daß die moralische Weltordnung[120] nach an mir verübten unverantwortlichen Systolen mich auf einmal, erhoffter aber nicht erwarteter Weise, begünstigt hat, dadurch daß sie mich die Auflösung des Räthsels der entoptischen Farben, die mich so lange Zeit beschäftigt, seit zehn Wochen aber beunruhigt und geäfft haben, endlich finden ließ, und zwar auf die seltsame Weise, so daß in den letzten Augenblicken noch immer etwas Zweifelhaftes übrig blieb. Ich hielt aber nicht einen Aal bey'm Schwanze, sondern einen Drachen am Kragen, und würgte ihn so lange, bis er sich ergeben mußte. Nun ist die Auflösung des Räthsels so unendlich einfach, daß man sich selbst absurd findet, es nicht gleich erraten zu haben. Man tröstet sich daß es eben in diesen irdischen Dingen immer dasselbe bleibt.

Alles was hier von uns abhängt, steht gut, schön und ordentlich, es hat sich Dauer zu versprechen; wenn das Element worauf wir wirken breiter wird, mag sich zeigen was wir angelegt und für was wir ge sorgt haben.

Mir ist mein hiesiger Aufenthalt ganz unschätzbar, und meine Beschäftigung recht unterhaltend, der Setzer rückt mir auf die Stube, das hätte vor Jahren geschehen sollen, so wären wir weiter. Nun geht es aber rasch, denn ich habe zwey Lichter jedes an zwey Enden angezündet. Leuchtet's nicht, so tröpfelt's doch.

Da du die Aushängebogen die ich dir wohl schicken könnte, schwerlich lesen würdest, so schicke ich[121] dir ein brauchbares weißes Blättchen, welches du vielleicht bequemlich beherzigen würdest, wenn deine Gelegenheit nicht gar zu unbequem zu seyn Gewohnheit hätte.

Der Brief den ich dir hier schicke, nebst Quittung, sey dir anempfohlen, daß du's freundlich abthust. Das Verhältniß war nicht rein, wie ich längst fühlte, danke Gott daß du es los wirst, und laß dich das Einfalle-Bier nicht verdrießen.

Mit deinem neuen Zustande hältst du dich umsichtig, das braucht Polonius nicht zu sagen. Ich thue das meinige um für die nächste Zeit nicht ungeschickt zu handeln.

Der Welt entläuft man übrigens nicht. Malkolmi ist hier, sehr zufrieden für den leidlichen Preis eine angenehme Wohnung zu haben. Haide und Graff, die ihn hierher begleiten, waren bey mir, beinahe kann ich sagen, so etwas Sonderbares habe ich nicht erlebt, denn ich sahe erst ohne mich zu rühmen die Riesenkräfte in Bramanischer Duldungs-Beharrlichkeit, die durch beynahe dreyßig Jahre nöthig waren um aus nichts Etwas zu machen. Und das Etwas war, bey allen seinen späteren Mängeln, doch so hübsch, daß ich mich ungern von ihm abwendete und nur mit Bedauern ausrief

Rentre dans le neant dont je t'ai fait sortir.

Haides Vortrag und Erzählung, obgleich vorsichtig und klug genug, hat mich in den Pfuhl des Verderbens[122] hinein sehen lassen, in welchem zunächst alle verzweifeln werden. Wir haben das Getränk zuletzt wenigstens in der Essiggährung erhalten, nun aber tritt die Fäulniß mit Macht ein, deren Eilfertigkeit man kennt.

[Jena] 5. Juni 1817.


28/7767.


An Johann Heinrich Meyer

Zuvörderst muß ich Ihnen, mein Theuerster, mit einigem Triumph die Nachricht geben, daß ich, für mancherley Leiden und Gebrechen, genugsam entschädigt worden, daß ich die Grundphänome der entoptischen Farben endlich entdeckt, nachdem sie mich auf meinem, wie ich wohl wußte, recht eingeschlagenen Wege zehen Wochen lästerlich geäfft hatten. Weil man immer nur durch ein Gegebenes zu solchen Dingen herankommt, so schleppt man auf eine unbehülfliche Weise die alten Schalen und Häute mit, da ein guter Erfolg blos darauf ankommt, daß man sie abwirft.

Zelter hat auch schon geschrieben, ganz entschieden gegen die Nazarener. Wir wollen aufmerken, wieweit ein jeder herausgeht, der sich zu unserer Partei schlägt, es sind gewiß Legion, aber kleine Reservationen für Freunde und Sippen werden immer vorkommen, wogegen wir nachsichtig zu seyn alle Ursache haben, die Hauptwirkung wird groß und tüchtig bleiben: denn alle Welt ist dieser Kinder-Päpsteley satt, rein wollen[123] wir uns erhalten, und es hängt von uns ab, immer derber heraus zu gehen. Denken Sie der Sache nach, wie ich auch thue. Vom dritten Rhein- und Mayn-Heft sind schon zwey bis drey Bogen gedruckt. Ruckstuhl ist eingeführt, ich habe mancherley, und, wenn Sie einstimmen, können wir die letzten Bogen zur Höllenmaschine laden.

Welker, der verwelkte Böttcher, wird schlecht weg kommen, er hat in seiner Sappho eine Eseley gegen mich ausgehen lassen, die ihm soll theuer zu stehn kommen, wenn ich den Humor behalte. Denken Sie auch nach was alles wir zunächst thun sollen, um die Herzensergießung der weimarischen Kunstfreunde recht im vollen Maaße hervorströmen zu lassen. Es muß nun Schlag auf Schlag gehen, ich zünde auch im naturwissenschaftlichen Fache das Kriegesfeuer an allen Orten und Enden an.

Die allerliebste Hoheit sagte mir neulich daß sie auch dieses Jahr wünschte etwas für unsere Anstalt zu thun. Da wir immer bedürftig sind, verhältnißmäßig zu unsern Zwecken, so lege den Titel eines Buches bey, das wir schon lange gern besäßen, das uns zur vergleichenden Anatomie unentbehrlich ist, aber wegen der Theurung und sonstigen literarischen und ökonomischen Wunderlichkeiten nicht anzuschaffen war. Erhalten wir dieses Werk aus so verehrter Hand, so ziehen wir daraus den erwünschten Nutzen, lassen die Verkleinerer schwatzen was sie wollen.

[124] Knebel der noch immer, nach alter herkömmlicher Weise, in's Blaue hinein Künstler beschützen möchte ohne sie bilden zu können, nimmt sich eines genannten Voigt an, ich hörte auch, wenn ich nicht irre, Guts von ihm durch Sie, und er hat das entschiedenste Vertrauen zu Ihnen behalten. Das ist nun gerade nicht abzulehnen, weil man aber, in diesen seit Lustren wohlbekannten Constitutionen und Propagationen nur am Ende selbst compromittirt wird, so wollte ich Sie nun hievon avertiren, daß, wenn der junge Mensch einmal nach Weimar gelaufen kommt, Sie doch wenigstens einige Notiz von dem Zustand haben.

Durch ganz eigentlichen Zufall bin ich im botanischen Garten wohnhaft. Es kann seyn daß ich mich in dem Bischoffischen Quartier mit den entoptischen Farben und andern hypochondrischen Räthseln noch länger gequält hätte; hier tritt manches Freundliche hervor. Der fürstlichen Kinder Zustand und Unterricht verfolge gewissenhaft in der Stille. Was nach ein paar Monaten zur Evidenz kommen kann wird gewiß erfreulich seyn, mir wenigstens, da sich ergeben wird daß etwas geschah was auf die Folge nützlich und wirksam ist.

Nun leben Sie recht wohl, ich sehe Sie in diesen Tagen.

Jena den 7. Juny 1817.

G.[125]


28/7768.


An August von Goethe

[Concept.]

Wenn wir andern Schriftstellern unsere Handschriften nicht reinlicher in die Druckerey schickten, als ihr junge Leute wichtige Dokumente einreicht, so würden Setzer, Corrector und Revisor wunderliche Gesichter schneiden, und Druckfehler auf Druckfehler sich häufen.

Deshalb habe ich das Concept abermals in's Concept schreiben lassen, ein paar Noten mit Bleistift hinzugefügt. Da es denn Montag abgeschrieben vorgelegt werden kann. Richte dich ein, daß ich allenfalls Mittagsessen fände, damit mir frey stehe früher oder später zu kommen. Sonst wüßte ich nichts, obgleich manches Interessantes vorgekommen ist. Lebe wohl und grüße Ottilien.

Jena den 13. Juny 1817.


28/7769.


An Heinrich Günther von Witzleben

Hochwohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Hochwohlgeboren danke verbindlichst für die Gelegenheit die Sie mir geben Ihnen eine kleine Gefälligkeit zu erweisen. Der bey Dornburg entdeckte Cölestin hat sich freilich etwas rar gemacht[126] und zwar deshalb weil man im Anfange aus allzugroßer Freude über diese Findung nicht haushältlich damit umging und zu spät bemerkte daß, so viel auch noch in der Flötzlage verborgen seyn möchte, man doch keinen Bergbau darauf treiben könne, sondern mit dem zufrieden seyn müsse, was bey Anlegung des neuen Weges gewonnen ward.

Indessen ist es mir sehr angenehm aus dem heimlichen Vorrath, für welchen denn doch gesorgt war, ein paar Stücke zu finden, an denen die Art und Eigenschaft dieses Gesteins gar wohl zu erkennen ist. Möge Ew. Hochwohlgeboren Zufriedenheit dadurch erzweckt werden. Beyliegendes kleine Stück zeugt besser von der Farbe, die dem Stein den Namen gegeben, so wie auch von der möglichsten Politur.

In welches Bad die Ärzte mich dieses Jahr zu schicken geneigt sind, ist mir noch nicht ganz klar. Ich habe mehrere Lockungen nach den Rhein und Mayn, weshalb ich denn noch in einiger Unentschiedenheit schwebe. Mögen Ew. Hochwohlgeboren Beykommendes freundlich aufnehmen, wozu ich bey meinem dortigen früheren Aufenthalt veranlaßt wurde.

Die besten Wünsche zur nächsten Cur in einer Jahreszeit, die sich besser anläßt als die vorjährige, mit Bitte meiner geneigt zu gedenken

gehorsamst

Weimar, den 16. Juny 1817.

J. W. v. Goethe.[127]


28/7770.


An Sulpiz Boisserée

Aus dem Datum des beyliegenden Gedichtes sehen Sie, mein Werthester, daß gestern in meinem Hause ein großes Fest war das sich nicht leicht wiederholt. Die jungen Leute sind das eigenste Paar das es vielleicht giebt und scheinen wirklich für einander prädestinirt. Es ist mir nicht bang um sie.

Zugleich auch hab ich gestern bey unserer verehrten Großherzogin Abschied genommen: sie hat mir ausdrücklich aufgetragen Sie zu grüßen und hofft Ihre herrlichen Sachen zu guter Stunde bewundern zu können. Sie wird vorerst nur durchreisen ohne sich aufzuhalten, und Sie könnten bey dieser Gelegenheit diese vortreffliche Dame begrüßen. Bey ihrer Rückreise von Baden will sie einen Tag in Heidelberg bleiben. Vielleicht gehen Sie selbst in jene Gegend, um deren Anblick und Genuß ich Sie beneide.

Alle Stimmen schicken mich nach Carlsbad, Ärzte und Nichtärzte. Freilich ist es wahr daß früher dieses Wasser mir sehr vielen Vortheil gebracht hat, doch gehe ich erst Ende July, wenn die Gastfluth sich verlaufen hat oder verläuft. Ich kann also immer noch einige Zeilen von Ihnen erwarten.

Mein Heft zur Naturwissenschaft ist fertig, es muß nur trocknen und dem Buchbinder eingehändigt werden.[128] Ich habe noch zu guter letzt großes Glück gehabt, indem ich das wahre letzte Verhältniß eines Phänomens erst entdeckte, da eine zwar nicht falsche aber doch untergeordnete Ansicht schon abgedruckt war, und ich glaube ich wäre nicht auf's Rechte gekommen, wäre ich nicht im Begriff gewesen das Halbwahre zu stempeln.

Es ist das erste Mal daß ich mich von dem Setzer hetzen lasse und recht merkwürdig wie man sich zusammen nehmen kann wenn man muß. Ich habe in meinem Leben viel zu viel gedämmert und suche jetzt meine alten Papiere durch, wo ich manches Gute finde, einzeln von Bedeutung, aber nichts ausgeführt. Überall sieht man Drang zur Sache und Zerstreuung in's Leben.

Am zweyten Theil der Italiänischen Reise wird auch gedruckt und so zünden wir mehr als ein Licht an beiden Enden an: Leuchtet's nicht so tröpfelt's doch. – Ich gehe heute Abend wieder nach Jena und hoffe noch drey bis vier Wochen fleißig zu seyn.

Leben Sie wohl! Sie hören bald wieder von mir. Grüßen Sie Hausgenossen, Nachbarn und Freunde zum allerschönsten.

wie immer

Weimar den 18. Juny 1817.

G.[129]


28/7771.


An Johann Gottfried Schadow

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren wieder einmal zu schreiben werde durch den Wunsch veranlaßt zu vernehmen wie weit Ihr wichtiges Geschäft vorwärts gegangen? In meinem zweyten Hefte Kunst und Alterthum ging mir der Platz aus, den kleinen schon gefertigten Aufsatz zu inseriren, deshalb ich in dem dritten gern von den weitern Fortschritten sprechen möchte.

Meine dankbare Sendung von 5 1/2 Louisd'or, unter'm 13. März abgeschickt, wird hoffentlich glücklich angekommen seyn. Das Bildniß findet immer bey Freunden vielen Beyfall.

Ich empfehle mich Ihrem freundlichen Andenken und Antheil.

Weimar d. 18. Juny 1817.


28/7772.


An Gabriel Ulmann

[Concept.]

Herr Banquier Ulmann wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn Carl Steiner, vorzüglichen Mahler in Winterthur, den Betrag von zwölf Ducaten auszahlen zu lassen und der Erstattung dieser Summe alsobald gewärtig zu seyn.

Weimar d. 18. Juny 1817.[130]


28/7773.


An Ottilie von Goethe

Mit einem schönen guten Abend empfehle Beyliegendes zu geneigter Bestellung:

Den Brief an Eberweins, die ich denn noch wohl um der Vorsprecherin willen in die Fremde empfehlen muß.

Das Büchlein der Mama mit den schönsten Grüßen. Es liegen noch allerley Haroldskinder, Chillonsgefangene und Träume im Hintergrund

liebend und hoffend

Weimar d. 18. Juny 1817.

G.


28/7774.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

gedachte Beykommendes heute früh selbst zu überreichen, vernehmend aber Ihre wahrscheinliche Abwesenheit in den Mittagsstunden übersende solches mit den besten Grüßen und Wünschen.

Ihr und der verehrten Ihrigen Antheil an meinem gestrigen längst vorbereiteten Familienfeste hat mich an diesem guten Tag begleitet. Diese Verbindung ist mit so viel Mäßigung begonnen, daß man ihr wohl einen ruhigen Vorschritt von den guten Geistern hoffen und erbitten darf.

[131] Als einen Gegensatz von Verwirrung lege zu dem kleinen heitern Gedicht die zauberhaften Seltsamkeiten bey. Jedes Jahrhundert hat seine Fratze und wenn wir unsere Preßfreyheits-Gespenster in Chiffern brächten, so würden sie vielleicht nicht klüger aussehen als wie diese Zeichen. Haben Sie die Gnade dieses Werk nach genugsamer Beschauung auf die Bibliothek zu geben, wo Vulpius wohl überlegen wird, inwiefern das Publikum damit unterhalten werden könne.

Auch verfehle nicht anzuzeigen, daß ich von des Fürsten Metternich Durchlaucht des Herrn von Hammers Erklärung unserer alten Steinschrift begleitet mit dem eigenhändigen Schreiben Ihrer Durchlaucht erhalten habe. Die Auflösung ist höchst merkwürdig und ebenso wahrscheinlich.

Mich zu Gunst und Hulden empfehlend

gehorsamst

Weimar d. 18. Juny 1817.

Goethe.


28/7775.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren ersuche um gefällige Aufmerksamkeit auf einige den Hofbildhauer Kaufmann betreffenden Puncte. Dieser Mann ward eigentlich wegen des beschlossenen neuen[132] Baues nach Weimar berufen, man gab ihm die mäßige Besoldung von 200 rh., versprach ihm aber für 400 rh. Arbeit im Laufe des Jahrs. Nun ist zwar der Bau suspendirt worden, der Künstler wird aber doch auf mancherley Weise beschäftigt, wie ihm denn ein Basrelief bey Erneuerung des Büffetzimmers aufgetragen worden. Auch hat er die Büste Serenissimi bossirt. Nun kann aber der Mann mit 50 rh. seine vierteljährlichen Ausgaben nicht bestreiten, auch nicht wohl bis zu völliger Fertigung und Ablieferung der Arbeit sich gedulden und wünscht daher, in Verhältniß wie seine Arbeit vorrückt, einige abschlägige Zahlung, die ihm wohl nicht zu verschlagen seyn möchte. Ew. Wohlgeboren ersuche daher diese Angelegenheit in Betracht zu ziehen und für diesen Mann zu sorgen, da Großherzogliche Ober-Aufsicht alles was ihr oblag und noch mehr gethan.

Ferner lege einen kleinen Betrag für Carrarischen Marmor bey, welchen Kaufmann angeschafft hat und der noch unterwegs ist. Da die daraus zu fertigende Büste Serenissimi eine längst gewünschte Hauptzierde des Schlosses werden soll, so wäre dieser Marmor auch wohl aus der Schloßbau-Casse zu bezahlen weshalb ich Ew. Wohlgeb. um gefällige Beachtung und Verfügung ersuche.

Weimar d. 19. Juny 1817.[133]


28/7776.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey ein Stückchen Holz, welches man mir als das echte Lignum nephriticum ankündigt, das mir noch nie zu Handen gekommen. Mögen Ew. Wohlgeboren dasselbe in Späne schneiden und mit destillirtem Wasser übergießen, damit wir erfahren, ob sich doch wirklich ein trüber Liquor erzeugt, welcher denn, wie ganz natürlich, die bekannten Eigenschaften der Trübe haben müßte, von dunklem Grund blauroth und blau, von hellem gelbroth und gelb zu werden. Hiebey würde vortheilhaft seyn, wenn man bey Gewinnung dieses zarten Liquors das Violet darstellen könnte, welches nicht leicht geschehen kann, weil der erste zarteste Grad von Trübung hiezu erfordert wird.

Haben Sie die Gefälligkeit, von den Resultaten Nachricht zu geben.

Jena den 19. Juny 1817.

G.


28/7777.


An Johann Heinrich Menken

[Concept.]

Die mir übersendeten Zeichnungen schicke nach Verlangen baldmöglichst zurück und füge wenige Bemerkungen hinzu, welche jedoch dem einsichtigen Künstler hinreichen werden. Gern hätte ich mich[134] über die Verdienste der genannten Vorgänger umständlicher geäußert, doch dazu wollte meine jetzt sehr beschränkte Zeit nicht auslangen. Doch kann ich vielleicht nächstens diesen mir sehr interessanten Gegenstand wieder vornehmen.

Senden Sie mir doch auch gelegentlich etwas von den Bemühungen Ihres Sohnes und geben mir Nachricht von den Fortschritten Ihrer Arbeit.

Das Trauerspiel Bertram betreffend, so ist schon schwerer darüber zu sprechen. Die Würdigung des Gehaltes, die Untersuchung inwiefern es übersetzbar sey verlangt Nachdenken und, wenn man sich darüber unterhalten will, genauen Ausdruck. Vielleicht kann ich bald Herrn Iken darüber meine Gedanken eröffnen. Betrachtungen dieser Art greifen freylich nach allen Seiten und sind schwer zusammen zu fassen.

Jena d. 19. Juny 1817.


28/7778.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Zurückkommender Brief, der in jeder Zeile absurd ist, bliebe füglich unbeantwortet; wollten aber doch Ew. Wohlgeboren aus irgend einer Rücksicht etwas zu vernehmen geben, so wäre darauf zu sagen, »daß man zu Jena von einem Bacchus in geschlagenem Eisen nichts wisse noch wissen könne, weil man sich hier nur mit Literatur abgäbe, keineswegs aber eine[135] Sammlung von Alterthümern und Curiositäten solcher Art hier zu finden sey.« Ich wüßte auch nicht die geringste Hypothese dieses Räthsel zu lösen.

Jena den 20. Juny 1817.

G.


28/7779.


An August von Goethe

Jena d. 20. Juny 1817.

1) Beykommende Rolle und Brief werden schnell auf die Post gegeben.

2) Wünsche den 6. Jahrgang von Leonhard's Mineralogischem Taschenbuch.

3) Noch eine Partie Briefpapier, das aber in eine Pappe oder sonstige Tectur zu legen wäre, damit es nicht zerknillt werde.

4) Canzler von Müller wäre als Verfasser des Hochzeitsgedichts zu grüßen.

5) Kirms und Genast waren zu gratuliren gekommen, auch diesen wäre etwas Freundliches zu erzeigen.

6) Kupferstecher Müller wäre zu ermahnen daß er mir einige hundert Abdrücke der letzten Kupferplatte herüberschicke.

7) Freund Rehbein zu grüßen und um baldige Nachricht zu bitten wann ungefähr Garten-Inspector Sckell nach Carlsbad gehe?

Jena d. 20. Juny 1817.

G.[136]

NB. Herr Genast wird 32 fl. Rhein. die ich an Häsern in Stuttgart auszahlen lassen wieder erstatten, welche für meine besondere Rechnung in Einnahme zu nehmen wären.


28/7780.


An Ottilie von Goethe

Da ich vermuthen darf daß meine Tochter etwas mehr Wirkung in die Ferne ausüben wird als mein lieber Sohn, ferner, daß gewisse Ausrichtungen ihrer stillen Häuslichkeit mehr anzuvertrauen sind als dem hochgeschäftigen Staatsdiener; so sende beyliegendes Blättchen, worauf sich verschiedene Wünsche verzeichnet finden.

Sodann möchte ich eine Skizze der Begebenheiten und Abenteuer des 18. und 19. dieses gar angenehm seyn, wenn sie, von Dame Ottiliens Feder, zu dem einsamen obgleich von der Sonne schön besuchten Garten gelangte.

Wogegen kürzlich erzähle, daß ich bey meiner Ankunft, Abends, den Schönebunds-Tag, mit einem Freunde, bey anbrechender Nacht, vom Paradies zur Schneidermühle hinübersetzte, das auf der Landveste, in der langen schönen Linden-Allee, aufgetischte und erleuchte Commerce erst aus der Ferne beschaute, sowie dem Gesang zuhörte, sodann aber, über die Brücke zurückkehrend, diese jugendlich-patriotischen Freuden in der Nähe unmittelbar mitgenoß.

[137] Der 19. war ganz dem Setzer und Buchdrucker gewidmet, deshalb nicht viel davon zu melden ist, so wie vom 20. welcher ebenfalls in der Stille zugebracht wurde, damit Welt und Nachwelt desto größern Lärm davon habe.

Und so lebt denn wohl für dießmal und laßt mich erfahren daß und wie ihr lebt.

An Bertram wird fort übersetzt, es geht aber sehr langsam, denn, wie man sich auch stelle, wird man entweder übertrieben oder flach. Indessen läßt sich nicht leugnen daß das Original sich in einer löblichen genießbaren Mitte hält, und daß eine poetische Ader durch die ganze Fratze durchgeht.

Von Peter Pindar schickt ich auch wohl ein Bändchen, hoffe aber wenig Beyfall, der Kerl ist aber jetzt über 70 Jahr alt und gehört nicht allein einem andern Land sondern auch einer andern Zeit an.

Jena d. 20. 1817.

G.


28/7781.


An Ottilie von Goethe

Für gute Nachrichten und sorgfältige Bestellung danke zum schönsten und lade euch dagegen auf nächsten Donnerstag hieher. Ihr steiget bey mir ab, machtet in meinem Wagen Visiten. Um ein Uhr fänden wir uns im Bären zusammen. Wolltet ihr[138] eine Nacht hierbleiben so besuchten wir Ziegesars in Drakendorf, das soll von euch und den Umständen abhängen. Ich schreibe dieß bey Zeiten, weil ich euern Entschluß gern vor Mittwoch erführe.

Und somit lebet wohl und fahrt fort zu leben und zu lieben.

Jena d. 22. Juny 1817.

G.


28/7782.


An Ottilie von Goethe

Jena d. 23. Juny 1817.

So eben findet sich ein Lachs ein, zum Vortheil der Wissenschaft und der Küche. Um 6 Uhr war er gefangen, um 8 unter den Händen des Prosectors und um 9 geht ein derbes Stück an euch ab, welches mit Freunden wohl zu verzehren wünsche.

Das wundersame Geschöpf war mit großer Sorgfalt ausgewaidet und gereichte zum schönen Verständniß. Und so lebet wohl!

G.


28/7783.


An Christian Georg Carl Vogel

[Concept.]

Dießmal habe nur einige Anfragen welche nach London zu befördern und Herrn Hüttner meinen lebhaftesten Dank für bisherige Förderung abzustatten bitte.


Elginische Marmore.

[139] In dem englischen Werke, das unter diesem Titel uns zugekommen, sind nur zwey Statuen der neuerworbenen abgebildet, ein sogenannter Herkules und Ilyssus, sodann noch ein Pferdekopf, dazu sind gefügt früher schon herausgegebene Platten der Basreliefs der inneren Zelle.

Nun höre ich von reifenden Engländern, daß, wie freylich schon zu vermuthen war, man die Absicht habe sämmtliche Marmore zeichnen und zunächst in Kupfer stechen zu lassen. Ein solches Werk würde freylich alle Kunstfreunde höchlich interessieren, da die neun ersten Platten obgenannten Werkes uns einen allgemeinen Begriff geben von dem was 1683 noch vorhanden war und nicht von dem einen bestimmten was übrig geblieben ist. Es entstünde daher eine doppelte Frage,

1) inwiefern die Abzeichnung der Marmore wirklich im Gange ist und wann man etwa hoffen könnte eine Herausgabe und wäre es auch nur theilweise zu erleben?

2) Da solches sich wahrscheinlicherweise verziehen könnte, ob und für welchen Preis man Zeichnungen erhalten könnte, von drey oder vier dieser Überreste welche uns gegenwärtig zu artistischen und literarischen Zwecken am meisten interessieren und in welcher Zeit sie etwa zu erlangen wären. Man würde alsdann sogleich diejenigen Figuren bezeichnenderen Abbildung man wünscht.


Geologischer Gegenstand.

[140] Man wünscht eine unterrichtende Folge von der englischen Zinnformation. Es ist hier nicht um kostbare und außerordentliche Zinnstufen zu thun, obgleich unter den instructiven Stücken auch wohl schöne würden angenehm seyn. Hauptsächlich wär man aber darauf gestellt die nächste Gang- und Gebirgsart, ja die entferntere, zu besitzen. Denn da das Zinn in Wallis wie überall in einem nur scheinbaren Granit vorkommt so wünsche man von dem entferntern echten Urgebirg, und wenn es mehrere Stunden weit davon läge, Musterstücke zu besitzen. Man wagt nicht deshalb eine Bestellung zu machen, weil die Bemühung dergleichen zu sammeln und der völlige Mangel von Schätzung als Geldeswerth dergleichen Aufträge unsicher macht. Könnte man aber nur einigermaßen erfahren: ob und um welchen Preis eine solche Sammlung irgendwo zu erhalten sey, so würde sich schon das Nähere bestimmen lassen.

Jena d. 23. Juny 1817.


28/7784.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

endlich einmal in Jena zu wissen war mir sehr erfreulich, weil mir, ohngeachtet Zeit und Umstände mich hinderten Sie selbst zu begrüßen, doch nunmehr[141] die Hoffnung blieb, daß, zu Wiederholung einer solchen Fahrt, der Entschluß eher könne gefaßt werden.

Unserer wissenschaftlichen Angelegenheiten machen sich sehr schön; Serenissimus zeigen, auch abwesend, viel Antheil und senden so kostbare als instructive Gegenstände und Bücher. Möchten Ew. Excellenz sich einmal die Zeit nehmen, an Ort und Stelle Altes und Neues zu beschauen.

Die Erklärung der Steinschrift sende ehstens mit meinen frühern Vorarbeiten die ich aber aus Ungeduld fahren ließ und glücklicherweise die Sache in die besten Hände brachte. Nur werde ich bitten vor der Hand die Papiere als Geheimniß bey sich zu behalten. Vulpius ist gut und brav, aber seine Thätigkeit an zwey Journalen läßt ihn die Dinge manchmal übereilen. Da Fürst Metternich einen so freundlich Antheil genommen, so wird die Sache ernsthaft und ich wünschte eine ordentliche Herausgabe, wobey man den Wiener Freunden und Gönnern etwas Unangenehmes erzeigen könnte. Vielleicht giebt das Pipinische Document einigen Aufschluß und dann wäre es gar hübsch beides zu einer Dissertation zu verbinden.

Ew. Excellenz Beyfall zur magischen Acquisition macht mich sehr glücklich. Es ist wirklich ein ganz eigen Sachsen-Weimarisches Monument von der wunderlichsten Art. Der Bibliothekar wird schon deshalb Recherchen machen.

[142] In der famosen Preßangelegenheit geschieht freylich spät was gleich hätte geschehen sollen. Wie man den Muth hatte die Isis gleich auf die Ankündigung zu verbieten, so war man in integrum hergestellt und man konnte dem närrischen Volke, das doch einmal schwatzen und gellen will, hinterdrein alle Freyheit erlauben wenn sie auf den Exceß Verzicht gethan hatten.

Doch was haben wir nicht beide darüber gesagt und geschrieben! Ja ich muß aufrichtig bekennen daß ich unsern guten Fürsten bedaure dem diese Angelegenheit manche trübe Stunde gemacht hat und der in die freie Welt gehen mußte, um sie nach seinem Gefühl entscheiden zu können.

Wegen Luthers Fest will ich mir's gesagt seyn lassen und Ew. Excellenz Wünsche sollen mich über die Bedenklichkeiten stärken, die sich alsobald regen, wenn man mit denen akademischen Herrn zu thun hat. Wegen Erfindung der Medaille will mit Meyern conferiren und zunächst Bericht erstatten.

Gute Nachricht von Ihrem Herrn Sohn theilen Sie mir ja wohl baldigst mit.

von alters her und immer von neuem angeeignet

Jena d. 23. Juny 1817.

Goethe.[143]


28/7785.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, mein theurer Freund, was ich über Fabeln gefabelt. Daß es viel mehr Ausführung und Bestimmtheit bedürfte wird Ihnen nicht entgehen. Mögen Sie indessen etwas über das Potterische Bild hinzufügen, so ist der Grund gelegt auf dem wir weiter fortfahren können. So ein Aufsatz, wenn er ein halb Jahr liegt, giebt zu reiferer Behandlung alsdenn gar schnellen Anlaß.

Staatsminister von Voigt regt mich an die Feyerlichkeiten welche die Akademie zum Reformationsfest vor hat, einigermaßen in's Auge zu fassen. Ich will es thun, obgleich mit Vorsicht: einzeln hab ich mit den Professoren sehr gern zu thun, aber als Glieder ihres mystischen Körpers sind sie durchaus intraitable. Warum ich jedoch dieses Festes erwähne, ist eigentlich weil derselbige Freund auch eine Medaille für dieses Fest geprägt wünscht, vielleicht haben Sie einen guten Gedanken und so wär es artig ihn ausführen zu lassen, weshalb man sich nach Berlin zu wenden gedenkt, da bey der weimarischen hypochondrischen Quengeley gar nichts herauskommen will.

Vale & fave!

Jena den 24. Juny 1817.

G.[144]


28/7786.


An Friedrich Christoph Perthes

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

theilnehmendes Schreiben beantworte mit verbindlichem Dank. Die Weimarischen Kunstfreunde versprachen sich von ernsten Männern Beyfall und Mitwirkung, diese Hoffnung wird nun sehr schön erfüllt und man kann sich ermuthigen weiterzuschreiben wenn man sich in guter Gesellschaft fühlt. Da kommen denn gleich zu Anfang die beiden Fragen vor, die Sie aufwerfen. Es ist darauf Antwort zu geben, aber keine erfreuliche: die Sache ist so weit hinein böse daß die Krankheit gar wohl darzustellen, die Cur aber gar schwer auszumitteln ist.

Das Gesagte mag nun vor allen Dingen wirken; was noch irgend Heilsames fernerhin wirksam seyn könnte, darf man nicht eher vorbringen als den rechten Augenblick. Gegenwärtig und auch nur auf die vorgelegten Fragen kurz zu antworten würde immer nur Darstellung des anerkannten Übels seyn. Wegen Maler Müller wird sich auch etwas Billiges und Bedeutendes sagen lassen. Am interessantesten wär es wenn man ihn veranlassen könnte, seine innerlich immer thätige, seit langen Jahren abgeschlossene, nach außen weniger wirksame Individualität darzustellen und zu offenbaren.

[145] So eben als ich diesen Brief vorbereite sind ein paar musikalisch-dramatische Künstler, Mann und Frau Eberwein, im Begriff nach Niedersachsen zu gehen, und ersuchen mich um eine Empfehlung nach Hamburg. Dergleichen ertheile ich nicht gern, doch geb ich dem Gedanken nach ihnen diesen Brief mitzugeben. Ein recht braver Violonist, sie eine gute Sängerin und als solche eine angenehme Schauspielerin. Ich hoffe sie sollen Ihnen weniger lästig als erfreulich seyn.

Unser Gauby, der durch alle Feldzüge glücklich durchgekommen und in unserm Militär bis zum Premieur-Lieutenant heraufgewachsen ist, gedenkt noch immer Ihrer frühern Verwendung mit vielem Dank. Er hat sich recht hübsch herausgebildet und ist dabey immer noch so natürlich wie Sie ihn gekannt haben.

Das vorige Jahr war eins der ungünstigsten meines Lebens dessen Folgen ich noch kaum verwinde und so sollte ich auch im Laufe desselben Ihre persönliche langgewünschte Bekanntschaft vermissen.

Das Werk von Spix: Cephalogenesis. Monachiae 1815 fol. max. soll, sagt man mir, bey Ihnen in Comission zu haben seyn; wir wünschten davon ein Exemplar auf gewöhnlichem Papier wovon der Preis auf 7 Carolin angesetzt ist. Möchten Sie mir ein solches übersenden. Da das Format sehr groß ist, so wünschte viele Sorgfalt bey'm Einpacken,[146] vielleicht läßt es sich um einen Stab wickeln, doch sey Ihnen diese Sorgfalt völlig überlassen. Mögen Sie bemerken was wir dafür schuldig werden, Zahlung soll sogleich erfolgen. Die Sendung geschieht unter meiner Adresse, unfrankirt.

Einige ruhige Monate habe ich verwendet auf Redaction älterer Arbeiten zur Naturkunde. Ich empfehle Ihnen das erste Heft welches nächstens erscheinen wird. Ein eignes buntes Ansehn soll ihm, hoff ich, weder bey Freunden der Wissenschaft noch des Verfassers Schaden bringen.

Und somit wünsche daß Gegenwärtiges Sie gesund und wohlgemuth antreffen möge. – Eberweins halten sich unterwegs auf, deswegen sende dieses voraus und gebe Ihnen nur ein Blatt mit zur Legitimation daß sie's sind.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar d. 26. Juny 1817.


28/7787.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

verpflichten mich abermals durch ein so freyes und wohldurchdachtes Schreiben, das so viele reine Erfahrung und gemüthliche Thätigkeit voraussetzt. Wie sehr freut mich, daß die Hoffnung der Weimarischen[147] Kunstfreunde auf lebendige Mitwirkung gleichdenkender Männer so schön erfüllt wird. Von dem Mitgetheilten werde mit Vorsicht späterhin Gebrauch machen, denn es möchte gut seyn vor der Hand zuzusehen wie jene Aeußerung im Publikum wirkt und wo man am schicklichsten nachhilft.

Nun eine kleine Bitte: In dem Catalog von Dauthe S. 92 No. 81 (das Blättchen lege bey,) stehn die Cartons aus Hampton-Court. Da nun die Worte hinzugefügt sind: vortreffliches Werk, so vermuthe ich daß es gute Abdrücke sind und alsdann möcht' ich sie gerne besitzen. Gäben Sie wohl jemand den Auftrag welcher die Abdrücke beurtheilen könnte und sie für mich acquitirte, so geschäh mir ein besonderer Gefalle. Zehn bis zwölf Thaler wohl auch mehr wollte ich dafür geben. Die Auslage ersetze sogleich dankbar.

Da ich zu Ende July, vielleicht Anfang August, wahrscheinlich nach Carlsbad gehe, so hab' ich das Vergnügen Sie in Franzensbrunn zu treffen und hoffe einen Abend mit Ihnen zuzubringen, worauf ich mich von Herzen freue. Mögen Sie, nach Ihrer Ankunft daselbst, mir ein Wort schreiben: wie es dort aussieht, so werden Sie mir einen Vorschmack unseres Zusammentreffens geben.

Das Kästchen mit den Siegelabdrücken ist wohl durch die Post schon zu Ihren Händen gelangt? – Mehr sag ich nicht denn auch ich bin sehr gedrängt[148] manches zu arrangieren, das, wo nicht geendigt doch gefördert werden muß.

Möge die persönliche Erneuerung und Anfrischung unseres schönen Verhältnisses uns bald gegönnt seyn

in Hoffnung!

Weimar d. 26. Juny 1817.

G.


Anfragende Nachschrift.

Sollte nicht in der seltsamen Sammlung des Bauschreiber Dedike irgend etwas befindlich seyn das einen Kunstfreund erfreuen könnte? es ist fast unmöglich daß ein Sammler zeitlebens dem Absurden nachjage, ohne daß ihm nicht auch einmal irgend was Schätzbares in die Hände liefe. Haben Sie nicht vielleicht einen Freund fähig dergleichen zu beurtheilen und gefällig es zu erstehen? Unter den kleinen bronzenen Figuren sollte sich vielleicht etwas finden, viel leicht auch unter den getriebenen halb oder schwach erhobenen Bildern, wo nicht von alter doch von neuer guter Kunst, sollte nicht unter den Tellern etwas von Majolika stecken? Da diese Dinge schwerlich zu hohen Preisen weggehen, so würde man kaum irren können.

Weimar d. 27. Juny 1817.

G.[149]


28/7788.


An August und Ottilie von Goethe

Jena d. 27. Juny

während des stärksten und

anhaltendsten Regens den ich lange

nicht gesehen habe. Mittag 1 Uhr.

Daß ihr Donnerstag nicht kamet zeugt mir von eurem sorgfältigen, warnenden Genius. Denn die schönen großen Krebse womit ich euch tractiren wollte waren in der Nacht desertirt, die Sandtorte dagegen sitzen geblieben. Mit den übrigen Wohlmeinenheiten ging es nicht viel besser. Möge nächsten Dienstag wo ich euch erwarte der Küchen-Zeitgeist mit unsern Wünschen nicht allzusehr in Opposition stehen.

Beyliegende Briefe bitte bald und sorgfältig zu bestellen. Unsere Geschäfte gehen zu zwey sehr rasch und wirksam fort, die nächsten vier Wochen sollen Wunder leisten. Hiezu wünsche aber mit Fachinger Wasser und weißem Wein vorzüglich begünstigt zu werden, das eine zu Befreyung des Geists, das andere zu dessen Anregung.

Den Elephanten hab' ich auch besucht und zwar in Gesellschaft von Renner; da hat es denn sehr schöne Bemerkungen gegeben und das Gewußte kam recht zum Bewußtseyn.

Klare Tage, Hitze, Gewitter haben wir abwechselnd erlebt. Das Heu ist sehr schön hereingekommen.

[150] Ottilie mag selbst versuchen Knebels Herz zu gewinnen. Gegen uns verleugnet er streng und steif jede Übersetzung aus Byron.

Lebet wohl und richtet euch ein daß ihr mir Mittwoch jedesmal zwey kalte, gebratene Hähnchen schickt damit ich früh und Abends etwas habe. Alles Gebratene ist hier versotten und verschmort, dagegen ich mich auch wieder mit Nixen und Müllerinnen zu euren Gunsten diplomatisch benehmen werde.

Über dem letzten Lachs der mir ganz und unausgeweiden überliefert wurde hat es wieder Händel mit dem herrschaftlichen Koch gegeben. Dagegen haben wir ein Präparat für comparirte Anatomie gewonnen von der größten Schönheit. Es war lustig zu sehen wie der Prosector den Köchen in die Hand arbeitete.

G.


Wär es Winter so mußte eine Somnambule den Tod des Elephanten weissagen und dieser müßte dann so regelmäßig sterben wie jene Majestät. Meine größte Freude wäre in dem Bauche des Ungeheuers den Professor und zwey Prosectoren emsig ihre Messer wetzen und brauchen zu sehen.

Eh ich schließe ist der Himmel wieder heiter und das schönste Wetter von der Welt.

Halb 3 Uhr Nachmittag.

Wie ihr seht werden meine Briefränder bald auf Wernerische Weise beschrieben seyn.[151]


28/7789.


An Johann Christian Friedrich Körner

Könnten wir, bester Herr Hof-Mechanikus, nicht das von S. 75 erwähnte Phänomen mit Augen sehen? es würde Herrn Professor von Münchow so gut wie uns beide gewiß interessieren.

[Jena] d. 29. Juny 1817.

G.


28/7790.


An Johann Friedrich Daniel Lobstein

[Concept.]

Wohlgeborner,

Insonders hochgeeehrtester Herr!

Ew. Wohlgebornen gefällige Sendung hat für mich einen vielfachen Werth, die so wohlgerathene Übersetzung ehrt einen Mann den ich selbst zu schätzen alle Ursache habe, sie beweist Ihre Theilnahme an uns und unsern wissenschaftlichen Bemühungen, erinnert mich an die vielfache Belehrung die ich Ihrem Herr Vater schuldig geworden und versichert mir das Andenken seines schätzbaren Herrn Sohnes indem ich dadurch ein werthes Zeugniß der Talente desselben erhalte.

Nehmen Sie dafür meinen verpflichteten Dank und fahren fort durch Ihren hiesigen Freund uns manchmal Ihrer gelehrten Arbeiten theilhaft zu machen.

Das für unsern gnädigsten Herrn bestimmte Exemplar ist sogleich abgegeben worden, vielleicht finden[152] Sie nächstens Gelegenheit ihm in Strasburg selbst aufzuwarten.

Jena d. 29. Juny 1817.


28/7791.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb. höchst angenehme Sendung ist mir schon vor einiger Zeit geworden und ich beeile mich meinen dankbaren Beyfall für den so klaren, scharfsinnigen und kenntnißreichen Aufsatz auszusprechen. Nächstens bin ich so frey ein kleines Packet an Ihro Hochfürstliche Durchlaucht zu übersenden. Die gnädigste Theilnahme, so wie das dabey gezeigte unschätzbare Andenken, müßte mir höchst erfreulich, ja rührend seyn; ich werde nicht verfehlen meine Empfindungen unmittelbar auszudrücken. Mögen Sie mich in Herrn von Hammers Gedächtniß zurückrufen und demselben meine Dankbarkeit noch besonders bezeugen, die ich auch auf das letzte Stück der Fundgruben ausgedehnt wünschte, welches sowohl mich als auch unsern wackern Vorsteher der neuen Veterinärschule zu Jena, Professor Renner, höchlich erfreut und belehrt hat.

Meinen gnädigsten Herrn Großherzog habe sogleich nach Baden, wohin sich Höchstdieselben begeben, von diesem angenehmen Ereigniß Kunde nachgesendet.

Weimar d. 29. Juny 1817.[153]


28/7792.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

hat mein Stillschweigen beunruhigt und ich war selbst deshalb in einiger Verlegenheit, denn ich wollte keinen leeren, ablehnenden Brief senden und es ging so mancherley vor daß es mir nicht ganz unmöglich schien Ihren Wünschen gemäß zu wirken. Nun aber verschwindet mir, wenigstens für dießmal, die Hoffnung und ich würde dieses auch vielleicht noch nicht sagen wenn mich nicht Ihr Schreiben dazu aufforderte. Glauben Sie daß ich mitfühle wie lästig Ihnen in Ihren jetzigen Lage die sonst so erfreuliche Sammlung seyn muß und daß ich nichts mehr wünschte als meinen aufrichtigen Antheil durch die That beweisen zu können.

Sie diesen Sommer wieder zu sehen und mich mit Ihnen über so manches zu unterhalten hab ich Veranlassung, ja Einladung; wie es mir aber ergehen wird weiß ich selbst noch nicht, denn ich werde von mancherley Umständen und Betrachtungen hin und wieder gezogen, so daß nur der letzte Augenblick entscheiden kann. Der Wunsch jene lehrreichen, unterhaltenden Augenblicke zu erneuern ist bey mir lebhaft und daß man von Ihnen nicht weggeht ohne mit gastfreundlichen Gaben beladen zu seyn ist mir genugsam bekannt geworden.

[154] Leider muß ich mich dießmal begnügen so Weniges und Unerfreuliches zu sagen. Möcht ich doch von Zeit zu Zeit vernehmen, daß Sei mit den werthen Ihrigen sich wohl und vergnügt befinden.

Weimar d. 29. Juny 1817.


28/7793.


An Sulpiz Boisserée

Indem Ihr angenehmer Brief unterwegs war, ist der meinige vom 18. dieses ihm begegnet. Unsere Großherzogin ist wie ich höre nicht über Heidelberg gegangen, ihr fester Vorsatz aber war bey Ihnen nach der Rückreise einzusprechen. Da Sie gegen Anfang August eintreffen, so gelangt sie ohne Unbequemlichkeit der werthen Besitzer zu dem so sehr gewünschten Genusse.

Nach dem Wunsche der besten Fürstin und nach meinem eignen sollt' ich um diese Zeit auch bey Ihnen seyn, allein ich weiß nicht was aus mir werden kann. Von andern Sorgen und Geschäften befreyt, hab' ich mich seit eilf Wochen in Jena auf Naturbetrachtungen und auf ältere dahinbezügliche Papiere geworfen. Das daraus entstandene Heft, wovon Sie die Musterblätter billigten, soll bald in Ihren Händen seyn.

Herrn Hegel grüßen Sie zum allerschönsten und danken ihm daß er mir so mächtig zu Hülfe kommt. Er wird in gedachtem meinem Hefte, und ich hoffe[155] zu seiner Zufriedenheit, die Elemente der entoptischen Farben entwickelt finden. Die Träume des Herrn Malus und Consorten müssen nach und nach verschwinden. Des Herrn Tobias Meyer seltsame mit Polen und Äquatoren versehene Lichtkügelchen habe ich seit meinem Hierseyn mit völligem Ernst vortragen hören, wobey man sich dem unbequemsten Apparats bediente, so daß niemand sah was er sehen sollte, und daß nichts heißen wollte, was man sah.

Da nunmehr die höhere Philosophie dem Licht seine Selbstständigkeit, Reinheit und Unzerlegbarkeit vindicirt, so haben wir andern gewonnenes Spiel, und können in unserer Naivität ganz gelassen den höchsten Betrachtungen vorarbeiten.

Was mir besonders interessant ist bekenn ich gern: daß dieses reine Licht von Heidelberg kommt wo man gerade bey einer Recension Hegelschen Werks so unartig und zwar mit Namens-Unterschrift gegen mich verfahren ist.

Empfehlen Sie mich Herrn Hegel schönstens, den man ja noch vor ein paar Jahren von Heidelberg aus bedauert hat, daß er als ein sonst ganz wackrer Mann mit mir auf einer so niedrigen Stufe wissenschaftlicher Bildung verweile. Geben Sie ihm beyliegend Blättchen, worauf Sie die schon bekannte mystische Figur erblicken werden. Ich liefere hiedurch in seine Hände alles was jemals bey doppelter Spiegelung vorgefallen ist und vorfallen kann. Erräth[156] er das Räthsel, so bitt ich es zu verschweigen bis meine Auflösung erscheint.

Die freundliche Aufnahme meines Rochusfestes erfreut mich gar sehr. Ich hatte vorm Jahr in meiner Tennstedter Einsamkeit alle Liebe und Treue auf diese Darstellung verwendet die mich in so schöne Zeit in jene Gegenden versetzte. Auch Ihre Freundschaft schwebte mir immer vor, so wie die heitern, lehrreichen Stunden die wir zusammen genossen. Ich zweifelte nicht an Ihrer Theilnahme, da Sie an jener Epoche so viel Theil genommen.

Von Ruckstuhl hab' ich auch ein recht freundliches Wort darüber, der mir im Ganzen seine Ansichten über meine schriftstellerischen Arbeiten gesendet. Es war ein recht erfreulicher Anblick sich in einem so klaren, jungen, ungetrübten Spiegel wieder zu sehen.

Wegen W. K. F. sind schon manche Reclamationen und Approbationen eingegangen; alles wird sorgfältig zu Acten geheftet und wird daraus ein entschiedender Blick in die deutsche Kunstwelt, ihr Wollen und Vollbringen hervorgehen, welches ohne diesen kühnen Schritt nicht gewesen wäre. Eine Vermittlung wird sich um desto eher bilden lassen, als die kleine Schrift, genau besehen, sie schon enthält, worüber ich das Weitere bis zur Vollendung der Zeit nicht aussprechen mag. Eigentlich sollten wir zusammen eine Reise nach Brabant und Holland[157] machen, wo sich alles von selbst ergäbe. – Wenn ich nur auf den Gebrauch der mineralischen Wasser nicht die schönste Sommerzeit verwenden müßte!

Übrigens drängt am stärksten die englische Literatur auf uns. Die wieder eröffnete Verbindung, besonders des Großherzogs Reisen und Theilnahme bringt uns Älteres und Neueres mit Gewalt und Fülle, woraus denn manche gute Unterhaltung in Jena entspringt, wo für jedes Bedeutende gewiß Interesse herrscht, wie Sie in Heidelberg glücklicherweise auch finden.

Leben Sie schönstens wohl, grüßen Sie die lieben Haus- und Kunstgenossen mit denen ich wohl wieder einmal in den heiligen Räumen zu Tische sitzen möchte. Ich habe mehrere Briefe hinter einander abgeschickt, verzeihen Sie daher wenn ich mich wiederhole. An gewissen Gegenständen muß ich freilich halten, wenn etwas geleistet werden soll. Nichts ist schwieriger als aus dem Verwickelten und Verworrenen sich in's Einfache zu ziehen, das man, hat man es auch erfaßt, wieder zu verlieren Gefahr läuft. Ihre zu hoffenden Briefe bitte nach Weimar zu addressiren.

Tausend Lebewohl!

anhänglichst

Jena d. 1. July 1817.

Goethe.[158]


28/7794.


An Albert Cajetan Graf von Edling

[Concept.]

Ew. Hochgeboren

haben durch die schnelle Sendung des interessanten Werks mich und mehrere Naturfreunde überrascht und erfreut, indem gerade diese letzten Epochen der Weltschöpfung auch bey uns wieder an die Tagesordnung gekommen. Ich spreche daher den verpflichtetsten Dank im Namen aller Theilnehmenden aus und verfehle nicht in diesen Tagen auch dieselbe Schuldigkeit Serenissimo zu entrichten.

Der ich die Ehre habe mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Jena d. 2. Jul. 1817.


28/7795.


An Johann Carl Wesselhöft

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey das fernere Manuscript; die Folge kann von Tag zu Tag eingesendet werden. Das Ganze enthält hundert solcher Folioblätter, wovon etwa 10 unbeschriebene abzurechnen sind. Wollten Sie die Gefälligkeit haben überschlagen zu lassen, wie viel Bogen es geben könnte und ob der Druck noch im Laufe des Julius, was ich sehr wünsche, zu vollenden wäre. Gleichfalls übersende eintausend[159] Stück Abdrücke der Kupferplatte zur Naturlehre, welche vollkommen trocken seyn werden, 200 sind noch zurück.

Der Buchbinder wäre zu verwarnen, daß er nicht, wie bey dem 2. Rhein- und Maynheft geschehen, unten beschneide; gedachtes Heft ist für das künftige Zusammenbinden beinahe unbrauchbar geworden, wie denn, abgeredtermaßen, das Kupfer an der bezeichneten Stelle einzuheften nicht einzukleben ist.

Mit dem freundlichsten Guten Morgen!

Jena den 2. July 1817.

Goethe.


28/7796.


An Carl Ludwig von Knebel

Hiebey die wunderliche Depeche zurück. Die Prinzessinnen lassen anfragen, ob du heute weniger Timon bist als neulich und wünschen dich heute zu Tafel zu sehen. Sagst du zu, so hol' ich dich ab. Nach Tische steht deiner Frau der Wagen zu Diensten, um welche Stunde sie will. Wir gehen nach Hause; so kannst du unterwegs bey mir eintreten. Laß mich Antwort wissen.

Jena d. 2. July 1817.

G.


28/7797.


An Friedrich Heinrich Jacobi

Gar oft, mein theurer alter Freund, komme ich in Versuchung dir von meinen Zuständen und Thätigkeiten[160] einige Notiz zu geben, dann aber steh ich wieder an, weil man niemals weiß, ob denn das was uns interessirt, grade auch die Freunde unterhalten, beschäftigen und aufregen werde. Da überläßt man es denn dem Glück, wie irgend etwas in ihre Hände oder sonst zur Kenntniß gelange, ohne weitere Theilnahme zu hoffen oder zu fordern.

Gegenwärtig senden wir ein hübsches, artiges, gutes Kind nach München, um dort, als am günstigsten Orte, ihr Künstler-Talent auszubilden. Empfange sie um meinetwillen freundlich, bis du, aus eignem Trieb und Überzeugung, ihr wohlgefällig und nützlich seyn magst. Sie kann dir von unsern Umgebungen, Wirksamkeiten und Getreibe aus eigner Ansicht erzählen, vielleicht treuer und lebendiger als man es selbst thäte.

Ich bin jetzt schon ein Vierteljahr in Jena und, meinen alten Neigungen gemäß, fast nur mit Naturgegenständen beschäftigt. Wohin ich mich vor Ende des Sommers noch wende, ist mir selbst nicht ganz klar. Leider werden mich meine Wanderungen auch dießmal schwerlich in deine Nähe führen.

Und somit lebe wohl und gedenke mein unter den Deinigen

guter Zeiten eingedenck

Jena den 3. July 1817.

Goethe.[161]


28/7798.


An Johann Peter Langer

Ew. Wohlgeboren

haben von jeher auf meine Empfehlungen so freundlich geachtet, daß ich keinen Anstand nehme Dlle Seidler welche sich nach München verfügt Gegenwärtiges mitzugeben.

Das Kunst-Talent dieses Frauenzimmers, welches ich von Jugend auf in allem Guten habe heranwachsen sehen, beurtheilen Ew. Wohlgeboren am sichersten selbst und helfen ihr gewiß sich weiter auszubilden. An Fleiß und Aufmerksamkeit läßt sie es nicht fehlen, so wie ihr anmuthiges, einfaches Wesen den Lehrer so gut als die Gesellschaft anspricht.

So viel Gutes ich ihr wünsche, so beneid ich sie doch einigermaßen [um] die Anschauung so vieler trefflicher Kunstwerke und Ew. Wohlgeboren lehrreiche Unterhaltung. Mir will es so wohl nicht werden, ob ich gleich jedes Jahr Blick und Wunsch in Ihre Gegend wende.

Beygehendes Heft widme ich Ew. Wohlgeboren besonders, da ich überzeugt bin daß Sie die Gesinnungen der Weimarischen Kunstfreunde theilen. Es ist die höchste Zeit den Jammer dieser Seuche laut aus zusprechen, wenn man auch nicht so gleich sieht wo die Heilung herkommen soll. Aus allem was deshalb seit der Zeit bey mir einläuft, es sey billigend oder mißbilligend, verdammend oder schonend, sieht man[162] durchaus daß Übel viel weiter um sich gegriffen hat als man dachte. Alle Arten von Stärken und Schwächen, Edles und Jämmerliches, Talent und Nichtigkeit, Religion und Aberglaube, frommer Wahn und Sinnlichkeit, das alles zusammen bildet eine Societät, die vielleicht noch nicht in der Welt gewesen ist. Mögen Sie mir von Ihren neusten Erfahrungen mittheilen, so verbinden Sie mich sehr, wir möchten gern in diesem Sinne klar seyn, wie sich's im Augenblick verhält.

Junge, recht geschickte Künstler, die sich auf diesem Wege geübt, verfertigen schon auf alte Bretter altscheinende Bilder, um weniger einsichtige Liebhaber zu hintergehen. So bietet man gegenwärtig in Berlin zwey Lucas von Leyden und einen Martin Schön zum Verkauf. Was für eine Confusion in die Kunst-Kenntniß und Praxis kommen muß, fällt in die Augen. Haben Sie ja die Güte mich von Ihrer Seite zu belehren, denn das Nächste, was die Weimarischen Kunstfreunde äußern dürften, müßte in's Leben kräftig eingreifen. Vorerst treten doch ältere geprüfte Künstler und alle Bildhauer, auch die jüngern, auf die rechte Seite.

Soviel für dießmal! Möge die Dazwischenkunft der guten artigen Schülerin eine lebhafte Communication zwischen uns erneuern!

ergebenst

Jena den 4. July 1817.

Goethe.[163]


28/7799.


An August von Goethe

Ich habe mich entschlossen nochmals Futter besonders Hafer holen zu lassen, da man von dem hiesigen nicht gut spricht. Sende wenn es dir möglich durch den Rückkehrenden

das halbe Eymer Fäßchen, auch

das Kistchen mit Wein;

sodann wünscht ich durch die Boten

1) Das Kästchen aus dem hiesigen Schreibtische.

2) 60 rh. an Geld aus meinem weimarischen Schreibtische, es sind gerade 3 Rollen zu 20 rh. darinne zu finden, da denn noch 200 rh. übrig bleiben.

3) Ein Pfund Chocolade.

4) Große Couverte.

5) Die innere Rolle erhält so gleich Herr Hofrath Meyer. Auf das darum gewickelte Schreib-Papier mache ich dich aufmerksam. Es ist Concept-, Schreib- und kleines Briefpapier von der Remdaischen Mühle. Den Preis weiß ich nicht, es scheint aber brauchbar.

Weiter wüßte ich nichts zu sagen. Mit dem morgenden Boten kommt noch ein Übriges. Sonnabends Abend hoffe von Ottilien einige Specialia zu vernehmen.

Jena d. 4. July 1817.

G.[164]


28/7800.


An Ottilie von Goethe

Meine gestrige Sendung hat fast alles erschöpft, den Brief an Grafen Edling wünsche bald bestellt. Das Recept zum Mandelgebacknen hatte sich nach Groß-Griechenland verirrt und findet sich erst jetzt wieder.

Was mit der Fourage-Fuhre nicht herüber spedirt werden konnte, erwarte ich morgen.

Gestern war mit Renner in Dornburg wo es freilich heiter und schön aussieht.

Für dießmal also sey es genug.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

Jena d. 4. July 1817.

G.


28/7801.


An Johann Georg Lenz

Jena d. 4. July 1817.

Die Großthaten der mineralogischen Gesellschaft unter Ew. Wohlgeb. Anführung haben mich im Verzeichniß sehr erfreut, da ich sie in ihrer wirklichen Wirksamkeit schon einzeln kenne. Versäumen Sie ja nicht halbjährig dergleichen abzugeben damit Serenissimus und des Herrn Staatsminister von Voigt Exellenz das Resultat erfahren von dem was so eigentlich Gutes geschieht.

[165] Nun aber möcht ich Sie an den problematischen globulosen Sienit-Porphyr erinnern, von dem ich freilich eine genaue Beschreibung von Ihrer Meisterhand zu erhalten wünschte. Nächstens mündlich das Mehrere.

G.


28/7802.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, mein theuerster Freund, viererley Waare:

1) Freye Zeichen-Anstalt.

2) Jubiläums-Medaille.

3) Blüchers Monument für Breslau, ingleichen Inschrift für Rostock.

4) Schadows Brief wegen gedachter Monumente und nazarenischen Unfugs.

Was zurücksteht morgen mit den Boten.

Jena d. 4. July 1817.

G.


[Beilagen.]

Freye Zeichen-Anstalt betreffend.


Jena den 4. July 1817.

Was die Ausstellung der Zeichenanstalt im September betrifft, wäre ich der Meinung daß man unter den gegebenen Umständen unsern größern Saal im Jägerhaus dazu widmete, Tische und Bänke müßten freilich in die Nebenzimmer und oben hinauf, wozu sich noch Rath finden wird. So wie die Vorschriften[166] der dritten Classe von den Wänden weg zu schaffen wären. Hiebey wollte ich zugleich den Vorschlag thun, daß man künftighin die Probeblätter der ersten und zweiten Classe, und derjenigen die aus der dritten hinüber locirt würden, in Rahmen faßte, welches also schon eine Art von Vorzug und Prämie wäre. Die der dritten Classe legte man in Portefeuille auf schickliche Tische. Was dagegen etwa von vorzüglich eingesendeten fremden oder sonst merkwürdigen Arbeiten würdig befunden wäre, fände wie sonst den ersten Platz.

Wegen Translocation und Prämienertheilung wünschte daß baldmöglichst vorläufige Überlegung gepflogen würde, denn man sieht ja wohl schon jetzt, wo es mit den jungen Leuten hinaus will.

G.


Jena den 4. July 1817.

Dieses zufällig halbirte Blatt benutze doch noch um über die neuste Anfrage unsere Anstalt betreffend zu sprechen. Wegen Aufnahme neuer Schüler außer der Zeit geb' ich Ihnen gern alle Macht und Gewalt; retardiren Sie so lange Sie können und geht es nicht mehr so thun Sie als hätten Sie angefragt und es wäre zugestanden worden. Es will nun ein für allemal kein Mensch begreifen daß ein vernünftiges Gesetz einem jeden nützt, jeder will nur Ausnahme für sich und die lieben Seinigen. Hinterdrein, wenn eine[167] Sache zu Grund geht, sperren Sie die Mäuler auf und niemand fällt's ein daß er's war der mit Consorten eine löbliche Anstalt ruinirte. Handeln Sie also nach Überzeugung nachsichtig wenn es nicht anders gehen will.

G.


Jubiläums-Medaille


1817

Nach vorstehender Skizze würde sich das Kupfer wohl auffinden lassen von welchem mir die Erinnerung[168] geblieben ist. Mir gefiel der Gedanke gar wohl, es ist eins von denen biblisch-physischen Symbolen, dergleichen in früher kirchlich-frommer Zeit mitunter glückten. Die Bundeslade deutet auf's alte Testament und könnte noch bedeutender verziert werden. Die Sonne des Evangeliums beleuchtet sie, bildet aber in dem Hof (Halo) um sich her ein paar Nebensonnen. Man kann, dächt ich, abweichende Religionsparteien nicht ironisch artiger darstellen. Zu verändern ist nichts am Bilde, so mag man auch nicht gern etwas Vorhandenes wieder brauchen, allein ich send es doch, vielleicht regt es etwas Ähnliches auf.

Jena d. 4. July 1817.

G.


Blüchersches Monument für Breslau.

Als Abwechslung jenes für Rostock beliebten Stehbildes erscheint hier ein Schreitebild, das man nicht mißbilligen kann. Das Profil zeigt rasche und edle Bewegung, von vornen wird sich's gut ausnehmen wenn der Säbel, so wie er auf der Zeichnung erscheint, zwischen der Wade und dem Knöchel durchgeht wobey die Perspective vom Standpunkte des Zuschauers etwas zu Rathe zu ziehen ist; nur ist zu befürchten daß die Seitenbewegung etwas verliert.

Die Männchen an den Ecken des Piedestals können ganz artig werden. Der Wirklichkeitsforderung wäre ohnehin nicht zu widerstehen und wenn sie sich selbst[169] schlecht ausnähmen, die überragende Lanze wird man wohl auch schwerlich los.

Das Basrelief kann nicht gebilligt werden. Eine hübsche Nymphe deren Welle eine Trophäe bespült ist ein artiger Gedanke, dieß müßte aber auch alles, auf dem Raume seyn. Die schreitende Victoria ist abgedroschen und das Schild verengt unnöthig den Platz.

Soviel nur flüchtig! die Sache hat keine so große Eile daß wir uns nicht einmal noch darüber unterhalten sollten. Notiren Sie Sich nur alles, daß wir das Nothwendigste absolviren.

Jena d. 4. July 1817.

G.


Was sagen Sie zu den inliegenden Aufschriften. Ich wünschte immer daß es ein anderer machte.


Schadows Brief spricht für sich selbst, theils wegen der Monumente, theils wegen des nazarenischen Unfugs, wovon Frau von Voigt aus einem Briefe von Rauch viel zu erzählen wußte. Unsere Bombe hätte nicht zu gelegener Zeit und nicht sicherer treffen können. Die Nazarener sind, merk ich, schon in Bewegung wie Ameisen denen man im Haufen stört, das rührt und rafft sich um das alte löbliche Gebäude wieder herzustellen. Wir wollen ihnen keine Zeit lassen. Ich habe einige verwünschte Einfälle, von denen ich mir viel Wirkung verspreche.

Jena d. 4. July 1817.

G.[170]


28/7803.


An die Cotta'sche Buchhandlung

Rameaus Neffe ist bestimmt den 20. Band anzufangen. Es wäre demselben daher der Haupttitel dieses Bandes vorzusetzen. Da der übrige Inhalt noch nicht ganz entschieden ist, so wäre das Verzeichniß desselben bis auf den Schluß zu versparen.

Viele Empfehlungen an Herrn Dr. Cotta.

Weimar d. 6. July 1817.

Goethe.


28/7804.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Besitzen Ew. Wohlgeboren die vorige Tübinger Ausgabe meiner Werke in 13 Bänden, so erbäte mir einen der letzten Theile, in welchem die kleinen Notizen über Italien stehen.

Zugleich bitte um die Erlaubniß heute nach Ihrem und der werthen Ihrigen Befinden fragen zu dürfen, da mir gestern das Vergnügen nicht ward, Sie zu Hause anzutreffen.

Mit den besten Wünschen

Jena d. 6. July 1817.

Goethe.[171]


28/7805.


An Johann Heinrich Meyer

Jena den 8. July 1817.

Den schönsten Dank, mein theuerster Freund, für

1) alles Gute. Zuvörderst also die Vorschläge zur Medaille. Ich wünschte daß man sie beide brauchen könnte als Vorder- und Rückseite, da sie denn einander gar hübsch antworteten. Man machte die Medaille etwas stark und prägte die Inschrift auf den Rand, doch will ich auf so etwas Ungewöhnliches nicht antragen. Ist zu wählen, so möchte wohl die Wahl auf den Vorhang fallen der so schön eröffnet und verbirgt. Das Nähere schreibe Herrn von Voigt.

2) Liegt ein Blatt bey wegen der Prämien.

Denken Sie darüber nach und melden mir das Weitere.

3) Die sowohl für uns, als für die Bibliothek anzuschaffenden Kupferwerke billige durchaus, ich habe sie in beyliegendem Catalog nochmals roth vorgezeichnet, auch hab ich manches schwarz angestrichen, was ich wohl um einen leidlichen Preis besitzen möchte. Das warum? werden Sie Sich bey dem Einzelnen wohl auslegen. Auch sprechen wir nochmals darüber denn ich muß doch nächstens einmal nach Weimar. Halten Sie Sich eine kleine Nota was alsdann noch etwa zu verhandlen wäre.

[172] 4) Für die Beyträge zur Thierfabel danke schönstens. Sehen Sie einmal gelegentlich auf der Bibliothek die Kupfer zu Lafontaines Fabeln in Folio. Die Künstler waren auch auf dem falschen Naturwege. Und so mögen diese Blätter denn auch zu früherem oder späterem Gebrauch still liegen.


5) Hierbey auch die Revisionsbogen meines ersten Aufenthalts in Neapel. Druckfehler lassen Sie Sich nicht irren, sie sind verbessert, lassen Sie aber dieses Schattenspiel mit Bedacht vorüber gehen und deuten mir an womit ich allenfalls noch meinen 20tägigen 2. Aufenthalt in Neapel ausstatten und würzen könnte. Es sind noch recht artige Sachen zurück auch schon redigirt. Es fällt Ihnen gewiß noch etwas ein was mir Lethe schon getrübt hat. Erinnere ich mich recht so stand Herkules Farnese schon in der Porcellan-Fabrik, der Toro aber war noch in Rom. Sagen Sie mir doch auch etwas von Benuti, was man dem zu Lieb und Ehren noch anbringen könnte. Alle diese Dinge sind so weit weg und werden noch durch das Interesse des Tags verdunkelt.


6) Drey Bogen von Kunst und Alterthum sind gedruckt. Hier mag eine Pause stehen. Viel Stoff ist da, manches schon geordnet und behandelt. Ruckstuhls Brief theile nächstens mit; benehmen Sie Sich freundlich mit ihm, er verdient's, ich schreib ihm auch noch im Laufe dieses Monats.


[173] 7) Die große Bewegung die unter Nazarenern und Hellenen durch das 2. Stück hervorgebracht worden, giebt uns zu Ernst und Scherz köstliche Gelegenheit. Zuerst, dächt ich, wären wir ganz stille, ja ließen ein Stück vorübergehn ohne der Angelegenheit zu erwähnen. Darnach hab' ich einen Einfall dem ich Ihren Beyfall wünsche, und den ich mündlich zu fernerm Nachdenken mittheile.


8) Die Abgüsse der geschnittenen Steine am Cölner Reliquienkasten wären dankbar anzunehmen und zu erforschen ob man etwa Herrn Pick etwas Freundliches erzeigen könnte. Ich habe die Steine freilich nur bey Kerzen-Grubenlicht gesehen, wo sie nicht zu würdigen waren. Finden sich keine Werke von großem Kunstwerth so ist doch vielleicht manches historico-curiosum darunter. Eine Rennbahn z.B. schien mir recht nett zu seyn.


9) Hiebey ein Vorschlag zur Medaillen-Inschrift. Ich schickte sie Herrn von Voigt mit dem Zusatz: in gegenwärtigem Augenblicke ist es vielleicht den Um ständen gemäß auf die Zukunft hinzudeuten, da in so vielen protestantischen Gemüthern die katholische Legende spuckt.[174]


Den

Evangelischen

ins

Vierte Jahrhundert

segenreiche

Wirkung.


Weimar

MDCCCXVII.


G.

Von Ihrem Befinden erbitte mir einige Nachricht.


28/7806.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

freundliche Sendungen und ununterbrochne Theilnahme erwidere mit dem aufrichtigsten Dank. Meine Körperlichkeiten, die mich keine großen Sprünge machen lassen, erlauben mir wenigstens innerhalb meiner Clausur auf dem Blumen- und Pflanzenberge in meiner Art schriftlich und drucklich thätig zu seyn, wovon vielleicht nächstens einiges mit Vergünstigung mitzutheilen wäre.

Der hierbey zurückkommende Vorschlag zur Jubiläums-Medaille hat auch meinen vollkommensten Beyfall. Diesen großen Vortheil hat der bildende Künstler daß er so viel auf einmal zur Anschauung bringen[175] kann; geistreich seyn kann, durch Zeichen und Symbole, wie es mit Worten nicht möglich wäre. Inständig aber wollt ich bitten: niemand weiter zu fragen, am wenigsten die Akademiker. Es ist ein Glück daß die Fächer getrennt sind, so daß es niemals zum Vorscheine kommen kann, wie absurd es mit dem Ganzen aussieht. Sollte man diese meine Ansicht für hypochondrisch oder ungerecht halten, so spricht für dieselbe: daß kaum je zwei, höchst selten sie sich zu drei vertragen. Woraus herauszugehen scheint daß doch im Grunde dieses Zusammenseyns ein innerer Widerspruch obwalten muß.

Zur Johanniskirche will ich mich begeben. Besser wär alles zusammen stehen geblieben, wie vor Alters. Erst sollte das Capellchen abgetragen, dann zur Mutter Gottes der Siegerinn erhoben werden. Da auch das mißglückte, so wird auch kein Stein auf dem andern bleiben. Schon bey der ersten Zerstörungsbewegung war ich dort. Die gemalten Gedächtnißtafeln standen in der großen Gottesackerkirche im Wege. Sie waren alle von der Art daß man sie nicht freventlich, ohne Veranlassung zerstört, aber sich doch auch zu ihrer Erhaltung keine große Mühe gegeben hatte. Bey solchen Dingen, die von ihrem alten Platz genommen werden, ist es so schwer einen neuen zu finden weil sie nirgends hinpassen. In diesem Sinn ist mir der Vorschlag des Consistoriums: die alten kirchlichen Bilder zusammen zu bringen, etwas übereilt[176] Ich trug auch in unterthänigem Berichte darauf an erst an einen Platz zu denken.

Ich lege einen Inschrifts-Vorschlag bey, doch ohnvorgreiflich. Auf die Zukunft hinzudeuten ist vielleicht, in gegenwärtigem Augenblicke, den Umständen ganz gemäß, da in so vielen protestantischen Gemüthern die katholische Legende spukt.

Mich herzlichst empfehlend

Jena den 8. July 1817.

G.


28/7807.


An Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Jena d. 8. July 1817.

Ew. Wohlgeboren so willkommene als entschiedene Art sich zu Gunsten der uralten nur von mir auf's neue vorgetragenen Farbenlehre zu erklären, fordert meinen aufrichtigsten Dank doppelt und dreyfach, da mein Entschluß über diese Gegenstände mich wieder öffentlich vernehmen zu lassen, sich nach Freunden und Theilnehmern umsieht. Hiebey sogleich der Theil eines Heftes, welches nächstens ausgegeben wird. Das Ganze folgt baldigst nach und wünscht ihnen empfohlen zu seyn. Freude und Belehrung hoff' ich von Ihrem Werke, welches nächstens in meinen Händen seyn wird.

Mit vorzüglicher Hochachtung

ergebenstGoethe.[177]


28/7808.


An August und Ottilie von Goethe

Jena d. 10. July 1817.

Abermals ein Absageschreiben. Der Katarrh, den ich freylich ein wenig ritterlich behandelt hatte, will nun auch böse werden und Starke räth mir ab Sonnabend hinüberzufahren. Und so wär denn auch der Spaß verdorben, dagegen kommt Hyoscyamus und Consorten wieder an die Tages-Ordnung. Ich hoffe daß ihr diesen Brief zeitig genug erhalten werdet.

Lebet wohl in Hoffnung baldigen Wiedersehns.

G.


28/7809.


An Johann Gustav Büsching

Ew. Wohlgeboren

verzeihen daß ich auf Ihre mir höchst interessante Sendung so lange nichts erwidert; ich bin aber diese Monate durch so vielerley Anforderungen hin- und hergezogen worden, daß ich durchaus nur einen Theil dessen was ich vorhatte habe liefern können. Gegenwärtig da ich mich zu einer späteren Badereise vorbereite, werde erst dieser alten Schuld wieder gewahr und will lieber, da mir Ihr letzter Brief nicht zur Hand ist, alles Empfangene zurücksenden, weil ich weder eine Auswahl treffen kann, dessen was Sie nöthig haben, noch auch an der Sache selbst irgend[178] etwas zu thun im Stande bin. Übrigens finde die mir zugesendeten neueren Arbeiten sehr schön und zu dem vorgesetzten Zwecke vollkommend hinreichend. Es kommt ja hier darauf an daß man das Interesse anregt, nicht daß man es befriedigt, und ich bin überzeugt, daß wir nach Erscheinung dieser Aufsätze und der dazu bestimmten Bilder, gar bald von vielen Seiten Beyträge und nähere Bestimmung erhalten werden. Mir scheint es auf alle Fälle sehr bedeutend: dasjenige was in Bezug auf geistliche Bücher und Bilder schon gethan ist, auch für das Restliche, Bürgerliche und Politische zu leisten. Es wird dabey zur Sprache kommen, daß nicht allein der ungebildete, sondern auch der durchaus reingebildete, natürliche Mensch dasjenige mit Augen sehen will, was ihm durch's Ohr zukommt, deshalb denn auch die bilderreichen so wie die bilderlosen Religionen ihren Charakter im entschiedenen Gegensatz bethätigen.

Nur soviel für dießmal, damit die Sendung nicht länger zurückbleibe. Haben Sie nöthigen Gebrauch davon gemacht, so erbitte mir die mir zustehenden Papiere, auf dieselbe Rolle gewickelt, gefällig zurück.

Mit den besten Wünschen für das Gedeihen Ihrer Thätigkeit.

ergebenst

Weimar den 10. July 1817.

Goethe.[179]


28/7810.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Bey näherer Überlegung halte meine erst übersendeten Manuscripte zurück, die Ew. Wohlgeb. nicht mehr nöthig haben, und entschuldige mich nochmals wegen verzögerter Sendung.

Jena d. 14. Juli 1817.

G.


28/7811.


An Johann Jacob von Willemer

Wenn ich dießmal, und zwar schon seit drey Monaten, in das jenaische Bergthal aus meinen Fenstern hinausblicke und einer wirklich herrlichen Vegetation täglich genieße, so darf ich jene liebliche Zeichnung, von der famosen Mühle aus, die ich manchen hiesigen Freunden an die Wand gestiftet, nur zufällig wieder in's Auge fassen, so wird mir denn noch der Unterschied zwischen dort und hier gar zu auffallend und meine Sehnsucht nach den lieben Freunden wird einmal über das andere aufgeregt. Nun kommen süße Einladungen, Nachrichten von körperlichen Übeln, bey denen man, wo nicht als heilender Arzt, doch als theilnehmender Freund zu wirken wünschte. Dann hören wir von der Gegenwart vorzüglicher Tonkünstler und von so manchem andern was zu Trost und Freude des Lebens gereichte. Das alles giebt beunruhigende[180] Gefühle, die man allenfalls beschwichtigt, so lange man sich an einen festen Aufenthalt durch Geschäfte gebunden sieht; lösen sich aber diese Bande, wird verlangt, ja gefordert daß man sich vom Platze bewege, daß man, zu Gunsten seiner Gesundheit, sich zu Aufopferung von Zeit und Kräften aller Art entschließe, so möchte man denn freilich den Weg dahin richten, wo Freundschaft und Neigung den reinsten Empfang versprechen. Nun fingen aber die sämmtlichen unbarmherzigen Ärzte ihr entscheidendes Prophetenlied: daß in den böhmischen Gebirgen für dießmal allein Heil zu finden sey! Noch immer wehr' ich mich, fürchte aber jedoch daß ich unterliegen werde, zumal da auch mein Sohn auf der Seite derer steht, die mich nach Osten wollen. Viel Zeit ist nicht mehr übrig und dann bereitet mir zu Anfang August wider meinen Willen eine verdrießliche Badefahrt. Dagegen ist mein Vertrauen auf Mayn, Rhein und Neckar so groß, daß ich dort ohne heißes, oder sonst geistreiches Wasser vollkommen zu genesen hoffte.

Dieser fortdauernde Zwiespalt zwischen meinen Wünschen und den ärztlichen Geboten wird geschärft durch die Einladungen unserer gnädigsten Herrschaften, die sich gegenwärtig alle südlich befinden; durch den Ruf der Freunde, der mir auch aus Zeit und Ferne noch immer so nahe tönt. Und ich werde dadurch vom Schreiben abgehalten, das ich jetzt noch verzögerte,[181] wäre es verantwortlich Ort und Stelle zu verlassen, ohne den Freunden wenn auch ein unerfreuliches Wort zu senden.

Ihr originaler Musicus giebt mir viel zu denken. Ich hatte schon längst im Sinne meiner Farbenlehre auch eine Tonlehre schematisirt, d.h. nach derselben Methode punctweis unter mehrere Rubriken verfaßt, was bey der Tonlehre zur Sprache kommen könnte. Da würde denn freylich sehr förderlich seyn mit Jemandem zu conferiren, der dieses Geschäft auf originalem Wege verfolgt, Theorie und Praxis zusammen walten läßt, besonders auch durch Unterricht die Faßlichkeit und Brauchbarkeit seiner Überzeugungen bewahrheitet. Der wackre Mann und die liebe Schülerin mich sehr weit bringen, da hier nicht von Bekehrung, sondern von freundlicher Belehrung und herzlicher Überzeugung die Rede seyn kann. Soll das nun alles aufgegeben werden, so gehört dazu freylich eine Resignation, die man so spät ausspricht als möglich. Und so muß es denn seyn wenn ich nicht stumm von hinnen scheiden soll, welches zu Anfang Augusts geschehen wird.

tausend Lebewohl

Jena den 11. July 1817.

Goethe.


Doch kann ich das Gegenwärtige nicht absenden, ohne auszusprechen daß ich baldigst Nachricht vom allseitigen Befinden wünsche. Hör' ich denn gar nichts[182] mehr von der lieben guten Rosette! von Kindern und Enkeln! Was vernimmt man vom Sohne? sind den die Hausfreunde, ihre Pfeifchen und Schwänke ganz verstummt? Sollten die Freundinnen mir nicht einmal eine ruhige Stunde widmen und mir von allen Umgebungen und Eigenthümlichkeiten umständliche freundliche Nachricht geben? Ich entsage dagegen den sämmtlichen Bundestagsverhandlungen, enthalte mich aller Theilnahme an Juden und Judengenossen, nicht weniger an manchen andern Frankfurtensien, die ich aus Bescheidenheit zu nennen unterlasse, und bemerke nur daß alles an mich nach Weimar Addressirte mir schnell folgen wird wohin ich mich auch wende.

Mich zu freundlichem und herzlichem Andenken empfehlend

Jena den 17. July 1817.

G.


28/7812.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

Die guten Freyberger haben ihren Werner lebendig nach Dresden geschickt und ihn zwar mit großen Ehren aber doch todt zurück erhalten. Daran sollen die Lebenden erkennen, daß sie so lang und so viel als möglich unter einander in Verbindung bleiben sollen, indem früh oder spät die Nacht kommt, die alles verzettelt. Deshalb, mein Theuerster, send' ich dir wieder einmal ein Päckchen, das wohl einiges enthält was[183] dir und andern Freude macht. Bediene dich dessen in freundlicher Erinnerung meiner und laß mir bald aus deinem Reichtum wieder einige Brosame zufallen. Gehört es zur Zinnformation so gelangt es wieder in mein Lieblingsfach; doch alles was von dir kommt ist lehrreich und so erfreue und belehre mich durch irgend einen Beweis deines Andenkens.

Weimar d. 17. July 1817.


28/7813.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

hiermit zwey Packete zuzusenden und um deren weitere Beförderung zu bitten nehme mir die Freyheit. Die darin eingeschlossenen Hefte überreiche zugleich Hochdenenselben mit dem Wunsch: daß dem Inhalt einiger Beyfall zu Theil werden möge.

Wenn ich die Muße, die mir diesen Sommer gegönnt war, besonders dazu anwendete um ältere und neuere Arbeiten, auf Naturwissenschaft bezüglich, abdrucken zu lassen; so geschah es nicht sowohl in der Überzeugung, daß daraus für Renner und Liebhaber großer Vortheil entspringen werde, als vielmehr um diesem würdigen Kreise meine Ehrerbietung zu bezeigen und mich insofern zu legitimiren: daß ich niemals aufgehört solchen geisterhebenden Gegenständen ruhige Aufmerksamkeit zu widmen und, wo nicht[184] weitausgreifend doch an Grund und Hauptlehren festhaltend, mich dergestalt auszubilden daß ich nicht möge unwerth geachtet werden einer freundlichen Theilnahme auch von Seiten der Meister so anziehender Wissenschaften. Als einem solchen lege jene Hefte Ew. Hochwohlgeb. vor, mir fernere geneigte Aufmerksamkeit und Förderung erbittend.

Weimar d. 19. July 1817.


28/7814.


An Hugo Franz Altgrafen zu Salm

Hochgeborner Graf,

Hochverehrter Herr!

Ew. Exellenz geneigtes Schreiben mit ehrenvoller Beylage ist mir seit geraumer Zeit schon geworden und ich hätte nicht ermangelt Hochdenenselben, sowie der verehrten Gesellschaft meinen gefühltesten Dank abzustatten, wäre die Sendung die ich beyzufügen wünschte früher als nachher die Umstände erlaubten vollständig geworden.

Da nun aber wenigstens beyliegende drey Hefte abgeschlossen sind, so mache mir zur Pflicht solche ungesäumt abzusenden, mit dem Wunsche: daß die darin enthaltenen Bemühungen auch in Ihrem Kreise den Freunden der Natur und Kunst, ja des Wissens überhaupt, einigen Antheil abgewinnen mögen.

Da mir für jetzt Absonderung und Muße gegönnt ist, so denke ich früher aufgestellte, bisher bestrittene[185] Behauptungen zu völliger Klarheit zu bringen, welche ich mir um so mehr zur Pflicht rechne, weil ich hoffen darf, daß der Theoretiker sowohl als der Praktiker erleichternde Vortheile dabey finden werde.

Ich verfehle auch künftig nicht die Fortsetzung meiner Arbeiten der verehrten Gesellschaft ungesäumt vorzulegen, um mich der Auszeichnung, womit ich beehrt worden, einigermaßen würdig zu machen.

Der ich auch Ew. Exellenz immer empfohlen zu seyn wünsche und von den Arbeiten Ihrer thätigen Gesellschaft, von der mir schon mancherley Rühmliches zugekommen, von Zeit zu Zeit etwas zu vernehmen hoffe.

Mit ausgezeichneter Hochachtung und Anerkennung

Ew. Exzell.

ganz gehorsamster Diener

Weimar, den 20. Juli 1817.

J. W. v. Goethe.


28/7815.


An Georg Sartorius

Alle diese Tage her, mein Werthester, widme ich Ihnen eine Zuschrift, welche mancherley enthalten sollte, und nun kommt Ihr freundliches Schreiben, meinen Glauben bestärkend an den alten Magus, welcher spricht: Immanet aër sicut anima communis quae omnibus praesto est, et qua omnes communicant invicem. Quapropter multi sagaces spiritus[186] ardentes subito ex aëre persentiscunt quod cogitat alter homo. Hierauf denn sogleich einige, wenn auch flüchtige Erwiderung.

Seit dem 21. März bin ich in Jena und habe in meinem Leben hintereinander nicht so viel Altes wiederholt, durchgedacht, aufgefrischt, redigirt, dictirt, ja immerfort drucken lassen, als wie diese Zeit her. Es mußte ja wohl auch einmal eine solche Epoche kommen, und ich wünsche, daß ich sie zu unterbrechen nicht nöthig habe.

Das Heft, welches ich durch mein Schreiben begleiten wollte, geht nächstens hier ab; geben Sie Ordre, daß es ihnen an die Schwefelquelle nachgesandt werde. Es ist wunderlich genug, um allenfalls dort einige Unterhaltung zu geben. Sogleich ein paar Bogen als Vorläufer, die ich aber nicht aus Händen zu geben bitte.

Lebhaft wie Ihr Wunsch ist der meinige, daß wir uns einmal wieder aussprechen und ausschwätzen mögen; denn gerade bey der Preßfreiheit und Preßsicherheit mag man nicht mehr schreiben, man muß immer fürchten, das babylonische Idiom noch mehr zu verwirren. Zu Michaelis erhalten Sie auch Neapel und Sicilien in dem Sinn, wie die vorhergehende Reise, und sie wird Ihnen, hoff' ich, ebenso viel bringen. Mir ist um nichts mehr zu thun, als so lang es noch gehen will, mich mit denen zu unterhalten, die mir gewogen sind.

[187] Da hab' ich denn, welches ich nicht verschweigen will, einen besonderen idiosynkratischen Trieb; daß ich meinen westöstlichen Divan, von dem Ihnen ja wohl irgend ein paar Musterstücke vorgekommen sind, gar zu gern meinen lieben beiden Gevattersleuten vorlesen möchte, und dieser Wunsch ist nun lebhaft seit 1815, wo das Werklein zu seiner gegenwärtigen Gestalt gelangte. Seit der Zeit ist nichts mehr daran geschehen, denn dergleichen, was aus dem Leben entsprang, will wieder lebendig mitgetheilt werden, damit es frisch wieder frisch aufschwelle und in seinen möglichen Knospen und Augen fortwachse. Nun stockt das alles in dem Winter politischer Zwiespaltsgegenwart, wo man ja auch nicht einmal in guter Gesellschaft ein heiteres, Geist und Seele befreyendes Lied so leicht mehr vernehmen wird.

Nach Italien wie, ich aufrichtig gestehe, habe ich keine weitere Sehnsucht; es ist ein in so manchem Sinn entstelltes und so leicht nicht wiederhergestelltes Land; von meinen alten Liebschaften und Thätigkeiten fänd' ich vielleicht keine Spur mehr. Neues zu säen und zu pflanzen ist zu spät, und wer möchte sich mit den neuesten Verirrungen dortiger deutscher Künstler persönlich befreunden oder befeinden.

Was mich aber, wenn ich einigermaßen mobil wäre, gewiß vom Platze ziehen würde, wären die Elginischen Marmore und Consorten, denn hier ist[188] doch allein Gesetz und Evangelium beysammen; alles Übrige könnte man allenfalls missen. Das vorläufige deshalb herausgegebene Werk läßt freylich noch Mehreres hoffen. Ich habe in England aufgestellt, um Kupfer oder einstweilige Zeichnungen baldmöglichst zu erhalten. Es ist doch wenigstens eine wohltätige Andeutung.

Und so immer im Anblick der jenaischen Kalkberge, welche dieses Jahr bey feuchtem Wetter höher hinauf als gewöhnlich grünen, den Freunden freundlichst angeeignet.

Jena, den 20. July 1817.

G.


28/7816.


An Johann Heinrich Meyer

Schreiber hat mit mir gesprochen und ich habe ihm, wie Sie wohl voraus sehen konnten, dringend angerathen den Dienst bey Frau von Heygendorf anzunehmen. Bis Michael mag er in dem bisherigen Verhältniß bleiben, alsdann soll es ganz auf Sie ankommen, wie Sie Ihr Revier wollen bedienen lassen. Bey dem jetzigen gespalteten Geschäft kann ohnehin die Dienerstelle auf bisherige Weise nicht besetzt werden. Möchten Sie doch durch die Courage unseres Rehbein bald wieder hergestellt werden.

Auch mich hatte eine Verkältung in sehr schlechte Zustände versetzt, weshalb ich auch meinen Besuch in Weimar aufgeben mußte. Geh. Hofrath Starke wirkte[189] sogleich durch spanische Fliege und Gift, wodurch denn freylich das Übel schnell genug vertrieben wurde, aber das Cerebral-System empfindet von der Cur noch einige Hinderniß.

Die Prinzessinnen sind sehr munter und artig; zu Ende des Monats gehen sie von hier ab und es wird beiden Theilen erfreulich seyn wenn Sie, mein Werthester, die guten Kinder und ihre freundliche Umgebung manchmal in Belvedere besuchen, ihre hiesigen Studien haben recht artig gefruchtet.

Der Brief den Sie mir rücksendeten ist freylich der seltsamste Mischmasch. Ein schönes praktisches Talent liegt zum Grunde, Maximen, Überzeugungen, Individualität, äußere Einwirkung gehen aber chaotisch durch einander. Manche andere Briefe, auch persönliche Unterhaltung, woran es hier mit Einheimischen und Fremden nicht fehlt, sind zwar in sich selbst nicht so widersprechend, deuten aber auf die schrecklichste Weltverworrenheit. Jedes Fundament worauf besonders bildende Kunst gegründet seyn müßte ist durchaus verloren, weder im Praktischen noch Theoretischen sieht man Heil. Nicht mehr ist Wahrheit dem Irrthum, sondern Irrthum dem Irrthum entgegen gesetzt, wir werden zu wunderlichen Litaneyen bey'm Wiedersehen vollen Anlaß haben. Da wir nun aber einmal die kühnen Worte durch den Zaun der Zähne durchgelassen haben, so müssen wir nun wohl überlegen, inwiefern zu schweigen,[190] abzuwarten und weiter zu sprechen sey. Ich bilde mir ein hierüber einige gute Offenbarungen mittheilen zu können, denen ich die Beystimmung Ihrer Geister wünsche.

Auf diesen und andern Thätigkeiten beruht meine Hoffnung für den nächsten Winter. Mein naturwissenschaftliches Heft folgt nächstens. Möge ich bald vernehmen, daß es Ihnen wohl geht.

Jena d. 21. July 1817.

G.


28/7817.


An Carl Ludwig von Knebel

Herzlichen Dank für deine Liebe und Sorgfalt. Laß dir die böse Wirkung deiner gestrigen Lektüre eine Warnung seyn! Nach dem biblischen Ausspruch mögen die Philosophen ihre Philosophen begraben. Gleicherweise nehm ich auch das Anerbieten von etwas älterem Weine an und schicke deshalb noch heute ein Dutzend Flaschen, auch allenfalls etwas mehr. So läßt sich alsdann jenes leichtere jugendlichere Feuer wohl dazwischen vertragen. Zugleich sende, um alle leidige abstracte Geister zu verjagen, ein Packet concreter Heiterkeit; laß dich das wenige Corrigirte und zu Corrigirende nicht irren. Nur gleich frisch hinunter mit der Dose: probatum est! Übrigens müssen wir heute nothwendig eine Stunde spazieren fahren.

Treugesinnt

Jena den 21. July 1817.

G.[191]


28/7818.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Jena den 22. July 1817.

Ew. Wohlgeboren

gefälliges Schreiben datirt vom 12. July, dem Postzeichen nach aber erst am 17. ej. abgegangen, erhalte den 22. d. M. Ich vermelde daher nach Leipzig poste restante daß Sie mich in den ersten Tagen des August hier finden werden, wo mir nichts Angenehmeres begegnen könnte, als Ihre langersehnte persönliche Bekanntschaft zu gewinnen und über ein gemeinsames Geschäft zu sprechen welches mir in der letzten Zeit besonders neuen Antheil abgewonnen hat.

Mich bestens empfehlend

Goethe


28/7819.


An Carl Ludwig von Knebel

Hier sende, mein lieber Freund, eine Melone, welche baldigst mit den lieben Deinigen zu verzehren bitte; ich habe auf den Genuß dieser schönen Frucht ganz renunzirt.

Zugleich aber kommt eine Blumenkohlstaude, welche heute Abend, wenn es gefällt, collegialiter gespeist werden könnte.

Um 5 Uhr wäre wohl abermals, wenn das Wetter sich hält, eine Spazierfahrt zu versuchen.

Jena d. 24. July 1817.

G.[192]


28/7820.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß durch den Postwagen eine Sendung an Dieselben abgegangen. Ein Packet, in schwarzem Wachstuch, enthält drey Hefte mannigfaltigen Inhalts, welche zu geneigter Aufnahme bestens empfehle; auch zu weiterer Beförderung die beiden Packete an des Herrn Fürst Metternich Ochsenhausen Durchlaucht, wie auch an des Herrn Altgrafen von Salm in Brünn Exellenz.

Möchte mich durch diese Arbeiten eine nähere Verbindung mit den dortigen Freunden der Wissenschaft und Kunst und manche Belehrung über die angeregten Gegenstände zu Theil werden! So wie durch die Auflösung des lapidarischen Räthsels mir und allen thüringischen Alterthumsfreunden große Belehrung und Ergötzung geworden ist.

Mein gnädigster Herr der Großherzog ist von der Badereise noch nicht zurück, und ich freue mich denselben bey seiner Wiederkunft unter andern wissenschaftlichen Erfreulichkeiten, vorzüglich durch jene antiquarische Entdeckung würdig zu empfangen.

Mich zu fortdauernder Wohlgewogenheit auf's angelegentlichste empfehlend.

Weimar den [25.] July 1817.[193]


28/7821.


An Johann Heinrich Meyer

Jena d. 25. July 1817.

Hierbey, mein Bester, die verlangte Empfehlung. Ich überlasse Ihnen ob Sie den Brief Schreibern selbst einhändigen wollen damit er ihn an die Dame bringe, oder ob Sie ihn durch Rehbein wollen überreichen lassen, der wohl noch ein kräftiges Wörtchen dazu spricht. Manches andere hab ich in Gedanken, worüber wir uns wohl einmal sprechen.

Da Frau von Hopfgarten freylich bey der großen und schnellen Unterbrechung der hiesigen Lehrstunden alle Hoffnung auf Sie, mein Werthester, gesetzt hat; so darf ich Sie zu Anfang künftigen Monats nicht herüber laden. Staatsrath Schultz kommt zu mir, und da werden die Farben schön herum tanzen. Sobald er weg ist kommen wir einmal in Rötschau zusammen da wir denn das Nothwendigste besprechen wollen.

Die Bewegungen unter den Nazarenern zeigen durchaus, daß sie gar wohl fühlen Ihr ganzes Wesen habe auf Schonung beruht und müsse wo die versagt wird untergehen.

Einen heitern Einfall den ich sogar für gut halte communicire nächstens.

In diesen Tagen wird mein Abschied von Kniep in der Druckerey gesetzt und mit Ende des Monats[194] bin ich dieser wiederholten Reisenoth los. Es hängt nun von mir ab ob ich mich wieder in eine neue begeben, oder von meinen Fenstern aus im Angesicht des Hausbergs und Jentzigs erwarten will, was sich zu mir herbewegt.

Die Aufträge wegen der Kupferwerke sind unmittelbar nach Leipzig, ich wünsche doch daß wir manches erhalten. Einiges Rückstehende besorge und wünsche bald von Ihnen zu hören.

G.


28/7822.


An Caroline von Heygendorf, geb. Jagemann

[Concept.]

Sehr gern ergreife ich eine Gelegenheit, liebe schöne Freundin, Ihnen zur glücklichen Wiederkehr meinen Antheil zu bezeigen. Frau Hofrath Schopenhauer erzählt mir daß Sie wohl und munter sind und ich freue mich schon zum voraus auf das Vergnügen welches Sie uns für die nächste trübe Jahreszeit versprechen.

Die Veranlassung zu Gegenwärtigem ist jedoch ein Gesuch des N. N. Schreiber, welcher eine Zeitlang bey mir Bedienter gewesen und empfohlen zu seyn wünscht da ihm einige Hoffnung geworden in Ihre Dienste zu treten. Als er in die meinigen kam war er noch ziemlich roh, allein ich konnte mit seiner Bereitwilligkeit, bey guter körperlicher Constitution, so wie mit[195] seiner Thätigkeit und Gewandtheit in allen Arten Dienstleistungen gar wohl zufrieden seyn.

Eine Zufälligkeit, die ihn gerade eine Zeitlang unbrauchbar machte, als ich eine sorgfältige und anhaltende Wartung am nöthigsten hatte, konnte ihm weder meine Gunst noch mein Vertrauen entziehen, so daß ihm bisher möglichst nachgeholfen habe und ihn auch, wenn ich gerade nicht schon gut versehen wäre, allenfalls wieder in meine Dienste genommen haben würde. Dieses alles berechtigt mich zu einer aufrichtigen Empfehlung, die er, wie ich ihm schon mündlich eingeschärft habe, wenn er das Glück erhalten sollte Ihnen nah zu seyn, durch das beste Betragen verdienen mag.

Bewahren Sie mir ein geneigtes Andenken und gehen mich nicht vorbey, wenn Sie die angenehmen Gegenden von Jena durch Ihre reizende Gegenwart zu verschönern sollten angeregt werden.

Möge Ihnen alles Gute gegönnt seyn!

Jena den 25. July 1817.


28/7823.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Ew. Excellenz

habe seit einiger Zeit nicht geschrieben und Ihren gewogentlichen Brief bisher unbeantwortet gelassen; aber eben eine Stelle desselben beschleunigte den Entschluß[196] über unsere Bibliotheks-Angelegenheiten meine Gedanken zu sammeln, schnell eingreifend Vorschläge zu thun und zu einsichtiger Beurtheilung darzulegen.

Mündlich möchte wohl der ganze Complex des Geschäftes, welches weitläufig genug ist, einmal zu besprechen seyn; vor der Hand glaub ich, daß eine Einrichtung wie die in beyliegenden Pro-Memoria vorgeschlagen ist, einen Anfang und Eingang zu künftiger besserer Ordnung und geregelter Thätigkeit machen werde. Wären die Anfänge des Geschäfts auf diese Weise bestimmt, so könnte man nach und nach an die übrigen Puncte gehen, wo sich denn manche Stockung auflösen und ein ordnungsgemäß abgemessener Schritt für die Zukunft herstellen würde.

Die verschiedenen in beykommendem Blatte bezeichneten Geschäfte machen eigentlich einen Complex aus, welchen zusammen der Secretär Kräuter gar wohl übernehmen könnte. Er arbeitet schon über ein Jahr unter meiner Leitung und seit sechs Wochen, daß er hier ist, hab ich durchaus das Augenmerk gehabt ihn nicht allein in allen demjenigen was Canzleyführung ist, sondern auch in typographischen Ansichten und Fertigkeiten, nicht weniger zu höherem Literarischen immer weiter anzuführen, zu prüfen und zu bilden. Genehmigen Ew. Excellenz meine Vorschläge so kann vor allem mit dem neuen Vermehrungsbuch der Anfang gemacht werden, das ohnehin schon vorschriftsmäßig ist, dadurch wird ein Grund gelegt auf welchem[197] man weiter fortbauen kann. Ist einmal Ein Theil des Geschäfts bestimmten Personen überwiesen, so kann man alsdann wegen Vertheilung der übrigen Geschäfte an die andern Personen Verfügungen treffen und sie zur Pflicht ermuntern ohne wegen des vergangenen Mißfälligen sträflich zu thun.

Ew. Excellenz verstehen worauf ich ziele. Jene Vernachlässigung war mir selbst höchst unangenehm, auch werde mich darüber mündlich näher erklären und es wird sich auf dem eben von mir vorgeschlagenen Wege gar wohl zur Remedur gelangen lassen.

Jena d. 29. July 1817.


28/7824.


An Sulpiz Boisserée

Die Heidelberger Kunstfreunde schauten zufällig Abends in der Dämmerung auf das van Eyckische Mittelbild. Die rothen Gewänder des Joseph und der Könige erschienen ihnen ganz dunkelschwärzlich, das blaue Gewand der Maria hingegen zu ihrem großen Erstaunen hell-weißlich, gleichsam als wäre die Farbe davon abgerieben. Sie holten Licht, und siehe, gleich stellte sich das alte Verhältniß der Farben wieder her, ohne daß irgend am Firniß oder sonst etwas verändert gewesen wäre.

Hierüber läßt sich, der echten Farbenlehre gemäß, folgende Auskunft geben. Jene Bilder sind auf[198] weißen Grund gemalt und die Lasuren, der große Vortheil der Ölmalerey, einsichtig technisch durchaus angewendet. Die Hauptmaxime worauf alle diese Vortheile beruhen ist, daß die Farbe als ein dunkles einen hellen Grund hinter oder unter sich haben muß, der sie erst zur Erscheinung bringt. Nun ist diese rothe Farbe der Gewänder, (wer weiß wie oft,) über den hellen Grund gezogen, bis der Purpur seine völlige Kraft und Sättigung erlangt hatte. Daher wird ein helles Licht erfordert und durch diese Farbenlagen hindurch bis auf den weißen Grund zu bringen und von dorther die Kraft des Rothen dergestalt zu beleben, daß es dem Auge in seiner Specification erscheine. Dagegen mußte die Dämmerung jenes Rothschwarz aussehen, weil nur das allgemeine, die Dunkelheit und Düsternheit der Farbe dem Auge fühlbar wird, das Umgekehrte aber fand sich bey'm Blau. Dem Gewande der Maria liegt nämlich gleichfalls ein reines Weiß zum Grunde, über welches nur ein leiser Hauch von Blau gezogen ist, das am Tage als die schönste Färbung erscheint. In der Dämmerung aber verschwindet das Minimum des specificirten Blau: es wird zu einem Grau und das unterliegende Weiß gewinnt seine Kraft. So erscheint das Gewand, gewiß aber nur an den hellsten Theilen, weißlich und wie alles Weiß in der Dämmrung graulich.

s. m.

Jena d. 18. July 1817.

G.[199]


Jena d. 29. July 1817.

Beykommendes liegt wie Sie sehen schon eine Weile und sollte eigentlich nur Beylage seyn. Heute aber soll es, da die Schleuse einer Expedition geöffnet wird, auch mit durchgehen und wenn es auch nichts weiter als sich selbst brächte.

Zuvörderst also, daß mein Heft von 12 Bogen, wovon ein Theil schon in Hegels Händen seyn muß, fertig ist um auszufliegen, aber nicht fertig dem inneren Sinne und der Behandlung nach, als wo wir niemals fertig zu werden hoffen. Ferner ist der zweyte Band der Italiänischen Reise gleichfalls zu Ende gedruckt und der unselige Wandernde sieht so eben die Campagna felice mit dem Rücken an. Gar vieles ist vorbereitet und schematisirt und das alles hab' ich unter guter jüngerer Gehülfschaft in vier Monaten zu Stande gebracht.

Was aber folgt daraus, als daß ich, zwar nicht müde, aber doch nicht reiselustig bin. Aber eben jetzt, weil so manches geschehen, seh' ich wie unendlich viel zu thun ist. Vielleicht wäre es gescheidter gewesen diese alten Knaule in's Feuer zu werfen, neue zu zwirnen und noch einmal mit Lust in's bewegte Leben hinein zu gehen. Es sollte aber such nicht seyn und ob ich gleich ziemlich in alles finde, was sich ergiebt, so verwünsch ich doch manchmal wieder den Fahr-Dilettanten, der uns auf dem Wege zu ihnen umwarf. Es ist unglaublich was[200] ein solcher Zufall eine Lebensthätigkeit und folglich eine Lebensgeschichte verrückt.

Nun leben Sie recht wohl da ich durch die ausgesprochenen Betrachtung genugsam andeute, daß mich die Aufforderung ihres letzten Briefs ungeduldig, ja beynah unglücklich macht.

Möge Ihnen alles so wohl ergehen, als ich aufrichtig an dem was Sie betrifft und berührt herzlichen Antheil nehme.

Jena d. 29. July 1817.

G.

Ihr Nächstes trifft mich in Weimar.


28/7825.


An Johann Heinrich Meyer

Jena den 29. July 1817.

Einen wunderlichen Zweifel einer Gedächtnißverwechslung muß ich Ihnen vorlegen. Es scheint mir als ganz gewiß daß ich den Herkules Farnese in dem mittlern Saal der neapolitanischen Porzellan-Fabrik Anfangs Juny 1787 gesehen habe, und doch will es mit den übrigen Erinnerungen nicht recht zusammen stimmen. Mögen Sie dem Überbringer, da Sie die Sache allein und bald entscheiden können, das letzte Wort sagen und mich dadurch aus meinem Zweifel reißen.

Nächstens mündlich gar manches andere.

G.[201]


28/7826.


An Julius Eduard Hitzig

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben durch Ihr geneigtes Schreiben eine sehr angenehme Empfindung in mir erregt, denn da ich, an der Stelle welche in mir erregt, denn da ich, an der Stelle welche mir ein günstiges Geschick zuzutheilen beliebte, den Glauben nicht verlieren darf, daß der Mensch einer Besserung, Ausbildung und Vollendung fähig sey und daß der größte Vorzug seiner Gattung darin bestehe, daß er sich zur Selbstbeherrschung erheben könne; so muß mir nichts willkommner seyn, als wenn diejenigen, welche bestellt sind gegen das Gesetzlose zu wirken, nach Einsicht und Gewissen, von gleicher Hoffnung geleitet, zu mildem Entschluß sich bewogen fühlen.

Konnten die redlichen Aufklärungen die ich in der Sache zu geben im Stande war etwas dazu beytragen, daß bey den hohen und höchsten Behörden jener Glaube gestärkt und einem wirklich fähigen und brauchbaren Menschen Zeit und Raum gelassen wurde seine Verirrungen einzusehen, zu vermeiden und in reine Thätigkeit aufzulösen, so muß ich mich nothwendig darüber höchlich freuen, mit dem Wunsch, daß dieser humane Versuch gelingen und zu ähnlichen in der Folge Überzeugung und Muth geben möge.

Zugleich wünsche nichts mehr als daß Ew. Wohlgeboren[202] meiner Dankbarkeit für geneigte Einwirkung und mir mitgetheilte gefällige Nachricht versichert seyen.

Jena d. 29. July 1817.


28/7827.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verzeihen, daß ich durch eine längere Abwesenheit und manches unerwartet zubringende Geschäft gehindert Dero geneigtes Schreiben vom [10. Mai] bisher noch nicht erwidert, noch den Empfang der zugesagten Summe durch Herrn Genast anerkannt und bescheinigt habe.

Nehmen dagegen Ew. Wohlgeboren die Versicherung daß ich bey dem so großen und manche Schwierigkeiten androhenden Unternehmen sehr gern auf jede Weise meine Theilnahme bethätigen werde. Wie ich denn zum Beyspiel wenn dereinst die Aufführung der beiden Theile des Götz von Berlichingen sich nähern sollte, manche Bemerkung und Veränderung besonders zur ersten Hälfte gern mittheilen werde. Ich ward neulich veranlaßt darüber nachzudenken, und glaube noch einiges Erleichternde und Wircksame gefunden zu haben.

Lassen Ew. Wohlgeboren mich von Zeit zu Zeit[203] erfahren wie Ihre Angelegenheit vorschreite und was allenfalls wünschenswerth seyn könnte.

Der ich die Ehre habe mich mit besonderer Hochachtung zu unterzeichnen.

Jena d. [29?] July 1817.


28/7828.


An Clemens Wenzel Nepomuk Lotharvon Metternich

Durchlauchtigster Fürst,

gnädigster Herr,

Ew. Hochfürstliche Durchlaucht haben die Gnade gehabt eine vielfache Gabe mir unerwartet zuzutheilen und mein Vertrauen vollkommen zu bestätigen, welches mir den Winck gegeben: daß nur da befriedigende Auflösung eines uralten Wort-Räthsels zu hoffen sey wo diplomatische und literarische Talente sich vereinigen. In dem Kreise welchen Höchstdieselben beleben sind beyde unablässig wircksam und so kommt denn auch mir und denen die sich mit vaterländischen Alterthümern beschäftigen solcher Vortheil zu statten. Hr. v. Hammers vielseitiges Talent leuchtet auch hier und ich verfehle nicht ihm meinen Danck für so manigfache Belehrung, bey einer sich mir eben darbietenden Gelegenheit gebührend abzutragen.

Daß nun jene durchaus überzeugende Enthüllung mir zugleich ein Beweis Höchstihro unschätzbaren Andenckens wird macht mich Höchst glücklich. Die Munifizens eines deutschen Kaysers gegen ein Thüringisches[204] Kloster, vor tausend Jahren erscheint mir um so bedeutender als die verehrlichste Auszeichnung, deren unseres gegenwärtig glorreichst regierenden Monarchen Majestät mich würdigte, aus Ew. Durchlaucht vermittelnden Händen mir zu Theil ward.

Verzeihen endlich Höchstdieselben wenn, in dem Gefühl daß meine literarische Wircksamkeit einiges Interesse für Ew. Durchl. behalten, ich beykommende Hefte zu übersenden mir die Freyheit nehme; deren frühere sich an die Zeit anschließen wo die Allerhöchste Gunst am wiedergewonnenen, vaterländischen Rheine mich überraschen, beglücken und zum ewigen Schuldner machen sollte.

Der ich mich zu fortdauernder Gnaden und Hulden dringend empfohlen wünsche. Verehrend

Ew. Hochfürstlichen

Durchl.

unterthänigster

Diener

Weimar d. 30. Juli 1817.

J. W. v. Goethe.


28/7829.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Durchlauchtigste Erb-Großherzogin

Gnädigste Frau!

Ew. Kaiserl. Hoheit in diesem Momente schriftlich unterthänigst aufzuwarten, wo die lieben, theuren[205] Häupter Jena verlassen, halte ich für dringende Schuldigkeit; mir ist das Glück zu Theil geworden, dieser hoffnungsvollen Jugend während ihres Aufenthaltes öfters zu nahen und die Eindrücke zu beobachten, welche der ihnen ertheilte Unterricht nach und nach bewirkte.

Hiebey darf ich nun soviel versichern, daß die sämmtlichen Männer das ihnen geschenkte Vertrauen vollkommen gerechtfertigt und jeder nach Beschaffenheit und Art seiner Wissenschaft das Faßliche und, insofern es die Gegenstände erlaubten, das Unterhaltende und Angenehme zur Sprache gebracht. Hiedurch ist ein Anfang eingeleitet, welcher fortgesetzt werden, ein Grund gelegt, worauf man bauen kann. Da ist mir denn bey der Aufmerksamkeit, der Fassungskraft, dem Gedächtniß unsrer lieben Schülerinnen die Überzeugung geworden, daß auch eine Unterbrechung gerade nicht schädlich seyn werde: denn was einmal jungen Geistern anvertraut, in ihren aufgeregt ist, wirkt im Stillen fort und vermehrt sich durch allgemeine tägliche Erfahrung, indem alle, auch die verschiedensten Einzelheiten irgendwo angereiht und eingeordnet werden können, weil schon durchgreifende Lehren und ähnliche Gegenstände ordnunsgemäß eingeprägt worden, wornach sich alles Hinzutretende gern und methodisch richtet. Deshalb kann man auch überzeugt seyn daß jede didaktische Fortsetzung solcher Übungen, sie geschehe wann sie wolle, den[206] ganzen Wissensvorrath sogleich wieder beleben und in Zug bringen müsse.

Die gnädigsten Denkzeichen Ew. Kaiserl. Hoheit zufriedener Anerkennung haben sämmtliche Männer mit unterthänigstem Dank empfangen und wünschen nichts mehr, als Gelegenheit den ihnen selbst so angenehmen und zu mancher wichtigen Bemerkung Anlaß gebenden Unterricht seiner Zeit fortsetzen zu dürfen.

Da die würdige Frau Oberhofmeisterin sich selbst in dem Laufe dieser Wochen mit den Gegenständen bekannt zu machen, sich von den Lehren zu durchdringen gewußt, so wird dieselbe persönlich die Fortleitung und Vermehrung des einmal Gewonnenen bey den theuern Zöglingen am besten bewirken können.

In wenigen Tagen hoffe auch ich in Weimar wieder nachzufragen und in Beystand des Hofrath Meyers für den Augenblick wenigstens soviel zu wirken, daß, bis zum Einlangen Ihro Kaiserl. Hoheit gnädigsten Befehle, die Zeit auf's beste benutzt und, durch Verwendung auf Zeichnen und Sprachstudium, ausgefüllt werde, somit auch diese nothwendigen Theile höherer Bildung an die Reihe kommen. Wie denn was besonders Mineralogie betrifft, eine mitzutheilende kleine methodische Sammlung zu beliebiger Anfrischung des Gedächtnisses Anlaß geben kann. Auch der Belvederische botanische Reichtum wird in Spazierstunden gewiß mehr Aufmerksamkeit als sonst an sich ziehen, und zu Erweiterung der einmal aufgefaßten sinnlichen[207] Welt genugsam beytragen, worüber Höchstderoselben Anordnungen und Befehle erwartend, alles Heil und Segen wünschend p p.

Jena den 1. August 1817.


28/7830.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Möge Beykommendes Ew. Hochwohlgeb. mehrmals angenehm erinnern, wie nützlich Sie unsern lieben Fürstenkindern gewesen, welche dießmal sehr ungern von hinnen scheiden, da zu einem heitern ländlichen Aufenthalt sich eine gründliche und erfreuliche Belehrung gesellte.

Ihro Kaiserl. Hoheit finden große Beruhigung in dem Gedanken, wie vieles Gute sich aus solchen glücklichen Anfängen entwickeln werde, und so wünschen nichts mehr, als daß eine Fortsetzung so schöner Bemühungen früher oder später Statt haben könne.

Möge uns gegönnt seyn an dem Wachstum dieser hoffnungsvollen Sprößlinge noch manche Jahre als theilnehmende thätige Zeugen reinen Genuß zu erleben.

Daß ich befehligt sey, einen so hohen Auftrag auszurichten, rechne mir zu Glück und Ehre und empfehle mich zu fernerm gewogenen Andenken.

Jena den 1. August 1817.[208]


28/7831.


An Johann Gottfried Schadow

Weimar, den 1. August 1817.

Ew. Wohlgeboren

kann ich zwar in dem Augenblick auf Ihre reiche Zuschrift nicht, wie ich wohl wünschte, umständlich erwidern, das aber will ich zu sagen nicht verfehlen, daß es mir viel Freude gemacht hat, von Ihren Ansichten, Wirken, Überzeugungen und Urtheilen das Nähere zu vernehmen. Besonders wünsche Glück, daß Sie ein paar geschickte technische Arbeiter zur Hand haben, worauf denn doch bey der Vollendung alles ankommt. Sieht man nur erst einmal, daß die Schwierigkeiten des Erzgießens nicht so unüberwindlich sind, als wie man sie gewöhnlich hält, so wird die Plastik, von welcher die bildende Kunst in Deutschland doch nur allein ihr Heil zu erwarten hat, immer mehr in Ausübung kommen. Wozu uns allen, besonders auch Ew. Wohlgeboren als thätigem Künstler Glück wünsche.

Was mich aber veranlaßt Gegenwärtiges abzusenden, sind die Vorschläge zu den Inschriften des Rostocker Monuments; es sind nur Vorschläge, damit doch wenigstens etwas zur Beurtheilung in der Mitte liege.

Die Figur des Helden zum Breslauer Monument ist recht glücklich variirt und wird sich recht gut ausnehmen; die Bürschchen am Piedestal machen sich ganz[209] artig. Das Basrelief müßte freylich viel einfacher seyn, die Vorschläge der guten Herrn Beauftragten kommen mir nicht sehr künstlerisch vor. Da jedoch die Sache noch im Weiten steht, so könnte darüber noch manchmal consultirt werden.

Wahrscheinlich haben die Berliner Medailleurs auch auf das Reformations-Fest vorgearbeitet und kleinere Denkpfennige wie die früher überschickten, von einem Gulden bis zu einem Thaler ausgeprägt; ist dieß der Fall, oder geschieht es noch in diesem Monat, so wünschte deren etwa für zwey Louisd'or, welche auf der fahrenden Post an mich zu senden bitte; sollten sie noch nicht fertig seyn, so ist es noch Zeit wenn ich sie vor Anfang Septembers erhalte. Ein Wörtchen Nachricht würde mir deshalb sehr angenehm seyn; die Erstattung geschieht sogleich.

Der ich recht wohl zu leben und mir Neigung und Antheil zu erhalten wünsche.

Goethe.


28/7832.


An Carl Ludwig von Knebel

Hiebey sende das Imhofische Manuscript, ingleichen Klage und Klatsch um Wernern, geschrieben und gedruckt. Diesen Nachmittag um Uhr sende ich dir den Wagen, du trittst einen Augenblick bey mir ab. Wir fahren zusammen an den bestimmten Ort.

Alles Gute wünschend

Jena den 3. August 1817.

G.[210]


28/7832a.


An Friedrich Theodor Kräuter

In Hoffnung mein lieber Kräuter daß Sie wohl und thätig begrüße ich Sie mit wenigen Worten. Ende der Woche komme ich auf alle Fälle. Senden Sie mir Mittwoch wieder einige Eßwaare. Wohl zu leben wünschend.

Jena den 4ten Aug. 1817.

G.


Sodann wünschte ich, daß Sie Herrn Kanzlyrath Vogel in meinem Nahmen für das Überschickte danckten und äußerten, daß ich bey meiner nächsten Ankunft in Weimar alles besorgen und berichtigen würde.[151]


28/7833.


An August von Goethe

[Concept.]

[Jena, 5. August 1817.]

Nach vollbrachten drey Tagen in Gesellschaft des Herrn Staatsrath Schultz sehe ich nun wohl ein, daß wenn wir heute und morgen noch hier bleiben, so entledigen wir uns aller Studien und Pflichten. Deshalb ist mein Vorsatz Donnerstag früh von hier abzugehen, und vor Tische bey euch zu seyn, worauf ihr euch freundlichst einrichten möget. Mittwoch Abends erwarte ich noch ein Wort von dir; Speise und Trank ist gerade nicht nöthig, von letzterem bleibt mir noch etwas übrig. Kann ich jedoch eine Melone erhalten, so wird es mir sehr angenehm seyn, um Knebeln, der sie sehr liebt, noch zum Schlusse eine Artigkeit zu erzeigen.

Seltsam genug, habe ich vom Geheimen Rath Wolf einen Brief vom 1. August, welcher mancher Kleinigkeiten erwähnt, aber des Brandes nicht. Hat hier der Geist der Seltsamkeit bey ihm gewirkt, oder ist es eine Fabel, das muß ich nächstens aufklären.

Übrigens ist mir alles im Ganzen gelungen. Was mich persönlich und das Geschäft betrifft, ist alles geordnet und abgeschlossen, so daß ich sogar nach Carlsbad gehen könnte, wo mein altes Quartier zum 16. August leer wird. Wie mir Frommann schreibt, der in demselben Hause eine Etage höher wohnt.

Nun sage für die 150 rh. schönen Dank.[211]


28/7834.


An Johann Carl Wilhelm Voigt

[Concept.]

Sie erhalten Gegenwärtiges durch Herrn Lieutenant Püttmann, in Preußischen Diensten, welcher auf einer Tour über den Thüringer Wald bey Ihnen einsprechen wird. Er wünscht seine militärischen Zwecke mit geologischen zu verbinden, wobey Sie ihm gefällig beystehen werden, wie ich denn ihm überhaupt eine gute Aufnahme zusagen durfte. Bey seiner Rückkehr über Weimar soll es mir sehr angenehm seyn von ihm zu hören daß Sie sich wohl und munter befinden und auch meiner mit Antheil gedenken mögen.

Jena den 5. August 1817.


28/7835.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Das Herrn von Münchow zukommende Heft bitte der Überbringerin mitzugeben. In Hoffnung baldigen Wiedersehns.

Jena den 6. August 1817.

Goethe.


28/7836.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

sprachen von einer Zeichnung des Auges welche Sie besitzen, dürft ich mir sie auf einen Tag ausbitten?

[212] Da ich morgen mit Herrn Staatsrath Schultz auf einige Tage nach Weimar gehe, so erbitte ich mir die Erlaubniß, heute Nachmittag um 4 Uhr mit gedachtem Freunde aufzuwarten, für bisherige mir gegönnte freundliche Wohnung zu danken und mir die Fortsetzung derselben für meine nächste Zurückkunft zu erbitten.

Das Beste wünschend.

Jena den 6. August 1817.

Goethe.


28/7837.


An Carl Ludwig von Knebel

Da ich, mein theurer Freund, gern mit gutem Geruch von hinnen scheiden möchte, so sende dir deinen duftende Frucht, welche deinen und der Deinigen Appetit erregen soll.

Aus beyliegenden Briefen wirst du ersehen daß die Weimaraner etwas mehr Festsinn haben, als die Jenenser, nicht weniger, daß man die Kerne der Frucht wohl und sorgfältig zu erhalten wünscht; ich bitte mir solche zu senden, damit wir folgendes Jahr dergleichen abermals hoffen können.

Lebe recht wohl, habe du und die Deinige allen Dank für Freundlichkeit und Vorsorge; in 14 Tagen hoffe ich wieder bey euch zu seyn; möge uns allen alles gut gerathen. Staatsrath Schultz grüßt.

Jena den 8. August 1817.

G.[213]


28/7838.


An Johann Friedrich Gabriel Schulin

[Concept.]

Wohlgeborner,

Insonders Hochgeehrtester Herr!

Vor seiner Abreise hat Herr Rath Schlosser mich von der Lage unterrichtet, in welcher da von Ihnen gefällig übernommene Geschäft sich gegenwärtig befinde. Eine Abschrift desjenigen Aufsatzes wodurch solches geschehen lege ich bey; wäre es auch zum Überfluß, da alles schon mit Denenselben besprochen worden.

Zugleich erfolgt gedachtem Aufsatz gemäß, eine Vollmacht, nach welcher nunmehr zu verfahren bitte.

Wollten sodann Ew. Wohlgeboren mir, durch irgend einen Sachverständigen, eine Notiz von der eigentlichen Lage des Hauses am Markte, nicht weniger einen Auf- und Grundriß der verschiedenen Etagen, auch Beschreibung des Gelasses überhaupt baldigst fertigen lassen und mir solchen zusenden und die Auslage geneigt bemerken; so würde ich dafür besonders verbunden seyn.

Der ich für die bisherigen Bemühungen höchlich dankbar mir die Erlaubniß erbitte in rechtlichen Fällen mich jederzeit an Dieselben wenden zu dürfen.

Weimar d. 10. August 1817.[214]


[Beilage.]

Endesunterzeichneter ertheilt hiedurch Herrn Johann Friedrich Gabriel Schulin, beider Rechte Doctoren, Advocaten und Procuratoren, unter nochmaliger Ratification dessen was derselbe in der Insatzklage gegen die Wittib Ochs gethan, nunmehro Vollmacht, dahin, daß auf den Fall daß das verspändete Haus

litt. L no. 156 auf dem Markt gelegen, zum kleinen weißen Becher genannt,

für Capital, Zinsen und Kosten in solutum eigenthümlich zugeschlagen werden sollte, derselbe vorerst für dessen bestmögliche Vermiethung, es sey im Ganzen oder theilweise, nach eignem Ermessen Sorge tragen möge, sodann einen weitern Verkauf dieses Hauses einzuleiten befugt sey, darauf welche Bedingungen zu erhalten seyn dürften Unterzeichneten wissen lasse, damit eine weitere Entschließung folgen könne.

Weimar d. 9. August 1817.


28/7839.


An Johann Georg Lenz

Indem ich zu dem eingelangten mannigfaltigen Guten gratulire, so übersende hiebey das Schema zu dem Diplom. Lassen Sie solches setzen und schicken[215] mir eine Revision die zum Abdruck baldigst zurückgehen soll.

Das Beste wünschend.

W. d. 13. August 1817.

G.


28/7840.


An Johann Heinrich Meyer

Weimar d. 13. August 1817.

Mit den besten Grüßen und Wünschen sende ein Heft welches zu beherzigen und Herrn Legionsrath Falk mitzutheilen bitte.

Wissen Sie vielleicht ob Herr Rath von Otto in Abwesenheit Rath Völkels die Casse der Großfürstin führt, und ob man ohne Bedenken die 7 Carolin für Spix die mir zugerechnet worden von ihm verlangen kann?

Ich wünsche wohl einmal wieder ausführliche Beredung.

G.


28/7841.


An Carl von Stein

Ew. Hochwohlgeb.

geprüfte Neigung und Freundschaft erkenne vollkommen an der mir erzeigten neuerlichen Aufmerksamkeit. Möchte die Douane von Kochberg nach vorgängiger Untersuchung des verdächtigen Packets, wie damit weiter verfahren werden solle, pflichtmäßig beurtheilen[216] und ihre Überzeugung zur Ausführung bringen, so wird dadurch gewiß vollkommene Zufriedenheit erreicht seyn.

Der ich mit aufrichtigem Dank für Ihr geneigtes Benehmen, unter den treuesten Wünschen für das Wohl Ihres geschätzten und geliebten Hauses, zu geneigtem Andenken und Fortsetzung wohlwollender Gesinnung mich angelegentlich empfehle

gehorsamst

Weimar, den 15. August 1817.

Goethe.


28/7842.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Ew. Gnaden

vermelde schuldigst daß Herr von Münchow sich erklärt:

daß er mit Vergnügen den angefangenen Unterricht fort zu setzen geneigt sey; daß aber ein dauernder Aufenthalt in Weimar nur vom 29. Sept. bis 29. Octbr einzurichten sey.

Ich habe sogleich die Frage an ihn ergehen lassen:

ob er den Sept. über eine Wöchentliche Anwesenheit allhier veranstalten, auch vorläufig die Tage, so wie die Dauer des Aufenthalts bestimmen könne?

Sobald ich Antwort erhalte vermelde dieselbe sogleich. Überlassend ob vorläufig Ihro Hoheit einige Meldung zu thun.

[217] Auf Morgen erbitte mir die Erlaubniß aufwarten zu dürfen, um noch einiges andre zu besprechen. Es sey mir vergönnt zur Tafel zu bleiben.

Für heute wünsche: daß beykommendes, als ein wohl und herzlich gemeynter, festlicher, kleiner Beytrag aufgenommen werden möge!

Hochachtungvoll

gehorsamst

W. d. 16. August 1817.

J. W. v. Goethe.


28/7843.


An die Großherzoglich SächsischeLandesdirection

[Concept.]

[17. August 1817.]

Eine Hochansehnliche Großherzoglich Sächsische Landes-Direction hat in No. 76 des vorjährigen weimarischen Wochenblattes eine verehrliche Verfügung gegen die im Parke verübten Frevel publicirt. Man nimmt sich die Freyheit auf ähnliche Unarten in den anstoßenden Promenaden aufmerksam zu machen.

In der Ackerwand steht eine Reihe Castanienbäume; sobald nun die Früchte einigermaßen zu reifen anfangen, werfen die Knaben mit Steinen darnach, ohne sich im mindsten um die Vorübergehenden zu bekümmern.

Ferner wird man nicht nur auf gedachter Straße, sondern auch in den Gärten belästigt; nach Obstbäumen[218] die an der Mauer her stehen werfen unbändige Knaben, bey noch völlig unreifen Früchten, Steine ja Knittel, und der Besitzer, in Gefahr auf eignem Grund und Boden verletzt zu werden, sieht sich in der Hoffnung getäuscht seine Früchte zu genießen.

Ja was ganz seltsam scheinen muß, dasselbe geschieht mitten im Winter an unbelaubten Bäumen, auf denen nicht etwa ein Nest oder sonst etwas zu bemerken ist, welches Aufmerksamkeit oder Begierde erregen könnte. Wie denn der Gensd'armes Lenger, dem ich die bis in die Mitte meines Gartens geflogene Steine vorgewiesen habe, bezeugen kann.

Möge es einer hohen Behörde gefallen, diesen, die öffentliche und Privat-Sicherheit gefährdenden Unarten durch weise Anordnung und kräftige Maßregeln für die Zukunft zu begegnen.

Weimar d. 1817.


Weil ich nicht gern in meinen Privatangelegenheiten den höheren Behörden beschwerlich falle, so hielt ich Vorstehendes eine Zeitlang zurück; da ich aber nach meiner Rückkunft von Jena, bey gegenwärtig reifenden Früchten, den Unfug immer wachsend antreffe, so seh ich mich genöthigt dieses geziemende Ersuchen endlich abgehen zu lassen. Wobey ich zugleich bewähren kann, daß es eine öffentliche Sache sey: denn indem ich, aus meiner Gartenthüre heraustretend, dergleichen frevelnde Knaben zur Zucht[219] verwies, stimmten mehrere von ihren Krautländern zurückkehrende Menschen in meine Rede mit ein, versichrend: daß sie auf diesem so gangbaren und unvermeidlichen Wege durch solchen beschwerlichen Unfug getroffen und verletzt zu werden öfters in Gefahr geriethen. Weshalb ich denn meinen obigen Vortrag auch im Namen dieser in häuslichen Geschäften, besonders gegenwärtig, nothgedrungen hin- und herwandelnden Personen geneigter Gewährung hochachtungsvoll zu empfehlen nicht länger anstehe.

Weimar d. 15. August 1817.


28/7844.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

geneigte bereitwillige Erklärung wird gewiß Höchsten Orts viele Zufriedenheit erwecken. Damit aber desto schneller eine Übereinkunft statt finden könne, so erlasse hiedurch geziemend eine zweyte Frage: ob nämlich Dieselben den September über etwa eine wöchentliche Anwesenheit hier veranstalten könnten? ob die Tage zu bestimmen wären? so wie die Dauer des Aufenthalts?

Nach gefälliger Äußerung würde sogleich schuldigen Bericht erstatten und baldiger gnädigsten Entschließung mit Sicherheit entgegen sehen.

Weimar d. 17. August 1817.[220]


28/7845.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

P. P.

Ew. Kaiserl. Hoheit gnädigste Äußerung über das bisher Geschehene verpflichten mich unterthänigstem Danke und zu sträcklicher Befolgung Höchst Dero Befehle, worüber ich mir einen kurzgefaßten Vortrag unterthänigst erbitte.

Die Anfrage wegen des Griesbachischen Gartens habe durch den größtmöglichen Umweg thun lassen, obgleich nicht zu hoffen war daß der Besitzerin die eigentliche Absicht verborgen bleiben könne. Ihre Antwort ist daher keineswegs befriedigend. Sie wolle, hieß es, den Garten noch ein Jahr behalten und denenselben in seinen früheren Zustand zu setzen bemüht seyn. Würden aber 6000 rh. Casse G. geboten, so könnte dies eine Änderung in ihrem Vorhaben hervorbringen. Daß dieses nur Vorwände seyen ist offenbar und wie man die Menschen überhaupt, besonders auch die Besitzerin kennt, so ist es nicht wahrscheinlich daß sie einen so nahen wahrscheinlichen Vortheil aus Händen lassen und durch irgend eine Vorstellung zu bewegen seyn werde das Grundstück wohlfeiler zu geben.

Da nun aber die Sorge, als könne dasselbe öffentlich feil geboten werden, durch gedachte Erklärung gehoben ist, auch überhaupt eine solche Feilbietung nicht zu vermuthen, weil der wahre Werth dadurch immer[221] eher zu Tage kommt, sodann die Besitzerin, wenn sie mitbieten wollte, immer in Gefahr stünde das Grundstück wieder an sich nehmen zu müssen, so hätte man wenigstens diesen ganzen Winter Zeit sich zu bedenken. In dieser Hinsicht werde bey Ihro Kaiserl. Hoheit glücklicher Zurückkunft einen Gedanken zu äußern mir erlauben, wie vielleicht die Sache anzugreifen sey, und würde der Vorschlag gebilligt danach ungesäumt verfahren.

Abgesendet d. 18. August 1817.


Wegen des genannten Tennstedt von Magdala hab' ich bey Professor Sturm Nachricht eingezogen, welcher mit demselben, was ökonomische Botanik heißt, höchlich zufrieden ist. Ich werde ihn diese Tage selbst sprechen sowohl um seine Persönlichkeit zu beurtheilen, als auch das Nähere von ihm zu hören, ohne jedoch etwas merken zu lassen worauf es abgesehen sey. Da er alle Woche nach Tierfurt kommt, so könnte er, entweder denselben Tag oder den folgenden, in Belvedere Stunden geben und von da nach Magdala zurückkehren; dadurch würde die Sache sehr erleichtert. Auch kann man einen Maaßstab hat an dem was ihm Sturm abreicht.

Die Naturwissenschaft zeigt hundert Seiten; die ökonomische, dem Menschen unmittelbar nutzende, Hohen und Niedern täglich begegnende, ist besonders angenehm[222] und lebendig; da hiebey alles auf Nahrung angesehen ist, so führt die Botanik von dieser Seite zur Kenntniß aller Bedürfnisse für Menschen und Thiere, keine Willkühr findet statt und der Kreis, ob er gleich geschlossen scheint, ist unendlich weit. Zu einer allgemeinen Welt-Botanik wieder überzugehen ist alsdann etwas Leichtes. Wie denn was die in Belvedere blühenden Pflanzen betrifft, und zwar solche vorzuzeigen auch einzulegen, die dort angestellten Gärtner sich bereitwillig finden lassen.

Schließlich verfehle nicht zu vermelden daß gestern in Belvedere durch Auslegung verschiedener Bilder nebst anderen kleinen Unterhaltungen der theuren Jugend, ihrer Umgebung, wie mir selbst erfreuliche Stunden bereitet waren.


28/7846.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

[19. August 1817.]

P. P.

Wie Ew. Kaiserl. Hoheit von der Frau Ober-Hof-Meisterin wohl schon vernommen, hat Herr von Münchow sich bereitwillig erklärt den angefangenen Unterricht in den nächsten Michaels-Ferien vom 29. September bis 29. Oktober ununterbrochen fortzusetzen. Da jedoch eine Stelle seines hier beygebogenen Schreibens dergestalt zu deuten war, als sey er geneigt[223] früher, jedoch nur von Zeit zu Zeit, herüber zu kommen; so ließ ich deshalb eine abermalige Anfrage an ihn ergehen.

Auf welche Weise aber derselbe diesen Antrag abgelehnt, ersehen Ew. Kaiserl. Hoheit aus dem beyliegenden zweyten Schreiben. Hiernach ist er den 25. September herüber zu kommen bereitwillig und wünscht deshalb gnädigste Beystimmung, welche ich mir durch Gegenwärtiges unterthänigst erbitte.

Nun haben wir zwar bis zu jener Epoche die Hoffnung Ew. Kaiserl. Hoheit wieder glücklich bey uns zu sehen, da denn das näherer von Höchstdenenselben angeordnet werden könnte. Demohngeachtet aber wäre es wünschenswerth wenn Höchstdieselben im Allgemeinen vorläufig aussprächen: wie es mit dessen Wohnung, Beköstigung, Bedienung und was dem anhängt gehalten werden solle. Deshalb mir die Freyheit nehme eine Notiz beyzulegen, was bisher in ähnlichen Fällen geschehen, um dadurch einigen Anlaß zu ferner Überlegung zu geben.

Die Fortsetzung der botanischen Studien betreffend hoffe die Vergünstigung nächstens einige Vorschläge zu thun.

Hofrath Meyer kehrt in acht Tagen von Bercka zurück.[224]


28/7847.


An Carl Friedrich Zelter

Herr Staats-Rath Schultz reist eben von mir weg, nachdem wir vierzehn Tage, theils in Jena theils hier, vergnüglich und nützlich zusammen zugebracht. Deiner ist oft gedacht worden und so gedenke ich auch heute meiner Sünde, daß ich dir so lange nicht geschrieben. Du hast, weiß ich, mancherley erduldet, dein gewohntes Haus verlassen, an den Augen gelitten und was dir sonst widerfahren seyn mag. Laß mich hören daß dir dazwischen auch manches Gute begegnet.

Ich habe einen ruhigen viermonatlichen Aufenthalt in Jena benutzt um manche alte beynah verlegene Papiere in's Leben zu rufen und dem Tageslicht zu übergeben. Mein naturwissenschaftliches Heft, so wie der zweyte Theil meiner Italiänischen Reise werden dich aufsuchen und dir da oder dort begegnen. Reinliche Exemplare leg' ich für dich zusammen, damit ich dir zu seiner Zeit eine kleine Bibliothek sende.

Ich habe mich nach meiner Weise leidlich befunden, kann aber von weiterm Thun und Unternehmen nichts erzählen, weil jene Beschäftigung meine ganze Zeit absorbirt. Jetzt ist es zu spät nach Carlsbad zu gehen, wohin mich die Ärzte beorderten, und ich muß versuchen wie ich, auch ohne diese Nachhülfe, durch den Winter komme.

[225] Mir kann es, wenn ich arbeiten will, an Unterhaltung nicht fehlen, denn es liegt mehr vor mir als ich gewältigen werde.

St. R. Schultz hat mich auf's freundlichste nach Berlin eingeladen, und manchmal kommt mir vor daß eine solche Reise räthlich und thulich sey; dann aber verändert sich auf einmal die Ansicht und ich sehe doch nicht recht wo am Ende der Entschluß herkommen soll. Am besten ist's darüber gar nicht zu denken, sondern die Charwoche herankommen zu lassen und abzuwarten: ob das Graunische Oratorium zuletzt die Wagschale niederzieht.

Das große Unheil was euer Theater überfallen hat erschreckt mich, ja drückt mich noch. Die Lebensereignisse nah und fern scheinen immer wilder zu werden, da Friede selbst keinen friedlichen Charakter annimmt. Man fürchtet jeden Tag daß eine frische Maske der allgemeinen Schicksals-Hydra vor uns aufsteige. Wie erfreulich mir deshalb die Gegenwart des St. R. Schultz gewesen kannst du dir ja wohl denken.

Lebe wohl! und laß bald von dir hören!

Weimar d. 20. August 1817.

G.


28/7848.


An Carl Ludwig von Knebel

Nachdem wir so lange Zeit uns täglich gesehen und einander so mancherley mitgetheilt, wird es mir[226] zur peinlichen Entbehrung dir nicht mancherley auf der Stelle vorzulegen, die ich jetzt um so lebhafter fühle, als Staatsrath Schultz von hier abgereist ist. Ich habe mit diesem vorzüglichen Manne manche bedeutende Unterhaltung gehabt, manches gelernt und manches entwickelt. Seine Art die physiologen Farben anzusehen ist höchst bedeutend und die entoptischen werden immer glänzender. Sein letztes und dringendes Anliegen war, mich nach Berlin einzuladen, worauf er schon während seines ganzen Hierseyns präludirte. Wozu ich mich auf's Frühjahr entschließen werde, weiß ich nicht; denn gar vieles lockt mich dorthin und manches ist abschreckend.

Laß mich bald von dir hören und sende mir die Werneriana, auch die Melonenkerne, an beides werde ich erinnert. Manches geht bey mir ein, doch gerade nichts, was ich dir interessant glaube. Pfaffen und Schulleute quälen mich unendlich, die Reformation soll durch hunderterley Schriften verherrlicht werden; Maler und Kupferstecher gewinnen auch was dabey. Ich fürchte nur, durch alle diese Bemühungen kommt die Sache in's Klare, daß die Figuren ihren poetischen, mythologischen Anstrich verlieren. Denn, unter uns gesagt, ist an der ganzen Sache nichts interessant als Luthers Charakter und es ist auch das Einzige, was der Menge eigentlich imponirt. Alles Übrige ist ein verworrener Quark, wie er uns noch täglich zur Last fällt.

[227] Nun lebe schönstens wohl, grüße die lieben Deinigen. Den Inhalt dieser Schachtel gieb dem kleinen Wildfang und schicke sie mir zurück. Ich bin fleißig und bringe besonders Papiere und Mineralien in Ordnung. Das Beste wünschend

Weimar d. 22. August 1817.

G.


28/7849.


An August von Goethe

Da es nicht wahrscheinlich ist daß man in dem Wetter nach Paulinzelle steigen könne; so wünsche dich morgen früh hier zu sehn. Das weitere läßt sich berathen.

Stadt Ilm

Mittw. d. 27. Aug. 1817.

G.


Solltest du retardirt werden so erwarte dich auf alle Fälle hier.


28/7850.


An Friedrich August von Fritsch

[Concept.]

Meinen verpflichteten Dank, werther, würdiger Freund, für die liebreiche liebenswürdige Feier des gestrigen Tages weiß nicht besser auszudrücken, als wenn ich sogleich ein Gesuch ergehen lasse und dessen baldige Gewährung erbitte.

[228] Ich wünsche nämlich einen Ocularriß der Lage der Kirche von Paulinzelle gegen die anstoßenden Berge und dort zusammenlaufende Thäler. Die Weltgegend ist leicht zu bestimmen, da die Kirche der Länge nach gegen Morgen liegt. Um die gegenwärtig stehenden Gebäude ist es nicht zu thun; wäre muthmaßlich auszumitteln wo das Kloster gestanden, wohin sich dessen Gehöfte erstreckt, so würde mir solches höchst erfreulich seyn.

Mögen Sie Jemand Ihres Generalstabs dazu beordern, so würde demselben sehr gern eine liberale Gebühr entrichten, da mir an einer solchen Einsicht viel gelegen ist.

Denn ich möchte, um es aufrichtig zu sagen, dieser freundlichen Feier ein Denkmal errichten, das demjenigen, der den Ort nach uns besucht, zur Gesellschaft diente und manchem einsamen Wanderer durch das Bild unserer Geselligkeit zum angenehmen Geleitsmann würde, und Ihnen auch dort nach vielen Jahren dankbar begegnete.

Weimar d 29. August 1817.


28/7851.


An Christian Gottlob Voigt

Das Gefühl daß Ew. Excell., nach einer so wohl verdienten, kurzen Ruhezeit, von verdrieslichen Geschäften würden empfangen werden hat mir den Genuß[229] dieser Tage verbittert und mich, selbst in der friedlichen Umgebung baukünstlerischer Vorzeit nicht verlassen. Möchten doch meine Wünsche alle Belohnung auf Sie häufen können! wie ich überzeugt bin daß der reine freundschaftliche Antheil, den Sie mir so lange gegönnt, mir immer bleiben werde. Möge eine nächste freudenvolle Zeit eilig die Eindrücke einer zudringlichen Gegenwart auslöschen!

Ein gutes Omen das mir geworden verschweig ich nicht. Seit drey Jahren vermisse ich Ew. Exzell. werthes Geschenk der bedeutenden Autographen; das ganze Haus ward umgekehrt und sorgliche Nachfrage gehalten. Nur nicht am rechten Orte. Ich trug den Verlust gekränckt im Stillen. Gestern findet sichs wieder und ich traue meinen Augen kaum das wieder zu sehen worauf ich längst Verzicht gethan hatte. Wie und wo? mündlich. Sey dies ein Symbol unverhofften erfreulichen Wiederfindens!

Zeitlebens angeeignet

W. d. 30. Aug. 1817.

Goethe.


28/7852.


An Johann Georg Lenz

Ihro Königl. Hoheit die Frau Großherzogin wünschen einigen Naturforschern, die sie unterwegs kennen gelernt, schöne Stücke Cölestin zu verehren. Ew. Wohlgeboren ersuche daher mir zwey oder drey, die sich gut[230] ausnehmen, zu übersenden, dagegen sollen auch die beiden verlangten schätzbaren Bücher nächstens wohl eingebunden mit dem Wunsche eines glücklichen Gebrauches erfolgen.

Das Beste wünschend.

Weimar d. 31. August 1817.

Goethe.


28/7853.


An Georg Sartorius

[Concept.]

Auf Ihren werthen Brief vom 17. dieses, welchen erst jetzt erhalte, vermelde schnell daß Sie mich in der Gegend finden. Kommen Sie nach Weimar, so weiß mein Sohn wo ich bin und in wenig Stunden kann ich des unschätzbaren Vergnügens genießen Sie wieder zu sehen.

Quartier kann ich Ihnen nicht anbieten denn meine liebe Schwiegertochter bewohnt jene Räume. Die liebe Gevatterin soll mir tausendmal gegrüßt seyn, aber geplagt wird Sie werden, daß das radicale Böse sich auch in Ihrem schönen Herzen geregt hat. Hätte sie mir eine Stelle andeuten lassen, die ihr vorzüglich Vergnügen gemacht, so wär ich beschämt gestanden, nun aber giebt sie selbst einen Beweis daß sich der Leser mit dem Verfasser gleich in Opposition setzt, demohngeachtet aber soll sie freundlichst empfangen seyn. Die Meinigen hoffen gleichfalls auf die Freude Sie beiderseits zu begrüßen.

[231] Können Sie noch einen Brief Ihrer Ankunft vorauslaufen lassen, so richte mich desto sicherer darnach ein.

Tausend Lebewohl!

Weimar d. 31. August 1817.


28/7854.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

danke schönstens für den übersendeten Cölestin; es wird unserer gnädigsten Fürstin zur Freude gereichen.

Zu dem Angekommenen und Erwarteten wünsche Glück, nicht weniger alle Freude zu dem bevorstehenden Feste. Da Sie das große Werk von Leonhard schon besitzen, so schicke ich Ihnen das kleinere, die tabellarische Übersicht nämlich; das sind 2 vortreffliche Werke. Ist nun Ihres erst vollständig so wird zur Erleuchtung über anorganische Wesen nichts mehr nöthig seyn, und die sämmtliche Christenheit hohen und niedern Standes muß Ihre Collegia fleißig besuchen. Was wird's erst werden wenn der Protector sein Licht leuchten läßt! das wird einen schönen prächtigen Mondschein geben. Die Briefe kommen nächstens zurück.

Und nun das schönste Lebewohl!

Weimar d. 2. September 1817.

Goethe.[232]


28/7855.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

P. P.

Ew. K. H. vermelde unterthänigst, daß zwey ganz präsentable Stücke Cölestin von Jena gekommen sind. Lenz empfiehlt sich zu Gnaden. Ich übersende Höchstdenenselben die Exemplare nicht; weil sie sehr zerbrechlich sind werd ich sie sorgfältig einpacken und, wenn Ew. K. H. befehlen, denen Herrn Gmelin und Gimbernat, denen sie, wenn ich mich recht erinnere, bestimmt sind, in Höchst Ihro Namen zusenden.

Das Muster eines Leuchters dreyzehnlöthigen Silbers folgt und wird ein solches Paar vielleicht 45 rh. unseres Geldes kommen.

Wollen Höchstdieselben die hierauf zu verwendende Summe bestimmen, so würde rathen die Leuchter zu Michael von Frankfurt kommen zu lassen. Dorthin bringen zur Messe die Augsburger die neusten Formen und man erhält das Silberzeug am wohlfeilsten und besten. Ich würde die Bestellung schuldigst übernehmen und durch meine dortigen Freunde besorgen lassen.

Wenn die bey mir aufgestellten Heiligen mir das Glück verschaffen Höchstdieselben bey mir zu verehren, so werde ich sie, obgleich ein eifriger Protestant, selbst im Reformationsjahre höchlich schätzen und werth halten.

Weimar d. 2. September 1817.[233]


28/7856.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Aus dem mir zugegangenen werthen Schreiben vom 29. August und der beyliegenden Note habe ersehen wie Dieselben den Ihnen ertheilten Auftrag für den Ersteher so günstig ausgerichtet, daß der Kunstliebhaber, und wäre er selbst gegenwärtig gewesen, seinen eigenen Vortheil nicht besser hätte wahrnehmen können. Empfangen Sie daher meinen aufrichtigen Dank und eine Assignation von hundert Thalern Sächsisch auf die Herren Frege und Compagnie.

Was die Verwendung des Überschusses betrifft melde nächstens das Weitere, indem ich hoffen kann daß Sie fernerhin auch für meine Sammlung sorgen werden. Wahrscheinlich giebt es in der Messe Gelegenheit etwas für unserer hiesigen Zwecke zu erlangen, welche nächstens ausspreche, mit der Überzeugung meine Angelegenheit in den besten Händen zu wissen.

Weimar d. 3. September 1817.


28/7857.


An Carl von Gimbernat

[Concept.]

Die Gelegenheit, daß Ihro unserer Großherzogin von Weimar Königl. Hoheit mir befehlen Ew. Hochwohlgeb.[234] ein Stück des bey Dornburg zwischen Kalk- und Mergelflötzen entdeckten Cölestins zu übersenden, ergreife mit Vergnügen um mich für die Belehrung dankbar zu erweisen, welche aus Ew. Hochwohlgeb. Charte der Badnischen Umgebungen gewonnen habe. Auch die vermehrte neue, welche unsere gnädige Fürstin mitgebracht, giebt mir Anlaß zu Betrachtung und Bewunderung.

Möchten Ew. Hochwolgeb. mir von denen 27 darauf angezeigten Gebirgsarten mäßig große instructive Exemplare gefälligst übersenden, welches durch den Postwagen geschehen könnte, so würden Sie mich sehr verbinden, weil ich bisher manche Zeit dem geologischen Studium gewidmet habe und mir darin immer mehr Aufklärung wünsche.

Sollte dagegen etwas Unangenehmes erzeigen können, so würde es mit Vergnügen thun.

Der ich die Hoffnung nicht aufgebe den mir einigemal mißlungenen Besuch in Baden in dem nächsten Jahre abstatten zu können.

Weimar d. 3. September 1817.


28/7858.


An Carl Christian Gmelin

[Concept.]

Indem ich von meiner gnädigsten Fürstin, Königl. Hoheit, den Befehl erhalte Ew. Wohlgeb. ein Exemplar des bey Dornburg gefundenen Cölestins zu übersenden,[235] gedenke mit dem größten Vergnügen der so angenehmen als lehrreichen Stunden die ich Ew. Wohlgeb. besonderer Gefälligkeit verdankte und welche zu erneuern mir bisher nicht glücken wollen. Höchst erfreulich war mir deshalb durch unsere dießjährigen Hohen Badner Badegäste zu vernehmen, daß Ew. Wohlgeb. Sich in erwünschtem Wohlseyn und gewohnter Thätigkeit befinden. Möchten Sie bey Betrachtung dieses zwar unscheinbaren wegen seines Vorkommens doch immer merkwürdigen Minerals meiner mit Zuneigung gedenken.

Weimar d. 3. September 1817.


28/7859.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ew. Wohlgeb.

liebevoller Brief ist mir zwischen den Mauern von Paulinzelle durch meinen Sohn überreicht worden, dem ich daselbst, als er von Ilmenau kam, zu bezeichneter Stunde abgeredtermaßen begegnete. Haben Sie den besten Dank für die Theilnahme an dieser stillen Feier und erhalten mir jene unschätzbaren Gesinnungen die so wohlthätig auf mich wirken. Auch konnte ich an derselben Stelle Ihres Reisegefährten Begrüßung durch den Beyfall erwidern den ich seiner Bemerkung gab: daß eine so reinliche Bauart wie diese keineswegs durch löcherigen Kork nachgeahmt werden könne.

[236] Leider, gleich in den ersten Stunden nach Ihrem Abschied, fand sich manches noch Vorzuzeigende, manches ergab sich, worüber zu fragen und zu sprechen gewesen wäre. Dieß ist nun aber immer das Schicksal in solchen Fällen.

Die schlimmste Folge Ihres Abschieds jedoch war das auf einmal eintretende Gefühl: daß ich wohl schwerlich je nach Berlin kommen werde. Ihre Gegenwart, Ihre freundliche Einladung schien mir wie ein Zauber der mich für einen Augenblick aus mir selbst geruckt hätte. Doch wollen wir nicht grübeln, sondern Winter und Frühjahr walten lassen. Im Grunde wär es hübsch, wenn der letzte Heide nach Gethsemane wallfahrten müßte. Ihr trefflicher Aufsatz liegt in Inschrift vor mir, ich gehe sie nächstens durch und sende das Original. Fahren Sie in Ihren Betrachtungen fort, ich kann nicht unterlassen es von meiner Seite zu thun.

Den zweyten Band der Italiänischen Reisebitte nicht aus Handen zu geben.

herzlich geeignet

Weimar d. 3. September 1817.

Goethe.


28/7860.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren statte zuvörderst meinen verbindlichen Dank ab, daß Sie neulichen Abend, in so guter Gesellschaft, meiner[237] freundlich gedenken wollen. Sodann aber ersuche um die Gefälligkeit die auf beyliegendem Blatt verzeichneten kleinen Münzen durch Ihren Herrn Bruder in Berlin, dem ich mich bestens empfehle, anschaffen und baldigst hieher senden zu lassen; sie sollen zu einiger aufmunternder Belohnung bey der freyen Zeichen-Anstalt verwendet werden. Die Zahlung erfolgt sogleich.

Der ich in Hoffnung baldiger mündlicher Unterhaltung mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen die Ehre habe.

ergebenst

Weimar d. 4. September 1817.

Goethe.


28/7861.


An Rosine Städel

Auf das freundliche Schreiben meiner lieben Nichte vermelde sogleich, was sie wahrscheinlich in Verwunderung setzen wird, daß ich nämlich den ganzen Sommer zwischen Jena und Weimar zugebracht habe, ohne mich zu dem mir so eifrig angerathenen Carlsbad entschließen zu können. Ich müßte sehr irren oder mich hat ein Zug nach Süd-Westen von der Reise nach Osten abgehalten und nun macht mich das schöne Septemberwetter ganz unruhig, so daß mich nur sehr bedeutende Hindernisse von einem Besuch auf der Mühle oder in der Sandgasse abhalten können.

Das Meßgetümmel wird, wenn diese Witterung so fortdauert, sehr erfreulich werden. Zugleich muß ich[238] bekennen daß meine hiesigen Freunde an einer solchen Spätreise nicht verzweifelten, ja mir schon Aufträge ertheilten, mit deren Ausrichtung ich nun die lieben Freundinnen belästigen soll.

Man wünscht zwey silberne Leuchter, Augsburger Probe (13 löthig) und guter Form und möchte etwa zehn Carolin daran wenden. Thun sich die Silberläden auf, so haben Sie die Gefälligkeit dieses kleine Geschäft des Luxus zu besorgen, da Sie so manche Bemühung menschlicher Noth und Bedürfniß widmen. Freund Willemer eröffnet mir ja wohl so lange seine Casse, bis dieser Auftrag und einige andere womit ich die Freundinnen plagen werde vorüber sind. Haben Sie irgend ein Bedenken, so bitte mir's anzuzeigen.

Frau Gräfin Henckel kommt heute hier an und ich werde mich sogleich von meiner lieben Nichte unterhalten. Tausend Empfehlungen auf der Mühle

herzlichst

Weimar den 4. September 1817.

Goethe.


28/7862.


An Sulpiz Boisserée

Endlich muß ich doch, theuerster Freund, wieder einen Anlauf nehmen mich mit Ihnen, was ich so gern thue, zu unterhalten. Ich habe für lauter Schreibens- und Druckensnoth diesen Sommer mich und alles Auswärtige vergessen; mein Schweigen soll,[239] hoffe ich, durch das, was ich nach und nach zu senden habe, einigermaßen entschuldigt werden. Zuvörderst also beziehe ich mich auf die Beylagen. In der ersten finden Sie einen abermaligen Versuch jene merkwürdige Erscheinung auf ihre Elemente zurückzuführen. Mögen Sie mir dagegen eine Abschrift schicken, wie ich den Fall zuerst ausgelegt; ich erinnere mich dessen recht wohl überhaupt, doch möchte ich das Nährere wiedersehen. Betrachten Sie nun meine neuere Auslegung abermals genau und sagen mir Ihre Gedanken darüber. Ich bin überzeugt, daß wir endlich auf das Rechte kommen!

Wahrscheinlich haben Sie mein Schweigen dem vermutheten Aufenthalt in Carlsbad verziehen, allein ich bin nicht dahin gelangt: erst konnt ich mich von meinen Arbeiten nicht trennen, dann kam Staatsrath Schultz von Berlin, dessen vierzehntägige Unterhaltung mir viel Nutzen und Freunde gebracht hat. Er haftet auf die wundersamste Weise an den chromatischen Erscheinungen und zieht sich so bedeutend in das Subject zurück, daß ich selbst ihm nur mit großer Aufmerksamkeit folgen kann. Wichtige und folgenreiche Puncte jedoch sind mir ganz klar und in's Ganze höchst furchtbar geworden.

Unsere theuere Großherzogin, nur die Kürze der Zeit bedauernd die sie der Beschauung Ihrer Bilder widmen konnte, erfreut sich an dem Eindruck der ihr festgeblieben. Sie spricht davon auf eine Weise, die[240] ich an ihr selten kenne, auch ist bey so trefflichen Werken ein empfänglicher Geist in einem Augenblick für Lebenslang ausgestattet.

Die Chur-Prinzessin von Hessen ging hier durch, Sie hat die Anbetung des Lammes von Eyck, so auch die Votivbilder von Hemmlig gesehen und wie viel nicht sonst! Sie führte sehr schöne Zeichnungen mit sich und verehrte mir eine trefflich ausgeführte Federzeichnung von Heemskerk: Daniel in der Löwengrube, No. 8 der gestochenen Folge. Sehr günstig zeugt das Original für das Zarthgefühl des Künstlers, das in der Copie verloren ging.

Hierbey will ich nicht vergessen, daß mir die Handschrift Rostopschins sehr angenehm seyn würde und was Sie mir der Art sonst senden mögen. Durch ein wunderbares Ereigniß bin ich angeregt worden meine bedeutende Sammlung wieder vorzunehemen und einzurangiren, was seit einigen Jahren eingelaufen war.

Damit dieser Brief nicht länger liegen bleibe, sende ihn fort ohne die Beylagen. Die zweyte sollte das Räthsel des Glimmerblättchens aufzulösen suchen.

Grüßen Sie Herrn Hegel vielmals und danken ihm für seinen Brief. Seine entschiedene Theilnahme hat mich sehr aufgemuntert und seine Erinnerung aufmerksam gemacht.

Auch Caspar und Melchior sollen mir schönstens gegrüßt seyn. In Gedanken bin ich täglich unter Ihnen.

Weimar d. 5. September 1817.

G.[241]


28/7863.


An Christoph Wilhelm Hufeland

[Concept.]

[5. September 1817.]

Ew. Hochwohlgeb.

gewogene Sendung findet mich eben in dem Augenblick, da ich durch manche Zufälligkeiten über die wichtige Materie die Sie behandeln nachzudenken veranlaßt bin. Ich habe Ihnen daher vielen Dank zu sagen für die kurzgefaßte Darstellung dessen, was man als frühere und spätere Erfahrung anerkennen und als Factum zugestehen kann und muß.

Sobald etwas in den Complex der Wirklichkeit hineintritt, in welchem wir leben und wirken, ohne alles genau zu kennen, wo wir gar manches auf Treu und Glauben gelten lassen, so hört für mich das Wunderbare sogleich auf. Während dem Laufe unseres Lebens fielen Steine häufig vom Himmel, mehrere Personen stiegen dagegen in die Lüfte, und der thierische Magnetismus bethätigte sich durch unzählige Phänomene. Nichts von allem diesem beunruhigt mich, sie stehen in dem Kreise der Erfahrung und ob ich gleich bey keinem Falle persönlich zugegen war, so freue ich mich doch daß solche Kräfte entdeckt und benutzt werden.

Nun bin ich bey der Anwendung dieser, dem Menschen inwohnenden, auf den Menschen wirkenden, in ihm zu erregenden Kraft gleichfalls der Meinung,[242] daß jedem Individuum welches sich damit hervorthun will gesetzliche Einwilligung ertheilt werden müsse. Soll Magnetismus als Heilmittel gelten; so habe blos der geprüfte, angestellte Arzt das Recht hiezu.

Was jedoch die Aufsicht darüber betrifft, so scheint mir daß es nicht wohlgethan sey einer Ober-Medizinalbehörde die einzelnen Curen zur Beurtheilung zu unterwerfen. Ist eine solche Behörde der Sache ungünstig', so kann sie hindern, ist sie ihr günstig, mehr als billig fördern. Meo voto würde der privilegirte Arzt sich zu melden haben, daß er den Magnetismus als Heilmittel anzuwenden beabsichtige. Hierauf erhielte derselbige Erlaubniß mit der Auflage: die genausten Tagebücher zu führen, die er jedoch nicht eher vorzulegen brauche als in dem Fall einer gegen ihn angebrachten Beschwerde; er würde sich alsdann in dem Fall eines Handelsmanns befinden, von dessen Büchern niemand als im streitigen Falle Kenntniß erlangt. Was mich zu diesem Vorschlage besonders bestimmt, ist die Überzeugung daß jede magnetische Cur für den Practicirenden selbst etwas Geheimnißvolles behalten wird, so daß er weder sich noch andern Schrittweise vollkommen Rechenschaft ablegen kann. Sollte er dieß gegen Vorgesetzte zu leisten verpflichtet seyn, so würde er Gefahr laufen an der Wahrheit zu rücken und zu beugen. Wie ich denn überhaupt nicht billigen kann, daß die Sache aus dem heilsamen Esoterischen in das allzubreite[243] Exoterische geführt worden, woran jedoch alle Wissenschaften in unserm communicativen Jahrhundert zu leiden haben. Ich erbitte diesen Äußerungen Nachsicht und Prüfung, so wie der Beylage geneigte Aufnahme.

Weimar d. July 1817.


28/7864.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

werden durch Herrn Frommann besonders aber durch Aushängebogen benachrichtigt worden seyn, daß ich diesen Sommer unsern gemeinsamen Geschäften gewidmet. Das zweyte Heft Kunst und Alterthum ist ausgegeben und vom dritten drey Bogen gedruckt. Die Metamorphose der Pflanzen ist endlich auch vom Stapel gelaufen und in naturwissenschaftlicher Gesellschaft in's Publikum gelangt. Der zweyte Theil der Italiänischen Reise ist gleichfalls beendigt. Ich hoffe Herbst und Winter soll mir manchen Raum geben, so daß auch Ostern das Weitere erfolgen kann.

Wollten Sie die Gefälligkeit haben mir anzuzeigen was noch allenfalls zum 20. Bande meiner Werke an Materie nöthig wäre. Die im Morgenblatte einmal versprochene Chronologie meiner Schriften bin dießmal zu liefern noch nicht im Stande. Ich habe die Arbeit angefangen und übersehe sie ganz wohl,[244] doch führt sie viel weiter als ich dachte. Eine Recapitulation meines ganzen Lebens ist nöthig und zwar in einem mehr als summarischen Zusammenhang. Indessen ist es mir angenehm hiezu veranlaßt zu seyn; es giebt eine Vorarbeit, in jedem Sinne für die Folge nützlich.

Wie wollen Sie es mit dem Subscriptions-Verzeichniß halten? könnte man diese immer unerfreulichen Blätter nicht ganz entbehren?

Herr Tieck war in diesen Tagen bey mir und berichtete unter anderem daß er in Ihrem Verlag einen Musen-Almanach herauszugeben gedenke und daß Sie beiderseits wünschten, ich möchte dazu etwas liefern. Ich habe unzählige Anmuthungen dieser Art mit den günstigen Erbieten, ich lehne aber alles ab, weil ich meine Arbeit nicht zersplittern und unser Verhältniß nicht beeinträchtigen mag. Wünschen Sie es jedoch so will ich in dem gegenwärtigen Falle gern behülflich seyn.

Hiebey will ich auch Ew. Wohlgeboren nicht läugnen, daß mich Ihre politische unruhige Laufbahn nicht allein um Ihrtewillen betrübt, sondern auch um meinetwillen geschmerzt hat. Denn mir war Ihr Antheil an meinen Arbeiten immer höchst wünschenswerth und Ihren Beyfall wußte ich zu schätzen. Möchten Sie nach einem so glücklichen Erfolg Ihrer Bemühungen auch der vaterländischen Literatur wieder einige Aufmerksamkeit schenken und auch mich auf[245] meinen Wegen, soweit sie führen können, theilnehmend begleiten.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

W. d. 6. Sept. 1817.

Goethe.


Unsere Geldverhältnisse betreffend melde folgendes. Die 3000 rh. welche Ostern erheben sollte stehen noch, weil ein Geschäft wegen Entfernung der Theilnehmer sich unverhofft verspätete, sie mögen fernerhin ruhen.

Zu Michael erhebe, schon gemeldeter Maßen, 4000 als letzte Zahlung des Honorars für die Werke. Dann wünschte 2000 rh. für den zweyten Band der Italiänischen Reise gleichfalls zu erheben.

Was sonst uns noch wechselseitig zu Gute kommt würde Weynachten zu berechnen seyn.

ergebenst

W. d. 6. September 1817.

Goethe.


28/7865.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Mit vielem Dank sende den mir anvertrauten Aufsatz, wovon eine Abschrift behalten, hiermit zurück. Meo voto bearbeiten Sie nun, insofern es nöthig, beide Nummern, und man ließe sie zusammen, als ein kleines Heft, besonders abdrucken, damit der Naturfreund das Ganze überschauen, sich daran ergötzen[246] und belehren könnte. Ich habe bey'm Collationiren und außerdem Ihre Darstellung mir noch ferner anzueignen gesucht und einiges bemerkt wie folgt.

Ihr erster § enthält ein Axiom welches mich anlächelte indem die Verkleinerung des schwarzen Bildes gegen das weiße daraus abzuleiten schien. Sie wenden Sich von da sogleich in das Innere des Organs, wo ich mich erst orientiren und Ihre Schritte verfolgen lernen muß.

Jene Maxime will jedoch bey den physischen Versuchen nicht ganz zutreffen, denn hiernach müßte bey jenem perpendicularen Hebeversuch mit dem Cubus das schwarze Bild vom weißen Grund sich absondern und dem Beschauer näher rücken als der Grund, auch müßte umgekehrt das weiße Bild versenkt erscheinen, welches beides nicht statt hat, so wenig als bey grauen und farbigen Bildern.

Auch tritt in Ihrem 18. §, da Sie des 1. § wieder gedenken und zwar in Bezug auf physische Erscheinungen, die Differenz unserer beiderseitigen Vorstellungsarten hervor über die wir uns aufklären müssen um an einander nicht irre zu werden. Ich brauche zu meiner Construction Hell, Dunkel und das vermittelnde Trübe, wie ich ein symbolisches Chärtchen beygelegt habe, das ich mir gelegentlich wieder zurück erbitte; Sie vermitteln hingegen das Trübe aus dem Hellen und Dunkeln, welches, wie es mir scheint, bey[247] den physiologen Phänomenen gar wohl statthaben oder wenigstens angenommen werden kann. Denn die Differenz beider Arten sich auszudrücken ist sehr zart, und wo bey elementaren Erscheinungen ein Drittes nöthig ist, kann bey organischen dieses Dritte gar wohl aus den beiden ersten vermittelt werden. Haben Sie die Gefälligkeit Ihre Betrachtungen ganz besonders darauf zu wenden.

Eigentlich aber wäre mein nächster Wunsch, den ich wiederholt ausspreche, daß Sie beide Aufsätze gegen einander ausarbeiteten und ajustirten und daß wir solche als ein eigenes Heftchen herausgäben. Es ist schon viel Nachfrage von Seiten der Ärzte nach den einzelnen Abdrücken Ihres ersten Aufsatzes und nun wäre es nicht gerathen den zweyten besonders drucken zu lassen. Sagen Sie mir Ihre Gedanken dar über, mir wäre viel daran gelegen, daß die Ausgabe bald möglichst geschähe; wir dürfen jetzt in der Sache nicht zaudern.

Die Lehre vom directen und obliquen Wiederschein hat sich in einem erst erbauten Maler-Atelier jetzt bewahrheitet und zwar auf das wundersamste. Ein einziges großes Fenster ist nach Norden gerichtet; der Künstler klagte mir: er habe, selbst bey völlig klarem Himmel, in den ersten Morgenstunden, ein widerwärtiges Licht. Es verbessere sich bey unveränderter Atmosphäre gegen die Mittagsstunden und verschlechtere sich wieder gegen Abend. Ich brachte[248] sogleich meine Spiegelung, zeigte ihm das schwarze und weiße Kreuz, und klärte ihn möglichst darüber auf. Die Lehre die daraus erfolgte war freylich nicht die erbaulichste, denn hiernach muß der Künstler nicht zu früh aufstehen und, außer dem höchsten Sonnenstande, nur wenige Stunden des Tags arbeiten. Der Allerfleißigste müßte seine Werkstatt auf einem Dreyzapfen beweglich anlegen, um sie, wie eine Windmühle nach dem Wind, so nach dem directen Widerschein von Stunde zu Stunde richten zu können. Bey Beschauung fertiger Bilder kommt dieselbe Bedingung in Anschlag. Alles übrige werden Sie Sich selbst aus jener fruchtbaren Naturmaxime gar leicht entwickeln. Der kleine Apparat soll der gegenwärtigen Sendung bald folgen. Leider geben die Gläser, je länger sie auf einander liegen desto stärkere epoptische Farben, die den Versuch einigermaßen verwirren.

Nächstens mehr

Weimar d. 7. September 1817.

G.


28/7866.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

und Ihre mitarbeitenden Freunde übertreffen sich selbst und alle unsere Erwartung durch das höchstbedeutende Werk, welches den Verehrern der Wissenschaft nicht mehr von der Seite kommen darf. Mir war es in[249] dieser kurzen Zeit schon von bedeutendem Nutzen. Sie nennen es eine Vorschule, es kann aber auch sehr gut für eine Nachschule gelten: denn was vergißt man nicht und freut sich wieder aufzunehmen, ja wer kann ein so ungemessenes Feld selbst durchlaufen und sicher hin und her wandeln. Nehmen Sie also den schönsten Dank für diesen sichern Leitfaden, so wie für die einzelnen Bemühungen, wovon Ihr Taschenbuch fortdauerndes Zeugniß ablegt.

Erlauben Sie daß ich das Wenige was ich dagegen mitzutheilen hätte zusammenspare bis es auch nur eine Art von Sendung giebt. Indessen wünscht ich daß Sie und Ihre Freunde auf das was ich im naturwissenschaftlichen Hefte über die entoptischen Farben geäußert habe, mit aufmerksamer Neigung betrachteten. Mir wenigstens will bedünken, daß wir auf dem bisherigen zur Einsicht in die Doppelbrechung und der damit verbundenen Phänomene gelangen. Eine umständlichere Ausführung dieser Gegenstände beschäftigt mich in dem Augenblicke. Möge Ihnen dadurch gleichfalls etwas zu Dank und Nutzen gereichen.

Mich angelegentlich empfehlend

gehorsamst

Weimar den 15. September 1817.

Goethe.[250]


28/7867.


An Carl Calliski

[Concept.]

Da ich überzeugt bin, daß Sie die Ihnen gegönnte Gelegenheit einige Jahre zu studiren wohl benutzen werden, so hab ich wegen ihrer Gedichte nur soviel zu rathen: daß Sie Sich mit einem der Herausgeber unserer zahlreichen Tagesschriften in Verbindung setzten möchten, welches die beste Gelegenheit ist dem Publikum bekannt zu werden und sich vielleicht einer günstigen Aufnahme zu versichern. Mehrere unserer jetzt bekannten ja berühmten Schriftsteller haben diesen Weg mit Glück eingeschlagen.

Das Beste wünschend.

Weimar d. 16. September 1817.


28/7868.


An Carl Ludwig von Knebel

Leider ist man, mein Theuerster, hier nicht so beweglich wie in Jena, daß man seine Freunde des Tags ein paarmal überliefe. Ich treibe mich hier im eigensten Zirkel herum, ohne aus dem Hause zu gehen. Die folgenden Hefte meiner Unternehmungen werden bereitet, indem ich die alten Teiche und Sümpfe meiner Studien wieder anzapfe. Solche Mühe hat Gott dem Menschen gegeben.

[251] Das längst schuldige Heft folgt hierbey als Appendix des besten Willens. Die mir verliehene Weisheit der Indier ist höchst umsichtig, groß und eine kostbare Sammlung, das poetische Verdienst der Behandlung hingegen weit unter unserm Reineke Fuchs. Hier schwankt eben das Urtheil der Welt und unser eigenes, daß Form und Stoff sich so schwer gegen einander in's Gleichgewicht der Achtung setzen läßt.

In Mineralogicis und Geologicis haben uns Leonhard und Consorten ganz unglaublich gefördert: in diesem mäßigen Foliobande von Tabellen und Ausfertigungen erblicken wir eben alles was man jetzt weiß; und wenn auch darunter viel Unzulängliches und Unerfreuliches getroffen wird, so kommt es uns doch ohne Mühe und Weitläufigkeit zur Hand.

Mir gereicht es zur großen Beyhülfe, da ich endlich das gern aussprechen möchte, was mir im Kragen sitzt. Wunderlicherweise ist mir Werner zu früh gestorben; denn wenn ich mich als seinen Gegner erkläre, so könnte man glauben, ich träte auf die Seite der Freyberger Pfaffen. Glücklicherweise hat er schon längst ganz unbewunden erklärt: ich habe ihm meine Meinung über Carlsbad und andere ähnliche Gegenstände weitläufig mitgetheilt, er könne aber keineswegs mit mir übereinstimmen. Dasselbe hat mir nach seiner höflichen Art schon längst in's Gesicht gesagt und die stille Kriegserklärung, pag. VI Naturwissenschaft überhaupt, war gedruckt schon vor seinem[252] Tode; wir wollen also ohne weiteres Bedenken unsern Weg gehen. Möge dir und den Deinigen das Beste begegnen.

Weimar d. 17. September 1817.

G.


28/7869.


An Luise Seidler

Ihr Brief, meine liebe Freundin, hat mich vielfach gefreut: er kommt bald, ist ausführlich, giebt mir von Ihrer glücklichen Künstlerlage und von dem Wohlbefinden so mancher theuern Freunde angenehme Kunde. Was soll ich für Sie weiter wünschen! Daß Sie in eine herrliche Kunstwelt gelangen, daß Sie solche nach Kräften benutzen, daß Sie überall wohl aufgenommen seyn würden, war vorauszusehen; und nun höre ich die Bestätigung zu besonderem großem Vergnügen.

Seit einigen Tagen bin ich wieder in Weimar, nachdem ich Jena in seinem schönsten Nebelglanze verlassen. Alles ist in dem Zustande den Sie kennen. Drackendorf hat soeben eine neue Bewohnerin mit christlicher Weihe bewillkommt.


Vorstehendes ist leider eine ganze Weile liegen geblieben, und als ich in diesen Tagen wieder in Jena, im alten Quartier, Herberge nahm und die liebe Nachbarin hinter ihren Vorhängen nicht gewahrte,[253] erinnerte ich mich meiner Schuld, und sogleich nach meiner Rückkunft eile ich, dieses Blättchen abzusenden. Frommanns werden in diesen Tagen erwartet; wie sich andere Freunde befinden, haben Sie gewiß directe Nachricht. Lassen Sie mir die Ihrige nicht fehlen; denn ich möchte gar zu gern dem Gang Ihrer ferneren Kunstbildung folgen; auch von den werthen Freunden wünsche Einiges zu erfahren. Von mir weiß ich nichts zu sagen, als daß ich nach meiner Weise fleißig bin und Ihrer mit herzlichem Antheil gedenke.

In fidem

Weimar, den 18. September 1817.

Goethe.


28/7870.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

habe nunmehr die Ehre anzuzeigen, daß Donnerstag den 25. früh ein Wagen sich bey Ihnen melden wird, mit welchem hier einzutreffen Sie schönstens eingeladen sind. Das bestimmte Quartier wird bis dahin eingerichtet seyn. Wollen Sie von Ihrer Ankunft Herrn Hof-Marschall von Bielke Kenntniß geben, so wird derselbe für alles Nöthige und Angenehme sehr gern Sorge tragen, wie ich denn zugleich hoffen darf, daß Ew. Hochwohlgeb., wenn ich in irgend etwas dienen kann, solches zutraulich eröffnen werden.

[254] In Hoffnung baldiger angenehmer und belehrender Unterhaltung mich unterzeichnend.

Weimar d. 20. September 1817.


28/7871.


An Johann Heinrich Meyer

Unsere verehrte Grosherzoginn wünscht Ihnen, mein Theuerster, durch Beykommendes einiges Vergnügen zu machen.

W. d. 20. Sept. 1817.

G.


28/7872.


An Rosine Städel

Die Leuchter, meine liebe Nichte, Freundin p. und was für hübsche Namen Ihnen allerwegs gebühren, sind glücklichst angelangt und haben wohl gefallen; empfangen Sie den schönsten Dank dafür.

Mögen Sie inliegendes Briefchen an Herrn Rath Schlosser senden, so hat er die Gefälligkeit den Betrag zu berichtigen.

Nun aber muß ich versichern, daß es keine peinlichere Lage sey, als wenn man nicht gebunden und nicht sey, sondern los und locker ist, deshalb auch diese Worte gewöhnlich eine schlimme Deutung mit sich führen. In der großen Ruh und Absonderung des vergangenen Sommers hab' ich viel gethan, mich aber noch mehr compromittirt, so daß ich immer fortzuarbeiten genöthigt bin und mich vor einer Befreyung,[255] die nicht unmöglich scheint, fürchten, wo nicht entsetzen muß.

Meinen Kindern, denen ich das Beste gönne, wird soviel vorgesprochen von dem Schönen und Guten was alles in jenen Gegenden zu Hause ist, und da kamen denn auch die in hiesigen Gegenden ganz fremden Leckereyen zur Sprache: ein großer Appetit nach Artischocken regte sich. Möchten daher die Freundinnen eine Schachtel, oder lieber ein dauerhaftes Schubkästchen uns mit dergleichen Markt- und Rüchenwaaren baldigst durch die fahrende Post zusenden; so würden Sie eine wo nicht rührende, doch höchst angenehme Familienscene veranlassen.

Auch bey nächst eintretender Weinlese und glücklicher Kelterung ein angenehmer Mostsenf zu hoffen, davon ich mir auch ein paar steinerne Flaschen voll erbitte.

Sie sehen hieraus, meine Lieben, daß ich Sie nicht loslassen möchte und von Zeit zu Zeit etwas zu vernehmen hoffe.

Inwiefern ich Ihnen dagegen ein Schwänchen bereiten kann, das ihnen auch vergnüglich und schmackhaft wäre, deshalb dürfen uns einige Versuche nicht reuen. Lassen Sie mich nicht aus Ihrer Nähe; mir wenigstens will es scheinen daß jede Art des Zusammenseyns in dieser wunderlichen Zeitlichkeit höchst tröstlich und erfreulich bleibe.

der Ihre

Weimar d. 20. September 1817.

Goethe.[256]


28/7873.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Beyliegendes, mein Theuerster, sollte früher abgehen; nun aber hat es wahrscheinlich Ihre erfolgte Rückkehr abgewartet. Nehmen Sie meinen wiederholten Dank für Ihre gütige Sorgfalt. Herrn Dr. Schulin hab' ich geschrieben. Ich vernehme durch ihn oder Sie wie die Sache steht und was räthlich zu thun sey.

Lassen Sie mich von Ihrer glücklich vollbrachten Reise etwas erfahren. Ich habe mich in diesen ganzen Sommer in Jena aufgehalten; für mich zum Vortheil, daß ich viele alte Gedanken und Vorsätze losgeworden, ob andere daraus auch Nutzen und Freude schöpfen werden steht zu erwarten. Die Zeit hat etwas eigenes, niemand kann auf den andern hören, deshalb eil' ich möglichst zum Druck: das vernimmt ein und der andere Mitlebende und der Zukunft ist nicht benommen daran Theil zu nehmen.

Freund Christian hat einige unserer vorzüglichen Personen kennen gelernt, auf die er, wie ich versichern kann, sehr guten Eindruck gemacht hat.

Ihre Frau Mutter und liebe Gemahlin erlauben ja wohl daß ich einige Commissionen nächstens überschreibe.

Herrn Geheimerath Willemer bin ich 96 fl. 24 Xr. schuldig geworden, mögen Sie diese gefälligst berichtigen. Sollte meine Casse nicht hinreichen, so ersetze ungesäumt das Erforderliche.

[257] Erhalten Sie mir allerseits theilnehmende Freundschaft, man bedarf deren immer mehr, und lassen Sie, wenn wir wieder zusammentreffen, uns dergestalt empfinden, als wenn wir nie getrennt gewesen wären.

Weimar d. 21. September 1817.

Goethe.


28/7874.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

genehmigen hiebey:

1) Ein Verzeichniß des Mitgebrachten zu gnädiger Benachrichtigung und Nachträgen.

2) Die Abschrift des Aufsatzes über Einwirckung der Elektrizität auf die Pflanzen. Es wäre wohl interessant nach zu versuchen.

3) Einige Notiz über die glutinosen Vogelnester.

4) Die Bibliothèque und universelle betr.

Sonst noch manches ist geordnet und vorbereitet, weshalb gnädige Aufforderung und Stunden Bestimmung erbitte.

Der silberne Hirsch setzt jedermann in Erstaunen; auf welche Weise er gefertigt worden? sind soviel Meynungen als Beschauer.

unterthänigst

Weimar den 23. Sept. 1817.

Goethe.[258]


28/7875.


An Phillip Emanuel von Fellenberg

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

zutrauliches Schreiben und geneigte Sendung habe wohl erhalten und mich deren höchlich erfreut; ich verkenne die großen und edlen Zwecke nicht und bewundere die schon vorhandenen Mittel und geleisteten Wirkungen. Was ich von meiner Seite beytragen kann die gute Meynung die man von Ihrer Anstalt gefaßt hat dadurch zu vermehren, daß ich Personen die gar keinen Begriff davon haben nach meiner Ansicht und Überzeugung mit diesem Gegenstand bekannt mache, geschieht gern und mit Freuden.

Erlauben Sie mir sodann, daß ich Sie auf das was ich für die Farbenlehre gethan aufmerksam mache. Besitzen Sie meine Arbeit noch nicht, so übersende solche sobald Sie es verlangen und mir anzeigen: wohin ich das Packet, (das die Gestalt eines starken Quartbandes haben würde,) addressiren soll, daß es Ihnen bald und sicher zukomme.

Aus vieljähriger Erfahrung, Theilnahme von Freunden und eigener Einwirkung weiß ich, daß diese Lehre, wie ich sie vortrage, unmittelbar in's Leben übergeht und gewiß auch der Art und Weise Ihres Unterrichts zusagt. Ist einer Ihrer jungen Männer von herkömmlichen Vorurtheilen frey, hat man ihm die Redensarten, mit denen man sich seit hundert[259] Jahren trägt, noch nicht eingelernt, so wird er sich sehr bald darein finden und ich erbiete mich zu An- und Einleitung. Mein Vorsatz, einen Auszug zu didaktischen Zwecken zu liefern, wird gewiß dadurch beschleunigt. der Apparat ist nicht kostbar, will aber zusammen getragen seyn; ich erbiete mich auch hierin zu einiger Mitwirkung.

Meinen theuren Freund Meyer verlier ich für die Winter, wodurch mir ein Großes abgeht. Die Ärzte haben ihm die vaterländische Luft angerathen; möge sie ihm doch gedeihlich seyn!

Und so will ich denn noch kürzlich hinzufügen, daß unser gnädigster Herr, der Großherzog, gesund und munter und von Ihren Thätigkeiten erbaut zurückgekehrt ist.

Weimar d. 24. September 1817.


28/7876.


An Heinrich Rittner

[Concept.]

Wahrscheinlicher Weise befinden sich unter den vielen Landschaften die in Dresden theils schwarz, theils illuminirt ausgeben werden auch einige den Basaltfels zu Stolpen vorstellend; haben Sie die Gefälligkeit mir von denen vorzüglichsten ein Exemplar zuzusenden und den Kostenbetrag zu bemerken, welchen sogleich berichtigen werde.

[260] Da mir niemand bekannt ist der hierin besser willfahren könne, als Dieselben, so ersuche im Vertrauen auf Ihre Gefälligkeit um baldige Besorgung dieses kleinen Geschäfts.

Das Beste wünschend.

Weimar d. 24. September 1817.


28/7877.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

So eben war Beykommendes in Begriff abzugehen, als Ihr werthes Schreiben bey mir eintrifft. Herr Hofrath Hirt erfreut mich durch seinen Besuch, daher nur schnell einige Worte. Aber- und abermals empfehl ich die beiden Aufsätze. Wenn wir dasjenige aussprechen was wir im Augenblick für wahr halten, so bezeichnen wir eine Stufe der allgemeinen Cultur und unserer besondern; ob ich mich selbst, oder durch andere zurechtweisen lasse, ist für die Sache selbst gleichviel, je geschwinder es geschieht desto besser. Ist doch nichts in der Welt was nicht eine Gegenrede erduldete. In unserm Falle ist das Eisen heiß und Zeit zu schmieden.

Ich habe Ihren Vortrag immer vor Augen und suche mich ihm zu fügen. In früheren Zeiten suchte ich nur an Freunden zustimmende Seite, da sich denn im Laufe des Umgangs die abstimmende oft von selbst zeigte, jetzt such ich die Differenz zuerst, damit die Einigkeit daraus hervorgehe. Es ist doch zuletzt alles eine Art von Sprache, wodurch wir uns erst[261] mit der Natur, und auf gleiche Weise mit Freunden unterhalten möchten. Diese haben nun etwa einen wenig abweichenden Dialect und da giebt es wohl einmal ein Mißverständniß, das aber wohl zu lösen ist wenn man sich eines gemeinsamen Idiodikons befleißigt.

Lassen Sie Sich ja die entoptischen Farben empfohlen seyn, ist man hier zu Hause, so genießt man der freyten Aussicht, mittlerweile die Unseligen sich mit polarisirten Schnellkügelchen herumtreiben. Das Seltsame ist, daß niemand begreifen will: die Wissenschaften seyen um Brauchbarkeit willen da, und doch schreyt jedermann nach dem Nützlichen.

Die Englischen Bücher erbitte mir sobald ich wieder an das Geschäft gehe, jetzt bin ich nach anderen Seiten hingezogen.

Unsern guten Meyer verlier ich für diesen Winter; ich bin seinetwegen sehr in Sorgen. Die Ärzte rathen ihm für ein hartnäckiges Übel die vaterländische Luft, und es ist immer ein böses Zeichen wenn einen diese Herrn auf Reisen schicken. Von Zeltnern habe ich den freundlichsten Brief. Haben Sie übrigens gefällig das Büchlein geheim.

Herrn Hirt's Gegenwart hat mir die Berliner Freunde und Zustände wieder sehr herangezogen; möge der Winter sich gegen uns leidlich betragen! und ein fröhliches Wiedersehn vorbereiten!

herzlich verbunden

Weimar den 24. September 1817.

Goethe.[262]


28/7878.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey:

1) Die communicirten Briefe mit Dank zurück.

2) Muster eines Gesteins, welches in den neu acquirirten sonst fuldaischen Landestheilen sich findet. Es scheint mir mit den rheinischen Mühlsteinen genau überein zu kommen, da es aber leicht zerreiblich ist, so wäre die Frage: ob es, gemahlen, nicht als Traß dienen könnte.

3) Achtzig und ein Stück sicilianische Marmore, welche, als eine sehr interessante von der Herzogin Mutter sich herschreibende Suite aufgehoben wünsche.

4) Erfolgt eine Anfrage: ob Herr G. Mawe, Author of the Mineralogy of Derbyshire, Travels in Brasil, Treatise upon Diamonds and other precious Stones ein Diplom von uns erhalten hat; wenn nicht, so ersuche um dessen baldige Ausfertigung.

Das Beste wünschend

ergebenst

Weimar d. 26. September 1817.

Goethe.


28/7879.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz nehmen beyliegende Aufsätze freundlich an. Sie sind das Resultat meines jenaischen Sommer-Aufenthalts[263] und möglichst genauer Beobachtung des Geschäftes. Da ich hiedurch einen Grund künftiger Beurtheilung und Führung des so sehr complicirten, aus mehreren kleinen individuellen Welten bestehenden Thätigkeitskreises für uns und Nachfolger legen möchte, so bitte Ew. Excellenz mir freundlichst anzuzeigen, wenn noch irgend etwas weiteres verlangt oder einiges bezweifelt werden könnte.

Wenn man sich so lange mit einem Gegenstande beschäftigt, so nimmt man für bekannt an was man selbst weiß.

Aus der Rubrik fol. 26 ersehen Ew. Excellenz, daß die Übersicht des Ganzen noch zu nachzubringen ist, welches nächstens geschehen soll, sobald der Extract des jetzt vergangenen Quartals in meinen Händen ist. Auch denk ich zuletzt ein Wort von der Benutzungsart und von dem Verhältniß dieser Anstalten zur Akademie zu sprechen. indessen erfährt man was unsere Herrn Commissarien drüben eingeleitet und ausgeführt haben, wovon mir einige Kenntniß mitzutheilen bitte.

Zunächst gedenk' ich sodann unsere hiesigen beiden Anstalten unter Ew. Excellenz geneigter Theilnahme zu bearbeiten, wo uns die Dis- und Translocationen auch große Unruhen, Schwierigkeiten und Kosten verursacht haben. Doch hoffe ich, daß zu Ostern alles im regelmäßigen Gange seyn soll, wenn nicht Nova emergentia neue Überlegung und Thätigkeit fordern.

[264] Der Gegenwart des Herrn Staatsrath Hufeland hoffe mich mehrmals zu erfreuen.

Ich wünsche, wie immer, empfohlen zu seyn.

Weimar d. 29. September 1817.

G.


28/7880.


An August Michael Tauscher

[Concept.]

Wenn Jemand zu unserer Zeit seine Überzeugung ausspricht: daß noch jetzt eine Entstehung neuer Organismen statt finde und fortwähre, so werden ihm gewiß viele beystimmen; denn durch die Vorstellung einer succesiven Schöpfung, welche jetzt ihre Bekenner hat, wird eine immer fortdauernde schon eingeleitet. Auch sollte, da man neue entstehende Welten in den unendlichen Räumen annimmt, die Entstehung neuer Thiere und Pflanzen auf unserm beschränkten Erdkörper nicht allzu paradox erscheinen.

Jede Idee hat das Recht sich an der Erfahrung zu prüfen, aber es ist zu wünschen, daß solches nicht streng dogmatisch und in Form scharfen Beweises geschehe. Stelle der Naturfreund seine Ansichten ruhig dar als wenn sie individuell wären, und erwarte die Beystimmung von Geistesverwandten. Nöthigen läßt sich doch niemand zum Beyfall, und jede Überzeugung ist nach Beweisen auf Beweise doch zuletzt ein Act des Willens.

[265] Ich würde daher zu einer Ankündigung wie die mitgetheilte nicht rathen: das Publicum nimmt von unsern Vorsätzen und Kümmernissen wenig Notiz, achtet es doch öfters nicht einmal auf das was gethan ist.

An Ihrer Stelle würde ich mein Werk möglichst ausarbeiten, meine Überzeugungen so objectiv wie möglich machen, und alsdann durch eine kurze Anzeige das fertige zu empfehlen suchen.

Da diese Ihre Vorstellungsart der meinigen nicht widerstrebt, so bin ich nicht abgeneigt einem Entwurf oder einem Theil Ihrer Ausarbeitung eine theilnehmende Aufmerksamkeit zu widmen.

Weimar d. 30. September 1817.


28/7881.


An Georg Friedrich Creuzer

Ew. Wohlgeboren

bin ich für die übersendeten Hefte den größten Dank schuldig. Sie haben mich genöthigt in eine Region hineinzuschauen, vor der ich mich sonst ängstlich zu hüten pflege. Wir andern Nachpoeten müssen unserer Altvordern, Homers, Hesiods u.a.m., Verlassenschaft als urkanonische Bücher verehren; als vom heiligen Geist Eingegebenen beugen wir uns vor ihnen und unterstehen uns nicht, zu fragen: woher, noch wohin? Einen alten Volksglauben setzen wir gern voraus, doch[266] ist uns die reine charakteristische Personification ohne Hinterhalt und Allegorie Alles werth; was nachher die Priester aus dem Dunklen, die Philosophen in's Helle gethan, dürfen wir nicht beachten. So lautet unser Glaubensbekenntniß.

Gehts nun aber gar noch weiter, und deutet man uns aus dem hellenischen Gott-Menschenkreise nach allen Regionen der Erde, um das Ähnliche dort aufzuweisen, in Worten und Bildern, hier die Frost-Riesen, dort die Feuer-Brahmen; so wird es uns gar zu weh, und wir flüchten wieder nach Ionien, wo dämonische liebende Quellgötter sich begatten und den Homer er zeugen. Demohngeachtet aber kann man dem Reiz nicht widerstehn, den jedes Allweltliche auf Jeden ausüben muß. Ich habe die gewechselten Briefe mit vielem Antheil wiederholt gelesen, wenn aber Sie und Hermann streiten, was macht unser einer als Zuschauer für eine Figur!

Wiederholten Dank also für die Hin- und Hersicht, wenn auch für mich keine Umsicht möglichst ist. Manche bisher Unsichere versteh ich wenigstens besser, und es ist nicht zu läugnen, die Ihnen angeborene Behandlungsart, bey so großem literarischen Reichthum, muß auch dem anziehend seyn, der sich dafür fürchtet.

Der französischen anmuthigen Freundin sprechen Sie meinen Dank aus und lassen mir gelegentlich etwas Näheres von ihr erfahren. Boisserées Krankheit[267] beunruhigt mich sehr. Es ist mir so oft begegnet, jüngere vor mir scheiden zu sehen, daß die Krankheiten der noch in den letzten Jahren mir gegönnten Freunde mich am meisten beunruhigen.

Meinen innigsten vieljährigen Freund und Mitarbeiter, Hofrath Meyer, sehen Sie auch in diesen Tagen und erfreuen sich seiner gewiß. Sein Glaube, daß ein verdrießliches Übel durch vaterländische Luft geheilt werden könne, belebt auch meine Hoffnung, ob mir gleich durch seine Abwesenheit ein unentbehrlicher Wintertrost geraubt wird.

Empfehlen Sie mich aller Orten und Enden und gedenken meiner freundlich in Ihrem edlen Kreise.

Ergebenst

Weimar den 1. October 1817.

Goethe.


28/7882.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Ew. Gnad.

wird beykommendes Buch, welches zu meinem Andencken gefälligst zu benutzen bitte, hinreichend seyn um der thierischen Natur in allen ihren Gestalten folgen zu können.

Mich allerseits bestens empfehlend

gehorsamst

W. 1. Octbr 1817.

Goethe.[268]


28/7883.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

sehen aus beyliegendem Brouillon, dessen Papiere und andere Unschicklichkeiten bestens zu entschuldigen bitte, daß ich über den Antrag des Großherzogl. Ober-Consistorii mit mir selbst uneins bin. Man wird schwerlich ausweichen können und doch ist Gefahr dabey diese kostbaren Denkmale zu diesem theatralisch-religiosen Feste ganz aus unsern Händen zu geben, und doch auch bedenklich, durch Theilnahme einen Theil der Verantwortung zu übernehmen. Kommen Ew. Excellenz meiner Unentschlossenheit geneigt zu Hülfe.

gehorsamst

Weimar d. 3. October 1817.

Goethe.


28/7884.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

Beyfall, den Sie meinen jenaischen Arbeiten gewähren, ist mir unendlich theuer; denn wie kann man Ihnen für so unübersehliches Thun und Leisten nur einigermaßen dankbar seyn, als daß man sich in dem kleinen beschränkten Kreise thätig erzeige. In acht Tagen[269] hoffe ich mit dem Aufsatz fertig zu seyn, doch muß ich noch den Kühnschen Quartal-Extract abwarten, der sich wegen Stürzung der Jenaischen Casse etwas verspäten wird. Sobald diese Arbeit vollbracht, werde ich an die Bibliotheksgeschäfte gehen.

Hier folgen abermals die Volumina, deren gutartiges zu begünstigen, das Unartige aber zu beseitigen seyn wird. Wie dieses ohne Härte und auffallende Schritte geschehen kann, werde Ew. Excellenz nächstens schuldigen Vortrag thun.

Sollten dieselben in dieser Woche gegen die Mittagsstunde Ihre Spazierfahrt einmal bey mir vorbey nehmen und mit Frau Gemahlin und Herrn Staatsrath für ein Viertelstündchen abtreten, so wird ein schönes Schweizer Panorama, welches Serenissimus mitgebracht und bey mir aufgestellt ist, gewiß einiges vergnügen machen.

Mich zu wohlwollendem Andenken empfehlend

gehorsamst

Weimar d 5. October 1817.

Goethe.


Als Nachschrift sey mir eine Anfrage erlaubt:

Voigt d. J. hat in einem Schreiben an Serenissimum um ein akademisch Avancement gebeten; darf er hoffen bittseelig gestellt zu werden?

d. 5. October 17.

G.[270]


28/7885.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

verzeihen, wenn ich der freundlichen Einladung nicht Folge leiste, indem ich die Abende seit längerer Zeit im Hause zuzubringen für das Räthlichste halte, wodurch ich denn freylich manches Guten verlustig gehe. Dagegen hoff ich, versagen mir die Freunde nicht, Sie mit den sämmtlichen lieben Gästen und Angehörigen eines Morgens bey mir zu verehren. Tag und Stunde hängt ganz von Ihrer Bestimmung ab.

Der trefflich verfaßte Bericht wird mundirt, und soll zur Unterschrift baldigst erfolgen. Möge dieser Kelch an uns vorübergehen!

Mich zu dauerndem Wohlwollen angelegentlichst empfehlend

gehorsamst

Weimar d. 5. October 1817.

Goethe.


28/7886.


An Christian Gottlob Voigt

[6. October 1817?]

Ich erhalte Ihr gestriges Billetchen, durch ein Versehen erst diesen Augenblick. Ist Rath Hufeland[271] noch hier so erwarte ich ihn mit Vergnügen diesen Morgen je eher je lieber.

G.

Der Zwanzigerische Brief lag schon in einem Kasten den ich zurücksendete.


28/7887.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar d. 9. October 1817.

Habe vielen Dank, mein Theuerster, für die freundlichen Briefe und den ermunternden Zuruf. Möchte ich euch doch aus meinen alten Schächten noch allerley Willkommenes zu Tage fördern.

Durch Hermann, Creuzer, Zoega und Welcker bin ich in die griechische Mythologie, ja bis in die Orphischen Finsternisse gerathen. Es ist eine wunderliche Welt, die sich einem da aufthut, leider wird sie selbst durch die Bemühungen so vorzüglicher Männer nicht völlig in's Klare gesetzt werden, denn was der eine aufhellt, verdunkelt der andere wieder.

Hier das chinesische Drama, das anfangs nicht munden will, das aber, wenn man es mit Ruhe durchliest und zuletzt überschaut, als ein höchst merkwürdiges und verdienstvolles Werk muß angesprochen werden.

Sartorius ist seit einigen Tagen mit seiner Frau hier, das giebt denn viel Anregung und manches[272] kommt zur Sprache. Übrigens leb' ich sehr allein und komme fast nicht aus dem Hause. Dadurch wird denn gar manche Arbeit gefördert und wenn sich meine Gesundheit diesen Winter überhält, so gedenke manches vor mich zu bringen.

Dein Carl wird dir von einem Schweizer Panorama erzählt haben, welches sehr artig ist, es soll mit andern topographischen und geologischen Dingen nach Jena geschafft werden, der Großherzog brachte selbige von seiner Reise mit. Alles zusammen wird dir recht wohl gefallen.

Durch Sartorius habe ich manchen bedeutenden Blick nach Göttingen thun können; dort steht freylich alles auf bedeutenden Fundamenten, so daß die Bewegungen des Augenblicks, wie sie auch entstehen können, keinen sonderlichen Einfluß darauf haben. Ein glücklicher Umstand kommt ihnen noch zu Hülfe: daß der Herzog von Nassau Göttingen für seine Landesuniversität erklärt hat, Stipendien, Freytische u.d.gl. dorthin stiften will. Es ist ein sehr glücklicher Gedanke, welcher große Kosten und Quälereyen erspart. Nassau hatte ohnehin kein schickliches Local, Gießen und Marburg zu nah und so unbedeutend.

Lebe zum schönsten wohl und grüße die lieben Deinigen.

G.


Hast du vielleicht gehört, daß auf den 18. dieses ein Preußisch Regiment in Eisenach angesagt ist?[273] Diese Erscheinung möchte denn doch wohl dem Feste eine andere Gestalt geben.


28/7888.


An Johann Georg Lenz

Weimar d. 9. October 1817.

Serenissimus haben, wie Ew. Wohlgeb. bekannt, ein Kabinett Edelgesteine von L. D. R. Ludecus gekauft. Es ist etwas daran in Unordnung gerathen, welchem Übel abzuhelfen Sie berufen werden. Richten Sie sich dergestalt ein, daß Sie Sonntag den 12. dieses bey mir eintreffen, auch die folgende Nacht hierbleiben können, um Montags die Prinzessinnen in Belvedere zu prüfen, ob die guten Lehren einigermaßen gefruchtet haben. Ich werde manches zurecht legen worüber Ihr einsichtsvolles Urtheil wünsche.

Goethe.


28/7889.


An Ludwig Eugen Hesse

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben durch die Übernahme des kleinen Auftrags mir eine besondere Gefälligkeit erwiesen, wofür ich um so mehr meine Dankbarkeit ausspreche, als ich mich in dem Fall befinde Dieselben nochmals ansprechen zu müssen. Man wünscht nämlich sämmtliche Münzen noch einmal zu erhalten, deren Verzeichniß ich nicht[274] abermals mitsende weil es sich noch in Ew. Wohlgeb. Händen befindet, oder der Künstler aus seinen Büchern wird nachkommen können. Den Betrag wird Herr Hauptmann Müller die Geneigtheit haben zu erstatten und gelegentlich hieher einrechnen, da denn die Vergütung sogleich geschehen soll.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend, dankbare Gesinnungen wiederholend habe die Ehre mich zu unterzeichnen.

Weimar d. 9. October 1817.


28/7890.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

verfehlte nicht anzuzeigen, daß Nachstehendes zu weiterer gnädigsten Verfügung bey mir bereit stehe und liege.

1) Landschaftliche Darstellung des Schlosses und Basaltfelsens zu Stolpen. Da solcher mir aus früherer Zeit bekannt ist, habe ich die sehr gute gepackte Rolle nicht eröffnen wollen.

2) von Racknitz über den Basalt, kleine aber gehaltvolle Schrift.

3) Leonhards Taschenbuch, 11. Jahrgang, worin die Beschreibung und Charte vom Meißner befindlich.

Lenz wird nächsten Sonntag, wenn die Durchschnitte dieses Bergbaus in seinen Händen sind, sie[275] mitbringen, da denn die Sendungen nach Befehl abgehen könnten.

Ferner.

4) Ist das Panorama von Neuschatel zusammengeklebt und in dem angeordneten Zirkelbogen aufgestellt, wo es sich ganz munter ausnimmt.

5) Die erhabenen Berg-Modelle sind durch Inschriften, an den Seiten angebracht, näher bestimmt und zur Vergleichung mit Landcharten geeigneter gemacht worden. Alles könnte nunmehr gelegentlich nach Jena gebracht und dort einrangirt werden, wozu mir die nächste Woche auf einige Tage gnädigsten Urlaub erbitte.


6) Der silberne Wunderhirsch, welcher Abtheilung ist er einzuverleiben? vielleicht der Kunstsammlung auf hiesiger Bibliothek?

unterthänigst

Weimar d. 10. Octbr 1817.

Goethe.


28/7891.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Fürstinn

gnädigste Frau,

Ew. Kayserl. Hoheit haben mir durch gnädigste Mittheilung des danckbarlichst zurückerfolgenden Briefes die größte Freude gemacht. Was kann wünschenswerther[276] seyn als wenn die Entbehrung dieses Winters einem so werthen Freunde reichlich zu Gute kommen. Ew. Kayserl. Hoheit gnädigster Theilnahme uns fortdauernd empfehlend

Ew. Kayserl. Hoheit

unterthänigster

Weimar d. 12. Octb. 1817.

J. W. v. Goethe.


28/7892.


An Carl Ludwig von Knebel

Du erhältst, mein Bester, hierbey die folgenden Bände der großen Thier-Fabel. Möge sie dir zur Unterhaltung dienen und du sie zu meinem Andenken gern aufbewahren. Es ist übrigens ein Zeichen der Zeit, und nicht zu verwundern, daß dieses revolutinaire Gedicht von Bremen her verdeutscht kommt, denn dort sind diese Gesinnungen am lebhaftesten im Umtrieb. Man muß diesem Wesen eben zusehen und zuhören, still seyn und eigenen Geschäften nachgehen.

Auch das Buch Kabus widme ich dir erb- und eigenthümlich. Ich besitze noch ein Exemplar; es ist ein Werk das man nicht hinter einander weg lesen kann, und wiederholt lesen muß.

Die wunderbarste Erscheinung war mir diese Tage das Trauerspiel Manfred von Byron, das mir ein junger Amerikaner zum Geschenk brachte. Dieser seltsame geistreiche Dichter hat meinen Faust in sich aufgenommen[277] und für seine Hypochondrie die seltsamste Nahrung daraus Nahrung daraus gesogen. Er hat alle Motive auf seine Weise benutzt, so daß keins mehr dasselbige ist, und gerade deshalb kann ich seinen Geist nicht genug bewundern. Diese Umbildung ist so aus dem Ganzen, daß man darüber und über die Ähnlichkeit und Unähnlichkeit mit dem Original höchst interessante Vorlesungen halten könnte; wobey ich freylich nicht läugne, daß einem die düstre Gluth einer grenzenlosen reichen Verzweiflung denn doch am Ende lästig wird. Doch ist der Verdruß, den man empfindet, immer mit Bewunderung und Hochachtung verknüpft. Sobald unsere für diesen Mann passionirten Frauen das Werk verschlungen, soll es dir auch zu Theil werden.

der deine

Weimar d. 13. October 1817.

G.


28/7893.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

Nun säume ich nicht länger auf den erfreulichen Brief vom 5. August zu antworten und sollte es auch nur entschuldigen seyn.

Schon längst liegt ein kleiner Aufsatz die verschiedenen Fragen beantwortend mir zur Seite, den ich noch nicht beendigen können, nächstens aber geschieht[278] es, auch die verlangten Gebirgsmuster werden hinzugefügt. Übrigens geht mir's in diesem Falle wie gewöhnlich dem Menschen: insofern er für andere ernstlich Sorge trägt vergißt er sich selbst. Meine Carlsbader Sammlung ist unvollständig und noch nicht einmal nach meinen eignen Nummern rangirt, die Jenaische übervollständig und doublettenreich; aber auch nach einem älteren Aufsatze geordnet. Nun soll des Freundes Verlangen mich anregen beide durchzugehen und seine Wünsche zu erfüllen.

Und hiemit, mit den besten Segnungen, das aufrichtigste Lebewohl. Lenz ist eben hier und ich habe Gelegenheit gehabt ihn mit den sächsischen vom Freunde verehrten Zinnsuiten in Erstaunen zu setzten. Empfehlungen der theuern Familie. Meine jungen Leute befinden sich ganz munter.

Weimar d. 14. October 1817.


28/7894.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Auf die verlangte Pietra fungaja will ich Ew. Wohlgeboren nicht lange warten lassen. Beykommendes Kästchen enthält deren so viel, als Sie etwa zu Ihren Versuchen benöthigt sind. Ob Sie gleich nur kleine Bröckchen erhalten, so bitte zu beachten, daß die Masse an der Luft fester geworden; auch das bey mir verwahrte größere Stück brockelt sich nicht mehr so[279] leicht als damals da es nach dem verunglückten Versuch aus der Erde kam. Ich freue mich sehr auf Ihre Behandlung des geheimnißvollen Gegenstandes.

Der Aufsatz übe die Entianen ist mir gleichfalls höchst erfreulich. Diesem Geschlecht hab' ich von je her eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet und noch neulich wurden durch schöne Exemplare der österreichischen Flora unsere Herbarien glücklich vermehrt.

Wenn Sie die Anwendung der Idee, des Begriffs der Metamorphose, wie Sie ja solche in Ihren Blättern darlegen, der kindlichen, ja beynah kindischen Sorgfalt vergleichen, mit der ich, gerade vor dreißig Jahren, diesem Gedanken nachgehangen und solches nunmehr im zweyten Bande meiner Italiänischen Reise deutlich erscheinen lasse, so werden Sie Sich des Lächelns nicht enthalten. Ich aber darf zufrieden seyn, daß meine Prophezeyungen durch thätige, junge Männer in Erfüllung gegangen und ich dasjenige im Einzelnen zu schauen anfange, was ich im Allgemeinen innigst anerkannt hatte. Nehmen Sie meinen besten Dank und lassen mich von Ihren Thätigkeiten ferner erfahren.

Glück zu allen Fortschritten wünschend

ergebenst

Weimar d. 15. October 1817.

J. W. v. Goethe.[280]


28/7895.


An Sulpiz Boisserée

Kaum entwind ich mich heute fremden und einheimischen Andringlichkeiten um Ihnen wieder einmal ein herzliches Wort zu sagen. Die Nachricht von Ihrer Krankheit hat mich sehr betrübt. Für meine jüngsten Freunde, deren ich so mancher verlor, hege ich immer die meiste Sorge, denn leben heißt doch eigentlich nicht viel mehr als viele überleben; seyn Sie mir daher als Geneser auf's beste gegrüßt. Mögen wir alle den Winter glücklich überstehen! welches ich auch vorzüglich unserm Freund Meyer wünsche, dem ich gönne Ihre Schätze mit so theilnehmendem Sinn angeschaut zu haben.

Er hat mir mit der größten Wärme davon geschrieben. Mir war nicht gegönnt diesen freundlichen und einsichtigen Versammlungen beyzuwohnen, doch wird für uns alle manches Gute daraus entspringen.

Seitdem ich von Jena zurück bin, werd' ich mehr als immer hin und wieder gezogen, und diese neun Wochen hab' ich in ununterbrochener Thätigkeit zugebracht, wobey manches freylich geleistet wird, aber doch meistens die alte Legende eintritt, wo der Hausvater nahrhaften Brei, den er seinen Schnittern bestimmte, dem Propheten zur Löwengrube bringen muß. Daß mir die Churprinzessin von Hessen die Abbildung dieses Wunders in einer sehr ausführlichen[281] Federzeichnung von Hemskeerk verehrte war mir sehr ominos.

Aus einer Leipziger Kupfer-Auktion habe schöne Sachen, auf niederländische Schule bezüglich erhalten. Aus verschiedenen Kupfern nach van Mander darf ich schließen, daß ich eine unendlich reiche, reinliche Federzeichnung von diesem Künstler besitzen. Und so helf ich mir mit Brosamen durch indessen Sie Sich die fettesten Bissen auftischen. Den Christuskopf von Hemmling rühmt Meyer höchlich.

Doch hab' ich diese Tage auch ein sehr hohes Anschauen gewonnen. Ich fuhr bey'm heitersten Himmel spazieren und fühlte auf einmal Lust und Muth aus dem Stegreif in die weite Welt hinein zu rücken. Ich eilte nach Rudolstadt um die beiden Köpfe der Colossen von Monte Cavallo zu sehen, die schon seit zwölf Jahren, von mir ungeschaut, in Gypsabgüssen dort aufgestellt sind. Ich mußte freylich erstaunen und leider empfinden daß unser anschauendes Gedächtniß das Erhabene so wenig als das Schöne festzuhalten vermag. Zu diesem Abenteuer drängten mich, um den Anlaß zu bekennen, die Bemühungen, die ich mir um die äginetischen, athenischen und phigalischen Marmore gebe, um sie mir und andern anschaulich zu ma chen. Von den ersten hab' ich endlich Zeichnungen erhalten, von den zweyten Copien der in Paris befindlichen Zeichnungen, 1683 verfertigt, auch einige englische, theils ausführliche, theils nur andeutende[282] Werke; von den dritten die gestochenen Umrisse und die davon in unserm Industrie-Comptoir genommenen Copien.

Wie übrigens alles zusammentrifft, um der schon bekannten Geschichte der alten Kunst noch mehr aufzuhelfen, sie zu erläutern, zu bestätigen, ist sehr erfreulich und nöthigt mich die hieher bezüglichen Schriften von Hermann, Creuzer, Schelling, Wagner, Dallaway u.a. genauer durchzulesen, woraus viel zu nehmen ist; nur geht es leider in diesen Dingen wie nach heitern Tagen, die Meinungswolken und Grillennebel vergrauen gar bald Himmel und Horizont. Mich rührt es nicht, denn ich weiß recht gut auf welcher Seite ich stehe und welche Denkweise mir angemessen ist. Diese such ich in mir auszubilden, es sey an Natur oder Kunst, andere mögen anders verfahren, streiten werd ich niemals mehr.

Und nun lassen Sie mich auch von Ihrem und Ihrer Sammlung Schicksal sprechen, es liegt mir sehr am Herzen und im Sinn! Den Aufschluß möcht ich noch erleben. Daß Sie im Süden sich festsetzen mag sehr wünschenswerth seyn, im Norden sieht es gar zu babylonisch aus, und hätten wir andern uns nicht seit vierzig Jahren angesiedelt, verschanzt und gerüstet, so müßten wir auf und davon gehen. In Frankfurt kann freylich nichts werden! Lassen Sie mich von Zeit zu Zeit erfahren, wie Sie die Sache, nach Ihrer herkömmlichen Klugheit behandeln;[283] auch von den übrigen Geschäften vernehme gern etwas.

Das chromatische Problem betreffend, sag ich in Bezug auf meine erste Auslegung folgendes. Jedes Pigment, das unserm Auge als blau erscheint, hat entweder aufgestrichen einen weißen Grund unter sich, oder es bringt in seinem Staubzustande ihn mit sich; wie unter dem Safflor (Smalte) das gemalne feine Glas versteckt liegt, unter dem Ultramarin Alaunerde und andere. Die dunkelsten von beiden Pigmenten sind die schwersten, wie das tiefste Ultramarin und das Königsblau, sie führen vielleicht das meiste metallische mit sich. Die Aeschels und Asche sind die leichtesten und hellsten. Ich lege ein Stückchen blau Papier auf weißes gezogen bey, die blaue Mitte wird Ihnen in der Dämmrung grau, aber niemals, der Umgebung gleich, weiß erscheinen. (Das Blätchen folgt.)

Sehnsüchtig den morgenden Tag mit Ihnen zuzubringen.

W. d. 17. Octbr 1817.

G.


28/7896.


An Johann Jacob von Willemer

Und so sind denn abermals zu meiner Beschämung die Boten des Herrn angekommen, die ich zwar freundlichst begrüße, den Gruß jedoch lieber an die Sendenden selbst wendete. Ich habe mit den lieben Freunden[284] mich bisher so oft in Gedanken unterhalten, daß ich selbst nicht mehr weiß was geschrieben ist und was in Geist und Herzen zurückblieb. Auch heute muß ich kurz seyn, denn der Aufenthalt in Weimar hat die wunderbare Eigenschaft, daß die Tage vorübergehen ohne sonderliche Spuren von sich übrig zu lassen. Man thut viel ohne es zu empfinden, weil man immer thut was man nicht will.

Die liebe nach Eisenach ziehende Jugend macht unsere Umgebung lebhaft und erregt besonders alle Frauenköpfe. Es ist keine die sich nicht hinsehnte und ich kann's ihnen nicht übel nehmen, denn es mögen hübsche Kerlchens dort zusammen kommen. Wir andern müssen ruhig bleiben und den Ausgang des Abenteuers abwarten.

Was soll ich nun aber zu der freundlichsten Einladung sagen, die mir weit lockender ist als diese Feste! und doch erinnert sie mich gerade an dasselbige Fest, welches ich zum erstenmal in der glücklichsten Umgebung feyerte. Was seit jener Epoche vorgegangen darf ich mir kaum zurückrufen und meinen gegenwärtigen Zustand nicht mit manchen schönen Tagen und Stunden zusammen halten. Denn ich bin in die irdischen unerfreulichen Zufälligkeiten verwickelt mehr als jemals. Von einem Geschäft das in Masse schlimm war, fühl ich mich, Gott sey Dank! befreyt, nun aber ergreifen mich andere, die im Detail keineswegs erfreulich sind und zusammen auch wieder Masse machen.

[285] Sie denken also leicht wie mir zu Muthe sey, wenn ich mich einen Augenblick an den heitern Fluß unter seine Anwohner versetze, im stillen Gartenstübchen der lebhaftesten Ufer gedenke. Davon muß ich denn also den Blick zurückziehen und aussinnen, was ich den Freunden Unterhaltendes und Angenehmes vorbringen könne, welche Beschäftigungen meine angenehmsten und freysten Stunden gewidmet sind. Und so muß ich nun mit dem lebhaftesten herzlichsten Dank schließen, für so wohlthätige Erinnerungen, die wenn sie auch nicht so angenehm erneuert würden, dennoch unauslöschlich bey mir seyn müßten. Nicht ohne sehnsüchtige Gefühle scheide ich von diesem Blatt, das, je länger ich dabey verweile, mich immer täuschender dahin versetzt, wohin ich nicht gelangen kann. Und in dem einzigen Sinne beneid ich diejenigen die nach Eisenach ziehen, nicht weil ich die dortigen Feier und Feuer zu schauen wünschte, sondern weil mir angelegen wäre, dieses Fest auf der herrlichen Zinne wieder zu begehen und die Flämmchen und Flammen des allgemeinen und besondern Wohlwollens am Horizont und in der Nähe auflodern zu sehen.

Weimar den 17. October 1817.


Nachschrift.

Und so wären denn die Feuer, am schönsten Abend, abermals abgebrannt und an dem freylich beschränkten Thüringer Horizont in ihrer Klarheit noch ganz[286] lustig beschaut worden; dem famosen Frankfurter Panorama doch nicht zu vergleichen. Selbst der Kupferstich mit den rothen Flämmchen scheint noch weiter und breiter zu seyn als die nordische Wirklichkeit. Wurde es abermals auf dem Mühlberg gefeyert, so waren wir gewiß im Geiste nah beysammen.

Nun will ich schließen und nur noch der schmackhaften, angenehmen Erdfrüchte gedenken, womit mich die liebe Nichte so reichlich erfreut hat.

Und so, mit Tausend Grüßen, das herzlichste Lebewohl!

Weimar d. 19. October 1817.

G.


28/7897.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

geneigtes Schreiben vom 18. September fand mich in Weimar, mancherley wieder anknüpfend. Was sich auf uns gemeinschaftlich bezieht, setz ich mit Freuden fort, doch ist mir (ich darf wohl sagen leider) ein höchster Auftrag zugegangen: die jenaische Bibliothek umzubilden und ihr, die mit andern sächsischen Höfen gemeinschaftlich war, unsere weimarischen bisher abgesonderten Bücherschätze zum Theil einzuverleiben. Hiezu gehört denn nun, was uns nicht gerade bey der Hand ist, Jugend, Gesundheit, besonders aber Glaube, daß das Werk im rechten Sinne vollendet werden[287] könne. Die langen Winterabende werden unserm Plane nachhülflich seyn.

Der Bezug auf Wien war mir ganz unbekannt, Frommann abwesend, seine Zurückgelassenen unentschlossen. Künftig läßt sich's leicht machen daß Ihre Zwecke erfüllt werden.

Ihrer verschiedener Zeitschriften will ich gern gedenken, nur bin ich freylich so zerstreut und zerstückelt daß da Beste was geschehen könnte und sollte nicht geschieht. Die Hauptpuncte nur für dießmal.

Die Fregischen Zahlungen sind geschehen, 6000 Thaler hab ich bar erhalten, dagegen noch 3000 Thaler in suspenso sind. Kleinere Posten bemerke zum Neujahr. Verzeihen Sie wenn ich wiederhole, was sich bey ihnen von selbst versteht: wenn man älter wird und in solchen Dingen nicht fehlen möchte, erlaubt man sich eine unnöthige Genauigkeit. Nun aber noch eine Anfrage, auf ein besonderes Blatt geschrieben, die ich baldigst zu beantworten bitte.

Der ich, gefällige Nachricht erwartend, die Ehre habe mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen

ergebenst

Weimar d. 25. October 1817.

Goethe.


[Beilage.]

In dem neu erschienenen Damen Almanach für 1818 befindet sich ein Kupfer: Venus die Amor'n[288] den Bogen nimmt nebst einem Sylvan. Ein Kunstfreund ist begierig, zu erfahren, nach welchem Original dieß Blatt gezeichnet und gestochen worden und wo es sich befindet. Es giebt Duplicate von dem Gemälde, so daß es interessant wäre sie allenfalls vergleichen zu können. Das uns bekannte Bild ist von der Gegenseite, wie es bey Kupferstichen öfters geschieht.

d. 25. October 1817.

G.[289]


28/7897a.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

Ew. Wohlgeboren

erhielten vergangenen Sonntag die verlangten Bücher. Es soll mir auch für die Zukunft angenehm seyn auf diese Weise Ihre Studien zu fördern.

Zugleich lege einige Abdrucke eines geschnittenen Steines, aus der gesunkene Zeit des Römischen Kaiserreichs, bey, mit dem Ersuchen: gefällig anzuzeigen ob darauf befindliche Schrift einen Sinn hat, oder ob es willkührliche betrügliche Zeichen sind.

Mit den besten Wünschen mich unterzeichnend

ergebenst

Weimar d. 26. Octbr. 1817.

Goethe.[40]


28/7898.


An Johann Heinrich Meyer

Weimar d. 28. October 1817.

Ihr, mit Sehsucht erwarteter Brief ist glücklich angekommen und mit Freuden empfangen worden. Die liebe Hoheit nimmt fortdauernd treulichen Antheil an Ihren Zuständen. Eh ich aber erzähle wie mir's bisher gegangen erwidre ich zuerst den Inhalt des Schreibens.

Es wird sehr löblich seyn wenn Sie über die Boisseréeschen Besitzungen nach dem angedeuteten Sinne einen kleinen Aufsatz fertigten, der uns und den Freunden diente, übrigens bin ich völlig der Meinung daß wir, da die Sache anfängt in Worten streitig zu werden, bei dem was schon gesagt ist beruhigt, unsere Aufmerksamkeit auf Gegenstände wenden die näher liegen und für uns fruchtbar sind.

Was die Anschaffung von Kunstwerken betrifft, wollen wir in unserm alten Gleise bleiben, auf[289] Gemälde renunziren und was uns, besonders von Kupfern, wohlfeil in die Hände läuft annehmen. Die sämmtlichen Leipziger Bestellungen habe sehr wohlfeil erhalten. Ich werde mit Weigel in Verbindung bleiben, aufpassen was die Liebhaber gerade jetzt nicht mögen und darnach greifen. Von Romeyn de Hooghe, ein Blatt, welches sämmtliche Tugenden des Meisters enthält, trefflichen Abdruck, habe für Einen Groschen erhalten. Bey dieser Gelegenheit habe mehrere große Blätter von Niederländern und Italiänern, wichtige Weltbegebenheiten darstellend, zusammen gelegt, bildliche Zeitung die im 17. Jahrhundert sehr Mode waren, von den fertigsten Künstlern geistreich radirt: Luytkens Bartholomäusnacht p., finden Sie etwas der Art so nehmen Sie es mit, es sind öfters zerstreute Blätter aus größern Werken. Von Stella erhielt ich ein sehr schönes Florentinisches Fest. In allen diesen Blättern ist eine Art Poesie, wodurch der Vorfall eindringlich wird, spätere Darstellungen der Art werden gemein prosaisch, obgleich sehr genau und sauber gestochen.

Nun glaub ich aber nicht besser thun zu können, als daß ich meine Tagbücher nachsehe, die Hauptpuncte mit denen ich mich beschäftigt Ihnen kürzlich vorlege.

Gleich am Tage Ihrer Abreise kam jene Leipziger Sendung an. Das Betrachten und Einrangiren der Blätter veranlaßte eine Bewegung in meiner Sammlung die noch fortfährt. Man fand daß neue Portefeuilles[290] müßten angeschafft werden wenn man einigermaßen zu Ordnung und Klarheit kommen wollte. Dieses ist nun im Werk und wird sich zwar eine Schule vor der andern, doch keine ganz leer ausnehmen.

Eine Darstellung der jenaischen Museen, damit man endlich einmal über diese Gegenstände und die erforderlichen Kosten klar werde, hat mir viel Zeit geraubt. Indessen ist doch etwas gethan. Nun will der Großherzog das stockende Wesen der jenaischen Bibliothek aufgelöst und in's Leben gebracht sehen; das ist eine langwierige und schwierige Sache aber nicht unmöglich wenn man Schritt vor Schritt geht. – Schriften von Hermann, Creuzer, Welcker haben mich über alte Kunst Mythologie denken machen, aus den Bemühungen dieser Männer entspringt viel Gutes, nur wird das gefundene Rechte gleich wieder durch entgegengesetzte Individualitäten verscharrt und verschüttet. Die Masse von Worten nimmt zu, man sieht zuletzt von der Sache gar nichts mehr. Dagegen aber nur Personen, wo ein jeder sich anders nimmt. Welcker hat Zoega's kleine Abhandlungen gesammelt, übersetzt und mit Noten begleitet, dieß ist eine verdienstliche Arbeit, und da Zoega noch von der älteren Zeit ist, so findet man sich in bekannter gewohnter Gesellschaft. – Herr von Münchow kam nach der Hoheit Wunsch herüber, und da er den wahren Sinn des Zustands gefaßt hat, daß[291] Bildung und Belehrung gleichen Schrittes gehen müssen, so ist und war seine Gegenwart sehr vortheilhaft; kann die Hoheit sich auch überzeugen, daß Thätigkeit im ruhigen Gang schön und zweckmäßig wirkt, und daß es weder Hetzens noch Sorgens bedarf, um zu einem edlen wohl in's Auge gefaßten Ziel zu gelangen; so wird dem Geschäft, ihr selbst und uns allen geholfen seyn. Denn gerade das Bißchen zu viel was sie in die Sachen legt giebt dem Widerspruchsgeist eine Art von Recht, auch das zu tadeln was nothwendig ist. Die Kinder im ganzen sind so gut umgeben als möglich. Frau v. H., überverdient zu dieser Stelle, ist als Ober-Gouvernante bestätigt, die beiden andern stehen gar zu hübsch in ihren Rollen und ob ich gleich der Abwesenden sehr günstig bin, so fürcht ich doch bei ihrer Rückkehr eintretende Wahlverwandschaften, deren Pro- und Educte man nicht berechnen kann. – Von England sind uns die kostbarsten Sachen zugekommen. Man weiß nicht wie man alles zurecht legen soll. Die Elgin Marbles mit dem ganzen Erfolg, immer wieder und wenigstens bequemer dargestellt, sind uns beynah so bekannt als wenn wir sie gesehen hätten. Die Preise der Gypsabgüsse sind auch schon da und das Continent wird bald mit diesen herrlichen gebildeten Massen übersetzt seyn, wie mit schlechtem Cattun und sonstigem Gewebe. Den einen Pferdekopf will ich gleich bestellen, damit es unmöglich sey die dazu gehörigen Heroen zu entbehren.[292] – Die Architecten haben sich auch trefflich erwiesen und uns ein Werk mit den genausten Abrissen, auf's vollkommenste gestochen mitgetheilt, wodurch wir das alte Eleusis und seinen Bezug auf Athen gar lebendig kennen lernen. Da ist ein Tempel der Diana in Antis mit zwey Säulen dazwischen, ein Schatzkästchen, das niedlichste was die Welt je gesehen hat und das eben, weil sie sich in einem mäßig ausgedehnten aber formreichen Raum bewegt. Auch hat einer die Kunstgeschichte phrasenhaft aber nicht schlecht, wie es jetzt wohl möglich ist, aufgestellt, gleichsam als Einleitung, denn das höchst Interessante des Buches ist die Geschichte, wie in England die Liebe der plastischen Reste begonnen und überhand genommen. Lord Arundel steht oben an, vom übrigen darf ich nichts sagen weil es gar zu menschlich, wunderlich, individuell, fatal und unerfreulich ist. Von allen diesen senden wir Ihnen die Titel und vielleicht nähere Bezeichnung. – Am allerzudringlichsten aber sind die bedeutenden Werke wodurch wir Indien immermehr kennen lernen; so haben wir Java ganz zur Hand und man muß gestehen daß dergleichen Öffentlichkeit noch niemals war. Wir erfahren alles was in der Welt vorgeht und wie und warum, Engländer erzählen es uns mit der größten Gemüthsruhe, weil sie wissen daß die Welt ihnen gehört.

Nun will ich aber, da das Blatt zu Ende geht, Sie noch schönstens begrüßen und das Beste wünschen.[293] Schreiben Sie auch manchmal und senden bald. Die schöne Hoheit theilt mir Ihre Briefe mit und das ist eine Art Zusammenseyn da ich nicht mehr aus dem Haus komme, als mit den Kindern zu speisen wie gestern, damit das Evangelium umgekehrt werde, indem die kleinen artigen Wesen manchmal verlangen daß ich bey Ihnen erscheine. Alles steht übrigens da so gut, daß man gern gegenwärtig seyn mag. Und nun ein tausendfaches Lebewohl!

Weimar den 29. October 1817.

G.


28/7899.


An Christian August Vulpius?

Ich wünsche daß der junge Mensch den Sie empfehlen sich morgen früh um zehen Uhr bey mir einfinde und einige Zeit bey mir arbeite, damit ich ihn prüfen könne.

W. d. 28. Oct. 1817.

Goethe.


28/7900.


An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

schätzenswerthe Sendung hat mich höchst angenehm überrascht. Schon als Zeugniß Ihres fortdauernden Andenkens wäre sie mir sehr willkommen gewesen, nun aber enthält sie so viele wichtige Stücke, welche[294] gerade meiner Sammlung abgehen und kommt gerade an zu der Zeit, als ich Herrn Brocchi's Abhandlung über das Fassathal studire, durch Jahreszeit und Witterung aber von Jena abgeschlossen bin, und daher, zu meinem größten Vergnügen, Exemplare aus jener interessanten Gegend vor mir sehe. Das Verständniß genannter trefflicher Schrift wird nun erst recht möglich.

Dankbar vermelde ich sogleich die Ankunft und Benutzung dieser Naturschätze und freue mich der glücklich zurückgelegten Reise, wo Sie gewiß zu Ihren Zwecken sowohl im Geiste als an Besitz trefflich mögen gewonnen haben. Von Berlin hör' ich alles Gute und es läßt sich sicherlich hoffen daß das Werk mit Ehren aufgestellt seyn wird, wenn Ew. Hochwohlgeboren fortfahren den Muth des Künstlers zu beleben und Abweichungen zu verhindern. Über alles, worüber Herr Director Schadow mich fragen mochte, hab' ich ihm aufrichtig meine Gedanken gesagt; freylich ist jeder Künstler, der ein öffentliches Werk fertigt, wegen so mancher wunderlichen Einrede übel dran.

Sollte man, was die Inschriften betrifft, etwas anderes belieben, so stehe gern zurück.

Der ich, bereitwillig zu jedem freundlichen Gegendienst, mit wiederholtem Dank mich angelegentlichst empfehle.

gehorsamst

Weimar den 29. October 1817.

Goethe.[295]


Obschon alle übersendeten Stufen höchst interessant und mir sehr willkommen sind, so zeichne doch billig den Andalusit hier aus, der ein Gebirg im Kleinen bildet, so schön und ausdrucksvoll als mir noch nicht vorgekommen. Ferner ist die Prehnitstufe sehr merkwürdig, indem Herr Brocchi von dieser Art Folgendes äußert: – »Obschon der Prehnit gewöhnlich in das soeben beschriebene Gestein eingewickelt ist, so hab ich ihn doch, wiewohl selten, auch im unmittelbaren Zusammenhange mit dem Trapp-Porphyr gefunden, wo er die Wände der Gangspalten überkleidet, in welche er wahrscheinlich später durch Infiltration eingedrungen ist«. – Und so könnt' ich zu den übrigen auch manche Bemerkung machen, will aber nur soviel hinzufügen, daß ich mich in diesem Fall wie in mehreren über die disparate Nomenclatur betrübt habe, betrübt, im eigentlichen Sinne, weil dieß der Wissenschaft, die auf dem Anschaun ruht, vom unglaublichsten Schaden ist, wenn nahverwandte Gegenstände mit himmelweit entfernten, aus fremden Sprachen entlehnten disparaten Klängen und Tönen benannt werden. Dem Unheil war nicht auszuweichen, ich weiß es; blos dadurch wird es in etwas gemildert, daß man weiß es sey ein Unheil.

Wie viel bin ich Ihrer Sendung schuldig, daß sie mich darauf abermals aufmerksam macht und mir dagegen zu Hülfe kommt.

Danckbar, das beste wünschend

G.[296]


28/7901.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Man wird, mein Werthester, mit diesem eine Anweisung auf 172 fl. Rhein. einreichen, die ich zu Gunsten der Herrn Leisler und Comp. in Hanau ausgestellt habe, welche gefällig zu honoriren bitte.

Was die Klage gegen die Witwe Ochs betrifft, so äußere mich deshalb nächstens, und glaube durch einigen Aufschub nichts zu versäumen, da sowohl Sie als unser trefflicher Rechtsfreund, dem ich mich bestens zu empfehlen bitte, zu einiger Nachsicht für diese Frau wegen ihrer traurigen Umstände geneigt scheinen; um so mehr als wir uns dadurch nichts vergeben und die fernere Rechtshandlung auf demselben Puncte immer wieder aufgenommen werden kann.

Mögen Ew. Wohlgeboren mir nun, da die Abzugsfreyheit ausgesprochen ist, Mittel und Wege zeigen, wie nach und nach der Vermögensrest dort entledigt und hierher übermacht werden könnte, so würden Sie mich auf's neue verbinden.

Ganz eigentlich betrübt mich in diesen immer sich ausdehnenden Winterabenden die Unmöglichkeit einige derselben in Ihrem theuren Zirkel zuzubringen. Immermehr werde ich gewahr was es heißt, mit Angehörigen sowohl von Seiten der Verwandtschaft als der Gesinnungen umzugehen. Diese Sehsucht vermehren mir jene vorzüglichen Männer, die das Vergnügen[297] hatten im Bade Ihre werthe Bekanntschaft zu machen und sich deren mit Freuden erinnern. Wie vieles und vieles hätte auch ich zu sagen, und kann nur schließen, das Beste Ihnen und den lieben Ihrigen wünschend.

Weimar d. 29. October 1817.

Goethe.


[Beilage.]

Weimar d. 29. October 1817.

Möchte Freund Christian, den ich zum schönsten grüße, über Nachstehendes einige Auskunft geben:

Indem ich bey diesen immer sich verlängernden Winterabenden das Studium der anorganischen Natur wieder ernstlich vornehme, auch die darauf bezüglichen Sammlungsacten fleißig durchsehe, finde ich das Verzeichniß einer Sendung, die mir, vom linken Rheinufer aus, vor einigen Jahren nachgeschickt worden, und welche ganz interessante Stufen jener Gegenden zu enthalten scheint. Unglücklicher Weise steht weder Name noch Datum dabey, doch erinnere ich mich, daß ich die damals mir in jenen Regionen begegnenden Wohlwollenden, die meine Sammlung zu vermehren geneigt waren, ersuchte ihre Gaben an Herrn D. Schlosser nach Frankfurt zu senden. Nun will mir auch in dunkler Erinnerung schweben, daß Freund Christian mich benachrichtigt, es sey eine solche Kiste angekommen, die aber wegen ihrer Schwere auf Gelegenheit[298] warten sollte. Dieses sind freylich alles nur Dinge die mir wie durch einen lethäischen Nebel vorschweben. Da indessen in meinem Leben mir mehrmalen begegnet daß dergleichen verspätete Sendungen in Vergessenheit gegangen und irgendwo hingestellt worden, wo sie nur durch belebende Erinnerung sich wieder aufgefunden, so könnte ja wohl dieß auch hier der Fall seyn. Ich würde durch die Auffindung vielleicht in den Stand gesetzt, dem Freunde, der die Zeit über nichts weiter von mir gehört, meinen verspäteten Dank auszusprechen. Verziehen sey mir die Anfrage da mir bey der unendlichen Mannigfaltigkeit der Umgebung oft nur zu spät irgend eine Rückerinnerung wieder begegnet. Das herzlichste Lebewohl!

Goethe.


28/7902.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

haben die Güte beykommenden Aufsatz mit geneigter Aufmerksamkeit durchzulesen, ich habe mich so lange damit beschäftiget, daß ich ihn nicht mehr beurtheilen kann. Sollte noch irgend eine Auskunft nöthig seyn, so bitte es anzuzeigen. So wie ich denn auch die Concepte der gnädigsten Resolutionen zu sehen wünsche, damit dieses unser Fundamental Gesetz für künftige Zeiten einstimmig gegründet werde

gehorsamst

Weimar, den 3. November 1817.

Goethe.[299]


28/7903.


An Christian Gottlob Voigt

Die Mittheilung der zurückgehenden Concepte erkenne mit schuldigstem Dank und wüßte nichts dabey zu erinnern.

Da uns Abschriften dieser Ausfertigungen zugebracht sind, so wünschte gleichfalls Copien von den übrigen Beylagen:

1) Nota des Herrn von Hof, Gotha den 20. September 1817.

2) Nota derer Herren Conta und Hof vom 2. October 1817.

3) Registratur des Herrn Conta vom 2. November 1817.

Weimar d. 3. November 1817.

G.


28/7904.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Fürstinn

gnädigste Frau.

Das huldvoll mitgetheilte Schreiben, das von dem leidlichen Zustande des werthen Freundes zeugt, sende dankbarlichst zurück. Zugleich mich für einen kurzen Aufenthalt in Jena beurlaubend

Ew. Kayserl. Hoheit

unterthänigster

Weimar d. 5. Nov. 1817.

Goethe.[300]


28/7905.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

verzeihen, wenn ich, in einem Strudel von augenblicklichem Andrang, in der Stube hin und wieder gehend, mich nach alt erlaubter Weise dictando an Dieselben wende.

Wie sehr freut mich Ihre gütige Theilnahme an dem seltsamen Aufsatz; Serenissimus äußerten sich heiter und gnädig darüber.

In dem Bibliotheksgeschäft hoffe auch Gelegenheit zu finden Serenissimo und seinem Staats-Ministerio ein Lächeln abzugewinnen. Die Personae Dramatis nehmen sich mitunter ganz lustig aus. In Ganzem ist die Sache so schwer, daß man sie nicht unternehmen sollte; da sie aber einmal angefangen ist, so will ich sorgen, daß kein falscher Schritt geschieht, daß auf jeden Fall etwas nützliches bewürkt wird, und die faux frais so gering als möglich seyen. Alles kommt darauf an, daß man diese Sache stufenweis führe, so daß man sie auf jedem Niveau könnte stehen lassen, ohne daß Unheil daraus entstände. Denn Unheil droht von allen Seiten, wir wollen deshalb unter einem Jahr uns nicht glücklich preisen und auch alsdann wenn es gut geht nur bescheiden fortwürken.

Es bildet sich ein Stückchen Acten im umgekehrten Sinne lustig, wie jener Museums-Bericht, bey diesem[301] waren die Resultate vieler Jahre zu lesen, bey jenem aber werden die Irrungen und Schwankungen des Tags erscheinen. Und doch ist das der einzige Weg von dem seltsamen Unternehmen, ja Unterfangen, andern einen Begriff zu geben, und sich selbst den Begriff zu erhalten.

Wegen Riemers Gebärde nächstens.

Verzeihung meinen Verworrenheiten!

Beykommendes Wincklerische Gesuch empfehle zum besten.

Jena d. 12. November 1817.

G.


28/7906.


An Carl Ludwig von Knebel

Nach Weimar berufen gehe ich ab in dieser Stunde. Bald hoffe ich wieder bey euch zu seyn.

Da ich nicht aufgeben kann für Weller mitzuwirken; so wünsche ich daß er ein kurzes Curriculum Vitae aufsetze damit man von seinen Zuständen einige Rechenschaft geben kann, auch von seiner Handschrift Probe giebt.

Dank für alles Gute! Hierbey novissima.

Jena d. 15. Nov. 1817.

G.[302]


28/7907.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Indem ich die Aussicht habe nunmehro den Rest meines Vermögens von Frankfurt wegzuziehen und mich außer Verband mit meiner Vaterstadt zu setzen, so fühl ich auf's neue die große Verbindlichkeit die ich Ihnen schuldig geworden: daß Sie meine Geschäfte, als wären es die Ihrigen, bisher so gefällig besorgt haben. Und wenn es mir gewissermaßen eine unangenehme Empfindung macht mich von meinen lieben Landsleuten förmlich loszusagen, so wird sie dadurch gemildert, daß ich Ihnen ein zwar geringes aber doch immer beschwerliches Geschäft abgenommen sehe. Mögen Sie daher die Güte haben beykommende Papiere an Herrn Dr. Schulin mit meiner Empfehlung abzugeben, die Gelder nach und nach zu kündigen und überall nach Ihrer Einsicht und Überzeugung zu handeln.

Das Haus wünschte lieber verkauft als vermiethet zu sehen, freylich wäre zu trachten daß man die gebotene Summe von 4000 fl. steigern könnte, indem in dieser Angelegenheit der Schaden ohnehin groß genug ist. Herr Dr. Schulin wird unter Ihrem Beyrath das Mögliche thun.

Könnten Sie mir allenfalls gegen Weihnachten einige Nachricht geben auf welche Gelder Ostern zu[303] rechnen seyn dürfte, so würde meine Einrichtungen darnach treffen können.

Die Trierer Mineralien scheinen durch ein gutes Geschick verspätet worden zu seyn, da sie gerade zu einer Zeit angekommen, wo sie zu meinen Studien höchst willkommen sind.

Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Bruder bestens; Wie erwarten ihn mit Freuden, die dadurch jedoch einigermaßen getrübt werden daß wir ihm keine Wohnung anbieten können. Meine jungen Leute nehmen die ehemaligen Gastzimmer ein und in den freyen Räumen hausen Tüncher und Maler. Sollte ich Jena seyn so ist er mir auch dort herzlich willkommen.

Die freundlichsten Wünsche zum Schluß.

Weimar d. 17. November 1817.


28/7908.


An Christian Georg Carl Vogel

[Concept.]

[Jena, 24. November 1817.]

Man ist auf Herrn Bewicks Zeugniß gar wohl zufrieden, daß der jüngere Landseer die gewünschten Zeichnungen übernehme. Da sie jedoch nur nach und nach gefertigt werden können, so würde es zur Beruhigung beider Theile beytragen, wenn man vorerst die eine Figur

One of the Fates, fünf Guineen,[304]

zur Ansicht erhalten könnte; so würde man auch dadurch mit der Art des Künstlers bekannt, mit dem Technischen, dessen er sich bedienen mag. Es sey auf weiß Papier mit schwarzer Kreide, oder Federumriß und getuscht, wie es auch seyn möchte, genug man verständigte sich eher durch eine Probe. So füge noch eins hinzu: sollte, da die Figuren sitzen, der Künstler vortheilhafter finden sie etwas größer zu machen, so hängt es von ihm ab. Man würde die daraus etwa entspringende mehrere Arbeit gern honoriren.

Herrn Bewicks Billet liegt wieder bey und Herr Hüttner verbindet mich abermals durch diese für mich höchst interessante Besorgung.

Weimar den 21. November 1817.


28/7909.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

geruhen aus beyliegendem Aufsatz den Fortgang meiner Studien über die neuen Aqusitionen im Kunstfache zu ersehen, und demselben einige Bemerkungen zu gönnen. Wie denn vielleicht Graf Edling über Leben, Kunstgang und Schicksale des Bossi nähere Aufschlüsse mittheilen kann.

Ich wünschte diesen Aufsatz, da mir alles gegenwärtig ist, in akademischer Abgeschiedenheit umständlicher zu entwerfen, denselben in Gegenwart der Zeichnungen[305] selbst in Weimar zu rectificiren und Ew. Königliche Hoheit Prüfung zu unterwerfen; da er denn so sorgfältig als möglich bearbeitet Herrn Cattaneo zugesendet werden kann.

Es ist zu erwarten, daß man alsdann noch manche schöne Aufschlüsse von diesem erhalten und sich im Stande sehen wird, der kleinen Abhandlung möglichste Vollendung zu geben. Das Werk des Bossi ist höchst interessant, würde aber ohne Ansicht der Lucidi und ohne Cattaneos Bemerkungen kaum verständlich, noch weniger brauchbar seyn. Eine große Anregung, über diese Gegenstände zu denken und sich das Verdienst eines des größten Meister die jemals gelebt zu vergegenwärtigen, ist freylich gegeben, und daß eine solche Gelegenheit nicht versäumt werde höchst zu wünschen.

unterthänigst

Jena den 24. Nov. 1817.

Goethe.


28/7910.


An Friedrich Theodor Kräuter

Hiebey erhalten Sie, mein Werthester,

1) Schreiben an Serenissimum,

2) Desgl. an Canzelrath Vogel.

Mit diesem wird ein englisches Billet übergeben, welches auf meinen Schreibtisch liegt.

3) Die Briefe an Rochlitz und Schultz werden auf die Post gegeben.[306]

Ferner wünschte ich zu erfahren:

a) Ob alle Capitel des Realcatalogs eingeliefert sind?

b) Ob von einem Mayländischen Mahler Bossi einige Nachrichten irgendwo zu finden sind?

Jena d. 24. Nov. 1817.

G.


28/7911.


An Johann Friedrich Rochlitz

Verzeihen Sie, Werthester, daß ich erst spät auf Ihre Anfrage zur Antwort komme; ich führe jetzt ein etwas unstätes Leben, und spiele rouge et noir zwischen Weimar und Jena, wo es an beiden Enden zu thun giebt, zwar nicht außer meiner Sphäre, doch auch innerhalb derselben nicht ganz erfreulich.

Haben Sie herzlichen Dank für alle Bemühung und Theilnahme, auch für Ihre Betrachtung über mein Thun und Wesen. Das Liebste muß ich immer liegen lassen und für lauter Treiben und Arbeiten komme ich zu keinem Genuß, am wenigsten zu einer Besinnung, was man erhalten, fördern, fahren lassen oder verbrennen soll. Wir wollen sehen, wie lange wir's treiben, und was wir noch vor uns bringen. Gönnen Sie mir Ihre Theilnahme für und für, und erhalten mir und meinem Andenken guten Willen in Ihrem Wirkungskreise.

Das übersendete Kupfer ist leider, wie Sie selbst sehen, keineswegs trostreich; dem guten Manne, der[307] so wunderlich aus dem Blättchen heraussieht, wird das Denken äußerst schwer, und der Beschauer kann sich einer peinlichen Empfindung nicht erwehren. Der Fehler, den die Künstler durch Vergleichung selbst gefunden haben, ist freylich sehr entstellend. Der Keim zu allen diesem lag schon im Original, das ich den wackeren Boisserées übersendete, von Copie zu Copie ist es schlimmer damit geworden.

Mögen Sie das mit Schonung an die guten Leute bringen, die mit so vielem reinen Willen ihre Kunst geopfert haben, denn der Stich ist wirklich verdienstlich. Ich selbst muß die Sache ignoriren, denn als ich hier einigen Freunden das Blatt vorzeigte, wurde ich übel angelassen. Dieses Wenige zu sagen, finde ich in Jena gerade eine ruhige Stunde; kommen Sie im Fall mir etwas zu schicken oder zu fragen, so senden Sie es nach Weimar und bleiben meiner Theilnahme und Dankbarkeit versichert.

ergebenst

Jena den 24. November 1817.

Goethe.


28/7912.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Das zweyte Mal nach Ihrer Abreise will ich nicht in Jena seyn, ohne von hieraus zu sagen, wie gerne ich mich Ihrer Gegenwart erinnere.

Die entoptischen Erscheinungen sind irrlichtartig, und man kann sich wohl verzeihen, hin und her von[308] ihnen geführt zu werden. Diese neckischen Gespenster haben mich mehr geäfft als billig.

Ich finde hier ein Blatt mit Bleistift geschrieben, bey Veranlassung Ihrer lieben Briefe; lassen Sie mich den Inhalt dictiren, die Verbindungspartikeln finden Sie selbst am besten.


Die Lehre vom directen und obliquen Licht ist so fruchtbar, daß ich selbst noch oft darüber erschrecke. Mehrere Fälle, die seltsamsten, lösten sich mir auf durch das Einfachste was jeder längst schon weiß.


In der Stille arbeite ich immer fort und habe wieder recht gute Sachen erhascht, stets auf dem alten Wege, die einfachsten Maximen in allen ihren proteischen Erscheinung nicht los zu lassen.


Was ist einfacher als eine Whistkarte, die Gesetze des Spiels! und wer spielt denn vollkommen Whist.


Die Natur ist ganz praktisch, deswegen müssen ihre Maximen ganz einfach seyn. Brauchte sie so viele Umstände als Newton zu seiner Optik, so wäre nie ein Weltchen zu Stande gekommen, ja kein Steinchen wäre vom Himmel gefallen.


Seltsam ist es daß man die Wissenschaft als etwas für sich Bestehendes behandelt, und doch ist sie[309] nur Handhabe, Hebel womit man die Welt anfassen und bewegen soll. Soviel für dießmal, damit nur wieder etwas zu Ihnen gelangt.


Ich habe Biots Capitel, wo er Licht und Farben behandelt, wieder angesehen; man fühlt sich, wie in egyptischen Gräbern. Die Phänomene sind ausgeweidet und mit Zahlen und Zeichen einbalsamirt, der wissenschaftliche Sarg mit bunten Gestalten bemahlt, welche die Experimente vorstellen, wodurch man das Unermeßliche, Ewige im einzeln zu Grabe brachte. Jeder Freund der Naturlehre hat stündlich zu rufen und zu seufzen: wer errettet mich aus dem Leibe dieses Todes.


Mein hiesiger Aufenthalt nöthigt mich in die bibliothekarische Gelahrtheit. Das ist ein schrecklicher Zustand, ich muß aber doch sehen wie ich mich darein finde. Wäre nur nicht die Aussicht nach Ihnen zu getrübt.


Meine Kinder versehen mich mit gutem Frühstück, und melden, daß ich Ihnen diese Gabe verdanke. Das ist denn auch gar schön und löblich, und ich will mich dessen hier, besonders in meiner Abgeschiedenheit von Küche und Keller, freuen.

Um den Platz auszufüllen, setze hinzu:

Ich bin seit vier Wochen mit Universitätsgelehrten in Geschäftsberührung, wofür ich mich, ob ich gleich über 40 Jahr in Jena lebe, immer gehütet habe.[310] Ihr Zustand aber läßt sich billiger Weise also aussprechen, wenn ich die Forderungen neuerer Zeit in's Auge nehme: Ein solcher Mann soll in dem Fache, worin er Meister ist, lehren, sich auf das täglich und stündlich zu Lehrende vorbereiten, um sich, wenn er es auch in- und auswendig kennt, für den Moment fertig zu machen, er soll nicht allein das Hergebrachte überliefern, er soll auch vom Neuen und Neusten Rechenschaft geben, irgend eine akademische Schrift ausarbeiten, oder in sonstigen Druckschriften sich gewandt und tüchtig zeigen, nebenher Journale bedienen, eigene und fremde Schriften redigiren und corrigiren, auch wohl einmal –

Das Weitere entbehren Sie wohl womit ich schließen wollte. Wo sollten wir für unsere Art zu seyn, zu sehen, zu denken und zu handeln irgend eine Förderniß hoffen? Wenn man sich nur von Zeit zu Zeit ein Viertelstündchen sehen könnte, so brauchte es aller dieser weit ausgeholten Betrachtungen nicht.

Jena den 24. November 1817.

G.


28/7913.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Wohlgeboren

erhalten einen verspäteten Dank für Ihre freundlichen Zuschriften; Ihre lebhafte Theilnahme an dem Museumsbericht war mir sehr viel werth, denn was[311] sollte man mehr wünschen, als ein Geschäft, das man in Liebe und Leidenschaft so viele Jahre betrieben, mit jugendlicher Kraft neu aufgenommen zu sehen und eine fortschreitende Dauer für die Zukunft hoffen zu können. Lassen Sie sich diese Geschäfts- und Wissenschaftzweige jetzt und immer treulich empfohlen seyn.

Nun einige Anfragen! In dem neuen akademischen Etat finde ich 300 Thaler für die Bibliothek ausgesetzt; von welchem Termin an sind sie zu erheben? ist Befehl ertheilt sie auszuzahlen? wohin ist schon etwas ausgezahlt? Rentamtmann Lange kann mich nicht in's Klare setzen.

Ferner sind 50 Thaler für den Bibliotheksschreiber und 50 Thaler für anzustellende Studenten ausgesetzt. Ich muß wünschen, daß diese Posten in suspenso bleiben, denn die Leute nehmen dergleichen Gelder sehr gern als Pfründe und wollen nachher für jede Arbeit bezahlt seyn. Diese 100 Thaler können im einzelnen abverdient werden zum wahre Vortheil des Geschäfts.

Ew. Wohlgeboren äußerten einmal: es sey von verschiedenen Posten des Etats vielleicht etwas abzudingen und zu anderweitigem Gebrauch zu verwenden. Könnte es geschehen, so würde es wohlgethan seyn, um neue Verwilligung nicht nöthig zu machen. Dabey erlaube ich mir eine Bemerkung.

Der Etat war bestimmt und ausgesprochen, als mir am 7. November ein Geschäft aufgetragen wird,[312] so weit aussehend, Zeit, Kraft und Geld verlangend wie wenige, ich soll es ausführen mit Güldenapfel und Baum, die (ihre moralischen Kräfte nicht herabzuwürdigen) ohngeachtet der ihnen gegönnten und zugedachten Zulage immerfort in Dürftigkeit und Zeitkargheit leben.

Indem ich nun ohngeachtet der unzulänglichen Mittel doch ungesäumt vorwärts schreite, ersuche Ew. Wohlgeboren um vorläufige Notiz über jene erste Fragen und um vorgesetzte Theilnahme, wie ich denn Vorstehendes und vertraulich zur Notiz bringe, mir in einer nächsten Unterredung das Weitere vorbehaltend.

Wollten Sie die Gefälligkeit haben, mir die ältern Geh. Canzley Acten zu übersenden, worinnen die Anstellung des Geh. Hofraths Eichstädts nach Müllers Tode beliebt wurde.

Mich zu geneigtem empfehlend.

Des Herzogs von Gotha Durchlaucht haben mir einen sehr gnädigen Brief in Betreff der jenaischen Bibliotheksangelegenheit zugesendet. Darf ich bitten beykommendes Antwortschreiben gefällig bestellen zu lassen.

ergebenst

Jena den 27. November 1817.

J. W. v. Goethe.[313]


28/7914.


An Heinrich Grafen Vitzthum von Eckstädt

[Concept.]

[Jena 28. November 1817.]

Ew. Excellenz

haben, durch günstige Aufnahme, Anstellung und milde Behandlung des jungen Genasts mir thätig und vollständig auf mein erstes Schreiben zu antworten geruht, wofür ich den lebhaftesten Dank empfinde. Eben so erkenne ich die Geneigtheit, womit Sie mir die genauesten Umstände seiner Entlassung zur Hinsicht bringen.

Ich sehe leider nach einer nahezu dreyßig Jahre fortgesetzten Amtsführung hier nur die Auftritte wieder, die ich verschiedenemal selbst erlebt, und kann daher nichts anders, als ganz natürlich finden, daß ein zwar wohlmeinender und gutwilliger, aber doch sich übereilender und vielleicht sich überschätzender junge Mann in eine solche Verwicklung gerieth, daß ihm nicht weiter zu helfen war.

Ich bedaure ihn, daß er ein Verhältniß verscherzte, das nach allem, was ich davon erfuhr, höchst wünschenswerth und günstig war. Mögen Ew. Excellenz die Geduld nicht verlieren gegen andere junge Talente gleich wohlthätig, und wie im gegenwärtigen Falle möglichst nachsichtig zu seyn.

Verzeihen Hochdieselben der fremden Hand; ohne solche Beyhülfe würde meine ohnehin oft retardirte[314] Correspondenz völlig in Stocken gerathen. Mich wohlwollendem Andenken auf das Beste empfehlend, und auch des Vaters dankbare Gesinnungen aussprechend.


28/7915.


An August von Goethe

1) Indem durch deinen Hofdienst die Haushaltungs-Casse einige Pause macht, so werde ich wohl thun, nächste Woche noch hier zu bleiben, besonders wenn Ottilie in der Stadt umher speist. demohngeachtet aber sende einige gute Stücke von einem Reh, wovon ich gebraten nichts verlange, aber wohl von einem Botentag zum andern ein gutes Huhn.

2) Von meinen schlechten Zuständen finde ich mich in den letzten Tagen recht leidlich wieder hergestellt, und da ich weiß wie es zusammen hängt, so darf ich mit einiger Aufmerksamkeit an eine gute Folge glauben.

3) Laß mich wissen wie es Herrn Kirms geht, diese feste Naturen brechen zuletzt auf einmal, im ganzen Geschäftswesen gäb es eine große Lücke.

4) Der Tod der Generalin fällt der guten höchst leidenschaftlichen Ziegesar höchst schmerzhaft.

5) Von manchen Seiten habe ich sehr angenehme und fördernde Briefe erhalten.

6) Das Bibliotheksgeschäft macht sich recht gut, es ist der sonderbarste Fall von der Welt, alles ist vorbereitet und klar, und von allen erwünscht was[315] man thun soll, und es ist gar nichts zu thun als daß man thut; wie ich in dem Niederlegender Mauer gleich das Symbol gegeben habe.

7) Lenz hat kostbare Sachen erhalten, leider mag man aber in dieser Kälte und Trübe sich mit dem Gestein in den Museumszimmern nicht abgeben. Sende mir also das Kistchen von Frankfurt. Kräuter legt das Verzeichniß hinzu; mit dem aufzusuchende Briefe hat es Zeit.

Die Nächte werden gar zu lang, und man muß etwas Sinnliches haben, um durch diese Finsternisse durchzukommen.

8) Wenn die Mahler aus den Zimmern heraus sind, so laß alles ruhen bis ich wieder komme, daß wir uns über die Vorhänge vereinigen; der Teppich wird ja ohnehin zuletzt und schnell gelegt.

9) Die Landschaft nach Tizian, das Original unsers Tellers, ist leicht zu finden, sie liegt auf dem Gestelle in der blauen Stube links gegen den Ofen zu. Kräuter wickelt solche auf eine der vorhandenen Stäbe und schickt sie mir wohl eingepackt herüber.

10) Herr Mawe ist höchst geehrt durch das Diplom, wir haben von ihm das Beste zu erwarten. Der Wintertag, der mir die Zinnstufen aus Cornwallis bringt, soll mit einem Stern bezeichnet werden. Überhaupt wird das ganze Studium so klar und consequent, daß ich hoffen kann, meine Ideen beynahe ohne mein Zuthun realisirt zu sehen.

[316] 11) Einen Aufsatz über da Abendmahl von Vinci und über die neuen bey Jagemann aufgestellten Acquisitionen werfe ich auch im Sinne hin und her. Ein Schema davon habe von Serenissimo mit Bemerkungen zurück. Sieh doch die Sachen auch an und sprich dich schnell darüber aus, in einer Viertelstunde dictirst du Kräuter alles was du darüber zu sagen hast.

12) Die Abende lade ich mir meistens jemanden ein, freylich keine zwey, denn das widerspricht sich gleich, und man kommt zu keinem Zweck.

13) Nun springe ich wieder in's Culinarische. Ihr erhaltet schöne Rapunticawurzeln. Laßt sie eine Weile liegen, frisch verbraucht sind sie giftig.

14) Deine Anweisung soll honorirt werden, die Quittung bringe ich unterschrieben mit.

15) Heute früh war Studiosus R. bey mir, der in der Wartburgsgeschichte eine bedeutende Rolle spielt. Es ist ein allerliebstes Wesen, wie die Jugend überhaupt mit allen ihren Fehlern von denen sie sich zeitig genug verbessert, wenn nur die Alten keine solche Esel wären, denn die verderben eigentlich das Spiel. Für die vielen kleinen Holzstöckchen sollte man Oken zu Ehren einen großen Eselskopf schneiden lassen, nur daß die Tafel nicht groß genug seyn könnte.

Nun gehe ich wieder in etwas Lieblicheres über; sage Ottilien: es gehen bey mir sehr anmuthige Bücher ein, welche dem Frauenverein zu widmen sind.

[317] Sende mir diese Blätter mit Noten an der Seite zurück, damit ich wisse, was gesagt und geschehen.

Und so möge das abgehen. Die besten Grüße und Wünsche.

Jena den 28. November 1817.

G.


28/7916.


An August von Goethe

Hier mein lieber Sohn abermals ein Blatt Notizen und Aufträge.

8) Knebels Geburtstag ist ganz munter gefeiert worden. Hiebey das Gedicht, was ich ihm überreicht, hebe es für die Paralipomenen auf. Es sind noch allerley Artigkeiten und Anmuthen vorgefallen.

2) Seit den letzten Tagen befinde ich mich recht wohl, auch meine Geschäfte haben ihren guten Fortgang.

3) Sonnabend erfährst du, ob ich mich den Sonntag auf den Weg mache. Es schlingt sich freylich hier eins in's andere, und ich möchte nicht weg gehen, bis ich das Geschäft bis auf eine gewisse Epoche gebracht habe, so daß es eine Weile von selbst geht.

4) Von Frege habe ich Nachricht, daß unsere Assignationen bezahlt sind, du wirst nun über das Haus weiter nachdenken und das Nebenhaus nicht aus den Augen lassen.

5) Ein Brief an Canzleyrath Vogel liegt bey, bald zu bestellen.

[318] 6) Die Stelle zum Schweizer Panorama sind im Katafalk zu finden, und durch Schneidewein zu schicken.

7) Das Buch von den indischen Jagden, wofür ein Zettel beyliegt, wünsche ich freylich sehr wohl eingepackt mit der Post herüber. Baldigst, weil ich es wieder mit zurücknehmen muß.

8) Und hiemit wollen für dießmal schließen, gieb mir Notiz von deinen Zuständen. Wenn die Mahler noch nicht aus dem Hause sind, so bleibe ich lieber noch hier, an dem Abendmahl des Leonard arbeite ich so gut hier als drüben, bis ich zuletzt des Anschauens der Werke wieder bedarf.

Sey mit Ottilien gegrüßt.

Jena den 2. December 1817.

G.


Kein Gebratenes brauch ich dießmal nicht, ich habe dessen mehr als ich verzehren kann.


28/7917.


An Sulpiz Boisserée

Ihr allerliebster Brief trifft mich in Jena, an einem ganz einsamen Abende, in demselben Zimmer wo ich vor Jahren Ihre Domzeichnungen entfaltete, und wo von so lange her Ihre oft erneute Erinnerung schwebt; auch Ihr vorletzter Brief hat mich hier erfreut und beschäftigt; nun aber will mich vor[319] allen Dingen der spät-frühen Veilchen erfreuen, die ich immer im Auge behalten werde.

Soll ich es Ihnen sagen? – ja! – und Sie werden es sich zurecht legen: – alles geht jetzt bey mir so schnell und spurlos vorüber, daß ich schon nicht mehr weiß, daß jenes Büchelchen gedruckt sey. Ihre freundlichen Worte rufen mir so viele frische Geister hervor, und ich gewahre gern, daß ich Ihnen solche erst zugezaubert.

Lassen wir alles andere; aber mich freut gar sehr, daß Sie den Stoff der Nausikaa gleich als tragisch erkannt, Ihnen traut' ich's zu und es betrübt mich auf's neue, daß ich die Arbeit damals nicht verfolgt. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, welche rührende, herzergreifende Motive in dem Stoff liegen, die, wenn ich sie, wie in Iphigenie, besonders aber in Tasso that, bis in die feinsten Gefäße verfolgt hätte, gewiß wirksam geblieben wären.

Dieß Blatt soll fort, und doch möchte ich Ihnen etwas beylegen, was Ihnen näher brächte womit ich mich beschäftige. Hier der Entwurf zu einem größtentheils geschriebenen Aufsatz! Alles, was uns innigst angehört, kommt hier abermals zur Sprache. Begegnet Ihnen Bossis Werk, so werden Sie es mit Freude und Belehrung lesen, und hinterdrein kann ich hoffen wird Ihnen meine Rede nicht unwillkommen seyn.

Freude und Gelingen!

Jena den 4. December 1817.

G.[320]


28/7918.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

entrichte herzlichen Danck für fortgesetzte Mittheilung.

Die französche Note enthält in höchster Klarheit was erwartet ja gefordert wird. Leider befinden wir uns in einem Zustande weder uns noch andern helfen zu können.

Der gute Dieterich kann von uns die Erlaubniß nicht erhalten, anfragen ist nicht räthlich.

Mein rückkehrender Brief betrübte mich. Was erleben wir nicht alles! – Daß wir in Ansicht des Unglücks übereinstimmen ist nun unser ganzes Glück! – Liebe und Vertrauen!

J. d. 4. Dec. 1817.

G.


28/7919.


An Christian Gottlob Voigt

Eine bey mir vielfach hin und her erwogenen Angelegenheit folgt hiebey zu gefälliger Prüfung des Gegenstandes und des Modus. Schön wär es wenn wir jene Bücher mit dem neuen Jahre anfangen könnten. Gebunden sind sie und werden liniirt.

Den besten Danck für die heut erhaltne Depeche.

Wegen Döbereiner nächstens.

J. d. 7. Dec. 1817.

G.[321]


28/7920.


An Christian Gottlob Voigt

Vertraulichst füge ich zu beyliegendem Promem. hinzu: daß es in jedem Sinne wünschenswerth wäre die Sache käme jetzt ins Reine. Ich habe die Umstände nach allen Seiten erforscht und der Prinz ist, genau besehen, sehr kompromittirt, der junge Mann beträgt sich sehr gut, Knebel hingegen ist außer sich.

Für mich ist es der Hauptpunckt daß ich diese Subjeckt selbst vertraue und kein besseres wüßte dem jetzigen Bibliotheckspersonal entgegen zu stellen. Als Adjutant wäre er in diesem Geschäft was Färber im andern. Persönlich alles auszurichten ist weder möglich noch schicklich.

Haben Ew. Exzell. die Gnade die Sache nochmals durchzudencken. Graf Edling schien nicht abgeneigt mitzuwircken. Was halten Sie von meinem Modus? Da wir auf die Büttnerische Bibl. losarbeiten; so hat unsre Oberaufs. Casse gewiß auch Aufwand und darf sich eines solchen Zuschusses nicht schämen. Auch machte die Sache so das wenigste Aufsehn.

Wäre es nicht zuwider, so sendete den jungen Mann. Sie werden sich nicht wundern daß er dem Fürsten auffiel. Und seine schöne Hand wird unsern Registern und Catalogen zu Gute kommen. So viel! Und viele Entschuldigung.

Jena d. 7. Dec. 1817.

G.[322]


28/7921.


An Carl Wilhelm Constantin Stichling

Ew. Wohlgeboren

sage den verbindlichsten Dank für die mir gegebene Nachricht, und es steht zu hoffen, daß Herr Geh. Hofrath Eichstädt die Bereitwilligkeit, die er überall zeigt, auch hier bethätigen werde. Ohne Ew. Wohlgeboren mühsame Arbeit hätte ich nicht wagen dürfen, die meinige zu beginnen, die freylich vorerst nur darinnen besteht, die seit vielen Jahren verdunkelten und betrübten Verhältnisse in's Klare zu setzten, damit man beurtheilen könne, was man und durch wen man es thun will. Haben Ew. Wohlgeboren die Geneigtheit, auch fernerhin von Ihrer Seite zu dauernder Ordnung mitzuwirken!

Die eingesendete Quittung soll ungesäumt bezahlt werden.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Jena, den 7. December 1817.

Goethe.


28/7922.


An Friedrich Ludwig von Froriep

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

darf man wohl jetzt zu den Folgen Ihrer Reise jedem Sinne Glück wünschen, möchten Sie derselben auch an guter Gesundheit reichlich genießen.

[323] Die mir übergebene große Gebirgszeichnung habe durchschaut und durchdacht, bildlich dürfen wir die ungeheuern Gebirge nicht auf unser Blatt bringen, aber angeschrieben an der Seite kann das Maaß wohl werden, wie ich es bey dem vorhandenen Exemplar besorge und es alsdann zurücksende.

Bey dieser Betrachtung ist mir eingefallen, daß man, wo nicht dieselbe Platte, doch eine ähnlich behandelte gar wohl brauchen könnte, um Howards Lehre von den Wolken-Formen höchst anschaulich darzustellen, auch geognostische Probleme bequem vor's Auge zu bringen. Da unser erster Versuch in Frankreich und England nachgebildet worden, so wäre wohl auch für die genannten Gegenstände, gleicher Weise behandelt, einige Gunst zu hoffen. Kurze Aufsätze würden jenes erst gedruckte Heft verstärken und den Naturfreunden wieder in Erinnerung bringen. Dürfte ich mir zu diesem Zweck ein illuminirtes und zwey blanke Exemplare ausbitten? so würde ich balde das Nähere hierüber vermelden können, da ich eben für Serenissimum jene Wolkenlehre auszuarbeitenden Befehl habe. Der ich mein Andenken in Ihrem Kreise freundlichst zu erneuern bitte.

Jena den 9. December 1817.[324]


28/7923.


An August von Goethe

Meine besten Grüße zuvor, vermelde mancherley wie folgt:

1) Hat Schlosser über die Vermögensreste angefragt, betreffend

a) Den Verkauf des Ochsischen Hauses.

b) Versilberung des Mustischen Insatzantheils.

c) Ingleichen der Frakfurter Papiere.

und was sonst noch seyn möchte.

Sie gehen so eilig damit zu Werke, daß sie schon zur Neujahrsmesse nach Leipzig assigniren wollen.

Da ich nun eine so bedeutende Angelegenheit nicht für mich entscheiden [möchte], auch noch hie und da einige Bedenklichkeit obwaltet, so wünschte Ew. Weisheiten Gutachten darüber zu vernehmen, und ersuche dich daher, Sonntags bey guter Tageszeit hier einzutreffen, da denn noch manches Andere zu besprechen seyn wird. Auf beyliegendem Blatte bemerke einiges, welches mit den Botenfrauen herüber wünsche.

2) Ob ich denn gleich nicht verlangen kann, daß du dich zu gleicher Zeit einrichtest, die Rechnung der sämmtlichen Baulichkeiten dahier völlig abgeschlossen zu sehen, so wird sich doch über die Sache umständlich sprechen lassen, und man wird diejenigen Schritte verabreden, welche man thun muß, um dieses übrigens keineswegs verwickelte Geschäft in Stand zu bringen.

Jena d. 12. Dec. 1817.

G.[325]


[Beilage.]

Folgendes wäre zu senden, zu besorgen und mir allenfalls Nachricht zu geben:

1) Auf meinem Tisch am Ofen liegen mehrere Papiere übereinander gehäuft, meistens ungeheftet, sämmtlich auf die oberaufsichtlichen Geschäfte bezüglich, diese wünsche zusammen gebunden, wohl eingepackt mit den Botenfrauen.

2) Gegen Weihnachten den 22. oder 23. December ist des Herrn Staats-Minister von Voigt Geburtstag, Kräuter weiß, wie viele Theile meiner Werke derselbe vor'm Jahre erhalten, die folgenden Bände wären auf eine freundliche Weise, mit einem breiten Band zusammen gebunden, vorzubereiten, ich schicke einen Brief zur Begleitung dieser Gabe.

3) Von denen angelangten Rübchen, erbitte mir einige Portionen für die hiesigen guten Freunde, denen ich für die mancherley guten Bissen, die ich ihnen abschmause, doch auch gerne etwas Freundliches erzeigen möchte.

4) Pastor Putzsche macht mir ein Sortiment aller seiner Kartoffeln zusammen, er wünscht dagegen etwas peruanische, wovon er ganz abgekommen ist, besorge mir ein Säckchen von mittlerer Größe, zum legen vortheilhaft.

5) Findet sich das Lexikon des Menisky, Türkisch, Arabisch, Persisch, Wien 1780, auf der Großherzoglichen Bibliothek?

[326] 6) Herr Hofrath Jagemann hat einen ziemlichen Vorrath von spanischer weißer Kreide, davon Herr Müller vielleicht ein paar Stückchen abgeben könnte.

Jena d. 12. Dez. 1817.

G.


28/7924.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Wohlgeboren

nehmen gewiß Antheil, wenn ich versichere, daß im Bibliotheksgeschäfte Alles nach Wunsch geht, wobey ich denn freylich gestehen muß, daß die Vorarbeiten des Herrn Staats-Ministers v. Ziegesar, des Herrn Geheime Cammer-Rath Stichling, ingleichen die Einleitung der weimarisch-gothaischen Herren Comissarien mich vorzüglich in den Stand setzen, entschiedene Schritte mit Sicherheit zu thun. Meine nächsten Wünsche habe deshalb in beyliegenden Blättern einzeln verzeichnet. Möchten Ew. Wohlgeboren in diesen überdrängten Geschäften die hienach erforderliche Expedition gefällig beschleunigen; so werden Sie Sich um mich und um das gegenwärtige Vornehmen abermals besonderes Verdienst erwerben.

ergebenst

Jena den 13. December 1817.

Goethe.[327]


28/7925.


An Nikolaus Meyer

Die Nachricht, die Sie mir geben, mein Theuerster, daß es ihnen und den lieben Ihrigen wohl geht, daß Sie Ihre Geschäfte mancher Art mit Glück fortsetzen, ist mir sehr erfreulich, und ich danke, daß Sie mir die Gelegenheit geben, auch von meiner Seite die Versicherung alter, treuer Neigung zu wiederholen.

Nächstens sende ein Medaillon in Eisenguß, welches Herr Director Schadow mir zu Lieb und Ehren ausbildete. Gedenken Sie meiner dabey; aber verzeihen Sie wenn ich ausspreche daß bey zunehmenden Jahren alle meine Kräfte nach innen gerichtet seyn müssen, wenn nur irgend etwas Würdiges geleistet werden soll. Ich kann mich daher nicht wie sonst nach außen verbreiten, und muß meiner eigensten Neigung Einhalt thun, daher denn auch aller Mitwirkung bey Ihrer Bibelausgabe entsage, und Sie bitte, daß Sie dieß nicht für unfreundlich, sondern nur als nothgedrungen ansehen möchten.

Ebenso geht es mir in andern Dingen, z.B. mich erfreut wohl der Gedanke, daß auswärtige Freunde Theil nehmen werden, wenn ich etwas dem Druck übergebe, allein die Zeit wo man Exemplare versendet, um seinen Lieben und Werthsten unmittelbar Freude zu machen und sich persönlich ihrer Theilnahme zu versichern, ist leider nicht mehr, und ich kann nur[328] wünschen, daß das, was dem Allgemeinen übergeben wird, auch dem Einzelnen Freude mache.

Soviel mußte ich sagen zu meiner Entschuldigung, wenn Sie lange von mir nicht hören und sehen. Grüßen Sie mir die theuern Ihrigen, leben Sie glücklich wie es Ihre Thätigkeit verdient, und gedenken mein, wenn ich auch in schweigsamer Entfernung verharre.

Dieses schreibe ich in Jena, wo Ihrer noch vor kurzem mit freundlicher Erinnerung gedacht wurde, freylich aus einer Zeit wo wir uns alle noch frisch fühlten; und wir wollen nicht klagen, daß der Frühling vorüber ist, wenn der Herbst und nur mit Früchten segnet. Nochmaligen Gruß Ihnen und den Ihrigen.

Jena den 14. December 1817.

Goethe.


28/7926.


An August von Goethe

Da ich Verschiedenes schon heut bey Seite bringen kann, so sende ich es gleich. Ob ich gleich erst Mittwoch durch die Boten Antwort und Sendung erwarte.

1) Eine Quittung auf 25 rh., die nicht passieren kann, kommt zurück,

2) eine andere auf 10 rh. wird ausgefüllt,

3) noch eine auf 10 rh. ist autorisirt und wird gezahlt.

4) Was sich auf's hiesige Bauwesen bezieht, wahrscheinlich nur auf's Döbereinische Haus, davon[329] schaffst du die Papiere von Steinert und sendest sie herüber.

5) Daß die 30 rh. für den Gehülfen auf der Sternwarte zur Ober-Aufsichts-Casse gezahlt werden, dafür sorgst du.

6) Die Gestelle zum Schweizer Panorama werden herübergeschickt, ingleichen

7) die beiden Bände: Leonhards Propädeutik und Tabellen.

8) Das vierteljährige Geld wird herübergesendet.

9) Ich schicke hiebey den Schlüssel.

10) Du sendest das Geld, das in der Schublade nach dem Fenster liegt, ingleichen das in der Schublade nach der Thüre liegt.

11) Du sendest den Divan im rothen Saffianband.

12) Ich sende hier das Trierische Verzeichniß der Mineralien; Kräuter wird einen Brief nach Hand und Datum gar wohl in den gehefteten Fascikeln finden können.

13) An Rath Vulpius wird das Billet abgeben.

14) An Meyer nach Bremen wird Packet und Brief, auch

15) der Brief an Zelter auf die Post gegeben.

16) Wünsche das Indische Gedicht Megha-Duta herüber.

17) Diese Sendung ist doch für die Boten liegen geblieben, und es hat sich noch manches hinzugethan.

[330] 18) Packet für Serenisimum.

19) Brief an Herrn Staats-Minister von Voigt.

20) Ferner erinnere daß du mir baldmöglichst den Quartal-Extract von Weimar sendest. Kühn hat zwar das Oster-Quartal vorschußweise erhalten, da ihm aber die Gläser und eine Liquidation von Schnauß zugerechnet worden, so wird er nicht weit langen, die liebe Veterinair-Anstalt ist immer noch ein zehrendes Capital.

21) Die Rübchen bitte nicht zu vergessen.

22) Und dieses Blatt mit Noten zurück zu schicken.

Jena den 14. December 1817.

G.


28/7927.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

nehmen gewiß gnädig auf und glauben ohne Betheurung, daß ich in diesen Zeiten viel für Sie und mit Ihnen gelitten. Die Zustände bewegen mich dergestalt daß ich alle Gesellschaft meide, weil ich fürchten muß irgend jemanden gelegentlich eben so hart anzulassen als vormals Einsiedeln. Mein bester Trost jedoch, gnädigster Herr, nährt sich aus Ihro gutem Humor, der, auf Gleichmuth und Charackterkraft gegründet, Sie mit einem heitern Element umgiebt, und in den schlimmsten Tagen sich am glorreichsten erweist. Dann sag ich mir auch manchmal, ob mit oder ohne[331] Grund: Irgend eine Explosion war vorauszusehen, halten wir es für ein Glück daß sie so schnell und ungeschickt hervorgebrochen!

Einige Arbeiten die ich als Talismann gegen die bösen Geister ausbildete, werden nächstens vor Höchstdenenselben erscheinen. Instrucktion für den Meteorologen des Ettersberg mit bildlicher Darstellung wird so eben in's Reine gebracht und gegen Weynachten aufwarten.

Über L. da Vinci Abendmahl ist auch schon das Meiste ausführlich zu Papiere. Möchten Sie befehlen daß die Lucidi wohlgepackt herübergesendet würden; so könnte vor Neu Jahr das Ganze beysammen seyn. An Cattaneo habe einen freundlichen Brief geschrieben, um einige Notizen meinen Aufsatz ankündigend gebeten. Da ich Bossis Werck zum Grunde lege, und sonst auch der italiänischen Denck- und Redeweise mich zu nähern suche; so hoffe ich man wird das kleine Heft bald in iene Sprache übersetzten.

Über Döbereiners Wünsche werde nächstens meine Gedancken eröffnen. Zeugnisse seiner Thätigkeit liegen mehrere bey, mit besondern Erläuterungen.

Das Arrangement mit Artaria wird die Geschäfte sehr vereinfachen und die Defeckte bald herstellen.

Von meinen Jenaischen Angelegenheiten kann ich immer nur Gutes sagen. Der beste Wille findet sich überall weil das Interesse von niemanden verletzt, ia vielmehr einiger Vortheil befördert wird.

[332] Hier sey mir erlaubt zu schließen und meinen Wolcken-Boten nochmals auf Weynachten anzukündigen.

unterthänigst

Jena d. 14. Dec. 1817.

Goethe.


28/7928.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Fahren sie fort, mein Werthester, und ermüden nicht für einen dankbaren Freund fernerhin wie bisher Sich zu bemühen. Da ich ganz in Ihre und Herrn Dr. Schulins Geschäftsbehandlung zu meinem Vortheil das größte Vertrauen habe, ergebe ich mich wie billig Ihrem Rath und Vorschlägen, ich genehmige also, daß das Ochsische Haus für die Summe [von 4700 fl.] losgeschlagen werde; doch wird gewiß Herr Anwalt bey der einigermaßen bedenklichen Bedingung, daß nur ein geringer Theil angezahlt, das Übrige aber in einem Jahr erst entrichtet werden solle, mich dergestalt zu sichern wissen, daß die Interessen sowohl auf ein Jahr von diesem Capital geleistet werden, als auch daß man bey'm Ablauf des Termins der Zahlung gewiß seyn könne.

Die Realisirung des Mustischen Insatzantheils und des rechneyamtlichen Giltbriefs überlasse ganz Ihrer Überzeugung und einsichtigen Behandlung und bitte die daraus zu erlösende Summe, wenn es geschehen[333] kann mir an das Haus Frege & Compagnie in Leipzig, mit welchem ich immer in Verhältniß stehe, assigniren zu lassen.

Der ich, um dieses Blatt nicht weiter aufzuhalten, nichts weiter hinzu füge, als meinen wiederholten Dank und die besten Empfehlungen.

Was an mich durch Ihre Geneigtheit von Briefen und Packeten abgeht, bitte immerfort nach Weimar zu senden, das Kästchen mit Mineralien ist glücklich angelangt.

Jena den 14. December 1817.


28/7929.


An Carl Friedrich Zelter

Von Weimar aus kommt mir die Nachricht, daß die periodischen Rübchen wieder glücklich angelangt sind, und so will ich mich denn durch dieses Erderzeugniß aufmahnen lassen, meine Gedanken zwar nicht, die oft bey dir sind, aber doch ein schriftliches Zeugniß derselben an dich zu wenden. Es ist so lange her, daß wir keine Nachrichten gewechselt, so daß wir also beide im Rest stehen, wie lange es aber auch sey, kann ich versichern, daß ich mich jeden Tag gemüht habe, das hast du auch gethan, noch kräftiger und nothgedrungener als ich.

Meine Neapel- und Sicilien-Reise hast du freundlich aus Schultzens Exemplar aufgenommen, und so[334] habe ich jetzt weiter nichts zu schicken; denn was an Bänden, Bändchen und Heften auf dein Theil kommt, liegt ruhig beysammen, bis zur endlichen allgemeinen Absendung.

Ich lebe zwischen Weimar und Jena; an beiden Orten habe ich Geschäfte die mir Freude machen, in Jena kann ich sogar thun und lernen zugleich; die Naturwissenschaft, besonders die Chemie, ist so lebendig daß man auf die angenehmste Weise wieder jung wird, indem man seine frühsten Ahndungen, Hoffnungen und Wünsche realisirt findet, und Belege zu dem Höchsten und Besten wozu man sich im Gedanken erheben konnte. Mein nächstes Heft zur Naturlehre soll dir, hoffe ich, manches bringen, was dir gewiß als Symbol deiner lieben und guten Vorsätze dienen wird.

Auf diese unschuldige Weise halte ich mich im Stillen, und lasse den garstigen Wartburger Feuerstank verdunsten, den ganz Deutschland übel empfindet, indeß er bey uns schon verraucht wäre, wenn er nicht bey Nord-Ost-Wind wieder zurück schlüge und uns zum zweytenmal beizte.

In solchen Fällen muß es denn auch dem Einzelnen, der an der allgemeinen Thorheit leidet, erlaubt seyn, sich mit einiger Selbstgefälligkeit zu sagen, daß er das alles, wo nicht voraus gesehn, doch vorausgefühlt, daß er in denen Puncten die ihm klar geworden nicht allein widerrathen sondern auch gerathen, und[335] zwar das was alle, da die Sache schief geht, gethan haben möchten. Dieses berechtigt mich zur Impassibilität, deshalb ich mich denn auch wie die Epikurischen Götter in eine stille Wolke gehüllt habe, möge ich sie immer und unzugänglicher um mich versammeln können.

Leider wenn ich an Musik denke, kommt es mir seltsam vor, daß ich von diesem höchsten und schönsten Genuß gänzlich abgeschnitten bin; finde ich nun dabey daß mir doch noch manches Lied gelingt und dein guter urkünstlerischer Wille mir immer zur Seite schwebt, so kommt es mir ganz wunderlich vor, daß, indessen die ganze Welt pfuscht, etwas der Ordnung gemäß nicht zu Stande kommen kann.

Ein Werk, das der Großherzog von Mayland mitgebracht hat, bezüglich auf das Abendmahl von Leonard da Vinci daselbst, hält mich sehr fest. Der Kupferstich von Morghen ist gewiß mehrmals in Berlin, wenn du ihn auch schon kennst, laß dir ihn wieder zeigen, und betrachte ihn mit ehrfurchtsvoller Aufmerksamkeit. Alsdann wirst du rührend finden, wenn du durch mich auf's genauste vernimmst, wie das Bild veranlaßt, erfunden, ausgedacht, ausgearbeitet, verfertigt und als Weltwunder vollendet worden, und wie es wieder allsogleich in sich selbst verfallen, vernachlässigt, beschädigt, hergestellt, und durch die Herstellung selbst völlig zu Grunde gerichtet worden. Ferner wird dich freuen, wie die[336] Mayländer durch Verehrung dieses Leichnams, durch Erhaltung und Belebung der Spur seines Andenkens sich immerfort Ehre machen.

Und so weit wären wir denn gekommen! wo ich nur, in Hoffnung einer baldigen Erwiderung, hinzufüge, Gruß an Freunde.

Herrn Schultz sage, daß ich täglich sein gedenke. Was uns beide beschäftigt, ist herrlich als Erscheinung, ehrenwerth als Theil des Naturganzen und als Symbol seiner Geschwistertheile ehrwürdig. Diesen Gruß erließ ich mit mehrerer Freudigkeit, würde mir die Hoffnung euch künftiges Frühjahr zu sehen, nicht mit jedem Tage mehr umnebelt.

Herrn Director Schadow danke zum schönsten, daß er mir die Reformations-Medaillen semmelwarm überschicken wollte, ich bekenne die Schuld und werde sie nächstens abtragen.

Da hörten wir also mit einer abzutragender Schuld auf, erinnert wie es denn eigentlich mit uns beschaffen sey.

and so forth and for ever

Jena. 16. Dec. 1817.

G.


28/7930.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die englischen Hefte mit Dank zurück, zugleich auch eine Dissertation, von welcher der[337] Herr Staatsminister von Voigt eine baldige günstige Recension wünscht.

Was den Theil dieser Arbeit betrifft, den ich beurtheilen kann, d.h. alles was sich auf Localität bezieht, auf den Charakter der verschiedenen Landstriche, Feldbau, Sitten, ist vortrefflich und so, wie ich es vor vierzig Jahren gesehen, nur verschlimmert.

Das Ärztliche, welches gleichfalls sehr consequent scheint, müßte der Praktiker beurtheilen; Sprache, Ausdruck, Vortrag unterliegt Ew. Wohlgeboren Schätzung. Vielleicht ließe sich eine collective Recension in kurzem fertigen.

Mich bestens empfehlend

Jena den 18. December 1817.

Goethe.


28/7931.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Wohlgeboren

den Brief des werthen und wohlgesinnten Mannes und Freundes in Gotha dankbar zurücksendend, füge noch den Wunsch hinzu, daß diese Angelegenheit vor der Hand ja ruhen möge. Wenn man den eigentlichen Zweck einer solchen Anstellung bedenkt, so läßt sich mehr als eine Form finden, unter welcher das beabsichtigte Gute statt haben kann, ohne daß geradezu ein auffallend verneinender Entschluß ausgesprochen zu werden braucht. Ich werde die Sache, an der mir[338] mehr in wissenschaftlicher als ästhetischer Hinsicht gelegen seyn muß, fernerhin überdenken und in vertraulichem Gespräch mich weiter darüber äußern. Bis dahin empfehle ich Ihnen die sämmtlichen Geschäfte, auf die ich eigenen Bezug habe, zu geneigter Mitwirkung, wie ich sie bisher und noch in diesen letzten Tagen erfuhr.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

ergebenst

Jena den 19. December 1817.

Goethe.


28/7932.


An August von Goethe

Jena den 19. December 1817.

Zuvörderst betrachte, mein lieber Sohn, was von dem vorigen Blatte noch nicht herüber expedirt ist.

1) Megha-Duta ist mir an unentbehrlich.

Sodann wünsche

2) Morgenblatt vom 31. October 1817.

3) Heidelberger Jahrbücher December 1816.

4) Leonard da Vinci, Tractat von der Mahlerey, italiänisches Original.

5) Lomazzo über die Mahlerey.

6) Wie auch ein beygefügter Zettel für die Bibliothek besonders andeutet.

7) Brauche ich Schreibmaterialien aller Art. Sende mir etwas vorläufig, was zum Neuenjahr von der Geh. Canzley kommt schicke mir alles.

[339] 8) Versäume nicht das Bild auf das Neuste von Plundersweilern bezüglich einpacken zu lassen. Rath Vulpius, den ich zu den Feiertagen herüber beschieden habe, kann es im Wagen mitnehmen, versäume es ja nicht, und schenke diesem Punct einige Aufmerksamkeit, denn du hast schwerlich einen Begriff von der Länge dieser jenaischen Winterabende, und nöthig es ist, bey denen durchaus fatalen Verhältnissen irgend etwas heiteres Fremdartiges zu Markte zu bringen.

9) Anliegende Briefe und Packete besorgst du. Das Kästchen kommt wieder mit zurück, um gegen die südlichen Kastanien nördliche Rübchen auszutauschen. Unter den schon gesendeten befanden sich schon verschimmelte, laß sie ja durchsuchen, um die Ansteckung zu verhüten.

10) Nun aber laß dich ja erkundigen wie sich Herr von Gerstenbergck befindet, er hat bey seiner neulichen Ankunft durch ein schnelles Übelfinden seine hiesigen Freunde in Schrecken und Verlegenheit gesetzt, laß ihn von meinetwegen grüßen.

Jena d. 19. Dec. 1817.

G.


28/7933.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Bey einer Arbeit, die ich über das Abendmahl des Leonard da Vinci zu Mayland vorhabe, waltet einiger Zweifel ob über das Maaß des Bildes und[340] der Figuren, Ew. Hochwohlgeboren werden mich darüber leicht gefällig aufklären.

La Condamine sagt, das Abendmahl habe 20 Fuß Breite, Bossi widerspricht, es seyen ohngefehr 28. Da der erste wahrscheinlich französische Fuß gemeint hat; so sollte man wohl denken, der andere habe gleiches Maaß im Sinne, und man dürfe daher das Bild zu 28 pariser Fuß Breite ansprechen.

Richardson sagt, die Figuren des Abendmahls seyen in natürlicher Größe, Bossi widerspricht und sagt, sie seyen um die Hälfte größer, und zwar vier und einen halben Braccio. Nehme ich nun den Braccio als eine unserer Ellen, die Elle zu zwey Fuß, so sind die Figuren neun Fuß. Welches mit der Menschengestalt und einer gebräuchlichen Kunst-Vergrößerung übereinkommt.


Nun erginge meine Anfrage, da es hier keineswegs auf höchste Genauigkeit ankommt: wie verhält sich der französische Fuß zum italiänischen Braccio, und wie spräche man jene breite des Bildes zu der Höhe der Figuren in annähernden Zahlen aus, und ließe bestimmenden reisenden eine genauere Ausmessung.

J. 19. Dec. 1817.


28/7934.


An Gaëtano Cattaneo

Noch immer gedenk ich mit Bedauern, hochgeschätzter Herr, meiner Abwesenheit von Weimar zu jener Zeit[341] als dieser zwar kleine und unansehnliche, in manchem Sinn aber bedeutende Platz das Stück hatte Dieselben aufzunehmen, nach Möglichkeit zu unterhalten und nach Würden zu verehren. Noch unangenehmer ist mir die Erinnerung, daß Sie mir einen Brief zurückließen, in welchem Sie die freundlichste Theilnahme bezeigen an meinem Vornehmen und Thun, ja sich geneigt erklären, meinen mannigfaltigen Liebhabereyen durch Nachrichten und Beyträge förderlich zu seyn.

Denn betrachte ich nun aber daß dieser Ihr Brief ohne Antwort blieb, so scheint es mir beynahe ohnmöglich: denn hätte auch die gewöhnliche Höflichkeit nicht schon eine freundliche Erwiderung verlangt, so hätte doch die Habsucht, die einen jeden Liebhaber in seinem Fache lebendig erhält, mich antreiben sollen von Ihrem geneigten Erbieten Vortheil zu ziehen. Wenn ich hierauf nun eine so ganz ungehörige Vernachlässigung zu entschuldigen denke; so kommen mir leider die allertriftigsten Gründe zu Hülfe, denen Sie selbst, und wenn Sie mir zürnen sollten, nicht widerstehen werden; ich darf nur ausrufen: welche Schicksale haben wir nicht seit jener Zeit erlebt! Wie oft waren wir von Freunden geschieden, mit Widerwärtigen vereint! Welch eine Welt ist an uns her, ja über uns weg gegangen! – und noch ist uns nicht vollkommen klar, was wir denn waren und was wir sind?

Die schönste Frucht der neuern Zeit aber für uns Weimaraner zunächst ist die freye Muße, die unser[342] Fürst gewann, über die Alpen zu gehen und alldort, zum Ersatz schwerer in schlimmen Jahren ausgestandener Leiden, zum Lohne lebenslänglicher verdienstvoller Wirkung, endlich den heitern Himmel Italiens zu begrüßen und eine frische nie geathmete Luft zu schöpfen. Die ehrenvolle freundliche Aufnahme, die diesem Fürst-Menschen nicht fehlen konnte, mußte ihn doppelt erfreuen, als er sich sogleich in seinem eigensten Element fühlte, und sich von Personen umgeben sah, die ihn mit allen schnell bekannt machten, was Natur, Kunst, Wissenschaft und ein ausgebildetes Leben Herrliches hervorbringen; und so kam er neu gestärkt zu den Seinigen zurück.

Aber auch wir zu Hause, die wir, in sehnlichster Erwartung seiner Rückkehr, ihm jede Freude so gern gegönnt, auch wir sollten nicht leer ausgehen, indem er so viel bedeutende Gegenstände zurückbrachte, deren Studiums uns noch lange beschäftigen wird.

Ihnen, verehrter Mann, sind wir hiebey den größten Dank schuldig geworden, Sie haben des Fürsten Aufmerksamkeit auf bedeutende Gegenstände gelenkt, Sie haben, als er sich solche zuzueignen beschloß, mit der größten Sorgfalt gewirkt daß die weite Reise diesen Schätzen nicht gefährlich werden sollte, und wir sehen alles nunmehr vor unsern Augen aufgestellt, was uns nothwendig über die Alpen versetzt indem es sich zu uns herüber begab.

Lassen Sie mich, Würdigster, nach dieser Einleitung[343] vorerst gestehen daß die Betrachtung der Durchzeichnungen, verbunden mit der Lesung des Werks unseres zu früh abgeschiedenen Bossi, alles in mir aufgeregt hat was ich jemals über Leonardo und über seine mir theils im Original, theils in Abbildung bekannt gewordenen Werke selbst gedacht und empfunden habe, lassen Sie mich bekennen daß ich den Trieb fühle sowohl Bossis Werk, als die darauf bezüglichen Kunstschätze meinem Vaterlande bekannter zu machen. Ich bearbeite deshalb einen Aufsatz, welcher den Inhalt jenes Werks kürzlich darstellen, meine Bemerkungen enthalten, und auf die in Weimar befindlichen Lucidi sich beziehen soll. Wie sehr mich dabey die gehaltreichen Andeutungen, die ich von Ihrer Hand auf den Tekturen und sonst vorfinde, aufgeklärt und geleitet haben, werden Dieselben ermessen wenn ich glücklich genug bin gedachten Aufsatz zur geneigten Prüfung zu übersenden. Vorläufig jedoch erbitte mir zu diesem Zweck einige biographische Nachrichten, zu Erfüllung dessen, was ich aus dem schätzbaren Discorso funerale habe nehmen können, zum Beyspiel: in welchem Alter Bossi das erste Mal nach Rom gezogen, wann er nach Paris gegangen und wie lange er daselbst geblieben? überhaupt die nähere Zeitbestimmung der Epochen die in seinem Leben bedeutend gewesen.

Wenn ich nun für dießmal schließend vorzügliche Hochachtung und Anerkennung betheure; so erbitte mir zugleich die Erlaubniß nächstens Dieselben an[344] das geneigte Anerbieten zu erinnern: meiner Neigung nämlich zu den Künsten und meinen darauf gegründeten Sammlungen mit gefälligen Beyträgen nachzuhelfen. Zu allen freundlichen Gegendiensten erbötig.

Weimar den 14. December 1817.


Erlauben Sie nun, theuerer, verehrter Man, daß ich, in Gefolg meines ersten Schreibens vom 14. December, nunmehr meine Wünsche und Hoffnungen, wozu mich Ihr früheres Anerbieten berechtigt, nach so langer Zeit endlich laut werden lasse.

Und so will ich denn zuvörderst aussprechen, daß mir alles, was sich auf die Kunstgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts bezieht, höchst lieb und werth ist, ob ich gleich den folgenden Gang der Kunst bis auf den heutigen Tag zu betrachten nicht verschmähe.

Da nun der Privatmann Ursache hat mit dem Raum zu geizen, so wären mir Medaillen sehr erwünscht, die (von allen übrigen Vortheilen abgesehen) uns die Kunstepochen, besonders der Plastik, auf's genauste bezeichnen. So besitze ich zum Beyspiel die vollständige Original-Folge päpstlicher Medaillen in Erz, von Martin dem 5., oder vielmehr Paul dem 2. an, bis auf den heutigen, und, wo nicht alle, doch die meisten bedeutenden wie sie Bonanni aufgeführt. Manches der Art, worauf Graf Gigognara aufmerksam macht, ist auch bey mir vorhanden, und was von Bildnissen weltlicher Herrscher und Helden auf diesem[345] Weg überliefert worden davon besitze ich auch viel Schönes und wohl Erhaltenes, worüber ich vielleicht in der Folge ein Verzeichniß übersende.

Vorerst vermissen wir das Museum Mazuchellianum. Könnte uns ein Exemplar davon zu Theil werden, so würde man den Preis dankbar erstatten. Ferner enthält min Sammlung nichts von allen den Medaillen, welche Maffei aufführt, außer der letzten welche einen Unbekannten Mazantius darstellt. Höchst erwünscht würde mir also jede von den übrigen seyn.

Gleichfalls richte ich meine Kunstbetrachtung auf die Cavinäer, welche zu Padua so vieles leisteten und zur Prüfung der Münzkenner ihre nachahmenden Arbeiten bis fast zur Höhe der Alten hinansteigerten. Von diesen besitze ich die meisten, wie Sie das Cabinet de la Bibliothèque de Ste. Geneviève par A. du Molinet aufstellt. Doch sind mir auch diejenigen ihrer Originalmedaillen, wo die bedeutende Männer ihrer Zeit kunstreich abgebildet, sehr vieles werth; so wäre mir die kleine Medaille, worauf Johann Cavinus und sein Mitarbeiter M. Bassianus vorgestellt sind, sehr angenehm.

Gegen alles dieses habe ich freylich erwidernd wenig anzubieten, allein vielleicht bin ich so glücklich, in einem andern Fache Denenselben irgend eine Gefälligkeit zu erzeigen.

Um nun noch auf die neusten Zeiten überzugehen, so wäre mir sehr erwünscht die Medaille,[346] welche vor einigen Jahren auf Bodoni geschlagen ward, nicht weniger ein Abguß des Medaillons, Canovas Bildniß vorstellend, wie es mein gnädigster Herr durch Ihre Geneigtheit erhalten hat. Sollten diese gehäuften Bitten und Wünsche einigermaßen für unbescheiden geachtet werden, so diene mir zur Entschuldigung, daß ich ein langes Versäumniß nachzuholen habe und daß ich wohl nicht weiter zögern darf, von der früher angebotenen Gunst in einem glücklichen, das schönste Verhältniß zwischen Uns und Italien neueinleitenden Augenblick in Anspruch zu nehmen.

Wegen der Anfuge mich entschuldigend, auch fernere Mittheilungen und Anfragen mir ergebenst vorbehaltend, habe ich die Ehre mich mit vollkommenster Hochachtung zu unterzeichnen.

danckbar verpflichtet

Jena d. 20. Dez. 1817.

J. W. v. Goethe.


Schießlich habe ich noch die Bitte daß Sie beyliegendes Diplom, ausgefertigt von jenaischer mineralogischer Gesellschaft, Herrn Inspector Brocchi möchten zustellen lassen. Seine höchst interessante und geistreiche Abhandlung über das Thal von Fassa in Tyrol ist uns erst dieß Jahr durch eine deutsche Übersetzung vollkommen bekannt geworden. Herr Geheime Finanz Rath Blöde, einer unser vorzüglichsten Mitarbeiter, hat sie mit Sorgfalt bearbeitet, mit einsichtigen Anmerkungen erläutert und bekräftigt.[347] Sie wird großen Einfluß haben auf eine Darstellung dessen, was über die Trappformation überhaupt bekannt ist, worauf wir uns vorbereiten.

Nun schätzen wir uns zur Ehre, Herrn Brocchi als den Unsrigen zu begrüßen, und wünschten sowohl das Original seines Werkes zu besitzen, als auch eine zu Beleg- und Erläuterung desselben dienende Sammlung von Mineralien, wie er sie in seinem Werke vollständig anführt und beschreibt, in dem jenaischen Museum aufstellen zu können, wo sie bis jetzt nur unvollständig vorhanden ist.

Um diesen Wunsch zu rechtfertigen füge hinzu: daß wir jetzt besonders beschäftigt sind, die Gebirgsfolgen mehrerer Länder bey einer sich immer mehr erweiternden Erdkunde zu sammeln, damit der angehende Geognost sich belehre und ein schon geübter Kenner vergleichende Nachlese finden könne.

Eine solche Vermittelung würden wir Ihnen, geschätzter Mann, auch gern verdanken und jede Auslage sogleich schuldigst erstatten; nicht weniger Herrn Inspector Brocchi einige Mineralien unserer Gegend und auch wohl des höheren Nordens, sobald wir wissen womit ihm gedient seyn kann, sehr gerne freundlichst erwidern. Verzeihung auch diesem vielleicht zudringlich scheinenden Auftrag.

ergebenst

Jena d. 20. Dez. 1817.

J. W. v. Goethe.[348]


28/7935.


An Carl Ludwig von Knebel

Dieser Wolkenbote, welcher eben im Begriff ist, nach Weimar zu segeln, kehrt noch einen Augenblick bey dir ein und wünscht freundliche Theilnahme.

Da Vincis Abendmahl ist in einer kleinen genießbaren Copie soeben angelangt, zur Vorbereitung auf die gleichfalls hier anwesenden erstaunenswürdigen Durchzeichnungen.

Möge ich von deinem Befinden Gutes vernehmen. Auf mich ist manches Seltsame, obgleich nicht Verdrießliche eingestürmt.

Und so wäre denn auch der kürzeste Tag überwunden.

Jena den 22. December 1817.

G.


28/7936.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

[Concept.]

Ew. Gnaden

begrüße durch Herrn von Münchow zum allerschönsten, ich bitte mich den lieben Prinzessinnen und sämmtlicher Umgebung bestens zu empfehlen. Herr von Münchow übernimmt das Honorar für Weickart zu berichtigen, ist dieses geschehen, so läßt sich alsdann gegen Müller auch gleich in Richtigkeit gelangen. Mögen Ew. Gnaden die Gefälligkeit haben, mir die[349] Stunden die er giebt die Woche anzuzeigen, so läßt sich alsdann das Weitere zu bedenken. Mögen Sie die Gelegenheit nehmen, Ihro Kaiserlichen Hoheit meine Verehrung auszusprechen, so werden Sie mich sehr verbinden. Meine treusten Wünsche erstrecken sich auch in's nächste Jahr, wo ich denn hoffe baldigst aufzuwarten.

Jena den 23. December 1817.


28/7937.


An Abraham Jakob Penzel

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

beide Schreiben, an Herrn Geh. Hofrath Eichstädt und mich gerichtet, habe wohl erhalten und erwidere vorläufig darauf daß bey der akademischen Bibliothek gegenwärtig nur von den allgemeinsten Vorarbeiten die Rede sey, und sowohl die angestellten Personen als die aufgeforderten Handwerker nur mechanisch beschäftigt sind. Was in der Folge für literarische Anstalten nöthig seyn möchten, läßt sich gegenwärtig noch nicht übersehen, ebenso wenig inwiefern von Ihrem geneigten Anbieten Gebrauch zu machen seyn möchte.

Mit den besten Wünschen.

Jena den 23. December 1817.[350]


28/7937a.


An Johann Diederich Gries

[Jena, 23. December 1817.]

Vielleicht hat Herr Dr. Gries die Gefälligkeit nachstehendes Sonet zu übersetzen!

G.


Chi non può quel che vuol, quel che può voglia,. . .[189]


28/7938.


An Christian Gottlob Voigt

Über beyliegendes Döbereinisches Schreiben eröffne die seit einiger Zeit schuldig gebliebenen Gedancken.

In dem Besoldungsetat der Oberaufsicht steht er mit 439 rh. 14 gr., darüber erhält er 100 rh. zu Experimenten, hat freye Wohnung am neuen Thor, Laboratorium und Auditorium im Schloße, für den Garten an jenem Wohnlaufe zahlt er 25 rh. Pacht.

Nun wäre freylich zu wünschen gewesen er wäre bey Gelegenheit des neuen Academischen Etats auch mit verbessert worden, weil die dort ausgetheilten ansehnlichen Besoldungen ihn freylich in seiner Lage nachdenklich machen.

Seinen Studien gleicht keines der übrigen Professoren an Aufwand; was die reichen fremden Nationen entdecken und erfinden darf nicht ohne Nachversuch bleiben, nicht ohne Prüfung, ja nicht ohne Bemühung ihnen vorzueilen. Andre Versuche auf unmittelbar in's Leben greifende Erfahrungen und Vorschläge sich beziehend dürfen auch nicht unbeachtet bleiben.

Welche Pflichten von häuslicher Seite einem solchen Manne eine jetzt schon aus sechs Kindern bestehende, jährlich sich vermehrende Familie auferlegt ist kaum zu übersehen bey den erhöhten Preisen aller Bedürfnisse.

[351] Zuvörderst würde wohl die Erlassung des ihm zur Reise verwilligten Vorschusses als der erste Schritt ihm aufzuhelfen angesehen werden, wodurch er in den völligen Genuß seiner ihm schon verwilligten Besoldung gelangte.

Wie demselben aber eine Zulage zu machen sey liegt ausser dem Kreise meiner Beurtheilung. Der oberaufsichtliche Etat ist abgeschlossen und könnte ihm nur bey irgend einer Eröffnung etwas zugewiesen werden. Wie aber unsere Casse in Absicht auf die Verwaltungskosten stehe läßt sich erst Ostern beurtheilen. Unsere Obliegenheiten sind so gros, ja wachsend daß wir schwerlich etwas neues übernehmen können.

Ein Titel würde ihn zwar nicht entschädigen aber erfreuen. Diese Rangbezüge haben sich auch in den letzten Zeiten sehr gesteigert. Sollte mir im Laufe des Geschäfts etwas behufigers beygehn würde ich es nachzubringen nicht verfehlen.

Jena d. 25. Dez. 1817.

Goethe.


28/7939.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

[Jena, 26. December 1817.]

Ew. Hochwohlgeb.

schreibe leider dießmal nicht mit dem guten Muth und Geistesfreyheit wie sonst, da uns nur Angenehmes und[352] Belehrendes aus der Kaiserstadt ankam, dagegen ich bekennen muß, daß Dero letztes Schreiben mich ziemlich in Verlegenheit setzt.

Von den Centurien getrockneten Pflanzen ist mir nur soviel bekannt geworden, daß Ihro Königl. Hoheit der Großherzog zur Zeit des Wieners Congresses Antheil an dem Werke zu nehmen sich entschlossen und zwar dergestalt, daß von Jahr zu Jahr ein Band zu erwarten wäre. Dabey beruhigte man sich, obgleich diejenigen Männer, denen solche Sammlung bey uns gewidmet ist, den Preis allzuhoch finden wollten. Man erwartete abermals einen Band nach verstrichener Zeit, welchen die Casse zu honoriren bereit war. Nun werden aber deren dreyzehn angekündigt, und der Betrag derselben ungesäumt verlangt.

Da ich mich gegenwärtig, in akademischen Angelegenheiten, in Jena befinde und meinem gnädigsten Herrn davon nicht mündlichen Vortrag thun kann, so habe zu vernehmen gehabt, daß die Sache Höchstdemselben ganz unerwartet, sehr unangenehm aufgefallen, dergestalt daß eine Lossagung vom ganzen Geschäfte vielleicht zu befürchten wäre. Ich habe daher nicht gewagt, einen zweyten Antrag zu thun, und wende mich lieber an Ew. Hochwohlgeboren selbst, Dieselben um guten Rath und Vermittelung zu ersuchen. Den durch die Eile, womit die dreyzehn Bände zusammen gebracht worden, vermindert[353] sich das Zutrauen zu dem ganzen Unternehmen, und man zweifelt, daß bedeutende Pflanzen durchaus gewählt worden, auch kann man sich nicht überreden, daß die Sorgfalt gleichförmig geblieben. Alles dieses zusammen zeigt die Nothwendigkeit an eine Auskunft zu denken, wie, durch eine ansehnliche Verminderung des Preises, terminliche Zahlung und sonst, dieser verwundeten Sache wieder aufzuhelfen seyn möchte.

Bey den großen und verwickelten Geschäften, welche Ew. Hochwohlgeb. vorstehn, sind dergleichen Fälle nicht ohne Beyspiel, und ich habe um desto mehr zu hoffen, daß wohlgeprüfter Rath und wohlwollende Theilnahme auch mir bey dem gegenwärtigen Ereigniß zu statten kommen werde. Ew. Hochwohlgeb. vermehren dadurch nur die Verbindlichkeit, die wir Ihnen vor so manche angenehme Gabe und Mittheilung schuldig geworden, die uns keinen Zweifel an Ihrer Geneigtheit und thätiger Mitwirkung übrig läßt. Der ich die Ehre hab mich mit der vorzüglichsten Hochachtung zu unterzeichnen.

Jena den 24. December 1817.


28/7940.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Den mir übersendeten Kupferstich-Catalogus habe wohl erhalten und dabey ein Blättchen gefunden, welches die griechischen Dichter und Prosaisten verzeichnet,[354] die in Ihren Verlag erschienen sind, ich erbitte mir ein Exemplar der sämmtlichen Autoren, wie sie das rückkehrende Blättchen enthält, und zwar will ich meine Absicht nicht verhehlen. Ich komme öfters in den Fall, jungen Leuten eine Artigkeit zu erzeigen, besonders Studirenden und reisenden aus fernern Ländern, da ich ihnen denn gern ein Buch mit meines Namens Einschrift verehre. Gegenwärtig möchte ich den hiesigen Griechen und Ungarn etwas, dergleichen anbieten, und wüßte nichts schicklicheres, als die Bändchen von Ew. Wohlgeboren Ausgabe. Ich erreiche dadurch meine Zwecke und denke zugleich Ihre Absicht zu erfüllen, Ihr Unternehmen in größerer Weltbreite bekannt zu machen.

Weimar den 24. December 1817.


Zugleich folgt auch ein Verzeichniß der Kupferstiche, die ich mir in dem gesendeten Catalog notirt habe, wobey ich die allgemeine Bemerkung mache, daß ich nur von denjenigen, die ich roth angestrichen habe, den Besitz besonders wünsche; doch kommt es auch hier darauf an, daß es gute Abdrücke seyen und der Preis leidlich. Wegen der zwey bedeutenden Werke, die Cartons von Dorigny sowie Ovids Verwandlungen von Bauer, ingleichen von dem Abendmahl nach Leonard da Vinci von Morghen gilt ebenfalls daß es ächte Drucke seyen und der Aufwand mäßig.

[355] Was die übrigen ununterstrichenen betrifft, so überlasse ich Ew. Wohlgeboren zu beurtheilen, ob hie und da ein Rathkauf zu machen sey. Kupferstiche kann man ohnehin nur entweder selbst, oder durch einen einsichtigen Freund kaufen.

Da ich die kleinen griechischen Autoren bald zu haben wünsche; so haben Sie vielleicht vorläufig die Gefälligkeit, da Ihnen die Sammlung wahrscheinlich selbst bekannt ist, und Sie das Schätzenswerthe der einzelnen Blätter zu beurtheilen wissen. Über die zwey obengenannten Hauptwerke und über das Abendmahl von Morghen wünschte besonders Ihre Vorschläge zu erfahren.

Abgesendet d. 28. Dec. 1817.


28/7941.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

erhalten den verzögerten Aufsatz über Döbereiner, es ist sehr zu wünschen daß Zufriedenheit ihn festhalte, unter den mobilen Chemikern möchte wohl keiner seine Stelle ersetzen. Leider ist bey dem neuen Etat ihm nichts zugewendet worden, solch ein Mann vergleicht denn doch zuletzt seine Thätigkeit und Aufwand mit dem Würcken andrer Begünstigten. Schwer ist es immer nachzuholen und nachzuhelfen.

[356] Unserer Casse dürfen wir nichts mehr aufbürden.

Dabey darf ich nicht erinnern daß die 400 rh. Vorschuß von der Cammer zu tragen seyen: denn unser Besoldungsetat verträgt kein Extraordinarium.

So viel für diesmal mit den herzlichsten Empfehlungen.

Der Rath V. beträgt sich höchst lobenswürdig. Innerhalb acht Tagen hoffen wir einen Zustand herzustellen, in welchem das Nöthige bis Ostern geleistet und alsdann die Haupt Arbeit angegriffen werden kann.

Möge Serenissimi und Ew. Exzell Beyfall unsre Mühe belohnen.

Hier zu Lande haben wir eben so wenig Danck zu hoffen als Theilnahme zu finden. Daß aber auch keine Einmischung gilt ist die erste und einzige Bedingung der Möglichkeit des Unternehmens.

Hier überrascht mich der Bote.

Ins neue Jahr mit alter Anhänglichkeit!

Jena d. 30. Dec. 1817.

Goethe.


28/7942.


An Carl Friedrich Zelter

Die wenigen poetischen Blätter, die ich bey mir habe, sehe ich auf deine Anregung durch, und finde nur beykommendes vielleicht zu euren Zwecken brauchbar. Es ward aus dem Stegreif meinem ältesten[357] Freund Knebel an seinem 73. Geburtstag übergeben. Wohl der Gesellschaft, die es zu gewissen Epochen gleichfalls anstimmen mag!

Die musikalische Bewegung erinnert an das belobte: Lasset heut im edlen Kreise pp. Den Charakter wirst du jedoch ganz anders finden, und nach bestem Wissen und Gewissen die Ausführung leisten.

Bey dem Narrenlärm unserer Tagesblätter geht es mir wie einem der in der Mühle einschlafen lernt, ich höre und weiß nichts davon.

Mit meinem Besuch bey euch sieht es windig aus. Sie haben mir bedenkliche Geschäfte aufgeladen, wo man wenigstens das erste halbe Jahr mit Sinn und Geist gegenwärtig seyn muß, und dann ist mein Winter von der Art, daß ich dieses Frühjahr ein Bad nicht versäumen darf. Dem sey nun wie ihm wolle, wir müssen es gewähren lassen, ich habe die letzte Zeit immer etwas anders gethan als ich mir vorsetzte.

Meine Kinder schreiben mir, das Eingemachte sey glücklich angekommen, mir haben sie noch nichts davon geschickt. Sodann will ich dir sagen daß mich deine Reise recht sehr gefreut hat, besieh dir ja die weite Welt gelegentlich, so lange sie dir Spaß macht. Ich habe mir die ästhetische Ansicht derselben (die landschaftliche) durch die wissenschaftliche ganz verdorben, und dabey kommt endlich auch nicht viel heraus.

Und hiemit lebe zum schönsten wohl!

Jena den 31. December 1817.

G.[358]


Da unsere Correspondenz ohnehin nur ruckweise gehen kann, so will ich, weil die Schleuse einmal gezogen, noch eins und das andere nachsenden.

Also zuerst auf deine Anfrage wegen Leonards Abendmahl. Von diesem unschätzbaren Werk, der ersten completten malerischen Fuge, die alle vorhergehenden übertrifft und vor keiner nachfolgenden zurücktreten darf, ist an Ort und Stelle nur noch der Schimmer geblieben, wie ohngefähr die Figuren gegen einander gestanden haben.

Daß wir aber noch zu einem gewissen Begriff davon gelangen können, dazu helfen uns mehrere Copien, wovon ich nur drey anführen und charakterisiren kann.


1500 – 1512.

Zu Castellazzo, in dem Speisesaale eines aufgehobenen Klosters von Marco d'Oggionno, etwas kleiner als Leben, höchst charakteristisch, nach Leonards Lehren und Beyspiel schmeckend.


1565.

Zu Ponte Capriasca, schwächer als die vorige, aber in demselben Sinn, höchst nützlich bey der Vergleichung.


1612 – 1616.

Auf der Ambrosianischen Bibliothek zu Mayland, die Figuren bis auf die Tafel, gemalt von Andrea[359] Bianchi genannt Vespino, Figuren in Lebensgröße wie das Original, brav und tüchtig, wirksam, aber keine Spur mehr von Leonard. Die Physiognomien gehen schon in's Allgemeine, in's Leere, wie man sie in Zeichenbüchern antrifft.

Nach diesen drey Copien ist die Zeichnung zu Morghens Kupferstich redigirt sowohl als Bossi's Carton und Gemälde in wirklicher Größe, wonach zu Mayland eine ungeheuere Mosaik, auf Befehl des Vicekönigs, gefertigt wurde.

Genaue Durchzeichnung mit Rothstein auf Transparent-Papier, scharfe Umrisse ausführlich schattirt, habe ich vor mir liegen, zum größten Gewinn und Vergnügen, da doch alles Urtheil auf Vergleichen ruht.

Soviel aber kann ich dir zum Troste sagen, daß bey Morghens Kupfer die alte ächte Copie von Castellazzo mit sorgfältiger Gewissenhaftigkeit durchgängig zu Rathe gezogen worden, so daß uns also noch mehr übrig geblieben ist, als wir denken.

Bis du nun meine Redensarten darüber umständlich erfährst, wie es wohl durch mein Heftlein Kunst und Alterthum zu Ostern geschehen kann, so suche eiligst auf die Heidelbeger Jahrbücher December 1816, wo Müller in Rom, sonst Mahler Müller genannt, einen sinnigen Auszug aus Bossi's Werk, mit einsichtigen Noten geliefert hat, daraus du dir schon viel abnehmen wirst. Die Lücken die er läßt fülle ich aus.

[360] Sobald dir das Kupfer wieder zu Gesicht kommt, so wende deine Contrapunctsgesetze darauf an, und du wirst viel Freude haben.


Lustrum ist ein fremdes Wort!

Aber wenn wir sagen:

Lustra haben wir am Ort

Acht bis neun ertragen,

Und genossen und gelebt

Und geliebt bisweilen;

Wird, wer nach dem Gleichen strebt,

Heute mit uns theilen

Wenn wir sagen: das ist viel!

Denn das Leben streuet

Blum und Dorne! – Ziel ist Ziel!

Das uns heute freuet.

dem 30. November 1817.

G.


Von dem Nachlasse des Capellmeister Müllers erfährst du nächstens.

Addressire deine Briefe nur immer nach Weimar.

Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 29.
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