1821

[62] 34/59.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen heute, wie, zu meinem Glücke, schon so oft am gleichen Feste, die wärmste Betheurung unwandelbarer Treue und Anhänglichkeit, so wie des redlichsten Bestrebens, in dem Ihrigen und von da nach außen, so viel es Naturell und Kräfte erlauben, auch fernerhin wirksam und nützlich zu seyn. Erhalten Höchstdieselben mir das lange bewahrte Capital von Gunst und Gnade, welches mir von jeher so reichliche Zinsen getragen hat.

Weimar den 1. Jänner 1821.[62]


34/60.


An den Großherzog Carl August

Einiges Wenige und nicht Unerfreuliche bringe Ew. Königlichen Hoheit der heutige Morgen.

1. Möge der eingeschachtelte Garten gute Vorbedeutung seyn, wie alles von Höchstdenenselben Gepflanzte und Gesäete wachsen und blühen werde.

2. Die Witterungstabellen folgen abermals mit der Zeichen-Erklärung. Die guten Beobachter haben freylich den Raum sehr gespart, daher werden ihre Hieroglyphen so schwer gelesen wie die Posseltsche Handschrift.

3. Das Schreiben des Bußpredigers erhält durch eine so eben einlaufende Zeitungsnachricht erst die wahre Aufklärung. Nun weiß man doch, in welcher Höhle man diesen Fuchs suchen muß und lobt ihn, wie der Herr den ungerechten Hauhalter, wenn er die Pflicht Proselyten zu machen mit so unverschämten Eifer zu erfüllen strebt.

unterthänigst

Weimar den 1. Jänner 1821.

J. W. v. Goethe.


34/61.


An die Großherzogin Louise

Ew. Königliche Hoheit

vermerken gewiß nicht ungnädig, wenn ich dießmal zauderte meine treusten Wünsche zum Jahresfeste darzubringen:[63] denn ich kann dabey nicht verschweigen, daß die im Stillen, leidlich und thätig zugebrachten Wintertagen nur durch den Gedanken an Höchstdieselben getrübt worden, wenn ich mir die leiden vergegenwärtigte, welche bey einer, im Ganzen glücklichen, Cur doch nicht hoffnungsgemäß völlig zum weichen gebracht werden konnten. Ärzte und Wundärzte, die ich vernahm, konnten mir nichts Erheiterndes bringen; und so ist denn auch bis auf den heutigen Tag noch manche Beschwerde geblieben welche mein treustes Mitgefühl beunruhigt. Um desto brünstiger find die Wünsche, daß sich das neue Jahr entschiedener heilkräftig beweisen möge als das vorhergehende und durch Höchstderselben glückliche Wiederherstellung auch wir alle die Getreuen völlig wiederhergestellt werden.

Inzwischen möge die Freude an der schönen Umgebung eines lebendigen Familienkreises Ew. Königliche Hoheit stärken, Gefühl und Gedanken von Schmerz und Übel abziehen, um durch guten Muth und innere Selbstheilung sie bald für immer verschwinden zu sehen.

Ich würde nicht enden, entschlösse ich mich nicht in der Kürze zu betheuern, daß von Ihro und der Ihrigen Wohl auch mein Leben und ganze Wohlfahrt abhängt.

Weimar den 2. Januar 1821.[64]


34/62.


An Johann Heinrich Meyer

Sagen Sie mir, bester Freund, ein Wort von Ihrem Befinden, gehen aber ja nicht zu frühzeitig aus. Ich helfe mir Tag und Abend durch allerley Fleiß hin, es kommt mancherley zu Stande, und die Langeweile ist ja auch als Mutter der Musen gegrüßt. Hierbey die Fortsetzung der Abschrift ich habe sie nicht foliirt, weil ich vergaß die letzte Nummer zu notiren; das Werk ist den Berliner Freunden angemeldet.

treulichst

Weimar den 2. Januar 1821.

G.


34/63.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

Verehrte Freundinn

Wie glücklich das Andenken unsrer theuren Prinzessinnen und ihrer werthen Umgebung mich am Neujahrstage gemacht will ich heute danckbar aussprechen, als an einem zweyten neuen Jahres Tag, der uns das langersehnte Fürsten-Paar endlich wieder geben soll. Möge, wie der Eintritt zu den geliebten Ihrigen, auch die nächste und Folgezeit glücklich und froh, mir aber allgemeine Kunst und Gnade des herrlichen Familienkreises lebenslänglich gegönnt seyn!

Verehrend

gehorsamst

Weimar d. 3. Jan. 1821.

J. W. v. Goethe.[65]


34/64.


An Johann Heinrich Meyer

Doppelt bedauerlich ist mir, theuerster Freund, Ihr Übelbefinden, da ich Sie entbehren muß, indem Sie leiden; halten Sie sich möglichst, wie ich von meiner Seite gleichfalls thue. Da ich so eben an Weigel schreibe, so füge die Beeilung des Hierhersendens hinzu. Abermals eine Sendung von einigen Bogen. Wenigstens wird in diesen schlimmen Tagen etwas Gutes gefördert; ich helfe mir auch durch Thätigkeit über manche fatale Stunde.

Die besten Wünsche.

threulichst

Weimar den 3. Januar 1821.

G.


34/65.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit nachverzeichnete Kupferstich in nächster Auction zu erstehen, wobey man wünscht, daß die erstandenen vor Ende Januars hier anlangen möchten. Da nun die Auction den 8. dieses angeht, so ist es wahrscheinlich, daß sie bis dorthin beendigt seyn möchte. Sollte dieß aber nicht der Fall seyn, so bitte wenigstens einen Theil davon[66] anherzusenden, wodurch Sie mich abermals besonders verpflichten würden. In's Neue Jahr die besten Grüße und Wünsche sendend.

Weimar den 3. Januar 1821.


34/66.


An Carl Wilhelm Friedrich von Lyncker

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

werden aus Beyliegendem gefällig ersehen, daß ich mir angelegen seyn lassen, wegen der von Breckenburgischen Naturaliensammlung zu Frankfurt am Main etwas Günstiges zu bewirken. Ob nun zwar solches nicht sogleich gelingen wollen, so gebe anheim: ob nicht die gegenwärtigen Besitzer zu veranlassen wären, einen billigen Preis dafür zu bestimmen, welchen man Herrn Doctor Neuburg melden könnte, da doch in einer so großen Stadt mannichfaltige Nachfrage vorkommt.

Hierbey muß bemerken, daß ich bey der dorthin gesendeten Copie die Preise weggelassen, weil sie wirklich für jeden Liebhaber gar zu abschreckend seyn würden.

Mich zum allerschönsten, auch im Lauf des angetretenen neuen Jahres zu Wohlwollen und Theilnahme empfehlend.

Weimar den 4. Januar 1821.[67]


34/67.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erwidere nur mit Wenigem die geneigte Zuschrift vom 15. December v. J., da Herr Rath Haage mich benachrichtigt, der Brief könne heute früh noch abgehen.

Ich bedaure gar sehr, daß Sie und Miß Dawe einen Augenblick wegen der Kupfer, die mir so viel Freude gemacht haben, in Sorgen seyn konnten. Wahrscheinlich ist nun auch meine Sendung vom 20. November in Ihren Händen und erhält mein Andenken bey der wohlwollenden Freundin. Herr Geheimerath Wolf, dem ich so eben zu schreiben Gelegenheit habe, wird sich ja wohl begütigen lassen, er schien sich in der Erinnerung früherer Verhältnisse mit Ihnen sehr zu gefallen.

Erhalten Sie auch im nächsten Jahre mir ein geneigtes Andenken und gönnen mir eine fernere freundliche Fürsorge.

Weimar den 5. Januar 1821.


34/68.


An Carl Emil Helbig

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiermit die beiden Kyanometer, ich hoffe zu Serenissimi gnädigstem Wohlgefallen. Für dieselben[68] hätte, nach billiger Ermäßigung, der Künstler wohl 10. rh. verdient, es ist mehr Arbeit darin, als man ihnen ansieht. Wobey noch bemerke, daß zu jedem möchte ein Portefeuille zu besorgen seyn, damit, nach jedesmaligem Gebrauch, die Tafel für Licht könne bewahrt werden, welches die Farben nach und nach, mehr oder weniger aufzehrte.

Mich bey dieser Gelegenheit geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 5. Jänner 1821.


34/69.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Weimar, den 6. Januar 1821.

Ich wünsche den achtzehnten Band der Philosophical Transactions zu erhalten und lege darüber einen Schein bey. Zugleich melde ich, daß ich die Original-Ausgabe des großen Dictionnaire encyclopédique in etlichen dreißig Bänden um einen billigen Preis bekommen kann. Die weimarische Bibliothek besitzt dieß Werk. Wollte sich Herr Professor Güldenapfel mit Herrn Geh. Rath Voigt und wer es sonst wäre, der sich dafür interessiren könnte, besprechen, inwiefern es für Jena wünschenswerth sey, so ließe sich das Nähere alsdann überlegen.[69]


34/70.


An Carl Wilhelm Stark

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

für den mir zugedachten Neujahrsbesuch zum allerschönsten dankend und die aufrichtigsten Wünsche erwidernd, ersuche Dieselben um gefällige Beantwortung nachstehender Frage:

ob nämlich Ihre Frau Mutter die erste Rückzahlung von zweyhundert Thalern für das väterliche Museum nicht ungern erst zu Michael erhielte, da denn sowohl Ostern als Michael Interessen vom Ganzen entrichtet werden sollten. Außerordentliche, die Museumscasse betreffende und bevorstehende Ausgaben veranlassen diese Erkundigung, worauf ich mir eine gefällige Entschließung erbitte.

Mich zum geneigten Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 6. Januar 1821.


34/71.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

verfehle nicht anzuzeigen und vorzulegen das schöne Geschenk, welches die Gefälligkeit des Grafen Sternberg mir zugedacht. Das erste Heft der Flora der[70] Vorwelt ist schon sehr bedeutend, gründlich und übersichtig, und man kann wohl bemerken, daß er unter Anleitung der vorzüglichsten Botaniker studirt hat; der Text ist verdienstvoll durch eine wohl überdachte Nomenclatur der aufgefundenen Pflanzenreste und durch Hinweisung in fremde Reiche und Provinzen, wo dergleichen auch vorkommen, entdeckt und beschrieben worden. Die Kupfer sind gleichfalls lobenswerth, wobey vorläufig zu bemerken nicht unterlasse, daß die Nadeln des Tab. 3. aufgeführten Büschels die Länge von 18 Zoll haben, wie aus dem beygefügten Maaßstabe bemerklich wird; mir fiel der Pinus palustris dabey ein und noch ein anderer, dessen Nadeln sich gleichfalls in's Gränzenlose zu verlieren scheinen. Für die Geognosten sind diese Bemühungen höchst interessant und folgereich.

Einige Muster-Stücke, die der Graf hinzugefügt, lege in dem Blech-Kasten bey, sie bestätige die Ansichten und Fertigkeiten der Künstler. Eine dringende Einladung auf die Herrschaft Radnitz, Schloß Brzezina, wird mich wohl verführen, aus meinem gewöhnlichen böhmischen Gleise zu treten; von Marienbad ist es nur eine kleine Tagereise; dort soll ich für unsere Museen nicht allein bedeutende Exemplare der Pflanzenreste, sondern auch die ganze Folge der abwechselnden Kohlen- und Sandschichten, die ganze Suite der Ablagerungen, wie sie in der Druckschrift bezeichnet ist, aussuchen und aufpacken.

[71] Gebe der Himmel seinen Segen, damit dieser unterirdische Gewinn, mit Behagen, zu dem übrigen wissenschaftlichen Vorrath möge gesammelt werden.

Weimar den 7. Jänner 1821.


34/72.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

habe kaum für das überschickte treffliche Werk meinem verbindlichsten Dank zu sagen, als eine höchst interessante Sendung des Herrn Grafen Caspar von Sternberg mir neue Obliegenheiten zur Pflicht macht. Auf Ihre gütige Anregung war mir schon das erste Heft der Flora subterranea im Juni zugedacht, verfehlte mich aber und erreicht mich erst jetzt, begleitet von trefflichen Exemplaren, welche zugleich die kostbaren Bilder bewähren und die Gewißheit dieser wundersam natürlichen Gegenstände uns vor Augen bringen.

Ein gleicher Fall ist es mit Ew. Hochwohlgeboren unschätzbarem Werke: denn wie man die Körper, von denen die Rede ist, nicht selbst vor Augen hat, so macht sich von ihrem Werthe nicht genugsamen Begriff. Die vom Himmel gefallenen Massen aber, wie Sie solche darstellen, geben uns ein unmittelbares Anschauen; und wie Sie das Factische der Ereignisse zugleich mit überliefern, so gelangen wir immer mehr[72] in den Sinn der Natur, die in der höchsten, mittlern und untern Atmosphäre, ja unter dem Boden und weiterhin in die felsigen Grundlagen ihr crystallisirendes Bildwesen treibt.

Eine ganz eigne Empfindung ist es, wenn ich nun gerade beide gemeldete Werke neben einander lege und in beiden unbegreifliche Naturproducte vor mir sehe. Vegetabilien, von denen nicht abzusehen ist, wie sie nahe dem funfzigsten Grade unserer Breite wachsen konnten; Mineralien, die aus heiterer Luft, wo man dergleichen nicht vermuthete, sich auf einmal concentrirend herunterstürzen. Das lassen wir denn alles gern geschehen, sobald der aufmerksame Beobachter uns dergleichen Erscheinungen im großen allgemeinen Zusammenhang vorlegen und anschaulich machen will, wodurch denn ganz allein der Geist gegen solche ungeheure Gegenstände in Freyheit gerathen kann.

In meiner kleinen Sammlung ist dieses Capitel das kleinste; ein Minimum von Ensisheim, Minima von dem bey Gera den 13. October 1819 gefallenen, ein schönes instructives Stück von Limerick in Irland, durch Gunst des Herrn Ritter Giesecke, deshalb ich denn Kupfer und Text Ihres unschätzbaren Werkes, als diese Lücke vollkommen ausfüllend, dankbar betrachte.

den 7. Jan. 1821.[73]


34/73.


An Ludwig Wilhelm Cramer

Ew. Wohlgeboren

melde vergnüglich, daß Ihr werther Brief vom 5. December, also etwas spät, doch willkommen hier eingetroffen, gerade in dem Augenblick, da die Kiste Mineralien, schließlich gepackt, Montag den 8. dieses abgeht. Mehr sag ich nicht zur Begleitung dieser Sendung, welcher ich eine gute Aufnahme wünsche und welcher kleinere, hoffentlich gehaltvollere von Zeit zu Zeit nachfolgen sollen.

Möge Sie Gegenwärtiges mit den lieben Ihrigen, die ich schönstens grüße und an denen meine Theilnahme nicht nachläßt, im besten Wohlseyn antreffen.

ergebenst

Weimar den 8. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/74.


An Christian Wilhelm Schweitzer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch die gefällige Nachricht: daß Herr Graf Caspar von Sternberg nicht abgeneigt sey von seinen unterirdischen Schätzen einiges mitzutheilen, mich veranlaßt, demselben deshalb zu schreiben, worauf ich denn freundliche Antwort und sodann in diesen Tagen eine höchst interessante Sendung erhalten. Die wohlgerathenen[74] Tafeln und Text nehme mir die Freyheit zu übersenden, mit dem Wunsche, daß es gefällig seyn möge: in diesen Tagen bey mir auch die wirklichen Exemplare zu beaugenscheinigen, wobey ich noch einiges andere bedeutende Neue vorzuweisen das Vergnügen haben werde.

Mich zu fortdauerndem Wohlwollen und freundlicher Theilnahme angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 8. Jänner 1821.


34/75.


An Heinrich Gräve

Ew. Wohlgeboren

verzeihen, wenn ich Ihr zutrauliches Schreiben vom 8. November erst jetzt erwidere, wo ich den ersten Monat des Jahres zum Abtrag alter Schulden verwende.

Das Gewünschte geht eben auch heute mit der fahrenden Post ab, und ich darf Ihr Verlangen nach dem Besitz des Inhalts wohl zu den erfreulichen Belohnungen zählen, die mir für meine vieljährigen Bemühungen geworden sind.

Möge das Gesendete immer gerade recht an Ort und Stelle wirken, immer zu rechter Zeit, auf die wahrhaft Empfänglichen. Dieß ist eigentlich der einzige Segen, den der Schriftsteller seinen vieldeutigen Arbeiten mitgeben darf, wenn er sie versendet. Das Wenige, was Sie von Sinn und Zweck Ihrer[75] Anstalt sagen, giebt mir deshalb die beste Zusicherung, weshalb ich denn auch sehr gern den eröffneten Wunsch erfülle. Alles Wohl und Gedeihen im Einzelnen und Ganzen wünschend, zu geneigtem Andenken mich Ihnen und Ihren werthen Mitgenossen angelegentlich empfehlend,

ergebenst

Weimar den 8. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/76.


An David Knoll

Da ich bey meinem vorjährigen Aufenthalt in Carlsbad vernommen, daß Sie, mein werthester Herr, den hinterlassenen Vorrath des guten Joseph Müller an Carlsbader Mineralien übernommen, war mir sehr angenehm, überzeugt, daß Sie solche zusammenhalten und in der beliebten Ordnung wie der Selige den Naturfreunden darbieten würden. Hievon macht mich nun Ihr werthes Schreiben gewiß, und ich eile daher, so viel es thulich, Ihren Wünschen entgegen zu kommen.

Was den stänglichen Eisenstein betrifft, so war derselbe vor 6, 8 Jahren ziemlich rar, und Müller konnte seiner Sammlung nicht sonderlich bedeutende Stücke beylegen. Im Jahre 1818 that sich für mich ein neuer Vorrath auf, ich bezeichne die Stelle näher.

Über Hohdorf und Lessau geht jetzt die vortreffliche Chaussee nach Schlackenwerth; nicht weit von dem Punct, wo der Flußsteg von gedachten Dörfern heraufgeht,[76] ist linker Hand des Hochweges eine Grube im pseudovulkanischen Gebirge eröffnet. Hier fand ich vor zwey Jahren eine ganze Lage stänglichen Eisensteins zwischen dem Porzellan-Jaspis und zwar dessen soviel, daß man ihn mit auf die Chaussee gefahren hatte. Ich nahm davon genugsam mit nach Hause, um meine Freunde damit zu versehen.

Im vorigen Jahre aber hatte die Schicht schon aufgehört, und ich fand nichts was der Mühe werth gewesen wäre. Ich kann Ihnen also nur rathen, an gedachter Stelle oder sonst, wo Erdbrände entblößt werden, aufmerksam nachzuforschen, und es wird sich dieses Mineral, obgleich nicht zusammenhängend, immer wieder finden.

Indessen kann ich bey meinem nächsten Besuche in Carlsbad vielleicht ein halb Dutzend Stücke mit zurückbringen, die wenigstens, was diese Nummer betrifft, einige Sammlungen complettiren könnten. Was das andere Mineral betrifft, welches als Nr. 100 in dem Müllerschen Verzeichniß angegeben ist, möchte die Angabe schon schwerer seyn, da ich den Ort des Vorkommens selbst nicht weiß. Doch habe ich in der eben genannten Grube einen großen centerschweren Klumpen davon gefunden, welcher aber scheint in den ältesten Zeiten durch das Wasser dahin getrieben zu sehn und auch etwas von dem Erdbrandsfeuer erfahren zu haben. Hievon könnte ich leider keine Exemplare mittheilen.

[77] Sollte mir es gelingen dieses Frühjahr Carlsbad wieder zu besuchen, so würde ich mich freuen, auf alle Weise zu Ihrem Geschäft behülflich zu seyn, so wohl weil ich Sie als einen thätigen und wackern Mann kenne, als weil ich alles, was der Stadt Carlsbad, im Ganzen so wie im Einzelnen, förderlich seyn möchte, mit wahrer Neigung befördere. Denken Sie hinzu, daß ich die vieljährigen Bemühungen des guten Müllers, die ich, nach Einsicht und Kräften, geregelt und unterstützt hatte, durch Sie fortgesetzt und vielleicht noch in der Folge übertroffen sehe, so werden Sie an meinem aufrichtigen Antheil nicht zweifeln. Daher habe ich auch nichts zu erinnern, wenn Sie meinen Aufsatz über die Müllersche Sammlung nochmals wollten abdrucken lassen; allein ich kann Ihnen für den Anfang gegen 50 Exemplare, geheftet, franco bis an die Gränze sehr gern zugehen lassen und bey meiner Ankunft in Carlsbad mehrere zustellen.

Was den stänglichen Eisenstein betrifft, so würden Sie wohlthun, den Wegeknechten vorkommenden Falls ein Trinkgeld zu versprechen, oder Sie könnten von Caaden, wo derselbe sehr schön vorkommt, dergleichen hernehmen. Manches andere würde mündlich besser zu verhandeln seyn.

Mit den aufrichtigsten Wünschen

ergebenst

Weimar den 8. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.[78]


34/77.


An J. G. Zeller

[Concept.]

Eine sehr angenehme Sendung aus Ihrer schätzenswerthen lithographischen Anstalt habe vorigen Sommer erhalten; eine andere, welche Ihr freundliches Schreiben vom 6. Dez. v. Jahrs bezeichnet, ist nicht zu mir gekommen. Die Weimarischen Kunstfreunde haben die höchst bedeutende Technik des Zeichnens auf Stein immer im Auge, sie enthielten sich bisher darüber zu sprechen, weil es schwer ist, gewissenhaft streng im Hauptsinne der Kunst, zugleich aber auch läßlich billig, in Betracht der Bedingungen, unter welchen gearbeitet wird, zu verfahren. In der nächsten Zeit werden wir diese Sache abermals vornehmen und dabey gewiß Ihres ernsten Unternehmens im Guten und Besten gedenken.

Der ich mich geneigtem Andenken bestens empfohlen wünsche.

Weimar den 8. Jänner 1821.


34/78.


An Kaspar von Sternberg

Hochgeborner Graf,

Hochverehrter Herr!

Daß Ew. Excellenz höchst erfreuliche Sendung in diesen Tagen angekommen, halte für Schuldigkeit[79] sogleich mit wenigen Worten zu melden, wobey ich mir die Erlaubniß erbitte nächstens meinen schuldigen Dank ausführlicher und der Gabe gemäßer auszudrücken. Ihro Königliche Hoheit der Großherzog, ein entschiedener Freund und Kenner der Pflanzenkunde, nahmen sogleich an dieser belehrenden Mittheilung warmen Antheil und geruhten mir Gruß und Empfehlung an Ew. Hochgeboren aufzutragen.

Wie sehr ich für diese Gabe verpflichtet bin, ermessen Hochdieselben an meiner leidenschaftlichen Neigung zur Naturwissenschaft und vieljährigem Studium derselben. Womit mich für dießmal dem ferneren Wohlwollen empfehle.

gehorsamst

Weimar den [8.] Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/79.


An Johann David Sauerländer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

zutrauenvolles Schreiben zu beantworten habe bisher gezaudert, weil es mir schwer fällt zu erwidern: daß ich Ihren Wünschen unmöglich entsprechen kann. In meinen Jahren habe ich so viele und mannichfaltige Pflichten auf mir, welche zu erfüllen ich mich gar sehr zusammennehmen und jene neue Verbindung auf's strengste vermeiden muß. Dasjenige, was ich allenfalls allein oder auch unterstützt von Freunden[80] dem Publicum gebe, kann nur in ruhiger Folge nach einander und in reiner Beziehung neben einander gearbeitet werden; gesellt zu Fremden vermöchte nicht mehr zu wirken. Lassen Sie diese aufrichtige Darstellung meiner Lage, die ich schon öfters zu wiederholen, leider, genöthigt war, mir auch bey Ihnen Verzeihung einer ablehnenden Antwort gewinnen. Denn es müßte mich schmerzen, wenn ich undankbar erschiene, indeß meine werthen Landsleute soviel für mich gethan haben und mir noch so manches Gute bereiten.

Leben Sie recht wohl und bleiben meiner besten Wünsche versichert, die ich, auch ohne Theilnahme an Ihrem Geschäft, jederzeit in treuem Herzen hegen werde.

Weimar den 8. Jänner 1821.


34/80.


An Sulpiz Boisserée

Uns also wieder im Vaterlande herzlich willkommen! Ihr Schreiben aus Paris war mir höchst erfreulich, wie Sie aus meiner kurzen Erwiderung gesehen; Ihr zweytes: Stuttgart am 30. December kündigt mir Wünschenswerthes an, welches denn wirklich auch heute bey mir eintrifft.

Die Platten sind allerliebst; wie wir uns denn nicht läugnen dürfen, daß, wenn uns etwas Fürtreffliches[81] unter der Münchner Arbeit auffiel, der Name Strixner gewöhnlich unterzeichnet war. Auch diese Verbindung wird Ihren übrigen Unternehmen, die nach so schöner Blüthe endlich auch Früchte zu tragen versprechen, zur allersüßesten Reife gedeihen. Lassen Sie mich dießmal im Allgemeinen verbleiben! denn ich bin von allen Seiten sehr gedrängt und dieß auf die wunderlichste Weise; denn indem ich diesen Winter nicht aus dem Hause kam und mich, bis auf wenige Freundes-Unterhaltung, völlig isolirte, so hab ich nach außen im literarischen und sonst brieflichen Verkehr mich so vielfach verknüpft gesehen, daß mein Inneres beynahe dadurch beunruhigt wird.

Dem Abdruck der Vignette thut der zarte Ton des Seidenpapiers gar wohl, auch dafür den schönsten Dank.

Prinzessin Ursula ist wieder glücklich zu mir gekommen, Madame Schopenhauer dankt verbindlichst. Hofrath Meyer ist nicht wohl und hält sich zu Hause, wie ich auch, ich kann ihn deshalb nicht wegen jener Angelegenheit befragen. Soviel erinnere mich aber, daß er in Berlin viele Personen gefunden, die sich Ihrer Sache freundlich geneigt bewiesen, nicht weniger, daß er selbst gelegentlich geäußert: die Acquisition von Solly's Sammlung werde die Ihrige nicht unnöthig, vielmehr erst wünschenswerth machen. Als Geschäft aber ist nichts zur Sprache gekommen.

[82] Von dem Monumente lassen Sie mich bald mehr hören, über die Basreliefs habe nachgedacht und sage nächstens meine unvorgreifliche Meinung. Tausend Lebewohl.

treulichst

Weimar den 10. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/81.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Herzlichen Dank, mein Trefflichster, daß Sie meiner in feyerlichen Augenblicken gedenken wollen. Möge uns das laufende Jahr wieder zusammenführen! lassen wir wenigstens die Communication nicht stocken.

Hierbey folgt also Meyers treuliche Arbeit, ich wünsche, daß sie geeignet sey ihre Zwecke zu erfüllen. Sie kann auf Verlangen alsobald gedruckt werden, denn in nächsten Hefte ist noch Raum dazu. Meyer selbst schreibt das Weitere und will nun auch gleich an die Vorschläge zu Aufstellung eines Museums gehen.

Das Hirtische Verfahren kann die Sache freylich nicht fördern. Der alte starre Freund begreift nicht, daß man, um zu thun, erst müsse gethan haben. Man mache seinen Plan im Stille, man beginne mit methodischen Bewußtseyn, und es macht sich alles von selbst. Nun haben Sie also Gelegenheit[83] Ihr diplomatisches Talent wieder zu üben; lassen Sie mich ja von Zeit zu Zeit das Weitere vernehmen.

Vorzüglich aber liegt mir am Herzen zu erfahren, wie Ihre Gesundheit sich befestigt? Ich habe in meiner Jugend mehrere Jahre an ähnlichen Übeln gelitten, bis sich die Natur nach und nach einrichtete und sich denn doch noch so lange erhalten hat. Ein gleichmäßiges Befinden bin ich diesen Winter dem Entschlusse schuldig, nicht aus dem Hause zu gehen, nur manchmal wohlverwahrt spazieren zu fahren. Wußte ich sonst doch immer anzugeben, wie ich mir, durch Übereilung oder unzeitige Gefälligkeit, dieß oder jenes Übel zugezogen hatte.

Grüßen Sie Herrn Rauch schönstens. Die Büsten sind glücklich angekommen, wofür ich bestens danke. Es war vorauszusehen, aber es muß uns doch freuen, daß diese Arbeit so viel Beyfall findet, als sie verdient.

Das Knebelsche Profil will ich weiter in Überlegung ziehen und die Entschließung melden.

An Purkinje halte ich mich fleißig. Ich habe ihn schon ausgezogen und beschäftige mich nunmehr mit Noten und Einschaltungen, um seine Bemühungen an die unsrigen anzuknüpfen; denn eigentlich ist schon sehr viel gethan, nur will sich keiner gern an den andern anschließen, und so müssen wir den thun, was andere vermeiden.

[84] So eben bringt mir unser geschickter Kupferstecher Schwerdgeburth die Durchzeichnung des Schlusses zum Triumphzug des Mantegna, auf durchsichtig Papier. Sie wird nun umgekehrt in's Große gebracht und, braun in braun, als das zehnte Blatt der Andreanischen Nachbildung gezeichnet, da denn dieser herrliche Zug nicht so stumpf wie bisher hinter dem Triumphwagen abschneiden wird; die Kupfer sende alsdann gleich zurück.

Dürft ich nun noch schließlich die Bitte hinzufügen, des Herrn Minister von Altenstein Excellenz mich angelegentlich zu empfehlen und für das Vertrauen, welches derselbe meinem Freunde Meyer und gewissermaßen auch mir geschenkt, verpflichteten Dank abzutragen und unsere Bereitwilligkeit zu allem und jedem, was irgend in ähnlichen Fällen gewünscht werden könnte, aufrichtig zu betheuren.

Ferner habe zu bemerken, daß diese Abschrift des Aufsatzes in Berlin bleiben kann, indem wir ein gleiches Mundum hier in Weimar besitzen. Womit ich mich denn aber- und abermals auf's beste will empfohlen haben.

treulichst

Weimar den 10. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.[85]


34/82.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Der Unfall, der Ihr Haus und also auch uns betroffen, ward mir von Boisserée aus Paris gemeldet, wodurch ich in das nächste Mitgefühl des Schmerzes versetzt worden. Er schilderte mir lebhaft den schrecklichen Übergang vom Hoffen zum traurigsten Entbehren. Wenn ich meine Gedanken nunmehr zu Ihnen wendete: wie Sie, von glücklicher und froh vollbrachter Reise zurückkehrend, gerade das Unerfreulichste, Zerstörende vernehmen mußten, so gehörte dieß zu den traurigen Fällen, die mich, vor dem Jahresschluß, an meinen Werthesten betroffen haben.

Unsere, nie genug zu verehrende Frau Großherzogin hat unversehens, in eignen Zimmer, einen Fall gethan, wodurch sie die beiden Röhren des rechten Arms, gerade über dem Gelenke, zerbrach; das Hauptübel ist glücklich geheilt; aber ein hartnäckig zu- und abnehmender Handgeschwulst will sich noch nicht bändigen lassen. Ähnliche Übel an Freunden und Bekannten mußt ich gleichfalls erleben, und Sie werden auch mich bedauern, daß ich, bey einem höchst leidlichen Befinden, meine Geistesheiterkeit durch solche nachverwandte Schicksale getrübt sehe.

Empfehlen Sie mich Ihrer theuren Gattin und gedenken mein, in traurigen und frohen Stunden, als eines treulich Theilnehmenden.

[86] Drey Paquete der uns gegönnten Deductionen sind wohlbehalten angekommen. Meine Sorgfalt für die jenaische Bibliothek wird solche freundschaftliche Beyträge höchlich belohnt. Rath Vulpius freut sich dabey der zuwachsenden Arbeit und empfiehlt sich zum allerbesten.

Für die der rudolstädtischen Sammlung erwiesene Aufmerksamkeit danke schönstens; man soll nicht müde werden dergleichen Dinge auszubieten; wie ich denn die wunderbarsten Fälle erlebt habe, daß eine Empfehlung nach Osten eine Wirkung nach Westen verursachte, wo gerade dieser Gegenstand gewünscht und verlangt wurde.

Versichern Sie Ihren guten Bruder meiner aufrichtigsten Theilnahme. Es ist so schmerzlich, daß unser guter Wille zu thätigem Beystand sich in solchen Fällen nur gelähmt findet. Es ist gerade, als wenn man selbst untergegangen wäre.

Ich beschäftige mich eben mit Studien, über die ich mich sonst mit ihm zu unterhalten pflegte, und dieß vergegenwärtigt mir leider nur um so mehr seinen augenblicklichen Zustand.

Ihre liebe Schwester läßt sich lange erwarten. Wenn es Ihr am Orte des gegenwärtigen Aufenthalts wohlgeht und wohlgefällt, so wollen wir uns gerne mit der Hoffnung trösten, sie endlich doch noch bey uns zu sehen.

Erlauben Sie, theuersten und gefälligster Freund,[87] daß ich Sie von Zeit zu Zeit, wie ehemals, mit einer kleinen Bestellung belästigen und Ihnen deshalb eine kleine Casse nächstens anweisen darf.

treulich verbunden

Weimar den 10. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/83.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, theuerster Freund, Ihren schönen Aufsatz, dessen Mundum mit allen Beylagen abgegangen, zu einstweiliger Aufbewahrung. Sollten Sie heute Abend, da die Witterung nicht streng ist, mich besuchen wollen, so sind Sie auf's allerschönste willkommen; ich möchte Ihnen ein Schreiben an David Heß in Beckenhofen vorlegen und um geneigte Bemerkung bitten.

Mit den besten Grüßen und Wünschen

Weimar den 10. Januar 1821.

G.


34/84.


An Hans Heinrich von Könneritz

Ew. Hochwohlgeboren

nach so langer Pause, ja nach einer für mich keineswegs erfreulichen Trennung Sie wieder zu begrüßen und mein Andenken zu erneuern, ergreif ich die Gelegenheit, welche die guten Lortzings mir unerwartet anbieten. Sie verlassen das weimarische Theater,[88] wünschen anderwärts, besonders in Dresden Anstellung; Ew. Hochwohlgeboren kennen beide Personen und ihre Talente, die Frau soll nach ihrer Wiederherstellung, wie mir fleißige Theaterbesucher versichern, an ihrer frühern Anmuth und Munterkeit nichts verloren haben.

Ich füge keine weitere Empfehlung hinzu; denn dieß ist eine Sache, die den Vorgesetzten einen solchen Anstalt zu Prüfung und Beurtheilung allein anheim zu geben.

Sehr zufällig zwar, doch sehr angenehm war mir's, zu Ende des vorigen Jahrs grade wieder in Berka, in denselben Zimmern die Erinnerung zu feyern jener frohen bedeutenen Stunden, wo die liebenswürdigen weimarischen Künstlerinnen mich daselbst besuchten und meine für sie gedichtete Strophen durch ausdrucksvolle Recitation erst zu einigen Werth erhoben.

Möge sich Dero Frau Gemahlin jener festlichen Tage gern erinnern, welche so glänzend und erfreulich nicht so leicht wieder hervorzurufen seyn möchten. Sodann aber werden Ew. Hochwohlgeboren mir gerne Glauben beymessen, daß ich Ihre Mitbürgerschaft oft vermisse; schon einigemale kamen wir in den Fall uns vergebens nach Ihrem schönen Kunstbesitz umzusehen.

Hofrath Meyer will bey dieser Gelegenheit gleichfalls bestens empfohlen seyn, wozu ich meinen Wunsch[89] füge, daß Sie beide in guten vertraulichen Stunden unserer in Freundschaft gedenken mögen.

gehorsamst

Weimar, den 11. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/85.


An David Heß

Es war Abends, Montag den 11. December, als ich mit meinem Freunde Heinrich Meyer in gewöhnlichen Betrachtungen über Kunst und Leben zusammenfaß, die Winternacht um ihre Länge zu betrügen, als ein Paquet anlangte, das schon durch äußere sorgfältige Packung für den Inhalt vortheilhafte Meinung erregte; ebenso einladend waren die Züge der Aufschrift, die an eine Zeit erinnerten, wo man aus jenen schönen Berggegenden Anklänge, Mittheilung und Anregung erlebte. Nach kurzem, rathendem und ahnenden Zaudern eröffnete man das Gesendete, und hier traten wirklich die erfreulichsten Erinnerungen uns beiden entgegen. Aus einer grauen Geistertiefe ruckten die Züge eines bedeutenden geschätzten Mannes näher und näher; Umgebungen, Ereignisse, Charaktere entwickelten sich, und eine wahrhaft schöne Übereinstimmung des Vorgetragnen ward empfunden.

Wie vollständig das gewesen sey, können Sie, trefflicher Mann, am besten sich überzeugen, wenn[90] ich vermelde, daß Freund Meyer, seinen heimischen Dialekt nie völlig verläugnend, auf der Stelle zu lesen anfing und sowohl durch Ton als durch aufklärende Noten Entfernung sowie Vergangenheit völlig aufhob, und wir uns am Greifen- und Zürichsee einer bedeutenden anmuthigen Gegenwart erfreuen konnten.

Seit jener Zeit ist das Büchlein von Freuden zu Freundinnen gewandert und hat überall die beste Aufnahme gefunden. Auch Ihro Königliche Hoheit der Großherzog mochte sich dabey mit Vergnügen jener angenehmen Tage erinnern; ich aber habe mich besonders zu freuen, wenn das Andenken unsres freylich etwas seltsamen Erscheinens noch in Herz und Sinn theurer helvetischer Freunde lebendig blieb.

Von Ihrem Fortwirken mit und für den edlen Künstler-Verein hat mir Freund Meyer, nach seinem letzten Aufenthalte in Zürich, gar manches Erfreuliche sagen können, welches alles durch Ihre belebende Zuschrift erneuert worden.

Nun aber möcht ich noch eine Bitte hinzufügen, die aus dem mir unwiderstehlich inwohnenden Schauensdrang hervorgeht, nämlich irgend ein Bildchen oder Zeichnung, deren Landolt doch so manches zurückgelassen, zu besitzen und in meiner Sammlung aufzubewahren; wie ich denn auch einige Zeilen von seiner Hand mit seines Namens Unterschrift zu erhalten wünschte. Sie sehen freylich hieraus, daß eine Befriedigung immer neue Wünsche hervorruckt.

[91] Wir beide grüßen schönstens und hoffen fernerhin Ihrem wohlwollenden Andenken bestens empfohlen zu sein.

ergebenst

Weimar den 11. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/86.


An Johann Wolfgang Döbereiner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

für die letztere Mittheilung zum allerschönsten dankend, sende die Quittung über die zweyte Hälfte des verwilligten Beytrags und wünsche nichts mehr, als mich mit Ihnen zu unterhalten über die Art und Weise, wie Sie Ihr praktisches Collegium eingerichtet. Wobei ich überzeugt bin, daß für die liebe Jugend große Vortheile gewonnen werden.

Lassen Sie mich bekennen, daß ich Ihre Nähe gar sehr vermisse, die ich vorigen Sommer noch weit mehr benutzt hätte, wäre mir nicht die Entfernung unserer Wohnungen entgegen gewesen.

Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken und lassen manchmal von sich etwas Freundliches vernehmen.

Weimar den 12. Jänner 1821.[92]


34/87.


An die Märkische Ökonomische Gesellschaftzu Potsdam

[Concept.]

Die verehrte Königlich Märkische Ökonomische Gesellschaft zu Potsdam hat mich zu ihrem Ehrenmitgliede zu ernennen eine besondere Geneigtheit erwiesen. Denn ich ersehe daraus ihr Zutrauen, daß ich, bey denen mir eigentlich obliegenden ästhetischen und wissenschaftlichen Bemühungen, gleichfalls ein entschiedenes Augenmerk darauf richte, damit alles, was im Reiche des Geistes und der Erkenntniß in hoher Thätigkeit sich bewegt, auch dem tagtäglichen Leben in seinen dringenden Bedürfnissen zu Gute kommen möge.

Ich danke den vereinten vorzüglichen Männern auf das verbindlichste, daß sie mir Gelegenheit geben auszusprechen: wie mein Prüfstein für alle Theorie die Praxis bleibe.

Wer mit unverwandtem Auge dahin sieht, inwiefern das richtig Gedachte auch unmittelbar zu leicht nutzbarer Anwendung führe, der wird, besonders wenn ihm ein günstiges Geschick mehrere Jahre vergönnt auf solcher Weise zu verharren, gewiß nach und nach die Fertigkeit erlangen, ein reines durchdringendes Anschauen von grillenhaften Meinungen zu unterscheiden.

[93] Möge Ihnen, in einer so schönen Lage, mitten in einem höchstgebildeten Staat, alles gelingen, was Ihren Zwecken entspricht, um das Beste, im Allgemeinen Gefundene auch zum Wohl des einzelnen Unternehmens hinzuleiten.

Sollte ich irgend etwas gewahr werden, was ich Ihrer nächsten Beziehung für brauchbar und nützlich hielte, so würde solches ungesäumt mittheilen.

Der ich bitte: der ansehnlichen Gesellschaft meinen verbindlichsten Dank abzustatten und mir unter sich Ihr wohlwollendes Andenken zu erhalten.

Weimar den 12. Jänner 1821.


34/88.


An Johann Georg Lenz

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten für das Übersendete und freue mich des bey Ihnen neu Angekommenen so wie des zu Erwartenden. Bey Ihrer fortgesetzten bewundernswürdigen Thätigkeit muß alles zum Besten und Fröhlichsten ausschlagen.

Damit ich aber auch von meiner Seite die möglichste Bereitwilligkeit erweise, so will ich gern zu dem ersten Bande einen Aufsatz liefern, wobey ich aber erst ein Verzeichniß der darin aufzunehmenden Schriften gesendet wünsche, damit ich mich vorläufig[94] von den Überzeugungen und Absichten der Mitarbeiter unterrichten könne.

Empfehlen Sie mich Herrn Doctor Bran zum schönsten und bleiben meiner immerfort eingedenk.

Weimar den 12. Januar 1821.


34/89.


An Carl Ernst Schubarth

Da ich in den letzten Monaten des vorigen Jahrs nicht dazu gelangen konnte, Ihnen, mein theurer junger Freund, für die reichhaltigen Sendungen zu danken, so will ich wenigstens nicht weit in's neue Jahr hinein zaudern, sondern sogleich versichern, daß es mir sehr angenehm sey, wenn Sie Ihre Unterhaltungen aus der Ferne fortsetzen wollen. Da wir einmal bey persönlicher Unterhaltung den Grund zum besten Verständniß gelegt; so wird es denn eher möglich, auch von weitem sich über Gegenstände zu erklären, die bey ihrer Bedeutsamkeit einer klaren Darstellung sich sonst entziehen möchten. Sie haben mich durch Ihre Blätter wieder mannichfaltig angeregt, und einiges, was ich Ihnen zusagte, ist trotz mancher Hindernisse denn doch zu Stande gekommen.

Der Auszug aller einzelnen Motive der Ilias, frisch durchgesehen, liegt bereit, um in einem der nächsten Hefte mitgetheilt zu werden. Dieses unschätzbare[95] Werk hat mich bey so naher und innigster Betrachtung wieder auf's neue in Erstaunen gesetzt. Wer es auch sey, der diese letzte Redaction, wie sie zu mir kommen ist, vollbracht hat, die Menschheit ist ihm sehr viel schuldig geworden. Bey dem Auszug fällt der Reichthum des Gehalts erst recht in die Augen, die von dem Glanz der Behandlung nicht geblendet sind. Neben dem Laconismus jedoch, dessen ich mich befleißigte, bin ich durch den Geist zu einem wunderbaren Unternehmen getrieben worden: die Gleichnisse ausführlich einzuschalten; dieß thut eine sehr erfreuliche Wirkung, weil eines Knochen- und Gliederwerk dadurch auf einmal belebt und bekleidet erscheint.

Mehr sag ich dießmal nicht, als daß ich wünsche, Sie möchten Ihre Gedanken zu mir hinrichten und sich wie bisher mit mir fleißig unterhalten.

Kann das Frühjahr Sie von Ihrer Vaterstadt loslösen und Sie in eine mehr lebendige Umgebung, in einen Kreis von Natur- und Kunstanschauungen versetzen, so wird es Ihnen gewiß sehr heilsam seyn. Eine mannichfaltige Unterlage zu Ihrem Denken und Betrachten bringt gewiß die herrlichsten Früchte. Nicht allein Wünsche sondern auch eine mögliche Einwirkung möchte ich mir gegönnt sehen.

Leben Sie recht wohl und gedenken mein.

treulichst

Weimar den 12. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.[96]


Vorstehendes war geschrieben, als ich Ihren werthen Brief erhielt. Mit Bewunderung seh ich daraus die klare Einsicht verständiger Jünglinge in ihre keineswegs erfreulichen Lagen. Möge Homer indeß Ihnen über die nächsten Monate hinüber helfen, wie er mir durch die letzten durchhalf. Deine sodann mein Auszug Ihnen zu leichterer Übersicht und Vergegenwärtigung.

Und so füge ich weiter nichts hinzu als meine besten Grüße an Ihren guten Bruder und aufrichtige Wünsche, daß uns das Frühjahr eine heitere Sommeraussicht eröffnen möge.

Weimar den 13. Januar 1821.

G.


34/90.


An Christian August Kästner

[Concept.]

Sie sind, mein werthester Herr Professor, von dem Antheil überzeugt, denn ich Ihrer Person und Ihren Arbeiten gewidmet habe. Mir ist durch Ihr Bemühen schon so manche angenehme Belehrung und Anregung geworden, daß ich nichts mehr wünschen kann, als Sie immerfort munter und thätig zu wissen. Höchst unangenehm war mir daher das Sie betroffene Übel und ich konnte mich nur deshalb mit der eignen Erfahrung trösten, daß ich in meiner Jugend an ähnlicher Krankheit gelitten, bis die Natur[97] sich in's Gleichgewicht setzte, um sich noch so manche Jahre zu erhalten.

Möge das Gleiche auch Ihnen zu statten kommen, damit Sie ungehindert Ihre Studien und Betrachtungen fortsetzen und uns die erfreulichsten Früchte von Zeit zu Zeit mittheilen können.

In Hoffnung gedeihlicher Nachricht von Ihrem fernern Wohlbefinden sehe, für Sie so wie für uns alle, dem Frühling entgegen, welcher für Gesunde so wie für Genesende als das Heilsamste betrachtet werden kann.

Weimar den 13. Januar 1821.


34/91.


An Friedrich Theodor von Müller

Sollten Ew. Hochwohlgeboren in diesen Tagen eine halbe Stunde verwenden können, um das gestrige, von Ihnen so glücklich eingeleitete Geschäft nochmals zu besprechen, damit ein bis jetzt unsicheres Verhältniß gegenwärtig bey der so schicklichen Gelegenheit in's Gleichgewicht gebracht werde zur allseitiger Beruhigung. Der Dank, den wir Ihnen schuldig sind, wird sich auf diese Weise verdoppeln, und gar manches Gute zu bewirken seyn.

Verpflichtet für den Antheil, den Sie an einem braven Manne und unsern literarisch-moralischen Zuständen nehmen mögen,

gehorsamst

Weimar den 13. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.[98]


34/92.


An Christian August Vulpius

Auf Ihre heutige Anzeige, mein werthester Herr Rath, erwidere sogleich, daß wir das Geschäft wegen des großen Wörterbuchs ganz müssen fallen lassen, da ein unser Kräften angemessener Preis wohl nicht zu erhalten seyn möchte. Wegen der Schlosserischen Mittheilungen überlasse es ganz, wie solche dem Catalog am besten beyzufügen.

Zu irgend einer Anschaffung von Büchern aber kann ich mich vor Ostern nicht resolviren, da wir denn einen nach den Kräften der Casse eingerichteten Etat, das nächste Rechnungsjahr über, genau befolgen wollen.

Zu Ihrer fleißigen Behandlung des Geschäfts alles Glück wünschend.

Weimar den 14. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/93.


An Johann Friedrich Blumenbach

Daß meiner Sendung vom Anfange des Monats, der ich glückliche Überkunft und freundlichen Empfang wünschte, Gegenwärtiges später als billig nachkommt, dürfte wohl Vergebung hoffen, in Betracht der mit Eintritt des Jahrs zusammenwirkenden ältern Schulden und neueren Obliegenheiten. Und so sey denn nochmals Glück und Heil auf die nächste und längste[99] Zeit unseren verehrten Freunde bereitet, damit derselbige in seinem weiten und erfreulichen Wirkungskreise immerfort so vielen nützlich und ergetzlich arbeiten möge, worin wir denn auch eingeschlossen zu bleiben wünschen.

Die mannichfaltige Sendung hat allseitige Freude erregt. Die Deutlichkeit der Crystallisation an dem blauen Topas ist höchst merkwürdig, da ein solches Exemplar doch immer vielfach durch Bergwasser im Gerille möchte geschoben seyn, ehe es endlich, noch so wohl erhalten, zu uns gelangen konnte.

Die echte Cicade ist höchst schätzenswerth, denn sie giebt dem Kunstfreunde den anschaulichen Begriff, wie niedlich und zierlich ein solches Geschöpfchen, aus Gold nachgebildet, in den Haaren einer schönen Griechin mag geflattert haben.

Das gleichfalls classische Holz ziert, mit dem daraus gefertigten Geräthe, unser Museum. Wobey ich wohl zu näherer Belehrung fragen möchte: ob nicht irgend Richtung und Construction jenes merkwürdigen Alterthums abgebildet vorhanden sey.

Der Geber bleibe versichert, daß unser Dank der Gabe sich gleich zu stellen wünscht. Möge es gefällig seyn, aus den von allen Seiten ihm zufließenden Schätzen uns von Zeit zu Zeit einiges mitzutheilen.

Nun darf ich denn auch wohl meiner selbst gedenken und, was man mir ohne Versicherung glauben wird, versichern: daß der Beyfall, den die so lange[100] vergraben gebliebenen Tafeln endlich erhalten, nachdem sie von dem Augenlichte eines Kenners beschienen worden, mir nicht geringe Freude gemacht; nicht weniger, daß die spät zur Welt geborenen Hefte freundlich aufgenommen und auch in der gegenwärtigen Zeit einigermaßen nützlich befunden werden. Die Spuren des seit so vielen Jahren einwirkenden Lehrers wird weder er selbst noch andere Einsichtige verkennen. Möge die Folge gleichfalls einigen Antheil erregen! Dergestalt, daß auch fernerhin treuliche Winke zu sicherer Richtung und supplirende Bemerkung des unbekannt Gebliebenen oder Übersehenen belehrend bey mir einlangen.

Zum Schluße kann ich noch eine für uns sehr angenehme Nachricht anfügen, daß Herr Doctor Heusinger den Ruf nach Jena angenommen hat. Wir vergessen nicht, daß wir jedes von diesem braven Manne zu erwartende Gute dem einsichtig Empfehlenden schuldig sind, und möchten wohl in ähnlichen Vorkommenheiten denselben abermals angehen, um uns einer kenntnißreichen Berathung zu erfreuen, weshalb ich mir denn in jedem Falle die Erlaubniß anzufragen und mitzutheilen vorläufig erbitte.

Daß bey allem diesen die Gesinnung unseres gnädigsten Herrn eigentlich oben anstehen sollte, darf wohl nicht ausgesprochen werden, und ich schätze mich glücklich meine Wünsche und Hoffnungen an die Seinigen anschließen zu dürfen; möge Bild und[101] Gleichniß ein lebhaftes Andenken zu erhalten geeignet seyn und in guter Jahrszeit einen gewissen Reiz ausüben, eine zarte Nöthigung bewirken, in persönlicher Gegenwart ein wechselseitiges Zutrauen das dauerhafteste zu erneuern.

zu allem Guten und Schönen

treulich verbunden

Weimar den 15. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/94.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

unterthänigst aufzuwarten ergreife mit Freude jede Gelegenheit.

1. Sollte beykommendes Buch Höchstdenenselben noch nicht zu Augen gekommen seyn, so wird es gewiß unterhalten. Den Mann selbst haben wir, in seiner besten Zeit, bey Lavater oder Geßner getroffen, er gehörte unter die damals Aufmerksamkeit erregenden, genialisch praktischen Sonderlinge. Der Verfasser dieser Schrift ist der gegenwärtige Besitzer des Beckenhofs, eines hübschen Gütchens unter Zürch an der Limmat. Dort nöthigte uns ein Übelsein Lavaters auszusteigen und einzukehren, und dieser David Heß weiß von seiner Kindheit her sich manches Freundliche jenes Augenblicks zu erinnern.

[102] 2. Auch bey gegenwärtiger Tafel vermißt man noch den entschiedenen Abstand der Farben. Den hallischen Beobachter hat man deshalb gebeten, künftig ein helleres Blau anzuwenden. Mit Zahlen und Zeichen, Linien und Maaßen wird man immer eher fertig als mit Farben, über welche der Sinn sich schwerer aufschließt; indessen wird sich, mit einiger Geduld, auch hier das Ziel endlich erreichen lassen.

3. Der übersendete Stein ist allerdings ein Halbopal, welcher zu den Kopenhagnern sich gar freundlich gesellt. Das tigrirte Ansehen ist merkwürdig, auch hat er, an den völlig durchscheinenden Stellen, die Eigenschaft der trüben Mittel. Wenn Ew. Hoheit beykommendes, in schwarz und weiß getheiltes Papier an's Licht halten, den Stein aber über demselben etwa zwey bis drey Zoll hoch, so erscheinen die klaren Stellen gelb, über dem schwarzen Papier aber blau.

Am merkwürdigsten jedoch ist die Erscheinung wenn man ihn gegen den grauen Himmel hält und von unten aufsieht, da denn auch die weniger durchscheinenden Stellen farbig werden, und das schönste Purpur sich sehen läßt.

Ich halte es daher, sowohl an und für sich, als in Bezug auf die Kopenhagner Sendung für eine wünschenswerthe Acquisition, auch scheint er mir mit dem Weltauge in Verwandtschaft zu stehen und möchte vielleicht in Wasser getaucht noch durchscheinender[103] werden; zu welchem Experiment ich aber nicht gerade rathen will, weil solche Körper austrocknend leicht Risse bekommen.

Mich zu fortdauernden Hulden und Gnaden angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 15. Januar 1821.


34/95.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

Danke für das übersendete, schöne und belehrende Exemplar, so wie ich Glück wünsche zu der angelangten reichen Sendung ich habe in diesen Wintertagen zu einiger Unterhaltung meine Mineralien-Sammlung ziemlich in Ordnung gebracht, wobey mir freylich Ihre Anleitung höchst willkommen wäre. Möchten Sie mir die Nachbarn der auf nachsteyendem Blatt verzeichneten Mineralien anzeigen und mir dadurch Nachricht geben, wo ich sie einzurangiren habe. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend und schönstens grüßend.

ergebenst

Weimar den 16. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


Allanit. Dichroit. Cerit. Pikrolith. Gehlinit.[104]


34/96.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

sehen gewiß mit Vergnügen, wie der würdige Blumenbach seinen Dank ausdrückt. Es ist so schön, wenn frühere Lebensverhältnisse, welche durch den Drang der Zeiten getrennt worden, sich endlich wieder gegen einander hinneigen. Da ich nur mit wenigen Worten, in Eile, jene Gnadengabe begleitete, so habe diese Tage einen weitläufigen Brief geschrieben, um die erneuerten guten Bezüge desto lebendiger anzuknüpfen.

Weimar den 18. Januar 1821.


34/97.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Revision des ersten Bogen zurück; der Druck nimmt sich sehr gut aus, die Correctur ist sorgfältig, nur wollen die leidigen Spießchen, dieser große typographische Mißstand noch nicht außen bleiben, ich habe derer mehrere zu bemerken gehabt. Manuscript folgt hierbey, und ich darf hoffen, daß es uns niemals daran fehlen werde.

Erneuern Sie mein Andenken bey Herrn Frommann und gedenken meiner im besten.

Weimar den 19. Januar 1821.[105]


34/98.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

wünsche Glück zu der Ankunft des Antwerper Bildes und zu dessen gefälligem Gelingen, mich verlangt gar sehr es mit Augen zu sehen. Wegen der Beschreibung bitte um einige Nachricht; denn da sie zu keinem besondern Geschäft gehörte, so weiß ich nicht gleich, wo ich sie hinreponirt habe, ja sogar bin ich ungewiß, ob ich sie nicht sogleich zurücksendete, da ich sie unter den currenten Miscellanpapieren nicht vorfinde; doch kann sie sich nicht lange verstecken.

Das Siegel glaube ich mir folgendermaßen erklären zu dürfen. Dem Evangelisten Lucas ist von den vier prophetischen Thieren das Kind zugetheilt, dessen Haupt sich die Maler, des Heiligen Schützlinge, zugeeignet haben, hier sieht man dasselbe, obgleich nur schwach, mit Opferbinden geziert; drey kleine rothe Schilde, im silbernen Feld auf der Stirne, sind das herkömmliche Wappen der Malerzunft. Beides, sowohl Stierkopf als Schild, zeigen sich unten auf dem Titelkupfer der Sandrartschen deutschen Akademie. Die Jahrzahl 1442 möchte sich etwan auf Johann von Eycks Tod beziehen, der 1441, 71 Jahr alt, gestorben seyn soll. Die Erfindung der Ölmalerey fällt früher.

[106] Ein Actenfascicul über das neuere Verhältniß zu Blumenbach habe sogleich besorgt, wie Beylage zeigt, ich wünsche, daß dieses Heft, zu beiderseitiger Zufriedenheit, recht bald anschwellen möge.

Weimar den 21. Jänner 1821.


34/99.


An Carl Ernst Adolf von Hoff

[Concept.]

Hochwohlgeborner

Hochgeehrtester Herr.

Schon im Laufe mehrerer Jahre hatte ich öfters zu beklagen, daß, bey wiederholtem Zusammentreffen mit Ew. Hochwohlgeboren, niemals ein Verweilen statt gefunden, sondern über bedeutende Gegenstände nur eine vorübergehende Unterhaltung gegönnt war; indeß ich Geschäft und Wissenschaft, ethische und ästhetische Gegenstände gern mit Ihnen durchgesprochen, auch von verschiedenem, was in akademischen, besonders in Bibliotheksangelegenheiten geschehen, vertraulich Rechenschaft abgelegt hätte.

Da ich nun aber alles dieß Gewünschte immerfort entbehren müssen, so danke verpflichtet, daß Sie meiner in guter gesegneter Stunde gedenken und mich, in einem so freundlichen Sinne, an Sich und die lieben Ihrigen heranziehen wollen. Möge dieß eine entschiedene Vorbedeutung seyn erwünschter Annäherung,[107] worauf ich mich zum voraus freue; indessen aber walte zwischen uns ein sittliches geheimes Band, welches alle schönen Verhältnisse dauerhaft und immer fest zu umschlingen geeignet ist. Empfehlen Sie mich Ihrer theuren Frau Gemahlin zum allerbesten. Nehmen Sie meine redlichen Wünsche für das Gedeihen der lieben Ihrigen, und lassen mein Andenken immer unter sich lebendig bleiben.

Weimar den 21. Januar 1821.


34/100.


An August Abraham Schmeißer

[Concept.]

Das hierbey rückkehrende Stück durchzugehen wird mir bey sehr beschränkter Zeit unmöglich. Auch müßte diese Handschrift viel reinlicher seyn, wenn sie einen Kunstrichter oder gar Verleger anziehen sollte. Ein Schriftsteller müßte sich in Acht nehmen, so klar sehen zu lassen, wie er mit sich selbst uneins ist.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 21. Jänner 1821.


34/101.


An Sulpiz Boisserée

Hiebey folgt, mein theuerster Freund, die treffliche Ankündigung zurück. Da man durch dieselbe belehrt wird über Anlaß, Absicht und Leistung des[108] Werkes, so wüßt ich nicht, was man mehr, noch was man anders sagen sollte. Mir bleibt nichts übrig, als wiederholte Wünsche zum Gedeihen der Unternehmung. Mit den schönen Nachbildungen in Steindruck hab ich schon manche Freunde ergetzt; auch hiezu treulichen Wunsch zu bestem Gelingen.

Um mich her sieht es immer noch sehr bunt aus; die Setzer treiben jetzt, und ich lasse mir's gefallen, weil gegen Pfingsten meinen werthen Freunden etwas Erfreuliches zur Hand bringen möchte.

Meinen Brief vom 15. haben Sie nun erhalten, so wie ich alles, was Sie mir bestimmten. Leben Sie zum besten und gedenken mein.

treulichst

Weimar den 22. Januar 1821.

G.


34/102.


An Johann Heinrich Meyer

Es wird nach dem Catalog der letzten Antwerpner Ausstellung gesucht; sollte sich derselbe, wie ich fast vermuthe, bey Ihnen befinden, so erbitte mir solchen.

Weimar den 22. Januar 1821.

G.


34/103.


An den Großherzog Carl August

Königliche Hoheit!

In meinen Tagebüchern finde notirt: daß den fraglichen Brief am 17. November v. J. Höchstdenenselben[109] zurücksendet; vielleicht hilft dieses auf die Spur; wie ich denn auch das Verzeichniß der Antwerpener Ausstellung aufzufinden hoffe. Ich erhielt es in Jena, und die darin oft vorkommende schöne Anthia interessirte mich so sehr, daß ich ihre Liebesabenteuer mit dem gleich schönen Abrokomas fleißig studirte, um den Bezug auf die ausgestellten Bilder desto besser einzusehen.

Das gegenwärtig angekommene Gemälde ist nur kurz angezeigt, ohngefähr wie folgt: »Justus Lipsius arbeitet, als literarischer Gehülfe und Corrector, in der Blandinischen Druckerey, ihm wird von der Hausfrau der junge Rubens in eben dem Zimmer vorgestellt, welches noch bis auf den heutigen Tag in seinem alten Zustande gelassen worden, wie es denn auch der Künstler zum Schauplatz seines Bildes mit allem Detail nachgebildet hat.«

Hofrath Meyer weiß nicht Gutes genug von dem Bilde zu sagen und erbittet sich die Erlaubniß, solches im nächsten Hefte nach Würden anzuzeigen. Indessen wird es wohlgethan seyn, eine Beschreibung des Bildes zu Gunsten der Beschauer aufzusetzen. Wir legen sie in diesen Tagen Höchstdenenselben zur Prüfung vor, und man könnte sie dem Castellan zu eigener und fremder Belehrung alsdann einhändigen.

unterthänigst

Weimar den 22. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.[110]


34/104.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Erbgroßherzoginn,

gnädigste Frau.

Das theure Fürstliche Paar heute bey mir zu verehren macht mich sehr glücklich; einen längst gehegten Wunsch sehe ich dadurch erfüllt.

Den erfreulichen Augenblick erwartend

unterthänigst

Weimar den 22. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/105.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

[24. Januar 1821.]

Bey Ew. Wohlgeboren soll im Namen Serenissimi anfragen, wie die Pflanze heiße, von der unser vortrefflicher Blumenbach Meldung gethan, als der einzigen, welche eine schwarze Blume hervorbringt?

Ferner wünschen Serenissimus von dem gegenwärtigen Betragen Dietrichs und seinem Verhältniß zu Ew. Wohlgeboren unterrichtet zu seyn.

Mir über beides Auskunft erbittend empfehle mich zum allerschönsten.[111]


34/106.


An Georg Gottlieb Güldenapfel

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey ein Geschenk des Herrn Canzler von Müller für die akademische Bibliothek, welches einzutragen und mit einem freundlichen Dank von Seiten Ew. Wohlgeboren vielleicht zu erwidern wäre.

Sodann wünschte auf beykommenden Protokollauszug und die darin berührte Angelegenheit eine kurze berichtliche Nachricht, um deshalb höchsten Orts die nöthige Erklärung abzugeben.

Das Beste wünschend und mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 24. Januar 1821.


34/107.


An den Großherzog Carl August

Königliche Hoheit!

1. Das gesuchte Heft stand geruhig in Jena, woher es ankommend schuldtigst aufwartet. Die Anzeige ist freylich sehr laconisch; indessen sind hier historische Untersuchungen bewirkt worden, wodurch man sich im Stande sieht, mit Beyhülfe der schon mitgetheiten Notizen, eine hübsche auslangende Darstellung des Bildes aufzusetzen, welche nächstes überreiche.

[112] 2. Es thun sich freundliche Aussichten auf zur Ausgabe eines allgemeines meteorologischen Journals, wovon ich das Nähere durch Geh. Referendar Helbig vorzutragen mir die Erlaubnis erbitte, weil es gut seyn möchte, wenn dieser junge Mann mit dem ganzen Umfange des Geschäftes nach und nach vertraut gemacht wird.

Das meteorologische Problem ist freylich gar zu verwickelt. Was dem Beobachter bald auffallen muß und ich seit zwey Jahren wohl bemerke, ist, daß die sämmtliche Symptome, sie mögen barometrisch, thermometrisch, hygrometrisch heißen, eben so auch die Wolkenformen, in jeder Jahrszeit etwas anders bedeuten, nicht weniger in verschiedenen Klimaten, Bergeshöhen u.s.w. weshalb denn die Beurtheilung, bey noch so großer Gewandtheit des Geistes, immer schwer fällt. Was die jetzige Witterung betrifft, so glaube ich, daß die Nebelregion sich nicht hoch erstreckt. Wer jetzt auf dem Brocken stünde, würde ein ganzes Wogenmeer unter sich sehen und sich in brennender Sonne befinden. Das sind jedoch individuelle Überzeugungen, entsprungen aus analogen Phänomenen, wodurch das Ganze kaum gefördert wird. Doch muß man an nichts verzweiflen und immerfort sein Schärflein treulich beytragen.

3. Die Anfragen nach Jena gehen heut ab, und ich sehe einer baldigen Beantwortung entgegen.

[113] Gnädigste Erlaubnis Verschiedenes, was sich vorbereitet, nachzubringen erbittend.

unterthänigst

Weimar den 24. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/108.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtige Erbgrosherzoginn,

gnädigste Frau.

Ew. Kayserlichen Hoheit wünscht persönlich für die höchstbedeutende Mittheilung nächstens verbindlichst zu danken.

unterthänigst

Weimar d. 24. Jan. 1821.

J. W. v. Goethe.


34/109.


An Carl August Schwerdgeburth

[Concept.]

[24. Januar 1821?]

Herr Schwerdgeburth wird ersucht, bey der zu unternehmenden Arbeit folgendermaßen zu verfahren. Da nämlich die Absicht ist, den in Holz geschnittenen Triumphzug des Mantegna zu complettiren, so wäre der auf durchscheinend Papier schon durchgezeichnete Kupferstich umzukehren und die vergrößerte Zeichnung dergestalt einzurichten, daß die ersten Figuren des letzten Blattes sich unmittelbar an den Triumphwagen[114] anschlössen und, wie der ganze Zug, gleichfalls von der Rechten des Zuschauers zur Linken gingen; die Architektur des obern Theils bleibt weg, wie schon besprochen worden.


34/110.


An Friedrich Wenzel

Nicht ohne Rührung konnt ich die posthume Gabe unseres guten Bergrath Voigt empfangen; sein Tod war, wie ich höre, seinem Leben gleich; heiter und unbefangen im Geschäft, Liebhaberey und Betragen, ließ er jedesmal, als man ihm begegnete oder mit ihm wirkte, einen angenehmen Eindruck zurück. Eben so gelang es ihm, bey seinem Abscheiden den Nachlebenden ein erfreuliches Beyspiel zu geben, wie ein so bedeutend-bedenklicher Übergang doch auch zuletzt als etwas Natürliches und Gewöhnliches erscheinen könne. Haben Sie den besten Dank für den ausgerichteten Auftrag und bleiben meiner Theilnahme gewiß.

Wollen Sie mir oder Herrn Rath Vulpius, der davon Kenntniß hat, diejenigen Bücheranzeigen, die Sie nach und nach zu erhalten wünschen, nicht weniger die Art und Weise eines sichern Überkommens angeben, so wird Ihren Wünschen, bey einem so lobenswerthen Unternehmen, nichts entgegen stehen.

Und so lassen Sie mich denn auch bey dieser Gelegenheit einen Wunsch aussprechen, dessen Erfüllung[115] ich unter den gegebenen Umständen wohl hoffen kann. Wenn sich nämlich in der Verlassenschaft des Seligen schöne ausgesprochene Exemplare der Kammerberger und Manebacher Pflanzenabdrücke finden sollten; so würde gerne solche um ein Billiges acquiriren; ich besitze derselben zwar hinreichend, da ich aber grade mit Grafen Sternberg, als dem fleißigsten Beobachter der vorweltlichen Flora, in Verbindung stehe und ihm gar manches schuldig geworden; so möchte gern aus unserer Gegend auch etwas der Art demselben erwidern und ersuche Ew. Wohlgeboren daher, mir auf ein oder andere Weise dazu behülflich zu seyn.

Sollten Fossilien dieser Art aus andern Gegenden sich in dem Nachlaß vorfinden, so würde solche in meinen Wunsch mit einschließen.

Der ich mich zu geneigtem Andenken empfehle und zu theilnehmender Mitwirkung, zu allem Guten und Nützlichen mich aufrichtig erbiete.

ergebenst

Weimar den 25. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/111.


An Carl Emil Helbig

nehmen gefällig von beyliegendem Acten-Fascikel einige Kenntniß, und schenken mir in diesen Tagen[116] das Vergnügen Ihres Besuchs, da ich denn das Weitere in dieser Sache, die sich ganz nach den Wünschen unsers gnädigsten Herrn anläßt, umständlicher zu besprechen wünschte.

Mit besonderer Hochachtung

ergebenst

Weimar den 27. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/112.


An Carl Christoph Haage

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit gehabt mir Hüttnerische Relationen zu übersenden, darin finde abermals mehrere Bücher von Serenissimo angestrichen, weshalb ich anfrage, ob Ew. Wohlgeboren solche schon bestellt haben? damit nichts versäumt werde, auch nicht etwa eine unnöthige Bestellung durch mich geschehe. Außer diesem hätte ich nur die besten Empfehlungen an diesen Freund in London zu bitten.

Weimar den 27. Januar 1821.


34/113.


An Georg Gottlieb Güldenapfel

Ew. Wohlgeboren

lassen beykommendes Sanskrit-Lexikon in's Vermehrungsbuch eintragen, dabey aber noch nicht bemerken,[117] woher es gekommen, welches nachzubringen ist. Herrn Professor Kosegarten ist jedoch die Ankunft des Werkes sogleich zu melden und gegen Schein zum Gebrauch zu überlassen.

Der ich zu fortgesetzter Thätigkeit das beste Befinden wünsche.

ergebenst

Weimar den 28. Januar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/114.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

geruhen aus Beykommendem zu ersehen, was Hofrath Voigt auf die an ihn gelangten Anfragen zu erwidern wußte. Dietrich hat sich von seiner Leitung völlig los gesagt, wie mir diesen Sommer schon bekannt war, er studirt Medicin auf seine eigene Hand und Verantwortung, und es möchte weder räthlich noch möglich seyn ihn wieder heranzuziehen.

Wollten Höchstdieselben das, was Sie ihm bisher gegönnt, unserer Casse zuwenden, so würde es ihr, bey dem sehr gesteigerten Etat des botanischen Capitels, gar sehr zu Gute kommen und gewiß auf das zweckmäßigste verwendet werden.

Weimar den 28. Januar 1821.[118]


34/115.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey eine merkwürdige Sendung. Die kümmerliche Gestalt der auch uns bekannten Pflanzen deutet auf ein trauriges Vaterland; Serenissimus denken diese Acquisition nach Jena zu stiften und wünschen vorher Geschlecht und Art soviel möglich beygeschrieben zu sehen. Ew. Wohlgeboren übernehmen wohl dieses für Sie selbst nicht uninteressante kleine Geschäft.

Ich habe vorerst nur die Dicotyledonen ausgelesen, in der Folge sende die Monocotyledonen und Cryptogamen. Merkwürdig waren mir unter den gegenwärtigen die wunderbaren Fäden mit kleinen Blättchen an einer Pflanze, die mir übrigens ein tussilago zu seyn scheint. Andere Bemerkungen und Unterschiede werden Ew. Wohlgeboren gewiß nicht entgehen.

Hochachtungsvoll und das Beste wünschend

ergebenst

Weimar den 2. Februar 1821.

J. W. v. Goethe.


Abschrift

einer von Serenissimo mitgetheilten Notiz.


Diese getrockneten Pflanzen hat mir S. G. Sinclair in London unter Dat. des 4. Januars 21 gesendet und dazu[119] geschrieben, sie wären von der Melvilles Insel, von woher der Capitän Patty sie von der Nordpol-Expedition mitgebracht habe. S. Sinclair bekam sie vom Sir Benjamin Hobhause, Vater des bekannten Redners im Unterhause, der von dem Capitän Parry ein Neffe ist.

28. Januar 21.


34/116.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

erlauben über verschiedene Puncte abermals kurze Vorträge.

1. Die von England erhaltenen getrockneten Pflanzen sind allerdings höchst merkwürdig, sie zeugen unwidersprechlich, daß bey uns einheimische Geschlechter und Arten sich so hoch nach Norden hinauf ziehen. Wenn sie Hofrath Voigt, dem ich solche zuschickte, erst alle benamset hat, wird die Betrachtung noch fruchtbarer werden.

2. Das auf hiesiger Bibliothek zu diesem Jahr neu angefangene Witterungsbuch wird Rath Vulpius heute früh noch vorlegen, einen gnädigen Beyfall und weitere Befehle sich erbittend. Monatlich könnte nunmehr eine solche Tabelle ausgezogen und bey Höchstdenenselben eingereicht, sodann aber Posselt mitgetheilt werden; dieser besorgte denn auch für Weimar eine barometrische Zwischenlinie.

[120] 3. Wegen zweydeutiger Barometer-Bestimmungen müßte man nach und nach zu einer anhaltenden Vergleichung schreiten: denn solch ein Fall ist in diesen Tagen zu Jena vorgekommen, wo drey Barometer, auf der akademischen Bibliothek, bey Döbereiner und bey Posselt, eine Differenz zeigten, die ihrer höhern oder tiefern Lage nicht gemäß war. Auf's Frühjahr setzte Posselt sodann seine, auf barometrischem Wege begonnene Höhenmessung, mit Vergnügen und Eifer fort, so wie denn auch [durch] die zwischen Schöndorf und Jena gezogene weimarische Linie obwaltende Abweichung hoffentlich in's Klare kommen wird.

4. Kosegarten, durch das Sanskrit-Lexikon höchst erfreut und gefördert, meldet außerdem noch folgendes »Auch ein paar Alt etc. bis Einbad.«

Weimar d. 4. Febr. 1821.


34/117.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Durchlauchtigster Großherzog,

Gnädigster Landesfürst und Herr!

Ew. Königliche Hoheit geruhen nachfolgenden unterthänigsten Vortrag mit Höchstdero gewohnten milden Gerechtigkeitsliebe aufzunehmen.

Großherzogliche Landesregierung hat unterzeichnete Behörde benachrichtigt, daß der bey dem Bibliotheksgeschäft[121] angestellte Diener: Johann Christoph Sachse, wegen am 5. December v. J. an der Witwe Johanna Maria Querndt verübten groben Mißhandlungen zu sechswöchentlicher Gefängnißstrafe verurtheilt worden.

Wenn nun großherzogliche Regierung, wie schon vorauszusetzen, zum Überflusse versichert: hiebey alle Milderungsgründe berücksichtigt zu haben, so kann Unterzeichneter nur bedauern, daß ein bey dem friedlichsten sittlichen Bildungsgeschäft angestellter bejahrter Mann sich eines solchen Vergehens schuldig gemacht, daher man denn auch nicht sowohl um Milderung der Strafe bittet, als um gnädigste Bestimmung derselben auf eine Weise, daß ein so bedeuten des und keine Unterbrechung leidendes Institut durch Entziehung eines nothwendigen Dieners nicht zugleich mit gestraft werde.

Unterthänigst vertrauend: Höchstdieselben werden diesen Umstand huldreichst in Betracht ziehen, findet man sich gedrungen, noch eine Bemerkung hinzuzufügen.

Aus der strafbaren That selbst sowohl, als aus denen von Sachsen angebrachten Entschuldigungsgründen geht hervor: daß dieser Mann in einem leidenschaftlich-irrigen Seelenzustande befangen sey; wie er denn auch schon im Laufe seiner Dienstjahre, obgleich an seiner Stelle thätig und brauchbar, sowohl seinen Vorgesetzten als Geschäftsgenossen manchen Verdruß aus düsterm Eigensinn, halsstarrigem Dünkel und Rechthaben verursacht.

[122] Sollte dieser sein Gemüthszustand, welcher freylich durch langwieriges, kaum zu ertragendes Haus- und Familienkreuz immer mehr geschärft und verbittert worden, durch gegenwärtige Ahndung des heftigen Ausbruchs nicht verbessert, vielleicht gar verschlimmert werden und durch bedenkliche Symptome sich bemerklich machen, so wird der Vorbehalt erlaubt seyn, hievon pflichtschuldige Anzeige zu thun und auf Entfernung des Mannes von seiner Stelle geziemend anzutragen, womit er denn vorläufig bedroht vor geringeren und größeren Irrthaten gewarnt und vielleicht noch gerettet werden könnte.

Verehrend.

Weimar den [6.] Februar 1821.


34/118.


An Ernst Ludwig Grosse

[Concept.]

Seit dem ich die Direction des weimarischen Theaters verlassen und mich zu andern Geschäften gewendet, erlaubt mir meine Zeit nicht, Schauspiele zu lesen noch weniger zu beurtheilen; es thut mir also sehr leid, daß ich Ihr Vertrauen nicht erwidern kann, sondern beykommendes Manuscript uneröffnet zurücksenden muß.

Eben so wenig erlauben mir Jahre und körperliche Zustände Fremde zu sehen und ihnen einen[123] freundlichen Empfang zuzuwenden, es thut mir also leid, daß ich Ihnen auch diesen Wunsch versagen muß und Sie nur mit frommen Wünschen auf Ihrer Reise begleiten kann.

Weimar den 8. Februar [1821.]


34/119.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

sage zuförderst verpflichteten Dank für die Mittheilung des herrlichen Kupfers, dessen Aufbewahrung ich mir wohl noch einige Tage erbitten darf. Es giebt zu gränzenlosem Kunstvergnügen und eben so zu den schönsten Betrachtungen Anlaß. Die eintretende Pubertät einer so hochbegabten Natur konnte nicht liebenswürdiger ausgedruckt werden.

2. Lege ein paar mayländische Briefe bey, woraus ersichtlich, daß jenes von Höchstdenenselben hinspedirte Heft gar freundlich aufgenommen worden und seine Wirkung völlig erreicht hat. Es freut mich gar sehr, daß man solchen um Ew. Königliche Hoheit und uns alle so wohl verdienten Männern etwas Wünschenswerthes erzeigen können. In eine so weite Ferne, in ein fremdes Land hinüber gelingt es nicht immer. In dem nächsten Hefte find ich nochmals Gelegenheit von dieser Tragödie zu sprechen, in dem ich den Verfasser[124] gegen italienische und englische Kritiker, wie er gar wohl verdient, in Schutz nehmen.

Weimar den 13. Februar 1821.


34/120.


An Friedrich Justin Bertuch

Ew. Hochwohlgeboren

fahren fleißig fort, sich um die Pflanzenwelt verdient zu machen, indem Sie den Werth der großen Schätze welche unser theuerer Fürst versammelt den kenntnißreichen botanischen Freunden so klar und bestimmt vorlegen. Freylich mag gar manches an der Nomenclatur zu erinnern seyn, deshalb wir denn auch dem guten Dennstedt Dank wissen. Lassen Sie mich hoffen, bey wieder erwachendem Frühling Sie gesund und froh bald wieder anzutreffen.

gehorsamst

Weimar den 14. Februar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/121.


An Carl Ludwig von Knebel

Endlich, theuerster Freund, wird mir ein dringendes Anliegen erfüllt, welches ich so oft seit vielen Jahren ausgesprochen habe, deine Übersetzung nämlich des Lucrez gedruckt zu sehen. Herrn Göschen will ich den schönsten Dank sagen, daß er sich hierin, wie in so manchem andern, bereitwillig erwiesen unsere Muse zu begünstigen.

[125] Nun bleibt mir aber nichts zu wünschen übrig, als, dieses wohl bedachte und durchgearbeitete Unternehmen auch von unserm Publicum freundlich aufgenommen zu sehen.

Du hast, mein werthester Freund, wie ich von früher Zeit her weiß, die Absicht, diese Ausgabe mit einem Vorwort zu begleiten, und ich fühle gar wohl, daß du über die Art und Weise, wie dieses geschehen könne, einigermaßen in Zweifel schweben müssest. Wie ich jedoch darüber denke, will ich ohne weiteres in einem, hoffentlich, passenden Gleichnisse ausdrucken.

Wenn wir irgend einen bedeutenden Reisenden auswärtigen Gönnern und Freunden zu empfehlen gedenken, so drückt man zuerst die Eigenschaften aus, die ihn günstig einführen und würdigen Personen auch würdig darstellen können, überläßt aber alsdann, ohne umständliche Schilderung, ihnen selbst, inwiefern sie sich näher anschließen und sich mit seinen Eigenheiten nach und nach befreunden wollen. Sollte dieser Vorschlag auf den gegenwärtigen Fall anzuwenden seyn, so wünsche von dir, der du diesen Freund innig kennst, das Nähere zu erfahren.

treulichst

Weimar den 14. Februar 1821.

Goethe.


Was ich jedoch, wenn ich einen methodischen Gang einer solchen Unterhaltung denke, am ersten beachtet wünschte, ist Folgendes:

[126] Was unsern Lucrez als Dichter so hoch stellt und seinen Rang auf ewige Zeiten sichert, ist ein hohes tüchtig-sinnliches Anschauungsvermögen, welches ihn zu kräftiger Darstellung befähigt; so dann steht ihm eine lebendige Einbildungskraft zu Gebot, um das Angeschaute bis in die unschaubaren Tiefen der Natur, auch über die Sinne hinaus, in alle geheimsten Schlupfwinkel zu verfolgen. Dieses beides wäre vor allen Dingen durch Hindeutung auf die wichtigsten Stellen zu belegen.

G.


Nachschrift.

So eben erhalte die wirklich sehr schön gerathenen Druckbogen. Ich will sie leicht heften lassen, weil es ohne dieses schwer, ja beynahe unmöglich ist, das Lateinische mit der Übersetzung zu vergleichen, welches man denn doch nicht unterlassen kann.

Von denen Briefen, welche du mir in dieser Angelegenheit schreibst, brauchst du keine Abschrift zu nehmen, denn ich formire ein Fascikel Acten, welches man zuletzt, nach dem bewußten Zweck, redigiren kann.

Weimar den 14. Februar 1821.

G.


34/122.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie, theuerster Freund, einige ruhige Stunden dieser Tage an beykommendes Manuscript[127] wenden, und, das Bleistift in der Hand, beobachten, ob der Fluß des Ganzen ungehindert dahinschleicht und ob im Einzelnen vielleicht hie und da noch irgend etwas ausführlicher zu behandeln wäre, so würden Sie mich sehr verbinden.

treulichst

Weimar den 16. Februar 1821.

Goethe.


34/123.


An Carl Ferdinand Friedrich von Nagler

Mit einigem Widerstreben lege hier eine kleine eigenhändige Zeichnung bey, da mir die Unvollkommenheit solcher Bemühungen nur gar zu sehr bekannt ist. Weil nun aber die Versuche der Dilettanten kein Kunstverdienst mit sich führen, so thut man wohl, irgend etwas Gemüthliches hinzuzufügen.

Und da wäre denn bey dieser Kleinigkeit zu bemerken: daß sie mir selbst deshalb lieb und werth sey, weil sie unter die Blättchen gehört, welche in den Abendunterhaltungen bey Herzogin Amalie entsprangen, woselbst ein höchst gebildeter Kreis sich versammelte und jeder auf seine Weise sich selbst und andere unterhielt.

Indeß einige Karte spielten, die andern Musik machten, beschäftigten sich, neben Ihro Durchlaucht, der Engländer Herr Gore, seine älteste Tochter und ich mit mancherley Entwürfen und Skizzen, Rath[128] Kraus beobachtete mit mahlerischem Blick unterweilen die Gesellschaft und faßte gelegentlich manch artiges Bild auf, von welchen Darstellungen noch einige übrig geblieben sind. Soviel sey gesagt, die Mängel des Blättchens nur einigermaßen zu decken und es geneigter Aufnahme bescheiden zu empfehlen.

Weimar den 17. Februar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/124.


An Carl Friedrich Zelter

Dem guten vieljährigen Freunde Max Jacobi habe den besten Dank abzustatten, daß er ein flüchtiges Blatt von dir herausgelockt, auf welchem du mich mit einem Hymnus auf Romeo und Julie endlich wieder einmal begrüßest.

Seit dem Besuch meiner Kinder bey euch, dem thätigen Gegenbesuch der Künstler und Kunstfreunde, der dortigen Anwesenheit des umsichtigen Meyers, steh ich in einem stillen wunderlichen Verhältniß zu Berlin; ich begreife nämlich kaum, wie ihr, hastig lebend, so viel genießend, euch gränzenlos zerstreuend, doch noch nebenher auch wieder für's Leben sorgen könnt? Deshalb man gern verzeiht, wenn euch eine Wirkung in die Ferne nicht immer anwandlen kann.

Solche Vorstellungen und Betrachtungen sind denn wohl dem Einsiedler zu verzeihen, der diesen ganzen Winter über weder Haus noch Stube verlassen,[129] sich körperlich und geistig wohl befindet und keinen Tag, durch krankhafte Hindernisse genöthigt, dießmal zu verpassen brauchte.

Zu Ostern denke ein frisches Heft Kunst und Alterthum den Freunden darzubringen, so wie einen Band Wilhelm Meisters Wanderjahre.

Dieses ist den doch das höchst Reizende eines sonst bedenklichen Autor-Lebens, daß man seinen Freunden schweigt und indessen eine große Conversation mit ihnen nach allen Weltgegenden hin bereitet.

Der Musiker ist in demselben Fall, er muß sich aber anders benehmen wie gewisse Freunde, die weder die Reuetöne zarter Magdalenen, noch den Appell an das allgemeine Weltgenie ihren stillen Abwesenden zu Gute kommen lassen.

Dem allen ohngeachtet will ich das letzte Heft Morphologie nicht länger zurück halten, sondern solches mit dem Wunsch übersenden, daß auch dir darinnen etwas Erfreuliches bereitet seyn möge.

Zum Schluß melde noch, daß Fräulein Ulrike sich beschwert, von dir seit langer Zeit keinen Gruß vernommen zu haben. Kinder und Enkel befinden sich übrigens wohl und grüßen.

treulichst

Weimar den 18. Februar 1821.

G.[130]


34/125.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

für das letzte gehaltreiche Schreiben zum verbindlichsten dankend, kann versichern, daß es mich auf's erfreulichste angeregt hat, über diese wichtigen, so nahe verwandten Erscheinungen zu denken. Ich wünsche daher bald über die Fruchtbarkeit Ihrer Ansicht, daß physische Wirkung zugleich auch chemische hervorbringen könne, mündlich das Weitere zu verhandeln. Inzwischen bemerke, daß man wohl auf gleiche Weise genug mit einander verwandt sey, und daß man bey einer friedlichen Ansicht der Natur nicht auf einer steilen schmalen Leiter, sondern auf einem gelinden und breiten Planum inclinatum auf- und niedersteigt.

Ferner hätte ich, da uns die Kälte noch begünstigt, Sie zu ersuchen, Sie möchten in Gefolg der Bemerkung, daß auch durch's Erkalten die durchsichtigen Körper entoptische Eigenschaften erlangen, einen gleichen Versuch mit gläsernen Täfelchen machen. Bey freyer Übersicht darf man gar wohl aussprechen, daß die entoptische Wirkung vom Temperaturwechsel herrühre. Wenn man also ein im hohen Grad erkaltetes Glas unmittelbar in starke Wärme brächte, so wäre zu vermuthen, daß ihm die Eigenschaft,[131] Formen und Farben hervorzubringen, mitgetheilt würde.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

ergebenst

Weimar den 18. Februar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/126.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

verzeihen, wenn ich erst späte und nur mit wenigen Worten vermelde: daß wirklich an dem ersten Band von Wilhelm Meisters Wanderjahren gedruckt wird, damit er Ostern erscheinen könne. Auch dieser wunderlichen verspäteten Production erbitte Gunst und Antheil.

Ihren auserlesenen Arbeiten werde gern manche ruhige Stunde widmen und, wie sonst, daraus mannichfaltiges Vergnügen schöpfen. Erhalten Sie mir ein geneigtes Andenken! Gedrängt von vielen Seiten! Eiligst.

aber treulichst

Weimar den 18. Februar 1821.

Goethe.


34/127.


An Carl Ludwig von Knebel

[18. Februar 1821.]

Mich freut es sehr und muntert mich auf, daß meine Vorarbeit zum Lucrez deinen Beyfall hat, denn[132] wer kann sie besser empfinden und beurtheilen als du, der du das treffliche Wesen so innig kennst. Anregung aber bedarf es freylich zu der Ausführung des Angekündigten, ich fürchte mich gewissermaßen selbst davor; meine Absicht ist, sie diesen Sommer in fremden Landen vorzunehmen, wo der Geist freyer wirkt. Vorbereiten aber will ich mich, und dann würde doch das Beste seyn, wenn wir etwa vierzehn Tage zusammen conferirten und die Sache von Grund aus durchsprächen. Meiner Ansicht bin ich gewiß, weiß auch, was und wohin ich will, aber man muß sich erst eines großen Details versichern, wenn man ein solches Wesen durch die vier Categorien von Mensch und Römer, Dichter und Naturphilosoph durchführen will. Doch müssen wir es uns schwer machen und lieber eine Skizze geben als zurücktreten.

Durch die Wendung, den angefochtensten Theil seines Werks, das leidenschaftliche Läugnen der Unsterblichkeit, in's Komische zu spielen, gewinnen wir unendlich; so wie sich recht gut wird zeigen lassen, daß alles, was ihm zum Jahrhundert als Schuld anzurechnen ist.

Tischbein ist sehr vergnügt über die Darstellung seiner Idyllen und sendet immer eins nach dem andern.

Den Auszug aus der Ilias darf ich wohl empfehlen; ich habe mir ihn zu eignem Gebrauch vor vielen Jahren gefertigt. Sie streiten: ob die Ilias[133] als ästhetisch Ganzes betrachtet werden könne, und wie viele dürfen behaupten, daß sie solche im Ganzen und Einzelnen gegenwärtig haben. Durch diese factischen Grundzüge menschlicher Thaten, belebt durch die begeisterten Gleichnisse, wird es eher möglich. Ich les' es manchmal wieder, weder Lehrer noch Schüler dürfen künftig diese Einleitung entbehren, die in dieser Art und Vollständigkeit noch nicht da ist. Mich regt's oft auf, diesen oder jenen Gesang wieder zu lesen, man faßt ihn alsdann gleich an seiner Stelle, ohne daß uns das Rückwärts und Vorwärts verdüstert würde.

Hab ich dir schon aus einem andern Fache des vortrefflichen d'Altons zweytes Heft der Osteologie [genannt]? Das erste enthält die Faulthiere, dieses die pachydermata, die dickhäutigen schweineartigen Geschöpfe, Elephant, Rhinoceros, Hippopotamus u.s.w., mit der größten Einsicht und Geschicklichkeit gezeichnet und mit herrlicher Übersicht commentirt.

Von einer andern Seite harret uns über diesen Gegenstand entschiedene Aufklärung und Förderung. Hofrath Carus ist von seiner [Reise] nach Genua zurückgekommen, und wir haben von ihm ein herrliches Werk über das Schalen- und Knochengerüst der Thiere zu erwarten. Da wird uns denn die Consequenz der Natur immerfort reiner vor den äußern und innern Sinn gebracht werden.[134]


34/128.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Mögen Sie, werthester Herr Professor, beykommender Geschichte einige Aufmerksamkeit schenken und mir vielleicht Winke geben, wie hie und da, zum Vortheil der Darstellung und des Vortrags, noch etwas Vortheilhaftes geschehen könne; so werden Sie mich sehr verbinden, und eine baldige Abendunterhaltung wird durch an Interesse gewinnen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 18. Februar 1821.


34/129.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Erbgroßherzoginn

gnädigste Fürstinn und Frau.

Der gute Meyer ist heute Abend nicht bey mir erschienen; doch darf ich das anvertraute Heft weder zurückhalten, noch unbegleitet übersenden. Ich wage daher auszusprechen: daß ein vorzügliches Werck uns, durch einen genugsam-klaren, ausführlichen Bericht in diesen Blättern bekannt werde.

Verehrend, anhänglichst

unterthänigst

Weimar den 19. Februar 1821.

J. W. v. Goethe.[135]


34/130.


An Friedrich Justin Bertuch

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey die letzte Sendung aus London. Die vorhergehenden Stücke sind noch in den Händen des Buchbinders, welche gegenwärtigem bald nachfolgen sollen.

Mich geneigtem Andenken empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 21. Februar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/131.


An Carl Ludwig von Knebel

Um einen Schritt nach unserm löblichen Vorsatz weiter zu thun, erkläre mich über eine Stelle meines vorigen Briefes etwas umständlicher und sage: die Anschauung könne eine physiologische und eine pathologische seyn. Erstere macht den Naturforscher, letztere den Arzt; daß Lucrez zu beiden befähigt gewesen, ist wohl kein Zweifel; schön wäre es daher, wenn man Stellen andeutete, wo derselbe die Natur in ihrer ganzen Fülle und Gesundheit, sodann aber, wo er sie als krank und mangelhaft gleichfalls erkennt und ausspricht.

Zur Anschauung gesellt sich die Einbildungskraft, diese ist zuerst nachbildend, die Gegenstände nur wiederholend. Sodann ist sie productiv, indem[136] sie das Angefaßte belebt, entwickelt, erweitert, verwandelt.

Ferner können wir noch eine umsichtige Einbildungskraft annehmen, die sich bey'm Vortrag umherschaut, Gleiches und Ähnliches erfaßt, um das Ausgesprochene zu bewähren.

Hier zeigt sich nun das Wünschenswerthe der Analogie, die den Geist auf viele bezügliche Puncte versetzt, damit seine Thätigkeit alles das Zusammengehörige, das Zusammenstimmende wieder vereinige.

Unmittelbar daraus erzeugen sich die Gleichnisse, welche desto mehr Werth haben, je mehr sie sich dem Gegenstande nähern, zu dessen Erleuchtung sie herbeygerufen worden. Die vortrefflichsten aber sind: welche den Gegenstand völlig decken und identisch mit ihm zu werden scheinen.

Von allen diesen Geistesoperationen finden sich herrliche Beyspiele im Lucrez, und ich wünsche unter jeder Rubrik die vorzüglichsten aufgeführt zu sehen, welches dir, da du ihn ganz inne hast, nicht schwer fallen dürfte. Ich werde indeß, da ich mich mit Original und Übersetzung beschäftige, nicht verfehlen, was mir für diese und die folgenden Puncte wichtig scheint, versweis' anzumerken.

Betrachtungswerth findet sich gerade hiezu im sechsten Buch die wichtige Stelle von Vers 95 bis 599. Sie ist sehr ausgearbeitet, und würde davon manches zu brauchen seyn; er selbst hat sie für so[137] wichtig gehalten, daß er ihr einen Anruf an die Muse vorausschickt.

Laß dich nicht verdrießen, den Dichter auf solche Weise gleichsam zu zerstückeln; ich kenne nur diesen Weg, um aus der allgemeinen in die besondere Bewunderung zu gelangen. Haben wir dieß vorausgeschickt, so können wir andere Verdienste dieses außerordentlichen Mannes gleichfalls hervorheben.

Ich habe nun die Aushängebogen geheftet vor mir, sie nehmen sich sehr gut aus, und ich finde jetzt, bey mehrerer Bequemlichkeit, deine Übersetzung eines so schwierigen Werkes, das man stellenweis' abstrus nennen könnte, klar, eingänglich und fließend.

treulich

Weimar den 21. Februar 1821.

G.


34/132.


An Theobald Renner

Ew. Wohlgeboren

haben, wie ich vernehme, noch einiges an dem aufgestellten großen Skelett zu erinnern, und ich wünsche, daß mir solches zu gelegener Stunde vorgezeigt und erklärt werden möge; bis dahin aber wäre keine Veränderung vorzunehmen, welches ich um so mehr anrathen muß, als ich Serenissimum jede Stunde erwartet und es von unserer Arbeit keinen guten Begriff geben möchte, wenn Ihro Hoheit dasjenige, was Ihnen als[138] fertig angekündigt worden, theilweise wieder zerstückt anträfen. Haben Ew. Wohlgeboren daher die Gefälligkeit, diese Sache mit mir baldmöglichst zu besprechen.

ergebenst

Weimar den 21. Februar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/133.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

heute zu begrüßen verschafft mir ein Auftrag Ihrer Königlichen Hoheit des Großherzogs erwünschte Gelegenheit. Zuförderst also soll ein halb Dutzend Exemplare Fortsetzung des Belvedereschen Catalogs übersenden, mit dem Ersuchen, solche an diejenigen Personen zu vertheilen, welche das erste Stück bereits empfangen. Sodann bemerke auf einem besonderen Blättchen den Wunsch Serenissimi, einen sogenannten Wolkenmesser zu besitzen.

Ferner darf ich wohl einen eigennützigen Wunsch hinzufügen. Es fehlt nämlich meinem sonst ziemlich wohlversehenen Mineralien-Kabinett ein brazilianischer Topas, mit kenntlicher Crystallisation, so wie ein sogenannter Bouteillenstein, der grüne böhmische Obsidian. Könnten Ew. Hochwohlgeboren mir dergleichen gelegentlich freundlichst verschaffen, so würde mir dadurch eine besondere Gefälligkeit geschehen.

[139] Schließen kann ich nicht ohne zu bemerken, daß Ew. Hochwohlgeboren und des Herrn Grafen Sternberg Geneigtheit mir diesen Winter sehr angenehme und lehrreiche Stunden gewährt; indem ich die beiderseitigen Werke, welche uns unter- und überirdische Erscheinungen aufklären, fleißig studirte, so daß ich nunmehr ein motivirten Dank als früher darzubringen wüßte.


Man Wünscht einen sogenannten Wolkenmesser, nämlich eine Maschine, in der unter einem Mikroskop Fäden von Schafwolle gespannt werden, um die Ferne der Wolken nach einem gewissen Maaßstabe zu messen und zu beurtheilen.

Ihro Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen-Weimar hatten im Jahre 1815 einen von Wien mitgebracht und wünschen nunmehr den zweyten. Der Name des Künstlers ist mir nicht bekannt geworden.

Sowohl mich, als unsere zwar kleinen, aber treulich behandelten Anstalten Ew. Hochwohlgeboren geneigter Theilnahme auch für die Zukunft andringlich empfehlend.

Weimar den 23. Februar 1821.


34/134.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

[Concept.]

[23. Februar 1821.]

Die durchreisenden Guten erfreuten mich mit einem Brief, verehrter Freund, von Ihrer Hand, betrübten[140] mich aber durch allzuschnelle Abfahrt. Kaum ist man mit Stimme und Gestalt, Gesinnung und wechselseitigem Interesse nur einigermaßen bekannt, so wird die Mittheilung abgerissen, die nun eigentlich erst fortgesponnen werden sollte.

Tausend Dank für Ihre wohlmeynende Gesinnung! Möchten Sie sich überzeugen, daß die wiederholte bringende Einladung nach Berlin mir eine durch die Kinder und gar manche schöne Verhältnisse längst entsprossene Sehnsucht und daher ein gewisses Unbehagen giebt, dem ich weder auszuweichen noch zu helfen weiß. Die beste Cur würde seyn, wenn Sie und die theuren Ihrigen in guter Jahreszeit uns Ihre Gegenwart gönnten.

Auf Hamanns Werke bin ich sehr verlangend. Schon aus dem Briefe, den man in das Intelligenz-Blatt unserer Literatur-Zeitung eingerückt, habe ich mich über manche frühere, mir sonst unerklärbare Zustände, persönliche Verhältnisse und Charakter-Eigenheiten aufgeklärt gesehen. Da ich aber zu der wichtigen Sammlung das Möglichste beyzutragen wünsche, so frage an: ob ich die zwey Briefe an den Präsidenten von Moser, vom Jahre [1774], abschriftlich mitgetheilt? dessen mich nicht erinnere. Es könnte noch geschehen weil sie wirklich von großer Bedeutung sind, wie in meinen biographischen Blättern das damals obwaltende Verhältniß ausgesprochen worden.

[141] Daß der junge Königsberger Dichter auch ein Zeugniß guter sittlicher Eigenschaften würde aufzuweisen haben, könnte bey dem flüchtigsten Überblick seiner wohlgesinnten Arbeit vorausgesetzt werden; und mich freut besonders, daß ich meine gute Meynung einen so schönen Familien- und Freundeskreise unbewußt und ohne äußeren Anlaß widmen können. Es läßt sich gar manches Gute von dem Gedichte sagen, in dem nächsten Stück von Kunst und Alterthum werden wir auf ihn zurückkommen.

Eben so hoffen auch die Weimarischen Kunstfreunde das Ordenshaus von Marienburg in Anspruch zu nehmen, wenn sie, nach Erscheinung des Boisseréeschen 1. Hefts, über die jetzt mit aller Pietät behandelten Reste deutscher Baukunst ihre Gedanken und Überzeugungen vorzutragen Gelegenheit finden.


34/135.


An Johann Michael Färber

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, mein guter Färber, die autorisirten Quittungen zurück; jene Forderung der jenaischen Gewerken glaubte längst befriedigt, ich habe diese Angelegenheit sogleich wieder in Erinnerung gebracht.

Sodann ersuch ich Sie, daß Schubkästchen, welches in meinem Quartier steht und worin mehrere Glaswaren[142] befindlich sind, versiegelt den Botenfrauen mitzugeben und ihnen Vorsicht bey'm Transport zu empfehlen, obgleich Stadelmann versichert, daß sie wohl gepackt sind.

Das Beste wünschend.

Weimar den 24. Februar 1821.


Bey Einsicht der Acten fand sich daß Erh. Cammer schon am 7. Febr. das Jenaische Rentamt, zu Bezahlung der fraglichen Posten autorisirt habe.

eod.

G.


34/136.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie, theuerster Freund, auch diesem Capitel Ihre Aufmerksamkeit schenken, so verpflichten Sie mich auf's neue.

Weimar den 25. Februar 1821.

G.


34/137.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

wird beykommende Sendung nicht uninteressant seyn.

Nachdem nämlich einen Theil der nordischen Pflanzen auf Blättchen wohl befestigt, sendete solche an Hofrath Voigt mit dem Ersuchen, ihre Namen auszumitteln; welchem kleinen Geschäft er sich denn auch treulich unterzogen. Beyliegende Bemerkung macht[143] diese Musterstücke nur noch interessanter. Die übrigen lege nächstens gleichmäßig vor.

Und so verfehle auch nicht, bey dieser Gelegenheit um Verzeihung zu bitten, wenn ich einer Einladung zum Anblick einer seltsamen Naturverirrung nicht Folge leistete. Abneigung gegen alles Pathologische scheint sich mit den Jahren immer mehr zu verstärken, deshalb ich wohl Nachsicht hoffen darf.

Weimar den 25. Februar 1821.


34/138.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

möchte vor allen Dingen wegen der vermißten Pflanze beruhigen; ein solcher Fall ist auch mir nicht fremd geblieben; gerade der Vorzug, den man einem einzelnen Stück aus der Sammlung giebt, bringt die Gefahr, das bey Seite gelegte zu vermissen. Wir wollen abwarten, uns beruhigen und allenfalls trösten. Serenissimo sagen wir nichts davon; Höchstdieselben könnten doch nur, nach gewohnter gnädiger Weise, darüber hingehen. Die saxifraga flagellaris hat sich weder im Curtis, Jacquin, noch Trattinick gefunden; der Name paßte sehr gut zu der Gestalt.

Die botanische Zeitung habe dem Buchbinder übergeben, daß er sie einstweilen planire und falze; sie scheint noch nicht complett zu seyn. Ich wünschte[144] sie Serenissimo bequem vorzulegen, und selbst mit Bequemlichkeit sie durchzugehn.

Anbey folgen auch die übrigen nördlichen Pflanzen, deren Bekanntschaft doch immer interessant ist, da sich, nach Ihrer schönen Bemerkung, daraus ein bedeutender Schluß ziehen läßt.

Möge Ihnen alles wohl gelingen.

ergebenst

Weimar den 27. Februar 1821.

J. W. v. Goethe.


34/139.


An Carl Ludwig von Knebel

Gar wohl begreife ich, mein Theuerster, daß meine vorgeschlagene Behandlungsart des Dichters dir nicht ganz zusagt; denn es hat freylich immer einige Gefahr, einen Dichter auf diese Weise zu zerpflücken, weil man nicht sicher ist, ihn am Ende in seiner Ganzheit wieder herzustellen; deshalb billige ich deinen Vorsatz, buchweise zu verfahren, gar sehr und erwarte zunächst eine Sendung.

Die Eile bitte zu verzeihen.

Weimar den 28. Fberuar 1821.

G.


34/140.


An Charlotte von Stein

Ein guter Geist, verehrte theure Freundin, hat auf Sie eingewirkt, als Sie Geh. Rath Nagler eine[145] Zeichnung von mir übersendet. Dieser so leidenschaftliche als glückliche Sammler hatte von meinen Kindern, bey ihrer Anwesenheit in Berlin, ein solches Blättchen verlangt; weil diesen Dingen aber kein künstlerischer, allenfalls nur ein gemüthlicher Antheil abzugewinnen, so verschob ich den Wunsch zu erfüllen, auch selbst als Meyer, bey seiner Rückkehr, denselben wiederholt anbrachte. Endlich in diesen Tagen eine Sendung nach Berlin zusammenpackend, leg ich auch eine solche Skizze bey, die nun schon dort angekommen seyn muß, mir ist dieses Zusammentreffen höchst angenehm, da mein Zaudern diese Verdoppelung veranlaßt.

Sehr ungern hört ich, daß Sie sich einige Zeit übel befanden; möge das Frühjahr uns allen gedeihlich werden. Ich habe mich nothdürftig diesen Winter durch gehalten, das Haus nicht verlassen und mit der größten Gleichförmigkeit gelebt; doch läugne nicht, daß ich durch bessere Jahrszeit aus meinem Hausarrest entlassen zu werden und Sie alsdann sogleich wieder zu begrüßen hoffe.

Mögen Sie meiner mit Theilnahme eingedenk seyn! und verzeihen der fremden Hand; beykommendes Blättchen freundlich anblickend.

treulichst

Weimar den 28. Februar 1821.

J. W. v. Goethe.[146]


34/141.


An Susanna Elisabeth Bethmann-Hollweg

[Concept.]

Nach unserer Verabredung, verehrte Freundin, habe sogleich Herrn Doctor Bartholomäi gesprochen, es ist derselbe, der an Herrn von Bethmann geschrieben hat, Schwiegersohn des Oßmannstedter Gutsbesitzers. Diese Familie wünscht freylich sehr, daß, nach früherem Plane, der ehrwürdige Raum möge eingehegt und vor aller Unbill verwahrt werden. Ist dieß geschehen, und man will zur Erhaltung und Verpflichtung eines Custoden irgend eine Summe stiften, so würde für deren Verwendung gewiß von oben herein treulich gesorgt werden.

Es entstand vorläufig die Frage: ob man diese werthen Gräber nicht dadurch am besten schützte, daß man ein kleines Capellchen darüber baute? ohngefähr wie beyliegende Skizze andeutet; so wäre diese Stelle auf viele Jahre gesichert, da eine hölzerne Einhegung wandelbar und eine eiserne immer angreifisch wäre. Doctor Bartholomäi erwartet geneigte Entschließung und ist, als thätiger junger Mann, bey einer Angelegenheit sehr gern wirksam, die ihn so nahe betrifft: denn freylich sind die Besitzer des Gutes und Gartens von Fremden bisher manchmal übel angesehen worden wegen Vernachlässigung dieses Platzes.

[147] Lassen Sie mich und die Meinigen Sich und den theuren Ihrigen bestens empfohlen seyn.

Weimar den 28. Februar 1821.


34/142.


An Johann Heinrich Meyer

Hier, mein Werthester, noch ein kleines Pensum, welchem ich wie den vorigen Blättern freundliche Aufmerksamkeit, mir aber einen bald wiederholten erfreulichen Morgenbesuch erbitte.

Weimar den 2. März 1821.

G.


34/143.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollen Sie wohl, mein Theuerster, beykommenden Blättern abermals eine freundliche Aufmerksamkeit schenken, damit dieselben einen höhern Grad von Reinlichkeit erhalten, als ihnen zu verleihen bisher möglich gewesen; so werden wir alsdann eine trauliche Abendstunde vergnügt und nützlich nochmals zubringen, und ich mich dadurch auf's neue verpflichtet sehen.

Weimar den 2. März 1821.

Goethe.


34/144.


An Carl Friedrich von Reinhard

Ihr theures Schreiben, hochverehrter Freund, war mir wie immer höchst erfreulich willkommen, zu einer Zeit, wo ich Erquickung und Erholung von einem zwar[148] nicht unangenehmen, aber doch zudringlichen Geschäft zu wünschen hatte. Den schönsten Dank also für die mannlichfaltigen Mittheilungen und den motivirten Ausdruck fortwährender Theilnahme.

Demselben folgte bald eine wünschenswerthe Äußerung des Professor Hegel in Berlin; dieser wundersam scharf und feindenkende Mann ist seit geraumer Zeit Freund meiner physischen Ansichten überhaupt, besonders auch der chromatischen.

Bey Gelegenheit des entoptischen Aufsatzes hat er sich so durchdringend geäußert, daß mir meine Arbeit wirklich durchsichtiger als vorher vorkommt. Da Sie nun auch so treulichen und ununterbrochenen Antheil daran genommen, so wird Ihnen gewiß ein Auszug der hauptrelevanten Stellen angenehm seyn. Die entschiedene Theilnahme kam mir um so erwünschter, als ich bey Bearbeitung des entoptischen Capitels auf die übrigen Rücksicht nehmen und mir sie, mehr als in der Zwischenzeit, vergegenwärtigen mußte; da bin ich denn bey Durchblätterung aller Actenstücke wieder in die alte Leidenschaft gefallen, mit der auch Sie so freundliche Nachsicht hegen.

Die Hälfte des neuen Stücks von Kunst und Alterthum liegt bey, möge es Ihnen einige heitere Unterhaltung geben.

Daß Sie eine so edle Freundin vermissen, bedaure ich von Herzen, ein solcher Verlust ist groß, im Vorschritt der Jahre schwerer zu verschmerzen. Lassen[149] Sie von dem, was Sie ihr zugewendet, mir einen Theil zu Gute kommen. Den Tod der höchstseligen Kayserin hab ich noch nicht verwunden; es ist eben, als wenn man einen Hauptstern am Himmel vermißte, den man nächtlich wiederzusehen die erfreuliche Gewohnheit hatte.

Und eben in dem Augenblick, da ich mit diesen traurigen Betrachtungen zu schließen gedenke, meldet sich der so freundlich und vorsorglich angekündigte Wein, und so wird diese Stunde zu einem Lebensbilde, wo Freund und Leid unaufhörlich wechseln, sich an und über einander drängen; dabey denn Freundschaft und Liebe, Anerkennung und Verehrung, Vorsorge und Nachhülfe das schönste Gleichgewicht allen Zuständen verleihen. Tausend Dank! Sobald die werthe Gabe auch bey uns ausgeruht, soll sie, mit den treusten Wünschen für des Freundes Heil, mäßig genossen werden.

treulichst

Weimar den 5. März 1821.

G.


34/145.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hier abermals, mein Werthester, ein Capitelchen Wuderlichkeiten, zu geneigter Aufnahme und Betrachtung empfohlen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 6. März 1821.

G.[150]


34/146.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[6. März 1821?]

Ew. Königliche Hoheit

sende:

1. den herrlichen Kupferstich mit verpflichtetem Dank zurück.

2. die Hackertische Landschaft. Ich habe mit Meyer vielfach überlegt, was zu thun seyn möchte; wir können nicht rathen, ob daran etwas gebessert werde, das Übel würde vielleicht nur auffallender; jetzo bemerkt man es kaum in einiger Entfernung.

3. Die Baumannische Angelegenheit wünschte bis auf's Frühjahr verschoben, wo die gegenwärtige Lage des Gartens revidirt, ein neues Inventarium gestellt, nicht weniger ein erhöhter Etat auszuwirken ist; da denn auch ganz schicklich an die Persönlichkeit des Gärtners und sein Verhältniß zu denken wäre.

Ich hoffe, nächsten Sommer soll die Anstalt ein ganz erfreuliches Aussehn haben.


34/147.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich kann nicht genug eilen, dir die Blätter zurückzuschicken und Glück zu wünschen, daß die Arbeit so sehr gut geräth. Fahre so fort und sieh dich weder[151] rechts noch links um, denn mir dem Publicum fährst du am besten, wenn du thust, als wenn keins da wäre. Auch die Absicht auf die Ausdehnung find ich deine Arbeit sehr glücklich; wenn du durch die sechs Bücher so fortfährst, so könntens' bey dem großen Format nur wenig Bogen geben.

Fahre fleißig fort und sende fleißig; auch ich befinde mich ganz leidlich und nicht gehindert, alle Tage mein Pensum weg zu arbeiten, um zu Ostern mit mancherley fertig zu seyn. Möge diese Epoche uns beiden gleichmäßig Freude bringen.

treulich

Weimar den 7. März 1821.

G.


34/148.


An Johann Lambert Büchler

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

begrüße abermals, obgleich erst nach Verlauf mehrerer Monate; doch kann ich heute wieder mit einiger Zuversicht die kleine Sendung einpacken.

Möge das Facsimile des Taufbeckens einigen Beyfall finden! Die Lithographirung desselben ward verspätet durch mancherley Hindernisse; in kurzem aber werden die sechshundert verlangten Exemplare nachfolgen. Wir alle sind sehr gespannt auf das, was über diieß wichtige Document möchte votirt und entschieden werden.

[152] Zugleich erfolgt die Beschreibung des einzigen und nicht einmal sehr alten Manuscript des hiesigen Archivs.

Sollte sich, bey der Freundlichkeit der Archivare, noch irgend etwas hervorthun, so wird davon alsobald gleichmäßige Nachricht ertheilt. Warum auf der weimarischen Bibliothek nichts hierher Gehörige vorhanden sey, legte mir Rath Vulpius neuerlich sehr umständlich aus, wobey ich mich denn wohl mußte zufrieden geben.

Möge das Wenige dem hochverehrten Herrn Präsidenten, den angesehenen Gliedern der Gesellschaft, besonders auch den höchstwerthen Herren Redactoren einigermaßen zu Gefallen seyn! Wie ich denn mit der Versicherung schließe: daß ich auf meinem Wege, der mich an diesen ehrwürdigen Regionen manchmal vorbeyführt, gewiß nicht unterlasse mich umzuthun, ob etwas Förderliches könnte beygetragen werden.

Weimar den 8. März 1821.


34/149.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

bitte beykommendes Gläschen vor die Augen zu nehmen und es ein wenig zu drehen, so werden sich größere und kleinere lebendige Puncte darin bewegen. Hofrath Voigt meldet in der Beylage, wie es sich damit verhalte;[153] es ist immer merkwürdig genug, daß dasjenige, was man bisher dem Zufall überließ, sich gegenwärtig prädisponiren läßt.

2. Was Höchstdieselben über beyliegenden Brief befehlen, bin schuldigst erwartend.

3. Ergreife die Gelegenheit, für die der jenaischen Bibliothek gegönnten 200 Thaler den aufrichtigsten Dank auszusprechen. Möchten die zugedachten vierhundert auch zu erhalten seyn; da das Local nun meist in Ordnung ist, so würden bey solchen außerordentlichen Zuschüssen die Geschäfte selbst glücklich zu beschleunigen seyn.

Weimar den 8. März 1821.


34/150.


An David Knoll

Vor allem Dank, mein werthester Herr, für die hübsche Dose, die Sie mir als ein Musterstück Ihrer Arbeiten in Sprudelstein übersenden wollen; der Stein ist wohl gewählt und geformt, auch die Politur so gut, als man sie von der Steinart verlangen kann; es wäre unbillig zu fordern, daß man mit dem Achat wetteifern solle.

Sodann lege eine Anzahl Druckschriften bey, worin die Müllersche Sammlung verzeichnet ist.

Die Blätter Ihrer Anfrage lege gleichfalls bey, damit meine Antwort verständlicher seyn möge.

[154] ad Nr. 16. Sende ein paar Exemplare des gründlichen Crystalls; man findet sie selten, weil sie sich meist nur gebröckelt aus dem Gestein loslösen; man trifft sie in einer Schlucht, die neben der alten Prager Straße herläuft. Sollten wir nach Carlsbad kommen, so kann mein Diener nähere Anleitungen geben.

ad Nr. 30. Ist nicht das Rechte, ist offenbar Sinter und Sprudel.

ad Nr. 31. Könnte allenfalls für 32 gelten, 33 für 31. Es sind aber keine ganz instructiven Stücke.

ad Nr. 37. Ist ganz richtig! Sie fänden vielleicht gute Stücke am Ablauf des Neubrunnens, welcher nicht so eisenhaltig ist und zarter crystallisirt.

ad Nr. 51. Ist ganz richtig.

Nr. 52. Ist ganz falsch. Wenn Sie die Nummern 49, 50, 51 und 52 auffinden wollen, so ersteigen Sie erst den Galgenberg und gehen sodann gegen den Dreykreuzberg hinauf, da finden Sie zwischen Gesträuch vieles Gestein, das man aus Äckern zusammengeworfen. Unter diesem habe ich die schönsten Beyspiele gefunden.

Nr. 57. Ist zwar ganz richtig; allein es muß mehr in die Augen fallen, die Quarzkörner groß und rauh, beynahe crystallisirt und fest mit einander verbunden seyn.

Nr. 62. und 63. Können für diese Nummern passiren, denn Amethystcrystalle sind hier nicht der Farbe, sondern der Form nach genannt, zugespitzt ohne Säule.

[155] ad Nr. 74. Finden Sie wohl, besonders wenn Sie die alten Lessauer Gruben durchsuchen, bessere Stücke.

ad Nr. 99 und 100. Kann man nicht besser wünschen.

(Außer diesen beiden letzten Stücken sende die übrigen bessern Verständnisses wegen sämmtlich zurück.)

Sodann bemerke auf die gethanen Anfragen noch Folgendes:

Bey Erweiterung des Raums um den Neubrunnen ward jener Übergang des Granits in dendritischen Feldspath häufig abgestuft; was ich davon aufgenommen, ist, außer wenig Stücken meiner Sammlung, an gute Freunde gegeben worden.

Der stänglichte Eisenstein ist ganz der rechte; die Spur von Vegetabilien, die sich auch in meinen größeren Exemplaren zeigt, macht ihn um soviel mehr werth, da sie auf den Ursprung des nunmehr so sehr veränderten Gesteins hindeutet.

Die größeren, glatten und rauhen Kugeln, Erbsen und Gräupchen wären allerdings der Sammlung beyzulegen und unter die Erbsensteine Nr. 46, 47 und 48 zu rangiren, so daß man gerade keine neue Nummern einzuführen nöthig hätte.

Übrigens wenn ich das Vergnügen habe, Sie diesen Sommer zu sehen, wird sich gar manches mittheilen und besprechen lassen.

Endlich wollte ich Sie die Gefälligkeit ersuchen, mir eine Sammlung geschliffener Täfelchen und[156] Stückchen Sprudelstein gelegentlich zu besorgen, sie brauchen nicht von ein und derselben Größe zu seyn, deshalb Sie, wie ein oder das andere, an Farbe oder Zeichnung Vorzügliches abfällt, es nur geneigt bey Seite legen.

Zu Ihrem Unternehmen alles Gute wünschend und von meiner Seite gern das Mögliche beytragend.

ergebenst

Weimar den 8. März 1821.

J. W. v. Goethe.


34/151.


An Postmeister Gruner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche beygehendes Paquet an Herrn David Knoll nach Carlsbad zu besorgen, in Auftrag dessen ich Sie um diese Gefälligkeit ansprechen.

Weimar den 8. März 1821.


34/152.


An A. H. Mattoni

[Concept.]

Im vorigen Jahre erhielt ich von Ihnen, mein werthester Herr Mattoni, ein Glasbecher, worauf eine Schlange gemalt war, welche, je nach dem man sie gegen Licht oder Schatten hielt, die Farben gar anmuthig wechselte. Ich wünschte noch einige dergleichen zu besitzen, und lege daher vierzig Gulden Schein bey, mit dem Ersuchen, mir für diese Summe[157] dergleichen Gläser baldigst zu senden, wohlgepackt mit der fahrenden Post. Ich hoffe das Vergnügen zu haben, Sie diesen Sommer abermals zu besuchen.

Weimar den 9. März 1821.


34/153.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Zu Gegenwärtigem, verehrten theurer Freund, nöthigt mich der Heißhunger jenaischer Schriftsetzer.

Um 10. Januar ging der Meyersche Kunstaufsatz nach Berlin ab, und wir sistirten das neueste Stück Kunst und Alterthum. Nun sehen wir zwar wohl ein, daß in so großen und bedeutenden Verhältnissen, manches zu überlegen und zu bedenken ist, ehe man sich zu einem entscheidenden Schritt entschließt; hievon soll also gegenwärtig die Rede nicht seyn, nur muß ich, bey herannahender Messe, von dem Buchdrucker gedrängt, um die Erlaubniß bitten, aus unserm andern Manuscripten-Vorrath jenes Stück fortsetzen zu dürfen. Alles Übrige höherem Ermessen anheimgebend.

Ich wünsche zu erfahren, daß der Winter Sie, wie mich, im leidlichen Befinden durchgelassen habe; sehr hartnäckig hielt ich mich zu Hause und gewann dabey so viel, daß mir kein Tag völlig verloren ging. Langsam, aber stetig habe gearbeitet, Freund Meyer desgleichen; wir hoffen Jubilate einige Zeugnisse darzubrigen.

[158] Auch vermelde, daß die Umzeichnung, Umkehrung und Vergrößerung des Blattes von Mantegna höchlich gelungen und der Triumph des Cäsars dadurch recht eigentlich gekrönt worden. Die mir anvertrauten Kupfer folgen nächstens zurück.

Eine besondere Freude jedoch, die mir in diesen Tagen geworden, darf ich nicht verschweigen. Ich erhielt einen Brief vom Professor Hegel, der mir höchst wohlthätig zu statten kam. Er bezog sich auf mein letztes naturwissenschaftliches Heft, besonders auf die entoptischen Farben. Dieser merkwürdige geistreiche Mann hat, wie meine Chroagenesie überhaupt, so auch dieses Capitel dergestalt penetrirt, daß meine Arbeit mir nun selbst erst recht durchsichtig geworden. Höchst erwünscht war mir dieß gerade in dem Augenblick, da ich meine seit zehen Jahren zusammengetragenen Papiere wieder zu sichten und gewissermaßen zu redigiren begann, in Absicht das nächste Stück damit auszustatten.

Eine solche Aufmunterung ist so nöthiger, den Glauben zu stärken, der uns bey Recapitulation von widerwärtigen Hindernissen am Ende zu verlassen droht. Die beschränkte, eigensinnige, oft unredliche Widersetzlichkeit der Gegner möchte einen wenigstens für Augenblicke, in Verzweiflung setzen. Nun ist es denn doch tröstlich, in der Mitwelt so bedeutende Zustimmung zu vernehmen, daß also ein Appell an die Nachwelt mit einiger Zuversicht ausgesprochen werden darf.

[159] Bey dieser Gelegenheit wiederhole meinen Dank für die Bekanntschaft mit Purkinje; ich habe einem Auszuge seines Büchleins mancherley eigene Erfahrungen, verknüpfende und fortleitende Betrachtungen zwischen geschaltet, denen ich Ihre Aufmerksamkeit erbitte. Warum werden Sie doch, mein Theuerster, durch solch ein so mächtig bewegtes Leben, diesen friedlichen Bemühungen auch Ihren schönen Antheil zu gönnen immer mehr wie es scheint abgehalten?

Noch manches Andere hätt ich mitzutheilen. Erreichen wir die Charwoche, so bereite ein solches Schwänchen.

Darf ich zum Schlusse noch bitten, des Herrn Minister von Altenstein, Excellenz, sämmtlichen Gönnern und Freunden, auch der liebwärten Künstler-Genossenschaft mich bestens zu empfehlen. Von Herrn Schinkels Saal, so wohl vom Gefäß als Decoration, hör ich Landsleute und Fremde nur mit Enthusiasmus sprechen. Möge alles zum besten gerathen und gedeihen.

treulichst

Weimar den 10. März 1821.

J. W. v. Goethe.


34/154.


An Johann Heinrich Meyer

Der junge Müller wird Sie, mein theuerster Freund, ersuchen, den auf Stein gezeichneten Kopf des Leonard da Vinci freundlich zu beurtheilen. Da[160] der Stein schwer zu transportiren ist, so haben Sie ja vielleicht die Gefälligkeit ihn zu besuchen. In Hoffnung Sie bald zu sehen.

Weimar den 13. März 1821.

G.


34/155.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wenn Sie Beykommendes durchzusehen geneigt sind, so wollte besonders ersuchen aufzumerken, ob meine Enthüllung der damaligen Zustände bis auf einen gewissen Grad hinreicht. Theils um das Gedicht nicht zur Prosa herunter zu ziehen, möcht ich sie nicht deutlicher aussprechen, sodann dürft es auch wohl nicht am Ort seyn, hierin weiter zu gehen.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

Weimar den 13. März 1821.

Goethe.


34/156.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

werden beykommende botanische Zeitung gewiß mit Vergnügen durchblättern, sie hat einen eigenen oberdeutschen Charakter, eine gewisse naive Liberalität, anstatt daß unsere liebe Norddeutschen sich in einem gespannten Zustande befinden. Man sehe die neusten Verhältnisse zwischen Sprengel, Treviranus, Wilbrand[161] und andern, woran man sich wenig erfreuen kann und die Wissenschaft auch nichts gewinnt.

2. Aus den meteorologischen Blättern geht hervor, daß unsere Jenenser die Sache immer mehr mit Sorgfalt und Liebe behandeln. Kräuter hat sich gleichfalls eingerichtet und diesem kleinen Geschäft schon Interesse abgewonnen, worauf doch eigentlich alles ankommt.

3. Bemerke gelegentlich, daß Doctor Bran in Jena die ihm nun seit vierzehn Monaten geliehnen Bücher, nach wie mir scheint zweckmäßigem Gebrauch, mit größtem Dank nach und nach sämmtlich wohlbehalten zurückgeliefert hat, die denn auch an großherzogliche Bibliothek von mir abgeliefert worden sind. Nun bittet er in seinem letzten Schreiben um Belzoni, wenn auch ohne die Kupfer; da ich mich nun aber nicht ermächtige, ohne Höchstderoselben Erlaubniß ein solches Werk einem Privatmann anzuvertrauen, so will deshalb hiedurch geziemend angefragt haben.

Zu Gunst und Gnade mich empfehlend.

unterthänigst

Weimar den 14. März 1821.

J. W. v. Goethe.


34/157.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Wünschen und Vorschlägen hoffe durch Beyliegendes entgegen zu kommen; das Nöthige für den Augenblick wäre besorgt.

[162] Was den vierten Punct betrifft, füge nur noch hinzu, daß ich wünsche, eine Übersicht: was in der nächsten guten Jahrszeit für die ganze Anlage, wie sie begonnen ist, zu thun seyn möchte, baldigst zu erlangen, damit man bey Zeiten Vorsehung treffen und sich ökonomisch darnach einrichten könne.

Der ich das Beste wünsche und für die gute Behandlung des Geschäfts zum allerschönsten Dank sage.

Weimar den 15. März 1821.


34/158.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Mitte März 1821.]

Ew. Königliche Hoheit

abermals schriftlich zu verehren finde mich durch mancherley Angenehmes aufgefordert.

1. Habe verpflichtet zu danken für die Mittheilung des allerliebsten Bildes, das zu soviel mahlerischen Kunstverdiensten das höchste einer sittlichen Anmuth hinzufügen.

2. Erkenn ich und die Untergeordneten abermals eine bedeutende Gabe zur jenaischen Bibliothek, mit dem größten Dank. Vulpius war einige Tage drüben, um alles zu besprechen, vorzubereiten, was diesen Sommer über geschehen solle; er wird in etwa 14 Tagen hinübergehen, und alsdenn soll die ununterbrochene Geschäftigkeit beginnen. Indessen liegt[163] der erste Band des Deductions-Catalogen bey, es wird in etwa drey bis viere geben.

3. Ein Schreiben aus Stuttgart kündigt theure Bücher an, die noch dazu nicht sehr deutlich beschrieben sind; man wird wohlthun nach früheren Anzeigen sich umzuthun.

4. Die meteorologische Tabelle erhält nunmehr durch bessere Färbung und die hinzugekommene Linie von Carlsruh noch mehreres Interesse.

5. Hofrath Voigt hat die Pflanzen von der Insel Melville, so weit es möglich war, benamset, sie sind nach höchstem Befehl dem botanischen Museum einverleibt.

6. Hofrath Voigt erbietet sich gleichfalls, daß neu angekommene Heft der in China frey wachsenden Pflanzen durchzugehen und Familie, Genus, Species, insofern er nachkommen kann, zu catalogiren wären, weshalb um Erlaubniß bitte.


34/159.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle mich zu melden, daß die beiden Werke Crawfurd und Chesterton wohlbehalten angekommen und also kein hiesiges Buch weiter in Ihren Händen ist. Dagegen sende die französische Übersetzung des Belzoni,[164] wahrscheinlich für Ihre Zwecke so brauchbar wie das Original. Die Haupt-Rechnung aus London ist mir noch nicht gemacht worden, es geschieht dieses durch Herrn Rath Haage als Schatullrechnungsführer Serenissimi; sobald ich sie erhalte, soll sie ungesäumt folgen.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 16. März 1821.


34/160.


An Carl Müglich

Das werthe Büchlein, welches auf Ihre Anordnung so eben von Neustadt erhalte, soll kurze Zeit bey uns liegen bleiben, bis ich meine jährliche Reise wieder antrete.

Zu Hause von gewöhnlichen Geschäften, herkömmlichen Beschäftigungen, entschiedenen Liebhabereyen und sonstigen Bedingungen umgränzt, ist man weniger empfänglich für das, was uns aus einer fremden Welt zu kommen scheint; auf der Reise jedoch fühlt man sich freyer gesinnt gegen Menschen, Ereignisse und Schriften.

Diese Verfahrungsart bringt besondern Gewinn, wenn irgend eine Schrift uns ahnen läßt, die Denkweise des Verfassers sey einigermaßen von der unsrigen unterschieden, er behandle einen Stoff, der uns nicht ganz zusagt.

[165] Möge, unter den mehrern Werken, die ich mir auf jene Zeit aufspare, das Ihrige zu Freude und Antheil sich hervorthun, und ich vielleicht gelegentlich erfahren, daß Sie sich immerfort wohl und thätig befinden.

Herrn Kielmeyer meine aufrichtigst hochachtungsvollsten Grüße.

Ergebenst

Weimar den 16. März 1821.

J. W. v. Goethe.


34/161.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

muß doch auch wieder einmal wenigstens schriftlich besuchen und in Hoffnung baldigen Wiedersehens zu dem eintretenden Frühlingswetter Glück wünschen. Hierzu ergreif ich die Gelegenheit, daß ich für Beförderung des Drucks den schönsten Dank zu sagen habe, auch die Bemerkung nicht unterlassen darf, daß eine erfreuliche Correctheit bisher immer zugenommen, wie die hierbey zurückkehrenden beiden Bogen ausweisen, woran ich Ihres lieben Sohnes Theilnahme zu erkennen glaube. Zugleich übersende das abgedruckte Manuscript von fol. 1 bis 110 incl., nicht weniger neues von fol. 175 bis 217 incl. Vielleicht dient einiges darin Ihrem werthen Kreise zu freundlicher Unterhaltung und geneigter Erinnerung an den Schreibenden,[166] welchen aber- und abermals zum besten empfehle. Wozu noch den Wunsch füge, zu erfahren, wie weit nach ohngefährem Überschlag das Manuscript in unsere Bogenzahl reichen möge.

ergebenst

Weimar den 16. März 1821.

J. W. v. Goethe.


34/162.


An Johann Georg Lenz

In dem Verzeichnisse der Druckschriften, welche der mineralogischen Gesellschaft um vorigen Jahr verehrt worden, finde mehrere Aufsätze vom Herrn Doctor Binge, z.B. Fragment über die Paternität des Granits; wollen Sie mir die Schriften dieses Mannes, der meine Aufmerksamkeit erregt, ingleichen von dem Ort seines Aufenthaltes und seiner übrigen Zustände etwas mittheilen, so geschieht mir ein besonderer Gefalle.

Die täglich mehr steigende Sonne giebt mir Hoffnung, Ew. Wohlgeboren auch bald wieder in Ihren vom Winter befreyten Sälen zu besuchen.

Noch eine Frage: Kennen Sie einige Schriften eines Professors Mohs, angestellt bey der Ritter-Akademie zu Liegnitz?

Das Beste wünschend.

ergebenst

Weimar den 17. März 1821.

J. W. v. Goethe.[167]


34/163.


An Friedrich Ludwig von Froriep

Ew. Hochwohlgeboren

möchte durch Gegenwärtiges ersuchen einige Abdrücke der Charte von Deutschland mit einem bräunlichen Ton abdrucken zu lassen, weil bey den schwarzen Abdrücken das viele Detail niemals eine reine Färbung zulassen wird.

Möchte Herr Kefferstein auf eine solche Charte, ohne daß sie sonst weiter illuminirt wäre, die Basaltformation in schwarzer gesättigter Tusche andeuten, daß man daran ein Muster hätte, so wäre auch viel gewonnen. Überhaupt seh ich manche Schwierigkeit, diese Blatt zugleich deutlich und dem Auge erfreulich zu färben.

In den ersten Tagen dieser Woche erbitte mir den Besuch des Herrn Starke.

gehorsamst

Weimar den 18. März 1821.

J. W. v. Goethe.


34/164.


An Carl Ludwig von Knebel

Auch gegenwärtige Sendung kommt mit vielem Dank und allem Beyfall zurück, ich wünschte nichts hinzugefügt, noch weggenommen. Der Auszug ist klar, deutlich und hinreichend, doch habe stets im Sinne und vor Augen, dich vor Weitläufigkeit und[168] Controvers zu hütten; unter der Arbeit ist beides leicht zu vermeiden, nachher kaum zu entfernen.

Die schöne Jahrszeit, welche sich anmeldet, wird mich auch wohl bald zu euch führen.

Die Bibelgesellschaft ist eine wunderliche Erscheinung, wir müssen eben von allem ein Musterstück haben.

Mit den besten treusten Wünschen.

Weimar den 18. März 1821.

G.


34/165.


An Carl Joseph Heidler

Ew. Wohlgeb.

ersuche mir sobald möglich eine Kiste mit fünfzig kleinen Flaschen Kreuzbrunn zu senden. Ich habe dieses Wasser zu meinem besonderen Nutzen diesen Winter über getrunken, bey uns aber ist es jetzt ausgegangen. Man sagte mir zwar es werde so früh nicht geschöpft, noch versendet, doch bitte ich um die besondere gefälligkeit. In Hoffnung dieses Jahr an der Quelle mein Heil zu erproben, und mit dem Ersuchen mir baldige Antwort vom Empfang dieses Blattes zu geben. Mich

bestens empfehlend

ergebenst

Weimar d. 22. März 1821.

J. W. v. Goethe.[169]


34/166.


An Carl Friedrich Christian Steiner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

wünsche morgen früh zu gefälliger Stunde bey mir zu sehen, um von dem Thürmbau und dessen Verhältniß zur Bibliothek näher unterrichtet zu werden, deshalb auch die Risse mitzubringen ersuche.

Weimar den 22. März 1821.[170]


34/166a.


An Johann Lambert Büchler

[Concept.]

Ew. Hochwohlgebornen

vermelde nur mit wenig Worten, daß beykommendes Paquet mit der heutigen fahrenden Post abgegangen. Möge dieses längst zugesagte Blatt einer hochansehnlichen Gesellschaft zu einigem Gefallen gereichen und[46] Gelegenheit geben, daß wir über die Bedeutung desselben uns bald belehrt sehen.

Mich zu geneigtem Andenken auf's andringlichste empfehlend.

Weimar den 26. März 1821.[47]


34/167.


An Carl Gottfried Theodor Winkler

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nehmen gegenwärtiges Schreiben und die Überbringer freundlich auf.

Schon mehrmals haben reisende Theaterfreunde mich versichert, daß Ew. Wohlgeboren öfters meiner im Guten und Lieben gedenken, wofür ich meinen Dank abzustatten schon längst Gelegenheit wünschte.

Ich ergreife sie, da das Unzelmannische Paar, unser Theater verlassend, das Ihrige betritt. Die Talente beider habe von Jugend auf sich entwickeln sehen und von meiner Seite das Mögliche dazu beygetragen; wie ihr Abgang für Weimar ein Verlust ist, so möge er für Dresden Gewinn werden und Sie in frohen und angenehmen Stunden, welche dieses[170] Paar Ihnen gewiß verschaffen wird, auch meiner gedenken und jener Zeiten, wo ich in einem Geschäft, dessen Beschwerlichkeit Sie am besten kennen, mir nur guten Muth erhielt, wenn ich schöne Anlagen durch meine Bemühung sich ausbilden sah.

Möge die Gegenwart beider Personen, die für sich gewiß schon angenehm wirksam ist, auch auf Mitspieler einfließen und jede Darstellung immer harmonischer abrunden helfen.

Mich zu fernerem Wohlwollen empfehlend.

Weimar den 27. März 1821.


34/168.


An Carl Ludwig von Knebel

Mit wenigen aber frohen Dankesworten begleite diese abermalige Rücksendung. Es schreitet schön und gut fort, möge der Dank nun bald das Ganze vollenden.

Mit den besten Glückwünschen zu der eintretenden, allen so heilsamen Frühlingswitterung.

Weimar den 28. März 1821.

G.


34/169.


An Carl Friedrich von Reinhard

Wenn man fleißig ausgearbeitete Bücher, vor einigen Hundert Jahren gedruckt, aufschlägt, so kommen uns gewöhnlich mancherley Enkomien rhythmisch[171] entgegen; der Autor getraut sich nicht allein in's Publicum, nur wohl escortirt und empfohlen kann er Muth fassen. In der neuern Zeit wagt man sich kühn und zuversichtlich heraus und überläßt auf gut Glück seine Production dem Wohlwollen oder Mißwollender Beurtheilenden.

Nehmen Sie es in diesem Sinne, theurer verehrter Freund, wenn ich nicht säume, beykommende Nachempfehlungen versprochener Maßen mitzutheilen. Diese geisteich-heiteren, gewissermaßen abstrusen, durchdringenden Worte machen Ihnen gewiß Vergnügen um meinet- und der Sache willen.

Wenn man so alt geworden ist als ich, und in einem so würdigen werthen Unternehmen von den verworrenen Mitlebenden nur widerwillige Hindernisse erfahren hat, muß es höchlich freuen, durch einen so wichtigen Mann die Angelegenheit für die Zukunft sicher zu sehen, denn außer dem hat ein Appell an die Nachwelt immer etwas Tristes.

Von der wundersamen Production und Reproduction der Augenerscheinungen wüßte freylich auch manches zu erzählen. Sehen Sie doch, ob der Frankfurter Buchhandel Ihnen folgendes Werkchen verschaffen kann:

Pukinje, Beyträge zur Kenntniß des Sehens in subjectiver Hinsicht. Prag 1819.

Dieser vorzügliche Mann ergeht sich in den physiologen Erscheinungen und führt sie durch's Psychische[172] zum Geistigen, so daß zuletzt das Sinnliche in's Übersinnliche ausläuft; wohin die Phänomene, denn Sie erwähnen, wohl zu zählen seyn möchten.

Ich bringe in meinem nächsten Stück Naturwissenschaft einen Auszug aus Purkinje bey, mit eingeschalteten eigenen Bemerkungen, mannichfaltig betrachtend und hinweisend.

Neulich bey'm Untersuchen älterer Acten fand ich, zu großer Freude und treulicher Erinnerung, die von Ihnen in's Französische übersetzten Stellen der Farbenlehre. Gerade solche Zeugnisse sind höchst erfreulich rührend, sie geben uns die schöne Gewißheit, daß wir nicht umsonst, nicht ohne Theilnahme trefflicher Menschen gelebt haben.

Übergehen will ich nicht, daß es mir schien, als sey Ihr letzter Brief eröffnet gewesen, sehen Sie doch auch die meinigen an. Eigentlich müßten sich die Neugierigen vor unsern Briefen schämen, wenn sie sehen, daß, mitten in diesen wilden und verrückten Welthändeln, Freundschaft, Liebe und ein höheres Interesse waltet, das noch lange gelten wird, wenn das jetzige leidenschaftliche Treiben längst verklungen ist und nur noch einen mäßigen welthistorischen Antheil aufregen kann.

treulichst

Weimar den 29. März 1821.

Goethe.[173]


34/170.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

werfen einen gnädigen Blick

1. auf beykommende Tagebücher; sie sind Höchstdenenselben schon früher vorgetragen, um mehrerer Zwecke willen beliebt und angeordnet worden. Der Gang des Geschäfts läßt sich auch in der Ferne dadurch beobachten und beurtheilen; eine klare Übersicht bleibt den Nachkommen, und man wird in den Stand gesetzt, eine detaillirte Geschichte der wichtigen Vermehrung, Herstellung und Anordnung zu schreiben, worauf Professor Güldenapfel sich schon im voraus freut.

Nicht unangenehm wird in dem Compterschen Tagebuche zu bemerken seyn, daß auch er die atmosphärischen Erscheinungen mit Interesse betrachtet und umständlich aufzeichnet; vielleicht wäre gefällig, ein Barometer, Thermometer pp. hinüber zu stiften, der Conformität mit den übrigen Anstalten zu Liebe. Eine Abschrift könnte jedesmal zu Ende des Monats an die Sternwarte gegeben werden.

2. An Ober-Baurath Moller nach Darmstadt ist die Anfrage ergangen.

3. Nöthigt mich eine abermalige Erinnerung des Bergrath Lenz, bescheiden anzufragen: ob Höchstdieselben[174] nicht zwey Verdienstmedaillen nachgenannten Ungarn verleihen möchten:

Apotheker Gabora,

in Gölnitz, und

Director Wahlner,

in Prakendorf.

Zum Zeugniß, wie wohl sie es bisher mit unserer Sammlung gemeint, legt er ein grünes Buch bey, in welchem, zwischen zwey gelben Zeichen, die bedeutenden Gaben dieser beiden Männer aufgeführt sind.

Irre ich nicht, so hat Lenz diesen wackren Leuten Hoffnung auf eine solche Auszeichnung gemacht und erwartet fernere Beyträge, die nun auszubleiben scheinen.

4. Unterlassen kann ich nicht, meinen verpflichteten Dank für die Entbindung Güldenapfels von der Caution abzustatten; es befreyt ihn von jeder Sorge für die Zukunft, indem es ihm für die Gegenwart eine freyere Stellung giebt und ihn selbstständiger macht. Die gute Wirkung dieser Gnade wird sich gewiß in der Folge manifestiren.

Vor Höchstihro Abreise gnädigste Erlaubniß aufzuwarten hoffend

unterthänigst

Weimar d. 29. März 1821.

J. W. v. Goethe.[175]


34/171.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende durch einen Boten eine Partie Samen, welche unter Serenissimi Addresse eingegangen, nebst einigen Druck- und Schriftblättern.

Unsere Angelegenheit habe seit Ihrer Abreise noch vielfach durchgedacht und wünschte sie noch einmal mit Ihnen zu besprechen, nicht daß ich meine Ansicht geändert hätte, sondern daß ich einige ernstere Maaßregeln gleich bey'm Anfang des neuen Rechnungsjahrs ergreifen und festhalten möchte, jedoch nicht ohne Ihr Vorwissen und Einstimmung.

Könnten Sie daher morgen oder übermorgen nochmals herüberkommen, so würde alles zu rechter Zeit geschehen.

Lassen Sie mir solches durch den rückkehrenden Boten mit wenigen Worten schriftlich wissen.

Mit den besten Wünschen und Hoffnungen.

Weimar den 29. März 1821.


34/172.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie wohl, mein Theuerster, nach gestrigem Besprechen und Bleystift-Noten das Bemerkte mit[176] Tinte überziehen und dadurch das Manuscript vollenden, welches alsobald nach Jena absenden werde.

Das Beste wünschend.

Weimar den 1. April 1821.

G.


34/173.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hier folgt, mein Theuerster, der neue Freund, welchem ich Aufmerksamkeit und Antheil wünsche. In der laufenden Woche wird uns wohl in seiner Gesellschaft eine anmuthige und lehrreiche Unterhaltung.

Weimar den 1. April 1821.

G.


34/174.


An Johann Jacob von Willemer

Es möchte scheinen, als wollte man Wasser in den Mayn oder Eulen nach Athen tragen, wenn man sich erdreustete, mitten in die Frankfurter Messe, wo alle Waren der ganzen Welt zusammen fließen, eine besondere und einzige Gabe zu senden; indessen hat sich doch eine west-östliche Fabrik aufgethan, welche wagt, hiebey eine Probearbeit geneigter Aufnahme zu empfehlen, in Hoffnung dadurch zarten wohlwollenden Freunden näher bekannt zu werden. Man bittet bey Eröffnung des Päckchens vorsichtig zu verfahren und den Inhalt so wenig als möglich zu erschüttern,[177] welches auch dem Reisenden, der solches mit nimmt, bestens empfohlen worden.

Zugleich vermelde, daß in diesen Tagen das geschickte und interessante musicalische Paar hier angekommen und, da ich auszugehen verhindert war, bey mir im Hause ein Früh-Concert gegeben, mich und meine Freunde höchlich ergetzend und belustigend. Sie hatten sodann das hier seltene Glück, in einem vollgedrängten Concert Kunst und Fertigkeit hören zu lassen und allgemeinen Beyfall einzuerndten.

liebevoll treu verbunden

Weimar den 2. April 1821.

G.


34/175.


An Johann Heinrich Meyer

Den freundlichen Revisor bittet man besonders auf Folgendes zu achten.

1. Auf die Congruität der Zustände überhaupt und wiefern die schicklich auf einander folgen.

2. Auf Localität, Namen und Sitten.

3. Bezeichnung des Äußeren der Umgebung und des Innern des Hauses.

4. Zu bezeichnen, wo man nach Landes-Art Thiere anbringen kann.

5. Wo etwa naive Ausdrücke gegen sentimentale und rhetorische zu vertauschen wären.

Weimar den 3. April 1821.

G.[178]


34/176.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die verabredeten Expeditionen, welchen glücklichen Erfolg wünsche. Zugleich ein abermaliges Paquet von Paris; es war für den Hofgärtner Reichert bestimmt, welcher aus dem Dienste der Flora getreten ist. Wahrscheinlich sind es dieselben, die Ew. Wohlgeboren schon erhalten haben. Man hat wohl von dorther Deutschland so überschwemmt, daß für diese Dubletten kaum zu danken ist.

Die neue Einrichtung verdient die strengste Beobachtung, weil uns ohnehin noch mancherley bedroht.

Der ich mich bestens empfehle und, der schönen Tage zu genießen, Gesundheit und frohe Gemüthlichkeit wünsche.

Weimar den 4. April 1821.


34/177.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Sie erhalten hiebey, mein guter Doctor, das Gewünschte; ein aufmunterndes Schreiben an unseren guten Güldenapfel nächstens. Fahren Sie fort, immer gleichmäßig bey dem schönen wichtigen Geschäft mitzuwirken.

Weimar den 4. April 1821.

G.[179]


Auch liegt, mein guter Doctor, der Güldenapfelsche Bericht wieder bey. Ich wünschte ihn umgeschrieben, wegen der einen Stelle, die, ohngeachtet des Nachsatzes, übel gedeutet werden könnte.

Weimar den 4. April 1821.

G.


34/178.


An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

können mich für sehr nachlässig, wo nicht gar für undankbar halten, daß ich die Ankunft einer so werthen Sendung nicht gemeldet, meine Freude darüber nicht ausgedruckt. Lassen Sie mich zu meiner Entschuldigung sagen: daß ich manche Brief- und Autorschulden aus dem vorigen Jahre in das neue mit herüber nehmen müssen, welches denn neuen Zudrang auch nicht fehlen läßt. Sodann auch läßt sich bemerken, daß man Jugendfehler, bewußt oder unbewußt, auch mit in das Alter herübernimmt, wie denn bey mir der Fall ist, daß ich mehr als billig unternehme, da denn vieles, was man als Nebensache angesehen, doch auch wieder einmal an die Reihe kommt und seine Rechte fordert.

Indessen bin ich meinen entfernten Freunden doch nicht entfremdet gewesen, indem ich sie, zusammen und einzeln, gar oft vor Augen gehabt bey Druckschriften, denen ich zu Ostern eine gute Aufnahme[180] wünsche. Mögen meine Rostocker Lieben auch manches für sich darin gewahr werden.

Und nun lassen Sie mich der erfreulichen Zeichnung gedenken, wodurch Sie mich so geneigt in Ihre Nähe versetzten; es freute gar sehr zu sehen, wie ruhig und reinlich unser thätiger Held hingestellt ist; die nahen Gebäude sind sehr anständig, die lichten Baumreihen und mäßigen Buschgruppen lassen wohlgeordnetes Natürliche mit Anstand und Zierlichkeit gewahr werden. Die Zeichnung selbst ist so genau, fleißig und rein, als man es in dieser Art nur wünschen kann. Danken Sie dem wackern Künstler auch in meinem Namen auf das schönste.

Sodann gratulire zu der glücklichen Acquisition fürtrefflicher Gemählde! Da ich selbst in meinem Leben erfahren habe, was ein würdiger Kunstbesitz zu jeder Zeit unterhält, anfrischt, belehrt, fördert, erquickt und tröstet, so freue ich mich, an werthen Freunden die gleiche Neigung zu entdecken, die uns drängt, bey jeder Gelegenheit, unsern Kräften und Zuständen gemäß, etwas Gutes und dauerhaft Erfreuliches um uns zu versammeln.

Mögen Sie, bis ich Herrn Director von Both für das Übersendete meinen schuldigen Dank selbst entrichten kann, es in meinem Namen thun. Über die sogenannten Naturdichter hoffe nächstens, mehrere unter einander vergleichend, mich auszusprechen.

Schließlich wiederhole meinen Glückwunsch zur nunmehr[181] völlig beendigten, so bedeutenden Unternehmung. Möge das in diesem Frühjahr neu hervorbrechende Grün der Anlage, so wie der dießjährige Wuchs Ihre Freude daran immer wieder erneuern und vermehren.

gehorsamst

Weimar den 4. April 1821.

J. W. v. Goethe.


34/179.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vollkommen richtiger Bemerkung zu Folge hab ich sogleich einen Versuch gemacht, wie das Vermißte allenfalls nachgebracht werden könnte. Möge Beykommendes Ihnen und Ihren werthen Freunden möglichst genügen und mein Andenken bey Ihnen immerfort erhalten seyn.

Die Abdrücke des Bildnisses sind angekommen, hör ich, aber noch nicht in meinen Händen. Mehr sag ich nicht, damit dieser Brief heute abgehe. Nur meinen vielfachen Dank lebhaft wiederholend.

Weimar den 4. April 1821.[182]


[Beilage.]

Nachdem ich aufmerksam geworden daß dem bewußten, Howards Ehrengedächtniß gewidmet Gedicht wirklich etwas abgehe, um gerundet und verständlich zu seyn, entschloß ich mich drey Strophen als Einleitung zu schreiben, wodurch zwar jenem Mangel wohl abgeholfen seyn möchte, doch füge, um meine Absicht deutlich zu erklären noch Bemerkungen hinzu.

In der ersten Strophe wird die Indische Gottheit Camarupa (Wear of shapes at will) als das geistige Wesen dargestellt, welches, nach einiger Lust die Gestalten beliebig zu verwandelen, auch hier sich wirksam erweis't, die Wolken bildet und umbildet.

In der zweyten Strophe wird sodann die Function der menschlichen Einbildungskraft vorgetragen welche nach einige bornem Trieb allem Ungebildeten Zufälligen jederzeit irgend eine nothwendige Bildung zu geben trachtet, welches wir denn auch daran erkennen daß[47] sie sich die Wolken gern als Thiere, streitende Heere, Festungen und dergleichen denkt, wie Shakespear solches einigemal herrlich benutzt hat. Die gleiche Operation nehmen wir an fleckigen Mauern und Wänden öfters vor und glauben da und dort, wo nicht regelmäßige Gestalten, doch Zerrbilder zu erblicken. Zugleich wird auf Mégha Dúta den Wolkenbolten angespielt, indem dieses herrliche Gedicht in allen seinen Theilen hierhergehört.

Und so wird denn in der dritten Strophe, damit nichts vermißt werde, Howards Name ausgesprochen und sein Verdienst anerkannt, daß er eine Ternimologie festgestellt, an die wir uns, beym Eintheilen und Beschreiben atmosphärischer Phänomene, durchaus halten können.

Hierauf würden sodann die übrigen vier schon bekannten Abtheilungen folgen in welchen die vier Hauptworte, wie sie Howard festgesetzt, dichterisch ausgedrückt werden.

Zum Schluß bemerke daß eben diese Terminologie in der vorletzten Zeile der Einleitung angehend und angekündigt worden.

Wenn Streife steigt sich ballt zerflattert fällt

Stratus Cumulus Cirrus Nimbus

Verzeichnung daß ich lieber zuviel als zu wenig geschrieben.

Weimar den 3. April 1821.[48]


34/180.


An Carl Wilhelm Constantin Stichling

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey die neuesten von Jena angekommenen Papiere zu gefälliger Einsicht und geneigter Beurtheilung,[182] auch bitte: wenn dabey etwas zu bemerken wäre, solches mit wenigem mitzutheilen.

Sodann erlauben Sie die Anfrage: ob ich wohl auf die zweyhundert Thaler aus der Casse des Fiscus Anspruch machen dürfte! Die Repositorien mußte ich schon auf gut Glück bestellen, da dieselben bey den Sommer-Arbeiten nicht entbehrt werden konnten.

Zugleich werden Dieselben nicht ungern vernehmen, daß der junge Schrön in Jena von seinem Vorgesetzten zur Stelle des Gehülfen auch auf das nächste Jahr, mit vielem Lobe, empfohlen worden, die ihm nicht allein conferirt, sondern auch derselbe mit einer kleinen Zulage erfreut worden. Wie denn auf beygerolltem Blatt ein schöner Beweis von tabellarischer Genauigkeit gewiß zum Vergnügen dienen wird.

Weimar den 6. April 1821.


34/181.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Hochwohlgeboren

haben mir zum schönsten Frühlingstag eine sehr angenehme Empfindung gegönnt, indem Sie mich an die Zeit erinnern, wo wir mit Muth und Kühnheit ein Unternehmen begannen, welches unter so mancherley Zufälligkeiten durch Ihre Thätigkeit und Beharrlichkeit[183] immer noch den besten Fortgang hat. Mit sehr vielem Vergnügen betrachte ich die Thätigkeit so vieler Recensionen in allen Fächern.

Ebenso hat mich das mitgetheilte Manuscript sehr interessirt. Ich bewundere den Verfasser, wie er sich aus Geist und Geschmack einen wahrhaft haltbaren Faden zwirnen können, um das Labyrinth zu durchwandern, in das er sich einzulassen Beruf empfand. Ich habe die Recension einigemal aufmerksam gelesen mit besonderem Antheil, auch zu meiner Belehrung; denn mir benimmt gewöhnlich das Unerfreuliche solcher Werke alle Freude an denen allenfalls lobenswürdigen Stellen, welche mir anangedeutet zu haben ich also dem Kritiker danke.

Halten Ew. Hochwohlgeboren in sonstigen Bezügen die Recension abdrucken zu lassen für vortheilhaft, so wüßte ich nichts dabey zu erinnern. Wie Herr Müllner im Publicum sich darstellt und zu kennen giebt, wird er sich immer lieber getadelt, als ignorirt sehen. Vielleicht ist ihm doch eine solche Recension die schönste Gelegenheit zu protestiren und zu reprorestiren, wie uns die literarische Beylage zum Morgenblatt baldigst beweisen wird.

Mich geneigtem Andenken zum allerbesten empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 6. April 1821.

J. W. v. Goethe.[184]


34/182.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

sey gefällig, auf beykommendes Exhibitum einige Aufmerksamkeit zu richten; da der Fall ganz einzig ist, so wünschte ich, Ihre Gesinnung darüber zu erfahren, und ersuche Dieselben daher, mir nächstens das Vergnügen Ihrer Gegenwart auf eine Viertelstunde zu gönnen.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 7. April 1821.

J. W. v. Goethe.


34/183.


An Carl Ludwig von Knebel

Auch dem Auszug dieses Buchs finde durchaus vortrefflich und zweckmäßig; sende ihn gleich zurück, indem ich gar nichts zu bedenken finde. Man kommt durch diesen Auszug erst in dem Fall, das unübersehbare Werk wo nicht zu begreifen, doch wenigstens im Einzelnen besser zu genießen. Fahre so fort und verharre bis an's Ende.

Ich von meiner Seite werde durch deine Arbeit auch gar sehr gefördert, indem jene Art, wie ich die Sache erst anzugreifen rieth, durch deine Vorarbeit erst möglich wird. Ich trage das immer mit mir[185] herum und hoffe zur verdienten Aufnahme dieses Werks das Meinige beyzutragen.

Auch meine übrigen Arbeiten werden unablässig gefördert, und hoffe zu Ostern meinen Freunden manches Erfreuliche vorzulegen.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

treulichst

Weimar den 7. April 1821.

G.


34/184.


An Georg Gottlieb Güldenapfel

Ew. Wohlgeboren

neulicher Besuch würde mir noch angenehmer gewesen seyn, wenn ich Dieselben auch bey mir hätte bewirthen können, doch geben hiezu Geschäfte und wachsende Frühlingstage bald erwünschte Gelegenheit.

Den Bericht wegen Ihrer Cautionssache habe erhalten und in Überlegung gezogen, ich werde nicht ermangeln sie baldigst zur Sprache zu bringen.

Zunächst erwarte im Gefolg Ihrer Ankündigung den Bericht, wie die nächsten Sommerarbeiten eingeleitet, bestimmt und vollführt werden sollen, mit Verlangen und freue mich zum voraus auf die wachsende Thätigkeit.

Bleiben Sie übrigens versichert, daß ich das Geschäft so wohl als Sie und alle, die so treulich mitwirken,[186] immer mit der größten Aufmerksamkeit vor Augen behalte.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

ergebenst

Weimar den 8. April 1821.

J. W. v. Goethe.


34/185.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende abermals abgedrucktes Manuscript bis zum 20. Bogen incl. und lege zugleich für Kunst und Alterthum frische Handschrift bey, welche wahrscheinlich die 5 noch erforderlichen Bogen füllen wird. Einige Kleinigkeiten zum völligen Abschluß liegen bereit. Den völligen Genuß des eintretenden Frühjahrs von Herzen wünschend und mich angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 8. April 1821.


34/186.


An Joseph Stanislaus Zauper

Den schuldigen Dank, mein werthester Herr, für die angenehme Sendung trage nur kurz und eilend ab, damit ich nicht dießmal, wie schon oft geschehen, durch Zaubern und Unterlassen mich versündige. Da Sie so genau von mir unterrichtet sind, mein Können, Wollen und Thun so liebevoll durchdringen, werden[187] Sie sich selbst sagen, was Ihr schätzbares Büchlein auf mich gewirkt hat.

Zu guter Stunde empfing ich's und sah man, wahrhaft gerührt, mich vor mir selbst, in einer langen Reihe von Vorsätzen, Gefühlen, Gesinnungen und Thätigkeiten, fließend, vorüberziehen; wie sich freylich das Leben dem, der es selbst durchgeführt hat, nicht darstellen kann.

Keinen weiteren Betrachtungen darf ich mich überlassen; genüge Ihnen gegenwärtige Sendung für den Augenblick.

In der Maskenreihe finden Sie wohl manches, was Ihnen zusagt. Ohne einen so bedeutenden Anlaß, ohne diese aufgedrungene seltsame Form hätte das alles nicht gesagt, noch dargestellt, noch überliefert werden können.

Ungern schließe ich und muß doch noch erwähnen, wie sehr es mich gefreut hat, daß Sie das geistlose Benamsen und leblose Vorführen lebendiger poetischer Producte, wogegen ich im Divan mit Mäßigung geeifert, praktisch zur Seite gedrängt und, wie wenig hinreichend jene Unmethode sey, gefühlvoll und geistreich ausgesprochen.

Ich hoffe diesen Sommer wieder nach dem lieben Böhmen zu gelangen; vielleicht treffen wir uns irgendwo zu erquickender belehrender Unterhaltung.

Schreiben Sie mir, daß Sie Gegenwärtiges empfangen haben und melden, ob ich Ihnen manchmal[188] eine literarische Neuigkeit, welche vielleicht sobald zu Ihnen nicht käme, mit der Post oder auf sonst einem Wege senden kann.

Für die mir und meinen Arbeiten gegönnte liebevolle Aufmerksamkeit und Theilnahme von Herzen dankbar.

treulichst

Weimar, den 9. April 1821.

Goethe.


34/187.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben seit Abgang Ihres letzten freundlichen Briefs wohl nunmehr meine Sendung vom 8. dieses erhalten, sie bestand aus abgedrucktem Manuscript für Kunst und Alterthum, welches freylich auch gefördert wünschte.

Wobey ich vermelde, daß hinreichendes Manuscript zu dem folgenden Stück Kunst und Alterthum gleichfalls bereit liegt, weshalb denn um geneigte Disposition zum baldigen Abdruck desselben einzuleiten bitte.

Hierbey folgt Manuscript zu den Wanderjahren und kann, wie man dessen bedarf, nach und nach ohne Aufenthalt gesendet werden.

Die Blätter zählen dießmal von 218-252 incl.

Der 21. Revisionsbogen liegt auch wieder bey.

[189] Überhaupt könnten wir in den nächsten vier Monaten nach meiner Zeit-Eintheilung, wenn es Ihre Convenienz wäre, gar manches zu Tage fördern.

Noch eine kleine Bitte füge hinzu: um 4 Exemplare auf Schreibpapier Ihres beliebten Wandkalenders, je doch nicht auf Pappe gezogen. Verzeihung dieses kleinen Wunsches.

Bey Ihnen und den sämmtlichen werthen Ihrigen in gutem Andenken zu stehen wünscht.

Weimar den 11. April 1821.


34/188.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Noch um einige Aufmerksamkeit auf eine schon bekannte Schönheit und baldigen Abendbesuch hiedurch freundlichst ansprechend.

Weimar den 11. April 1821.

G.


34/189.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Behandlung dieser unangenehmen Sache bleibt sich gleich, worüber ich mich gar sehr zu freuen habe. Halten Sie fest und geben in nichts nach.

Götze ist autorisirt, sie restirenden Zettel, so wie die veranschlagten neuen Bedürfnisse zu besorgen.

Möge alles zum Besten gedeihen.

Weimar den 13. April 1821.[190]


34/190.


An Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Ew. Wohlgeboren

fühle ich mich genöthigt auszudrücken, wie sehr mich Ihre Zuschrift erfreut hat.

Daß Sie mein Wollen und Leisten, wie es auch sey, so innig durchdringen und ihm einen vollkommenen motivirten Beyfall geben, ist mir zu großer Ermunterung und Förderniß. Gerade zur rechten Stunde langten Ihre Blätter an, da ich, durch die neuste Bearbeitung der entoptischen Farben aufgeregt, meine ältern chromatischen Acten wieder mustere und mich nicht erwehren kann, gar manches durch sorgfältige Redaction einer öffentlichen Erscheinung näher zu führen.

Ihre werthen Äußerungen sollen mir immer vor Augen liegen und meinen Glauben stärken, wenn mich die unerfreuliche Behandlung derselben Materie, deren sich die Zeitgenossen schuldig machen, manchmal, wo nicht zum Wanken, doch zum Weichen verleiten möchte. Nehmen Sie also meinen wiederholten Dank und erlauben eine von Zeit zu Zeit erneute Sendung. Da Sie so freundlich mit den Urphänomenen gebaren, ja mir selbst eine Verwandtschaft mit diesen dämonischen Wesen zuerkennen, so nehme ich mir die Freyheit, zunächst ein Paar dergleichen dem Philosophen vor[191] die Thür zu bringen, überzeugt, daß er sie so gut wie ihre Geschwister behandlen wird.

treulichst

Weimar den 13. April 1821.

Goethe.


34/191.


An Johanna Antonia Josefa Brentano

Verzeihung, theuerste Freundin, und Geduld auf kurze Zeit! Ich habe Ihre Anfrage sogleich bestens beachtet und schon einigemal mit Herrn Doctor Bartholomäi conferirt, kann aber mit mir selbst nicht einig werden, was ich rathen könnte, um die Sache auf einmal und für immer abzuthun.

Auch komme ich, wie ich jetzt wohl sehe, nicht zum Entschluß, bis ich an Ort und Stelle gewesen bin, da der Fall, so einfach er scheint, doch sonderbar complicirt ist. Hat die Sache so lange geruht, so wird eine kurze Frist daran nichts verändern; bleiben Sie deswegen außer Sorgen, bis ich das Nähere melden kann. Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Gemahl und allen theuren Ihrigen zum allerschönsten.

treulichst

Weimar den 13. April 1821.

J. W. v. Goethe.


34/192.


An Johann Jacob von Willemer

In diesen Tagen wird meinen theuren Freunden durch einen hiesigen Handelsmann Herrn Münderloh[192] ein kleines Kästchen eingehändigt seyn, dem ich liebevoll freundlichen Empfang wünsche. Gegenwärtiges überbringt ein junger Frommann, Sohn des jenaischen Buchhändlers und Druckherrn; es ist ein tüchtiger junger Mann, der sich schon in der Welt umgesehen hat und nach Frankfurt kommt, um bey Andrä zu conditioniren; da dieß Ihr Verleger ist, so ist es vielleicht nicht unangenehm, einen dort Angestellten näher zu kennen und ihm einige Freundlichkeit zu erweisen. In diesem Betracht glaub ich die Empfehlung verantworten zu können.

Nächstens kommt eine Rolle, der ich mit heitern Augen und liebevollen Herzen zu begegnen bitte.

treulichst

Weimar den 17. April 1821.

Goethe.


34/193.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Beyliegender Brief wird von Herrn Geheimrath von Willemer freundlich aufgenommen werden, wenn Ihr guter Sohn denselbigen überreicht. Die Andrä'sche Buchhandlung druckt für diesen werthen Freund, und es wird ihm gewiß angenehm seyn, einen dabey angestellten, so wackern jungen Mann näher kennen zu lernen; wie es denn auch diesen gewiß erfreuen wird, die vorzüglichen Eigenschaften meines würdigen Freundes[193] unmittelbar anzuschauen. Und so sey ihm nochmals Glück zur Reise gewünscht, ein fröhliches und gedeihliches Wiedersehen uns allen!

Weimar den 17. April 1821.


34/194.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

haben von Serenissimo ein paar Flaschen Wasser einer jenaischen Quelle erhalten, die man in's neue Krankenhaus zu leiten gedenkt. Höchstdieselben tragen mir auf nachzufragen, ob Dieselben sich damit einige Kenntniß geben und allenfalls die Resultate der Versuche übersenden.

Von Herrn Doctor Seebeck habe sehr schöne Mittheilungen über das neuentdeckte Verhältniß des Magnetismus zum Galvanismus. Wären Sie wohl geneigt, solche zu wiederholen, so wollte ich die Kosten des allenfallfigen Apparats, die nicht groß seyn können, aus der Museumscasse tragen; nur müßte bitten, nichts davon öffentlich bekannt zu machen, damit man Herrn Seebeck nicht vorgreife, der den Aufsatz, wie er sagt, nächstens wird drucken lassen.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

ergebenst

Weimar den 18. April 1821.

J. W. v. Goethe.[194]


34/195.


An Friedrich Mosengeil

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey von meinem aus England angekommenen Bildniß zwey Abdrücke auf chinesisch Papier, sogenannte Proofs, und drey auf weiß Papier, welche Ihro Durchlaucht mit meiner unterthänigsten Empfehlung vorzulegen bitte. Es sind nicht so viele, als deren verlangt worden, da ich die Sendung nicht vollständig fand. Man scheint überhaupt von jenem Parallelismus abgegangen zu seyn.

Ich wollte jedoch durch die gegenwärtige Exemplare meine Schuld abtragen, denn da die erste Sendung von Ihro Durchlaucht Bildnissen in England auf höchst Ihro Ordre bezahlt worden ist, so blieb ich Ersatz für diejenigen Exemplare schuldig, welche zurückbehalten, und zwar fünfe, wie oben gemeldet.

Ich wünsche, daß sie zu höchster Zufriedenheit gereichen und mein Andenken bey würdigen Gönnern und Freunden erneuen und erhalten mögen.

Weimar den 19. April 1821.


34/196.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten abermals einige Aufträge für die nächste Kupferstich-Action, um deren gefällige Besorgung[195] ich bitte. Das erste Verzeichniß mit dem Buchstaben A enthält Stücke, welche sehr gern zu besitzen wünschte, wenn der Preis, in Verhältniß zu der Güte und Erhaltung des Abdrucks, nur einigermaßen billig ist.

Mit denen unter dem Buchstaben B verzeichneten hat es weniger zu bedeuten, doch kann den beygeschriebenen Preisen allenfalls noch ein Kleines zugelegt werden.

Möchte Ihr lieber Sohn mir von der vorigen so wie von der jetzigen Auction die Preise gefällig beyschreiben, so würde gern Gelegenheit ergreifen, irgend etwas Angenehmes zu erwidern.

Weimar den 19. April 1821.


34/197.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten für die Mittheilung so bedeutender und ehrenvoller Briefe, wünsche, daß gute Sendungen nachkommen mögen. Wollen Sie mir den Ort, wo die Herrn Apotheker Gabora und Director Wahlner wohnhaft sind, gefälligst anzeigen; so werde bey meinem unterthänigsten Vortrag davon Gebrauch machen. Übrigens muß bemerken, daß es jetzt schwerer wird als sonst, dergleichen Medaillen zu erlangen, doch wollen wir unser Glück versuchen.

Mit den besten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 19. April 1821.

J. W. v. Goethe.[196]


34/198.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

die Magnetnadel dankbar zurücksendend lege ich

1. die Mittheilung Seebecks bey, deren erste Blätter sich auf die Farbenlehre, vom Zeichen an jedoch auf den neuentdeckten Magnetismus beziehen; Aufsatz und Tafeln geben wenigstens einen allgemeinen Begriff. Ich will nun sehen, ob unsere Jenenser diese Erscheinung gleichfalls hervorbringen werden; woran ich nicht zweifle, wenn man ihnen zum Apparat Gelegenheit giebt.

2. Ferner vermelde, daß Müller, Vater und Sohn, eifrig bemüht sind, das lithographische Heft auf Jubilate zu liefern; ich schreibe so eben die dazu nöthige Einleitung; das Ganze herzustellen sind noch 300 rh. erforderlich.

Da jedoch diese Summe durch den Verkauf von 200 Exemplaren schon gedeckt ist, so bringt das dritte Hundert reinen Gewinn, und man glaubt voraus zu sehen, daß das folgende Heft ohne weitere Auslage veranstaltet werden kann; wobey zugleich die Aussicht bliebe, daß der erste Aufwand auch wieder erstattet würde.

Wollten sodann Ew. Hoheit diese kleine Summe als Fonds der Anstalt widmen, so ließe sich nach und nach gar manches in Zeiten vorsehen. So müßte[197] ein ansehnlicher Vorrath Papier beygeschaft werden, daß jede Platte, gleich wie sie fertig ist, abgedruckt würde, weil die Steine nicht wie Kupferplatten bequem aufgehoben werden können, sondern gar leicht der Verderbniß unterliegen.

Gegenwärtig aber dürfte wohl bitten, daß Ew. Königliche Hoheit dem Rath Haage beföhlen, gedachte Summe von 300 rh. theilweis', gegen von mir autorisirte Quittungen, an Müller den ältern auszuzahlen.

Wobey noch schließlich bemerke, daß wir einen guten Absatz hoffen dürfen, weil bisher schon viele Nachfrage geschehen.

3. Mir ist gemeldet worden, daß Höchstdieselben bey Ihro Aufenthalt in Jena mehr Aufmerksamkeit auf die außerordentlichen und zufälligen Meteore den Himmelskundigen empfohlen; ich habe sogleich eine Anordnung getroffen, wodurch der Zweck größtentheils erreicht und zu jedem Monatsbericht auch hierüber Bemerkungen erfolgen können. Nächstens überreiche eine Abschrift, welche Höchstdieselben auch wohl Ihren andern Meteorologen mitzutheilen geruhen.

unterthänigst

Weimar den 19. April 1821.

J. W. v. Goethe.[198]


34/199.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein lieber Herr Professor, die Revision beygehenden Bogens übernehmen, so erzeigen Sie mir einen besondern Gefallen; eine Augen-Entzündung hindert mich persönlich daran. Jeden dieser heiligen Abende wird mir Ihre Gegenwart sehr angenehm seyn.

Weimar den 19. April 1821.

G.


34/200.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

1. einen wundersamen Apparat zu übersenden kann mich nicht enthalten. Durch die beiden aus diesen Schleifen hervorgehenden Drahtenden sollen merkwürdige magnetisch-elektrische Erscheinungen darzustellen seyn. Ein entzündetes Auge hindert mich, die Schweiggerische schriftliche und gedruckte Notiz deshalb zu lesen, und werden sodann nähere Rechenschaft zu geben nicht ermangeln.

2. Hofrath Voigt sendet die Braamschen Pflanzen so gut als möglich vorerst benamset zurück. In der Vorrede ist gesagt, es seyen neue Species darunter, wahrscheinlich auch neue Genera, deren nähere Bestimmung vielleicht bald sich hervorthun wird.

[199] 3. Wegen Augsburg erfolgt hier verschiedenes; das Gedrängteste giebt.

a. Guide de Voyageur, an der gezeichneten Stelle.

b. P. von Stetten, umständlicher in Beschreibung desselben.

c. Liegen 2 Bände dieser merkwürdigen Stadt von Gullmann bey, die beiden andern folgen nächstens.

d. Noch einiges Andere und Besondere, theils in kleinen Schriften, theils in Bildwerken soll gleichfalls aufwarten.

Weimar den 19. April 1821.


34/201.


An Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

Wenn Sie sich, mein theuerster alter Freund, wieder einmal anmelden, so ist Ihre Erscheinung gewiß die erfreulichste. Mit liebevollen harmonischer Färbung wirken Sie von Zeit zu Zeit in die Ferne, immer willkommen. Seit Ankunft jenes lieblichen Bändchens, das so viel heitere, wohlgedachte, anmuthig dargestellte Symbole mittheilt, ist es wenig in meinen Händen gewesen, sondern, von Freunden zu Freundinnen wandelnd, hat es manche Familie erfreut und ist einigemal an denselbigen Platz wieder Verlangt worden. Sie können also denken, wie angenehm es mir ist, zu hören, daß Sie in diesen mittheilbaren[200] Art fortgefahren haben, und würden mich und werthe Personen gar sehr verbinden, wenn Sie von Zeit zu Zeit etwas dergleichen, durch die Post, wohl eingepackt übersenden und zugleich die Zeit bestimmen wollten, wann es wieder zurückgehen müßte. Nach diesem Verhältniß würde ich mich beeilen, so viel Freunde der sittlich-bildenden Kunst als möglich daran theinehmen zu lassen.

Wie sehr ich die Vasenzeichnung bewundere, haben Sie selbst empfohlen, da Sie mir solche so lange zugedacht und endlich gesendet, wofür ich den verpflichtetsten Dank abstatte. Sie hat mich und Meyern vielmals ergetzt, auch in Gegenwart von Freunden, die sonst auch etwas von Kunst verstehen wollten und wirklich verstehen, dießmal aber nicht nachkommen konnten und Erklärung verlangten. Da es aber nicht wohl thunlich ist, jemanden über solche zarte Kunstverdienste die Augen aufzuschließen, so ergetzten wir uns, durch Ihre Fürsorge ein offenbares Geheimniß zu besitzen. Wie groß sind denn die Figuren auf Ihrer Originalzeichnung? Ich möchte gar zu gern eine größere und ausgeführtere Nachbildung sehen.

Wie natürlich dieser Wunsch sey, geht schon daraus hervor, daß Sie selbst an den Briefrand noch ein zweytes Mal den Fuß und das an ihn anschlagende, so graziöse Gewand gezeichnet haben; daher verzeihen Sie gewiß meiner Verehrung für diese Darstellung, wenn ich mich ungenügsam erweise.

[201] Da Ihre idyllischen Bilder, wie es scheint, transportabel seyn möchten, so beziehe meinen obigen Wunsch auf dieselben und bitte mir solche durch die fahrende Post unfrankirt zu schicken; sie kommen zu der von Ihnen zu bestimmenden Zeit genau zurück. Die um den Fels schwebenden Nymphchen möchte ich freylich gern genauer kennen lernen.

Wenn Sie uns jemals besuchten, würden Sie gewiß Freude haben zu sehen, daß ich jeden Federstich von Ihnen aufgehoben und die römischen Scherze alle gar wohl verwahrt habe; da ist das verteufelte zweyte Kissen, die Schweineschlacht im Minerventempel und sonst noch viel Liebes und Gutes, das wir zu einer Zeit in freundschaftlicher Thätigkeit genossen, die bey Rückerinnerung durch den nachfolgenden Contrast erst noch schätzenswerther empfunden wird.

Melden Sie mir doch auch von den lieben Ihrigen, wie sie wachsen, gedeihen und sonst etwas Persönliches und Häusliches. Ich habe mich diesen Winter über ungewöhnlich wohl befunden; mein Sohn hat eine liebenswürdige muntere Frau gewonnen, und schon laufen zwey Enkel um mich her. Möge unsern alten Tagen und Jahren noch manches Gute vorbehalten seyn.

treulichst

Weimar den 21. April 1821.

J. W. v. Goethe.[202]


34/202.


An Johann Jacob von Willemer

Nur mit flüchtigen, aber treuen Worten sey bemerkt, daß ein liebes Brieflein ohne Datum vor kurzem eingegangen, sehr willkommen. Möchte beygehende Copie, welcher das Original nur gar zu gerne folgte, sogleich als Hausrath der in einem so herrlichen Frühling schnell zu beziehenden Mühle wohlwollend aufgenommen und, in einem Rahmen von gleicher Art und Größe, jenen wohlgemeintesten Sprophen gegenüber gestellt werden.

treulichst

Weimar den 23. April 1821.

Goethe.


34/203.


An Sulpiz Boisserée

Ihr liebes Schreiben, mein Theuerster, erwidere sogleich, da ich eben, als es ankommt, in Begriff stehe mich mit Ihnen schriftlich zu unterhalten.

Ihro Königliche Hoheit der Großherzog haben Lust auf ein ganz colorirtes Exemplar zu unterzeichnen, daher wollte anfragen, wie hoch ein solches ohngefähr zu stehen käme? Alsdann füge aber noch eine Frage hinzu, wie eine solche völlige Colorirung gemeint sey? denn eigentlich ist Farbe nur bey wenigen Blättern erforderlich, bey andern, scheint mir, könnte sie störend[203] werden, wenn nicht die größte Sorgfalt angewendet wird. Der blaue Himmel müßte sich freylich zwischen den graubraunen Thurmspitzen gut ausnehmen. Wen haben Sie zu einer so kitzlichen Arbeit?

Des guten Stieglitz antiquarisch-architectonische Bemühungen besitz ich zwar, habe sie aber noch nicht ansehen dürfen, so wenig als ein Werk über'n Stephansthurm. Da ich Ihr Cölner Domwerk als dergestalt heilbringend ansehe, daß wir doch endlich erfahren, was man in dieser Art wollen kann und soll, so hab ich mir zugeschworen, diesem Original ausschließlich, allem abgeleiteten Guten und Schlechten aber auch nicht die mindeste Aufmerksamkeit zu gönnen; ich hoffe daher sehnlichst auf die ersten Schritte Ihres Erlösungs-Werkes.

Das die Ausführung meines Denkmals einigermaßen gestockt hat, ist mir angenehm, denn ich kann noch eine Haupt- und Präjudicial-Frage anbringen, die nämlich: ob man nicht besser thue, das mir zugedachte Denkmal mit der Bibliothek zu verbinden, die, wie man hört, so eben gegründet wird?

Die Sache kam bey uns zur Sprache, als ein Abdruck des Auf- und Grundrisses eintraf und man über die ungeheuren Vorkosten erschrak, die eine solche Moles erfordern würde.

Zurückhalten will ich nicht, daß ich, von Anfang her, dasselbe Bedenken trug und mir der abgelegene feuchte Ort keineswegs gefallen wollte; ich schwieg[204] aber, um in die gute Absicht keine Störung zu bringen. So viel sey kürzlich gesagt, die Argumente für und wider ergeben sich bey einiger nähern Betrachtung; ich deute daher nur an, was ich jedoch auf Verlangen sehr gerne ausführlich, wie es hier besprochen worden, mitzutheilen bereit bin. Verzeihen Sie! aber die Sache ist von großer einziger Wichtigkeit, und da ich noch erlebe, was nicht leicht jemand erlebt, so seh ich mich an als einen Theilnehmer, der seine Stimme gar wohl zu einer solchen Angelegenheit geben darf.

Indem ich dieses Blatt abzusenden im Begriff bin, so überdenk ich noch einmal, ob ich es thun soll, und finde, daß ich Ihnen und den alten Freunden diese Offenheit schuldig bin, da ich voraussehe, daß, sobald die Frankfurter Freunde mit ihrem Vorschlag auftreten, das, was ich hier melde, gewiß zur Sprache kommen wird. Wenigstens ist es gut auf Widerspruch vorbereitet zu seyn.

Beyliegendem Blatte wünschte einige Aufmerksamkeit, und die Münzen würden mir besonders angenehm seyn, wenn ich sie etwa im Laufe des nächsten Monats erhalten könnte.

Den Hausgenossen die schönsten Grüße.

treulichst

Weimar den 23. April 1821.

G.[205]


34/204.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

die Munda des Berichts wegen der Güldenapfelschen Caution gegenwärtig überreichend, füge die Bitte hinzu, eine gütige Besorgung und Beförderung zu übernehmen.

Da der Schluß des Berichts auf rechtliche Gründe hindeutet, deren ich mich jedoch bescheidentlich enthalten habe, so füge das Gutachten unsers Herrn Canzlers in doppelter Copie bey, wovon vielleicht eine mit meiner schönsten Empfehlung an Herrn von Hoff gesendet werden könnte.

Für die fortgesetzte Mittheilung neuer diplomatischer Meldungen danke zum allerschönsten und empfehle mich angelegentlichst.

gehorsamst

Weimar den 26. April 1821.

J. W. v. Goethe.


34/205.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

darf nicht unangezeigt lassen, daß, nach so vielem Guten und Angenehmen, das ich von der Aurikel-Flor gehört, Höchstdero Anmahnung mich sogleich mobil gemacht; ich habe in Belvedere bewundernd[206] mich erfreut, den lieblichsten Eindruck mit zurückgenommen. Das Hin- und Widerschwanken der Gestalt und Farbe ist wirklich höchst merkwürdig und augenlustig.

2. Lege noch ein Augsburger Werk bey, das, wenn auch nicht auf die geschmackvollste, doch auf eine bedeutende und bequeme Weise uns mit jenem merkwürdigen Zustand Jahrhunderte durch bekannt macht. Ich erinnere mich, daß es mir früher von Nutzen gewesen.

3. Döbereiners Gutachten wegen des Quellwassers liegt bey; ich werde demselben die Berliner und hallischen Hefte und Schleifen, die sich auf die neuern Entdeckungen beziehen, zusenden. Er hat einen jungen, ganz geschickten Mechanicus im Hause, sie mögen den Apparat ausgrübeln.

4. Liegt eine Abschrift bey eines merkwürdigen Actenstücks aus dem dreyßigjährigen Krieg, wie sich die Reichsstadt Frankfurt und ihre Consulenten gegen den Heerführer und König mit advocatisch-diplomatischen Wendungen zur Wehre setzen. Rath Schlosser, welcher für unsere Sammlungen auf allerley Weise zu sorgen geneigt ist, hat auch diese Blätter aus seines Vaters wichtigem Privatarchiv eigenhändig abgeschrieben und mitgetheilt. Noch manches wird nachkommen.

5. Darf ich noch eine Frage hinzufügen: ob Höchstdenenselben mit Einem Dutzend aus Marienbad[207] angekommenem frischem Kreuzbrunnen gedient sey? Die geistlichen Herrn daselbst benehmen sich sehr freundlich und haben mich, eben als mir das Wasser ausgehen wollte, mit frischer Füllung eiligst versehen.

Weimar den 26. April 1821.


34/206.


An Friedrich Theodor von Müller

Geneigtest zu gedenken!

Herr Professor Riemer hat neuerer Zeit wie in früheren Tagen die Gefälligkeit gehabt, mir in literarischen Angelegenheiten, durch Revision der Hand- und Druckschriften, so wie durch einsichtige Berathung zu assistiren. Da ich nun zu schnellerer Beförderung, besonders meiner Zeitschriften, dessen Theilnahme ferner und regelmäßig in Anspruch nehmen möchte, so thue zu wechselseitiger Beruhigung und Zufriedenheit folgenden Vorschlag.

Meine Absicht ist, im Laufe dieses Jahres, außer dem gegenwärtigen, in der Presse befindlichen Hefte, von Kunst und Alterthum noch dreye, vielleicht auch noch ein morphologisches herauszugeben. Wollte nun Herr Professor Riemer übernehmen, jedes Stück, zu zwölf gedruckten Bogen gerechnet, sowohl Hand- als Druckschrift zu revidiren, so würde jedes gerne mit 25 rh. Sächs. honoriren, auch, da zu wünschen steht, daß die Ausgabe vierteljährig geschehe, gedachte Summe[208] vierteljährig zahlen, es sey nun, daß das Heft früher oder später erscheine.

In diesem wie in so manchen andern Falle freundliche Vermittelung erbittend.

treulichst

Weimar den 26. April 1821.

G.


34/207.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Da die neue Reihe des Schweiggerischen Journals Band 1. Heft 1. in Ihren Händen ist, und die dort aufgeführten Erscheinungen des Elektromagnetismus Ew. Wohlgeboren gewiß höchlich interessiren, so sende einen schriftlichen Schweiggerischen Nachtrag nebst Schleife und Rolle, nicht weniger den Seebeckischen Aufsatz; den Wunsch hinzufügend, daß Sie den nöthigen Apparat dazu möchten verfertigen lassen, welchen ich, da der Aufwand nicht groß seyn kann, gern aus der Museumscasse bezahlen werde. Die Absicht ist, daß diese Phänomene Serenissimo bey Höchstihro Anwesenheit in Jena könnten vorgelegt werden, wie es mir Freude machen wird, auch an dem Vortrage theilzunehmen.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 26. April 1821.

Goethe.[209]


34/208.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Vor allen Dingen, mein Theuerster, muß ich Ihnen für das schöne Geschenk der Kupferbilder danken; ich hatte so sehr gewünscht sie zu besitzen, daß ich mir nicht getraute Ihre freundlichen Worte dahin auszulegen, daß sie mein seyn sollten. Dagegen geh ich damit um, das verkehrt vergrößerte Blatt in Steindruck nachbilden zu lassen; davon sollen Sie den ersten Abdruck haben; freylich möchte sich das bis zum Sommer verziehen, unsere ohnehin zaudernden Künstler haben das späte Jubilate sich noch zum größeren Säumen verführen lassen.

Der Aufsatz über Mantegnas Triumphzug wird Ihnen Freude machen, weil Sie Freund sind von meiner Auslegungsart, und ferner weil ich das Tüpfchen auf's i ganz eigentlich Ihrem Wohlwollen schuldig bin.

Mein Befinden, wenn es mich auch nicht zur Theilnahme an der Gesellschaft berechtigt, ist doch gerade hinreichend, mit Maaß und Ziel das Vorgenommene und Vorgezeichnete zu thun; Meyer und Riemer stehen mir redlich bey. Auch hab ich mich von sonstigen Mitwirkenden zu loben.

Meyer, ein Berliner Patriot, wie er kaum an Ort und Stelle zu finden seyn möchte, deshalb er sogar einige Anfechtung erleidet, empfehlt[210] sich zum allerschönsten und sendet seine cursorischen Betrachtungen Ihrer Kunstschätze; geschieht es mit Ihrer Genehmigung, so werden auch diese Blätter gedruckt; denn es geht doch mit uns Deutschen auf so eine nationale Rederey hinaus; gesprochen muß werden, herüber hinüber; was geschieht, bleibt dem Zufall unterworfen.

Wie nun aber geschrieben steht, daß denenjenigen, die das Wahre lieben, alle Dinge zum Besten gereichen, so muß ich Folgendes erzählen: zu meinem Auszug von Purkinje mußt ich nothwendig eine Nachbildung seiner Tafel hinzufügen, ein schwieriges, genau betrachtet, ein unmögliches Unternehmen. Ich frage bey Schwerdgeburth an, unserm geschicktesten Kupferstecher, der freylich das ganze Jahr mit Almanachs-Bilderchen, die gute a Conto tourniren, beschäftigt ist, wenn er diese Platte nicht selbst unternehmen wolle, ob er mir niemand, der sie unternähme, anzuzeigen wüßte.

Wie mußte mir nun zu Muthe seyn, als mir hinterbracht ward, Schwerdgeburth sey entzückt über den Auftrag, denn er habe früher dieselben Phänomene in seinem Auge bemerkt, sie für pathologisch gehalten, sie gezeichnet und einem Augenarzt zugeschickt.

Aus weiterer Verabrechnung und Thätigkeit wird gewiß etwas Erfreuliches hervorgehen.

Gegenwärtige Sendung möchte nicht länger liegen lassen, finde jedoch Ihr werthes Schreiben nicht gleich[211] zur Hand, gewiß also nicht, ob vielleicht in dieser Antwort mich einer Unterlassungssünde schuldig mache. Möge ich bald erfahren, daß Sie auch diesen unsern guten Willen gut aufgenommen; vor allem aber, daß sich Ihr Befinden mit der großen bedeutenden Thätigkeit einigermaßen in's Gleiche stelle.

treulichst

Weimar den 29. April 1821.

Goethe.


34/209.


An Johanna Charlotte Frommann

Im Bilde, da persönliches Erscheinen versagt ist, dankt der Freude zum allerschönsten für poetische und vegetabilische Mittheilung, sich zu freundlichem Andenken bestens empfehlend.

W. 29. April 1821.

Goethe.


34/210.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Ihr werthestes Schreiben, theuerster Herr und Freund, hätte mich beynahe erschreckt; es fand mich zwischen mehreren, durch's Frühjahr aufgeschlossenen Mineralien-Schränken, eben in Betrachtung von Pflanzenresten der Urwelt; von da ist denn freylich, als aus der düstersten Kohlenregion, ein weiter[212] kühner Schritt bis zu dem Berliner Prachtgebäude und allem, was man daselbst leistet und erwartet.

Weil man sich aber in solchen bedenklich überraschenden Fällen, zu Ermuthigung und Stärkung, mit wichtigen Personen der Vorzeit zu vergleichen pflegt, so dachte ich allsobald an Cincinnatus, welcher, aufgerufen, ohne Zaudern vom ländlichen Herde sich wieder in das Welt- und Kriegsgetümmel hinauswagte.

Die Ehre und Freude, die Sie mir erweisen, läßt mich keine verneinende Antwort finden; ich habe die Sache sogleich überdacht, und Sie erhalten nächstens was bey mir entstehen wollte. Da bey Ihrem Theater alles möglich ist, so werden Sie mir einige nicht allzukühne Forderungen verzeihen. Grüßen Sie Madame Stich zum allerschönsten; das Gute, was ich von ihr höre und denke, verlangt, daß ich etwas angebe ihrer Ausführung würdig.

Mehr sag ich dießmal nicht. Jedoch sende nächstens die Übersicht des Ganzen und den Anfang der Ausführung. Das fortdauernde Vertrauen dankbar anerkennend, mich zu fernerer freundlicher Mitwirkung schönstens empfehlend.

treulichst

Weimar den 30. April 1821.

J. W. v. Goethe.[213]


34/211.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche hiemit ergebenst, auf eine von mir ausgestellte Assignation, an Herrn Johann Friedrich Schmidt, Handelsmann in Weimar, oder dessen Ordre, die Summe von fünfhundert Thalern Sächsisch in Kopfstücken auszahlen und diese Summe der v. Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart zur Last schreiben zu lassen.

Vergönnt sey mir zugleich, das aufrichtige Beyleid auszudrücken, welches bey dem Ihr werthes Haus betroffenen Trauerfalle empfunden. Möchte den Hinterbliebenen alles Gute zu Theil werden und mir auch künftig ein geneigtes Wohlwollen erhalten seyn.

Weimar den 30. April 1821.


34/212.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Verziehen seyen mir, bitt ich, zum Schluß diese flüchtigen improvisirten Bemerkungen.

Es heißt freylich: Eulen nach Athen tragen, wenn ich das, was einer verehrten Intendanz, den würdigen und gewandten, anordnenden und ausführenden[214] Künstlern sogleich beygehen würde, vorläufig ausspreche und andeute.

Da jedoch die Zeit zu kurz die Wirkung in die Ferne manchen Verspätungen ausgesetzt ist, so wollte ich lieber, was mir im Sinne schwebt, zu weiterer Prüfung hingeben.

Wie ich denn jede Art von Wunsch und Forderung, wie sie mir zukommt, sogleich beachten und eiligst fördern werde; glücklicherweise trifft mich dieses unerwartete angenehme Geschäft in einem ganz freyen Augenblick.

Weimar den 2. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/213.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

sende mein Exemplar des 26. Revisionsbogens, die Retardation desselben kann ich mir nicht recht erklären. Daß, der Beschleunigung wegen, die letzten Bogen sowohl der Wanderjahre als Kunst und Alterthum drüben revidirt werden, bin auch sehr wohl zufrieden. Sie werden gewiß die größte Sorgfalt anempfehlen. Zum Roman folgt noch nächstens zwey Bogen Manuscript. Titel und Einleitung verlangen einen halben Bogen. Etwas Manuscript zum neuen Kunst und Alterthum kann ich Sonntags mitgeben und freue mich das Sonstige zu besprechen. An unseren Familientische[215] werden Sie sehr willkommen seyn. Wie ich denn auch sehr vergnügt bin, daß das Bildniß gut aufgenommen worden; bey solcher Versendung wird mir immer bange, weil man gerade den besten Freunden durch dergleichen Surrogate am wenigsten genug thut.

Möge Ihnen auch in dieser Meßepoche alles zum besten gelingen; dem Wanderer Glück auf die Reise und den besten Empfang, den werthen Ihrigen persönlich und in effigie bestens empfohlen zu seyn wünschend.

ergebenst

Weimar den 3. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/214.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Empfangen Sie Beykommendes freundlich und besuchen mich diesen Abend zu einer kritischen Session; wie ich denn im voraus Sie und die liebe Frau Sonntags zum Mittag will eingeladen haben. Vielleicht nimmt Herr Frommann gleichfalls Theil.

Die zweyte Abtheilung des Prologs wünschte morgen fortzuschicken.

Das Beste wünschend.

Weimar den 4. May 1821.

G.[216]


34/215.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Sie erhalten, theuerster Freund, des Prologs zweyte Abtheilung und den Anfang der dritten. Nach denen schon neulich übersendeten Bemerkungen bey, geneigt zu überlegen.

Ich füge den Anfang der dritten Abtheilung hinzu, damit Sinn und Ton derselben vorläufig klar werde. Die Rede wird noch einige mal ricochetiren. Wenn Sie das vorliegende Ganze überdacht haben, so seyn Sie so gütig, mir zu sagen, was Sie noch erwähnt wünschten. Ich werde ein Lob des Baumeisters und er mitwirkenden Künstler einführen, und da mir bekannt ist, daß Ihro Majestät dem Könige dergleichen directe nicht gefällt, so will ich indirect diese Pflicht zu üben suchen.

Ich wünsche, daß meine Intention und die Ausführung Ihren Beyfall haben möge; ich muß freylich geben, was der Augenblick verlieh. Im Allgemeinen kann man sagen: die Absicht der ersten Abtheilung ist, zu dem Verstand zu sprechen; der zweyten, auf die Einbildungskraft zu wirken; der dritten, sich an Vernunft und Gefühl zu wenden. Möge das alles gelungen seyn und auch Ihren Absichten entsprechen.

Der werthen Schauspielerin die besten Grüße. Es ist freylich bey diesem Unternehmen auf ein vorzügliches mannichfaltiges Talent gerechnet.

[217] Um baldige Nachricht von der Ankunft meiner beiden Sendungen (die erste ging den 3. May ab) zum allerschönsten ersuchend, empfehle mich und das Meinige zum freundlichsten Andenken.

treulichst

Weimar den 5. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/216.


An Johann Heinrich Meyer

Indem ich Sie, mein Theuerster, heute Abend zu sehen hoffe, melde vorläufig: Herr Frommann morgen früh bey uns eintreffen wird und vor seiner Abreise nach Leipzig gerne alle Imprimenda berichtigen möchte. Ich wünschte ihm mitzugeben:

1. Da er den Aufsatz über Lithographie erhält, auch zugleich Ihre Nachschrift.

2. Über Dorows Walze.

3. Zum Umschlag Manuscript.

Eine Seite haben Sie mir schon versprochen, um die ich bitte, auf der andern, dächte ich, erwähnte man meines Porträts, und zwar wie beyliegt; ich habe Platz gelassen, wenn Sie einige mäßige Worte zur Empfehlung einschreiben wollten.

Dieses alles zusammen zu bringen haben wir Zeit bis morgen Mittag.

treulichst

Weimar den 5. May 1821.

G.[218]


34/217.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey abgeredetermaßen durch einen Boten Folgendes:

1. Das abgedruckte Manuscript, so weit es in meinen Händen ist.

2. Wanderjahre: Titel etc. zu acht Columnen für den Anfang.

3. Das letzte Capitel, welches etwas über einen Bogen geben möchte, weshalb Sie denn die nothwendige typographische Einrichtung gefällig treffen werden.

4. Zum nächsten Heft Kunst und Alterthum 26 Blätter Manuscript. Mehreres kann sogleich folgen.

Sollte noch irgend etwas zu bemerken seyn, so bitte, solches durch den rückkehrenden Boten zu melden, da denn morgen sich Gelegenheit findet, deshalb das Weitere zu senden.

Glückliche Reise, gutes Geschäft und fröhliche Rückkehr wünschend und mich den werthen Ihrigen bestens empfehlend.

Weimar den 8. May 1821.[219]


34/218.


An Johann Heinrich Meyer

Vermelde, mein theurer Freund, daß der famose Eyck bey mir angelangt ist; es wäre sehr schön, wenn Sie demselben in dem lithographischen Aufsatz einige Aufmerksamkeit widmen wollten. Morgen in aller Frühe geht ein expresser Bote an Frommann, welcher vor seiner Abreise unsere typographischen Angelegenheiten zu reguliren wünscht.

Weimar den 8. May 1821.

G.


34/219.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie mir, mein lieber Herr Professor, heute eine Stunde schenken, so würden wir eine Sendung, welche Herr Frommann durch einen Expressen wünscht, beseitigen können.

Vom Grafen Brühl habe einen freundlich-acceptirenden Brief erhalten.

Weimar den 8. May 1821.

G.


34/220.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Hier abermals einiges Manuscript zu Kunst und Alterthum:

[220] Abgedrucktes: Dritter Band erstes Stück, Bildende Kunst fol. 1-11 incl., Kunstakademien fol. 1-5 incl.

Frisches: Dritter Band zweytes Stück von fol. 27-40 incl.

Mich bestens empfehlend.

Weimar den 9. May 1821.


34/221.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Hier also abermals ein Pensum, theuerster Mann und liebwerther Freund; das nächste wird auch nicht stärker seyn und abschließen. Möge meinen Sendungen vom 3. und 5. May eine freundliche Aufnahme geworden seyn. Dießmal sag ich nichts weiter. Jubilate macht mir viel zu schaffen; möge, was ich in's Publicum sende, auch Ihnen willkommen seyn.

Noch eins: sollte die Stelle: Tausend, aber tausend Stimmen und die folgenden fünf Zeilen, durch einen Chor hinter dem Theater gesungen, nicht bedeutenden Effect thun? Eben das Chor könnte auch die nachfolgenden, von der Schauspielerin vorzutragenden, lyrischen Strophen hie und da begleiten. Doch werden Sie das alles schon einzurichten wissen; möglich zu machen wissen Sie ja alles!

Weimar den 9. May 1821.

Goethe.[221]


34/222.


An Johann Friedrich Posselt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey verschiedene Meteorologica zu gefälliger Benutzung. Zugleich vermelde: daß Serenissimus gerne sehen würden, wenn von denen in Höchst Ihro Landen angeordneten Wetterbeobachtungen in einem öffentlichen Blatt oder Hefte regelmäßige Nachricht gegeben würde. Da nun dieses von Ew. Wohlgeboren, da bey Ihnen, als Director der Sternwarte, zuletzt alles zusammentrifft, am besten geschehen könnte, so ersuche Dieselben, mir einen Entwurf der Art und Weise nächstens zuzustellen; auch das Blatt oder den Heft zu nennen, wo Sie das Einrücken am vortheilhaftesten hielten; ich würde mir alsdenn höchsten Orts nähere Verhaltungsbefehle erbitten. Mit vorzüglicher Hochachtung.

Weimar den 9. May 1821.


34/223.


An Carl Ernst Schubarth

Auf Ihren letzten Brief, mein Werthester, wußt ich nichts zu erwidern; auch jetzt kann ich nur so viel sagen: daß ich mehrmals in meinem Leben junge Leute gesehen, welche, ohne daß man es ihnen hätte rathen können, den Entschluß gefaßt, ihren Lebensgang[222] ganz zu verändern, und denen es nicht übel gelungen ist. Verzeihen Sie, daß ich so lange geschwiegen, mein Antheil an Ihnen bleibt derselbe; dießmal aber hat der Termin Jubilate auf mir gehaftet, als noch nie; Vorsatz und Zufall drängte mehr als billig über einander.

Möge das, was von mir die Messe bringt, Sie in der guten Meynung, die sie von mir gefaßt haben, nicht stören. Mehr sag ich nicht; doch da Sie Ihren Vorsatz, nach Berlin zu gehen, gegenwärtig ausführen werden, so melden Sie sich ja baldigst bey Herrn Geheimen Staatsrath Schultz, der sich von einem Namensvetter dadurch unterscheidet, daß er Regierungs-Commissarius bey der Akademie ist, und Sie gewiß freundlich empfangen wird.

Mögen Sie mir auf Gegenwärtiges etwas melden, so kann ich schnellere Erwiderung versprechen als diese Monate her. Leben Sie wohl und fahren fort meiner im Guten zu gedenken.

Weimar den 10. May 1821.

Goethe.


34/224.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Die reichlichste Munificenz, womit Ihro Königliche Hoheit alle wissenschaftliche Anstalten, besonders auch Ihro hiesige Bibliothek beglücken, erkennt gewiß jeder[223] Einheimische und Fremde, welchem Anschauen, Genuß und Gebrauch erlaubt ist, mir geziemenden Dank. Wie sollte aber demjenigen zu Muthe seyn, der seit Jahren, Tag für Tag, die freygebigste Vermehrung einzeln zu betrachten und zu verzeichnen das Glück hat. Die Andeutung dieses Gefühls mit wenigen Worten ausdrücken zu dürfen hat er als seine schönste Belohnung anzusehen.

Weimar den 10. May 1821.


34/225.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

eilige abgenöthigte Rückkehr that mir sehr leid, dagegen freut mich gar sehr zu hören, daß das Ihro liebe Gattin betroffene Übel sich bald wieder entfernte.

Was das ägyptische Werk betrifft, kann ich leider Ihren Wunsch nicht erfüllen, denn man hat es bisher, auch nur in der Stadt auszuborgen, streng verweigern müssen. Möchten Sie einmal herüber kommen, um dieß zu sehen, so ließe sich auf andere Weise vielleicht Rath finden. Wir haben geschickte junge Leute hier, die sich vielleicht bequemten, einiges von Ihnen Ausgewählte durchzuzeichnen, oder wie man sich sonst zu arrangiren suchte; wie ich denn sehr gern zur Förderniß Ihrer treuen und ernsten Studien das Mögliche beyzutragen wünsche.

[224] Möchten Sie, wenn Sie nach Weimar kommen, bey mir einsprechen und an unserm Familientisch Platz nehmen, so werden Sie uns alle gar sehr erfreuen.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 11. May 1821.


34/226.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Hiebey übersende, mein Bester, eine Zeichnung zur Gatterthüre der Manuscripte, die wohl allgemein gefallen möchte. Geben Sie solche an den Tischlermeister und lassen erstlich messen, wie sie an den Platz paßt, sodann überlegen: ob man sie von weichem oder hartem Holz mache, was sie in beiden Fällen kosten möchte? die Röschen werden von Dreher gefertigt, das Mittelstück liefere ich von hier; Anstrich und allenfallsige Broncirung und Vergoldung würde besonders zu berechnen seyn.

Lassen Sie das alles fördern und behalten es bey sich. Herr Ober-Baudirector Coudray, der die schöne Zeichnung verfertigt, wird bey seiner nächsten Ankunft in Jena auf der Bibliothek anfragen, mit dem sodann das Weitere zu besprechen ist; doch wird nicht abgeschlossen, bis ich von allem unterrichtet bin.

Die besten Grüße und Wünsche.

Weimar den 11. May 1821.

G.[225]


34/227.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Ob ich gleich mit meinem Zustande, theuerster Herr und Freund, verhältnißmäßig Ursache habe zufrieden zu seyn, so könnte doch gerade Ihr schöner, so wohlgemeinter Brief unangenehme Gefühle in mir anfragen. Das Alter mag doch eigentlich eine lästige Sache seyn, das es uns hindert, solche so wünschenswerthe Güter zu genießen.

Ich bin diesen Winter nicht aus dem Hause und dieses Frühjahr nicht weiter als in meinen Hausgarten gekommen, wie sollt ich es wagen, mich zu einer solchen Reise zu entschließen und einer großen bewegten Welt zu übergeben. Entschuldigen Sie mich also bey Sich selbst und meinen hohen Gönnerinnen so gut als nur möglich und überzeugen Sich, daß ich an Ihrem festlichen Tage die größte Unruhe und Ungeduld empfinden werde, nicht Theil an allen den zu erwartenden Herrlichkeiten nehmen zu können. Ich fühle gewiß die größte Dankbarkeit gegen die Höchsten Personen, welche schon so lange mich mit Ihrer Neigung beglücken; was wäre mir wünschenswerther, als solche Verhältnisse anzuknüpfen und zu erneuern.

Auch Sie, mein Bester, wünschte in Ihrem großen herrlichen Wirkungskreise zu bewundern und mich mit Ihnen über alles zu freuen, was gelungen ist und gelingen wird. Sie haben doch nach jenem grausen[226] Zufall viel gelitten und geleistet, möge Ihnen jetzt das alles zu Gute kommen.

Auch Ihrer Frau Gemahlin hätte ich so gern wieder aufgewartet, und was hat nicht Berlin an Menschen und Sachen für mich Wünschenswerthes, welches ich näher kenne als je, seit meine Kinder und Hofrath Meyer dort eine so gute Aufnahme und Gelegenheit gefunden, alle die vielen Schätze zu beschauen, wohin sich denn auch täglich das Gespräch lenkt. Aus allen diesen sehen Sie, wie schwer es mir werden wird, jenen festlichen Tag in meiner stillen, halb ländlichen Wohnung zuzubringen.

Hiebey folgt denn auch der Schluß des Prologs. Möge er und das Ganze genügen; es machte mir viel Freude, Ihnen hierinnen dienen zu können. Wie er gerathen ist, wüßte ich nicht zu sagen; ich stehe noch zu nahe daran, als daß ich das Ganze überschauen könnte.

Grüßen Sie Madame Stich zum schönsten, welche zu sehen ungern entbehre. Auch Wolffs geben Sie ein gutes Wort, denn diese sind's doch eigentlich, welche mich zur Ausführung des Stückes, dem Sie jetzt so große Ehre gönnen, getrieben und genöthigt haben.

Alle mitwirkende Bau- und Bildkünstler sollen auch von mir gesegnet seyn, und so nehme ich Abschied mit den treusten Wünschen und wiederholter Bitte, mich allerseits zu empfehlen und meiner im Besten zu gedenken.

[227] So eben stellt sich unsern erstaunten Augen das herrliche Bild vor, welches jedoch in diesem Augenblicke zu senden eigentlich grausam ist. Die winkenden Götter sehen mich bedeutend an, die Pferde treten so rasch auf, und die Wagen rollen so unaufhaltsam dahin, daß man eiligst mit einsteigen möchte. Mögen solche Festtage zur allgemeinen Freude gereichen.

treulichst

Weimar den 12. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/228.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Meine Sendung vom 29. April ist hoffentlich zur rechten Zeit angekommen; möge sie nützliche Betrachtungen veranlassen und nicht folgelos bleiben. Wir gehen indessen unsern Weg so sachte hin und fördern dießmal mancherley zur Messe.

Zu Gegenwärtigem aber werde ich getrieben durch eine Raabische Sendung, welche glücklich bey mir angekommen, von uns eröffnet und von Freund Meyer, wie die Beylage ausweist, freundlich empfangen worden. Auch mir und andern Kunstliebenden haben diese Bildlein Freude gemacht; man sieht immer etwas mit Augen, von dessen erster Entstehung man keinen Begriff hat.

In etwa acht Tagen, wo man sich daran wird genugsam ergetzt haben, packe sie sorgfältig wieder[228] ein und übersende sie. Was der Transport gekostet, zahlt mir das hiesige Postamt zurück und erhält von dorther, auf dem gewöhnlichen Wege, den gefälligen Ersatz.

Eine schöne Gelegenheit auch wieder einmal, dem Geiste nach, unter Sie zu treten, konnte mir nicht entgehen lassen: Graf Brühl verlangte einen Prolog, den ich nicht zu versagen wußte. Möge die Einweihung des neuen Schauspielhauses glücklich vor sich gehen.

Mit den herzlichsten Grüßen und Wünschen!

treulichst

Weimar den 12. May 1821.

Goethe.


34/229.


An Christian Keferstein

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

geognostische Arbeit hat mir, wie ich davon Kenntniß erhielt, sogleich eine aufrichtige Theilnahme abgewonnen, und ich habe wegen der Färbung meine Gedanken eröffnet, welchen Sie Ihren Beyfall gegeben.

Nach denen Versuchen, die mir bis jetzt zu Gesicht gekommen, wüßte ich nichts zu erinnern, als daß man, da schon vorhandene, mit vielen Namen und Worten belastete Platten hier wieder benutzt werden sollen, daß man, sage ich, mit grauer Farbe die Abdrücke mache, die Farben, welche die verschiedenen[229] Gebirgsarten bezeichnen sollen, genau von einander sondere und in gleicher Stärke, wie man es im Ganzen nöthig findet, die verschiedenen Farben aufträgt.

Freylich, je weiter man gegen das flache Land kommt, desto schwieriger wird die Darstellung, weil gar vieles auf, neben und durch einander liegt.

Aus eigner Rückerinnerung wüßte ich daher das mir übersendete Blatt der herzoglichen sächsischen Lande nicht zu beurtheilen, doch würden sich gewiß in den Bemühungen Charpentiers, Voigts und von Hoffs genaue Bestimmungen finden. (Charpentier, Mineralogie des Churfürstenthums Sachsen; Voigts mineralogische Reisen durch Weimar, Eisenach und Fulda.)

Wir besitzen in Jena das Heimische Kabinett, welches, bey seinem großen Werthe, eben jene Bemerkung des schwer zu unterscheidenden Vorkommens erneuern läßt.

Soviel für dießmal. Ich werde den Gang Ihrer Arbeit theilnehmend verfolgen, mich von Zeit zu Zeit mit den ausführenden Künstlern besprechen und zuletzt das Weitere, über Gelingen und zu hoffenden Nutzen Ihrer Arbeit einiges melden. Gewiß wird es an guten Wirkung derselben nicht fehlen.

Weimar den 12. May 1821.[230]


34/230.


An Friedrich Christoph Perthes

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Sendung hätte nicht zur gelegenern Zeit ankommen können; die Weimarischen Kunstfreunde hielten so eben einen Aufsatz über Steindruck für Kunst und Alterthum bereit, worin gesagt wird, daß das, was in Hamburg dafür geschehen, ihnen nicht bekannt geworden. Die überschickten, trefflich gelungenen Blätter veranlassen eine Nachschrift, die Ihnen und Ihren Künstlern keine unangenehme Empfindung machen wird. Da ich mich auf jenen Aufsatz berufen kann, sage ich nichts weiter über diesen so wichtigen Kunstzweig.

Erlauben Sie ferner, daß ich von Zeit zu Zeit jemanden empfehle, in solchen Fällen versteht sich's immer, daß günstige Zufälligkeiten dem guten Willen des Freundes zu Hülfe kommen, ungünstige dagegen den besten hindern und lähmen.

Für die übersendeten Bücher danke Ihnen und Ihrem Handelsgenossen zum allerschönsten. Zu einem wundersamen Rückblick auf's ganze Leben nöthigten mich die Stolbergischen Werke; die höchstbedauerli che Trübung der letzten Tage unseres Freundes habe immer gefürchtet; er ging von seiner Seite so rasch und zuversichtlich zu Werke, daß ihm verborgen blieb:[231] ein gewisses herkömmliches Vorurtheil werde die Blößen, die er gab, nicht auf immer zudecken.

Der Spanische Lustgarten hat mich aufgeregt, dieser herrlichen Sprache und Literatur wieder einige Stunden zu widmen; hätte der treffliche Sammler, von dem ich wohl nähere Kenntniß wünschte, nur das Doppelte oder Dreyfache an die Fingerzeige für deutsche Leser gewendet, so hätte er mich und alle, die ohngefähr in demselben Verhältniß gegen das Spanische sich finden, sehr gefördert und würde uns ohne Mühe viel Mühe erspart haben.

Ich schließe nicht ohne zu melden, daß Gauby, den Sie so freundlich gefördert, auf seiner militärischen Laufbahn sich brav gehalten, vergangenen Herbst zum Hauptmann avancirt und verheirathet ist, auch Ihrer, wenn wir uns sehen, mit Liebe und Dankbarkeit gedenkt.

Den letzten Winter befand ich mich besser als lange Zeit, aber ich hielt mich auch strenger als je und habe mancherley vor mich gebracht. Möge das, was die Jubilate-Messe von mir bringt, auch Ihnen zu Geist und Herzen gehen.

Strixner, gegenwärtig in Stuttgart, hat bey lithographischer Nachbildung der Boisseréeschen Sammlung Wunder gethan; sechs Blätter davon liegen vor mir, sämmtlich lobenswürdig; das letztere aller Forderung und Erwartung voreilend. Eine Verkündigung nach von Eyck! Es machte mich lächeln, daß Ihr so trefflich[232] gerathener israelitische Doctor sich wohl daneben zeigen und diesen Wendepunct des Alten und Neuen Testaments selbst mit Vergnügen beschauen dürfte.

Findet sich dieser Brief in Leipzig, so bitte um baldige Nachricht deshalb.

Mit reiner Hochachtung und treulicher Theilnahme.

Weimar den 12. May 1921.


34/231.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Theuerster, morgen um 12 Uhr wieder zu einer Session erscheinen, so würden wir überlegen können, wie es mit der Auszeichnung Homerischer Gleichnisse zu halten sey. Ihre liebe Frau findet sich zur Tischzeit ein, und wir genießen einer frohen Unterhaltung.

Weimar den 12. May 1821.

G.


34/232.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Verzeihen Sie, mein Theuerster, wenn ich Sie durch meine Anforderungen auch nur einen Augenblick in Verlegenheit setze; der Sache ist jedoch gleich geholfen und zwar folgendermaßen.

Vom Anfange herein wird gesprochen bis: Der sich der Muse treulich zugesellte incl. Das nunmehr folgende: Was ruft! pp. fällt weg bis: Alles ist am Ende gut incl.

[233] Der Übergang geschieht mit wenig veränderten Worten also:

Viel ist, gar viel mit Worten auszurichten.

Wir zeigen das im Reden wie im Dichten;

Ton und Bewegung aber muß man hören, sehn,

Sie schildern darf man sich nicht unterstehn.

Unmittelbar sollt Ihr den Reiz empfinden

An Sang und Tanz, wenn sie sich selbst verkünden.

An ihnen fühlt man gleich der Muse Gunst,

Das höchste Ziel pp.

und so bis zu Ende.

Eine gesetzte ruhige Recitation möchte etwa eine Viertelstunde füllen.

Nach dieser Abkürzung würde nicht zur Musik rathen, weil keine lyrische Anforderung in dem Vortrage liegt, und so könnte denn alles ohne Theaterveränderung und Umkleidung vor sich gehen.

Secretiren Sie jedoch, mein Werthester, den Theil, den wir auslassen, wir können ihn mit Wenigem in ein artiges kleines Stück verwandeln, das sich alsdenn mit aller Bequemlichkeit ausschmücken läßt.

Sodann würde das, was Sie, wegen allzulebhaften materiellen Forderungen an's Theater, gesagt wünschen, in einem eignen Prolog gelegentlich ausführen und sonst noch manches, nach Verlangen, zu dem herrlichen Unternehmen beytragen.

Der Schluß des Ganzen, welcher gestern, den 12. dieses, von hier abgegangen, wird mit Gegenwärtigem wohl auch in Ihre Hände kommen; möge sich das[234] Ganze auch, auf jetzt beliebte Weise, hübsch an einander fügen und runden.

Viele Empfehlungen an Herrn Wolff und an die Theilnehmenden; lassen Sie bald hören, inwiefern Ihnen die Abänderung genügt und behagt.

Tausend Entschuldigungen meinen Gönnern!

Weimar den 13. May 1821.

Eiligst früh 10 Uhr.


34/233.


An Carl Friedrich Zelter

Wir sind zu Hause, der Freund willkommen.

W. d. 13. May 1821.

G.


34/234.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

danke zum allerschönsten für die neulich übersendeten Aushängebogen einer Schrift, wodurch Sie Studium und praktische Ausübung der Chemie höchlich befördern. Der deutliche Fingerzeig zu so compendiösen Anstalten muß eine muntere Jugend zu lebhafter Theilnahme bewegen. Mir die ferneren Bogen nach und nach zu senden werden Sie die Gefälligkeit haben.

Sodann ersuche noch um eine kleine Beyhülfe zu chromatischen Versuchen. Ich habe mit dem Frühling angefangen Blumenfarben zu extrahiren und wünsche[235] sie nun mit sauern und basischen Reagentien zu prüfen; deshalb mir einige zu diesem Zweck erbitte.

Der ich Sie in fortgesetztem Wohlseyn zu wissen angelegentlichst wünsche.

ergebenst

Weimar den 15. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/235.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit Nachstehendes zu beachten.

Ich wünschte zu wissen: ob Sie, wenn man griechische Namen mit deutschen Lettern, z.B. Chryseïs, drucken wollte, unter Ihrer deutschen Schrift das doppelte punctirte ï besitzen, damit man sich darnach richten könnte.

Ferner ersuche Dieselben, mir einige Proben von Sternchen zu übersenden, die man in die Zeilen, wie z.B. auf beyliegendem Blatt geschehen, einschalten könnte, welche nicht allzu auffallend und doch genugsam bemerklich wären.

Weimar den 16. May 1821.


Die Aushänge-Bogen sind glücklich angekommen, und es soll mir sehr angenehm seyn, bald den völligen Abschluß zu erhalten.[236]


34/236.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche um eine kleine Gefälligkeit; ich wünschte nämlich zu erfahren, wo der kleine Aufsatz [sich finde], den der gothaische Lichtenberg über die dem Auge manchmal vorschwebenden Mücken geschrieben hat. Er steht in einem physischen Journal früherer Zeit und ist Ihnen vielleicht erinnerlich. Ihr Herr Vater, dem ich mich bestens empfehle, weiß gewiß darüber Auskunft zu geben.

Das Beste wünschend, schönstens grüßend.

Weimar den 16. May 1821.


34/237.


An Alexander von Humboldt

Gruß und Sendung durch Herrn Bredt von meinem verehrten und geprüften Freunde war mir höchst erquicklich; in Eile schlug ich den Band grad in der Mitte ohne Zaudern auf und stürzte mich mit Ihnen in die wildesten Gegenden, wo mächtige Flüsse nicht allein für sich unaufhaltsam dahin strömen, sondern sich auch, auf eine nicht entdeckte Weise, zu vereinigen suchen. Sie sehen daraus, daß ich gleich in medias res gesprungen bin; wie will man Ihnen aber nur einigermaßen beykommen, wenn man nicht so anfinge.

[237] Nun darf ich von mir mit der größten Wahrhaftigkeit sagen, daß ich Sie nie aus dem Sinne gelassen, mit frommen Wunsch und treuem Willen Sie jederzeit begleiten.

Wie ich denn hinzusetzen muß, daß unter den angenehmsten Erinnerungen früherer Zeit mir das Zusammenleben mit Ihnen und Ihrem Herrn Bruder immer ein lichtester Punct bleibt: denn wie viele hoffnungs- und thatenreiche Anfänge habe ich denn in meinem Leben so folgereich fortsetzen und glanzreich wachsen sehen?

Es thut mir sehr wohl, und ich danke Ihnen, daß Sie mir Gelegenheit geben, dieses auszusprechen; hiernach aber kann ich mich nicht enthalten, auch von mir soviel zu sagen, daß ich diesen Winter durch entschiedenste Einsamkeit und durch diäteste Schonung mich besser befunden als seit vielen Jahren und meine Zeit auf mancherley Weise genutzt habe, dergestalt, daß ich auf der Jubilate-Messe ordentlich einmal wieder als Autor erscheine. Wäre es geziemend, Käuzlein nach Athen zu tragen, so sollte Ihnen auch etwas von solcher Brut zu Hause kommen.

Von Ihrem Herrn Bruder habe lange nichts unmittelbar vernommen, durch Freunde jedoch, daß er einen meiner alten sehnlichsten Wünsche zu erfüllen gedenkt, eine anschauliche Charte auszuarbeiten, wie die Sprachen über das Erdenrund ausgetheilt sind. Er hatte früher die Gefälligkeit, mir in einem ähnlichen[238] Unternehmen beyzustehen, wovon ich noch allerliebste Mittheilungen verwahre; da ich aber von den Dämonen öfters hin und wieder geführt werde, und manches Gute durchzusetzen mir nicht immer gelingt, so bin ich höchlich erfreut, daß ich ihm als dem echten und geeigneten Freunde diese befriedigende Belehrung schuldig werde.

Und so mit aufrichtigen Wünschen und dringender Empfehlung.

Weimar den 16. May 1821.

Goethe.


[Beilage.]

Unter dem Titel: Weimarische Pinakothek ist das erste Heft der vor einem Jahre angekündigten Nachbildungen merkwürdiger, in großherzoglichen Bibliotheken, Sammlungen und Museen befindlicher Kunstgegenstände in Steindruck erschienen; es enthält vier Blätter:

1. Der lustwandelnde Sokrates nach Carstens.

2. Das Bildniß des Malers Crayen, nach A. van Dyck.

3. Studium von Leonardo da Vinci, nach Natur.

4. Das Capitol von der Seite; ein Blatt Text in gleichem Folioformat wie das Übrige.

Der Preis ist 3 Thaler Sächsisch.

Bey Professor Müller in Commission zu haben.

Weimar den 17. May 1821.[239]


34/238.


An Johann Georg Neuburg

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

empfangen meinen besten Dank für die geneigte Aufmerksamkeit Ihrer naturforschenden Gesellschaft. Wenn er etwas verzögert ward, so darf ich mich wohl damit entschuldigen, daß im vergangenen Vierteljahr sich gar mancherley bey mir zusammenhäufte, und ich erst jetzt, kurz vor der Messe, wieder freyer athmen kann.

Sehr erfreulich ist mir die Nachricht, daß durch Ihre und Ihrer Freunde Thätigkeit auf dem soliden Grunde des Senckenbergischen Stiftes weiter fortgebaut wird. Sie erfüllen dadurch einen meiner angelegentlichsten Wünsche. Wer Kunst und Wissenschaft fördert, darf sich sagen, daß er gränzenlose Folgen vorbereitet; und dieser Gedanke belebt gewiß auch die zusammengetretene Gesellschaft bey einem Geschäft, das Aufmerksamkeit und Beharrlichkeit erfordert. Ich werde nicht verfehlen, von Zeit zu Zeit etwas mitzutheilen, wovon ich glauben darf, daß es Ihren Zwecken behülflich sey. Wie ich denn sogleich drey Hefte meiner naturwissenschaftlichen Arbeiten hier beylege.

Möge ich meinen lieben Landsleuten auf's beste empfohlen bleiben.

Weimar den 16. May 1821.[240]


34/239.


An N.N.

[Concept.]

Seit mehreren Jahren genieß ich glücklicher Weise des Vertrauens meiner lieben Landsleute, daher erhalte ich öftere Sendungen und Anfragen von wohldenkenden, talentreichen, strebenden, jüngeren und älteren Personen. So wie es nur geschehen konnte, habe gern darauf erwidert; nun aber vermehrt sich dieses Wohlwollen, indem sich die Kräfte vermindern; Einzelnen zu antworten wird mir ganz unmöglich. Weil aber diese Sendungen und Fragen meistens von schöner Bedeutung sind, so erregen sie Gedanken und Empfindungen, die ich wohl mitzutheilen wünschte. Ich werde daher in meinen Heften Kunst und Alterthum, nicht weniger zur Morphologie und Naturwissenschaft, dergleichen niederlegen und ersuche meine unbefriedigten werthen Correspondenten, sich darin umzusehen. Ich denke, wie es sich schickt, namentlich oder mit den Anfangsbuchstaben meine Erwiderungen zu bezeichnen. Z.B. wird in des dritten Bandes zweytem Heft, auf Herrn Doctor Kannegießers zu Prenzlau Veranlassung, eine nähere Auslegung der Herzreise im Winter zunächst erscheinen, indeß ich Ihnen, mein junger Freund, unmittelbar diese Erklärung zuzusenden für Pflicht halte.

Weimar den 16. May 1821.[241]


34/240.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten, da es etwas schwierig war eine Zeichnung zu erlangen, in beykommendem Schächtelchen zwey Abgüsse der neulich vorgezeigten Medaille, um solche nach Paris zu senden. Zugleich wäre zu bemerken, daß man zwar die Ähren als Hauptverbindung des Kranzes beybehalten, statt der Trauben aber Blumen, statt des Weinlaubs Epheu wünsche. Unsere Medaille würde etwas kleiner werden.

Dürft ich um Beyschluß des Briefes an Herrn von Humboldt bitten?

Auch darf ich nicht versäumen anzuzeigen, daß ein gnädigst gewährendes Rescript von Gotha eingelangt, weshalb Herrn von Hoff den besten Dank für geneigte Mitwirkung abzustatten bitte.

gehorsamst

Weimar den 17. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/241.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

erhalten hiebey das verlangte Stück der Bibliotheca italiana. Die Verfasser sind die trefflichsten Männer und in Absicht auf Kenntnisse, Einsicht, Vortrag, Styl bewundernswerth; aber dagegen auch partheiisch, ungerecht, unbillig, herb (der Redacteur heißt daher[242] auch Acerbi.) Ich läugne nicht, daß sie mir oft sehr unangenehme Empfindungen erregen. Wie ich denn unsere mayländischen Freunde im nächsten Stück Kunst und Alterthum abermals zu verbinden hoffe, indem ich den guten Manzoni gegen diese bittern Widersacher in Schutz nehme.

Ihre Berechnung von Longhi's Gewinn ist merkwürdig, wenn sie auch übertrieben seyn sollte; ich freue mich darüber, denn warum sollte der Künstler nicht so gut als der Handelsmann von den Umständen, Liebhabereyen, Vorurtheilen Nutzen ziehen? Hat doch auch der Engländer Scott von seinen Romanen gränzenlosen Vortheil gewonnen.

Die Kufischen Münzen werden Kosegarten sehr willkommen seyn.

Die beiden Briefe lasse mit gnädigster Erlaubniß in ein Fascikel heften, welches dergleichen schon mehrere enthält.

Weimar den 17. May 1821.


34/242.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Möge Beikommendes meiner verehrtesten Fürstin einige Unterhaltung geben, und Ihro Majestät des Königs Allerhöchster Gnade mich zu empfehlen nicht unwerth scheinen!

Unterthänigst

Weimar d. 18. Mai 1821.

J. W. v. Goethe.[243]


34/243.


An den Großherzog Carl Friedrich

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

für die übersendeten Kupfer unterthänigst dankend, bitte um Erlaubniß, sich noch kurze Zeit bey mir zu behalten. Das mir gnädigst bestimmte hat mir sehr viel Vergnügen gemacht.

Zugleich erbitte mir die Unterschrift des beyliegenden Blattes, damit man sich bey dem Schloßvogt von Belvedere wegen der Abgabe des Tempels und der Büste legitimiren könne. Auch hiefür danke ich zum allerbesten, und werden Höchstdieselben gewiß Freude haben, dieses hübsche und erinnerungsvolle Kunstwerk reinlich aufgestellt zu sehen.

Weimar den 18. May [1821.]


34/244.


An Johann David Färber

[Concept.]

Zu geologischen Studien, mein guter Färber, bedarf ich

1. der großen Höhencharte von Europa, welche, da sie durchschnitten und auf Leinwand gezogen ist, gar wohl zusammengefaltet und gut eingepackt werden kann. Sodann wünschte

2. die sämmtlichen Catalogen der Suitensammlungen unserer Societät. Letztere sende baldmöglichst[244] zurück. Um beides ersuchen Sie in meinem Namen den Herrn Bergrath Lenz, grüßen ihn zum allerschönsten und sorgen für gute Bestellung durch die fahrende Post.

Weimar den 18. May 1821.


34/245.


An Carl Emil Helbig

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey, was in Gefolg der neulich mitgetheilten Anordnung in Jena eingeleitet worden. Möchten Dieselben mich auf einige Augenblicke besuchen, so könnte man die Sache nochmals besprechen und abschließen, und würde diese Anordnung, wohlausgeführt, Serenissimi Absichten wohl entsprechen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 18. May 1821.


34/246.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

erhalten hiebey, was Boisserée wegen des illuminirenden Exemplars gemeldet.

Da nach meiner Einsicht nur bey der Tafel, wo die bunten Fenster vorgestellt sind, welche eigentlich in allen Exemplaren illuminirt seyn sollten, [sonst][245] kaum ein Fall denkbar wäre, wo Farbe von Bedeutung seyn könnte; so möchte denn doch in Vergleich mit dem Resultat der Preis übermäßig ausfallen. Gnädigster Prüfung alles anheimgebend.

unterthänigst

Weimar den 19. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/247.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

haben mich, wie schon öfters, durch freundlichen Zuruf aus meinem Sündenschlafe geweckt, so daß ich den kühnen Entschluß faßte, Beykommendes heute früh zu extemporiren; wenn Sie es im Ganzen billigen, so könnte man es nochmals besprechen, im Einzelnen zurecht rücken und sodann eine Abschrift an Herrn von Wangenheim senden.

Mich bestens und schönstens empfehlend, für freundliche Theilnahme und Aufregung verbindlich dankend.

gehorsamst

Weimar den 19. May 1821.

Goethe.


34/248.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Anbey noch ein wissenschaftlicher Nachtrag mit dem rückkehrenden Büchlein. Morgen Sonntag früh nach belehrender Session ein frohes gemeinsames Familiengastmahl.

Weimar den 19. May 1821.

G.[246]


34/249.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

säume nicht zu melden, daß das Kistchen glücklich angekommen, auch die Wolkenmesser sogleich Serenissimo und von Höchstdenenselben an die Ökonomen übergeben worden. Dieser treffliche, immer thätige Fürst läßt zum schönsten grüßen und danken, wobey Derselbe folgenden Wunsch äußerte:

Er sah nämlich in der Sammlung Ihrer Königlichen Hoheit des Erzherzogs Carl einen sehr schönen Plan von Alexandrien und wünscht eine Copie desselben; glaubt auch, sie könne durch Vermittlung des Herrn Grafen Grünne, welcher deshalb zum besten begrüßt wird, geschehen, und habe solches hiedurch Ew. Hochwohlgeboren melden sollen.

Erlauben Sie zugleich, daß ich für die sehr angenehmen Mineralien meinen verbindlichsten Dank abstatte. Einem Liebhaber ist doch nichts erfreulicher, als eine Lücke seiner Sammlung ausgefüllt zu sehen.

Zugleich darf wohl auf ein interessantes Werk, woran eben in dem hiesigen Industrie-Comptoir gearbeitet wird, aufmerksam machen. Es ist eine Darstellung der allgemeinen geognostischen Verhältnisse von Deutschland. Doctor Keferstein in Halle giebt sie heraus mit einer allgemeinen Charte von Deutschland und mehreren besonderen der[247] verschiedenen Provinzen, illuminirt, um die Gesteinfolge anzudeuten. Er hat die Wege selbst gemacht, die nöthig waren, zu solcher Übersicht zu gelangen, um als ein anderer von Buch uns die beschwerlichsten Pfade zu ersparen. Zugleich werden erfahrungsgemäße Durchschnitte, gleichfalls illuminirt, beygefügt.

Mir war es sehr erfreulich, alle diejenigen Wege zu wiederholen, wo ich selbst Seine geklopft und mich damit herumgeschleppt habe. Wie angenehm ist es, ein Ganzes zu sehen, an dessen Einzelnheiten man sich sein Leben lang abgemüdet hat; und ich bin überzeugt, daß dieses Werk, wie es auch als Versuch gelingen mag, schon jetzt großen Nutzen stiften und in der Folge zu manchen einzelnen Mittheilungen und genauern Bestimmungen Gelegenheit geben wird. Ich wenigstens fühlte mich aufgeregt, gar manche, auf Reisen niedergeschriebenen Beobachtungen, die seit vielen Jahren über einander verborgen liegen, nach dem Gange dieses Werks zu ordnen und vorzutragen.

Weimar den 19. May 1821.


34/250.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Heute nur eilige Nachricht, daß morgen am 20. May der Kasten mit den Raabischen Bildern wohleingepackt abgeht.

[248] Zum Vergnügen wird es Ihnen gereichen, daß sie, näher betrachtet, immer mehr gewinnen, besonders bey Vergleichung mit den Kupferstichen des Herculanischen Werks, welche Sie selbst gefälligst anstellen und daraus ersehen werden, daß dieser Transport wahren Gewinn bringt.

Ein kleiner Aufsatz von Meyern, welcher aus gedachter Vergleichung entstanden, folgt nächstens und noch einiges Besondere, was Raabe meldet und zu beachten wäre.

Mich angelegentlichst zu fortwährender Theilnahme empfehlend.

treulichst

Weimar den 19. May 1821.

Goethe.


34/251.


An Johann Georg Lenz

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

meinen völligen Beyfall über alles bisher Unternommene und Ausgeführte hiedurch bezeigend, gebe zu erkennen, daß ich allerdings wünsche, Dieselben mögen mir eine Zeichnung vorlegen, wie die neue Platte zu den meteorologischen Erfahrungen einzurichten seyn möchte. Es trifft gerade, daß Serenissimus auch für die Schöndorfer Warte eine neue Tabelle beabsichtigen, wobey Conformität erzielt werden könnte.

Ebenso wäre wünschenswerth, daß Ew. Wohlgeboren mit Herrn Ober-Medicinalrath von Froriep,[249] wegen des Einrückens in dessen Journal einer gedrängten Übersicht der wichtigsten Erscheinungen an den verschiedenen Beobachtungsorten, nach dessen Rückkehr sich besprächen und das Weitere mich wissen ließen. Es wird Ihnen und der Sternwarte Ehre [machen], auch zu Serenissimi höchstem Wohlgefallen gereichen, wenn Sie, wie bisher, Sich dieses Geschäfts treulich annehmen mögen.

Mit vorzüglicher Hochachtung und den treuesten Wünschen.

Weimar den 20. May 1821.


34/252.


An Johann Diederich Gries

Ew. Wohlgeboren

werde abermals übergroßen Dank schuldig für den Genuß, den Sie mir durch das unschätzbare Stück Calderons gewähren. Zwar pflegt uns vom Guten das Letzte, was uns gebracht wird, immer als das Beste zu erscheinen, doch dem sey wie ihm wolle, so gehört dieses Stück zu einer der vorzüglichsten Productionen dieses einzigen Mannes. Alle seine Verdienste, die geistreichste Conception eines bedeutenden Gegenstandes, die Verwandlung des Geschichtlichen in ein Fabelhaftes, die gewandteste Benutzung aller dramatischen und theatralischen Vortheile, poetische Gleichnißfülle, rhetorische Dialektik, das alles, in gewissen hohen[250] Puncten zusammentreffend, wahrhaft rührend, obgleich im Ganzen nicht auf's Gemüth angesehen.

Ich wiederhole meinen verbindlichsten Dank und bemerke nur, daß von dem Schriftsteller höchste moralische Bildung gefordert wird, indem ja man nach herkömmlicher und geprüfter Sittenlehre das Gute nur um des Guten willen thun soll, ohne an eine Rückkehr auf sich selbst zu denken. Der Deutsche besonders wird hierin stark geprüft, das kommt aber von den vielen Mitarbeitern, der daraus entstehenden Concurrenz und besondern Absichten vielfältiger literarischer Blätter. Fahren Sie ja fleißig fort und erhöhen unsere innern Sinne von Zeit zu Zeit mit solchen Meisterwerken.

Hochachtungsvoll,

ergebenst

Weimar den 20. May 1821.

Goethe.


34/253.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeb.

empfangen abermals geneigt den überarbeiteten Aufsatz, der noch immer genug seinen extemporirten Ursprung verräth. Möge er durch Ihre Vermittlung das Beste wirken.

gehorsamst

Weimar d. 21. May 1821.

J. W. v. Goethe.[251]


34/254.


An Johann Heinrich Meyer

Möchten Sie, theuerster Freund, Ihro Hoheit Beykommendes zu lesen geben, das ich freylich baldigst wieder zu erhalten wünschte; denn ich muß es eiligst an Boisserée schicken, welcher es übel finden könnte, wenn es ihm von fremder Hand zukäme. Das größere Blatt gehört zu dem Eyckischen Portefeuille, bey dessen Rücksendung ich dieß Verzeichniß beyzulegen versäumte. Darf ich zugleich um den Revisionsbogen 7 bitten?

Weimar den 22. May 1821.

G.


34/255.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

den Empfang der letzten Sendung hiedurch ankündigend und bescheinigend, lege den Anfang des Manuscripts zum neuen Hefte Kunst und Alterthum bey. Wir wollen dießmal den Schmutz- und Haupttitel bis zuletzt lassen.

Bey diesem Aufsatz tritt nur der Gebrauch der Sternchen ein, von welchen wir das kleinere wählen. Der Setzer findet Röthelpuncte, an deren Stelle nun das kleine Sternchen in die Zeile vor das Wort Gleichniß, oder was sonst eine Vergleichung andeutet, eingeschaltet wird. Weiter wäre nichts zu[252] beobachten. Dieses Manuscript wird etwas über zwey Bogen im Drucke geben, mehreres liegt bereit, so wie auch zu der zweyten angefangenen Hälfte Kunst und Alterthum, zu welcher der 7. Bogen zurückkehrt.

Nächstens gleichfalls Manuscript zur Naturwissenschaft.

Hiebey bemerke, daß abermals eine Kupferplatte mitgeliefert wird. Das vorige Mal hab ich 1062 abdrucken lassen; soll dieß auch dießmal geschehen, so bitte mich davon zu benachrichtigen.

Sodann vermelde, daß bey den griechischen Namen, welche einen doppelten Punct über dem i verlangten, wir es bey dem einfachen wollen bewenden lassen, weil mir der lateinische Buchstabe zwischen den deutschen sehr widerlich erscheint und ich immer nicht habe begreifen können, wie man einen so leicht zu hebenden Mißstand nicht eiligst abgeschafft hat. Doch es mag auch dieß seine Gründe haben. So sieht z.B. Boisserée und Abbé so wunderlich aus.

Übrigens empfehle mich zum schönsten und wünsche, da ich vielleicht noch bis Ende Junius in Weimar bleibe, daß unsere Geschäfte fleißig vorwärts gehen. An Manuscript soll es nicht fehlen, und die Revision wollen wir möglichst beschleunigen.

Fortdauerndem Andenken und Theilnahme mich bestens empfehlend.

Weimar den 22. May 1821.[253]


34/256.


An Carl Ernst Schubarth

Am 10. May ging ein Brief an Sie, mein Theuerster, nach Breslau, worin ich meinen fortdauernden Antheil betheuere und einige Nachricht von Ihren Zuständen wünsche. Indessen sind Sie näher geruckt und lassen vernehmen, daß Sie nach Berlin zu reisen gedenken, welches ich sehr billige, mit dem Wunsch, daß die Absichten, welche Sie hegen, bestens gelingen. Ich kann mir im Allgemeinen Ihren Zustand sowohl als Ihre Vorsätze denken; unterrichten Sie mich weiter davon. Möge ich nur Erfreuliches vernehmen.

An Herrn Geheimen Staatsrath Schultz liegt ein Blatt bey; ich wünsche, daß er in der Lage seyn möge, Ihnen zu nutzen; er theilt meine günstige Meynung von Ihnen.

Was Sie über Homer und sein Jahrhundert sagen werden, erwarte mit Verlangen; es stimmt gewiß mit Ihrer übrigen Denkweise zusammen, die ich zu kennen glaube.

Mein Auszug aus der Ilias wird zur Hälfte in dem nächsten Stück Kunst und Alterthum erscheinen. Die Gleichnisse sind umständlich aufgeführt und jedes mit einem Sternchen bezeichnet, welches zu eignen Betrachtungen Anlaß giebt.

Mehr sage nicht dießmal, das Beste wünschend.

Weimar den 22. May 1821.

J. W. v. Goethe.[254]


34/257.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Durch Herrn Carl Ernst Schubarth, welcher Ihnen schon genug durch sich selbst empfohlen ist, sende beste Grüße. Möge ihm sich eine Lebensaussicht eröffnen, weshalb er seine Wünsche selbst vortragen wird. Da ich aufrichtigen Theil an seinem Schicksal nehme, so wird durch sein Glück das meinige befördert. Leben Sie wohl, verehrter Freund, und lassen mich bald von sich und Ihrer Thätigkeit wissen.

treulichst

Weimar den 22. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/258.


An Georg Moller

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

wieder einmal auf das freundlichste zu begrüßen, für so manche im Laufe der Zeit an mich gelangte Mittheilung und Belehrung verpflichteten Dank abzustatten giebt mir mein gnädigster Herr die Gelegenheit. Höchstderselbe haben nämlich die übersendeten Blätter Fuchsischer Zeichnungen, nach farbigen Fensterscheiben zu St. Cunibert in Cöln, wohl erhalten; und so zufrieden Ihro Königliche Hoheit mit der wirklich außerordentlich schönen Arbeit sind, so findet Sie sich doch einigermaßen in Verlegenheit, weil niemand eine solche Arbeit zu schätzen unternähme. Ew. Wohlgeboren[255] werden daher, weil Sie mit solchen Bemühungen auf's genauste bekannt sind, hiedurch höflichst ersucht, irgend eine Summe anzugeben, womit der wackere Künstler etwas zufrieden seyn könnte, da es ja fürstlicher Munificenz immer anheim gegeben bliebe, noch irgend etwas zuzulegen.

Ihro Königliche Hoheit werden diese so wie die bisherige Gefälligkeit dankbarlichst anerkennen.

Der ich bey dieser Gelegenheit mich auf's neue freundlichem Wohlwollen und geneigtem Andenken bestens empfehle.

Weimar den 22. May 1821.


34/259.


An Sulpiz Boisserée

Die vorausgesehene und Ihnen verkündigte Contestationen sind wirklich eingetreten und verschiedene, nicht ganz erfreuliche Discussionen entstanden, worin zufälliger Weise ein reisender Bundestagsgesandter verflochten werden. Alles außer meiner Gegenwart. Da sich indessen der Streit wo nicht zu verbittern, doch zu verwirren schien, so gab ich den Wunsch zu erkennen, daß alles Gesprochene eiligst möchte redigirt werden, und versagte nicht meine Einwirkung.

Was entstanden, liegt hier bey, und es möchte dem Freunde wahrscheinlich nicht unangenehm seyn, da er selbst den unmäßigen Bauplan nicht billigen kann.

[256] Soviel hab ich gehört, daß der Vorschlag, wie er hier liegt, mehrere Geister und Gemüther schon für sich gewonnen. Ich bitte daher, ihn selbst zu prüfen, und insofern Sie ihm beystimmen, Ihre Entfernung und sonstige Verhältnisse es erlauben, freundlich mitwirken möchten.

Das unübertreffliche Meisterwerk der Verkündigung nach van Eyck hatte ich das Glück zu sehen und mehrere Tage im Hause zu haben, da Ihro Majestät die Mappe unserer theuren Erbgroßherzogin zurück ließen. In dem zweyten Stück des dritten Bandes Kunst und Alterthum wird dessen, so wie anderer trefflicher lithographischer Blätter in allen Ehren gedacht werden.

Wegen der Subscription auf das Domwerk erwidere Folgendes. Bey so bewandten Umständen würde der Großherzog auf Ein Exemplar, die Lieferung zu 60 Gulden, subscribiren, doch wünscht Derselbe die Tafel oder Tafeln, worauf die gemalten Fensterscheiben gegeben werden, illuminirt.

Die angebotene Münze bitte für mich zu behalten und von Herrn von Cotta die kleine Auslage ersetzen zu lassen. Vielleicht hat der Münzhändler einen Catalog, den er mittheilen könnte.

Möge dieses Blatt zur guten Stunde bey Ihnen eintreffen und mit Ihren Gesinnungen übereinstimmen.

treulichst

Weimar den 24. May 1821.

G.[257]


34/260.


An Friedrich Theodor von Müller

Sehr schön gedacht und gesagt; möchten Sie vielleicht Beykommendes mit einschließen, so erreichte gleich alles zusammen sein Ziel.

Weimar den 24. May 1821.

G.


34/261.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Nach unserer gestrigen Unterhaltung befestigte sich bey mir der schwankende Entschluß, in unsern chromatischen Aufsätzen, nach früherer Intention, wie beyliegt, fortzufahren und Purkinje für das nächste Stück aufzuheben. Es muß daran noch manches gethan und besonders die Stelle wohl durchgearbeitet werden, die mich aufgehalten hat.

Anbey auch der bewußte Aufsatz, den ich mir noch heute zurück erbitte; das übrige besprechen wir Sonntag um 12 Uhr, da wir denn auch Ihre liebe Frau bey Tische zu sehen hoffen.

Mit den besten Wünschen.

treulichst

Weimar den 24. May 1821.

G.


34/262.


An Carl Friedrich von Reinhard

Ihre freundliche köstliche Mittheilung vom 29. April erst jetzt dankbar erwidernd übersende, mit wenig Worten, eilig die letzten Aushängebogen von Kunst[258] und Alterthum; ein Wanderer folgt zunächst, dem ich eine herzliche Theilnahme erbitte. Dießmal hat wirklich Jubilate wie ein Gespenst vor mir gestanden. So alt man auch wird, bleibt man immer unmäßig im Unternehmen, und wie lüsterne Weiber, der Geburtsschmerzen uneingedenk, sich bald wieder zu neuen Gefahr bringenden Vergnügungen hinreißen lassen, so sind wir Autoren doch auch; schon ist ein neues Heft Kunst und Alterthum unter der Presse, ingleichen ein morphologisches. Wie anders aber sollte Diogenes seine Existenz in dieser bewegten Welt bethätigen?

Daß Sie mir verzeihen, Sie auch in unsere Zauberkreise hereingezogen zu haben, beruhigt mich völlig; ich habe leider die bewußte Stelle nicht in ihrer ganzen Kraft bringen können, da ich sehr ängstlich bin, durch irgend eine Indiscretion Freunde zu compromittiren. Ich darf also hoffen, daß, wenn Sie irgendwo in der Folge auf Ihre Gedanken und Worte treffen, Sie mir es weder verargen noch als Plagium anrechnen werden.

Herrn von Wangenheim, der nur bis Gotha gekommen, bedauere nicht gesehen zu haben; empfehlen Sie mich dem Werthen allerschönstens.

Nun vermelde schließlich, daß ein Faß des köstlichen Weines auf Flaschen gezogen, sogleich Ihre werthe Gesundheit getrunken und dem Pathen gebührlich die Lippen genetzt worden; er wächst, wie sein Bruder, gedeihlich heran.

[259] Soviel für dießmal, nächstens wird der Wanderer eintreten, mit Bitte, die Unterhaltung fortsetzen zu dürfen. Mögen Sie mir das Programm zu dem Feste schicken, das Sie zur Feyer der Taufe Ihres gottgegebenen Prinzen veranstalteten; Zeitungen melden nur das Allgemeinste, ich möchte es wenigstens im Geiste nachfeyern.

treulichst

Weimar den 25. May 1821.

G.


34/263.


An Postmeister Gruner

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

habe auf Ersuchen Herrn David Knolls zu Carlsbad ein Kästchen Mineralien addressirt und solches Freytag den 9. März d. J. abgesendet. Nun erfahre ich durch einen Brief gedachten Herrn Knolls, vom 18. May, welcher über Johann-Georgenstadt gekommen, daß gedachtes Kästchen bey ihm noch nicht angelangt sey.

Wenn dieses Kästchen nun gerade solche Gegenstände enthält, die diesem braven Mann zur Curzeit höchst nützlich und wünschenswerth sind, so ersuche Dieselben, durch Mittel, die Ihnen zu Gebote stehen, nachzuforschen: wo es allenfalls wäre aufgehalten worden. Von hieraus wird man einen Laufzeddel abgehen lassen.

Ich lege ein Schreiben an Herrn David Knoll hier bey und lasse zugleich ein Päckchen unter Ihrer[260] Addresse an ihn abgehen, worin Catalogen der Steinsammlung befindlich sind, die er dem Publicum anbietet. Haben Sie die Gefälligkeit, auch dieses, wenn es zu Ihnen gelangt, ihm baldigst zukommen zu lassen, auch mir von dem Empfang gegenwärtigen Briefes und jenes Paquets, wenn es zu Ihnen gekommen, gefällige Nachrichten zu geben.

Mich zu angenehmen Gegendiensten freundlichst erbietend.

Weimar den 26. May 1821.


34/264.


An David Knoll

Es thut mir sehr leid, mein werthester Herr, daß mein guter Wille gegen Dieselben und Ihre Unternehmung durch irgend einen Zufall gehindert worden. Vielleicht hat sich die Sache, da Sie Gegenwärtiges erhalten, schon aufgeklärt.

Freytag den 9. März sendete ich ein Kästchen an Sie ab. Es enthielt eine Anzahl der gewünschten druckschriftlichen Exemplare; ferner sendete ich die meisten mir überschickten Mineralien zurück, zu besserer Aufklärung einiger Zweifel; beygelegt war ferner ein Brief an den Glaskünstler Mattoni, mit Aufträgen, alles wohl eingepackt und, nach Ihrer Anweisung, an Herrn Postmeister Gruner in Johann-Georgenstadt addressirt. Nun erfahre ich durch Ihr gefälliges[261] Schreiben vom 13. d. M., daß dieses Kästchen noch nicht bey Ihnen angekommen, sende sogleich Gegenwärtiges als Einschluß durch Herrn Postmeister Gruner und schicke zwey Dutzend Exemplare von dem bewußten Aufsatze, der mir selbst auszugehen anfängt. Vielleicht ist in diesem Augenblick, wie es oft zu geschehen pflegt, das Kästchen angekommen und Gegenwärtiges unnöthig; doch wünschte zu Ihrem löblichen Unternehmen alles beyzutragen und eile mit Erwiderung.

Das Beste wünschend.

ergebenst

Weimar den 26. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/265.


An Johann Heinrich Meyer

Genehmigen Sie, mein Theuerster, Nebenstehendes, so sende solches mit der schon abgedruckten Platte nach Jena, um solches um das nächste Stück Kunst und Alterthum einrücken zu lassen.

Weimar den 26. May 1821.


34/266.


An Johann Heinrich Meyer

Meine treusten Wünsche zu baldiger Wiederherstellung! Folgendes bemerke:

1. Für Kaufmanns Quartier wird gesorgt.

[262] 2. Hiebey die Abschrift des Bleystift-Entwurfs zur beliebigen Redaction.

Baldiges Wiedersehen hoffend.

Weimar den 26. May 1821.

G.


34/267.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende, damit der Abdruck des angefangenen Stückes Kunst und Alterthum desto rascher vor sich gehe, abermaliges Manuscript nebst Inhaltsanzeige, wobey alles Nothwendige bemerkt ist, die Beantwortung der aufgestellten Fragen erbittend.

Mit vorzüglicher Hochachtung.

Weimar den 27. May 1821.


Kunst und Alterthum dritter Band zweytes Heft.

Vom 1. Bogen an:

Ilias, Auszug.

Goethes Harzreise.

Graf Carmagnola noch einmal.

(Wie viel Manuscript noch nöthig, um den 6. Bogen zu füllen?)

Vom 7. Bogen an:

Lithographie.

Longhis Kupfer nach Raphael.

[263] Von Brée Gemälde.

Weimarische Pinakothek.

(Fragt sich, wie viel Manuscript noch nöthig wäre, um das Ganze abzuschließen?)

NB. Das roth Vorgestrichene ist schon in Ihren Händen, das schwarz Vorgestrichene folgt gegenwärtig.


34/268.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

danke verpflichtet für das nunmehr vollständige Exemplar Ihrer schönen Bearbeitung der Metalle, doch enthalte mich nicht, folgenden Wunsch zu äußern. Da vier nach und nach mir zugesendeten Theile sind nicht nur von verschiedenen Einbande, sondern auch von verschiedenem Formate, wodurch denn das Nachschlagen einigermaßen erschwert wird. Ich wünsche daher ein ungebundenes Exemplar, um solches nach meinen Zwecken einrichten zu lassen, und werde dagegen gern die vier sonst erhaltenen Bände zurücksenden.

Eben bin ich im Begriff meine eignen Metalle zu ordnen, deshalb ist mir diese Ihre bedeutende Arbeit sehr willkommen; möchte ich bald Gelegenheit finden, mich, in Gegenwart Ihrer Schätze, durch Sie belehrt zu sehen.

Wegen der zwey Medaillen wiederholte sogleich die Bitte bey Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzoge;[264] wir müssen abwarten, ob die Gnadenthüre sich öffnet; im günstigen Falle erhalten Sie das Gewünschte eingekapselt sogleich.

Sehr leid ist es mir, daß, bey gegenwärtiger Lage der Akademie, Sie in Ihrer Thätigkeit als Lehrer auf eine so traurige Weise mit leiden; man muß indeß, wie ich noch schlimmern Tagen, den Muth nicht sinken lassen.

Der ich recht wohl zu leben und in Ihren hohen Jahren eine dauerhafte Gesundheit wünsche.

ergebenst

Weimar den 27. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/269.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß die abermalige Sendung von Kupfern glücklich und zu meiner Zufriedenheit angekommen. Man muß dergleichen Acquisitionen im Durchschnitt nehmen, und so wird Ew. Wohlgeboren sorgfältige Behandlung den Kunstfreund immer contentiren.

Hiebey eine Assignation auf 25 Thaler an die Herrn Frege und Co. nebst Avisbrief.

Den Michaelscatalog bitte zeitig zu senden, weil ich gerade im Herbst eine Reise zu machen gedenke.

Indessen durch die Freundlichkeit Ihres Herrn[265] Sohns den Catalog der vergangenen Auction mit Preisen erwartend, zum voraus dankbar.

Weimar den 27. May 1821.


34/270.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

belieben abermals auf eine von mir ausgestellte Assignation

Fünfundzwanzig Thaler Sächsisch

für Rechnung der von Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart an Herrn Auctionator Weigel gefällig auszahlen zu lassen, und mir ein freundliches Andenken und geneigte Theilnahme wohlwollend zu erhalten.

Weimar den 27. May 1821.


34/271.


An Friedrich Hildebrand von Einsiedel

[Concept.]

Darf ich, mein theuerster Herr und Freund, wohl um baldige Rücksendung des 20. Bandes meiner Schriften bitten! Er gehört zu dem Exemplar, worin die Druckfehler, in Bezug auf eine neue Ausgabe, verbessert werden; verzeihe daher meine Zudringlichkeit. Möge Rameaus Neffe durch seine Wunderlichkeit dir einige Stunden dieser trüben Tage erheitert haben.

Weimar den 28. May 1821.[266]


34/272.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey Manuscript »Zur Naturwissenschaft« von 1-33. Nächstens eine weitere Sendung.

Es soll mir angenehm seyn, wenn auch dieses Heft vorwärts geht, indem ich von meiner Seite fleißig arbeite.

Das beste Befinden wünschend, hochachtungsvoll.

Weimar den 28. May 1821.


34/273.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Exzell.

haben mir durch die so bedeutende Sendung das größte Vergnügen gewährt. Vorerst war sie mir im allgemeinen ein unschätzbares Zeugniß gewogenen Andenkens, so dann bey näherer Ansicht gab sie einen charakteristischen Einblick, sowohl in die Zustände des wackern Francke, als in die Akademischen jener Zeit.

Solche Documente sind höchst belehrend, indem sie uns die Vergangenheit an-, in die nächste Gegenwart heranziehen, wovon meine Sammlung die schönsten Zeugnisse giebt, deren Vermehrung Hochdenenselben[267] nunmehr verdanckend sie zu weiterer geneigter Beachtung bestens empfehle.

Möge die gute Jahrszeit, die Erleichterung von Geschäften das neulich genossene Glück mir bald abermals verschaffen! Einem nächstens anklopfenden Wanderer günstige Aufnahme erbittend treulichst angeeignet

Weimar d. 29. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/274.


An Ernst Gottfried von Odeleben

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht sogleich zu vermelden, daß das am 23. May abgesendete Kästchen bey mir am 28. ej. wohlbehalten angekommen. Die übersendeten Lievriten sind freylich sehr schön, doch dünkt mich der Preis allzuhoch; wenn Sie denselben etwas vermindern könnten, so würde ich die ganze Sendung behalten. Wollten Sie mir indeß die angedeuteten Fischabdrücke von Monte Bolca, wie Sie melden, zu sehr niedrigen Preisen ablassen, so würde ich auch wohl davon eine Partie zu nehmen geneigt seyn. Senden Sie mir solche wohlgepackt und unfrankiert mit der fahrenden Post; würden wir einig, so sendete eine Assignation an die Herren Frege und Comp., welche sogleich auf Dero Ordre zahlbar seyn würde.

[268] Wegen des übrigen Anerbietens bespreche mich mit Freunden, ob vielleicht einiges könnte zur Bestellung kommen.

Weimar den 29. May [1821.]


34/275.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Indem den Revisionsbogen 8 noch beylege, habe zu bemerken, daß das auf der 118. Seite eingedruckte Sternchen gerade das rechte sey, indem die Absicht ist, das die Sternchen Linie halten; wornach also im Druck fortgefahren werden kann.

Zugleich die Ankunft der 25 Velin-Exemplare von Kunst und Alterthum III, 1 meldend, empfehle mich zu geneigtem Andenken.

Weimar den 30. May 1821.


34/276.


An Wilhelm Dorow

[Concept.]

[30. Mai 1821?]

Aus beyliegendem Hefte ersehen Ew. Wohlgeboren, daß wir unserer abwesenden Freunde immer eingedenk bleiben. Mit wenigen, aber redlich-günstigen Worten gedenken wir Ihres schönen Bemühens und Besitzes.

Auch folgen die mitgetheilten handschriftlichen Blätter zurück, sie sind nicht erbaulich. Was meinen[269] Aufsatz über die Klanginstrumente, denn das sind die aufgefundenen Alterthümer gewiß, betrifft, so will ich ihm keinen höhern als hypothetischen Werth geben; soviel bin ich überzeugt, daß nur auf diesem Wege das Zuverlässige allenfalls gefunden werden könnte. Absurditäten, wie sie Böttiger einmischt, verwirren nur Frage und Untersuchung und können zu nichts führen. Dieß ist aber meistens der Fehler unserer Alterthumsforscher, daß sie ganz fremdartige Dinge heranbringen und den trüben Tag mit Finsterniß überziehen.

Gedachten meinen Aufsatz überlasse zu beliebigem Gebrauch.

Zu Ihrem glücklichen Auffinden gratulirend, erbitte mir weitere gefällige Mittheilung.


34/277.


An Georg Gottlieb Güldenapfel

Die sämmtlichen rückkehrenden Tagebücher, bey jenaischer Bibliothek so sorgfältig geführt, kann nicht besser begleiten, als durch Copie meines Vortrags, womit ich solche an Serenissimum gebracht, und der desfallsigen gnädigsten Äußerung. Gewiß wird hierdurch der Eifer sie fortzusetzen belohnt und angefacht.

Zugleich liegt ein Musterbogen des neuangekommenen Papiers zu den Catalogen bey, er scheint von[270] guter Art, und wird zugleich versichert, daß kein Ausschluß dabey vorkommen solle.

Bey dem Schein, welchen Serenissimus ausgestellt über eine alte Landcharte auf Pergament, ist zu bemerken, daß sie nicht von Ribera sey, sondern von einem Anonymus, und unter dem Titel einer spanischen Weltküsten-Charte von 1495 allenfalls passiren könnte.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 30. May 1821.

J. W. v. Goethe.


34/278.


An Caroline von Egloffstein

Hiebey, theuerste Freundin, ein groß Paquet, enthaltend auf Ihre Anmahnung 3 Exemplare Divan, für Klinger, Willamow und Uwarow. Begleiten Sie solche mit einem freundlichen Schreiben. Zugleich bitte beykommende Rolle Ihro Kaiserlichen Hoheit der Frau Erbgroßherzogin zu überreichen; sie enthält, laut Aufschrift, den Prolog, für Ihro Majestät die Kaiserin Mutter begehrt, und ist so sorgfältig gepackt, daß sie gleich zu versenden wäre.

Behalten Sie mich in einem freundlichen Andenken und empfehlen mich höchsten Orts schönstens und bestens.

treulichst

Weimar den 30. May 1821.

Goethe.[271]


34/279.


An Johann Wilhelm Carl Ludecus

[Concept.]

[Etwa 31. Mai 1821.]

Ew. Wohlgeboren

sende auf Serenissimi höchsten Befehl beygehende Papiere, wovon ich zu meinen Acten Abschrift genommen habe. Sie würden daher gefällig Herrn Max Heinrich Fuchs, Mahler zu Cöln, die Summe von 30 Carolin baldigst auszahlen lassen und mir, wie solches geschehen, sodann Nachricht ertheilen.

Das Beste wünschend.


34/280.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey zwey Verdienstmedaillen für die bezeichneten Männer. Sie sind so gut eingepackt, daß Ew. Wohlgeboren nur den Brief schreiben und, ohne das Päckchen zu eröffnen, solches mit noch einem Umschlag versehen sogleich fortschicken können; gute Wirkung anwünschend. NB. Sie sind in rothen Kästchen mit aufgedruckten Namen.

Zugleich vermelde, daß mit eine sehr schöne Gruppe von Lievrit-Crystallen angeboten worden, die ich nicht gerne weglassen möchte, da sie die äußern Kennzeichen vollkommen darstellen. Wünschen Sie solche, so hätte[272] ich wohl Lust, sie für's Kabinett anzuschaffen. Hier die Silhouette davon.


1821

Die vierseitigen gestreiften Säulen, die vier auf die Seitenflächen aufgesetzten Flächen der Zuspitzung, eine größer als die andere. Wobey bemerklich ist, daß auch diese Zuspitzungsflächen deutlich gestreift sind; das alles auf's herrlichste und jungfräulichste frisch und erhalten.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 1. Junius 1821.

G.


34/281.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen hiebey:

1. Die hiesige monatliche Witterungstabelle.


[273] 2. Das Abgeschlossene Vermehrungsbuch, an dessen Ende ich dem Secretär Kräuter den Ausdruck dankbarer Gefühle nicht vermehren konnte.

3. Die merkwürdig eingesponnene Raupe mag wohl ein Nachtvogel seyn; man wird sie bey ihrer Entfaltung sorgfältig beobachten. Der Mouflon ist noch nicht angekommen; er soll baldigst an Renner spedirt werden.

4. Der neue Knochenfund ist sehr bedeutend:

a. ein unterer Pferdekiefer, wohlerhalten;

b. das Hufbein, selten;

c. Backzähne, auf sehr große Hirsche deutend;

d. ein Bäreneckzahn, äußert selten in dieser Gegend;

e. mehrere Zähne des Paläotherium; alles in Tuffsand locker eingehüllt; sie sollen sogleich in das jenaische osteologische Museum gestiftet werden, und Renner wird sie näher untersuchen.

Die Arbeiter werden wohl fernerhin aufmerksam seyn.

5. Wird die jenaische Rümpelkammer, bey näherer Durchsicht diesen Sommer über, vielleicht noch manches Brauchbare liefern.

6. Die Zahlung nach Cöln ist Ludecus aufgetragen.

unterthänigst

Weimar den 1. Junius 1821.

J. W. v. Goethe.[274]


34/282.


An Johanna Antonia Josefa Brentano

[Concept.]

Der kühle und feuchte May hielt mich noch immer im Hause gebannt, so daß ich die zugesagte Expedition nach Oßmanstedt nicht unternehmen konnte. Madame Bethmann-Hollweg, als muntere Reisende, dagegen hat mir den Vorsprung abgewonnen, sich an Ort und Stelle begeben und wird wegen der zu treffenden Anstalt das Beste sagen und rathen können. Dabey wird sie jedoch auch gedenken, daß ich mir die Freyheit genommen, einen bey mir bisher oft überlegten Vorschlag zu thun: man möge nämlich den oft besprochenen Grabesfleck den Eigenthümern wieder zurückgeben und auf alle weitere Einwirkung Verzicht thun. Sie würden sich, wie sie schon gegen mich erklärt, zur Pflicht machen, diesen durch Freundschaft geweihten Platz schicklich und würdig zu behandeln und sowohl sich selbst als die entfernten Verwandten und Wohlwollenden vor allen Ansprüchen und Mißverhältnissen zu bewahren. Sollte dieß oder etwas anders beliebt werden, so würde mit Vergnügen eine fernere Vermittlung anbieten.

Meiner verehrten Freundin wie Ihrem ganzen Hause und Umgebung mich angelegentlichst empfehlend und das Beste wünschend.

Weimar den 1. Juni 1821.[275]


34/283.


An Julie von Egloffstein

Von beiliegendem Prolog, schöne Julie, nehmen Sie eine Abschrift, geben sie nicht aus der Hand, erfreuen mich bald mit einem glücklichen Vortrag.

W., 2. Juni 1821.

G.


34/284.


An Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

Die allerliebsten Zeichnungen, mein bester alter Freund, sind glücklich angekommen. Die Kunstfreunde ergetzen sich sehr daran, Kenner und Nichtkenner.

Was nur eine dichterische Ader fühlt, wird nicht ermangeln, an der Seite freundliche Zeilen beyzufügen, wie sie dem Idyllendichter nicht unangenehm seyn können. Doch sind sie eigennützig genug, um folgenden Wunsch zu äußern: beygehende Parabel, behaupten sie, sey ganz eigen für Wilhelm Tischbein gedichtet, niemand als er würde den schalkischen Knaben, der, zwischen Garten und Teich seinen vier- und zweyfüßigen Gast bewirthend, sich ergetzt, besser darstellen. Sey Ihnen dieses Verlangen indessen an's Herz gelegt.

treulichst

Weimar den 3. Juni 1821.

J. W. v. Goethe.[276]


34/285.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Es wird mir sehr angenehm seyn, wenn Sie, mein theuerster Herr Professor, heute um 12 Uhr abermals erscheinen und das Mittagsmahl mit uns einnehmen wollen.

Weimar den 6. Juni 1821.[277]


34/285a.


An Theobald Renner

[Concept.]

Beyliegendes Blatt besagt des Mehreren, welches merkwürdige Skelett nächstens übersende. Wenn Sie solches genau betrachtet so wünschte einen kleinen gutachtlichen Aufsatz darüber, welchen noch in meinen nächstes morphologisches Heft einschalten könnte.

Da wir schon zwey ähnliche Hornkerne benützen so ist daraus ersichtlich daß diese Geschöpfe in dieser Gegend einheimisch gewesen. Wie sie sich zum Auerochsen verhalten, würde näher auszusprechen seyn.

Unser Privat-Fossilien-Kabinett sind wir so eben im Begriff zu ordnen; ist dieses geschehen, so würden wir uns Ew. Wohlgeboren Gegenwart erbitten um die in unsrer Gegend sich immer häufiger vorfindenden Körper zu besprechen und einen kleinen Aufsatz darüber zu verabreden.

ppp.

Weimar den 6. Juni 1821.


Nachschrift.

Vorstehendes war geschrieben als Klemm und Färber bey mir vortraten und die Rohmannischen Unfertigkeiten anzeigten. Beygehend erhalten Ew. Wohlgeboren die gewünschte und vorgeschlagene Resolution; das Skelett wird eingepackt und nach Jena gesendet, ich glaube daß man es wohl etwas reinigen aber nicht bleichen solle. Mündlich habe ich das Weitere mit den Ueberbringern verabredet.[49]


[Beilage.]

Unterzeichnetem ward am 1. Juni von Serenissimo ein in dem Torfmoor bey Haßleben gefundenes Thierskelett übersendet, Reste eines ungeheuren Stieres der Vorzeit. Die Theile wurden sämmtlich auf dem Fußboden eines Gartenhauses in Ordnung gelegt und man fand solche bis auf Weniges vollständig. Sie werden nunmehr wohleingepackt nach Jena gesendet und Folgendes dabey angeordnet und vorgeschlagen.

Das Skelett wäre auf den Fußboden des großen Saales, da im osteologischen nicht Raum ist, auszubreiten und seine Theile sorgfältig zu untersuchen und zu ordnen; alsdenn würden Herrn Hofrath Renner, die Gehülfe und Custos zu Rathe gehen ob man nicht das Skelett aufstellen sollte. Was den Rückgrat betrifft und was von dem abging, würden sich wenig Schwierigkeiten finden. Den Kopf müßte man mit Sorgfalt behandeln und es würde ja wohl Mitteln geben, selbigen an den Atlas anzufügen und in der Höhe zu halten. Über alles dieses wünschte, ehe man zum Werke schreitet, nähere Nachricht.[50]


34/286.


An Sulpiz Boisserée

Die Legende folgt hier mit Lob und Dank zurück; die Übersetzung lies't sich gut, alterthümlich und natürlich, welches immer viel heißen will; stellenweise verglich ich sie mit dem Original und konnte die Behandlung nicht anders als billigen. Ebenso finde auch die Romanzen sehr gut gerathen und den Gedanken höchst glücklich, durch diese poetischen Summarien den eigentlichen fabelhaften Standpunct anzudeuten. Ein kleines Verslein habe eingeschoben, um dessen Aufnahme hiermit freundlichst ersuche. Zum Schluß wünscht ich noch eine kurze Lebensgeschichte des Ruhe suchenden und immer unruhigen Autors, wobey nicht zu übersehen wäre, daß er schon von seinen Glaubensgenossen wegen der mährchenhaften weitläufigen Behandlung einer laconischen Stelle heiliger Schriften getadelt worden. In einem der folgenden Stücke von[277] Kunst und Alterthum würde ich, mich alsdann darüber äußernd, ein gutes Wort zum Ganzen aussprechen. Grüßen Sie den wackern Verfasser auf's schönste.

Sie haben indessen von mir einen Aufsatz über das Frankfurter Unternehmen erhalten; wenn nur erst Geld beysammen ist, wird sich die Ausführung schon modificiren; wirken Sie nur darauf, daß das Bildniß zu Stande kommt, das Übrige findet sich. Mir ist in der Sache wunderlich zu Muthe, daß ich eine doppelte Person spiele: den Mitwirkenden-Abgeschiedenen. Tausend Dank Ihrer wirksamen Freundschaft, der ich es denn doch eigentlich schuldig werde.

Möge allen Ihren Unternehmungen das beste Geschick entgegen kommen! Grüßen Sie die Freunde und was mir wohl will in Ihrem Kreise. Ich habe mich die Zeit her so ziemlich gehalten, wenigstens ist mir kein Tag ganz ungenutzt vorübergegangen; wir wollen sehen, wie sich der Sommer beträgt.

Auf Ihren Text vom Domwerk bin sehr verlangend, ich habe bisher alles, was in dieses Fach schlägt, bey Seite gewiesen und gedenke erst mit und von Ihnen auszugehen.

Mit den reinsten Wünschen.

treulichst

Weimar den 7. Juni 1821.

G.[278]


34/287.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

begrüße nach geraumer Zeit wieder einmal mit dem Ersuchen: mir noch sechs Exemplare meines Porträts von Dawe und Wright für meine Rechnung anher zu senden, wobey ich wohl voraussetzen darf, daß man von dem ersten Gedanken: mein Bild paarweis mit dem des Herzogs von Meiningen zu verkaufen, abgegangen sey, wäre aber dieß, so müßte die Sendung unterbleiben.

Ferner wollte anfragen, ob die Übersetzung von meinem Ehrengedächtniß auf Howard schon in Ihren Händen sey. Es wäre mir sehr angenehm, sie gegenwärtig zu erhalten, da ich eben freundlichen Gebrauch machen kann.

Auch ersuche Dieselben, mit verbindlichem Dank für die bisherigen Bemühungen, die Sendungen kleiner politischer Tagesschriften einzustellen, indem das Geschäft, wozu sie benutzt worden, eine andere Wendung genommen hat.

Weimar den 7. Juni 1821.


34/288.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Beygehend übersende einen Versuch, wie vielleicht Herr Le Prince im Deutschen sich ausdrucken dürfte,[279] um das, was gesagt werden soll, mehr in Evidenz zu bringen. Ich habe weder das Original noch Ihre Übersetzung beygelegt, damit Sie diese Modificationen mit desto freyerm Blick überschauen. Sonntag wünsche zu gewohnter Zeit Ihre Gegenwart und zur Tafelstunde die Ihrer lieben Gattin.

Mit den treusten Wünschen.

Weimar den 8. Juni 1821.

G.[280]


34/288a.


An Theobald Renner

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

erwidere auf die bey mir gethane Anfrage nur kürzlich: daß Sie in allem, wo von gerichtlichen Schritten[50] und Verfahren die Rede ist, sich an Herrn Dr. Schlotter halten mögen, welcher denn auch eine Vollmacht aufsetzen und hierher zur Vollziehung einsenden wird.

Mit den dießmaligen Boten wird auch ein Hirschkopf ankommen mit noch weichen Geweih-Enden; zum Ausspritzen wird er leider nicht brauchbar seyn, wie Klemm sagt, doch läßt er sich vielleicht auf andere Weise zu gute machen.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 9. Juni 1821.[51]


34/289.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie wohl, mein theuerster Herr Professor, beykommenden allerliebsten Aufsatz bis zur nächsten Session nochmals durchgehen, damit er abgeschrieben und zu dem revidirten Manuscript gelegt werden könne.

Weimar den 11. Juni 1821

G.


34/290.


An Carl Ludwig von Knebel

Ein so erfreulicher Anblick als deine nunmehr vollendeten Bände mir gewähren, theurer verehrter Freund! ist im Leben höchst selten. Was entwickeln sich nicht alles für Erinnerungen, was für eine Zeitenreihe thut sich auf, wenn man deiner standhaften Arbeit gedenkt. Lohne die Gegenwart und die Zukunft dein treues Bemühen!

[280] So wäre dir denn gestern Abend schon höchst angenehm begegnet, wenn du unter uns gewesen wärest. Ober-Baudirector Coudray ergriff das zufällig auf dem Tische liegende Exemplar und las mit sehr gutem Vortrage, welcher immer besser werde, als der Geist des Gedichts ihn mehr und mehr ansprach, und er sich von der Klarheit deiner Darstellung und dem Natürlich-Anmuthigen deiner Verse enthusiastisch angeregt fühlte. Wolltest du ein Exemplar ohne lateinischen Text an ihn wenden, so würde es die besten Früchte bringen, weil er gut und gern in Gesellschaften vorlies't.

Mein Wanderer wird nächstens bey dir anklopfen; der Buchbinder hält mich auf, sonst wäre er schon geschehen.

Die Herrschaften sind nun alle nach außen, und es herrscht bey uns eine große Stille. Aus meinem Gebiet kann ich mich daher um desto weniger entfernen, als die lange Gewohnheit, zu Hause zu bleiben, erst abgeschüttelt seyn will. Die gute Vorsorge meiner Kinder bereitet und unterhält mir die beste Bequemlichkeit und fesselt mich an, doch will ich nun suchen mich einigermaßen mobil zu machen und zu allererst bey dir freundlich einsprechen.

Grüße mir die lieben Deinigen; auch versäume nicht, wenn du Doctor Gries begegnest, für die Tochter der Luft ihm doppelt und dreyfach zu danken. Mir ist es das herrlichste von Calderons Stücken,[281] und ich halte es für eines seiner spätern. Ich bin dem Übersetzer sehr verpflichtet, der alles so treu und rein wiedergegeben; ich werde nicht ermangeln, es bey Calderon zu rühmen, wenn ich ihn drüben begegne.

Des Herrn Canzlar von Müller Gefälligkeit Gegenwärtiges mitzunehmen nöthigt mich zu einem eiligen Schluß, welchem die besten Wünsche hinzufüge.

treulichst

Weimar den 13. Juni 1821.

Goethe.


34/291.


An Friedrich Theodor von Müller

Wie leid es mir thut, dem schönen Freundesfeste entsagen zu müssen, fühlen Sie gewiß, selbst. Allein ich habe alle Ursache, mich still und mäßig zu halten. Entschuldigen Sie mich bey Sich selbst und den werthen Gästen. Hier noch einige Exemplare der ersten Edition.

[14. Juni 1821.]

G.


34/292.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Mit einer Antwort zu eilen veranlaßt mich der Inhalt Ihres lieben Briefes; daß ich hoffen kann, Sie wieder zu sehen, erfreut mich gar zu sehr, als daß ich es nicht aussprechen sollte. Warum man Sie,[282] mein Theuerster, nach Bibra sendet, kann ich nicht beurhteilen; zwar war ich niemals daselbst, aber oft in Lauchstädt, ziemlich in der Nähe, und habe nie Besonderliches davon vernommen. Auf alle Fälle vermelde ich, daß Sie mich in der ersten Hälfte des Julius gewiß zu Hause finden, und daß ein ruhiger, reinlicher, nach einem Brande wohlaufgebauter Badeort, Berka an der Ilm, uns ganz in der Nähe liegt, man fährt's in fünf Viertelstunden. Die Ihnen verordnete Milchcur ist ja überall zu nehmen. Sie treten bey uns ab, wir recognosciren den Ort, wo ganz artige Quartiere zu haben sind; auf alle Fälle bitte mir sogleich von Bibra zu schreiben.

Eine genaue Recension Meyers von den Raabischen Bildern wird sie Ihnen noch genießbarer machen, wenn schon jetzt die Vergleichung mit den schwarzen Kupfern hinreichende Anleitung giebt. Daß mein Prolog Beyfall erhielt, freut mich sehr, ich konnte den zutraulichen Antrag nicht ablehnen, ob ich schon mit Gelegenheitsgedichten nicht gern in die Ferne wirke. Den guten Willen der braven Berliner gegen mich weiß ich gewiß zu schätzen, leider daß ich nicht in Person dafür zu danken im Stande bin; seit acht Monaten habe Haus und Garten nicht verlassen, befinde mich aber sehr wohl dabey und vermachte mancherley zu Stande zu bringen, wie Sie gesehen haben und noch sehen werden. Verschiedenes muß noch eine Zeitlang im Verborgenen bleiben, welches[283] aber bey unserer Zusammenkunft gar wohl mitzutheilen wäre.

Zu melden versäume ich nicht, daß das theure großfürstliche Paar sich einen Morgen bey mir gar freundlich unterhalten hat; die liebenswürdige Alexandra versprach mir ihre Büste von Rauch; fragen Sie den werthen Mann, mich schönstens empfehlend, ob er sie mir wohl auf mein Wort übersenden möchte, damit ich mich deren diesen Sommer über in meinem Lararium erfreuen könnte. Grüßen Sie alles, Herrn Schinkel besonders, dem ich aber- und abermals Glück zu seinem so sehr gelungenen Gebäude zu wünschen Ursache habe. Wenn man die Anstrengungen im Ganzen überdenkt, die seit den drey Jahren dazu nöthig waren, so muß man erstaunen und sich freuen.

Nun muß aber anzeigen, daß der gute Ernst Schubarth von Breslau gerade in dieser Zeit nach Berlin zu reisen gedenkt. Sie lassen wohl ein Billet an ihn zurück, wohin er sich während Ihrer Abwesenheit allenfalls zu wenden habe; er verdient auf alle Weise, daß man sich seiner annehme. Er hat mir sechs Bogen eines Aufsatzes geschickt: über Homer und sein Zeitalter, von schöner und klarer Übersicht, zusammentreffend mit dem, was wir in unserem Kreise für wahr und recht halten. Er wird in dieser verworrenen und sich immer mehr verwirrenden Zeit gewiß viel Gutes stiften und alle fördern, die sich reiner Ansichten erfreuen.

[284] Und so möchte denn für dießmal geschlossen seyn. Ich freue mich gar sehr Ihrer Annäherung und hoffe auf baldiges Zusammentreffen.

treulichst

Weimar den 14. Juni 1821.

J. W. v. Goethe.


34/293.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß unter dem heutigen Datum für Rechnung der von Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart eine Assignation von 50 rh. an Herrn Freyherrn von Odeleben in Waltersdorf bey Freyberg ausgestellt habe, welche, wenn sie präsentirt wird, gefällig zu honoriren bitte.

Mich geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Hochachtungsvoll.

Weimar den 16. Juni 1821.


34/294.


An Friedrich Theodor von Müller

Indem Ew. Hochwohlgebornen ein mitgetheiltes Blatt dankbar zurücksende, erbitte mir das Tischbeinische Büchlein und wünsche der lieben Gesellschaft die frohste und glücklichste Reise.

Mein Sohn berichtet, daß die gestrige Loge sehr würdig gehalten und durch Ihre Rede zum allerschönsten[285] geschmückt worden, welches freylich vorauszusehen war.

Mich zu freundlichem Andenken bestens empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 16. Juni 1821.

J. W. v. Goethe.


34/295.


An Ernst Gottfried von Odeleben

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

ermangle nicht zu vermelden, daß die Sendung Mineralien bey mir vor einigen Tagen angekommen; die Fische unbeschädigt, aber die Schachtel eingebrochen, und die sonst sehr willkommenen glasigen Bimssteine theilweise zertrümmert. Schachteln in solchem Falle anzuwenden ist immer gefährlich, viereckte Kästchen sind sicherer.

Eine Assignation auf 50 rh., Ihrem Verlangen gemäß, lege bey; ein Avisbrief ist deshalb an die Herren Frege zugleich abgegangen. Dieselben werden nun durch eins der genannten Häuser genannte Summe bequem erhaben können.

Haben Sie die Güte, gelegentlich mir ein Verzeichniß von den allenfalls abzulassenden Mineralien, mit den genausten Preisen, zukommen zu lassen, vielleicht entdeck ich eins oder das andere, was meinem Kabinett abgeht. Von dem übrigen Anerbieten wüßte gegenwärtig nicht Gebrauch zu machen, doch soll es[286] unvergessen seyn. Der mitgetheilte merkwürdige Brief folgt mit vielem Danke zurück.

Weimar den 16. Juni 1821.


[Beilage.]

Herr Geheime Cammerrath Frege et Co. in Leipzig beliebe, gegen diese meine Anweisung an Herrn Freyherrn von Odeleben in Waltersdorf bey Freyberg oder dessen Ordre für Rechnung der von Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart funfzig Thaler Sächsisch gefällig auszahlen zu lassen.

Weimar den 16. Juni 1821.


34/296.


An Carl August Constantin Schnauß

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit Beykommendes anzusehen, mich sodann mit einem Besuche zu beehren und mir über diese Angelegenheit Ihre rechtliche Meynung zu eröffnen.

Der ich mich hochachtungsvoll unterzeichne.

Weimar den 16. Juni 1821.


34/297.


An Johann Bernhard Voigt

[Concept.]

Durch den rückkehrenden Boten vermelde, daß derselbe die nachgefundenen Knochen wohl überbracht und[287] sein Botenlohn empfangen hat. Indem ich nun für gefällige Bemühung den schönsten Dank abstatte, ersuche Sie zugleich, auch künftig dergleichen Vorkommenheiten wohl beachten zu lassen und Knochen oder sonstiges, was sich etwa vorfinden könnte und das Ansehen hätte, als wenn es von Menschenhänden gearbeitet sey, aufzubewahren und mit Gelegenheit anherzusenden.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 16. Juni 1821.


34/298.


An Carl Emil Helbig

Ew. Wohlgeboren

betrachten und überdenken gefällig beykommende Aufsätze und Tabellen und beurtheilen, inwiefern sie mit Serenissimi höchsten Intentionen allenfalls übereinkommen möchten, und ob die Tafeln, wie sie vorliegen, gestochen werden könnten. Nach beliebiger Unterredung würde man bald einen Entschluß fassen können.

Das Beste wünschend.

ergebenst

Weimar den 18. Juni 1821.

J. W. v. Goethe.


34/299.


An Wilhelm von Humboldt

Vor einigen Wochen, theuerster verehrtester Freund, erhielt ich durch Reisende von Ihrem Herrn Bruder[288] Schreibung und Sendung. In meiner dankbaren Antwort fühlt ich mich gedrungen, ihm zu sagen: daß jenes frühere Verhältniß zu Ihnen beiden mir immer unter den lichtesten Lebenspuncten vorschwebt. Wenn man sich erinnert, was Ziel und Zweck eines jeden damals gewesen, und nun vor sich sieht, was durch große Anstrengung endlich errungen worden, so giebt es einen herrlichen Genuß. Betrachtet man ferner, wie eine gesteigerte Thätigkeit auch späterhin nicht nachläßt, entschiedene Pläne vollkommen auszubilden, um das zu erreichen, was man früher für wünschenswerth gehalten, so ist denn solcher gemeinsamer Lebensgang höchst erfreulich zu überschauen.

Für das übersendete Werk zum besten dankbar, habe ich schon mit Riemer darüber mehrere Stunden conferirt, zu beiderseitigem Vergnügen und Belehrung. Dieser Freund ist gegenwärtig hier nach seinen Wünschen situirt; von den Schulstunden befreyt, kann er seine lexicalischen Arbeiten, welche freylich ganz eigene Aufmerksamkeit und Folge verlangen, ruhig fortsetzen.

So wie ich höre, haben Sie auch die Sprachcharte, die mir früher so wünschenswerth schien, weiter ausgearbeitet, wodurch auch mir eine große Zufriedenheit vorbereitet wird. Ich habe nie unterlassen, über Welt und Menschen fortzudenken, zu sammeln, zu arbeiten, und finde mich dadurch in dem Fall, die Resultate anderer glücklich Mitarbeitenden mir desto reiner zuzueignen.

[289] Und so möge denn dieses Blatt länger weilen, sondern Sie nach einer so langen Pause freundlichst begrüßen.

Weimar den 18. Juni 1821.

G.


34/300.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die versprochenen Lievriten; ich wünsche, daß sie Ihnen genug thun. Ich habe, ob gleich von der Forderung abdingend, sie noch immer theuer genug bezahlt. Aus beyliegendem Briefe sehen Sie, daß im März noch keine Hoffnung dazu war; durch mancherley Versuche und Anstrengungen mußte man dazu gelangen.

Bald hoffe Ihre neueren und wichtigen eingegangenen Schätze zu sehen, zu bewundern und persönlich Glück zu wünschen.

ergebenst

Weimar den 18. Juni 1821.

J. W. v. Goethe.


34/301.


An Johann Jacob von Willemer

[Concept.]

Überbringer dieses sind die angekündigten Eberweinischen Eheleute, die eine freundliche Aufnahme verdienen, und allen Musik- und Theaterfreunden gewiß eine angenehme Erscheinung sind.

Weimar den 18. Juni 1821.[290]


34/302.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Indem ich die drey revidirten Bogen hiermit zurücksende, schicke zugleich einiges Manuscript zu den letzten Bogen Kunst und Alterthum, wie es allenfalls hinreichend seyn könnte; sollte jedoch noch etwas fehlen, so möchte das Blatt: Erklärung und Bitte überschrieben, allenfalls noch hinzugefügt werden.

Einen halbgedruckten Bogen von den Wanderjahren bitte gefällig umzutauschen.

Wie ich denn auch beykommende Tabelle baldigst abgedruckt wünschte.

Weimar den 20. Juni 1821.


34/303.


An Wilhelm Rehbein

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ausführliches und belehrendes Schreiben hat mich sehr erfreut, und ich eile daher einiges darauf zu erwidern, indem Herr von Struve dieses Blatt mitzunehmen die Gefälligkeit hat. Gar sehr bedauern wir die guten Curgäste, die gerade in dieser wundersam kalten Jahrszeit das hohe Gebirg bewohnen; möchten die folgenden Monate sich besser bewähren.

[291] Empfehlen Sie mich dem Herrn Prälaten, denen Herren Gradl und Heidler zum allerschönsten; eine Sendung Hialithflaschen Kreuz- und Ferdinandsbrunnen sollen, je eher je lieber, mir sehr angenehm seyn, einige Musterstücke schöner Mineralien mitbringen; vielleicht etwas Granaten, Cianith und Chiastolith.

Ich hoffe Sie in dem halben Juli zurück, wo sich alsdann das Weitere besprechen läßt. Meine Absicht wäre, Ende Juli von hier wegzugehen, doch bin ich unentschlossen wohin; Huschke und meine Kinder wollen mich ein für allemal nach Carlsbad; meine Neigung und Vertrauen aber geht nach Marienbad, da werden wir am Ende wohl würfeln müssen.

Möge sich das Wetter, Ihnen und den werthesten Herrn Nachbar zu Gunsten, die letzten Tage genießbarer machen. Sehen Sie sich indessen nach artigen Quartieren um, ich brauche Stube, Schlafzimmer und Raum für den Bedienten. Im Hause ist alles ziemlich wohl, so auch in Wilhelmsthal, nur daß man auch dort sich sehr über die Witterung beklagen.

Nun leben Sie schönstens wohl, grüßen Herrn von Helldorf zum besten und gedenken mein.

Weimar, Sommers Anfang 1821.[292]


34/304.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Die Herren Frege und Comp.

Ersucht um Übersendung von 1500 rh. Sächs.

d. 21. Jun. 1821.

G.


34/305.


An Johann Friedrich Rochlitz

Wenn der Unglaube, wie das Alte und Neue Testament behauptet, die größte Sünde, ja die Sünde der Sünden ist, so haben Sie, mein Werthester, viel abzubüßen, da Sie an der guten Wirkung Ihrer allerliebsten Productionen immerfort Zweifel hegen. Gerade im Gegentheil kann ich versichern, daß ich in den mitgetheilten werthen Bänden mich mit ältern Freunden und Bekannten gar gern unterhalten, neuere mit Heiterkeit begrüßt und so die angenehmsten Stunden verlebt habe.

Nehmen Sie nun von Ihrer Seite meinen Wanderer freundlich auf, wie er sich denn hiermit bescheiden und heiter darstellt. Da es uns Deutschen nun einmal nicht gegönnt ist, in entschieden geistreicher Gesellschaft des Lebens zu genießen und uns gegenwärtig in Person an einander auszubilden: so möge denn, was dem Einsamen gelingt, zuletzt gesellig zusammentreten und uns empfinden lassen, wie wir nachbarlich mit einander[293] gelebt und uns wechselseitig liebend gefördert. Erhalten Sie mir ein fortdauerndes freundliches Andenken.

treulichst

Weimar den 21. Juni 1821.

Goethe.


Erlauben Sie noch Anfrage und Bitte. Bey Ihrem Mitbürger Fr. Peters sind Streicherische Flügel zu haben in Mahagoni-Holz für 245 Thaler, in Nußbaum 200 Thaler Conventionsgeld. Gewiß kennen Sie Mann und Waare; dürfte ich Sie ersuchen, die gegenwärtigen anzusehen und zu prüfen, da ich denn eher einen Entschluß fassen könnte als auf allgemeine Empfehlung. Verzeihen Sie dieß Bemühen; wir werden dagegen in unserm häuslichen Kreise desto öfters dafür erinnert werden.


34/306.


An Karl Friedrich von Wiebeking

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben mich durch die schöne und bedeutende Gabe überraschend höchst erfreut; denn immer erinnere ich mich noch sehr gern jener schönen Tage, wo Sie, zu uns gerufen, in früherer entschiedenen und vorzubereiten wußten. Auch mir sind Ihre damaligen Arbeiten gar vielmal zu Gute gekommen.

[294] Nun bleibt einer der schönsten Grüßen eines langen Lebens, zu beobachten, wie bedeutende Anfänge bey fortdauernder Thätigkeit sich steigern, die Gunst eines ausgezeichneten Glückes zu erwerben. Und so darf ich wohl versichern, daß ich Ihren wohlbedachten großen Unternehmungen immer im Geist zur Seite war und jedes Gelingen herzlich segnete; den schönsten Dank daher für diese neuste Mittheilung! Sie war den Weimarischen Kunstfreunden, die sich immer in der Stille zu versammeln fortfahren, höchst erwünscht und lehrreich. Möge irgend ein Zeugniß hievon Ew. Hochwohlgeboren einigermaßen angenehm begegnen.

Hochachtungsvoll mich unterzeichnend.

Weimar den 21. Juni 1821.


34/307.


An Carl Ludwig von Knebel

Verzeihe dem spät eintretenden Wanderer und nimm ihn freundlich auf; seine Ausbildung hat mich viele Jahre gekostet; möge er dir einige gute Stunden gewähren.

Dieser Unsommer wird auch deinen ländlichen Aufenthalt nicht erquicken; vor allen Seiten her klagt man, von Wilhelmsthal, so wie von Marienbad. Auch ich traue mich nicht aus dem Hause, denn gern hätte[295] ich dir schon längst, wenn auch nur einen kurzen Besuch gemacht.

Lebe wohl mit den lieben Deinigen.

treulichst

Weimar den 22. Juni 1821.

G.


34/308.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Den allerschönsten Dank für Lebensansichten und Erfahrungen aussprechend, kommt der getreue Wanderer, sich bestens empfehlend. Möge er freundlich aufgenommen und in Herz und Sinn wohl beherbergt werden.

Zugleich bemerke, daß in diesen Tagen ein künstlerisches Paar von hier auf München abgegangen und nach einigen Wochen in Frankfurt eintreffen werde; er ist ein braver sinniger Violinspieler, sie eine anmuthige singende Schauspielerin. Ich wünsche seinen Compositionen des Divans, welche die Gattin gar heiter vorträgt, eine günstige Aufnahme und mir die Dauer eines liebwerthen Andenkens, an welches unabweichlich zu glauben mein größtes Glück macht.

treulichst

Weimar den 22. Juni 1821.

G.[296]


34/309.


An Carl Friedrich von Reinhard

Hier also, verehrter Freund, der zaubernde Wanderer! Möge er, freundlich aufgenommen, Sie einige Zeit durch's Leben begleiten. Auch in diesem Büchlein, wie in den Lehrjahren, werden Sie soviel Hinweisung als Darstellung finden. Es ist mir wieder lieb geworden, da Redaction und Abdruck mich über den einsamen Winter hinausbrachten und eine völlige Abgeschiedenheit von der Welt gar wohl ertragen ließen. Eine solche Enthaltsamkeit hatte denn auch auf mein Befinden den besten Einfluß, und ich bin bis in den Sommer herein, bey leidlichem Befinden, in ununterbrochener Thätigkeit geblieben. Ein neues Heft Kunst und Alterthum und ein morphologisches ist schon wieder begonnen. Zu einem Prolog zur Eröffnung des Berliner neuen Schauspielhauses ließ ich mich auch verführen, und so ist denn Sommeranfang sehr unsommerhaft herangekommen. Ich wünsche zu hören, daß Sie, bey hoffentlich eintretender guter Jahrszeit, wieder den Rhein besuchen, indessen ich wahrscheinlich abermals nach Böhmen wandere.

treulichst

Weimar den 22. Juni 1821.

J. W. v. Goethe.[297]


34/310.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

begrüße endlich wieder zum freundlichsten nach langer Pause, während welcher jedoch Dieselben durch mancherley Zeugniß unserer Thätigkeit erhalten haben, wenn die Aushängebogen von allem bisher Gedruckten zu Ihren Händen gekommen sind.

Den Wanderer, wie geschehen, auszustatten war ich den ganzen Winter durch beschäftigt; möge das zu Ihrer und der lieben Deutschen Zufriedenheit gerathen seyn. Von Kunst und Alterthum ist des dritten Bandes zweytes Heft im Druck; von Naturwissenschaft und Morphologie des ersten Bandes viertes Heft. Es ließe sich vielleicht einrichten, daß wir in der Folge nicht so lange Pausen machten, sondern einen regelmäßigern Gang damit hielten. Auch könnte man zu Michael wiederum eine Epoche meines Lebens zum Druck befördern; man würde den Winter über sich stetig beschäftigen, um zu Ostern damit hervortreten zu können.

Wahrscheinlich verfüge mich nächstens in die böhmischen Bäder, deren Trinkwasser auch diesen Winter über sich mir sehr heilsam erwiesen haben.[298]

Sollten Sie nicht abgeneigt seyn, jenen deutschen Gil Blas, von dem ich im ersten Heft des dritten Bandes spreche, in Verlag zu nehmen, so würde sich der Verfasser mit einem mäßigen Honorar begnügen. Ich könnte es allenfalls zur Ansicht schicken, und Professor Schwab, der gegenwärtig die Legende der heiligen drey Könige übersetzt, wäre wohl der Mann, dem Buche die schicklichste Gestalt zu geben. Ich habe darüber in gedachtem Heft meine Meynung gesagt und würde noch etwas hinzufügen und allenfalls im Sinne der angeführten Stelle auch ein Vorwort dazu liefern. Allenfalls kann ich das Manuscript selbst zu näherer Prüfung übersenden; bey der großen Leselust, die durch alle Stände geht und in den untersten nicht weniger lebhaft als in den obersten haus't, möchte es wohl nicht unbeachtet bleiben.

Beyliegend erfolgt die Berechnung, wie ich sie bis hierher gestellt, welche mit der Ihrigen zu vergleichen und mir ferner ein gewogentliches Vertrauen und ein geneigtes Andenken zu gönnen [bitte].

ergebenst

Weimar den 24. Juni 1821.

J. W. v. Goethe.


Sollte es ohne Unbequemlichkeit geschehen können, so wär es mir sehr angenehm, die naturhistorischen und morphologischen Hefte, wie beyliegt, ergänzt zu sehen; sollte es auch gerade mit dem angezeigten Papier nicht thunlich seyn.[299]


Druckpapier.Schreibpapier.Velinpapier.

Erstes Stück.

6 Exemplare.6 Exemplare.6 Exemplare.

Zweytes Stück.

-4 Exemplare.-

Drittes Stück.

4. Exemplare.3 Exemplare.-


34/311.


An die Großherzogin Louise

Ew. Königliche Hoheit

haben durch das gnädigste Schreiben mich höchst glücklich gemacht, denn ich darf wohl sagen, daß seit jenem traurigen Ereignisse ich keinen sehnlichern Wunsch gehegt, als von Höchstderoselben lebenslänglich verehrten Hand die geliebten Züge wieder zu erblicken, die mich unter allen Umständen jederzeit beseligt haben.

Erst jetzt aufgerichtet durch dieses erfreuliche Zeichen darf ich zutraulich hoffen, daß eine völlige Genesung erfolgen und Ew. Königliche Hoheit wieder zu freyer und erwünschten Thätigkeit gelangen werde.

Sehr schmerzlich ist mir dießmal das traurige Wetter, das, indem es für den Stadtbewohner allenfalls zu ertragen ist, die Freunden der Landsitze entschieden verkümmert. Zu einiger Unterhaltung bey regnigem Wetter nehme mir die Freyheit, den Prolog zu Eröffnung des Berliner Schauspielhauses vorzulegen,[300] mit dem Wunsche, daß das Dargestellte und Vorgetragene auch Höchstdenenselben und Ihrem Kreise einiges Wohlgefallen abgewinnen möge.

Weimar den 24. Juni 1821.


34/312.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

Zufriedenheit mit den Yeniten freut mich gar sehr, ich konnte mir das Vergnügen nicht versorgen, Ihre unschätzbare Sammlung dadurch vermehrt zu sehen.

Ihre Anordnung der Metalle soll mein Leitfaden seyn, wenn ich diejenigen Stufen zurechtlege, die in meinem Besitz sind; denn wir sie in Reih und Glied vor uns sehen.

Der Torf scheint von sehr guter Sorte, ich habe sogleich von dieser Entdeckung großherzoglicher Cammer Kenntniß gegeben, wohin eigentlich dieses Geschäft gehört. Nehmen Sie Dank, daß Sie solches so gründlich vorbereiten gewesen seyn. Zum Ersatz der Reisekosten erfolgt hierbey eine autorisirte Quittung.

Mit den besten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 27. Juni 1821.

J. W. v. Goethe.[301]


34/313.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde hiedurch schuldigst, daß die gewünschten funfzehnhundert Thaler glücklich angelangt; weshalb ich denn hierüber dankbar quittire und mich fernerhin zu geneigtem Andenken und Wohlwollen empfehle.

Weimar den 29. Juni 1821.


34/314.


An Carl Ernst Schubarth

[Concept.]

Sogleich schick ich Ihnen, mein Werthester, die verlangten Abschrift und vermelde sehr gern, daß Ihre Ideen über Homer bey uns eine vorzüglich gute Aufnahme gefunden.

Ungern aber füge hinzu, daß Sie Herrn Staatsrath Schultz in Berlin nicht antreffen, indem er diese Tage hier durch in's Bad geht. Melden Sie sich jedoch mit dem Briefe in seinem Hause, denn er schreibt, daß er Sie, so gut als es geschehen können, empfohlen und adressirt habe. Sobald ich ihn gesprochen, schreibe ich das Nähere, damit Sie sich desto besser einrichten können.

Mit aufrichtiger Theilnahme, das Beste wünschend.

Weimar den 29. Juni 1821.[302]


34/315.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey ein paar Bändchen mit Bitte beider Autoren um gewogene Aufnahme. So wie ich denn auch auf morgen, Sonntag Mittag, zu Tische freundlichst einlade.

ergebenst

Weimar den 30. Juni 1821.

J. W. v. Goethe.


34/316.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten zunächst den Revisionsbogen 4 Kunst und Alterthum zurück.

Was die Tabelle betrifft, so wird sie nochmals durchzugehen und hie und da anders einzurichten seyn. Ich werde deshalb eine neue Abschrift schicken, wo auf durchgezogenen Linien deutlich zu ersehn, wie die Zeilen der verschiedenen Columnen correspondiren müssen.

Sollten Sie den Abdruck von Kunst und Alterthum beeilen können, so würde es mir sehr angenehm seyn; denn etwa in 14 Tagen würde meine Badereise antreten, und es ist wünschenswerth das Heft vorher geendigt zu sehen. Den Umschlag sende nächstens.[303] Mit dem naturwissenschaftlichen müßte man auch sehen, wie weit man käme, weil dieses besondere Revision erfordert und in meiner Abwesenheit nicht fortgesetzt werden kann.

Weimar den 30. Juni 1821.


34/317.


An Carl Friedrich Zelter

Da du, mein Werthester! nach geschehener Meldung außenbleibst und verstummst, so kann dieß nicht anders als auf Rechnung großstädtischer Freundschaft geschrieben werden, deswegen du auch durch keinen Vorwurf belästigt werden, sondern durch Herrn Lortzing schönstens gegrüßt seyn sollst.

Staatsrath Schultz erwarte ich in diesen Tagen, wo ich denn von Berlin gar manches zu hören hoffe.

treulichst

Weimar den 30. Juni 1821.

Goethe.


35/1.


An Friedrich Peters

[Concept.]

Durch Herrn Kammermusicus Eberwein erfuhr ich, daß bey Ihnen, mein werthester Herr, Streicherische Flügel von vorzüglich guter Art zu finden seyn sollten. Da derselbige jedoch verreise, habe mich deshalb an Herrn Hofrath Rochlitz gewendet, welcher mir die Nachricht giebt, daß ein solcher Flügel, in Nußbaumholz, dem er ein gutes Zeugniß giebt, vorräthig sey. Da ich nun geneigt bin, solchen auf diese Empfehlung zu acquirieren und die dafür verlangten zweyhundert Thaler Conventionsgeld zu bezahlen, so ersuche Dieselben, mir glückliche Ankunft, eine Assignation auf gedachte Summe an die Herren Frege sogleich erfolgen soll.

Der ich recht wohl zu leben und mir und den Meinigen viel Vergnügen von gedachtem Instrument wünsche.

Weimar den 1. Juli 1821.[1]


35/2.


An Ernst Gottfried von Odeleben

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

werthes Schreiben zugleich mit der dießmal unversehrten Schachtel, für deren Inhalt besondern dank abstatte, sind bey mir glücklich angekommen, eben als ich mich bereite, in die böhmischen Bäder zu gehen; ich kann daher für den Augenblick das übersendente Verzeichniß nicht wie ich wünschte näher betrachten und darauf Rücksicht nehmen, welches jedoch gleich bey meiner Wiederkehr geschehen soll.

Wollen Sie indessen Versteinerungen aus dem Valle di Ronca unter meiner Adresse hierher senden, auch etwas Cornisch Zinn aus Guanaxuato beylegen, so würde mein Sohn bey Rangirung einiger Theile unsers Kabinetts davon Gebrauch machen und ich den Betrag nebst den allenfallsigen übrigen gegen Michael berichtigen.

Hochachtungsvoll mit den besten Wünschen.

Weimar den 4. Juli 1821.


35/3.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

zur glücklichen Rückkehr von Leipzig herzliche glückwünschend, bedauere nur daß das Wetter mehr als[2] andere Umstände mich abhält, den längst schuldigen und vorgenommenen Besuch abzustatten, doch hoffe noch immer, vor meiner Wanderung nach Böhmen, einige Tage in Ihrer freundlichen Nähe zuzubringen.

Hiebey kehrt zurück Kunst und Alterthum dritten Bandes zweytes Heft abgedrucktes Manuscript von Seite 97-176. Ferner sende zu den fehlenden 24 Columnen eben so viel geschriebene Seiten, wobey ich wünsche, daß sie Seite für Seite abgedruckt werden. Die werke sind so gezählt und eingerichtet, daß auf keiner Seite zu viel steht; fände sich einmal zu wenig, so hat es nichts zu sagen, es kommt dieß ja wohl auch bey andern kleinen Gedichten vor.

(NB. Zwey Seiten haben die Nummer 18, dadurch werden es 24.)

Der Revisionsbogen 12 kommt auch zurück, ich habe also nur noch die beiden mittlern zu erwarten.

Das wissenschaftliche Heft möge bis zu meiner Rückkehr in Ruhe bleiben.

Weimar den 8. Juli 1821.


35/4.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeboren

freundlich einladenden Brief hoffte schon seit Wochen persönlich dankbar zu beantworten; das anhaltende[3] Regenwetter jedoch verhinderte meine Abreise, manches Zufällige gesellte sich dazu und noch sey ich nicht, wann und wie ich mich von hier entfernen kann, doch hoffe ich sie, wenn auch später, wenigstens auf einige Tage zu besuchen, den gewöhnlichen freundlichen Empfang erbittend.

Gegenwärtige nimmt Frau Gräfin Henckel, Ober-Hofmeisterin Ihro Kaiserl. Hoheit, welche nach Carlsbad geht, gefällig mit. Sollten Sie dieser Dame und ihrer Gesellschaft irgend etwas Gefälliges erweisen können, so würden Sie sich auch um mich ein neues Verdienst erweisen.

Der ich das Beste wünschend, mich hochachtungsvoll zu geneigtem Andenken empfehle.

ergebenst

Weimar den 9. Juli 1821.

J. W. v. Goethe.


35/5.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Herr Professor Riemer wird höflichst ersucht, bey den Glasschneider Herrn Mattoni auf der Wiese anzufragen, ob etwa von den bewußten farbenwechselnden gläsern für Unterzeichneten etwas vorräthig sei.

Auch sich gelegentlich bey dem weiter oben liegenden Glashändler darnach umzusehen. Dieser Letztere hat überhaupt schöne gemalte Gläser von Wien in Comission.

[4] 2) Wären beykommende Paquete an Herrn David Knoll, an obern Ende der neuen Wiese gefälligst abzugeben, dabey Erkundigung einzuziehen, ob er von der übernommenen Müllerischen Sammlung etwas abgesetzt? Nicht weniger anzufragen ob von den gewünschten Mustertäfelchen des Carlsbader Sprudelsteins für Unterzeichneten zurecht gelegt worden, und sich solche, da es ungewiß ist, ob ich nach Carlsbad komme, zu weiterer Bestellung einhändigen zu lassen.

Weimar den 9. Juli 1821.

Goethe.


35/6.


An Sulpiz Boisserée

Glück auf! sey Ihnen, mein Theuerster, treulich und freundlich zugerufen; der Aufsatz ist trefflich gerathen, ich habe ihn, wie man Romane liest, ohne Unterbrechung von Anfang bis zu Ende durchgelesen und mich davon überrascht und eingenommen gefühlt. So viel für dießmal! Sollte ich bei wiederholtem Lesen irgend etwas zu erinnern finden, so würde solches aufrichtig und umständlich mittheilen. Professor Riemer liest es gegenwärtig und morgen werden wir dafür conferiren. Anfangs August gedenke nach Böhmen zu gehen, vorher schreib ich noch einmal, und wünschte auch von Ihnen zu vernehmen.

treulichst

Weimar den 10. Juli 1821.

G.[5]


35/7.


An Johann Jacob von Willemer

Noch eine Irrung, theuerster Freund, ist in meiner Expedition bey'm Packen vorgefallen, die mir unangenehm ist, anstatt daß jene Verwechslung des Exemplars der Wanderjahre zu anmuthigen Verhältnissen Anlaß giebt. Die Direction der Literaturzeitung nämlich hatte mir ein Exemplar von dem Blatt 107 sogleich nach dem Abdruck zugestellt, damit ich es Ihnen sendete, zu Bewährung immer fortdauernder guter Bezüge; dieß sollte mit jenem Bande fort, war aber verkramt und nun haben Sie es auf dem gewohnten Wege gewiß schon erhalten. Eine solche Behandlungsweise Ihrer Arbeit war Ihnen gewiß nicht unlieb, ich wenigstens habe diesem Manne, den ich zwar nicht kenne, mich gewogen gefühlt.

Daß Sie sich mit meinem Wanderer gern unterhalten würden durft' ich hoffen, denn eben deswegen bearbeiten wir uns ja selbst, damit wir an dem, was andere thun und leisten, desto gründlichern und herzlicheren Antheil nehmen können. Durch einige Arbeiten überzeugen wir uns, daß wir etwas vermögen; durch die Betrachtung fremden Thuns geht uns nach und nach ein Licht auf; daß die ganze Menschheit kaum hinreichend ist, sich aus sich selbst aufzuerbauen.

Nun bereite ich mich zur böhmischen Reise, warum doch nicht zum Rhein und Mayn! Die Ärzte sind[6] wunderliche Leute und wir auch. Vor meiner Abreise schreib ich noch und melde, wo ich von Ihnen zu hören wünsche. Lassen Sie mich dießmal nicht ohne Nachricht in den wilden Wäldern. Wenn sich das Wetter nicht bekehrt, so wird wenig Freude, ja kaum einige Genesung zu holen seyn. Freunden, die sich seit vier Wochen dort befinden, ist es übel genug ergangen; doch sind die Klagen so allgemein, daß man keine Außnahmen für sich fordern kann.

Mögen Ihnen und der lieben Freundin alles zum besten gedeihen und Sie in guter Stunde meiner herzlich gedenken.

treulichst

Weimar den 11. Juli 1821.

G.


35/8.


An Marianne von Willemer

Dießmal, allerliebste Marianne, hat sich die moralische Weltordnung, ihrer göttlichen Natur gemäß, zugleich höchst gerecht und anmuthig erwiesen; Sie sollten erfahren, wie das kunstreiche Mädchen hieße, welche Turban, Schawl und Zubehör so niedlich zu- und ausgeschnitten; Ihnen selbst sollte der Fingerzeig werden, der Geburstag falle auf den 12. Juni, ob Sie vielleicht nicht, bey dessen glücklicher Wiederkehr, an demselben gleichfalls überraschend freundlich Theil nehmen wollten? Und so ist denn alles, durch Kreuz- und Quergang, am schönsten Ziele;[7] des Einpackenden Irrthum offenbar durch höheren Einfluß veranlaßt.

Damit Sie denn ferner diesem guten Kinde noch mehr geneigt werden, sende eine andere kleine Arbeit und muntere Sie zugleich auf, wenn Olfried und Lisena auf der Mühle noch nicht gekannt wären, das anmuthige Paar dorthin einzuladen, zur Unterhaltung an manchen, nächst zu hoffenden trockenen und heiteren Sommerabenden.

Ihre Frömmigkeit in Bezug auf Musik weiß ich nicht zu ehren und gebe gerne zu, daß die Compositionen von Liedern und sonst, genau besehen, oft nur ein qui pro quo geben; selten ist der Dichter durchdrungen und man lernt dabey nur etwa den Kunstcharakter und die Stimmung des Componisten kennen. Doch hab ich auch da manches Schätzenswerthe gefunden, in dem man sich vielmal abgespiegelt sieht, zusammengezogen, erweitert, selten ganz rein. Beethoven hat darin Wunder gethan, und es war ein glücklicher Einfall, die Musik zu Egmont durch kurze Zwischenreden dergestalt zu exponieren, daß sie als Oratorium aufgeführt werden kann, wie Sie solche wahrscheinlich gehört haben.

Indem ich schreibe statt zu kommen, nach Böhmen gehe statt an den Mayn, ist mir wunderlich zu Mute und ich darf eine mittempfindende Freundin hoffen.

herzlichst

Weimar den 12. Juli 1821.

G.[8]


35/9.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Hochwohlgeboren

nehmen meinen verbindlichsten Dank für die übersendete mäßige und billige Recension; es freut mich, daß der geprüfte Freund sich dadurch erheitert fühlen wird. Wie sehr wäre zu wünschen, daß er, anstatt in der Einsamkeit sich mit sich selbst herumzukämpfen, so aufgeklärte Männer zur Lebensgesellschaft gefunden hätte.

Ew. Hochwohlgeboren Muth und Thätigkeit wird Sie auch über die gegenwärtige Epoche hinausheben, wobey ich Sie wie immer mit den treusten Wünschen begleite.

Fiedler steht mit 18 Thaler 16 Groschen in meinem Etat, welche kleine Summe ich vierteljährig, auf eine von Ihnen autorisierte Quittung an irgend wen auszahlen zu lassen geneigt bin.

Mit dem Wunsche, auch sonst etwas Erfreuliches für Ihre schöne und wichtige Anstalt thun zu können

gehorsamst

Weimar den 12. Juli 1821.

J. W. v. Goethe.


35/10.


An Johann Christian Mahr

Wenn Ihnen, mein werthester Herr, das übersendete Diplom einiges Vergnügen macht, so kann ich dagegen versichern, daß Ihre Sendung von so bedeutenden[9] Documenten der Urzeit mich höchlich erfreut hat. Ich erhalte sie eben zu der Zeit, da ich mit meinem Sohne beschäftigt bin, unsere reichhaltige Sammlung von Fossilien zu ordnen und zu vermehren.

Wie ich nun für das Übersendete den verbindlichsten Dank abstatte, so ersuche Sie, wenn in dieser Art etwas Bedeutendes vorkommen sollte, mich damit zu versehen, so wie ich auch dankbar erkennen werde, was Sie für unsere Mineralogische Gesellschaft zu thun geneigt sind. Sollten Sie sich selbst eine Sammlung anzulegen beabsichtigen, so würde dazu wohl auch einen instructiven Beytrag mittheilen können, schon das Thüringer Waldgebirge allein giebt zu Gründung einer solchen den schönsten Anlaß.

Die besten Wünsche hinzufügend

ergebenst

Weimar den 12. Juli 1821.

J. W. v. Goethe.


35/11.


An Carl Friedrich von Both

Ew. Hochwohlgeboren

willkommenes Schreiben hat mich abermals überzeugt, daß die Freunde an der Ostsee noch immer zu mir und meinen Verbundenen das alte Vertrauen bewahren und unsere Gedanken bey vorseyenden künstlerischen Arbeiten zu vernehmen wünschen; doch sehe mich dadurch[10] in einiger Verlegenheit, indem ich, soeben im Begriff eine Badereise anzutreten, einem so wichtigen Vorhaben nicht Aufmerksamkeit genug schenken könnte.

Ich habe zwar, weil ich mir nicht anmaßen darf, den Gegenstand sogleich mit unserm trefflichen Ober-Baudirector Coudray und andern Freunden besprochen, da sich denn freylich manches Bedenken hervorthat, besonders aber sich aufdrang, daß es ein schwieriges und weitläufiges Geschäft sey, aus der Ferne in ein solches Bauunternehmen mit Rath und That einzugreifen.

Gar manche Präliminarfrage müßte erst erörtert werden, eine genaue Beschreibung der Umgebung des Bauplatzes nebst Bedingung der Begränzung würde nöthig seyn; ferner wären für eine nothwendige Hausverwaltung hinreichende Räume zu bestimmen; sodann die Anzahl der Logenmitglieder erforderlich, auch die Frage zu beantworten: ob dieß Haus noch zu andern geselligen Zwecken benutzt werden solle? Ferner mit was für Material man dort baut? und was dergleichen Puncte mehr sind, woraus schon eine weitläufige Correspondenz entspringen würde.

Ebenso würde auch die Frage; in welchem Styl das Haus zu erbauen sey? manche Hin- und Widerrede veranlassen; wie man den dießseits zu einem altdeutschen Styl nicht rathen würde, weil die Maurerei zwar auf jene dürfte beklommnen Zeiten gegründet[11] seyn mag, allein in ihren Fortschritten zu Erhöhung der Humanität auch in Künsten einen mehr ausgebildeten und freyeren Geschmack zu begünstigen und zu verbreiten alle Ursache hat.

Weil nun hiezu, wenn man sogar der Ausführung näher rücken sollte, unsern Meistern und Schülern der Architektur eine bedeutende Mühe zuwachsen würde, so könnte dieß Geschäft ihnen nicht ohne Zusicherung eines bedeutenden Honorars übertragen werden. Aber auch hiebey bliebe für beide Theile noch immer ein gefährliches Risiko, weil ein solches Geschäft in der Ferne zu gründen und zu leiten immer höchst bedenklich wäre.

Unser treffliche Ober-Baudirector hat soeben in einer reichen Landstadt eines benachbarten Fürstenthums ein großes und weitläufiges Gesellschaftshaus erbaut, welches nächstens eingeweiht werden soll; allein der Ort zehn Stunden von uns entfernt ist, und der mit Geschäften überladene Mann nur von Zeit zu Zeit nachsehen konnte, so fanden sich, selbst bey dortiger genauer Aufsicht und specieller Beredung, so mancher nicht im Augenblick zu lösende Zweifel, ja sogar einige Mißgriffe, welche dem strengen Künstler Sorge, ja manche unangenehme Augenblicke verursachten.

Gebe ich nun ferner zu bedenken, daß, wenn nur einigermaßen zu jenseitiger Zufriedenheit gearbeitet werden sollte, Grundriß, Aufriß, Durchschnitte nöthig[12] sind, deren Entwurf, Ausführung, Mundiren und Vollenden sowohl Meister als Geselle beschäftigen würde und doch dorthin zur Ausführung gesandt nicht ausführbar scheinen möchten. Die zuletzt unentbehrlichen Details der Ausbildung der Verzierung verlangen gleichfalls viel Sorgfalt, so daß ich kaum weiß, wie ein solches Geschäft einzuleiten und durchzubringen seyn möchte. Ich führe dieß alles weitläufig aus, um recht anschaulich zu machen, daß mit dem besten Willen kaum eingewirkt werden könnte.

Die Consultation wegen der Statue war viel einfacher, und doch sind daraus voluminose Acten entstanden, die ich jetzt mit Vergnügen ansehe, indem sie mich an manche bedenkliche und beynahe sorgenvolle Stunden erinnern.

So viel im Augenblick des Losreißens, da ich nicht mehr aufschieben konnte, meine lange gehegten und mit den Freunden besprochenen Bedenklichkeiten treulich und umständlich auszusprechen.

gehorsamst

Weimar den [12.] Juli 1821.

J. W. v. Goethe.


35/12.


An Christian Keferstein

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nehmen den besten Dank daß Sie meiner zum Eintritt Ihrer schätzbaren Zeitschrift freundlich gedenken wollen. Bey'm Überlegen, wie Ihre geognostische[13] Charte zu coloriren sey, bey mehrmaligem Durchsehen der Aushängebogen hab ich Ihre großen Bemühungen zu erkennen und Verdienst Ihres Leistens einzusehen gelernt; nunmehr, da die Charte reinlich und klar, das Werk in seinen Bezügen vor mir liegt, so erfreue mich, eine so wünschenswerthe Gabe erlebt zu haben. Seit 50 Jahren durchwanderte gar manchen Theil, den Sie bezeichnen, manche Stellen kenne ich genau, an alles was ich wußte werd ich erinnert und finde mit meinen Erfahrungen nirgends Widerspruch, vielmehr wird das Einzelne nun durch Zwischenglieder vollständig; das Ganze läßt sich in schönem Zusammenhang übersehen; man weiß wo man sich befindet, es sey nun auf der Reise selbst oder bey der Erinnerung.

Wenn Sie nun ein so verdienstliches Werk als Vorarbeit ansehen, welche noch erst genauer und in's Einzelne durchgeführt werden soll, so fordern Sie sich selbst und alle Genossen zu fortdauernder Aufmerksamkeit und weisen einen jeden auf die ihm nächste Gegend, die er nunmehr in Bezug auf das Ganze betrachten und untersuchen kann.

Zu der Sorgfalt, womit Charte sowohl als Durchschnitte illuminiert sind, zu dem reinlichen Gebrauch der Farben, worauf hier alles ankam, können wir uns Glück wünschen, und das Publicum, wenn allen Exemplare so behandelt sind, wie das vor mir liegende, gar wohl zufrieden seyn.

[14] Da ich so eben wieder nach Böhmen zu gehen gedenke, so wäre mir erfreulich, irgend einen Auftrag daselbst auszurichten. Der ich recht wohl zu leben und Ihrem Unternehmen Glück und Heil wünsche.

Weimar den 12. Juli 1821.


35/13.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

Ew. Hochwohlgeboren

eile hiermit anzuzeigen, daß man in dem Giebel des Thorhauses, nach meinem Garten zu, ein recht stattliches Fenster gezimmert, und, indessen die übrigen Fächer alle zugemauert sind, offen gelassen hat. Da ich überzeugt bin, daß Sie sogleich Befehl ertheilen es zuzumauern, so beruhige mich dabey, im Vertrauen auf unsere Übereinkunft und Ihre freundschaftlichen Gesinnungen. In Hoffnung bald wieder zu sehen und einige neu angekommene Kunstgegenstände vorzuzeigen

gehorsamst

Weimar den 13. Juli 1821.

Goethe.


35/14.


An Friedrich Peters

Daß der verlangte, laut Frachtbrief unter'm 7. Juli von Leipzig abgegangene Flügel gestern als am 14. ejusdem hier glücklich angekommen, ausgepackt,[15] probirt und beyfällig aufgenommen worden, vermelde hiermit, und lege die Assignation auf Zweyhundert Thaler Sächsisch nebst Avisbrief an die Herrn

Frege und Comp. bey.

Die unbeschädigte Ankunft dieses schönen Instruments war mir um so erfreulicher, als die drey Schrauben, womit es befestigt seyn sollte, sich nicht vorfanden, obwohl die Klötzchen und Löcher hiezu nicht fehlten. Ich bemerke dieß, weil eine solche Unterlassung in ähnlichen Fällen großen Schaden bringen könnte.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und von diesem Instrumente sowohl mir als allen Musikfreunden viel Vergnügen verspreche.

treulichst

Weimar den 15. Juli 1821.

Goethe.


35/15.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht hiedurch anzuzeigen, daß unter dem heutigen Datum, zu Gunsten des Herrn Peters, Musikhändler in Leipzig, oder dessen Ordre, eine Assignation auf 200 Thaler Sächsisch ausgestellt habe, welche gefällig zu honoriren und mir noch anderweits 300 Thaler Sächsisch in Kopfstücken durch die fahrende Post anherzusenden, auch die ganze summe von 500 Thalern[16] Sächsisch der v. Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart zu notiren bitte.

Indem zugleich meine Arbeit in die böhmischen Bäder melde, empfehle mich zu fortgesetztem wohlwollendem Andenken.

Weimar den 15. Juli 1821.


35/16.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

unterlasse nicht zu vermelden, daß der empfohlene Flügel gestern glücklich angekommen, sogleich von Herrn Hartknoch, einem Schüler unseres verdiensteten Capellmeister Hummel, geprüft und, sowohl von ihm. als den sämmtlichen Zuhörern probat befunden worden.

Nehmen Sie den besten Dank, mir eine so schöne Acquisition versichert zu haben und seyn überzeugt, daß wir uns bey manchem Genusse Ihrer freundlichen Theilnahme dankbar erinnern werden.

Möge Ihr Sommer-Aufenthalt in dem herrlichen Schandau durch gute Witterung und Gesellschaft beglückt seyn. Ich hoffe gleiches in Böhmen, wohin ich mich, mehr der Veränderung und Zerstreuung, als der Cur willen, nächstens begebe.

Lassen Sie, nach beiderseitiger Rückkehr, uns von einander vernehmen.

treulichst

Weimar den 15. Juli 1821.

Goethe.[17]


35/17.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Hiebey erfolgen die Revisionsbogen 5 und 6 zurück. Mit der Revision des Bogens 12 erhalten Sie Manuscript zum Umschlag.

Auch liegt Manuscript bey Zur Naturwissenschaft von fol. 68-74, mehr als nöthig ist, die fehlenden Columnen des Bogens 7 zu füllen. Mit der Revision dieses Bogens erbitte mir sämmtliches Manuscript zurück.

Weimar den 18. Juli 1821.


35/18.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

wird es nicht unangenehm seyn zu vernehmen, daß ich mich, um die Starkische Sammlung in die Zimmer neben der Anatomie aufzunehmen, genöthigt sehe, die Sammlung der Naturforschenden Gesellschaft in das Haupt-Schloß zu versetzen. Färber, welchen ich des schnellern Verständnisses wegen herüber verlangt, wird das Weiter vorlegen und besprechen. Sollte noch etwas zu erinnern seyn, so ersuche Ew. Wohlgeboren, mir in Zeiten davon Nachricht zu geben, indem ich mich zu meiner Carlsbader Reise vorbereite und vorher das Geschäft im Gange wünschte.

Weimar den 18. Juli 1821.[18]


35/19.


An Carl Cäsar von Leonhard

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

muß nothwendig, ehe meinen Sommeraufenthalt in den böhmischen Gebirgen antrete, mit einem treu-freundlichen Worten versichern, daß ich gegen die mehrfachen Sendungen und geneigten Mittheilungen keineswegs unempfindlich gewesen bin, wenn ich auch geschwiegen habe. Das vergangene halbe Jahr überlastet zu viel auf mir, und kaum vermochte ich einen Schritt zu thun in das schöne Feld, das Sie so glücklich bearbeiten. Erst neuerlich, als ich aufgefordert ward, Herrn Reserstein, bey Färbung seiner geologischen Charte von Deutschland, einigen Rath zu ertheilen, gedachte ich wieder so manches Guten, was mir in gleichem, Sinne von Ihnen zugeflossen.

Nehmen Sie daher meinen besten dank und die Versicherung, daß eine fortgesetzte wohlwollende Neigung von Ihrer Seite mich immer beglücken wird, und erlauben, daß ich bey meiner Rückkehr mich wieder melde, um für den Winter, hoffentlich, eine lebhaftere Communication zu eröffnen.

Mich mit vorzüglichster Hochachtung unterzeichnend.

Weimar den 19. Juli 1821.[19]


35/20.


An Ludwig Friedrich Victor Hans von Bülov

[Concept.]

Hochgebohrner Graf,

Hochverehrter Herr!

Ew. Excellenz haben durch die höchst schätzbare Sendung sowohl mich als die mit mir verbundenen Freunde auf das angenehmste überrascht und uns zu lebhaftester Dankbarkeit aufgefordert. Denn ob wir gleich von den großen Kunstbemühungen in der Königstadt überhaupt, als auch besonders von der dort waltenden Kupferstecherkunst genugsam vernommen, so mußten doch die gütigst übersendeten Blätter vielseitig in Bewunderung setzen.

Ew. Excellenz erwerben dich durch Unordnung, Leitung und Beförderung derselben ein großes Verdienst. Wie schön ist es, zu einem großen Zweck hinreichende Mittel zu versammeln! Auch hat Herr Bär sich Glück zu wünschen, daß er unter Ew. Excellenz Anleitung seine vorzüglichen Einsichten und Kenntnisse zu so edler Wirkung anwenden, zu allgemeiner Förderniß das Beste an den Tag bringen können.

Dankbar sey es anerkannt, daß Hochdieselben uns dieser Gabe theilhaft werden lassen und es uns berechtigen, nächstens, wenn wir über die Fortschritte vaterländischen[20] Ausbildung irgend Freude bezeigen, auch einer so vorzüglichen Unternehmung mit Auszeichnung gedenken zu dürfen.

Weimar den 19. Juli 1821.


35/21.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

Ew. Hochwohlgeboren

sehen gewiß noch einmal mit Vergnügen die Tischbeinischen Bilder durch und lächeln zu den Verslein, die ich nach Wunsch und Willen des Künstlers hinzugefügt, geben auch einem bescheidenen Wunsch Gehör, den ich laut werden lasse; Sie möchten nämlich die Gefälligkeit haben, die Strophe, die als Titelblatt und Dedication voransteht, mit einer freyen, leichten Einfassung zu umgeben, dergleichen Ihnen hunderte zu Gebote stehen. Es ist heiter und zierlich, dem Bildner etwas Gebildetes zu erwidern, weshalb ich Sie denn freundlichst ansprechen muß.

Verzeihung und Neigung!

Weimar den 21. Juli 1821.

Goethe.


35/22.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Indem ich vor meiner Abreise in die böhmischen Bäder das Brief-Unterlassungs-Sündenregister überschaue, erblicke ich leider Ew. Hochwohlgeboren werthen[21] Namen beynahe ganz zu oben; es beschämt mich nicht, aber betrübt mich, indem ich mir die Ursache meines bisherigen Schweigens vergegenwärtigen muß.

Schon mehrere bereits dictirte Briefe sind liegen geblieben, weil ich nicht weiß, wie das am schicklichsten zu sagen wäre, was zu sagen ist. Bekenn ich also nur kürzlich, daß Sie mich durch Ihren Paragraphen »Von der Farbe der Pflanzen« tief gekränkt haben.

Hiermit sey es genug und ich füge nur noch den treuen Wunsch hinzu; daß ein so schönes in spätern Zeiten mir gegönntes Verhältniß nicht ganz und gar hiedurch zerstört seyn möchte. Indessen kann ich nicht umhin, in meinem nächsten wissenschaftlichen Hefte mich unbewunden darüber zu erklären. Leider weiß ich aus einem langen Lebensgange, daß dergleichen Mißstimmung zu beseitigen viele Jahre gehören, dergleichen mir nicht übrig bleiben.

Möge Ihnen alles zum Guten und Besten gedeihen.

Herstellung eines heitern, guten Vernehmens wünschend.

Weimar den 21. Juli 1821.

G.


35/23.


An Christian Gottfried Körner

Gar viele liebliche und ahndungsvolle Erinnerungen wurden diese Tage bey mir aufgeregt; beide treffliche[22] Humbolds von Norden und Westen gedachten meiner, mit Brief und Sendung; da mußte denn unser jenaisches Zusammenseyn entschieden zur Sprache kommen, man mußte Schillers gedenken; sodann aber drang sich auf, was zeither alles geschehen, wie viel gewonnen und verloren worden.

Auch Ihr Andenken, mein Theuerster, fand sich in jene Tage mit eingeflochten, und nun erhalt ich von Ihnen gleichfalls Anregung, an Ort und Zeit zu gedenken, wo Ältern und Kinder zusammen, auf dem edelsten Wege, gränzenlose Hoffnungen zu hegen berechtigt waren.

Früge ich nun hinzu, daß die Erinnerung an die theuren Ihrigen bis in meine frühsten Jahre hinausreicht, so kann an diesem Faden gar manches Andenken abgesponnen werden. Eine seltsam wilde Zeit hat die Menschen getrennt, auseinander gehalten, wo nicht geschieden; daher sey uns höchst erfreulich, was überzeugt, daß alles Edle, Wohlverknüpfte und Verbundene über die Zeiten hinausreicht und über das Geschick, das, nachdem es lange verwirrt, doch wieder herstellen muß.

Haben Sie nun vielfachen Dank, daß Sie mich an das Vergnügen erinnern, welches mir die Arbeiten Ihres guten Sohnes gewährt, zur Zeit da ich, dem Theater viele Tage widmend, wünschen mußte, junge Geister mit Talent und Geschmack in diesem Fache hervorkeimen zu sehen. Auch jetzt eilen diese so anmuthigen Bilder gefällig bey'm Lesen vor der Einbildungskraft[23] vorüber, und ich höre mit Vergnügen, daß sie sich auf dem Theater in Ehren erhalten.

Leben Sie nach Verdienst recht wohl und glücklich und gönnen mir und meinen Productionen auch fern einige Theilnahme. Wie oft und viel hab ich Ursache, mich nach Berlin zu wünschen. Besuche von dort her, in Person und Briefen, die frohe Erinnerung meiner Kinder an ihren dortigen Aufenthalt, Nachrichten von so vielem Genußreichen, was täglich hervortritt, geben einen starken Reiz, der den Wunsch nach Nobilität gar oft lebendig werden läßt. Indessen muß ich mich begnügen, die böhmischen Gebirge zu besuchen, wobey ich denn freylich hoffe, den dortigen Heilquellen abermals entschiedenen Dank schuldig zu werden.

Mit den aufrichtigsten Wünschen und Empfehlungen an die theuren Ihrigen

treulichst

Weimar den 22. Juli 1821.

J. W. v. Goethe.


35/24.


An Johann Heinrich Voß d. J.

[Concept.]

Ihre liebwerthe Sendung, mein Theuerster, kommt noch gerade zu rechter Zeit und Stunde, um mich auf meiner Reise nach den böhmischen Bädern zu begleiten, wohin ich wohl keine angenehmere Gesellschaft finden könnte.

[24] Da zu meinen liebsten Gefühlen die Dankbarkeit gehört, die ich gerne hege, pflege und mich an ihr ergötze; so kommt mit oft genug vor die Seele, was wir Ihrem Herrn Vater und Ihnen schuldig sind. Je mehr man durchdrungen ist von dem Werthe der Bildung, die wir den alten Schriftstellern verdanken, desto mehr lernt man nach und nach einsehen, daß ein ganzes Leben dazu gehört, sie recht zu verstehen und also gründlich zu nutzen. Vergebens, daß man sich einbildet, nebenbey zu so wichtiger Einsicht gelangen zu können. Wie hoch haben wir dabey den Übersetzer als Vermittler zu verehren, der uns jene Schätze herüber in unsere täglichen Umgebungen bringt, wo wir vor ihnen nicht als fremden seltsamen Ausgeburten erstaunen, sondern sie als Hausmannskost benutzen und genießen.

Niemand kann dieß mehr anerkennen als ich, der ich, bey vielbeschäftigter Zerstreuung, zum Kern eilen muß und deswegen mich herzlich freue, wenn er mir so rein und appetitlich vorgesetzt wird. Es ist kein alter und neuer Autor, den Sie in Ihrem Familienkreise bearbeitet haben, von dem ich das nicht zu sagen hätte und indem ich die bisherigen Gaben zu schätzen weiß, freue ich mich höchlich auf den versprochenen Schakespeare.

Daß die beiden wackern und trefflichen Männer, Knebel und Gries, sich Ihrer Freundschaft und Beyfalls erfreuen, macht höchst glücklich. Es giebt[25] der unwollenden, mißwollenden Menschen so viel, die ihr etwaiges Vermögen so gern zu Schaden und Verdruß anderer bethätigen, wodurch sie denn einem fleißigen talentvollen Mann wenigstens den Tag verkümmern, und aus Tag nach Tag besteht denn doch das Leben.

Möge ich Ihrer theuersten Familie unschätzbare Theilnahme auch fernerhin auch fernerhin wie immer genießen.

Weimar denn 22. Juli 1821.


35/25.


An Carl Friedrich Burdach

Ew. Wohlgeboren

dießmalige Sendung hat mich, wenn ich es gestehen darf, wirklich betrübt, indem ich aus Ihrem Heft ersehe, daß sie das was ich, Zur Morphologie, zweytes Heft Seite 251, 1820 über diesen Gegenstand geäußert, entweder nicht gekannt, oder nicht geachtet haben, welches ich mir denn freylich muß gefallen lassen.

Sie sagen Seite 45 »Vor dem Keilbeine giebt es keinen Wirbel mehr« und sprechen hiedurch den Irrthum aus, an welchem die Wissenschaft schon seit zwölf Jahren leidet. Vor dem vorderen Keilbeine, behaupte ich, liegen noch drey Wirbel, die sich auch wohl nach und nach dem Aug' und Geist der Naturforscher entfalten werden. Unsere tüchtige Urmutter[26] konnte ihr herrlichstes Werk nicht mit dem Gehäuse, Gewölbe, dem Wohnsitz der Intelligenz stumpf abschließen; so bald dies nach innen geschehen war, mußte sie Verhältnisse, Bezüge, Verbindungen nach außen erschaffen und da brauchte sie keinen, geringen Apparat; diesen legte sie dem Einsehen, dem wollen, als dienende Glieder vor und bedurfte hiezu abermals einige Lebenskeimpuncte.

Betrachten Sie was Sie S. 48 dem dritten Wirbel aufbürden und überzeugen Sie sich, daß die Natur nicht so verfährt.

Ich weiß recht gut woher das Unheil kommt; 1807 sprang dieses so edle Geheimniß unvollständig an's Licht, man suchte die empfundenen aber nicht eingesehenen Mängel mit falschen Beziehungen zu decken und so pflanzte sich von den Ältern auf die Jüngern eine unrichtige Behandlung fort, an welcher auch Sie leiden. Alle die Jahre her hoffte ich, es werde ein lebhafter Geist sich aus diesen Fesseln befreyen, allein vergebens. Spix bearbeitete seine Tafeln in eben dem bornirten Sinne; wer fühlt sich nicht verworren, indem er sie studirt; früher oder später wird man ihre Unbrauchbarkeit einsehen; ich verlange es nicht zu erleben, aber den Nachkommen will ich wenigsten auf die Spur helfen.

Soviel für dießmal; Verzeihung dem unfreundlichen Lokalismus, denn, eben im Begriff in die böhmischen Bäder zu gehen, war ich zweifelhaft, ob ich schreiben[27] sollte oder nicht. Zu letzterem hätte ich mich beynahe entschieden, da ich mir seit mehreren Jahren zum Gesetz gemacht, kein unangenehmes Wort in die Ferne zu senden. Weil ich aber in meinem nächsten morphologischen Hefte mich über diese Angelegenheit auszusprechen gedenke, so hätte es unfreundlicher, ja tückisch ausgesehen, wenn sie erst öffentlich meine Mißbilligung erfahren hätte.

Möge Ihnen alles zum Besten gedeihen, und damit das Glück Ihre Bemühungen bis in die späten Jahre begünstigen könne, suchen Sie sich von Zeit zu Zeit von Irrthümer los zu machen, den gefährlichsten Feinden unsres Lebensganges, verschließen das Auge nicht vor Lichtblicken, die gelegentlich auf unsere düstere Wege fallen. Der beste Kopf ist, auch mit dem besten Willen, in großer Beschränktheit befangen, und wer hat nicht mehr als einmal im Leben sich selbst die angebotene Aufklärung verkümmert?

Mit den besten Wünschen und treusten Gesinnungen.

Weimar den 21. Juli 1821.

Goethe.


Nachschrift.

So eben als ich schließe, besucht mich Herr Hofrath Carus von Dresden; derselbe, ein trefflicher Beobachter, geübter Zeichner, stimmt wegen der sechs Hauptwirbel vollkommen mit mir überein, beruhigt und erfreut mich. Möge ich bald ein Gleiches von Ihnen erfahren.

G.[28]


35/26.


An C. G. Frege und Co.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß die mit der fahrenden Post anher gesendeten 300 Thaler in groben Münzsorten glücklich angelangt, worüber denn hiermit dankbar quittire und mich hochachtungsvoll Ihren weiteren wohlwollenden Andenken bestens empfehle.

Weimar den 22. Juli 1821.


35/27.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Indem ich, theuerster Freund, mich zu meiner Reise nach Marienbad vorbereite und manches in Ordnung bringe, finden sich glücklicherweise die längst vermißten beiden Zeichnungen, welche sogleich einpacke und mit der fahrenden Post übersende. Lassen Sie mich Ihnen wie den theuren Ihrigen bestens empfohlen seyn.

Darf ich Sie um eine Sendung Artischocken an die Meinigen, da nun die Zeit herannaht, freundlichst ersuchen? Wozu ich die besten Wünsche für Ihr Wohl hinzufügen.

Weimar den 22. Juli 1821.[29]


35/28.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey die gewünschte Verordnung, wodurch das Assistentendeputat auf den Candidaten Müller transferiert wird. Zugleich kann vermelden, daß es wegen dem bisherigen Fiedlerischen Emolument wohl bey dem Naturaldeputat wird verbleiben können, weshalb im eintretenden Fall Dieselben sich an meinen Sohn gefälligst wenden werden, welcher von der Sache unterrichtet ist.

Zu geneigtem Andenken mich bestens empfehlend

mit fortgesetzter

aufrichtiger Theilnahme

Weimar den 22. Juli 1821.

Goethe.


35/29.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Zustimmung zu der neuen Veränderung des Kabinettslocals ist mir sehr angenehm; gewiß werden Sie bey dieser Gelegenheit eine erfreuliche Aufstellung besorgen, wie ich denn ganz überlasse, was Sie von unbrauchbaren und lästigen Dingen allenfalls beseitigen wollen. Sind die Zimmer über der Reitbahn geräumt, so haben Sie die Güte, meinem Sohn davon Meldung zu thun, welchem das Weitere wegen des anatomischen[30] Kabinetts übertragen ist; auch wird derselbe, wenn sonst etwas vorkommen sollte, gern an Handen gehn.

Zu dem wiedergefundenen Pflänzchen wünsche Glück, sowohl wegen dessen eigentlichen Werthes, besonders aber zu Stärkung der Geduld und des Zutrauens in ähnlichen Fällen.

Bey meiner Rückkehr hoffe die weitern vergnüglichen Folgen Ihrer botanischen und sonstigen Lehrgeschäfte umständlich zu vernehmen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 23. Juli 1821.


35/30.


An Sulpiz Boisserée

Eben im Begriff, meine Reise nach Böhmen und zwar nach Marienbad anzutreten, begrüße Sie noch mit wenigen Worten. Nun haben auch Meyer und Riemer Ihren Aufsatz gelesen und geben demselben höchlichen Beyfall; wir werden suchen, einen gedrängten Auszug Ihrer Darstellung zu geben und unsere Theilnahme an Ihrer großen und wichtigen Arbeit mit Vergnügen aussprechen. Senden Sie mir zu diesem Zweck Einleitung, Erklärung der Tafeln, Citate, sobald es beysammen ist.

Den besten Dank für die freundliche Aufnahme meines Wanderers. Freylich werden Sie manches darin gefunden haben, was auf einen früheren gemeinsamen[31] Lebenswandel hindeutet, und wenn dieses Werkchen auch nicht aus Einem Stücke ist, so finden Sie doch solches gewiß in Einem sinne. Ihre Bemerkung, daß der Mahler am wenigstens bedacht ist, soll auch gerühmt seyn; im folgenden Bande werden wir ihn, obgleich nicht in so großer Gesellschaft, wieder finden.

Wegen der Frankfurter Angelegenheit wüßt ich nur zu wiederholen: daß ich mich hochgeehrt und beglückt finde, wenn man Ihren ersten, reinen, unschuldigen Gedanken in den Bezirk des Bibliotheksgebäudes versetzen wollte; vielleicht glückt es Ihnen, die theuren Freunde dahin zu bewegen; leichter müßte es immer werden, als das Haus von Nazareth in die Gegend von Ancona zu bringen. Entschließt man sich dazu, so läßt sich hoffen, daß die weimarischen Gönner und freunde fröhlichen Theil daran nehmen werden.

Gegenwärtig ist Hof und Stadt einsam, man versammelt sich erst Ende August wieder.

Und so leben Sie denn schönstens wohl, vielleicht schreiben Sie mir ein Wort nach Marienbad, damit man sich im Geiste nahe bleibe.

treulichst

Weimar den 23. Juli 1821.

G.


35/31.


An Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

Hierbey, mein Theuerster, das übersendete schöne, wichtige Werk, wobey wir unsere Theilnahme durch[32] einen fortlaufenden Commentar an den Tag geben, Zugleich die Nachricht, daß die letztere Sendung nicht weniger glücklich angelangt und die freundliche Vermehrung des schon so reichlich versehenen Tischbein'schen Portefeuilles mit großem Vergnügen betrachtet worden.

Wenn es Ihnen recht und lieb ist, so gebe ich nächstens eine kleine Beschreibung Ihrer 17 Blätter mit beygefügten Versen, wobey zugleich ein Denkmal früherer schöner Verhältnisse errichtet wird. Lassen Sie uns, was wir zwischen Jugend und Alter versäumen, eifrig und thätig nachbringen und machen uns theilhaft Ihrer lang gesammelten Schätze, die wir gar gerne mit Interessen von unserer Münze wieder zurück erstatten. So viel sey gesagt im Augenblick meiner Abreise nach Böhmen. wo ich dießmal Marienbad als Curort gewählt habe.

Möge Ihnen und den lieben Ihrigen alles Gute werden und bleiben.

treulichst

Weimar den 23. Juli [1821].

J. W. v. Goethe.


35/32.


An Carl Leberecht Immermann

[Concept.]

Vor meiner nunmehr anzutretenden Badereise hoffe ich immer noch so viel Muße zu finden, um über das hiebey zurückkommende Theaterstück nach Ihrem Wunsch meine Gedanken zu eröffnen. Da mir[33] aber dieß wegen vieler zubringender Arbeit nicht möglich geworden, so bleibt mir nur übrig, mit wenig Worten für die wohlgemeinte Zueignung meinen dank abzustatten; erscheint das Stück im Druck, so läßt sich das Versäumte vielleicht nachholen.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 23. Juli 1821.


35/33.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

gewogenes Schreiben vom 16. dieses erhalte so eben als ich mich zur Reise nach Marienbad bereitete und eile zu vermelden, daß ich von den Herren Frege abermals zweyhundert Thaler Sächsisch auf Assignation und dreyhundert Thaler baar erhalten habe; wodurch denn unsere gegenseitige Rechnung bis auf 4 rh. 4 Groschen saldirt wäre.

Den Deutschen Gil Blas sende mit der Post und wiederhole, daß Sie denselben vor allen Dingen einem geistreichen jungen Mann übergeben mögen, der so etwas mit Liebe behandeln kann und im Kleinen wie im Großen die Welt zu sehen im Stande ist. Die Redaction selbst, in meinem sinne, wird nicht viel Mühe machen.

Den Vertrag des Honorars überlasse eigenem Ermessen und erbitte dem Autor insofern Ihre Gunst[34] als er, nach so wunderlichen Lebensereignissen, zuletzt noch unter meine Subalternen aufgenommen worden und seine Dienste treu und wohl versieht. Titel und ein kleines Vorwort, etwas ausgeführter als die Anzeige in Kunst und Alterthum, sende sobald es möglich ist. Eine gewisse Anzahl Exemplare würde dem guten Manne gleichfalls eine Wohlthat seyn, weil er dadurch seine Gönner veranlassen könnte, ihm etwas Freundliches zu erzeigen.

Ew. Hochwohlgeboren fortdauernde Thätigkeit im Dienste des Vaterlandes lassen mich die Zeitungen öfters bewundern, aber das tiefe häusliche Leiden, welches Sie betrifft, erfahre erst aus gegenwärtigem Schreiben; ich nehme daran um so inniger Antheil als ich dasselbe Schicksal erlebt und meine gute Frau unaufhaltsam einer drohenden Auflösung entgegen wallen sah. Der Mensch ist gar vielfach-trüben Zuständen ausgesetzt, kaum haben wir eigene Leiden überwunden, so fordern uns die Schmerzen der Freunde zu trauriger Mitempfindung auf.

mit aufrichtiger Theilnahme

Weimar den 24. Juli 1821.

Goethe.


35/34.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten Gegenwärtiges durch unsern wackern Hofmedicus Rehbein, welcher mit mir wünscht, eine[35] Recension der neusten Heidlerischen Schrift über Marienbad in Ihre geschätzte Zeitung eingerückt zu sehen. Sollte weiter kein Bedenken obwalten, so würde die Erfüllung dieses Wunsches uns beide verbinden.

Mich nochmals bestens empfehlend.

Weimar den 24. Juli 1821.


35/35.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey mit verbindlichem Dank für alle bisherigen Bemühungen den Bogen Z zurück, ingleichen Manuscript zum Umschlag. Ferner liegt bey das rückgesendete Manuscript für Wien, soviel sich dessen bey mir vorfindet. Sollte sich eine Lücke zeigen, so haben Sie die Gefälligkeit, solche abschriftlich einschalten zu lassen.

Bey meiner Rückkehr können alsobald sowohl unsere angefangenen Druckschriften fortgesetzt als neue begonnenen werden.

Mit vielen Empfehlungen an das wohlwollende Frommannische Haus wünsche auch Ihnen und den werthen Ihrigen bestens empfohlen zu seyn. Allen sey das Beste beschieden.

Weimar den 25. Juli 1821.[36]


35/36.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

möge Gegenwärtiges bey glücklicher Wiederkunft in dem Kreise der hohen Ihrigen lebhaft und treulich empfangen! möge alles, was in Ihro Abwesenheit von so vielen Seiten her bewirkt worden, zu Ihro Zufriedenheit geschehen seyn.

Für die gnädige Sorgfalt, womit Sie bey veränderten Umständen für den kleinen mir anvertrauten Geschäftskreis gesorgt, spreche nur kurzen, aber desto gefühlten Dank aus, in meinem Namen so wie im Namen der begünstigten Untergeordneten.

Eines zwar kleinen aber doch angenehmen Glücksfalles zu gedenken, vermelde daß wir, bey nochmaliger sorgfältiger Untersuchung des Haßleber Torfmoors beynahe die completten Reste des daselbst gefundenen Stieres entdeckt und nach Jena gebracht haben, wo man denn fleißig an Herstellung des Ganzen beschäftigt ist.

Unter mehreren Besuchen hat mich der gerade in diesem Fache vorzügliche Hofrath Carus von Dresden am meisten belehrend erfreut. Auch ist Nachricht von Stuttgart, daß man ganz dasselbe Geschöpf fossil alldorten gefunden. Hierüber werden sich erfreuliche Communicationen eröffnen lassen. Wie sich denn auch[37] das Studium der fossilen Botanik in Schlesien hervorthut, wo die Naturforscher zu zeigen bemüht sind, daß die vom Grafen Sternberg bekannt gemachten unterirdischen Pflanzen ganz eigentlich Cactusarten seyen; welches durch Zusammenstellung der jetzt noch vorhandenen Arten und der ausgegrabenen sehr wahrscheinlich wird. Gar manches andere wohl bey Höchster Wiederkunft vorgelegt werden.

Weimar den 25. Juli 1821.


35/37.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

Gnade für meine gute Schwiegertochter verschafft auch mir das unschätzbare Glück, unmittelbar zu vernehmen, das Höchstdieselben in dem besten Wohlbefinden, bey günstiger Witterung, sich der schönen Gegend freuen, doppelt zufrieden, da auch der theure Prinz sich an Ihro Seite glücklich entfaltet. Möge dieser wünschenswerthe Zustand durch die Gegenwart unseres gnädigsten Fürsten bald seine ganze Vollkommenheit erreichen und die erfreulichen Nachrichten des Auslandes mitgetheilt werden.

Am Vorabend meiner Abreise mich zu gnaden und Hulden angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 25. Juli 1821.[38]


35/38.


An Carl Emil Spiegel von und zu Pickelsheim

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Gefälligkeit, beykommende Schreiben höchsten Orts zu überreichen und mich bey dieser Gelegenheit zu Gnaden zu empfehlen.

Möge sich Ihr Wohlbefinden so wie der lieben Ihrigen während guten Jahreszeit noch recht bestärken und ich bey allen eines wohlwollenden Andenkens wie bisher genieße.

Weimar den 25. Juli 1821.


35/39.


An Charlotte von Stein

Beherbergen Sie, verehrte theure Freundinn, indessen der Wandrer abermals das Weite sucht, dessen Bild und Gleichniss mit wohlwollender Theilnahme.

W. d. 25. Jul. 1821.

Goethe.


35/40.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Marienbad den 6. August 1821.

Dankbar für die nach Weimar gegebene Nachricht von Ihrem guten Befinden in Carlsbad, vermelde daß ich mich seit acht Tagen hier befinde und daß mir, seit die Sonne scheint, nichts abgeht. Sagen[39] Sie mir doch in Erwiderung, ob Sie noch hierher zu kommen gedenken, wozu ich zwar eigentlich nicht rathen kann, um so weniger, als das hiesige Wasser auch in der Ferne getrunken gewiß von der besten Wirkung ist. Die übrigen Gründe für und dagegen mündlich, gegenwärtig nicht mehr als zum Schluß die besten Wünsche für das werthe Paar.

treulichst

G.

Sollten Sie Sich nach Marienbad zu kommen entschließen, so fragen Sie bey Inspecktor Gradl vor in der Nähe des Kreuzbrunnens.


35/41.


An August von Goethe

[Concept.]

[Marienbad, 8. August 1821.]

Und so wißt ihr denn ohngefähr wie es mir ergeht. Mein Befinden ist gut, und diese Fichtenwälder, wenn auch im Nebel und Regen, dem Auge ganz erquicklich. Die Badeliste zählt vor einigen Tagen 438 Gäste. Leider macht die Witterung bösen Eindruck auf jedermann und niemand wird sich so leicht wieder hersehnen. Stadelmann hat Steine genug zusammen getragen; leider daß man nicht eine Excursion dahin machen kann, wo das Gebirg sich wendet, Serpentin und anderes vorkommt. Wie lange ich hier bleibe, bin noch nicht entschlossen, über acht Tage kann ich das Nähere sagen. Lebet indessen wohl[40] und grüßt die Kinder. Was hört man von Ulriken? Frau von Posch aus Regensburg will auch die beiden Schwestern gekannt haben, wahrscheinlich von Anspach her; ist sie eine geborne v. Strauß.

Schließlich vermelde noch, als höchst bedeutend, daß die Mittagstafel sich immer gleich, höchst vortrefflich ist. Sowohl das Material als die Zubereitung kann nicht besser seyn. Man zahlt drey Kopfstücke. Und somit allen guten Geistern befohlen.


35/42.


An August von Goethe

[Concept.]

[Marienbad, 15. August 1821.]

Aus Vorstehenden ist zu ersehen, daß ich mich sehr wohl und im Stillen thätig verhalte. Wäre das Wetter gut und ich könnte fort baden, besonders aber in der Gegend freyer umhergehn, so wäre alles viel besser. Doch will ich nicht ungeduldig werden; anderswo wäre es auch nicht anders und innere Hausbequemlichkeit finde ich nirgends wie hier. Gegenwärtig ist meine Absicht, Sonntag den 23. hier abzugehen, doch würde länger bleiben, wenn das Wetter sich besserte.

Ich habe nur weniger Schritte in die Gegend thun können; Stadelmann hat indessen genug Gestein zusammengetragen, ein Bergmann brachte Entfernteres, darunter ein paar Augiten von großer Schönheit.[41] Mir ist sehr angenehm, diesen Granitknoten, in Carlsbad so lange beobachtet, nun auch nach Mittag zu an seiner Grenze zu kennen. Resersteins Charte thut dabey treffliche Dienste. Es ist freylich überall immer eins und ebendasselbe, doch auch sich davon zu überzeugen angenehm.

Das Wetter, das die Wege verdirbt, ist freylich Schuld, daß ich den Prälaten noch nicht besucht habe; oder vielmehr, daß er mich noch nicht eingeladen hat, weshalb er sich am Sonntag entschuldigte. Wir wollen sehen, wie auch das zu erlangen ist, besonders da sich für Minearologie manches hoffen läßt.


35/43.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

wird zwar die freundliche Überbringerin von hiesigen Zuständen genugsam Bericht abstatten, doch halte für Schuldigkeit, auch das, was ich gesehen und bemerkt, einigermaßen, und wenn auch nur theilweise auszusprechen.

Von der emsigen Förderung hiesiger Baulichkeiten giebt das Haus, worin ich wohne, das beste Zeugniß.

Vor fünfzehn Monaten war das Mauerwerk noch nicht vollendet und in dieser Zeit ist das Dach nicht nur aufgesetzt, sondern auch unter dessen Schutz und Schirm das ganze Gebäude völlig angenehm wohnbar[42] eingerichtet, so daß nach vollendeter Curzeit nur noch wenig zu thun übrig bleibt.

Kaum hatte Maurer und Zimmermann ihr Tagewerk geleistet, als ein geschickter Tischler mit vielen Gesellen eintrat und das Haus im Hause fertig machte; wodurch denn in dieser Wüsteney erreicht ward, daß alles gut und erfreulich paßt. Thüren und Fußboden sind nett, auch grüne Schaltern an der ganzen gegen Mittag gelegenen Seite Vorsorglich angepaßt.

Was aber eigentlich Bewunderung erregt sind die Möbels, alle von Nußbaum, die auf einen großen Vorrath dieses Holzes hindeuten. Verständig und klug wurden die verschiedensten Zufälligkeiten der Fourniere [benutzt], und man glaubt bey jedem Möbel ein neues Holz zu sehen.

Das Gebäude selbst, groß und ansehnlich, hat dreyzehn Fenster in der fronte, ein gewölbtes Untergeschoß, darauf das mittlere und obere Stockwerk; stattliche Zimmerhöhe, gute Maaße, anständige Einrichtung; aber auch verhältnißmäßig theuer vermiethet, so daß es für die Badezeit eine bedeutende Summe einbringen muß.

Das Ganze ist, wie sich wohl bemerken läßt, auf Graf Klebelsbergs Casse und Credit unternommen; v. Brösigke macht, wo nicht den Baumeister, doch den ausführenden Inspector, dessen Gattin nimmt sich des Hauswesens an und blieb den ganzen Winter hier,[43] um die Wohnbarkeit zu beschleunigen, die Tochter, Frau von Levezow, die ihre Anmuth, durch manche Jahre und Schicksale durch, noch ganz hübsch gerettet hat, scheint auch ihren Wohnsitz hier aufzuschlagen; man spricht von einer Heirath mit dem Grafen, und was dergleichen mehr seyn mag. Genug, im Ganzen ist es die eigenste Familien-Verkettung, welche übrigens dieser Anstalt glücklichen Fortgang verspricht, da sich viel Plan und folge bemerken läßt.

Soll ich übrigens noch der nächsten Zimmerumgebung erwähnen, so würde ich der völlig ausgetrockneten Wände, der außerordentlich glatt und sauber aufgezogen heitern Wiener Papiertapeten gedenken und eines Staffirmahlers, welcher Hohlkehlen und decken so glücklich stufenweise zu färben und leichte Stucatur zu lügen weiß, als ich nicht viel gesehen.

Wollte es aber schwach und kleinlich erscheinen, daß ich solcher scheinbaren Nebendinge mit umständlicher Gefälligkeit gedenke, so gestehe gern, daß es aus Dankbarkeit geschieht, denn indem die Witterung wiederholt so schlimm ist, daß man aus dem Hause nicht gehen kann und zum Fenster nicht hinaussehen mag, so ist der Einblick auf zierliche Zimmer höchst tröstlich.

Sodann aber habe von unserm Hause so weitläufig gesprochen, weil dadurch die Geschichte aller hiesigen Gebäude umfassen könnte. Mehr oder weniger wohlhabende[44] Personen, angezogen durch den Ruf des hiesigen Wassers, ließen sich in den Strudel des Umschwungs hinreißen, welcher gläubige hoffende Kranke herzieht; die haben eigenes und fremdes Capital zu Gebäuden verwandelt, mit Aussicht, die Interessen gewiß und zunächst auch den Hauptstock, wenn sich die Anstalt zehn bis zwanzig Jahre erhält, herausziehn.

Zwar gehört noch immer darzu, daß in den Cur- Monaten persönliche Thätigkeit und Gastwirthsgeschick obwalte. Diese Mühe wird noch vermehrt, da bey hiesiger Lage und Örtlichkeit mehr Hausgenossen sich entschließen mußten, ihren Hausgenossen Frühstück, Tafel, Wein und alles Nöthige zu reichen, dadurch gleicht manches Gebäude einer Insel, und für den zeitigen Bewohner ist es sehr angenehm, seine Bedürfnisse unmittelbar unter Einem Dach zu finden; desto schätzbarer, als die weit aus einander liegenden Häuser durch kein Straßenpflaster verbunden sind, auch hierum. Der Tisch ist vortrefflich, der Wein gut, auch ist Abends zum Thee immer eine große Gesellschaft da.

Daß diese Privatunternehmungen von dem Prälaten auf verschiedene Weise begünstigt sind, kann man als gewiß annehmen.

Hier finde mich aber veranlaßt, von dem Prälaten zu sprechen. Sein Wirkungskreis ist groß und bedeutend und er behandelt die verschiedenen Zweige desselben mit Freudigkeit. Als junger wohlgestalteter Mann läßt er im Umgange nur etwas mehr Zurückhaltung[45] wünschen, wodurch ohne Schade seiner Natürlichkeit eine gewisse Würde sich einfände, welche jetzt von der Menge vermißt wird. Bey'm längeren Zusammenleben würde ich darauf aufmerksam machen, und es kostete ihn nichts, etwas mehr zu repräsentieren, da sein gegenwärtiges Betragen auch eine Repräsentation ist, nur nicht recht berechnet. Im Innern halte ich ihn für tüchtig, klug und seiner Stelle gewachsen. Mehr besehen lebt er in einem gebundenen Zustande, und es will immer viel heißen, unter solchen Bedingungen soviel zu thun.

Der Grund-Plan des Badeorts, mit ruhe und Überlegung betrachtet, und alle Bedingungen dieser Localität erwogen, gewinnt Zustimmung und Beyfall. Indessen ist die übereilte Tadelsucht der Menschen so herkömmlich, daß man von jedem, der nur herantritt, andere Wünsche, andere Vorschläge vernimmt. Nach einigen Jahren wird Absicht und Zusammenhang besser in die Augen fallen.

Ebenso wiederholt man angelegentlich: Fürst Metternich werde sich die ganze reiche Pfründe zueignen, und Herzog von Töpel genannt werden, welches man deshalb wahrscheinlich findet, weil die Herrschaft Königswarth (nach der Schlacht vom weißen Berge denen aufrührischen v. Zedtwitz entrissen, und der Metternich'schen Familie überlassen) angrenzt und freylich durch diese Fort- und Zurundung vielfacher Vortheil zu erwarten wäre.

[46] Ob nun diese Rede absichtlich in das Publicum gebracht ist, damit man sich an den Gedanken gewöhne, oder ob es eine Einbildung sey Anänderungen liebender Menschen, muß die Zeit lehren.

Geologische Betrachtungen lassen sich manichfalti ge anstellen, Entschiedener Granit findet sich an mehreren Stellen und macht die Base der ganzen Localität, die Ab- und Ausweichungen, die Übergänge desselben sind unterhaltend, wie man denn auch aller Art Gneis mit und ohne Almandinen begegnet, Schriftgranit mit Hornblende, u.s.w. Eine Sammlung von Varietäten würde in's Unendliche gehn. Auch aus der Nachbarschaft hat man mir manches herbeygebracht, welches im Zusammenhange noch nicht übersehe.

Seit meinem letzten Besuch in dem reichen, bewunderungswürdigen Palmenhause zu Belvedere sehe mich leider von der ärmlichsten Flore umgeben. Erst im Rehauer Wald fand ich die Arnica montana, welche nun auf den hiesigen Höhen in ihrer ganzen Vollkommenheit erscheint. Erfreulich für Auge und Sinn war Parnassia palustris, die ich seit so langer Zeit nicht gesehen, welches Blümchen überhaupt alle Aufmerksamkeit verdient, dessen Rectarium aber billig zu den Wunderbarsten gezählt wird, was das Pflanzenreich hervorbringen kann. Ich erinnere mich mikroskopischer Abbildungen derselben, wie es denn auch unter einem Mikroskop am herrlichsten erscheint.[47] Bey'm Eintrocknen, fürchte ich, möchte das Anmuthige verloren gehen, doch sind einige hier beygefügt.

Mit diesem Pflänzchen kommt auch Gentiana auf abgemähten Wiesen zum Vorschein, wie bey uns die Zeitlosen. Nur so wenig ist mir gegönnt aus eigner Anschauung zu vermelden; Doctor Rehbein wird ein Verzeichniß der hiesigen Flora überreicht haben.

Witterungsbeobachtungen sind hier keineswegs reizend. Nebelgebäude, wie sie uns in früherer Zeit aus den Ilmenauer Fichten hervorstiegen, erscheinen Morgens und Abends und verdüstern den Tag.

Ein Gewitterhimmel aber am 2. August war so merkwürdig, als schwer zu beschreiben. Der ganze obere Himmel mit vielfachem Grau bedeckt, auf einem helleren Grunde zogen einzelne wie mit Besen gestrichenen Partien dunkler geschattet hin.

Nun aber zeigte sich über den Fichtenwäldern von Norden nach Süden ein heller Streif durch die ganze Atmosphäre durchreichend. Die oberen Luftgebilde zogen für sich von Westen nach Osten und zog blitzend und donnernd bald vorüber.

Die rollenden Donner dauern hier sehr lange wegen gebirgischem Wiederhall.

Leider kann man an den hiesigen Barometern keine in's Allgemeine greifende Beobachtung anstellen; es sind solche wie sie die herumziehenden Italiener auf[48] gut Glück verfertigen, doch scheinen sie ihr Schön-Wetter-Täfelchen der Barometerhöhe gemäß ziemlich an den rechten Ort geschoben zu haben.

Eben als ich so weit gekommen, vernehme, daß ein astronomisches Observatorium sich in dem Stift Töpel befinde; ich werde davon nähere Kenntniß nehmen und die Verbindung zu stiften suchen. Alles kommt freylich darauf an, daß man gewiß werde, nach welchem Maaßstab die Instrumente eingerichtet und berichtigt sind. Hiervon läßt dich doch das Beste hoffen, weil man hier mit Prag zunächst und dadurch auch mit Wien in Verhältniß steht.

Und so genehmigen denn Ew. Königliche Hoheit, daß eine in dieser Wüste mich überraschende Schreibseligkeit sich an Höchstdieselben wende und eine kurze Schilderung hiesigen Zustandes einem lebendigern Commentar als Text überliefere.

Übergehen darf ich zum Schlusse nicht, daß Prinz Friedrich von Gotha in sehr traurigen Umständen hier angekommen, welcher, von seinem Herrn Bruder besucht, mir die Ehre der Tafel gönnen wollen.

Nicht weniger ward ich dem Großfürst Michael vorgestellt, welcher von dem Befinden hoher Verwandten Kenntniß gab und Nachricht verlangte.

Zum Schlusse darf ich nun wohl den Wunsch noch anführen, Höchst Ihrer Frau Gemahlin empfohlen zu seyn, so wie die Bitte, bey'm rückkehrenden erfreulichsten Geburtsfeste meiner als eines immer gegenwärtigen[49] treuen Diener zu gedenken. Vieljährige fromme Wünsche erneuernd.

[Marienbad] den 16. August 1821.


35/43.


An Sulpiz Boisserée

Marienbad den 17. August 1821.

Ihren lieben, mir wie immer so angenehmen Brief, vom 8. August, erhalte ich erst den 15. in Marienbad; glücklicherweise geht gerade am 16. die selten-fahrende Post von Plan ab, so daß also doch das Manuscript, welches bey mir hatte, zur gewünschten Zeit bey Ihnen sich einfinden wird.

Hätten Sie es nicht abgerufen, so wäre, bey einem so müßigen Aufenthalte, mein Aufsatz darüber, wenigstens schematisch, zu Stande gekommen. Doch das thut nichts, da ich das Ganze innig und theilnehmend in Sinne und Geiste hege, und stets daran denke.

Einem vorzüglichen, von der Welt abgesonderten, mir jetzt wandnachbarlichen Manne gönnte ich die Mittheilung und das Anschauen der mir verliehenen Probedrücke; die daraus entsprungene Wirkung freute mich sehr. Auf einen gründlichen, klaren Vortrag darf man hoffen und vertrauen.

Auch die Legende soll mir Gelegenheit geben, anmuthig zu seyn; senden Sie mir die Aushängebogen, so wirkt mein guter Wille früher, da [50] Kunst und Alterthum sich langsam bewegt. Gewiß wird es des dritten Bandes zweytes Heft Ihnen wohlbehagen; die Verkündigung mußte freylich wie ein letzter höchster Lichtpunct erscheinen.

Von meinem Befinden möchte ich sagen, daß es besser ist als seit langer Zeit; der hiesige Aufenthalt in meinem Verhältniß sehr angenehm, auch währen der schrecklichen Regenzeit. Sollte die heute wiederkehrende Sonne ausdauernd beglücken, so wüßte für die vier nächsten Wochen nichts weiter zu wünschen.

Nun aber erst komme zur Meldung, daß das an dem 14. Juli abgesendete Kästchen mir schon vor vierzehn Tagen hier geworden, indem Herr v. Eckardstein, mich in Carlsbad nicht findend, einem hieher reifenden Freunde dasselbe mitgegeben. Alle Schauenden sind wie billig von dem Inhalte entzückt.

Zum Schlusse möchte ich Sie aber, in ein anderes Fach übergehend, noch freundlichst ersuchen: Herrn Hofrath Jäger für seine letzte Sendung schönstens zu danken, sie kam grade zur Zeit als wir in einem Torfmoore das beynahe vollständige Skelett eines Ur-Ochsen vorfanden. Es ist nach Jena gebracht und ich erwarte, wenn ich zurück komme, solches kunstgemäß aufgestellt zu sehen. Für genaues Maaß, so wie für allgemeine wie besondere Beschreibung, werde Sorgen tragen und sogleich mittheilen. Soviel ich bey flüchtiger Betrachtung bemerken konnte, stimmt dieses Exemplar mit denen bey Stuttgart theilweise[51] gefundenen genau zusammen, welches sich bey weiterer Untersuchung und Vergleichung bestimmter zeigen wird.

treulichst

G.


35/45.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Für das werthe Schreiben von 11., welches den 16. erhielt, den schönsten Dank abstattend, antworte nur mit wenigem, daß dei Rückkehr über Töplitz und Dresden meinen völligen Beyfall hat.

Was die kleinen Aufträge betrifft, so bitte

1) bey Johann Fischer die drey Gläser mit der Schlange, wenn sie recht schön opalisieren, für 5 Gulden gefällig anzuschaffen und mitzubringen.

2) Mit der Knollischen Sendung beschweren Sie sich nicht; er schickt mit ja wohl solche mit der fahrenden Post über Johanngeorgenstadt. Den allenfallsigen Betrag sende dagegen auf eben diesem Wege. Wenn er einige Exemplare Pechstein vom Engelhaus dazu legt, so wird es mir angenehm seyn.

Soviel für dießmal, mit den besten Wünschen für Ihr beiderseitiges Wohl, in Hoffnung eines fröhlichen Wiedersehens und eines behaglich-thätigen Winters.

Marienbad den 17. August 1821.[52]


35/46.


An August von Goethe

Marienbad den 22. August 1821.

Aus beyliegendem Tagebuch ersiehst du, daß ich für dießmal nichts weiter hier zu erfahren habe. Hätten wir die letzten drey Wochen her solches Wetter gehabt, so wäre die Cur ernstlicher und anhaltender zu behandeln gewesen; jetzt wieder von vorne anzufangen ist in keinem Sinne räthlich und es bleibt dabey, daß ich Sonntag den 26. von hier nach Eger gehe, wo ich sogleich die Ajeule besuche, wenn sie sich noch in Franzensbrunn befindet. Auf Gegenwärtiges richte deine Sendung nach Eger, bey Polizeirath Grüner, welcher immer wo ich zu treffen bin wissen wird.

Nun aber ersuche dich um Folgendes; bemühe dich um die Kunstausstellung zum 3. September, bespricht sie mit Müller und Hofrath Meyer, sobald er zurück ist. Sorge z.B., daß die aus Italien und England angekommenen Bilder ausgepackt und aufgestellt werden, erweise dich als einsichtig und thätig und merke wo es hinaus will.

Auch in Jena suche das nächst zu leiten und fortzusetzen, wobey ich dich denn ersuche: meine Wohnung so einzurichten, daß ich zu jeder Stunde einkehren kann. Es fehlt überhaupt an nichts als Betten und dann überlegst du, wie der Küche zu helfen sey? in den Jammer des vorigen Jahres möchte[53] ich nicht wieder eintreten. Meine Absicht wäre, bis zu Ende September in Jena zu verweilen, alle oberaufsichtlichen Gegenstände und Persönlichkeiten zu durchschauen, bey'm Abschluß des Michaelsquartals des Cassenwesen für ein Halbjahr zu ordnen, damit man sich den Winter über einer unausgesetzten Thätigkeit überlassen könne. Manches ausgearbeitet, vieles vorgearbeitet bringe ich mit. Die Hefte können eins auf's andere folgen.

Soviel für dießmal! Wetter und Weg haben mich diese drey Wochen her so lahm gemacht, daß ich an eine weitere Reise nicht denken mag. Überhaupt habe ich in dieser Außenwelt viel und gar nichts zu thun. Grüße Frau und Kinder , auch Ulriken, wenn sie gegenwärtig ist. Zufälligerweise findet sich eine recht artige Ulrike hier im Hause, so daß ich auf eine und die andere Weise immer ihrer zu gedenken habe.

Die Auszüge aus den Briefen waren mir sehr willkommen; einiges ist von hier aus besorgt, anderes wird nach meiner Rückkunft zu erwidern seyn, und nun wünschen mit allen wohl zu leben.

Das nächstemal von Eger aus, hoffe ich, das Mehrere.

G.


[Beilage.]

Marienbad den 22. August 1821.

Mittwoch den 15. Vollkommen bedeckter, abrieselnder Nebelhimmel, der die Kreuze nicht umkehrte.[54] Tochter der Luft. Varia rubricirt und die Schemata angedeutet. Mittag am Familientisch. Die Frau v. Heygendorf und Kinder speisen mit. Nach Tische Doctor Heidler über verschiedene Kranke und Wirkung des Brunnens. Abends bey'm Thee; einige Freunde. Briefe erhalten von meinem Sohn, Riemer und Boisserée.

Donnerstag den 16. Vorbereitung verschiedener Ausarbeitungen. Mattoni's untaugliche Mineralien. Kreishauptmann von Pilsen, Herr v. Breinl, eine eine Sendung von Zauper bringend. Bey schönem Sonnenschein spazieren gegangen; Zum Thee. Unterhaltung über verschiedene benachbarte Höhen, wo schöne Aussichten sind. Abschied von Frau v. Heygendorf.

Freytag den 17. Stufen von Przibram. Nochmaliger Abschied von Frau v. Heygendorf. Bestimmung der Polhöhe des Stiftes Töpel und Witterungstabelle für die drey letzten Monate, durch Herrn v. Breinl. An verschiedenen Aufsätzen fortgeschrieben. Visite bey Herrn v. Breinl und Cruikshank, welcher zum Besuch von Franzensbrunn herüber gefahren war. Zu Tische; nach Tische vor dem Hause bey leidlichem Wetter. Abends am Brunnen mit Conta. Verabredung wegen einer Fahrt in's Gebirge. Abends mit Herrn v. Fölkersahm am Kamin; der Thee kam nicht zusammen.

Sonnabend den 18. Erklärung des Versuchs vom 15. Einiges in die Collectanea, ingleichen an[55] den Aufsätzen revidirt. Halb eilf Uhr nach dem Ferdinandsbrunnen. Major v. Wartenberg daselbst gesprochen. Mittag zu Tische. Mit der Gesellschaft spazieren gefahren nach der Krugfabrik. Auf den Chausseehaufen dorthin merkwürdige Mineralien. Abends vor der Thüre: Beschreibung der Salzwerke zu Wielizka. Nachts für mich.

Sonntag den 19. Getrunken, verschiedenes bedacht und dictirt, auch schematisirt. Taufe des Doctor Heidlerischen Kindes in der Capelle. Gevatter stand Großfürst Michael. Besuchte mich Hofrath Dorl und Herr v. Münchhausen; ferner Herr v. Lyncker und Conta; letzterer die morgende Partie absagend; ersterer einladend zu einer Fahrt nach Töpel. Herr Geh. Rath Philippi. Kupferstecher Roßmäßler, bringend Abbildung von Marienbad. Junks Schriften zweyter Theil. Zu Tische. Einiges an den concipirten Schriften. Gegend Abend auf das Belvedere. Verabredung wegen der übermorgenden Fahrt. Ball im Traiteurhause des Nachts.

Montag den 20. Früh aufgestanden. Erster vollkommen heiterer Tag. Um 8 Uhr eine Fahrt begonnen auf Hohdorf pp. (Besonders zu beschreiben). Um 11 Uhr zurück. Mineralogica.

Dienstag den 21. Eben so schöner Morgen. Nasch 9 Uhr, mit der Troschke des Prälaten, abgefahren, nach überstandenem schlimmen Weg nach 12 Uhr angekommen. Heiter gemahlte Säle, große Gesellschaft[56] aus Marienbad, alles froh über das gute Wetter. Gute Tafel; nachher im Kloster umhergeführt. Abgefahren 3 1/2 Uhr, auf einem andern, theilweise sehr schlechten Weg zurückgefahren. Um 6 Uhr zu Hause. Und so hätte ich denn in diesen zwey Tagen die nächste Umgegend glücklich kennen gelernt, wovon eine umständlichere Erzählung, besonders abgefaßt, das weitere melden wird.

Mittwoch den 22. Gleich schöner Morgen. Die Notizen in's Reine. Vorbereitung zur Abfahrt. Deine Briefe erhalte gewöhnlich Mittwoch Abend. Sie laufen bis vier Tage.

G.


35/47.


An August von Goethe

Eger am 26. August 1821.

Der Vorsatz, nach Eger zu gehen, wurde beschleunigt, denn der bestellte Kutscher kam schon Freytag, wegen des großen Festes, dem Schutzpatron St. Vincenz zu Ehren Sonntag den 26. gefeyert. Aus dem Tagebuch siehst du das Weitere, und ich lasse Gegenwärtiges abgehen, ehe ich nach Hartenberg zu dem Grafen Auersperg fahr, es liegt nicht weit von Zwotau.

Beyliegendes Blatt übergiebt dem guten Rehbein, mit der Bitte, den Inhalt, nebst meiner schönsten Empfehlung, der Frau v. Heygendorf mitzutheilen.

[57] Vor allen dingen aber sorge, daß Nachstehendes an Ihro Kaiserliche Hoheit die Frau Erbgroßherzogin, allenfalls durch Frau v. Hopfgarten gelange.

Großfürst Michael trug mir abreisend freundlichst auf, seine Frau Schwester, welche um ihn besorgt scheine, über dessen Gesundheit zu beruhigen; Die Cur habe ihm wohlgethan und er hoffe von den Folgen das Beste. Empfehlt mich zu gleicher Zeit unserer theuersten Fürstin zu Gnaden. Wollte man bey der Frau Großherzogin Hoheit meiner auch gelegentlich ehrfurchtsvoll gedenken!


Auf Gegenwärtiges erwarte noch hier eine Antwort und kleine Sendung. Ich habe hier Zeit und Ruhe, noch manches zu ordnen, abzuschließen und vorzubereiten und dabey mich in der Gegend umzusehen. Einer neuen Versuchung nach Prag zu reisen kann ich jedoch nicht nachgeben, es bleibt bey dem was ich zuletzt schrieb; suchet mir in Jena angenehm vierzehn Tage zu verschaffen.

Nun aber grüße Ottilien schönstens und danke für den ausführlichen liebevollen Brief. Mir ist es sehr wohl gegangen; es war in unserm Hause keineswegs so einförmig, wie sie sich es denken mag; doch gut war es, daß sie mich nicht begleitet hatte, denn Frau v. Dürnberg verfeindete sich mit unserm Castell, dieß würde der alten Anspacher Freundschaft nicht erfreulich gewesen seyn.

[58] Von der neuen Ulrike ward mit einigem Bedauern geschieden; ich hoffe, daß mich die erste desto zärtlicher empfangen soll.


Überhaupt wenn ich mir die Menschen die ich näher gesehen alle vergegenwärtigte, so giebt es der Welt-Anschauung reichen Gewinn. Der Stamm ist immer derselbe, die Verzweigungen gränzenlos. Und somit allem Guten befohlen.

Montag den 27. [August] 1821

Eger.

G.


Fortsetzung des Tagebuchs

Mittwoch den 22. August. Schauspielkunst von Ziegler, Betrachtung darüber und Schema. Geschichte von Böhmen, ingleichen Topographie; Wiederholung der gestrigen und vorgestrigen Tour und Notamina deshalb. Mittag am Familientisch. Abends am Brunnen, Unterhaltung mit dem Großfürst Michael. Stadelmann Pechstein holend. Abends bey'm Thee. Brief von meinem Sohn und mancherlei Inlagen.

Donnerstag den 23. Sendete Doctor Heidler Spießglanz-Stufen. Der Harz, in Resersteins erstem Heft. Betrachtung über die Pechsteine, entdeckte pyramidale Gestalt derselben. Sendung von Zauper. Vor der Thüre; abermals das schönste Wetter. Zaupers Heft im Walde, sodann im Zimmer[59] gelesen. Unterhaltung mit Richter über böhmische Namen. Sendung von Nokizan, durch den Herrn Kreishauptmann Breinl. Mittag zu Tische, kam von Berlin Präsident Am Brunnen Stadelmann zurück, abermals mit Pechstein. Abends große Gesellschaft zum Thee.

Freytag den 24. Sendung von Mineralien aus Töpel, durch Dr. Scheu, welcher mir zugleich die Aushängebogen seines Werks über Krankheitsanlagen der Menschen brachte. Darauf Commissär Richter. Böhmische Sprache, Ortschaftennamen übersetzt, Censur, Schulunterricht, polizeyliche Einrichtungen. Mineralien eingepackt. Mittag am Familientisch, Abends am Brunnen. War der Wagen von Eger angekommen.

Sonnabend den 25. War der Großfürst Michael abgegangen. Mit Einpacken beschäftigt. Abschied von der Familie und den Hausgenossen. Abgefahren um 12 1/2 Uhr, sehr guten Weg getroffen. In Sandau einen Berliner, Herrn Weiß, den Weginspector Schneider, einige Stücke Serpentin von Einsiedel. Der Himmel rings umzogen mit Cumulus und Dunst. Über dem Fichtelberg eine Reihe Cumulus, die unmittelbar vor sich herabregneten. Um 6 Uhr in Eger. Polizeyrath Grüner; mit demselben nach Franzenbrunnen. Gräfin Henckel und Herr v. Stein aus Breslau besucht, zurück um 9 Uhr. Einladungsbrief des Grafen Auersperg.


[60] St.Vincenz-Tag.

Sonntag den 26. Früh aufgestanden. Entschluß der Einladung nach Hartenberg zu folgen dem Polizeirath Grüner erklärt, mit demselben auf den Ring und in die Hauptkirche gegangen. Die Stadt sehr lebhaft, die Prozession von neun Pfarreyen, mit ihren untergeordneten Ortschaften, zogen von 7 Uhr an einzeln in die Stadt und die Hauptkirche, von wo aus um 10 Uhr die große Prozession ausging und bis 11 Uhr dauerte. Gegen 1 Uhr trübte sich der Himmel, nach einigen Regenschauern befestigte das Gewölk sich wieder. Ich fuhr mit Rath Grüner nach Liebenstein, dem Herrn von Zewitz gehörig, wo ich freylich alles anders fand als vor zehn Jahren. Der gegenwärtige Besitzer hat völlig eingehen lassen, was der vorige, gar sinnig, in einer sehr bedeutenden, durch Fels und Wald ansehnlichen, durch Teich und Mühlen wiederbelebten Einöde, an der bayerischen Grenze, einem hohen Waldgebirg gegenüber, unmittelbar an einen Bach stoßend, eingerichtet hatte und mehrere Jahre gehegt.

Von unsern mineralogischen Zwecken erreichten wir nun schöne große Feldspath-Zwillingscrystalle, tafelartiger als die Carlsbader. Die Felsenmassen umher sind alle Granit. Unsere Fahrt, durch schlimmen Weg verspätet, durch Gewitter bedroht, mußte leider allzufrüh abgebrochen werden, von Nachts kamen wir eben nach Hause.

[61] Montag de 27. Den Morgen mit der Expedition nach Weimar zugebracht. Das Barometer war gestiegen. Auf eine kalte Nacht folgte ein leichter Spühregen, der Himmel zwar bewölkt, doch trockenes Wetter versprechend. Wir bereiten uns zur Fahrt nach Hartenberg, wozu uns das schöne Wetter sehr günstig ist. Der gute Herr v. Stein suchte mich gestern hier, leider war ich ausgeflogen. Morgen Abend komme ich von Hartenberg zurück, fahre gleich übermorgen nach Franzensbrunnen und hoffe ihn noch zu finden. Laßt seiner Frau Mutter wissen, daß ich ihn wohl und munter gesehen habe. Frau Gräfin Henckel wünsche auch noch zu treffen, von allem nächstens.


Und so würde denn meinen Geburtstag, auf die wunderbare Weise, an einem neuen Ort, in ganz neuer Umgebung zubringen. Es ist angenehm und reizend. Den Erfolg vernehmt ihr gleich.

Gedencket mein, grüßet alles auch besonders den guten Walter, dessen Entwicklung in solcher Zeit mit Freunden erwarte. Wolf hat gewiß auch schon neue Fähigkeiten ausgestreckt. Lebt wohl.

Montag d. 27. [August] 1821.

Eger.

G.[62]


35/48.


An August von Goethe

[Concept.]

Der gute Predari, der für seine Gesundheit wohl wenig Trost mit nach Hause nimmt, geht hier durch und ich sage bey dieser Gelegenheit nur weniges.

Dein Brief von Weida, der mich sehr erfreute, ist mir wohl worden, auch erhielt ich ein verbindliches Schreiben von Herrn Canzler, dem du schönstens danken magst, so wie ich auch die lieben Gräfinnen gegrüßt wünsche. Mein ruhiges Leben führte weiter fort, nächste Woche ist Jahrmarkt, worauf ich mich freue, weil man die Producte der ganzen Umwelt kennen lernt. Für Ottilien werden Kaffeetücher angeschafft. In der Gegend sehe ich mich um, obgleich das Wetter abermals ungünstig ist. Gestern war ich bey Herrn v. Stein in Franzensbrunnen und will nun weiter sehn was mir beschert ist. Von Zeit zu Zeit hört ihr von mir, wie ich es von euch hoffe. Ich werde schon zur rechten Zeit schreiben wenn ihr aufhören wollt.

Um hohen Geburtstage den ich im Stillen feyere.

Eger den 3. September [1821].[63]


35/49.


An August von Goethe

Sonnabend d. 1. Sept. 1821.

Der beygeschlossene Auszug des Tagebuchs, welches dießmal weitläufig ausgefallen, meldet wie es mir in diesen Tagen ergangen, daß ich mich ganz wohl befand, auch angenehmer freundschaftlicher Verhältnisse genoß.

Eure herzlichen Schreiben zum Geburtstage erhielt ich, als ich von Hartenberg zurückkam, wofür ich zum schönsten danke; Zugleich ein freundliches von Serenissimo und von Herrn v. Stein, welches Zusammentreffen einen sehr angenehmen Eindruck machte.

Nun kommt auch heute den 31. dein Brief vom 26. Der tabellirte Briefinhalt zeigt, alles meine Ankunft erwarten kann; nur wünsche, daß Ottilie mir die Übersetzung des Howardischen Ehrengedächtnisses, zugleich mit den, allenfalls, beygefügten Noten und Bemerkungen, zierlich abschriebe und nächstens hierher sende; denn ich denke noch eine Zeitlang hierzubleiben, da ich höchst ruhig lebe, das Bisherige alles in Ordnung bringe, mich, mit Behülfe des unterrichteten und thätigen Rath Grüners, in dieser bedeutenden Gegend bekannt mache. Indessen studire böhmische Geschichte, ja sogar habe mir eine Grammatik angeschafft.

[64] Steinkasten werden von Zeit zu Zeit bey dir eintreffen; von Gebirgsarten wurden schöne Dinge gewonnen. Doch auch an Gang- und Metallarten manches Gute, wohlerhaltene Blätter in Sandstein von Altsattel, so wie ein herrlicher Tischabdruck auf einer Kalkplatte von Walsch, im Saazer Kreise.

Ferner werden auch zwey Kisten Kreuzbrunnen bey dir anlangen, die in Franzensbrunn so unartig zurückgelassene (für deren Absendung Herrn Oberforstmeister v. Fritsch schönstens zu danken ist), eine unmittelbar von Marienbad.

Eger finde völlig wie ich erwartete. Ich wohne in dem langen Zimmer, wo ich so oft abtrat, die Fenster gehen auf das munterste Local, wo den ganzen Tag etwas vorgeht. Obgleich ein Gasthof, ist es doch meist ruhig, wenn nicht, über mir einquartierte, reisende Studenten mich an den alten Vers erinnerten:

Es ist ein Besuch auf allen Vieren!

Gott behüt! 's ist der Tritt von Thieren.

G.


Tagebuchs Fortsetzung.

Montag den 27. August. Nach Tische um 5 Uhr von Eger abgefahren und auf gutem Wege bis gegen Zwotau, welches rechts unten liegen bleibt, sodann aber um 6 1/2 Uhr in Hartenberg angelangt. In dem wunderbar gelegenen Schloß vom Grafen freundlichst empfangen. Unterhaltung über seine Ökonomie[65] und herrschaftlichen Haushalt. Abends nach Tische bey sternenheller Nacht ein sehr artiges Feuerwerk, auf dem gegenüber gelegenen Hügel, im Teiche wiederscheinend und trauliche Glückwünsche zum morgenden Tag.

Dienstag den 28. August. Bey Zeiten aufgestanden. Böhmische Schriftsteller, aus der Bibliothek des gelehrten Wirths. Führte uns derselbe im Schloß umher, zeigte sein Mineralien-Kabinett, die Büchersammlung und so weiter, im zweyten Stock einen weiten, breiten, viereckigen Saal, wo ich mich, ob er gleich jetzt zu ökonomischen Zwecken benutzt wird, an die Tanzlustigen zu denken nicht enthalten konnte.

Alsdann ein Umgang um das, auf einem einzelnen Felsen stehenden Schloß; thalab, bergauf und immer so abwechselnd, bis wir, durch eine Hinterpforte, wieder in die oberen Höfe gelangten.

Mittags, zu den Hausgenossen (bestehend aus ein paar bejahrten Damen und einem schon bediensteten Sohne). Bedeutende Gesellschaft, aus der Nähe, von Gutsbesitzern, Staatsdienern und Geistlichen. Die Tafel mit Blumen und Zuckerpyramiden geschmückt, alles (so wie das gestrige Feuerwerk) im Schlosse verfertigt. Gute Weine, zuletzt bey'm Champagner, unter Feuerwerkskrachen, meine Gesundheit, ein Kranz und beykommendes Gedicht. Abends allein mit der Familie.

[66] Rührend war mir, ich gestehe es gern, in allem diesem sowohl, als in der vielfachen Unterhaltung mit dem Grafen, Wohlwollen und Neigung. Ernst und Vertrauen, im Gespräch kein Rückhalt, weder über eigene ökonomische, noch allgemeine Gegenwärtigen, Resignation mit Thätigkeit, geistreiche freie Beurtheilung der Charaktere pp.! so daß ich während so kurzer Zeit in vieles hineingeschaut und mich bedeutend unterrichtet habe.

Mittwoch den 29. August. Belehrende Unterhaltung mit dem freundlichen Wirthe. Abgefahren 8 1/4 Uhr in Eger. Mittag für mich, gegen Abend nach Franzensbrunn, leider war Frau Gräfin v. Henckel schon abgefahren; besuchte Herrn v. Stein, sah dessen Tochter. 7 1/4 Uhr wieder in Eger, am Tagebuch umständlich dictirt.

Donnerstag den 30. Sehr schönes Wetter, Ostwind. Wir gingen eine alte, verödete Judensynagoge zu sehen, merkwürdig wegen hebräischer Inschriften; sodann auf das Schloß, wo der jetzige Platzcommandant, dem der Genuß gehört, durch Anlegung von Küchen- und Blumengärtchen, unschuldig auf- und absteigenden Wegen und natürlich-artigen Lauben, das Innere des Hofes sehr erheitert hat. Wie denn auch die sogenannte Tempelherr-Capelle, obgleich innerlich sehr verletzt, doch so reinlich als möglich[67] gehalten war. Wir stiegen auf das Dach und erfreuten uns der herrlichsten Aussicht, bey hellstem Sonnenschein.

Von dem alten schwarzen Thurm spreche ich zuletzt; er bleibt doch der Anfang und das Ende. Ich wüßte nichts Einfacher-Größeres von diese Art. Mir ist er gewiß römisch, so etwas setzt einen großen Kunstbegriff voraus.

Die übrigen Stunden Vor- und Nachmittag brachte ich mit böhmischer Geschichte und Sprache zu. Abends bey Herrn Huß, welcher die Sammlung alter Wappen Egerischer Geschlechter, von Grabmälern, Kirchenschildchen, Chroniken und Münzen pp. mit der Feder sauber gezeichnet und heraldisch ausgemahlt hat. Ferner wies er Zeichnung und Beschreibung aller Burgen des Egerlandes vor, wie sie stehen, entweder erhalten oder ruiniert.

Sodann machte ich mit Herrn Rath Grüner noch einen Spaziergang an der Eger, in einem wundersam schönen Thale, ferner um einen Theil der Stadt, zum Oberthor herein.

Zu bemerken ist daß Kefersteins zweytes Heft von Seiten des Industriecomptors heute an mich gelangte. Gäbe es Gelegenheit, so sagtest du deshalb ein dankbar Wort an Herrn von Froriep.

Sonnabend den 1. September. Brief an meinen Sohn abgeschlossen; das Blatt an Zauper revidirt. Herr Huß, einige Basalte bringend. Rath Grüner, mit dem Präfecten und zwey Professoren des Gymnasiums.[68] Nach Tische zur Schule gefahren. Lateinisches, Mathematik. Geographie und Griechisch examinirt, durch Professor Kratochwill. Sendung von Herrn v. Stein, Einladung auf morgen. Beschreibung von Prag. Leuchs Charakteristik der deutschen Kaiser. Abends Herr Rath Grüner; mit demselben über Staatsverhältnisse, besonders Steigerung der Instanzen gesprochen.

Sonntag den 2. September. David Knolls Anzeige, Einleitung zu Joseph Müllers Leben. Brief von dem Canzler v. Müller und meinem Sohn; letzteren von Weida. Obiges ferner redigirt und durchgesehen; einiges bezüglich auf böhmische Geschichte. Rath Grüner Historisches. Mittag für mich. Um 3 Uhr mit Rath Grüner nach Franzenbrunn. Bey Herrn v. Stein. Inschrift kaiserlicher Münze, gegliederter Sandstein. Beide Räthsel aufgelöst. Um 7 Uhr zurück nach Eger. Kleinere Redactionen.

Monntag den 3. September. Redactionen von geologischen Aufsätzen. Erlaß an Professor Zauper nach Pilsen. Böhmische Sprachlehre. Mittag für mich. Herr Geheimerath Kamptz aus Berlin, mit Frau und Tochter. Um 4 Uhr zu Herrn Huß. Zum Unterthor hinaus, am linken Ufer der Eger, neben Thonschieser-Felsen, einen sehr lieblichen Weg, zu Hütten, Wohnungen, Gartenhäusern, sehr zierlich terrassirten Gärten; dieser Punct ist sehr zu rühmen, der Blick sowohl aufwärts in die Wildniß, als abwärts,[69] wo sich Eger mit hohen Ziegel-Bollwerken befestigt sehen läßt, ist erfreulich und heiter contrastirend. Wir setzten über den Fluß, verfolgten den reinlichen Spazierweg auf dem rechten Ufer, erstiegen die Höhen und gelangten bis zum Oberthor, von da nach Hause. Egerische geschriebene Chronik, böhmische Sprache.

Dienstag den 4. September. Der Aphorismen an Zauper revidirt, ingleichen die Correspondenz mit meinem Sohn. Den Aufsatz zu Keserstein schematisirt und zu dictiren angefangen. Billet von Herrn v. Stein, der sich auf Nachmittag anmeldete. Herr Rath Grüner, den nächst bevorstehenden Jahrmarkt besprochen, die vorzüglichsten Waren und woher? die Ausländer verzollen ihre Waren und verkaufen alsdann die 8 Tage über ohne weiteres. Herr v. Stein und Tochter, später Herr Grüner; gingen mit ihnen zu v. Adelsfeld, um dessen vom Vater ererbte, wohlgeordnete Naturaliensammlungen zu sehen. Nachts böhmische Grammatik.

Mittwoch den 5. September. Brief von meinem Sohn und Ulriken. Böhmische Sprachlehre. Um 10 Uhr mit Herrn v. Stein und Grüner in den Schulactus der Prämienaustheilung, öffentlicher Belobung u.s.w., wo man mir die Artigkeit erzeigte: das erste, in einem autor classicus, wohlgebunden, bestehende Prämium dem Jüngling selbst einzuhändigen. Herr v. Stein blieb bey mir zu Tische, wir besprachen[70] ältere und neuere Welt- und Personen Verhältnisse. Gegen 5 Uhr fuhr er ab nach Franzenbrunn.


Dir und Ulriken sey für die Zuschrift schönstens gedankt. Mama und Töchtern gönne gar sehr den Ausflug nach Dessau, er wird uns den Winter über gar manche muntere Erzählung eintragen. Von mir vermelde so viel; daß es mir gut geht und daß ich gern noch verweilen mag. Schreibe also und sende nach Belieben und Überzeugung. Sodann laß ein Exemplar Wanderjahre, gebunden einpacken und schicke es, so bald als möglich, mit der fahrenden Post, unter meiner Addresse, und bey Polizeirath Grüner abzugeben, hierher. Mehr wüßte ich für den Augenblick nicht zu sagen, als daß die Buden für den nächsten Jahrmarkt eifrig aufgeschlagen werden, und ich bis dahin meine Zeit gut anzuwenden gedenke. Lebe wohl, thue Walthern in meinem Namen etwas zu Gute und küsse den Kleinen.

treulichst

Eger den 5. September 1821.

G.

Nimm dich auch, wenn es nöthig, einigermaßen der Dinge an die ich von Meyern wünsche.[71]


35/50.


An Johann Heinrich Meyer

Mittwoch den 5. September 1821.

Wie es mir bisher ergangen, wird mein Sohn ausführlich erzählen können. Reise sowohl als Aufenthalt ist ohne Anstoß oder unangenehmes Ereigniß vollbracht worden. Nun, da ich höre, mein Theuerster, daß Sie wieder zurück sind, so wünsche denn auch kürzlich zu erfahren, wie es Ihnen ergangen.

Von der Ausstellung geben Sie mir ja wohl auch einige Nachricht, so wie von den angekommenen Bildern, aus Italien und England. Ferner hätten Sie die Gefälligkeit, mich zu benachrichtigen, wie der Steindruck nach Angelica dem jungen Müller gerathen ist. Sollte er wieder ein neues Blatt anzufangen wünschen, so geben Sie ihm die Judith von Mantegna, Kräuter kennt das Portefeuille, worin dieses Blatt sowohl, als alle übrigen befindlich, die der Bibliothek gehören.

Formlose, allenfalls crystallisirte Körper bringe ich genugsame mit, Kunstgebilde ist mir nicht einmal vor die Augen gekommen. Um nicht ungerecht zu seyn, vermelde: daß ich den schönsten Schrank, außen lavor commesso, innen tarsia, zwar etwas zerlästert, hier vorgefunden. Darin haben Sie es besser gehabt, wovon ich mir meinen Theil mündlich erbitte. Tausend Lebewohl!

treulichst

G.[72]


35/51.


An Joseph Stanislaus Zauper

Auch nach persönlicher Bekanntschaft Ihre Neigung, mein Werthester, unverändert zu sehen, freut mich von Herzen; lassen Sie mich zu schneller Communication auf Ihre Aphorismen aphoristisch antworten.


Was Sie Liebes und Gutes zu meinem Gunsten sagen, erkenne dankbar und bemerke, daß Sie mir durch Ihre Entwicklungen den besonderen Vortheil verschaffen, meine eigenen vielfachen Arbeiten in einem abgespiegelten Zusammenhang zu sehen; denn ich habe sie noch niemals der Reihe nach betrachten können, daher sind sie mir in einer Folge nicht gegenwärtig.


Zuförderst aber sollen Sie gelobt seyn, daß Sie des Dichters sittliche Tendenz und Verfahrungsweise so gut in's Licht setzen. Das Publicum lernt niemals begreifen, daß der wahre Poet eigentlich doch nur, als verkappter Bußprediger, das Verderbliche der That, das Gefährliche der Gesinnung an den Folgen nachzuweisen trachtet. Doch dieses zu gewahren, wird eine höhere Cultur erfordert, als sie gewöhnlich zu erwarten steht. Wer nicht seinen eignen Beichtvater macht, kann diese Art Bußpredigt nicht vernehmen.


[73] Wahlverwandtschaften. Der sehr einfache Text dieses weitläufigen Büchleins sind die Worte Christi: Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren pp. Ich weiß nicht, ob irgend jemand sie in dieser Paraphrase wieder erkannt hat. Dem eigentlichen Sinne des Dichters gemäß war folgende Erfahrung. Eine sehr schöne, liebenswürdige, junge Frau gestand ihm: sie habe die Wahlverwandtschaften gelesen und nicht verstanden; sie habe sie nicht wieder gelesen, und verstehe sie jetzt. Mehr sagte sie nicht; aber wahrscheinlich hatte sie der innere Beichtvater, bey ähnlichen überraschenden Regungen, auf jene Erfahrungen und Folgen hingewiesen und heilsame Warnung angedeutet.


Daß Ihre Ungeduld bey'm Wiederlesen der Wanderjahre gezügelt haben, freut mich sehr. Zusammenhang, Ziel und Zweck liegen innerhalb des Büchleins selbst; ist es nicht aus Einem Stück, so ist es doch aus Einem Sinn, und dieß war eben die Aufgabe: mehrere fremdartige, äußere Ereignisse dem Gefühl als übereinstimmend entgegen zu bringen. Der zweyte Theil wird nicht mehr befriedigen als der erste, doch hoffe ich, demjenigen Leser, der diesen wohl gefaßt hat, genug zu thun.


Wegen Cellini und Rameau sage gleichfalls Dank; ich habe diese beiden seltsamen Figuren herübergeführt,[74] damit man das Fremdeste im vaterländischen Kreis gewahr werde. Lies't man dergleichen Darstellung im Original, so sehen sie ganz anders aus und nöthigen uns, um sie nur einigermaßen zu genießen und zu nützen, in ganz fremde Kreise; bey Übersetzungen aber sind wir gefördert, wie auf einer Handelsmesse, wo uns der Entfernteste seine Ware herbeybringt. In beiden Fällen haben dem Bedürfniß nachzuhelfen gesucht.


Daß Sie drey Mährchen zusammenstellen und vergleichen, ist erfreulich; sollte nicht auch das vierte zu erfinden und zu schreiben seyn?

Seite 78 habe ich einen Bleistiftstrich gezogen; die Aphorismen hinter demselben bitte nochmals durchzusehen, sie congruiren nicht ganz wie die vorhergehenden.


Und so wünschte auch nicht, das Sie von den neuesten Theatererscheinungen nur beyläufig sprächen; es lohnt gewiß der Mühe, wenn auch das Resultat nicht ganz erfreulich seyn sollte, die letzten Intentionen Schillers in den Fragmenten seines Demetrius zu er forschen; sodann aber zu untersuchen, was unmittelbar nach seinem Hintritt Werner, Müller, Grillparzer, Raupach, Houwald unternommen und geleistet. Ihnen würde ich vorzüglich dieses Studium empfehlen, und eine Ausarbeitung gerne sehen, da ich[75] diese Productionen wenig kenne, und insofern ich sie kenne, dagegen nicht gerecht seyn kann. Ihre ruhige reine Ansicht wäre mir daher sehr willkommen und die Arbeit für Sie ein bedeutender Gewinn, weil die Gleichzeitigen hier bereits in einer Filiation zu beobachten sind.


Ist Ihnen ein Heldengedicht in Stanzen: Olfried und Lisena vorgekommen? Versäumen Sie nicht, es zu lesen. Der Verfasser ist sehr jung, aber ein entschiedenes Talent; ich habe ihm gerathen, künftig nur einfache Gegenstände und Motive in kleineren Gedichten auszuführen, da denn, wenn er sich auch einmal vergreift, der Schade nicht so groß ist. Ein Gedicht, wozu ein so langer Athem gehört, zu unternehmen, halte für doppelt gefährlich; vom Gegenstand wird verlangt, daß er würdig sey, und von der Ausführung, daß sie vollkommen gleich bleibe.


Sie wollen, der Autor solle nicht persönlich rügen, wenn etwas gegen sein Werk geschieht. Bey ästhetischen Productionen gebe ich es zu, und habe es meist so gehalten. Man verlangt von ihnen keinen augenblicklichen Nutzen, und kann ruhig zusehen, wie sich selbst Weg machen und wirken, früh oder spät. Bey wissenschaftlichen Dingen ist es ein andres. Die Wissenschaft erhält ihren Werth, indem sie nützt, die Menschen lehrt, wie man lange verborgene, verkannte,[76] an's Licht gezogene, neuentdeckte Vortheile zu unübersehbarem Gebrauch anwenden könne. Das falsche Wissen dagegen hindert die Anwendung, ja verkehrt sie; dawider soll und muß man sich erklären.

Alles Gute, Schöne, Liebe mit Ihnen!

Eger den 7. September 1821.

Goethe.[77]


35/51a.


An Lorenz Schaffer

Das hier fehlende Blat soll bald möglichst, abschriftlich, zum Einschalten, gesendet werden.

Eger, d. 11. Sept. 1821.

G.[51]


35/52.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Eger, 12. September 1821.]

Ew. Königliche Hoheit

freundlich-gnädiges Schreiben habe, mit großer Freude, in Eger, wo ich mich seit dem 26. befinde, zu erhalten das Glück gehabt, und ich ermuthige mich am heutigen schönen Tage, was seit dem 17. August begegnet, kürzlich nachzubringen.

Zuvörderst aber bedauere, daß dem Grafen Sternberg, der mich nach Höchst Ihro Schilderung doppelt und dreyfach werth geworden, nicht begegnen können; er ist auf seine Herrschaft, in sein merkwürdiges Kohlenreich dießmal nicht gekommen, wäre er daselbst angelangt, so würden die verdorbensten Wege mich nicht abgehalten haben, ihm aufzuwarten.

Denn am 20. August erst ließ endlich die sonne sich am heiteren Himmel sehen, und ich benutzte ein paar schöne Tage, mir von Gebirgshöhen herab eine Übersicht des sich flach ausdehnenden Pilsner Kreises zu verschaffen, sodann aber den Prälaten zu besuchen,[77] der in einem weitläufigen, regelmäßig gebauten und reinlich gehaltenen, von Alters her wohlverzierten und auf's neue höchst lustig ausgemahlte Stiftspalaste, mit seiner weiß gekleideten Schaar munter und gastfrey hauset. Die eigenen Verhältnisse, gegen das Staats- und Kirchen-Ganze, wurden mir abermals um etwas deutlicher. Es ist ein sonderbares Geflechte von Zuständen, daß man in seiner Eigenthümlichkeit erst nach und nach kennen lernt.

Nun aber sey es mir vergönnt, Ew. Königlichen Hoheit zu der schönen, weiten, genuß- und lehrreichen Fahrt Glück zu wünschen, in der Hoffnung bey meiner Rückkehr manches davon zu vernehmen und mitzugenießen. Was die beiden merkwürdigen erhobenen Bilder betrifft, so wüßte ich auch nicht einmal eine Vermuthung deshalb auszusprechen, weil mir ähnliches niemals bekannt geworden; doch sollte denken, Rath Vulpius würde, bey seinen ausgebreiteten Kenntnissen, auch hier nachkommen können.

Den Mangel, den ich erlitten, daß mir Graf Sternberg nicht bekannt geworden, schien mir ein gutes Glück vergüten zu wollen, da ich, wiederholte Einladung des Grafen Auersperg, nicht ablehnen konnte, ihn auf seinem Schlosse Hartenberg, an der Zwotau, von der Carlsbader Straße links dem Gebirg zu, auf einige Tage zu besuchen.

Ein schöner wohlgestalteter Mann, etwa in den fünfzigen, von freyer, heiterer Lebensweise, der dem,[78] Staate seit 25 Jahren in wichtigen Stellen gedient, und nun auf seinem Schlosse, im Mittelpunct seiner Herrschaft, sie selbst verwaltet und seine übrige Zeit dem Studium der böhmischen Geschichte widmet.

Das Schloß aus vielen, succesiv entstandenen Gebäuden, Angebäuden, Höfen und Zwingern bestehend, liegt mitten da, wo drey Thäler zusammenstoßen, auf eine isolirten Felsengruppe, mit dem übrigen Continent nur durch einen künstlichen Damm verbunden, und erinnert einigermaßen an Elbogen. Die Umgebungen von Höhen zu Tiefen und umgekehrt sind durch fahrbare und gehbare Wege gar zierlich verbunden, so daß man ohne Beschwerde, lustwandelnd, ringsum das Schloß gar bequem betrachten kann, um welches uralte Rüsterbäume in die Höhe streben und mit den Fichtenwäldern der Nachbarschaft gar freundlich contrastiren.

Ich lernte da verschiedene Gutsbesitzer und Angestellte aus der Nachbarschaft kennen, von denen ich wieder Einladungen erhielt, denen zu folgen jedoch nicht möglich seyn dürfte, ob sich gleich hierunter bedeutende und an ihrer Stelle bemerkenswerthe Menschen darbieten. Über welche jedoch der Hausherr durch Adel und Natürlichkeit, durch aufrichtige freye Behandlung sich besonders auszeichnet.

Die ersten Tage des Septembers haben nun bey ziemlich leidlicher Witterung in Eger zugebracht und in der Gegend mich nach mancherlei Seiten umgesehn.[79] Auch ist der frühere Zögling Friedrich v. Stein aus Breslau mit seiner Tochter noch bis jetzt in Franzenbrunn, da denn mancher wechselseitiger Besuch unternommen wird.

Überhaupt habe Eger noch niemals so lebendig gesehen. Zu meiner Ankunft, Sonntags den 26, August, feyerte man das Fest des städtischen Schutzpatrons St. Vincenz. Nicht allein die Bürger, sondern auch die zur Stadt gehörigen Dörfer, unter neun Pfarreyen geordnet, ziehen in einzelnen Processionen herein, reihen sich nach dem Hochamte an den Hauptzug, wo die hiesigen Schulkinder, Gymnasiasten, Handwerker, ja der hochedele Rath selbst der vom Dechant getragenen Reliquie vorangehen. Und das alles zusammen nahm sich sehr gut aus auf dem großen Platze bey schönem Wetter. Ferner wohnte ich am 1. einer Schulprüfung, am 5. der Prämienaustheilung bey , da man mir denn die Ehre erzeigte, das erste Prämium dem belobten Jüngling einzuhändigen.

Nun thun sich aber militärische Bewegungen hervor. Die umliegenden Truppen werden zum Herbstmanöver herein beordert, welche, besonders da es Jäger sind, durch die verspätete Ernte in ihren Bewegungen gehindert werden. Indessen aber ergötzt uns die schöne Musik, welche sich des Abends hören läßt, wobey mich ein glücklicher Gedanke sehr ergötzt; ein wunderlicher, nicht ganz erfreulicher Hornruf schließt alle Abend vor der Hauptwache den militärischen[80] Tag. Diesen hat ein geistreicher Componist in ein Musikstück verwoben, so daß man durch dessen Eintritt überrascht und dadurch die Auflösung befriedigt wird.

Damit es aber ja nicht an jeder Thätigkeit fehle, schlägt man sehr emsig die Buden zum Jahrmarkt auf, welcher sich Montag den 10. versammeln wird. Ich sehe dergleichen sehr gern an einen fremden Ort, indem man die allgemeinen Menschenbedürfnisse, so wie die besondern der Gegend, auf einmal vor Augen sieht und kennen lernt. Zwischen diesen sind nicht zu übersehen schon seit einigen tagen fortdauernde Wallfahrer, meistens Weiblichen Geschlechts, mit wenigen Männern, sie kommen einzeln, zu Dutzenden, leicht und reinlich gekleidet, barfuß mit weißen Kopftüchern, zwar partienweis, aber ohne Kreuz und Gesang. Manche tragen, ihren jungfräulichen Stand anzudeuten, Schäferstäbe mit Bändern. Wahrscheinlich sind es einzelne Dorfschaften, die gelegentlich fortziehen, sich nach und nach einholen und endlich am Hauptorte vereinigt die Andacht verrichten.

. . . . . . . . . . . . . . . . freut, der als auf seinen Kernschuß durch die bekannte Vorrichtung der Böller losging und zugleich der Kaiserl. Doppel Adel über der Scheibe hervortrat, ganz in Erstaunen versanck, hinstarrte und die Bühne zu verlassen zauderte.

Einige Fahrten besonders zu geologischen Zwecken sind in die Nachbarschaft unternommen worden, nicht[81] ohne Gewinn. Den Fundort des merkwürdigen Minerals Egeran genannt haben wir auch besucht und das Rebengestein, die Gebirgsart worin er vorkommt höchst bedeutend gefunden. Eine vollständige Reihe ist dem Jenaischen Cabinet zu rechte gelegt.

Polizeirath Grüner ist zu allem diesen gar behülflich. In seinem Amt musterhaft, ergötzt er mich wenn er auf jeder Spazierfahrt Polizey übt.

Als vorstehendes geschrieben war dacht ich Ew. Königl. Hoheit zu melden daß zu einem kurzen Besuch nach Carlsbad zu gehen gedachte. Leider ward mein Vorhaben durch das traurigste über diesen Heilort verhängte Ereigniß gestört. . . . . .


35/53.


An August von Goethe

12. September 1821.

Wenn du dieses Blat, mein lieber Sohn erhälst, schreibst und sendest du nicht mehr; ich folge bald nach und melde sogleich meine Ankunft. Ich war im Begriff Carlsbad auf einige Tage zu besuchen als Sonntags den 9. ein gräßliches Gewässer im Töpelthale niederging. Abends um 7 drang die Fluth auf einmal nach Carlsbad und stieg bis Mitternacht, dann fiel es bis 4. Großer Schaden war angerichtet, Läden gefüllt, Buden wurden weggerissen, als Holzbrücken ebenfalls. Es soll in der Puppischen Allee 9 bis 10[82] Fus hoch gestanden haben. Du kannst dencken, wie weh es mir that im Augenblick da ich alte Freunde und bekannte Lokalitäten wieder zu begrüssen hoffte, sie in solche Gräuel verwickelt zu denken. Mit Augen mag ich nicht sehen. Und so laß mich hoffen Euch alle gesund und frisch zu finden; mir sind noch immer die Folgen der Cur höchst erfreulich.

Grüße Alles und gedenke mein. Deinen Brief mit Meyers habe wohl erhalten.

treulichst

Eger d. 12. Sept. 1821.

G.


35/54.


An Joseph Sebastian Grüner

Hof d. 14. Sept. 1821.

Nachstehendes veranlaßt mich Sie, mein werthester, früher als ich dachte zu begrüßen.

Drei Frauenzimmer

Frau v. Eber

Fräul. Kühn

Fräul. Goldacker sind

aus dem hießigen Gasthofe zum goldenen Hirsch Donnerstag d. 6. nach Karlsbad abgegangen, sie wollten sich einige Tage in Franzenbrunn aufhalten und könnten daher, Sonntag d. 9 ten Abends in Carlsbad anlangen, mit in das Unglück verwickelt worden seyn. Nun geht sogar die Sage von einem verunglückten[83] Wagen mit Frauenzimmern, welches noch mehr Anteil und Besorgniß erregt.

Nun sind diese Damen aus unserer Gegend und ihre Familien sind mir wohl bekannt; deshalb denn inständig bitte: Sie möchten Sich nach der Gesellschaft und Ihren Schicksalen erkundigen und baldigst, gedachtem Gastwirth Laubmann und mir nach Jena gefällige Nachricht ertheilen; auch wenn sonst noch etwas zu Aufklärung dieses traurigen Vorfalls über haupt bekannt geworden solches hinzufügen.

danckbar verbunden,

treulichst

Goethe.


35/55.


An Joseph Sebastian Grüner

Der rückkehrende Fuhrmann wird gemeldet haben daß wir, obgleich nicht ohne Beschwerlichkeit, Sonnabend den 15. Abends um 6 Uhr wohlbehalten in Jena angekommen sind, wo ich alles, was sich auf mich bezieht, in guter und höchst erfreulicher Ordnung gefunden habe. Nun vermelde zuerst, daß die geologische Charte von Deutschland in dem Gasthof zur Sonne angenagelt geblieben, welche zu sich zu nehmen und zu künftigen geologisch-mineralogischen Studien zu bewahren bitte.

Ferner ist die Maschine, um die Geweihe der Ochsen zu zügeln, leider, nach Eger zurückgekehrt; sie[84] lag im Kasten unter dem Sitz, bey andern dem Kutscher zugehörigen Eisenwaaren. Ich bitte eine neue fertigen zu lassen, und mir solche mit dem Postwagen, wohl eingepackt, anher zu senden.

Von Hof aus dem goldenen Hirsch haben Sie unter'm 14. einen Brief erhalten. Das mit der Abfahrt und dem Reiseplan der Damen zusammentreffende Gerücht eines verunglückten Fremdenwagens machte mich besorgt, ich wünschte daher nähere Nachricht, um die Verwandten jener Personen, die ich gar wohl kenne, bey meiner Rückkunft zu beruhigen. Der Wirth nahm ebenfalls viel Antheil.

Damit ich nun anfange, meine mannichfaltigen Zusagen zu erfüllen, so sende das in Wilhelm Meister einzuheftende Blättchen.

Anders wird folgen, sobald ich mich umsehen kann.

Der ich mich, von Herzen dankbar, zu fernerem Wohlwollen und zur freundlichen Theilnahme bestens enpfehle, die werthen Ihrigen schönstens grüßend. Wie ich soeben höre, sind die Wanderjahre am 14. unter meiner Addresse nach Eger gegangen; eröffnen Sie das Paquet, behalten das Buch für sich und senden, was von Briefen etwa beyliegt, mit der reitenden Post zurück.

treulichst

Jena den 17. September 1821.

J. W. v. Goethe.[85]


35/56.


An Friedrich Theodor Kräuter

Es wird mir sehr angenehm seyn, mein guter Kräuter, auch Sie bald wieder zu sehen, besonders da ich in unsern weimarischen Geschäften alles so hübsch und gut zu finden hoffe wie ich es in Jena angetroffen.

Nach Eger haben wegen des Paquets geschrieben; ich zweifle nicht daß Herr Grüner dasselbe eröffnen, das Buch behalten und die Briefe zurück senden werde.

Das Übersendete ist nach dem Verzeichniß alles glücklich angekommen; hiebey folgt nun abermals eine lange Liste von Dingen, die ich herüber wünschte; es braucht nicht alles auf einmal gesendet zu werden. Nehmen und packen Sie ein, was sich zunächst vorfindet.

Und nun will ich mit den besten Wünschen für dießmal geschlossen haben.

Jena den 17. September 1821.

G.

Stadelmann bringt gegenwärtiges, geben Sie ihm mit was zunächst bey der Hand ist. Das Übrige nächstens.

Es wäre mir recht angenehm Sie Hier zu sehen; warten Sie aber gut Wetter ab. In diesen Tagen ist der Aufenthalt zu traurig.

Ergeh es Ihnen wohl!

G.

Stadelmann kommt nach.[86]


[Beilage.]

Zuerst wünsche von Weimar Folgendes zu erhalten:

1) Die neusten Geschäftssachen von hiesiger Bibliothek und Museum; sie sind in der obersten Reihe der Schubladen des langen Pultes zu finden.

2) Die Papiere zu Kunst und Alterthum aus der ersten Schublade der zweyten Reihe.

3) Die Papiere zur Morphologie aus der zweyten Schublade der zweyten Reihe.

4) Convolut Papiere, sich auf Carlsbad beziehend; es liegt in dem Schranke in Johns Stube und ist daran, wenn man es eröffnet, zu erkennen, daß es mehrere Bogen von Joseph Müllers Hand enthält, die sich durch eine gewisse Unbehülflichkeit auszeichnen.

5) Ferner wünsche die Tabelle von Le Sage, mein Exemplar, welches in grüne Leinwand eingeschlagen ist.

6) Mein englisches Portrait, um eine Rolle gewickelt und gut verwahrt.

7) Ein Exemplar der italiänischen Reise. Kann zu den Tabellen gepackt werden.

8) Die Futterale, welche die Paralipomena enthalten, wünsche auch baldigst hier zu sehen.

9) Beyliegendes Blättchen wird Herr Kaufmann gegeben, und die fernere Ausrichtung besorgt.

10) In dem Schranke von Johns Stube findet sich ein Paquet, uralte Durchzeichnungen von Bildern des Sachsenspiegel enthaltend, solche wünsche baldigst.

[87] 11) Es werden sich auch in der Repositur über meinem Schreibtisch sechs, blos mit Faden geheftete Bogen von Schubarths Versuche über den Homer und Zeitgenossen finden, welche gleichfalls zu senden wären.

Jena 17. Sept. 1821.

G.

12) Auch Couverts wären wünschenswerth, so wie

13) Brief-Papier.

14) Drey leicht geheftete Aushänge-Bogen des neusten Hefts zur Naturwissenschaft.

15) Hr. Hüttner gedenckt in seinem Briefe vom 10. Juli eines Büchelchens das er beylegt. Ich finde es nicht unter den gesendeten.


35/57.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 18. September 1821.]

Ew. Königlichen Hoheit

meine, durch beschwerliche Wege, glücklich durchgeführte Ankunft in Jena schuldigst zu vermelden darf ich nicht verfehlen. Wahrscheinlich ist ein, Mittwoch den 12. September von Eger abgegangen, Brief schon zu Höchst Ihro Hände gekommen, in welchem was mir in den letzten Wochen begegnet ausführlich erzählt wird.

Das große, Carlsbad betroffene Unglück, von welchem nächstens umständlichere Relation abstatte, hinderte mich, den Ort, den ich sonst in seinem Flor[88] gekannt, nunmehro in solchen Wust eingehüllt zu besuchen. Desto erfreulicheren Anblick gab mir der wohlgeordnete hiesige botanische Garten, der, bis auf weniges, bald Nachzuholendes, in wissenschaftlicher und gärtnerischen Hinsicht sehr zu loben ist. Daß Ew. Königliche Hoheit Hofrath Voigt und Baumann nach Berlin senden, wird in doppelter Hinsicht der guten Sache förderlich seyn, und ich benutzte indeß die Zeit meines hiesigen Aufenthalts dazu, das zunächst Nothwendige von Winters besorgen zu lassen, sodann aber auch zu bedenken; wie das Ökonomische, dem man einen mäßigen Zuschluß nicht versagen kann, dem Bedürfniß der Anstalt, sowie dem Wunsch der Angestellten gemäß möchte zu bestimmen seyn. Was sich auf Bibliothek und Museum bezieht, wird gleichfalls alles besorgt und berichtigt.

In einiger Zeit wird man das Schmackhafteste, was mir von Producten böhmischer Landökonomie bekannt geworden, in Hoffnung vorlegen, daß es Höchstderoselben Beyfall erhalten möchte.

So wie ich wünsche daß in beykommenden Hefte etwas Ergötzliches möge gefunden werden.


35/58.


An August von Goethe

Stadelmann bringt gegenwärtiges, er kommt um die Köchin zu holen. Bey dem besten Willen der[89] Leute ist es nicht möglich einen Bissen behaglich zu genießen. Das Weitere sagt er mündlich.

Freytag soll er mir lieb seyn dich zu sehen; nimm aber einen Wagen und riskire keine Fuspromenade in dieser Witterungs Epoche. Auch mag ich nicht gern den Wagen entbehren, um nicht ausgeschlossen zu seyn von aller Welt.

Sonst befinde mich sehr wohl. Wenn es so fortgeht wollen wir zufrieden seyn.

Auch John sende mit der Köchinn. Die hiesigen Schreibenden sind an ihre Obliegenheit gebunden.

Dem schrecklichen Wetter zum Troz fahre ich fort recht fleißig zu seyn. Lebe wohl und sende, schreibe, komm!

treulichst

Jena d. 18. Sept. 1821.

G.


35/59.


An Carl Wilhelm Constantin Stichling

Ew. Hochwohlgeboren

bey meiner Rückkehr freundlichst zu begrüßen und mich nach Ihrem Wohlseyn zu erkundigen, ergreife eine Geschäfts-Gelegenheit.

Bey meiner Ankunft, die Nachricht von dem glücklich gedämpften Brand in Brauhause erfahrend, erkundigte mich nach der Löschungs-Anstalt und denen dazu Beorderten; man ertheilte mir beyfolgende[90] Nachricht und außer derselben noch manche Bemerkungen, welche meine Aufmerksamkeit an diesem Gegenstand festhielten. Vor allen Dingen also übergebe Ew. Hochwohlgeboren gedachtes Blatt, mit der Bitte, daß Sie, nach Kenntniß der Sache, das Weitere bedenken und das Nothwendigste baldigst verfügen möchte. Was sowohl die vorhandenen Maschinen, die angestellten Personen und sonstige Umstände betrifft, wäre wohl nähere Erkundigung einzuziehen, woraus sich denn das Weitere sogleich ergeben würde. Der ich, in Hoffnung baldigen persönlichen Zusammentreffens, die Ehre habe mich hochachtungsvoll zu unterziehen.

gehorsamst

Jena den 19. September 1821.

J. W. v. Goethe.


35/60.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

nebst den herzlich begrüßten lieben Ihrigen nehmen beykommende mannichfaltige Sendung freundlich auf.

Der Blumenstrauß möge andeuten, wie bunt es in den weimarischen Gärten aussieht. Zu den abermals wiederkehrenden Tischbeins habe seinen erläuternden Brief gelegt. Kann der Abdruck des beykommenden Manuscripts gefördert werden, so geschieht mir eine große Gunst, besonders würde genaue Correctur[91] empfehlen, da das Manuscript sehr bedeutend ist; die Namen erfordern besondere Aufmerksamkeit. Titel und allenfallsigen Eingang lassen wir bis zu Ende.

Mich , auf baldiges Wiedersehen, bestens empfehlend,

ergebenst

Jena den 20. September 1821.

J. W. v. Goethe.


35/61.


An Johann Christian Ernst Müller

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche nachstehenden Auftrag auf das baldigste zu besorgen.

Man wünscht 55 complette Exemplare von den Tafeln zu meiner Farbenlehre nächstens zu erhalten. Die Kupferplatten sind noch entweder in Ihrem Verschluß, oder auf der Bibliothek, wovon also vorerst die genannte Zahl von Abdrücken abzuziehen wäre; sodann aber diejenigen zu illuminiren, welche Farbe erfordern. Wenn Sie keine Musterblätter haben sollten, so liegen einige Zeilen an Secretär Kräuter hier bey, welcher nachsehen wird. Übrigens werden Sie sich wohl zu helfen wissen, nur bitte ich das Illuminiren mir der größten Sorgfalt und mit reinlichsten Farben zu behandeln und die Arbeit lieber etwas besser zu bezahlen.

Jena den 21. September 1821.[92]


35/62.


An Friedrich Theodor Kräuter

[Concept.]

Es liegt ein complettes Exemplar der Tafel zu meiner Farbenlehre, illuminirte und unilluminirte, bey mir und findet sich entweder in der obersten Schublade des Schreibtisches an der Thüre, oder in einer der mittleren unter dem langen Pulten. Wenn Professor Müller derselben bedürfen sollte, so gebe Sie solche an ihn ab.

Jena den 21. September 1821.


35/63.


An Theobald Renner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben, wie ich vernehme, noch einiges an dem aufgestellten großen Skelett zu erinnern und ich wünsche, daß mir solches zu gelegener Stunde vorgezeigt und erklärt werden möge; bis dahin aber wäre keine Veränderung vorzunehmen, welches ich im so mehr anrathen muß, als ich Serenissimum jede Stunde erwarte und es von unserer Arbeit keinen guten Begriff geben möchte, wenn Ihro Hoheit dasjenige was Ihnen als fertig angekündigt worden, theilweise wieder zerstückt anträfen. Haben Ew. Wohlgeboren daher die Gefälligkeit, diese Sache mit mir baldmöglichst zu besprechen.

Jena den 21. September 1821.[93]


35/64.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

geneigtes Schreiben vom 7. September ward mir, leider erst vor einigen Tagen, bey meiner Rückkunft aus Böhmen, eingehändigt. Der empfohlene werthe Mann kam zu einer Zeit nach Weimar, wo auch mein Sohn nicht einheimisch war, so daß ihm also von uns, weder freundlicher Empfang, noch irgend eine förderniß zu Theil werden konnte; doch zweifle nicht, daß er von unserm gnädigsten Herrn nach Würden aufgenommen sey.

Damit aber aus dieser verfehlten guten Absicht wohl in Zukunft etwas Erfreuliches erwachsen möge, will hiedurch dringend versichert haben, daß jeder von Ew. Wohlgeboren eingeführte Fremde von mir und den Meinigen wohl aufgenommen, nach Zeit und Gelegenheit gefördert und unterhalten werden soll; Womit ich mich zugleich fortdauerndem Andenken und Wohlwollen bestens empfehle.

Jena den 22. September 1821.


35/65.


An Pius Alexander Wolff

Ihr lieber Brief, mein Werthester, hat mich bey meiner Rückkehr aus den böhmischen Bädern freundlichst empfangen, und es freut mich immer, wenn ich[94] dem Kreise, woher mir soviel Angenehmes kam und kommt, irgend etwas Gefälliges erwidern kann. Empfehlen Sie mich daher schönstens dem durchlauchtigsten fürstlichen Paare bey Übersendung inliegender Abschriften. Sodann haben Sie Dank daß Sie meine Todten wieder erwecken wollen; denn dieses Wunder gelingt der Schauspielkunst mehr als irgend einer andern; deshalb denn auch auf jene griesgrämigen Pädagogen keineswegs zu achten ist; der wahre Schauspieler hat einen zu großen Vorsprung, als daß ihn solche Grillenfänger sobald einholen sollten.

Möchte ich Sie doch vor unserm vergrößerten Parterre, vor unsern schwebenden Bogen bald auftreten sehen und mich in meinem alten Winkel Ihrer beiderseitigen Gegenwart erfreuen. Leben Sie indessen recht wohl und gedenken mein zu guter Stunde.

ergebenst

Jena den 23. September 1821.

Goethe.


35/66.


An Franz Dominicus Maria Josef Brentano

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

freundlichen Brief lasse bey meiner Ankunft in Jena, nachdem ich die böhmischen Bäder mehrere Wochen besucht, nicht länger unbeantwortet, vermelde jedoch ungern; daß ich mir erlauben muß den zugedachten Auftrag zu verbitten.

[95] Bey meiner Entfernung von Weimar, ja sogar wenn ich daselbst gegenwärtig wäre, bliebe mir nichts übrig als fragliches Geschäft Herrn Bartholomä zu übertragen und ihn um dessen Ausführung zu ersuchen, da mir denn für den ehrenhaften, wohldenkenden Mann freundlicher erscheinen will, wenn Ew. Hochwohlgeboren ihm das verdiente Zutrauen selbst schenken. Meine völlige Unbekanntschaft mit dem Locale würde mich außer Stand setzen, die Arbeitsleute, sowohl ihren Forderungen, als der Ausführung nach zu beurtheilen und mich dadurch gegen Ew. Hochwohlgeboren und die übrigen Committaten in Verlegenheit bringen. Der ich mich deshalb geneigtest zu entschuldigen und meiner in Ihrem werthen Familienkreise öfters zu gedenken bitte.

Jena den 22. September 1821.


35/67.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Auf Ihr liebes und ausführliches Schreiben, mein Bester, welches mich in Marienbad heimsuchte, sey nun sogleich nach meiner Rückkehr chronologisch geantwortet.

Donnerstag den 26. Juli ging ich von Weimar ab und langte den 29. zu Mittag in Marienbad an; dort verlebte ich, bis den 19. August, drey volle Wochen unter anhaltendem Regenwetter, dessen Bitterkeit[96] ich zu überwinden trachtete durch eben so anhaltenden Fleiß. Erleichtert wurde mir dieß durch herrlich-bequeme Wohnung in einem großen Hause, wo es an allen leiblichen Bedürfnissen von Morgen bis in die Nacht nicht fehlte, auch nicht an guter, froher, geselliger Unterhaltung.

Am 20. August, dem ersten vollkommen heitern Tag, bewegte mich sogleich vom Gebirg herab in's Land, die Physiognomie dem Pilsner Kreis abzugewinnen. Den 21. war ich mit großer Gesellschaft bey dem Prälaten in dem Stifte Töpel, wo ich, auf verschiedenem Hin- und Herweg, mir die Eigenheiten des Landes abermals besah und den specifischen Zustand eines solchen insulirten Prälaten innerhalb sei nes Kreises kennen lernte, des Mannes, der uns, als oberster Badeherr, in Marienbad bisher Sonntags besucht hatte.

Sonntag den 26. August traf ich in Eger ein, nahm eine höchst freundliche Einladung des Grafen Auersperg nach Hartenberg an; ein wundersames Waldschloß an der Zwotau, im Gebirge, einige Stunden über der Poststation dieses Mannes. Dort verlebte ich eine sehr anmuthige Feier meines Geburtstags, und fand einen Mann, den man hätte kennen sollen.

Vom 30. blieb ich bis zum 13. September in der Stadt Eger, wo Polizeirath Grüner, ein sehr vorzüglicher Mann, mich, so wie erst nach Hartenberg,[97] nun in der Gegend, meistens auf mineralogischen Ausflügen, begleitete.

Eben war ich im Begriff, nach Carlsbad auf einige Tage zu gehen, als die gräßlichen Meldungen von der Wasserfluth, die am 9. September, in die dortige Schlucht eindringend, alle Brücken und Stege zerstörend, in Boutiken und Läden des untersten Geschosses bis auf 8 Fuß steigend, Häuser sogar nicht verschonend, ein grimmiges Unheil anrichtete, das mir zu denken schon feindlich ist, mit Augen zu sehen aber ganz unerträglich wäre.

Nun bin ich seit Sonnabend den 15. wieder in Jena, in derselben morschen Schindelhütte, wo wir doch wiederholt so schöner Tage genossen, bringe meine Geschäfte, die Sie kennen, vor Winters in Ordnung und leide, nach wie vor, an dem cimmerischen Nebel-Regen-Wetter, welches mir die Berge gegen meinen Fenster über verhüllt und verdüstert.

Diese Äußerlichkeiten aber zum Trutz werden aufgehäufte Papiere geordnet und redigirt, ferner zwey neue Hefte meiner Zeitschriften in den Druck gegeben, und so wollen wir abwarten, ob nun noch trockne, wenn auch nicht heitere Tage uns vor Winters zu Hülfe kommen.

Schubarth war in Berlin, und ist wahrscheinlich wieder da; es wird Sie wie mich freuen, dieses affirmirende Individuum kennen zu lernen. Sein Büchlein über Homer, wovon er mir die Aushängebogen[98] schickte, setzt mich in Erstaunen, man mag es nehmen, wie man will! aber es ist eine Ilias post Homerum, im allerbesten Sinne; der alte Herr, oder die alten Herrn, wem wir auch das Gedicht verdanken, würden selbst Freude daran haben.

So liegt denn nun auch zuletzt ein Reimgedicht bey, welches jenen guten Kunstjüngern zur Empfehlung mitgiftete. Sie werden alles herauslesen, was ich hineingesonnen habe; was will man zu solchen dingen sagen? Wären es eigentlich Künstler, so hätten sie die dinge um- und umgekehrt; nun aber bleiben sie alle mit mäßiger Technik hinter den Gedanken zurück, ja selbst hinter den klaren Intentionen. Das muß man denn gehen lassen, wie so manche andere Überlieferung; es ist immer etwas, was es auch sey.

treulichst

Jena den 24. September 1821.

G.


Und so darf ich wohl vor allen Dingen sagen, daß Ihnen immer auf der Spur blieb; mich betrübte nur, in Nenndorf nie gewesen zu seyn, weshalb ich Ihre Umgebung nicht denken, nicht Schritt für Schritt folgen konnte. Das regnerische Unheil des Jahres ward mir deshalb noch düsterer, weil ich Sie, in einer unbekannten Gegend, eben darin verwickelt imaginirte.

Wie es mir ergangen, meldet ein besonderes Blatt; nun aber erfreue mich zuvörderst, daß auch Sie, das Banner der Verzweiflung aufsteckend, die allerliebsten[99] Paragraphen gewonnen haben. Möchten Sie doch in diesem Sinne sich weiter aussprechen! Bedenken Sie, daß sonst alles zusammen verloren geht. Niemand will und kann aufnehmen, was der andere begonnen hat. Nicht ein leidiger Egoismus liegt allein zum Grund, die Abgeschlossenheit ist es, die einen jeden umzirkt; das Individuum muß sich selbst aussprechen, niemand kommt ihm zu Hülfe. Da kenn ich denn aber auch sie Unentschlossenheit sehr gut, die nicht gerne sagen möchte; es ist zwar nicht fertig, aber es ist genug.

Mir wär nun aber auf meinem wissenschaftlichen Wege auch zum höchsten Gewinn, wenn Sie sich gerade jetzt entschlössen, das phosphorische Licht, was in Ihnen so herrlich waltet, auch nach außen leuchten zu lassen; denn in meinem nächsten Heft Zur Naturwissenschaft nehm ich die Chromatik wieder auf, indem ich ältere Aufsätze, Confessionen, Erläuterungen, Streitfragen sogar mancher Art, die bey mir, seit Jahren, nicht nur skizzirt, sondern wirklich ausgeführt, nieder- und bey Seite gelegt waren, ohne weiteres abdrucken lasse; wobey ich Ihrer Arbeiten nothwendig gedenken muß, als welche vor meine Anfänge hinaus gegangen sind, und erst meine Urwelt constituiren.

Auch kann ich vertrauen, daß mir das sicherste Kennzeichen zur Hand ist: im Buchhandel sey Nachfrage nach der Farbenlehre; denn ich verwahre die Tafeln, lasse sie abdrucken und illuminiren, und nun[100] sind mit einer gewissen Haft 50 Exemplare zu Michael bestellt worden. Lassen Sie uns das Eisen schmieden, da es heiß zu werden scheint, und entziehen Sie dem löblichen Handwerk ihren Hammer nicht.

Gedachtes Heft muß überhaupt wunderlich werden; denn ich denke, nach allen Seiten, aus den Mauern Warte-Steine genug hervorragen zu lassen, die für mich oder andere auf's Fernere deuten.

Sechs Wochen unter fremden Menschen haben mir viel verliehen; hätten wir gut Wetter gehabt, so wäre der Gewinn unschätzbar gewesen.

Von Kunst habe eine Form einer wohlerhaltenen fisicalischen Goldmünze 30 Ducaten schwer mitgebracht, das Bild der Kore (Proserpina) mit drey Delphinen auf einer, ein Viergespann auf der andern Seite. Großfürst Michael hatte sie auf seiner Reise angeschafft, deshalb er zu beneiden ist, was er auch dafür bezahlt haben mag. Einen Gipsguß sende.

Gestein ist gränzenlos geklopft und transportirt worden, und erfreut nun, auf Repositorien geordnet.

Junge Künstler, die nicht recht wissen, was sie mit ihrer Zeit anfangen, und, auf ein oder die andere Weise, etwas gewinnen möchten, radiren Landschaften nach meinen Skizzen. Sie sind freylich nicht ganz im Falle, das Künstlerische zu ersetzen, was mir gerade von jeher abging; doch kommen wunderliche Dinge zum Vorschein und Motive, an die ich selbst nicht mehr dachte, als sie sich solche, mit Liebe und Glauben,[101] aus meinen Papieren herausgesucht hatten. Ein Paar leg ich bey und sende vielleicht bald ein Heft, so unbefriedigend es auch seyn mag; das Skizzenhafte wenigstens haben sie nicht verfehlt, und nicht leicht wird eine Phrase darin zu finden seyn.

Zugleich will ich denn auch für den charmanten Aldegrever danken; ich kannte das Blatt, aber besaß es nicht.

Nehmen Sie ferner ein kleines Heft, das zu mancherlei Betrachtungen Anlaß gibt; die ersten 16 Seiten sind von mir, redigirt wenigstens. Gelegenheit sind mir unwiderstehlich, und ich konnte dieß aus dem Stegreif nicht versagen; der zweyte Bogen ist mehr überlegt und gearbeitet. Unsere jungen Männer überhaupt haben reden gelernt. Sie werden das Ganze nicht ohne Interesse lesen; dergleichen gibt immer vielerlei zu denken.

treulichst

Jena den 24. September 1821.

G.


35/68.


An Andreas Joseph Schnaubert

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

erlauben geneigtest beyliegende kleine Sendung mit zugefügter Bitte der Administratoren des Städelischen Instituts zu Frankfurt a. M.; sie übersenden mir beykommendes Blatt mit dem dringenden Wunsche, eine hochansehnliche Juristen-Facultät möge darauf[102] reflectiren, damit das Sachverhältniß nochmals in's rechte Licht gestellt werde; wobey man denn auch die Beschleunigung dieser Angelegenheit bescheiden-dringlichst empfehlen möchte.

Erlaubt sey mir bey dieser Gelegenheit, auch mich in Ew. Hochwohlgeboren Andenken zurückzurufen und mir von Ihrem Befinden angenehme Nachricht zu erbitten.

Jena den 24. September 1821.


35/69.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

bey meiner Rückkehr schönstens begrüßend, übersende ein Stück Gebirgs- oder Gangart, wie man es nennen möchte, mir dem freundlichen Ersuchen, den Gehalt desselben zu erforschen. Die Eigenschaften des höchst reinen Kalks verdienen alle Aufmerksamkeit, und dessen innigste Verbindung mit einem grünlichen Quarzgestein, welches an einigen Exemplaren völlig in Prasem übergeht, ist nicht weniger merkwürdig.

Geognostisch genommen ist dieses Gestein von großer Bedeutung, und auch oryktognostisch wird man es auszeichnen.

Nächstens hoffe von Ew. Wohlgeboren bisheriger Thätigkeit näher unterrichtet und mit neuen Aufklärungen erfreut zu werden.

ergebenst

Jena den 24. September 1821.

Goethe.[103]


35/70.


An August von Goethe

Du erhälst hiebey, mein lieber Sohn:

1) Die Ober-Aussichts-Rechnung mit den nöthigen Expeditionen.

2) Das Communicat an das Landschafts-Collegium.

3) Ein gleiches an die Cammer.

4) Einen Bericht an Serenissimum. (Folgt nächstens.)

Diese wirst du sämmtlich siegeln und rubriciren lassen.

5) Einen Erlaß an Rentamtmann Kühn in Heusdorf; das wenige was zu bemerken war habe gleich im Rechnungsconcept verändert und deshalb auch gleich gesiegelt.

6) Anfrage: Donnerstag den 16. August ward an die Brunnen-Expedition zu Marienbad ein Kasten mit Gestein abgegeben. Da nun alle die spätern angekommen sind, so wollte bey dir anfragen: ob nicht vielleicht auch dieser bey dir niedergesetzt worden, in welchem Fall ich ihn auch hierher wünschte. Die mit wundersamen Bergerzeugnissen angehäuften Repositorien werden auch dir gewiß viele Freude machen.

7) Dein Ulmer Spargelfreund ist wirklich sehr erfreulich; es freut mich, daß du eine solche Aufmunterung und Anleitung aus der Ferne erhältst.[104] Wenn man das Büchlein recht ansieht, so sieht man freylich, worauf alles ankommt; Gelegenheit, Neigung, anhaltende Aufmerksamkeit, unermüdliches Bemerken und Bestreben; der Ulmer Spargelgärtner braucht eben sein ganzes Leben zu diesem Geschäft, und so wird denn freylich etwas draus, und auch nebenbey bringt der Dilettante wohl vortreffliche Pfeifen hervor, daran wir uns nächstes Frühjahr erfreuen wollen.

8) Drey Stück Brandschieser mit Wasserinsecten; wegen dieser haben hauptsächlich die behutsame Eröffnung des großen Paquets empfohlen, denn sie sind rar; bey der vorjährigen Reise gewonnen, zwischen Zwotau und Grünlas, nach Carlsbad zu.

9) Sodann wünscht' ich denn auch bald zu erfahren, wie Sachse sich geäußert hat, damit ich das Weitere besorgen und abschließen kann.

10) Sodann wollte an die halben Champagnerbouteillen erinnern, die ganzen bleiben unangetastet.

11) Eine detaillirte Relation des Carlsbader Unglücks habe erhalten, es ist so schrecklich als wir's wissen, aber wird im Einzelnen nur immer trauriger und fühlbarer. Ich sende eine Abschrift.

12) Gegenwärtiges Blatt wünsche zurück mit Seitenbemerkungen.

13)Wünsche gar sehr, daß wenn dein Hofdienst vorüber ist, du etwa Sonntag den 30. mit Hofrath Meyer herüberkommest; auch könnte Kräuter mitfahren, denn es giebt gar zu vielerlei; worüber man sich in[105] einigen Stunden besprechen und vieles Geschreibe sparen kann.

treulichst

Jena den 25. September 1821.

Goethe.


35/71.


An Friedrich Theodor Kräuter

Was ich, mein guter Kräuter, dießmal wünsche, verzeichne folgendermaßen:

1) Die poetische Satyre aus den jüngern Jahren Lord Byrons gegen die Edinburgh Reviewers und andere Kritiker, ein kleines Bändchen in 8°, welches wohl zu finden seyn wird.

2) Etwas Canzley- und Fürstenhut-Papier, welche mir ganz abgehen, ferner etwas Couverte von weißem Papier.

3) Wünschte zu erfahren, ob Herr Professor Riemer wieder angekommen und wie er sich mit den Seinigen befindet. Ein beykommendes Heft Kunst und Alterthum wäre demselben, das andere Herrn Ober-Baudirector Coudray mit den schönsten Grüßen zu übergeben.

4) Sodann befindet sich auf beykommender Rolle eine Zeichnung zu einer Tabelle, in welcher die Witterungsveränderungen eingetragen werden, man will sie stechen lassen. Professor Posselt meint, man solle nur die feinen Linien auf die Platte bringen,[106] die verstärkten Linien aber so wie alle Zahlen, Zeichen und Buchstaben weglassen. Besprechen Sie sich mit Schrön, welcher so eben in Weimar ist, einem ganz Eingeweihten in diese Dinge, und lassen mich seine Meinung wissen. Es ist außer dieser Tabelle noch eine andere, keinem Zweifel ausgesetzte, zu stechen. Die Kupfer-Platten hab ich schon, vielleicht übernähme Schwerdgeburth zuletzt die Besorgung, man würde ihm den Abdruck übergeben und ihn dadurch in's Interesse ziehen.

5) Könnte ich ferner die Platte zu Purkinje revidirt und berichtigt finden, so geschähe mir viel Gefalle.

Mehreres vielleicht nächstens mündlich.

wohlwünschend

Jena den 25. September 1821.

G.


35/72.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

bedauern gewiß bey Lesung der Einlage, daß, nachdem auf meiner Badefahrt alles gut und glücklich gerathen, ich noch zuletzt von einem solchen Verlust, Versäumniß, oder wie man es nennen will, benachrichtigt werde. Dabey bleibt freylich nichts übrig, als sich mit dem nächsten Jahre zu trösten und eh man sich von Hause bewegt, die Plane auswärtiger Freunde künftig zu erforschen.

[107] Höchstdieselben an einem schönen Tage hier zu verehren wünsche dringend; die neusten Sendungen des Grafen Vargas sind wirklich bewundernswerth und Lenzen zu gönnen, daß er mit Ehren sich ergötzen und exultiren dürfe.

Der Urstier nimmt sich auch ganz wacker aus. Das Starkische Kabinett ist im Schlosse aufgestellt, aufgefüllt und in guter Ordnung. Es gehört freylich ein Kennerauge dazu, um sich mit dem unerfreulichen Anblick zu befreunden.

Ew. Königliche Hoheit erlauben mir wohl, da sich bessere und schnellere Federn finden als die meinige, die sonst gegönnte Form, damit ich das Glück einer fortwährenden Mittheilung genießen möge.

Eine so eben eingehende authentische Nachricht von dem Carlsbader Unglück lege bey. Was soll man dazu sagen, eben so wie man die schönen Feldfrüchte Tag für Tag verloren sieht.

Jena den 25. September 1821.


35/73.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vier werthen Briefe, mit allem was darinne angekündigt worden, habe wohl und richtig erhalten, und zwar melde beliebter Ordnung willen:

[108] 1) vom 5. Juni. Ankunft der Einleitung zu Howards Ehrengedächtniß. Nachricht von einem Herbst am Rhein.

2) vom 3. Juli. Monatschrift London Magazine, Howards Ehrengedächtniß vollständig, Original und Übersetzung.

3) vom 6. Juli. Nachricht der Übersetzung des Herrn Doctor Noehden und abgegangener Exemplare.

4) vom 10. Juli. Nachricht über einen Kasten von Doctor Roehden, über Straßburg abgesandt.

5) vom 20. Juli. Nachricht von den abgegangenen sechs Exemplaren des Portraits.

Alles Vorstehende ist mir richtig zugekommen, so wie ich denn für so manche Bemühung den aufrichtigsten Dank abstatte und mich als Schuldner bekenne.

Was die Übersetzungen betrifft, möchte ich noch Folgendes hinzufügen; Die drey ersten Strophen finde ich ganz vollkommen verstanden und ausgedruckt; bey den vier letzteren mag wohl einiges Abweichen vom Texte sich daher schreiben, daß der Übersetzer, um gewissen schwierigen und dunkeln Stellen des Originals aus dem Wege zu gehen, einige unsichere Tritte gethan, wodurch die Klarheit des Ganzen etwas gefährdet ist.

Dürfte ich nun noch bitten, mir von dem, noch lebenden, gefeyerten Meteorologen einige Kenntniß, Nachricht über seine näheren Verhältnisse zu geben und mich dadurch auf's neue zu verbinden.

Die spätere Ankunft meiner Briefe in London mag[109] durch mancherlei Umstände verursacht werden, und ich freue mich nur, daß, ungeachtet solcher Retardationen, Ihre gefällige Versorgung immer zur rechten Zeit eintreffen.

Jena den 25. September 1821.


35/74.


An Carl Christian Grüner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

bey meiner Rückkehr freundlich zu begrüßen und fernere Geneigtheit in Absicht der Bestellungen nach London zu erbitten, nehme mir die Freiheit, an Herrn Hüttner ein Briefchen beyzulegen, solches baldiger Absendung bestens empfehlend.

Mit den aufrichtigsten Wünschen mich unterzeichnend.

Jena den 25. September 1821.


35/75.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeboren

vermelde vorläufig, daß in einigen Tagen ein Kistchen mit dem Postwagen abgehen wird, enthaltend:

1) Die Tabellen des Le Sage, welche glücklicher Weise doppelt besitze. Ich hoffe, Sie werden künftig bey allen chronologischen, geologischen und geographischen Fällen meiner gedenken.

2) Zwey Bände italiänischer Reise, roh. Zu Gunsten dieser wäre anzuführen, daß sie auch schon in Wien längst abgedruckt worden.

[110] 3) Auch eine Rolle, mein Portrait von dem Engländer Herrn Dawe.

4) Ein kleines Packetchen Pfennige für Herrn Huß. Da, bey seiner Art zu sammeln, ihm auch das Geringste nicht gleichgültig ist, so findet er doch vielleicht eines oder das andere, was eine Lücke ausfüllt; diese nur fanden sich in Jena vor, von Weimar aus wird sich schon Besseres zeigen.

Soviel für dießmal mit dem treusten Wunsch, daß diese Sendung Sie und die werthen Ihrigen bey guter Gesundheit antreffen möge, wobey ich zugleich anzeige, daß die sämmtlichen von Eger abgegangenen Steinkästen glücklich angekommen sind.

Bleiben Sie überzeugt, daß die schönen zusammen verlebte Tage mit unvergeßlich sind und daß ich deren Erneuerung wünsche; ein Schreiben an Herrn Grafen Auersperg folgt nächstens. Tausend Lebewohl.

treulichst

Jena den 25. September 1821.

J. W. v. Goethe.


Nachschrift. Vorstehendes war, den Abgang der Post erwartend, einen Tag liegen geblieben, da ich denn vermelden kann, daß indessen Ihr werthes Schreiben vom 18. September, für dessen Inhalt ich schönstens danke, glücklich angekommen, wie ich denn auch das Schreiben an des Herrn Grafen v. Auersperg Excellenz hier beylegen kann. Von der Ankunft des Kästchens, so bald sie erfolgt, bitte mir einige Nachricht zu geben.

Jena den 26. September 1821.[111]


35/76.


An Joseph von Auersperg

[Concept.]

Hochgeborner Graf,

pp.

Wäre man nicht eine lange Reihe von Jahren her, durch Forderungen geselliger Schicklichkeit, gewöhnt seine innersten Empfindungen, sowohl freudige als schmerzliche, in der Gegenwart zu verbergen, so würden Ew. Excellenz in manchem Augenblick meines glücklichen Verweilens in Ihrer Nähe, vorzüglich aber bey'm Abschied, den Ausdruck einer gerührten dankbaren Anhänglichkeit gewahrt haben.

Dieß sey nun also von fern herausgesprochen, nicht als überdacht und nachempfunden, sondern als ein gleich alsobald Entschiedenes.

Wenn man mit gutem Grund der Jugend zu rathen hat: daß sie sich hüte, Freundschaften allzuschnell einzugehen, so wird dem Alter, zum Ersatz für manches Entbehren, die Gunst, daß Gefühl und Urtheil schneller zusammen treten und man wohl unmittelbar billigen darf, was man empfindet.

Überzeugen sich Ew. Excellenz daher, daß mir das Glück, Sie kennen zu lernen, als eine große Gabe des Augenblicks höchst schätzbar ist; und wenn auch der Wunsch, mit einem so würdigen Freunde längere Jahre verlebt zu haben, nothwendig aufkeimen muß, so bleibt doch eine spätere Gewährung immer, wie der[112] Sonnenblick am Abend, mit gerührtem Dank anzuerkennen. Sahen wir so manche Treffliche vor uns hingehen; so ist es ein herzerhebender Gedanke; daß wir deren, zum Besten der Welt, auch hinter uns zurück lassen.

Möge Ew. Excellenz die mir zugewandten günstigen Gesinnungen fernerhin bewahren und, wohin auch höhere Bestimmung Sie rufe, meiner im Guten gedenken. Daß ein fröhliches Wiedersehen und Zusammentreffen von nun an unter meine liebsten Wünsche zu rechnen sey, ist eine natürliche Folge. Diesen treu ausgesprochenen Gesinnungen günstige Erwiderung wünschend, unterzeichne mich verehrungsvoll.

Jena den 26. September 1821.


35/77.


An Philipp Nicolaus Schmidt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

zutrauliches Schreiben ist mir freylich erst spät bey der Rückkehr aus den böhmischen Bädern eingehändigt worden und ich gestehe gern, daß ich Bedenken trug, von der Beylage Gebrauch zu machen. Indessen glaub ich nicht zu irren, wenn ich sie in der Zwischenzeit schon Ihrer Wünsche theilhaft glaube.

Sie versichern sich, daß ich an dem herrlichen intentionirten Institut und an seinem Schicksal den[113] größten Antheil nehme. Möge ich immer das Erfreulichste und Gedeilichste davon erfahren.

Mich hochachtungsvoll unterzeichnend.

Jena den 26. September 1821.


35/78.


An Kaspar von Sternberg

Hochgeborner Graf,

Hochverehrter Herr!

Wenn auf meiner dießmaligen Reise ich das Königreich Böhmen sich alles glücklich und wünschenswerth ereignete, so hätte ich mir statt der Nachcur nicht solche Nachwehen befürchtet, als mir das geneigte Schreiben ankündigt. Ew. Excellenz in Marienbad nicht erharrt zu haben, ist ein großes Mißgeschick, die mindeste Ahnung hätte mich zurückgehalten, und mir die unangenehmste Empfindung erspart. Mein gnädigster Herr, der sich Ihrer persönlichen Bekanntschaft erfreut, bedauert mich wahrhaft theilnehmend.

Das zweyte Heft erkenne höchlich dankbar und bedauere den Verlust des Künstlers, weil es gar viel heißen will, sich in solche Gegenstände einzuarbeiten, ja einzulieben, da denn der Ersatz immer schwer ist, wenn auch in Ihrer breiteren Kunstwelt sich wohl immer heranwachsende Talente finden.

Auch des guten Rhode Arbeiten in Breslau sind mir bekannt geworden und ich erfreue mich deren als[114] ein in dieser Regionen erst Einschreitender. Denn ob ich gleich früher von unsers wackern v. Schlotheim Bemühungen Kenntniß genommen habe und manches vor Jahren theils den öffentlichen Museen, theils meinem besondern, aus Manebach und Cammerberg bey Ilmenau, sowie auch von Wettin bey Halle zu verschaffen wußte, so ist mir doch erst durch Ew. Excellenz Verarbeitung dieses Gegenstandes ein freyerer Überblick über eine so merkwürdige Erscheinung geworden, wobey es mich höchlich freute, so manches Neue zu finden, was mit meinem ältern geognostischen Überzeugungen völlig übereinstimmt.

Der eigene Fall, daß Ew. Excellenz sogleich in mein Wohnzimmer eintraten und eine ganze Ladung von Steinen vorfanden, die Ihre Aufmerksamkeit an sich zog, ist denn doch auch höchst erfreulich. Die Serpentin-Brüche bey Einsiedel sind bekannt, daß aber der Serpentin in Pechstein überziehend so nah bey oder vielmehr über Marienbad zu finden sey, ist durch den wunderbarsten Zufall oder vielmehr durch die große Rührigkeit meines Reisegefährten entdeckt worden.

Die besondere Eigenheit dieses Pechsteins, daß er auch, obwohl in undeutlicher, doch sich wiederholender Form eines vierseitigen Obelisken (um nicht Phyramide zu sagen) angetroffen wird, war mir sehr erwünscht! da ich meine morphologische Grillen dadurch geschmeichelt fand.[115]

Was aber auch dem allen sey, so ist nun jetzt die Hauptsache, daß Hochdieselben mir erlauben, bey eintretendem Frühjahr anzufragen, wie Sie Ihren Sommer wahrscheinlich einzutheilen gedenken, damit ich mich einrichten könne, in Böhmen Denenselben gewiß zu begegnen.

Unmöglich ist mir's zu schließen, ohne meinen tiefsten Antheil an dem Carlsbader Unglück auszusprechen; seit vierzig Jahren hab ich diesen Ort, in seinem glücklich-bürgerlichen Zustande, gekannt; ob gleich die gereihten Schindeldächer, bey Süd- oder Nordwind, in hydrographischen Momenten, mich mit einer unauslöslichen Feuersbrunst bedrohten, und ihn hydrographisch recht wohl wußte, wie die Töpler Teiche, als ein Schwert am Pferdehaare, den ruhig dahinlebenden Bürgern und Curgästen über dem Haupt hingen. Nun ist es denn höchst lebenstörend, wenn wir das, was wir Vor- und Nachfahren allenfalls bedauerlich überweisen, nun selbst zu unserer Zeit an den Unsrigen, denn ich darf die guten Carlsbader wohl die Meinigen nennen, unerwartet erfahren müssen.

Ew. Excellenz verzeihen, daß ich so redselig werde! Es ist nicht blos die jenaische Einsamkeit, die mich nach außen gesprächig macht, sondern ich thue mir dabey etwas zu Gute, daß ich mich schreibend (oder vielmehr dictirend) gegen Hochdieselben als wie in der Gegenwart verhalte. Eben deshalb muß ich auch[116] bitten, daß einer fremden Hand verziehen werde, die leserlicher ist und schneller als die meinige und ohne die ich kaum eine Wirkung in die Ferne haben könnte.

verehrungsvoll

gehorsamst

Jena den 26. September 1821.

J. W. v. Goethe.


35/79.


An Christian August Vulpius

[Concept.]

Gar sehr, mein werthester Herr Rath, erfreu ich mich, daß Ihre Reise glücklich vollbracht worden, und Sie, zu Ihrer, nicht weniger zu Ihrer hohen Committenten Zufriedenheit, wieder nach Hause zurückgekehrt sind. Für die Mittheilungen danke zum schönsten und sende die überschickten Rechnungen autorisiert zurück.

Hier in Jena wüßte weiter kein Geschäft für Sie in diesen Herbsttagen, man mußte sich während Ihrer Abwesenheit auf eine eigene Weise einrichten. Nächstes Frühjahr werden wir Ihre Kenntnisse und Thätigkeiten wieder in Anspruch nehmen.

Das Beste wünschend.

Jena den 26. September 1821.[117]


35/80.


An Carl Ludwig von Knebel

Der Großherzog hat sich sehr freundlich nach Dir erkundigt und wird Dich zur Tafel laden lassen. Ich wünsche sehr daß Du Dich einstellst, und schicke meinen Wagen gegen zwey Uhr. Komme ja, und wäre es auch mit einiger Unbequemlichkeit.

[Jena] d. 27. S. 1821.

G.


35/81.


An Carl Friedrich Zelter

Ob dir gleich, mein Theuerster, in deinem stund-stündlichen, sündlichen Berliner Musicanten-Leben, wie ich gar wohl begreife, zu einer Wirkung in die Ferne keine Zeit übrig bleibt; so wünscht ich doch, daß du manchmal, was dir so wohl gelingt, mit einigen Federstrichen den Augenblick festhieltest und ihn einige dreyßig Meilen weiter schicktest. Ich dächte doch, meine Bemühungen um euch, o ihr Athenienser! wenn sie auch nicht jedem Einzelnen, sondern der lieben Gesammtheit gesendet werden, verdienten einige Erwiderung.

Meinen Sommer hab ich glücklich und curhaft zugebracht; das Unglück von Carlsbad gab eine schlechte Nachcur, denn ich bin zu sehr mit diesem Orte verwachsen, als daß ich ihn mir zerstört denken dürfte. Von den Höhen über Franzenbrunnen sah ich, gerade[118] am 9., jenes Unheil in die mir gar wohl bekannte Töpelregion hinunterstürzen, und ohne wunderliche Zufälligkeiten wäre ich in das Unglück mit verwickelt worden; ich hatte sodann weder Muth noch Beruf, in den folgenden Tagen hinzugehen, und die zu einer Fahrt dorthin bestellten Pferde brachten mich nach Hause.

Hier find ich nun deine lieben Zuschriften und Sendungen, wofür der beste Dank gesagt sey; ich habe nun einen vieloctavigen Streicherischen Flügel angeschafft, man sagt, er sey glücklich ausgefallen, und ich hoffe, daß mein Winter dadurch etwas musicalischer werden soll.

Wollten Ew. Liebden also zum Besuch, Urtheil und Genuß sich selbst an Ort und Stelle verfügen, so bitte, daß es in der zweyten Hälfte des Octobers geschehe, und zwar auf Anmeldung, nicht mit Überraschung.

Noch gute vierzehn Tage hab ich hier zu thun, wo dich zu empfangen weder Ort noch Zeit, weder Gesellschaft noch Gelegenheit sey möchte. Laß mich nächstens wissen, wie du darüber denkst, was du vorhast und ausführen kannst, denn ich darf in meinen Jahren und Tagen nicht mehr aus dem Stegreife leben.

Die Musik wirkt nur gegenwärtig und unmittelbar, und so wirke denn auch wieder einmal als ein ächter, zuverlässiger musicalischer Freund.


[119] So weit war geschrieben, als ich erst deine erwünschten Blätter vom 20. August bis 20. September erhielt und, wie du leicht denken kannst, ganz zufrieden gestellt bin. Gegenwärtiges erhältst du durch einen Clavierspieler Hartknoch, einen Schüler unseres Hummels, der sich dir am Flügel selbst empfehlen möge; und so den schönsten Dank für das Mitgetheilte!

treulichst

Jena den 28. September 1821.

G.


35/82.


An August von Goethe

[Concept.]

[Jena, 30. September 1821.]

Ich freue mich deines Wohlseyns und der guten Nachricht von Dessau gar sehr. Wenn du kommst, wirst du willkommen seyn.

Herrn v. Bielke vermelde meinen besten Empfehlungen und ersuche denselben, anzuordnen, daß der kleine Tempel demjenigen übergeben werde, der sich von Seiten des Herrn Ober- Baudirectors Coudray meldet und mit einem Wagen kommt, das Gebäude abzuholen. Die Transportkosten übernehme ich.

Zugleich würde Herr Hofmarschall mich höchlich verpflichten, wenn er den jungen hohen Herrschaften mich unterthänigst empfehlen und meinen besten Dank dafür abstatten wollte.

[120] Sind die Unsrigen angekommen, so melde es gleich. Wenn sie ausgeruht haben, besucht mich ja wohl.

Mit den besten Wünschen.


35/83.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

Ew. Hochwohlgeboren

hätte längst gewünscht hier zu sehen, Sie freundlichst zu begrüßen, für den herrlichen neuen Weg zu danken, durch welchen nun erst der Mühe werth ist, Pferd und Wagen in Jena zu haben.

Zu Gegenwärtigem veranlaßt mich der angenehme Umstand, daß es uns nunmehr vergönnt ist, das werthe Tempelchen von Belvedere abzuholen. Ich habe dorthin gemeldet, daß Sie dafür sorgen würden; daher darf derjenige, welchem der Auftrag von Ihnen ertheilt wird, sich nur bey Herrn Hofmarschall v. Wielke melden. Senden Sie einen Wagen dorthin und Jemanden, der bey'm Auseinandernehmen und Auspacken alle Sorgfalt beweist! Auch wäre es gut, den Wagen zu bedecken, weil wir täglich Regen zu befürchten haben. Die Kosten des Transports werden hier bezahlt.

Für hiesigen Empfang werde sorgen, und wegen des Aufstellen bemühen Sie sich wohl selbst und gefälligst hierher; ich kann einen frugalen Tisch anbieten.

[121] Soviel für dießmal mit den besten wünschen und Grüßen, in Hoffnung baldigen Wiedersehens.

gehorsamst

Jena den 30. September 1821.

Goethe.


35/84.


An Wilhelm Rehbein

[Concept.]

Sehr aufrichtig bedauere, mein Werthester, von Ihren Leiden zu hören, da Sie denn doch eigentlich zu unserm Heil der Gesundeste von uns allen seyn sollten. Suchen Sie ja vor Eintritt des Winters das Schlimmste los zu werden; leider haben wir schon jetzt und seit lange mit den Unbilden der Atmosphäre zu kämpfen. Das große Unheil, das vom Töpel ausging, dort und unterwegs soviel Unglück anrichtete und endlich Carlsbad auf lange Jahre zu Grunde warf, war mir eine schlechte Nachcur. Ich gab meine Fahrt auf, die ich meinen alten Freunden, den warmen Quellen sowohl, als anderen guten Seelen zum Besuch eingeleitet hatte. Mit meinem Marienbader Aufenthalt bin ich genugsam zufrieden, ob ich gleich nur, wegen des schrecklichen Wetters, vier- bis fünfmal badete. Merkwürdig ist, daß auch jene bewußte Schwärze sich bald einstellte, und nachher noch vierzehn Tage in Eger anhielt, ohne daß ich einen Tropfen Kreuzbrunnen weiter getrunken hätte; es ist doch immer problematisch genug.

[122] Mit meiner Wohnung, in die ich zufällig gerieth, war ich sehr zufrieden. Schöne Zimmer, und alle Bedürfnisse im Hause befriedigt, und was die Feuchtigkeit betrifft, so nahm sie erst überhand, wenn man die Fenster aufmachte und die Atmosphäre hereinließ, da zeigte denn das hygrometrische Papier freylich auf sehr große Nässe.

Ich läugne nicht, daß mein Zutrauen zu dem Kreuzbrunnen an Ort und Stelle sich vermehrt hat, auch gestehe, daß ich das Bad bey günstiger Witterung regelmäßig gebrauchen würde, mich für einer gewissen erstickenden Nummer sorgfältig hütend.

Herrn Director Gradl bitte schönstens zu grüßen und ihm für die fortgesetzten Gefälligkeiten zu danken, die mich beschämen würde, wenn ich es nicht so gründlich gut mit Marienbad meinte und auch von meiner Seite diese herrliche Anstalt zu fördern wünschte. Nun aber muntere Sie nochmals auf, sich selbst auf's beste zu berathen, damit wir Ihres Raths in nächst zu befürchtender Winterszeit niemals entbehren möchten. Empfehlen Sie mich unsern gnädigsten Herrschaften und überall, wo Sie es schicklich und löblich finden.

Jena den 30. September 1821.[123]


35/85.


An Joseph Sebastian Grüner

Gegenwärtiges begleitet, mein Werthester, das unter'm 26. angekündigte Kästchen, mineralogische Schriften mit einigen, wie ich hoffe, nicht unwillkommenen Zugaben. Da die Briefe hin und her, wie ich zu bemerken gehabt, manchmal in ungleicher Zeit, aber doch sicher gehen, so lassen Sie uns in unsern Communicationen fortfahren.

Deshalb vermelde sogleich, daß die mitgetheilten Zusätze zu jenem Egerischen Sittengemälde ganz vorzüglich bedeutend und schätzenswerth sind. Ich habe über diese Angelegenheit nachgedacht, und glaube ihr schon das Vorzügliche abgewonnen zu haben. Versäumen Sie auch das Geringste nicht, denn bey Character-Darstellungen sind gerade die kleinsten Züge oft die bedeutensten. Bleiben Sie ja an der Arbeit, haben immer unsern edlen Baldin im Sinne und tractiren das zu Liefernde als wohlgereihte und wohl rubricirte Collectaneen. Erhalten Sie mir ein freundliches Andenken und empfehlen mich, so oft es Gelegenheit giebt, des Herrn Grafen Auersperg Excellenz. Mein Schreiben an denselben unter'm 26. dieses drückt meine aufrichtigsten Gesinnungen aus. Möge dieser treffliche Herr, dessen nähere Bekanntschaft, ja Freundschaft ich Ihnen auch so gern verdanke, zu Hause oder[124] wo ihn das Schicksal hinruft, immer ein seinem Character gemäßes Glück finden.

treulichst

Jena den 30. September 1821.

Goethe.


35/86.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

begrüße bey meiner glückliche Rückkehr zum allerschönsten und besten; immer noch in der Hoffnung, daß Ihr häusliches Weh sich werde gemildert haben.

Es ist mir sehr angenehm. daß jenes übersendete Manuscript Ihnen nicht mißfallen hat; wegen des Honorars würde folgenden Vorschlag thun:

Ich zahlte für Ihre Rechnung zu Weinachten dem Verfasser hundert Thaler und eben so viel zu Ostern, wobey Sie ihm 24 Frey-Exemplare zugeständen; wozu ich, jedoch ohne es ihm merken zu lassen, Ihr Wohlwollen in Anspruch nehme, daß Sie ihm, wenn die Auflage Abgang findet, etwa zu Michael noch irgend ein freywilliges Geschenk abreichten.

Es ist dieser seltsame Mann auch im bürgerlichen Zustand mancherlei Abenteuern hingegeben, höchst schweres Hauskreuz und, durch gewissenlose Debitoren, um den größten Theil seines mühselig zusammen gebrachten kleinen Vermögens betrogen. Seine[125] Geschäftsthäthigkeit steht unter meiner Leitung und ich habe Ursache, mit ihm zufrieden zu seyn.

Deshalb ich denn auch gern eine Einleitung schreiben will, wozu ich die Anzeige in Kunst und Alterthum als Text zu nehmen und sie weiter auszuführen gedenke. Doch erbitte dazu mir einige Zeit, man kann sie mit dem Titel zuletzt drucken und mit römischen Zahlen bezeichnen.

Die 50 Exemplare Tafeln zur Farbenlehre, von Herrn Frommann bestellt, werden in diesen Tagen abgeliefert. Bey dieser Gelegenheit erbitte mir fünf Exemplare Text, indem ich für die Tafeln selbst stehe.

Es ist mir sehr angenehm, daß dieses, durch widrige Winde zurückgetriebene, beynahe strandende Werk wieder flott zu werden scheint.

Aus den vier Aushängebogen des neusten Heftes zur Wissenschafts-Lehre werden Sie ersehen, daß ich eben jetzt für räthlich geachtet habe, auch die Sache wieder zur Sprache zu bringen, wie ich denn fortfahren werde, über diese Angelegenheit und ihre Schicksale mich ferner öffentlich zu erklären.

Der ich mich, mir den besten Wünschen, hochachtungsvoll unterzeichne.

gehorsamst

Jena den 30. September 1821.

J. W. v. Goethe.[126]


35/87.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

sende mit vielem Dank die mitgetheilten Blätter zurück; es scheint ohngeachtet so manchen Schwankens, daß wir so bald noch keine Kriegsnachrichten zu hoffen oder, wenn man will, zu befürchten haben.

Sehr ungern vernehme, daß Sie nach Ihrer Zurückkunft von häuslichen Leiden umgeben worden; mich hat das Unglück von Entfernten, der Tepler, Carlsbader und aller dazwischen Liegenden schmerzlich getroffen und von einem Besuch, den ich eben abstatten wollte, zurückgehalten.

Erlauben Sie bey dieser Gelegenheit zu fragen, wo sich Mr. d'Ohson, Chargé d'affaires de Sa Majesté le Roi de Suède près de Sa Majesté le Roi des Pay-Bas aufhält? Wahrscheinlich in Brüssel, wohin denn auch wohl ein Brief allenfalls abzusenden wäre?

Möge in der Beylage etwas Erfreuliches zu finden seyn. In Hoffnung baldigen freundlichen Wiedersehens

gehorsamst

Jena den 2. October 1821.

J. W. v. Goethe.


35/88.


An Johann Peter Eckermann

Erläuterung und Bitte.

Seit mehreren Jahren bin ich so glücklich, des schönen Vertrauens meiner Landsleute zu genießen; ich[127] erhalte daher öfter Sendungen und Anfragen von wohldenkenden, talentreichen, strebenden jüngeren und älteren Personen. So wie es nur möglich war, habe ich darauf erwidert; nun aber vermehrt sich dieses Wohlwollen, indeß die Kräfte sich vermindern und Einzelnen zu antworten ganz unmöglich wird. Weil aber diese Fragen und Sendungen meistens von schöner Bedeutung sind, so erregen sie Gedanken und Empfindungen, die ich wohl mitzutheilen wünschte. Ich werde daher in meinen Heften von Kunst und Alterthum dergleichen niederlegen und ersuche meine unbefriedigten werthen Correspondenten sich darin umzusehen.

Das Beste wünschend

Jena den 2. October 1821.

J. W. v. Goethe.


35/89.


An August von Goethe

[Concept.]

Ich würde sagen können, mein lieber Sohn daß ich mich recht wohl befinde, wenn nicht das schreckliche Wetter jeden Aufenthalt verdrießlich machte. Was zu besorgen ist, hab ich Kräuter geschrieben und wüßte nichts hinzuzufügen.

Hinreichendes Manuscript zu Kunst und Alterthum habe gestern zusammengelegt, es findet sich noch Überschuß. Heute geh ich an die Naturwissenschaft und hoffe, vor meinem Abgang von hier auch das[128] Nöthige vorzuarbeiten. Jetzt ist mein Gedanke, ohngefähr bis den 18. zu bleiben. Der Großherzog wird noch einmal herüber kommen, um das Krankenhaus unter Dache zu sehen. Das warme Haus macht viel Plage, und es findet sich, daß die Ameisen auch den Lohkasten aufgepfeift haben; es muß fast ganz neu werden. Den Bericht wegen der tausend Thaler sende an Kräutern aufgerollt. Nun lebe schönstens wohl, besuche mich wenn du kannst und magst, und melde sogleich, wenn die Deinigen glücklich ankommen.

Jena den 2. October 1821.


35/90.


An Carl Wilhelm Friedrich von Lyncker

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

sind wir eine schöne Anstalt schuldig, wie sie durch Privatpersonen nicht leicht zu Stande kommt, dem werthen Freunde eine ruhige und heitere Wohnung verschafft zu sehen und zugleich ein Local gerettet, welches unter die anmuthigsten unsrer Gegend gehört.

Auf Weinachten verfehle nicht meine Schuld abzutragen, mit dem aufrichtigsten Danke für die gefälligen Bemühungen; da ich denn wohl hinzufügen darf; daß ich wärmsten Antheil nahm, als ich den Unfall hörte, der Sie so unerwartet getroffen; möge Klugheit und Thätigkeit, wie in so vielen andern Fällen, Ihnen immer zur Seite stehen.

[129] Mich zu Wohlwollen und Theilnahme fernerhin empfehlend.

Jena den 2. October 1821.


35/91.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

sowie die werthen Ihrigen werden verzeihen, wenn ich einen wiederholten Besuch noch nicht abgestattet; die regnigen Abende halten mich wider meinen Willen zu Hause. Nun aber wollte ich anfragen, ob es nicht gefällig wäre, vor Ihrer Abreise die Einleitung zu treffen, daß an der Morphologie etc. der Druck fortgesetzt werde; drey Bogen Manuscript sind vorhanden. Ich wünsche diese Fortsetzung bey meinem hiesigen Aufenthalte um so mehr, als dabey mit dem maître en page einiges zu verabreden ist. Auch frage an: ob die Tafeln zur Farbenlehre, welche nächstens eingehen werden, etwa Herrn Wesselhöft zusenden soll? Hiebey folgen denn auch Probedrücke und Manuscript zu einem Hefte, welches nächstens herauskommen wird, gefälliger Einsicht anheim gegeben.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

ergebenst

Jena den 4. October 1821.

Goethe.[130]


35/92.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

Daß ich mich, mein werthester Herr und Freund, nach Ihrer hoffentlich glücklichen Ankunft, nach dem Befinden des werthen Vaters sowohl als des lieben Töchterchens erkundige, dazu veranlaßt mich ein Brief des guten Polizeirath Grüner aus Eger, welcher mir meldet, daß er nur den ersten theil des Wilhelm Meisters zurückgehalten, deswegen er anfragt, wohin wohl die übrigen drey Bände gegeben worden? weil diese, nach eingeholter Erkundigung, in dem grünen Baume zu Franzenbrunnen nicht zurückgeblieben. Ich bitte mir daher einige Auskunft zu geben, damit ich diesen Freund beruhigen könne, welcher genanntes Werk von einem Dritten erborgt hat. Zugleich auch bin ich so frey, die zugesagten versteinten Pflanzen in Erinnerung zu bringen.

Sagen sie mir doch ja bey dieser Gelegenheit, wie Sie mit den Folgen Ihrer Badecur zufrieden sind; ich kann es gar wohl seyn, denn bis jetzt hat sich mein Befinden ganz gut verhalten.

Leben Sie recht wohl und gedenken mein, da wir uns wieder einmal näher gesehen, in guten Augenblicken zum besten, mich zur freundlichsten Erwiderung verpflichtend.

Jena den 5. October 1821.[131]


35/93.


An Friedrich Theodor Kräuter

[Concept.]

Die unterzeichneten Papiere kommen hier wieder zurück, so wie ich zugleich den Wunsch äußere, daß unsere drey Künstler vor Herausgabe meiner Zeichnungen ihre Talente treulich und fleißig vereinigen mögen, wobey denn gewiß Herrn Schwedgeburths Theilnahme und Einwirkung von großem Vortheil seyn wird. Danken Sie ihm schönstens für die übersendeten Abdrücke; auch führen Sie die meteorologischen Tabellen immer weiter und melden überhaupt mit Sendung der Papierproben, was alles zusammen kosten möchte.

Der ich Sie immer thätig und theilnehmend zu finden wünsche.

Jena den 7. October 1821.


35/94.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie können sich wohl denken, mein Werthester, wie sehr mich Ihr bisheriges Außenbleiben beunruhigt hat, denn die Ihnen zugestoßnen Unfälle, Retardationen und Verlegenheiten wurden einstimmig erzählt, zum Glauben an ihre Wahrheit uns nöthigend. Möge alles glücklich vorüber und ohne unangenehme Folgen seyn.

Gewiß haben Sie die guten Carlsbader herzlich bedauert, es ist ein großes, man möchte wohl sagen[132] unwiederherstellbares Unglück, indem durch solche Fälle wie durch eine Krankheit die frische Lebenskraft gehemmt und zu den nöthigsten Functionen auf eine Zeit lang untauglich wird.

Es soll mir sehr angenehm seyn, Sie bald hier zu sehen, damit wir uns erheitern, ermannen und wechselseitig zum Guten ermuntern. Das Heft Kunst und Alterthum ist treulich begonnen; das Nöthige wegen der Fortsetzung bereden wir. In der Gebirgsgegend von Marienbad konnte freylich nur von Gestein die Rede seyn, doch bin ich auch einigem bedeutenden Kunstreichen begegnet; an demselben Wetter haben Sie mitgelitten und so waren Sie in das allgemeine Bedauern mit eingeschlossen.

Zu dem übrigen Naturwissenschaftlichen sind mir auch sehr erfreuliche Hülfsmittel in die Hände gekommen. Die fruchtbar vorschreitende Zeit bringt einem jeden Unerwartetes, wenn man es nur immer zu fassen und sich dessen zu bedienen wüßte.

Ein Hermannisches Programm, Fragmente eines Euripidischen Phaetons enthaltend, hat mir auch große Freude gemacht; es ist der Anfang und das Ende und man muß gestehen daß sich die Mitte nicht errathen läßt; im Ganzen hat es mich an Hippolyt erinnert.

Ich wiederhole, daß es mir sehr angenehm seyn wird, Sie hier zu sehen, weil ich noch gar manches zu fragen und mitzutheilen habe; können Sie sich[133] voraus anmelden, so ist es desto besser; wenn Sie aber auch nur um 11 Uhr anlangen, so kann ich Sie wohl noch einigermaßen bewirthen.

Die lieben Ihrigen zum schönsten grüßend und das Beste wünschend.

Die Gläser bitte bis zu meiner Rückkunft aufzubewahren.

treulichst

Jena den 7. October 1821.

Goethe.


35/95.


An August von Goethe

Beykommendes, mein lieber Sohn, schicke Riemern noch diesen Abend; er wollte mich morgen besuchen, ich lade ihn aber auf übermorgen. Und somit das schönste Lebewohl!

Jena den 9. October 1821.

G.


35/96.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Herrn. Vitzthum sagt mir, mein Werthester, daß Sie mich morgen besuchen wollen; da aber Serenissimus herüber kommen, so würden wir unsern Zweck verfehlen. Ist es Ihnen Donnerstag möglich, so richten Sie es ein, daß Sie um 10 Uhr hier sind.

Mehr sag ich nicht, in Hoffnung baldigen Wiedersehens.

Jena den 9. October 1821.

G.[134]


35/97.


An Johann Heinrich Meyer

Aus beygehendem Blatte sehen Sie, daß ich Ursache fand, alle Ihre Vorschläge zu bekräftigen; lassen Sie also die nöthigsten Umänderungen machen und senden mir sodann einen Abdruck zurück.

Ich glaube, daß die Theilnahme und Einwirkung Schwerdgeburths günstig ist, da er, als Kupferstecher, mit wenigem der Haltung und Harmonie nachhelfen kann.

Ich dachte, das projectirte Monument sey noch nicht aufgestellt und der Ort, wo es hinkommen sollte, problematisch; in der schönsten Mittagsstunde komme ich in der Prinzessinen Garten, erfreue mich der herrlichen Aussicht, des reinlichen ruhigen Zustands, wie man ihn selten findet, und sehe denn das Bild und die Unterschriften. Möge Sie wohl auf die geziemendste Weise meinen gefühltesten Dank aussprechen.

Wegen des Tempelchens wird sich's auch wohl geben; Coudray betreibt die Sache und wird den Transport zu bewirken suchen.

Wie sehr mich die Magdalena erfreut hat, ermessen Sie selbst; Sie wissen was Sie hineingelegt haben und trauen mir zu, daß ich es herausfinden weiß.

Unvermuthet trafen unsere jungen Herrschaften hier ein, ich speiste mit ihnen in dem Garten; das[135] üble Wetter hielt im Zimmer, das Monument kam nicht zur Sprache, deshalb ich um so mehr bitte, allerschönstens zu danken.

Halten Sie sich ja so viel als möglich bey dieser schrecklichen Witterung, die bey so hohem Barometerstand noch ärgerlicher wird.

Soviel für dießmal; möge alles Gute und Werthe immerfort gelingen.

Jena den 9. October 1821.

G.


[Concept.]

[Beilage.]

Bey dem mitgetheilten Probedruck des Umschlags zu den radirten Blättern haben Folgendes zu erinnern:

1) Der Titel wäre, wie die Handschrift ausweist, zu behandeln, da denn

Herausgegeben von C. A. Schwerdgeburth

in eine Zeile käme,

Weimar

unten drunter; dadurch rückte der Strich höher in die Höhe und das Gedicht gleichfalls.

2) Wollte man nun die Einfassung unten noch etwa einen Finger breit tiefer hinabdrücken, so würde der schicklichste Raum entstehen, welcher jetzt zu voll gedrängt ist.

3) Die Gedichte, und vornehmlich die Zahlen über denselben sind mehr nach der Mitte zu rücken.

4) Ich finde nicht gut, daß die Gedichte II und III gesperrt sind, es ist besser, man drucke sie wie IV[136] und V und lasse größere Räume oben, in der Mitte und unten, wie das Manuscript gleichfalls andeutet.

5) Der Rahmen auf der letzten Seite müßte wie auf der ersten etwas verlängert, das VI. Gedicht etwas weiter herunter gesetzt und statt des Striches ein kleiner Zierrath gesetzt werden, damit der Raum mehr angefüllt erscheine.

6) Die zurückkehrende Ankündigung ist vollkommen zweckmäßig und schön.

7) Das Mercantilische überlasse ganz den Unternehmern.

8) Ich wünsche, wenn alles Vorstehende berichtigt worden, daß man diesen Umschlag Herrn Professor Riemer vorlege, dessen Bemerkung vernehme und mir ein Exemplar herüberschicke.


35/98.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Das Billet, mein Werthester, werden Sie erhalten haben, wodurch ich Sie auf den Donnerstag einlade. Durch die rückkehrenden Boten wünsche zu erfahren, daß ich Sie wirklich erwarten darf

Mit den besten Wünschen.

Jena den 9. October 1821.

G.[137]


35/99.


An Friedrich Theodor Kräuter

Auf das Übersendete und die beygefügten Anfragen vermelde vorläufig, daß die beiden Platten je eher je lieber gestochen werden können; wegen des Papiers aber müssen wir versuchen, ob wir nicht wohlfeiler und besser dazu kommen. Senden Sie mir deswegen die Größe der beiden Platten, damit ich hier bey Frau Hertel nachsehen lassen, ob diese vielleicht uns aushelfen kann. Auch könnten Sie mit Professor Müller sprechen, welcher in Erfurt Connexionen hat, so daß wir vielleicht von dorther befriedigt werden.

Ferner würde nicht rathen, daß wir gegenwärtig so viel auf einmal abdrucken ließen, da dieß jährlich geschehen kann und die Auslage auf einmal zu groß wird; welches alles, indeß die Platten gestochen werden, wir noch wohl überlegen können.

Beykommende Note müßte noch attestirt werden, daß die Bücher abgeliefert worden sind.

Beykommendes ersuche zu bestellen.

Jena den 12. October 1821.

J. W. v. Goethe.


35/100.


An Carl Friedrich Zelter

Der enpfohlene Rellstab hält sich noch in Weimar auf, um sich zum Heidelberger akademischen Leben[138] vorzubereiten. Meine Kinder haben ihn freundlich aufgenommen und die Weibchen ihn bey dilettantischen Exhibitionen freundlich und nützlich gefunden. Gestern erst brachten sie die mir bestimmten Exemplare, an welchen freylich Herr Nägeli keine thypographische Kunst und der Porträtiste wenig Sinn für Gestalt und Character bewiesen hat.

Daß ich von deinen guten Absichten auch etwas durch's Ohr vernehme, dazu macht Eberwein Anstalt. Wenn ich aber im Chorgesang; Dichten ist ein Übermuth den Autor gegen deine Emendationen wieder herstelle, ohne dem musicalischen Rhythmus Eintrag zu thun, wirst du's wohl verzeihen. Dem Dichter ist wunderlich zu Muthe, wenn er erfährt, daß man ihm mitspielt wie dem alten Herrn vor drittehalb tausend Jahren.

Das gute Wort, das du über den Prolog sagst, erfreut mich sehr; es trifft mit allem zusammen, was ich gehört habe und noch höre. Gar sehr dient es zu meiner Beruhigung, daß ich, in der stillsten Clause, so weit vom lebendigsten Leben entfernt, das zu produciren wußte, was dort, in einem höchst bedeutenden Momente schicklich und erfreulich war. Ich hoffe, man wird nach und nach das Gelegenheitsgedicht ehren lernen, an dem die Unwissenden, die sich einbilden, es gäbe ein unabhängiges Gedicht, noch immer nirgeln und nisseln. Unter den zahmen Xenien wirst du künftig finden:


[139] Willst du dich als Dichter beweisen,

Mußt du nicht Helden noch Hirten preisen;

Hier ist Rhodus! Tanze du Wicht!

Und der Gelegenheit schaff ein Gedicht!


Dieses erlasse gegenwärtig, mein Theuerster, am 14. October in Jena, an demselben Puncte wo vor soviel Jahren alles zusammen nur Ein Untergang war; heute dagegen, als am Sonntage, ist es hier außen so stille, daß, wenn nicht zu einer Staatstaufe die Gevattern und andere Zeugen zusammengefahren würden, man die Räume für ausgestorben halten sollte. Indessen grünen die alten Linden noch ganz herrlich, welche jenem Schlachtgetümmel und Bränden ruhig zusehen, und ich schleiche noch manchmal aus meiner unscheinbarsten Hütte in den botanischen Garten, wo ich freylich deine schöne Schülerin vermisse; du kannst sie immer wieder einmal von mir grüßen.

Daß sich Bouchér und Frau so gut halten, freut mich; denn es ist Naturell hinter großem Fleiß und Übung. Was du von der Menschenstimme sagst, hat ganz meinen Beyfall. Als ich die Cataloni in Carlsbad hörte, sagte ich ganz eigentlichst aus dem Stegereife:


Im Zimmer wie im hohen Saal,

Hört man sich nimmer satt,

Und man erfährt zum erstenmal

Warum man Ohren hat.


Möchtest du mir gelegentlich kurz und gut, nach beliebter und belobter Weise, die eigentlich Gravamina[140] gegen die innere Einrichtung des neuen Berliner Theaters mittheilen; so wär' ich in Klarheit über meinen Zustand an dem ich Theil nehme.

Ein Exemplar der Wanderjahre folgt nächstens. Begegnest du einem Carl Ernst Schubarth, von Breslau, so sey ihm freundlich in meine Seele; er hat über meinen Faust geschrieben und gibt jetzt heraus; Ideen über Homer und sein Zeitalter; ein Büchlein, das ich höchlich loben kann, weil es uns in gutem Humor versetzt. Die Zerreißenden werden nicht damit zufrieden seyn, weil es versöhnt und einet.

treulichst

Jena den 14. October 1821.

G.


35/101.


An Johann Georg Neuburg

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

dießmal zu begrüßen, und mich nach Ihren und der werthen Ihrigen Wohlbefinden zu erkundigen, veranlaßt mich eine sonderbare Naturerscheinung, von der uns die Zeitungen Nachricht ertheilen. Es soll nämlich im Odenwalde eine Frau befindlich seyn, an deren Stirn sich wiederholt hornartige Auswüchse zeigen; dieses haben sogar bey uns eingetroffene Personen, die solche in Frankfurt wollen gesehen haben, versichert, nach deren Zeugniß denn dergleichen Auswuchs[141] dem Gehörn eines Rehbocks ähneln soll. Auch sagen sie, ein solches Horn falle in gewisser Zeit ab und ein neues entstehe wieder.

Diese sonderbare Nachricht hat unsere Naturforscher, und an deren Spitze unsern gnädigsten Herrn den Großherzog, aufmerksam gemacht, welcher mir deshalb aufgetragen nähere Erkundigung einzuziehen.

Nun wüßte ich mich nicht besser als an Ew. Wohlgeboren und die werthe Naturforschende Gesellschaft in Frankfurt zu wenden, mit der Bitte: uns eine nähere der Wissenschaft gemäßere Notiz von diesem Phänomen zu ertheilen; auch zugleich mir Nachricht zu geben: ob man, wenn ein solches Gewächs sich von der Haut ablöste, dasselbe, gegen einen geziemenden Preis, durch Ihre Vermittelung vielleicht erhalten könnte? Die Bedeutsamkeit des Falles, der eigene wißbegierige Antrieb und die höhere Veranlassung, vor allem aber Ew. Wohlgeboren erprobte Geneigtheit werden diesen Wunsch und die Bemühungen die er verursacht gefällig entschuldigen.

Der ich bey dieser Gelegenheit mich zu angenehmen Gegendiensten bestens empfehlend mit den aufrichtigsten Wünschen die theuren Ihrigen, die ich auch wohl die Meinigen nennen darf, zu begrüßen das Vergnügen haben.

Jena den 15. October 1821.[142]


35/102.


An Friedrich Theodor Kräuter

Heute, mein guter Kräuter, vermelde nur Folgendes:

1) Bin ich wohl zufrieden, daß Sie zu Schröns Tabelle das Buch Velinpapier, wovon mir ein Probebogen gesendet worden, bey Madame Horny für 1 rh. 6 Groschen anschaffen, und wenn die Platte gestochen ist, auch ein Probedruck herübergesendet worden, die Abdrücke sogleich fertigen lassen.

2) Wegen der zweyten Tabelle wollen wir uns hier nach Papier umsehen, und das Weitere wissen lassen.

3) Wünschte, daß Sie ein rohes Velinexemplar von den Wanderjahren so gut einpackten, daß ich es weiter schicken kann, und mir solches durch die Botenfrauen sendete.

4) Wünschte ich Hauptmann Landolts Lebensbeschreibung von Heß gleichfalls herüber. Ich hatte sie Herrn Canzler geliehen, sie wird aber wohl wieder bey den Büchern stehn.

Mit den besten Wünschen

Jena den 15. October 1821.

G.


Auch Couverte von der mittlern Größe wünscht ich zu erhalten.[143]


35/103.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

gegenwärtig schönstens und bestens zu begrüßen mit den Vermelden, daß ich abgewichenen Sommer, obgleich bey übler Witterung, doch mit Vortheil das Marienbad gebraucht und dabey manches Gute genossen habe, gibt mir mein gnädigster Herr erwünschte Gelegenheit.

Ich soll nähmlich anfragen: ob nicht von Herrn v. Boos in Schönbrunn ein Exemplar der Theophrasta longifolia für Belvedere zu erlangen wäre? allenfalls durch günstige Einwirkung des Herrn Oberkämmerer Grafen Brbna Excellenz. Da die Jahreszeit schon so weit vorgerückt ist, so würde es wohl am besten seyn, die gegönnte Pflanze den Winter hindurch wohl zu pflegen und sie im Frühjahr anher zu senden, welches Ihro Königliche Hoheit dankbarlichst erkennen würden.

Ferner wünscht man bey unserm osteologischen Kabinett, welches Ew. Hochwohlgeboren schon soviel begünstigt, den skelettirten Kopf eines ungarischen Ochsen und zwar von der größten Sorte, in Absicht denselben zu vergleichen mit einem neuerlich im Torfbruche bey Haßleben gefunden, von welchem das ganze Skelett bis auf wenige Theile glücklich gewonnen worden.[144] Nun aber trennen sich die Rechnungen, einige wollen ihn für ein Geschöpf der Urwelt ansprechen, andere hingegen sind des Dafürhaltens, daß es eben so gut ein versunkener ungarischer Ochs seyn könnte, deren viele, bis zu den neusten Zeiten, auf einen, in der Nachbarschaft gedachten Moors, berühmten und viel besuchten Pferde- und Viehmarkt gebracht worden.

Mögen Ew. Hochwohlgeboren eine solche Bestellung gefällig übernehmen, so würde dieser Schädel neben dem Büffel, den wir Ihnen gleichfalls verdanken, einen schicklichen Platz finden und zu Beylegung des entstandenen Streits wohl das Entschiedenste beytragen.

Zum Schluß verfehle nicht zu melden, daß des Herrn Grafen Kaspar v. Sternberg Excellenz die Aufmerksamkeit, welche derselbe durch Ew. Hochwohlgeboren Vermittelung mir zugewendet, bis in die neusten Zeiten freundlichst fortgesetzt und mich an seinen aufgefundenen unterirdischen Schätzen, deren Abbildungen und wissenschaftlicher Behandlung, geneigtest Theil nehmen lassen.

Jena den 15. October 1821.


35/104.


An Friedrich Theodor von Müller

Herr Canzler v. Müller wird hierdurch freundlichst eingeladen, bey glücklicher Ankunft sich in den botanischen[145] Garten gefälligst zu begeben, wo derselbe zwey Freunde finden wird, welche mit ihm frugales Mittagsessen einzunehmen wünschen.

Glück auf!

Hoffend und grüßend

Jena den 18. October 1821.

G.


35/105.


An Carl Friedrich Zelter

Hier kommen also die Wanderjahre angezogen; ich hoffe, sie sollen bey näherer Betrachtung gewinnen; denn ich kann mich rühmen, daß keine Zeile drinnen steht, die nicht gefühlt oder gedacht wäre. Der echte Leser wird das alles schon wieder heraus fühlen und denken.

Bey der gränzenlos reichen Bewegung des Elements, worin du schwebst, könntest du immer von Zeit zu Zeit ein Blatt vor die Hand nehmen und mir, wie einem Becher, einen Trunk Berliner Lebenslust darreichen.

Von Professor Hegel, der, meiner Farbenkehre günstig, mir darüber geistreiche Worte meldet, habe so eben einen Schüler, Doctor Henning, gesprochen, welcher gleichfalls für diese Lehre entzündet, manches Gute wirken wird; es wäre wunderlich genug, wenn ich auch noch in dieser Provinz triumphirte.

Ernst Carl Schubarth, der über meine Arbeiten geschrieben, ist gegenwärtig in Berlin; meldet er sich,[146] so begegne ihm freundlichst. Es kommt ein Büchlein von ihm heraus; Ideen über Homer und sein Zeitalter; begegnet es dir, so greife darnach. Es ist vermittelnd, einend, versöhnend, und heilet die Wunden, die uns von dem Raubgethier geschlagen worden.

Noch bin ich in Jena, wo ich abermals ein paar Hefte drucken lasse. Ich habe so vielerlei vorräthig, daß ich mehrere Monate brauche, wenn ich nur alles redigiren will, und das thut man denn nicht eher, bis der Setzer mahnt.

Apoll und den Musen bestens befohlen.

treulichst

Jena den 19. October 1821.

G.


35/106.


An Johann Heinrich Meyer

Den Umschlag, den mir Lieber zu den Radierungen überbrachte und was sonst er auch noch vorzeigte, macht mir viel Freude; denn ich sehe, daß das Geschäft durchaus in guten Händen ist und vorwärts geht. Haben Sie vielen Dank für jede Einwirkung.

Ich sende drey Hefte einer Zeitschrift, von der wir im Stillen Notiz nehmen müssen, die sechs andern erfolgen auch; secretiren Sie dieß Exemplar, wenn man auch in Weimar sonst von diesen Heften Notiz genommen hätte.

[147] Im Körperlichen geht es mir erträglich, im Geistigen gut; wenn man in meinen Jahren nicht fordert, schnell zu seyn, so bringt man immer noch was zu Stande.

Die Hefte gehen langsamer vorwärts als mein Manuscript; wahrscheinlich haben die Druckherrn genug zu thun, und nur dann, wenn es ihnen fehlt, arbeiten sie heißhungrig.

Empfehlen Sie mich zum schönsten und besten, und lassen mich von Ihrem Wohl Gutes oder auch nur Leidliches erfahren! Man schickt sich in alles.

treulichst

Jena den 19. October 1821.

G.


35/107.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie haben mich mein Werthester, durch Ihren motivirten Beyfall sehr erquickt, ich dictire das in der Marienbader ersten Woche und denke, der alte Freund Tischbein soll sich daran erquicken.

Nun sehen Sie, daß ich mich selbst auf diese Weise commentirt. Lieber brachte mir heute den Umschlag, und es möchte wohl diese Ausstellung einigermaßen gedeihen. Das erste Stück war nur so hingewürfelt, ich habe die Steine in's Bret gesetzt, daß sie eine Art von Spiel machen, bey'm zweyten kann man schon etwas bedächtiger verfahren; wer weiß, ob es eben so gut gelingt.

[148] Gar manches andere habe mitzutheilen, denke auch bald hinüber zu kommen. Lieber hat Ihnen den Revisionsbogen B gebracht. In Ihrem Aufsatze habe ich nichts zu erinnern gefunden, vielleicht ist an der Interpunction noch einiges zu thun.

treulichst

Jena den 19. October 1821.

G.


35/108.


An Friedrich Theodor Kräuter

Hierbey, mein guter Kräuter, erhalten Sie

1) Vier Buch geringeres Papier zu den Concepten, vier Buch besseres zu den Mundums der Tafeln; an dem übersendeten Probedruck war nichts zu erinnern, man kann also mit dem fernern Abdruck fortfahren.

2) Zu der Tafel für Schrön nehmen Sie das drüben bey Hornys ausgesuchte Papier, ein Buch zum Bedarf zweyer Jahre. Auch einen Probedruck von dieser Platte wünsche baldigst, obgleich auch nichts bey derselben zu erinnern ist. Die Abdrücke werden sorgfältig gemacht und beeilt, daß sie noch vor dem 1. November ausgetheilt werden können.

3) Empfehlen Sie mich Herrn Geh. Referendar Helbig und sagen ihm, daß eine sehr auslangende Instruction in Bezug auf diese Tabelle ausgearbeitet ist, und es fragte sich, ob man sie nicht lieber abdrucken ließe; es könnte kein Object seyn und ich[149] wollte es hier besorgen. Man communicirte sie zugleich an auswärtige Beobachter und knüpfte dadurch gleich wieder neue Verhältnisse an, welches doch Ihro Königlichen Hoheit ausgesprochen Wille ist.

4) Die Sorgfalt und der gute Muth, womit an mei nen Skizzen gearbeitet wird, macht mir viel Vergnügen; ich werde derselben in meinem nächsten Hefte Kunst und Alterthum freundlichst gedenken. Liebers Erscheinung war mir sehr angenehm.

5) Auch kommt eine Rolle 25 rh. 10 Groschen Courant mit bey; zahlen Sie solche an Professor Müller und lassen inliegende Quittung dagegen unterschreiben.

6) Das Eingeschlossene an Riemer wünsche baldigst bestellt.

Und so wüßt ich weiter nichts zu sagen; die Kinder wollen Dienstags herüberfahren, vielleicht senden Sie mir etwas durch dieselben.

Jena den 21. October 1821.

G.

Noch eins: Couverte bedürftig.


35/109.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey, mein Werthester, der zweyte und dritte Bogen zur Ilias. Dienstag früh fahren die Kinder herüber; könnt ich sie durch diese wieder erhalten, so wär es mir sehr angenehm. Sonst geht alles im[150] guten Gange fort; manches ist vorbereitet und angelegt, um uns zu guter Unterhaltung nächstens zu dienen, weshalb auch gegenwärtig nicht in's Besondere gehe.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

Jena den 21. October 1821.

G.


35/110.


An Johann Heinrich Meyer

Tausend Dank, mein Bester, für das Übersendete; das Briefchen von Cassel leg ich bey, eröffnen Sie die Kiste und sagen Sie mir, was sie enthält. Da ich bald hinüber komme, wird eine Sendung hieher wohl nicht nöthig noch räthlich seyn.

Auch mein Befinden ist nicht mehr dem gleich wie ich hierher kam; wir müssen uns freylich nach der Decke strecken. Geschrieben und gedruckt wird immerwährend; es kommen dießmal in beiden Heften recht hübsche Sachen zusammen und man wird vieles los. Antworten Sie freundlich in meinem Namen nach Cassel, wenn Sie das Kästchen eröffnet haben. Wir wollen säuberlich verfahren mit dem Knaben Absalon und überhaupt, sobald wir uns wiedersehen, verabreden wegen der Stellung, die am schicklichsten und förderlichsten zu nehmen ist.

Fahren Sie fort Schwerdgeburthen und Conforten mit freundlichem Rath beyzustehen; es kann wirklich[151] artig werden; ich will in dem nächsten Stück Kunst und Alterthum eine unverfänglich heitere Anzeige einrücken, jeder Nummer eine Überschrift geben und die Verse abdrucken lassen.

Ich packe nach und nach ein und ziehe mich zusammen, denn bald wird doch nun ein Rückzug räthlich. Gedenken Sie mein zum besten und empfehlen mit höchsten Orts zum allerschönsten. Halten Sie sich ja still und eingezogen, wie es Ihr Befinden verlangt.

Jena den 21. October 1821.

G.


35/111.


An August von Goethe

Nur ein Wort, mein guter Sohn, mit dem Vermelden, daß ich an immer fortwährender Thätigkeit nicht gestört bin, obgleich manchmal die Eingeweide nicht wie in den ersten Wochen völlig ihre Schuldigkeit thun wollen.

Auf Dienstag werd ich ein Gastmahl zurichten, bleibet ja nicht aus!

Geschrieben und gedruckt wird immer fort, und das alles geht einen erfreulichen Gang; so fahren wir auch fort mit Einpacken, wodurch denn alles nach und nach sich zum Ziele legt.

In Hoffnung baldigen Wiedersehens die schönsten Grüße.

Jena den 21. October 1821.

G.[152]


35/112.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Ihr höchst werthes Schreiben, bester Herr und Freund, war mir sehr erfreuend, da ich seit langer Zeit nichts von Ihnen vernommen hatte; denn Herr Joukowski gab sein Schreiben an mich nicht ab, und wird mir jetzt, von Stuttgart her, als ein ausgezeichneter Mann empfohlen, der bey seiner Rückreise meine Bekanntschaft zu machen wünscht. Wahrscheinlich war er mit den Kaiserlichen Hoheiten nicht hier, aber behandelte den Brief, den Sie ihm mitgaben, als ein allgemeines Empfehlungsschreiben.

Demohngeachtet aber hat mich von Berlin her seit jener Zeit nur Unangenehmes berührt, woraus ich auch vermuthen konnte, daß Sie mit mir und meinen Bemühungen zufrieden seyen. Auch dient es zu größter Beruhigung, daß ich in der stillsten Clause, so weit vom lebendigsten Leben entfernt, dasjenige zu produciren wußte, was dort in einem höchst bedeutenden Momente schicklich und erfreulich werden sollte.

Nun versetzen Sie mich durch Ihre allerliebste Sendung in den Fall, die bedeutende Localität, nach deren Anschauung ich mich längst gesehnt, im Bilde und zugleich den herrlichen Vorder- und Hintergrund, auf welchem meine Production sich hervorthat, mit leiblichen Augen zu erblicken.

[153] Inwiefern sich jenes vorübergehende und so wohl aufgenommene dramatische Erzeugniß perpetuiren oder vielmehr nochmals vorführen lasse, darüber hab ich wohl manchmal nachgedacht, bin aber mit mir noch nicht ganz einig; zu näherer Prüfung setzte gegenwärtig nur einen Stein in's Bret.

Mein Vorschlag wäre; mit sehr gemäßigten Abänderungen ein Vorspiel daraus zu machen, welches jährlich dem Einweihungstage gegeben werden könnte. Da nun aber ohnehin die Masse des zu Recitirenden jetzt schon groß genug ist, und sich noch etwas erweitern dürfte; so würde ich rathen, die Darstellung unter drey Personen zu vertheilen. Recitation, Musik, Gesang und Ballett mit Zubehör würden etwa, wie schon angedeutet, vorgeführt. Die drey Figuren träten zuletzt im Einklang zusammen, die Darstellung gewänne an Mannichfaltigkeit, und eine liebenswürdige Einheit würde zum Schluß erzielt werden.

Indem ich nun auf diesem Wege meinen Gedanken nachgehe, so ersuche ich Sie mir die Ihrigen mitzutheilen; wir hätten Zeit alles zierlich einzurichten, um über's Jahr mit einem Reu- Alten zu überraschen.

Ist es Ihnen nicht zuwider, so würde ich den Prolog, wie er ist, den ich in der neuen Berliner Monatsschrift beynahe völlig abgedruckt finde, im nächsten Hefte von Kunst und Alterthum einschalten; auch ein Stillschweigen soll mir als Bejahung gelten.

[154] Daß ich an den Unbilden, die sie zu erdulden haben, den aufrichtigsten Antheil nehme, sind sie überzeugt, werden es aber noch mehr seyn, wenn ich ausspreche; daß ich in ältern Tagen mich immer mehr nach außen absondere und nach innen concentrire, wo ich denn die Freunde wieder finde, mit denen ich vor mehrern Jahren verbunden manches Gute und Schöne gewirkt. Wie freute es mich nicht, bey Gelegenheit des Maskenzuges zu Ehren der Kaiserin Mutter unser himmlisches Kehlchen wieder hervorzulocken und den Schluß einer reichen Darstellung durch ihre gemüthliche Anmuth auf's neue zu beleben.

Und so wend ich mich denn wieder dahin wo ich ausging, daß es mir höchst peinlich ist, einen so werthen und thätigen Freund nach den größten Leiden und tüchtigsten Anstrengungen nicht durch Zufriedenheit und froh aufnehmenden Mitgenuß belohnt zu sehen. Ich weiß es nicht im Besondern, denn ich habe nur ungern aufgemerkt. Nun aber lassen Sie mich schließen und verzeihen Sie diese Blätter dem übererbten Alter und den schweigsamen Mächten.

Mögen Sie beykommendem Blatt Ihre Sanction ertheilen, so würde ich zu mancher guten Stunde, welche mir durch eine so freundliche Gabe vorbereitet wird, dankbar des Gebers gedenken.

treulichst

Jena den 22. October 1821.

Goethe.[155]


35/113.


An Georg Gottlieb Güldenapfel?

Findet sich die Bedeutung des Wortes Soulon irgend wo? es wäre zuerst in einem Handels-Lexico aufzusuchen.

In dem 10. Stücke der Isis steht ein Aufsatz, unterschrieben Moritz Raumann Med. et Chir. Dr., ich wünschte nähere Nachricht von ihm.

Jena den 23. October 1821.

G.


35/114.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie erhalten hiebey, mein Werthester, auf sieben Blättern, wie ich möchte Howards Ehrengedächtniß englisch und deutsch in das naturwissenschaftliche Heft einführen; ich lege das englische Heft bey, woher ich's genommen habe. Ich konnte wegen Kürze der Zeit diese Blätter nicht durchsehen; wollen Sie sowohl im Ganzen als Einzelnen das Schickliche betrachten, eine weitere Revision würde sodann nicht übersenden.

Möge uns alles zum Besten gedeihen!

Jena den 24. October 1821.

G.


35/115.


An Christian August Vulpius

Wenn man vor großherzoglicher Cammer künftighin uns die Papiergabe versagt, wird dieß mein[156] Sohn am besten wissen können. So werden wir uns selbst versorgen müssen und auch in diesem Capitel wie in andern gut haushalten. Ich dächte, Sie erkundigten sich nach dem Lieferanten, mit welchem großherzogliche Cammer zufrieden ist und man setzte sich in einen mäßigen Vorrath; vor der Hand besorgen Sie das Nothwendigste.

Auf die beiden zurückkehrenden Anzeigen kann subscribirt werden. Die autorisirten Zettel folgen zurück.

Ich wünsche, daß das Exemplar meiner Werke, welches unter den Dubletten steht, herüber zur akademischen Bibliothek gegeben werde.

Der ich alles Gute wünsche und für Rinaldo das Schickliche einzuleiten gedenke.

Jena den 26. October 1821.

G.


35/116.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Von Ihren willkommenen Emendationen konnte leider nur zum dritten Bogen Gebrauch gemacht werden; ein Irrthum der hiesigen Post-Expedition war Ursache der Verspätung. Hiebey folgt der vierte, welchen ich Dienstag durch die Kinder, welche früh herüber fahren, oder allenfalls Mittwoch Abends durch die Boten zu erhalten wünsche.

Daß Ihre Theilnahme an meinen Naturgedichten[157] mir höchst erfreulich seyn müsse, sehen sie aus beykommendem Blatt; diese Strophen enthalten und manifestiren vielleicht das Abstruseste der modernen Philosophie.

Ich werde selbst fast des Glaubens, daß es der Dichtkunst vielleicht allein gelingen könne, solche Geheimnisse gewissermaßen auszudrücken, die in Prosa gewöhnlich absurd erscheinen, weil sie sich nur in Widersprüchen ausdrücken lassen, welche dem Menschenverstand nicht einwollen.

Leider ist bey solchen Dingen das Wollen dem Vollbringen nicht sehr förderlich, es sind Gaben und Gunsten des Augenblicks, die zuletzt, nach langer Vorbereitung, zufällig, ungefordert erscheinen.

Noch muß ich berichten daß ein Engländer sich auf das zierlichste für die Einheit homerischer Gesänge erklärt; es scheint daß nach der Zeit des Sonderns und Zerstreuens nun die Epoche des Sammlens und Vereinens sich hervortue.

Schubarth ist himmlisch, der Engländer bewegt sich in derselben Region, nur nicht so durchgreifend. Dieß ist denn doch zusammen höchst erfreulich; dem Dichter muß, wenn er sich auch stille verhält, das Chorizontenwesen immer unangenehm und störend bleiben.

Manches andere Gute ist mir noch begegnet; womit ich nächstens meinen Eintritt in Weimar zu illustrieren hoffe.

[158] Leben Sie recht wohl, grüßen die lieben Ihrigen und erhalten mir Wohlwollen und Theilnahme lebendig.

treulichst

Jena den 28. October 1821.

G.


35/117.


An Christian August Vulpius

[Concept.]

Indem ich, mein werther Herr Rath, nachsende was ich mitzutheilen vergaß; ein merkwürdiges Wappen für Ihre Sammlung, ergeht sogleich folgende Frage: dieser hochwürdige Mann, Johann Ladislav Pyrker, Verfasser der Tunisias, ist vom Kaiser von Österreich zum Patriarchen von Venedig ernannt worden; ich kenne zwar einen Patriarchen von Aquilleja, die gleich Würde in Venedig aber ist mir nie vorgekommen. Möge Sie sich wohl hierüber etwas näher erkundigen. Vielleicht ist es eine neue Einrichtung von kaiserlicher Seite, die päpstliche Würde einigermaßen zu balanciren, wie früherhin durch den Doge geschehen.

Das Beste wünschend.

Jena den 29. October 1821.


35/118.


An Wilhelm Rehbein

[Concept.]

Nach kurzem, mein Werthester, denke nun wieder bey Ihnen zu seyn, in Hoffnung, Ihr Befinden gebessert[159] zu sehen. Indem ich aber dieses vermelde, füge zugleich eine Bitte hinzu; daß Sie mir bey unsern gnädigsten Herrschaften, dem Großherzog und der Großherzogin, einen Stubenurlaub wie vorigen Winter auswirken. Wenn ich auch nicht klage, meine Zustände immerfort durch Thätigkeit im Stillen beschwichtigend und überwindend; so ist es mir doch nicht möglich, außer dem Hause irgend eine persönliche Pflicht zu übernehmen; mit entschiedener Diät und Fassung erhalt ich mich noch einigermaßen brauchbar, der Gesellschaft aber und jedem äußeren Verhältniß muß ich mich streng entziehen.

Bewirken Sie mir eine günstige Aufnahme, so sollen Sie mir doppelt und dreyfach lieb und werth seyn.

Beykommendes legen Sie Serenissimo bey höchster Ankunft vor, ich habe gleich an Doctor Reuburg geantwortet; wir wollen doch sehen, eins der früheren Hörner zu erhalten, da meine lieben Landsleute wohl schwerlich das neuste herausgeben werden.

Das unterstrichene Wort kann nichts anders bedeuten, als die, durch Insecten-Stich und Eierlegen an den wilden Rosenstöcken sich kugelförmig entwickelnden, moosartig erscheinenden, eigentlich zu Zweigen bestimmten, umgewandelten Gemmen. Nur will mir die Analogie nicht recht einleuchten, weil bey dem Pflanzenfall ein äußerer verletzender Anlaß obwaltet, bey der Frau aber ein innerer krankhafter Mißtrieb sich offenbart.

Jena den 30. October 1821.[160]


35/119.


An Johann Georg Neuburg

[Concept.]

[Jena, 31. October 1821.]

Ew. Wohlgeboren

danke auf das verbindlichste für die baldige Nachricht über das Wunder-Gewächs. Ich werde sie meinem gnädigsten Herrn bey Höchst Ihro Rückkunft sogleich vorlegen, wobey mir die Hoffnung sehr angenehm ist, daß, wenn wir auch auf den letzten Auswuchs Verzicht thun müßten, uns doch wenigstens einer der früheren zu Theil werden könnte. Wollten Sie daher Ihre Gefälligkeit geneigtest fortsetzen und sich bey einem der Besitzer erkundigen, um welchen Preis ein solches anomales Naturproduct allenfalls abgelassen würde, so wäre der Entschluß wohl deshalb bald zu fassen.

Eine gefällige Beschreibung des zu hoffenden Exemplars würde mir vorläufig erbitten.


35/120.


An Friedrich Theodor Kräuter

Sie erhalten hiebey, mein guter Kräuter:

1) Ein Promemoria, welches dem Herrn Geh. Referendar Helbig vorgelegt wünsche; ich füge nichts dazu, weil es die Hauptsache enthält; allenfalls kann sie ruhn, weil ich nächstens hinüber komme.

[161] 2) Das Buch mit der gemahlten Decke wünsche deshalb bald herüber, damit ich solches bey meinem Hierseyn noch aufstellen kann.

Jena den 31. October 1821.

G.


[Beilage.]

Betrachtung und Vorschlag.

Nachdem die sorgfältig ausgearbeitete und geprüfte Instruction für diejenigen Personen, welchen in dem Großherzogthum Weimar die Wetterbeobachtung aufgetragen ist, bey mir in mundo eingereicht und sorgfältig geprüft worden, so finde einiges Bedenken, solche in dem Augenblick zu publiciren. Sie qualificirt sich nämlich vorerst zu einem Regulativ, wornach man das Geschäft weiter zu leiten hat, und könnte, wegen ihrer Ausführlichkeit und den mancherlei darin aufgestellten Forderungen, eher Anlaß geben, diejenigen zu verwirren, die ohne physikalische Kenntniß und als Nebensache das Geschäft betreiben. Mein Vorschlag wäre daher, erst die Tabellen auszutheilen, mit dem Bedeuten: die Beobachter möchten die Columnen, wie sie solche bisher ausgefüllt, künftighin in der nun gegebenen Ordnung ausfüllen, diejenigen Columnen aber, wozu sie weder Instrumente in Händen, noch hinlängliche Aufklärung haben, einstweilen leer lassen.

Hier würde sich nun bald zeigen, daß die Jenaische, Schöndorfer und Weimarische Tabelle die vollständigsten[162] seyen, und das Mangelnde in den übrigen könnte man, als Nachtrag zu der ersten Instruction, einzeln beybringen und so vorerst Conformität, sodann aber Vollständigkeit erzwecken; da es im Gegentheil einem Unstudirten und Unvorbereiteten immer schwer fallen müßte, einen so bedeutenden, complicirten und umfassenden Aufsatz ohne besondere Anleitung zu verstehen und zu befolgen.

Jena den 31. October 1821.

J. W. v. Goethe.


35/121.


An Carl Cäsar von Leonhard

[Concept.]

[Jena, etwa 31, October 1821.]

Ew. Hochwohlgeboren

augenblickliche Gegenwart hat, wie Sie als Reisender selbst nicht fühlen können, bey mir die größte Sehnsucht zurückgelassen; Ihre Erscheinung überraschte mich in ganz fremden Gedanken und Beschäftigungen. Ich hatte mich kaum hergestellt, als ein luminoser Vortrag einer gewissen Terminologie meine ganze Aufmerksamkeit forderte und mir nichts wünschenswerther erschien als Erweiterung und Erläuterung dieses wichtigen Punctes. Ich hatte meine Hoffnung darauf gesetzt, Sie nach Tische in dem Museum zu finden; ich war getäuscht und eile, das, was ich mündlich schon gesagt, zu wiederholen.

Man nahm nach Hauy eine Grundgestalt des[163] Crystalls an, setzte sie real in den Mittelpunct und baute an ihr, auf wunderliche Weise, die abzuleitende Veränderungen hinaus. Damit konnte ich mich nicht befreunden, weil ich, auch mit dem besten Willen, nicht ein atomistisches Atom an mir dulden könnte.

Nun gefällt mir auf den ersten Anblick Ihre Darstellung sehr wohl, denn Sie operiren mit einem Schnitt. Der Grundform steht Ihnen fest, ob Erscheinung oder Idee ist gleichgültig, genug, es wird an ihr allerley versucht, sie umzuwandeln; man fragt nicht, ob der Schnitt mit dem Scheermesser, oder mit der Axt geschieht, genug, der ungeläugnete vielfache Durchgang der Blätter läßt der Einbildungskraft die Herrschaft, die, aus einer gewissen Form, zu einer gewissen Form sich determinirenden Masse, die allerverschiedensten, aber doch durchaus die aller congruirendsten Gestalten herauszuschneiden.

Verzeihen Sie mir diesen stegreifischen, kaum nach Ihrer Abreise niedergeschriebenen Vortrag! Jenes Addiren hat mir niemals gefallen wollen, dieses Ihr Subtrahiren thut mir sehr wohl. Ich weiß zwar recht gut, daß dies alles nur Annäherungen an die Unerforschlichkeiten der Natur sind, aber dieser Weg lockt mich mehr als ein anderer.

Wenn ich nun hiedurch ein Zeugniß gebe, wie mich Ihre liebenswerthe Gegenwart ergriffen hat, so ersehen Sie zugleich daraus, wie ich mich anschicke, Ihr neues Werk nach Möglichkeit näher zu betrachten und[164] zu nutzen, denn freylich sind in meinen Jahren die Kräfte den Wünschen nicht immer angemessen.

Ist, was ich gesagt habe, zu billigen, so lassen Sie mich es wissen, bestimmend, ergänzend, berichtigend; legen Sie den versprochenen Modellen nähere Erläuterung bey; ich bin schon mit gutem Willen, und was mehr ist, mit Vorutheil auf Ihrer Seite.

Die Terminologie genirt mich gar nicht, Worte muß man ohnehin zugeben, und da Sie von Schneiden ausgehen, kann ich Ihr ent gar wohl vertragen. Alle die daraus entspringenden Zusammensetzungen erscheinen mir nicht halb so wunderlich als die Hieroglyphen von Kircher bis auf Belzoni.

Mögen Sie glücklich, mit den lieben Ihrigen, die nicht gegrüßt zu haben mir sehr wehe thut, angelangt seyn und meiner im Guten gedenken.


35/122.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

[Jena, 1. November 1821.]

Ihr guter Gedanke, mein Werthester, hat wie billig eine gute Wirkung gethan; schon sind ältere und neuere Gedichte, wie sie sich auf natura naturans beziehen, abgeschrieben und zusammengesteckt. Es findet sich schon mehr als man denkt und wie man auf Vollständigkeit sinnen kann, so erweist sich auch der große Vortheil, daß man sich nicht wiederhole.[165]


35/123.


An Ottilie von Goethe

Die höchst erfreuliche Nachricht findet mich halb 11 Uhr, nicht etwa schlummernd und schlafend, sondern in der allerheitersten Gesellschaft, welche sich wohl derjenigen vergleichen darf, für die du dich anputztes. Habe Dank für deine Sorgfalt.

Einiges Merkwürdige, was vorgekommen, möcht ich wohl hinzufügen; doch ich schweige davon, so wie ich obiges Räthsel deiner geistigen Thätigkeit zum besten gebe.

Lebet schönstens wohl auf baldiges Wiedersehen.

Jena den 1. November 1821.

G.


35/124.


An Carl Emil Spiegel von und zu Pickelsheim

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

mir ertheilte höchst erfreuliche Nachricht erwidere nur mit den wenigen Worten, daß wir uns alle möglichst schmücken und bereiten werden, einer so hohen Ehre werth zu seyn.

In Hoffnung Ew. Hochwohlgeboren auch bey dieser Gelegenheit schönstens zu begrüßen und meine aufrichtige Anhänglichkeit zu betheuren, unterzeichne mich hochachtungsvoll.

Jena den 1. November 1821.[166]


35/125.


An Christian August Vulpius

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten für die gegebene Nachrichten; auch folgen die Zettel auf Verlangen autorisirt hierbey. Was ein Quartier für Sie betrifft, so dürfen wir, wenn Bibliotheks-Geschäfte Sie herüberrufen, nicht in Sorgen seyn, es steht deren überall offen. Eine übermäßige Miethe für's ganze Jahr zu bezahlen hielt ich nicht länger für verantwortlich.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Jena den 2. November 1821.

G.


35/126.


An Franz Kirms

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

bey meiner Ankunft sogleich begrüßend und in Hoffnung, Dieselben bald zu sehen, nehme mir die Freyheit anzufragen, ob Herrn Professor Zelter mit einer Tochter und einem Knaben auf die zeit seiner Anwesenheit die freye Entrée in's Theater und zwar in das Locale meiner Loge gegönnt werden könnte. Weshalb geneigte Antwort und gefällige Verfügung erbitte.

Weimar den 5. November 1821.[167]


35/127.


An Carl Wilhelm von Fritsch

[Concept.]

[Jena, 6. November 1821.]

Ew. Hochwohlgeboren

geneigtes schreiben war mir um so angenehmer, als ich die etwas getrübte Sache gleich wieder aufhellen konnte. Zwischen Körner und Döbereiner waltet eine nicht wohl zu hebende Mißhelligkeit ob, welche jedoch dadurch unschädlich gemacht wird, wenn man einen jeden besonders zur Thätigkeit aufregt und ihn darin fördert. Döbereiner nimmt den Mann, wenn er zurückkehrt, in sein Haus, die verlangten Utensilien sind da, für ein Bette ist gesorgt, und so kann er eine Zeitlang arbeiten, bis die Wünsche des Chemikers befriedigt sind, dem Mechaniker ist die Benutzung der Gegenwart des Mannes auch nicht verwehrt. Diesen Arbeiter in Jena zu fixiren gibt es nicht zu thun genug, er hat sich jedoch schon erboten von Zeit zu Zeit zu kommen, welches für beide Theile vortheilhaft seyn wird.


35/128.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht auf das letzte geneigte Schreiben sogleich zu melden, wie es mit dem Diderotischen Manuscript bewandt sey. Durch Vermittlung Schillers erhielt[168] ich von Herrn Göschen die französische Handschrift, welche nach vollendeter Übersetzung treulich zurückgab, ohne eine Abschrift davon zu nehmen, indem ich mich dazu nicht berechtigt glaubte und es Herrn Göschens Intention schien, bald nach Erscheinung der Übersetzung auch das Original herauszugeben. Die Invasion der Franzosen und der daraus entspringende Haß gegen dieselben verhinderte wahrscheinlich den Druck und so müßte es noch gegenwärtig in Herrn Göschens Händen seyn, an den man sich zu wenden hätte, wenn man die Communication wünschte.

Womit ich mich denn zum allerbesten wohlwollender Theilnahme enpfohlen sehen möchte. Die Winterquartiere haben bezogen und hoffe bis Ostern manches zu Stande zu bringen.

gehorsamst

Weimar den 7. November 1821.

J. W. v. Goethe.


35/129.


An Carl Ernst Schubarth

Und so ist mir denn auch zur sonst glücklichen Stunde der Wunsch gewährt, daß Sie in Berlin und in der Nähe des vortrefflichen Mannes angelangt sind; nun kann ich alles der Vernunft und dem Glück überlassen.

Zuvörderst aber will ich meinen Segen zu einer schleunigen Verehelichung geben, sobald Ihre Hütte[169] einigermaßen gegründet und gedeckt ist. Alles, was Sie darüber sagen, unterschreibe Wort für Wort, denn ich darf wohl aussprechen, daß jedes Schlimme, Schlimmste, was uns innerhalb des Gesetzes begegnet, es sey natürlich oder bürgerlich, körperlich oder ökonomisch, immer noch nicht den tausendsten theil der Unbilden aufwiegt, die wir durchkämpfen müssen, wenn wir außer oder neben dem Gesetz, oder vielleicht gar Gesetz und Herkommen durchkreuzend [einhergehen] und doch zugleich mit uns selbst, mit andern und der moralischen Weltordnung im Gleichgewicht zu bleiben die Nothwendigkeit empfinden.

Ihr Homer wird immer erfreulicher, je länger man dabey verweilt. Da es eine Zeit ist, zu spalten, und eine andere, wieder zu vereinen, eigentlich aber doch nur die Menschen die Zeit machen, so sehe ich in den jungen Männern, die das letztere bewirken, ganz eigentlich gute Dämonen, welche das Versöhnen und Einen als nothwendigen Naturtrieb empfinden.

Melden Sie sich bei Zelter; er wird Ihnen, hoff ich, freundlich begegnen; dieser außerordentliche Mann wird Sie als Künstler und Mensch in Verwunderung setzen.


Vorstehendes war gleich nach dem Empfang Ihres Briefes geschrieben; Heinrich Nicolovius sollte das Blatt mitnehmen, er ist aber noch hier, und so send ich es ab.

[170] Daß Sie von Herrn Staatsrath Schultz wohl empfangen seyn würden, davon war ich überzeugt; es freut mich, daß Sie auch mit Herrn Geh. Rath Wolf zusammen gekommen, auch er wird auf seine Weise Ihnen in hohem Grade nützlich seyn. Gewöhnen Sie sich an, widersprochen, gescholten zu werden, verlangen Sie weder Zustimmung noch Theilnahme, am wenigsten Beyfall, und so wird Ihnen der Umgang mit diesem außerordentlichen Manne sehr heilsam sein; denn indem er alles zu versagen scheint, gewähr er alles. Grüßen Sie ihn zum allerschönsten von mir und zum allerbesten.

Meinen jenaischen Aufenthalt habe nunmehr verlassen und bin in die weimarischen Winterquartiere gezogen, wo ich hoffe fleißig zu seyn und auch für Sie etwas Erfreuliches zu leisten.

Herr Zelter ist jetzt hier und geneigt, wenn Sie ihn aufsuchen, Ihnen freundlich zu begegnen.

Glück auf der neuen Lebensbahn.

Weimar den 7. November 1821.

G.


35/130.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Möchten Sie wohl, mein Werthester, mich heute Abend unter'm Schauspiel besuchen, und, wenn die Theaterfreunde zurückkehren, ein frugales Abendmahl mit uns einnehmen? Sie brächten ja wohl den unseligen Feldzug mit.

[171] Morgen wünschte sodenn, daß Sie sich Abends um 6. Uhr mit dem guten Weibchen zum Thee einfänden, damit Sie doch auch das Wunderkind bewundern.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 7. November 1821.

G.


35/131.


An Wassili Andrejewitsch Joukoffsky

Ew. Hochwohlgeboren

haben gewiß bey'm Abschied von Jena gefühlt; daß es mir weh tat, Ihren kurzen Aufenthalt nicht verlängert zu sehen. Wenn ein unerwartet hereintretender, schnell entwickelter neuer Freund sogleich sich wieder entfernt, überdenken wir erst, was wir hätten sagen, wonach wir uns erkundigen, was mittheilen sollen.

Daß dieses doppelt und dreyfach der Fall gewesen, als Sie und Ihr werther Geleitsmann mich in der stillen nächtlichen Einsiedeley zurückließen, darf ich nicht betheuren; indessen nehmen Sie gegenwärtiges Blatt als wiederholtes Willkommen und Lebewohl. Möge ich Ihrem Andenken immer frisch bleiben, so wie ich wünsche, gelegentlich der Gunst und Gnade einer vortrefflichen Fürstin empfohlen zu seyn, deren liebenswürdiges Bild täglich mir vor Augen steht und mir die herrlichsten Geistesgaben, begleitet von[172] himmlischer Güte und Sanftmuth, vergegenwärtigt und so den segenreichsten Einfluß auf mich ausübt.

Nicht mehr! damit Gegenwärtiges durch die scheidenden hohen Wanderer, denen alles Glück auf weiter Fahrt gegönnt sey, baldigst zu Ihnen gelange.

treu ergeben

F. W. v. Goethe.

Weimar den 16. November 1821.


35/132.


An Johann Heinrich Meyer

Senden Sie mir nur die Zettel sowohl für Holz und Macherlohn, von Thomas attestirt, so autorisir ich solche und sie werden bezahlt.

Wenn Sie mir die fertigen Recensionen zukommen lassen wollten, würde es mir sehr angenehm seyn, denn der Setzer mahnt. In der Hoffnung baldiger Zusammenkunft

Weimar den 16. November 1821.

G.


35/133.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey folgt, mein Werthester, einiges abzusendende Manuscript, es liegt in der beabsichtigten Folge, ob Sie gleich Theile schon gesehen. Haben Sie etwa an Knebels Lukrez gedacht, so wäre ein Encomium des Übersetzers gar wohl vor dem letzten Blatte R dem lateinischen Zeugniß für den Autor einzuschalten; sonst könnte man's auch für die Folge versprechen.[173] Den ersten Versuch einer Zusammenstellung der Fragmente des Phaethon habe meist geordnet; freylich wäre noch ein glücklicher Fund nöthig, um das Ganze zu gründen.

In der Hoffnung, Sie bald einen Abend wieder zu sehen.

Weimar den 17. November 1821.

G.


35/134.


An Sulpiz Boisserée

[Jena, 1. November 1821.]

Der gemeldete russische Freund folgte den heiligen drey Königen auf dem Fuße nach; leider konnte er nicht o lange wie diese bey mir verweilen. Als er in Weimar ankam, war ich noch in Jena und unsere wohlwollende Erbgroßherzogin befriedigte seinen Wunsch, mich zu sehen, indem sie ihn mit einer vierspännigen Chaise herüber sendete; er kam mit dem russischen Geschäftsträger, Herrn v. Struve, bey mir an, eben da es Nacht werden wollte, unangemeldet, wo ich mit ganz andern Dingen beschäftigt war. Nun faßt ich mich bald, Ihrer Empfehlung eingedenk, allein es geht doch immer eine Zeit hin, bis man sich nur gewahr wird, und so kann ich sagen, war mir der Abschied von ihm schmerzlich; noch einer Stunde fuhren sie wieder fort, und nach ihrem Abscheiden kam mir ein, was ich hätte fragen und sagen sollen. Ich denke, ihm ein gutes Wort zu schreiben und einiges[174] zu senden, auch die Einleitung zu treffen, daß wir manchmal von einander hören, welches bey unseren Bezügen gar leicht ist.

Daß Ihrer und Ihres köstlichen Besitzes gar vielfach gedacht worden, ist vorauszusetzen; wär ich in Weimar gewesen, so hätt ich den heiligen Cristoph, nach dem ich sehr verlange, schon mit Augen gesehen.

Die heiligen drey Könige, Legende und Text, sind wirklich allerliebst, vielleicht verführt mich eine alte Neigung, doch ich dächte, es müßte vielseitig gefallen. Gelingt es mir, so sag ich bey dieser Gelegenheit in Kunst und Alterthum etwas über Legende und das Menschen-Bedürfniß, einzelne laconische Traditionen auszuwickeln, auszuspinnen, auszuweben, auszumahlen. Dann aber hat das Büchlein noch eine bedeutende Seite, es erinnert an die Reisen des Johann v. Mandeville, der von 1332 bis 1366 Süden und Osten bereis'te. Wie bey unserem Freunde ist auch das Gesehene und Gehörte, das Erfahrne und das Gefabelte behaglich durch einander gearbeitet, und wenn man auch nichts weiter daraus gewänne als den Begriff von Dunkelheit und Irrthümer jenes Zustandes, so wäre das schon genug. Nun erfährt man aber auch bey genauster aufmerksamster Sonderung sehr viel Wahres über Localität, Natur-, Welt- und Kirchengeschichte.

Noch bin ich in Jena, der October schloß mit herrlichen Tagen nach so großer Ungunst vergangener Monate. Mit meinem Befinden kann ich zufrieden[175] seyn, nur daß ich mir ein für allemal sagen muß, die stricteste Observanz von Diät sey nöthig, mich im Gleichgewicht zu erhalten; leichtsinnige oder nothwendige Übertretung unterbricht mir eine Reihe von köstlichen Tagen.

Und nun wird es ihnen gewiß erfreulich seyn, wenn ich vermerke, daß der herrliche Blatt-Codex, den Sie mir einst unter so guten Auspicien in der schönsten Zeit bereiteten und verehrten, jetzt erst in seine Rechte tritt und sich zu erwünschtem Gebrauche darbietet.

Freund Riemer, auf einem hohen Grade von Ausbildung noch immer wie sonst zärtlich und treulich gesinnt, macht mir zur Pflicht, alles, was ich seit mehreren Jahren zu Ehren der hohen natura naturans gedichtet, auf Blätter zusammenschreiben zu lassen, damit man sehe, was gewonnen worden und was noch zu thun sey; da macht sich denn wirklich eine ganz eigene Sammlung zusammen, wie ich mir sie nicht hätte denken können. Dieß wird nun alles schön geschrieben Ihrem Geschenk einverleibt, dem herrlichen vergoldeten Umschlag anvertraut, den ich von Zeit zu Zeit mit Betrübniß ansah, als wenn das klare weiße Papier unbeschrieben bleiben würde. Nun ist aber schon ein Anfang zum ausfüllen gemacht, und da wir dieß erlebt, so wollen wir das Weitere hoffen.

treulichst

Weimar den 18. November 1821.

G.[176]


35/135.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

Die baldige Sendung, mein Theuerster, des versprochenen Gesteins hat mich höchlich erfreut und zugleich überrascht, denn ich ergab mich schon in Ihren Gedanken, den ich für sehr glücklich hielt, man habe den kohlendeckenden Sandstein mit überbliebenen Pflanzenspuren für gegliderten Quarz gehalten und genannt. Nun aber sehe ich ein merkwürdiges Stück, welches man in einem gewissen Sinne porphyrartig nennen könnte, denn in einem körnigen, bis in seine kleinsten Theile kristallisierten Quarzgestein, bildeten sich etwas festere, aus der Masse wohl auszulösende Stücke, aus ihr selbst geformt. Es ist mir noch nicht vorgekommen, ob ich gleich Analoges kenne, wovon ich auch instructive Stücke mittheilen kann. Wunsch und Bitte geht nun aber dahin, daß Sie mir noch ein tüchtiges Stück oder einige verschaffen mögen, um Freunde an dieser wieder aufgefundenen Seltenheit billigen Theil nehmen zu lassen.

Herr Major v. Staff besucht mich so eben und ich bedaure Sie, einen so braven Nachbar und Theilnehmer verloren zu haben; er sah Italien im militarisch- politischen Sinne zu bedeutender Zeit und entschiedener guter Gelegenheit, hielt alles fest und zur Mittheilung und Beurtheilung bereit und gegenwärtig.

[177] Der Urstier ist bis auf wenige Knöchelchen beysammen, das Fehlende kunstgemäß ersetzt, und so steht er zum Erstaunen von jedermann, denn die Vergleichung ist sehr auffallend mit dem Skelett eines bey uns schon groß gehaltenen Ochsen. Die Länge jenes Colossen von der Mitte zwischen den Hörnern bis zum Ende des Beckens sind 8 Leipziger Fuß und 8 1/2 Zoll, die vordere Höhe 6 Fuß 5 1/2 Zoll, die hintere Höhe 5 Fuß 6 1/2 Zoll; im lebendigen Zustande muß alles größer gewesen seyn, da ja die Knorpel fehlen und die Knochen selbst etwas müssen verloren haben.

Doctor Rayslers Programm habe mit Vergnügen gelesen; es ist immer höchst merkwürdig zu vernehmen, wie die Menschen mit demjenigen gebahren, was man ihnen mittheilt.

Nächstens folgt eine Rolle Radirungen junger Künstler nach meinen Skizzen, wobey Sie sich gewiß früherer Zeiten gern erinnern werden, dagegen gedenken Sie mein auch, wenn der nordöstliche Caviar herankommt.

Weimar den 19. November 1821.


35/136.


An Carl Ernst Schubarth

Die ersten 15 Bogen Ihres Werkes machten mir und meinen Freunden schon seit geraumer Zeit viel[178] Vergnügen, da Ihre Überzeugung mit der unsrigen übereintrifft; nun kommt das Ganze und soll uns gleich willkommen seyn. Dabey freute mich gar sehr, daß mein Auszug der Ilias aus einem zwanzigjährigen Schlafe zu gleicher Zeit erwachte, da dessen Zweck und Absicht ist, sich das herrliche Ganze der Ilias übersehbarer menschlichen Kräften darzustellen.

Zugleich vermelde, daß am 7. November ein Brief abgegangen, aber noch an Ihre erste Wohnung adressirt.

Da ich die sondernde, verneinende Epoche überstanden habe, die dem dichter durchaus verhaßt seyn muß, so thut es mir sehr wohl, zu erleben, daß Jüngere bemüht sind, ihn wieder zu Ehren zu bringen.

Ein Engländer hat auch mit gutem Sinne und Geschmack die Integrität des Homers zu vertheidigen angefangen; das ist doch einmal ein erfreulicher Zeitgeist. Ich werde nicht verfehlen, ihm fernerhin zu huldigen.

Professor Hermann hat Anfang und Ende eines Euripideischen Stücks Phaeton aus der Pariser Handschrift herausgegeben; ich habe eine Übersetzung veranlaßt und beschäftige mich nun, mit Behülfe und Einschaltung schon bekannter Fragmente dieses Stücks das Ganze vor den Geist wieder herzustellen, indeß die Chorizonten auch an den ganzen Stücken nieseln und rütteln; jene Beschäftigung macht mir viel Vergnügen.

[179] Möge Wunsch und Vorsatz gelingen; die Nachricht davon wird zu dem Angenehmsten gehören, was mir begegnen kann.

treulichst

Weimar den 19. November 1821.

Goethe.


Herr Zelter, der mir auf vierzehn Tage seine Gegenwart gegönnt, verläßt mich eben; er wird mündliche Grüße ausrichten und, insofern Sie Musikfreund sind, gerne fördern und vergnügen.


35/137.


An Johann Heinrich Meyer

Wenn Sie sich leidlich befänden, mein Werthester, sendete ich den Wagen gegen 12 Uhr. Wir besprächen manches zusammen und führen spazieren, wornach es denn von Ihnen abhinge, ob Sie mit uns speisen oder nach Hause zurückkehren wollten.

Weimar den 20. November 1821.

G.


35/138.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

empfangen gnädigst das schon früher angekündigte Product böhmischer Landwirtschaft, welches wohl klassisch genannt zu werden verdient, wie nachstehende kurze Notiz andeutet. Möge es Höchst Denenselben Geschmack und Beyfall abgewinnen; ich habe eine[180] Connexion zu erhalten gesucht, wodurch man in der Folge fernerer dergleichen beziehen kann.

Weimar den 20. November 1821.


Die Herrschaft Malefitz in Böhmen, zwey Stunden von Pilsen nordwestwärts, liegt in einer angenehmen Gegend, wo die schönsten Wiesen meilenweit sich ausbreiten; sie gehört gegenwärtig dem Grafen Schönborn. Schon seit Jahrhunderten wird der daselbst gefertigten Käse gedacht, wozu man den reichen Ertrag der dortigen Viehzucht verwendet; sie sind durch ganz Böhmen sehr beliebt und werden auf allen Jahrmärkten im Ganzen verkauft und im Einzelnen verspeis't, wie ich bey dem letzten Egerischen Octobermarkte gar wohl beobachten konnte.


35/139.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Lassen Sie und ja, mein Werthester, so oft als möglich von dem Befinden unseres Freundes wissen, den wir alle, das Beste wünschend, herzlich begrüßen.

Weimar den 21. November 1821.

G.


35/140.


An Carl Ernst Schubarth

[Concept.]

Zwey Briefe, einer vom 7. und einer vom 15. November, werden bey Ihnen angelangt seyn, deswegen[181] ich Sie dießmal nur mit kurzen Worten begrüße. Heinrich Nicolovius bringt ihn, welcher nun auch Zeltern und seiner Familie folgt, die einige Zeit bey uns zugebracht haben.

Ihre Noten zum Homer beschäftigen uns gegenwärtig; Riemer behauptet sogar, Sie hätten in gewissen Stücken zu viel nachgegeben; ich muntere ihn auf sich darüber zu erklären; er hat sich früher, da das Local von Troja zur Sprache kam, mit der Angelegenheit ernstlich beschäftigt, und das griechische Sprachstudium nöthigt ihn immer wieder in diese Region.

Auffallend vergnüglich ist mir immer der Unterschied von Ansichten, wenn zweye von verschiedenen Seiten an einen Gegenstand herantreten. In diesem Sinne gefiel mir wohl, daß Sie den Hercules, eine der bildenden Kunst unentbehrliche und deshalb von uns höchst verehrte Figur, von der sittlichen Seite sehr schlecht tractiren.

Lassen Sie bald von sich hören: wen Sie noch in Berlin gesehen und was für Aufnahme Sie sonst erfahren? Heinrich Nicolovius wird Sie seinem Vater vorstellen, es ist ein vortrefflicher und einflußreicher Mann. Gereiche Ihnen alles zum Besten!

Weimar den 21. November 1821.[182]


35/141.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey sende, mein Werthester, die Theaterzeichnung mit Bitte: einige freundliche Worte darüber zu sagen und sie sodann an Lieber zur Restauration zu übergeben. Zu gleichem Zwecke meldet sich Blüchner und empfiehlt sich schönstens.

Senden Sie mir doch den Tempel von Girent, daß ich sehe, wie Herr v. Klenze sich äußert; es könnte gar nicht schaden, wenn wir auch einmal mit einigem Tadel aufträten.

Erlauben Sie, daß ich Sie gelegentlich wieder zur Spazierfahrt einlade.

Weimar den 21. November 1821.

G.


35/142.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Die zu dem Feldzug gehörige Landcharte, welche noch in Ihren Händen ist, erbitte mir; vielleicht richten Sie sich ein, mich morgen Abend zu besuchen.

Weimar den 22. November 1821.

G.


35/143.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

Mit wenigen Worten begleite die versprochenen Skizzen. Sie haben, mein Werhester, in Franzenbrunnen[183] versäumt mir etwas sehen zu lassen von ähnlichen Skizzen, die Sie nach der Natur zu machen pflegen; gedenken Sie dieser unserer alten Liebhaberey im Guten und lassen nicht ab, sich an interessanten Gegenständen zu üben; seitdem ich das aufgegeben habe, fühl ich eine große Lücke, die ich kaum auszufüllen weiß. Suchen Sie das Prieborner Steines noch mehr habhaft zu werden und lassen mich auch von den Pflanzenresten etwas weiteres erfahren; nicht weniger erbitte mir einen Klappkorb, kleiner als den mitgetheilten, wenn Ihre Blinden auch an diesem brauchbaren Hülfsgefäß ihre Virtuosität erprobt haben.

Leben Sie schönsten wohl und grüßen das Töchterchen gelegentlich.

Weimar den 22. November [1821].


35/144.


An Carl Friedrich Zelter

Beykommendes hat die Absicht, Ulriken bey Herrn Grafen Brühl freundlich und schicklich einzuführen.

Schulz aus London habe gesprochen; es ist ein feiner Mann.

Das Geld sende nicht gleich wieder, sondern behalte es an dir; ich wünsche manchmal in Berlin über etwas zu disponiren, auch hat ja Doris uns allerlei Naschwaren zu senden versprochen.

[184] Grüße alles und laß die Mädchens manchmal schreiben, damit die, durch eure Abreise in unser Haus gefallene Lücke einigermaßen ausgefüllt werde. Womit denn das Beste gewünscht und gehofft sey.

Weimar den 25. November 1821.

G.


35/145.


An Carl Friedrich Moritz PaulGraf von Brühl

Sie haben, werthester Herr und Freund, mich mit einer über Beschreibung und Lob erhabenen Zeichnung beschenkt, zu meiner und aller Kunstfreunde Preis und Freude; nun aber gerath ich in Versuchung dagegen einige Skizzen mitzutheilen, die kein Verdienst haben, als vielleicht das Glück des ersten Gewahrwerdens. Auch Sie haben sich an der Natur geübt und ich erinnere mich noch wohl, wie sie die Burg des Götz v. Berlichingen durch die Radirnadel uns in's Gedächtniß zurückführten; gönnen Sie ähnlichen Erinnerungen einige Gunst und nehmen die Überbringende freundlich auf; es ist ein gutes verständiges Kind, dem ich einen frohen Aufenthalt in Berlin gönne und mißgönne. Mögen Sie und Frau Gemahlin auch mit ihr meiner freundlichst gedenken.

treulichst

Weimar den 22. November 1821.

Goethe.[185]


35/146.


An Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

[Concept.]

Der liebe Sohn Heinrich wird von uns und unseren Zuständen mehr und sicherer vermelden als wir selbst könnten, er scheint mit einigem Behagen bey uns verweilt zu haben, wir vermissen ihn ungern. Was er aber auch referire, so wird er hinzufügen, daß wir uns endlich auch einmal Ihrer Gegenwart zu erfreuen wünschten; Zelters Hierseyn hat diesen Wunsch noch lebhafter angeregt, er hat mir eine Hausgenossin entführt, welcher Sie und die Ihrigen schon gewogen sind und die allen schönstens empfohlen bleiben möge.

Noch eben zur rechten Zeit um seinen Königsberger Freund zu begrüßen, ist Doctor Hagen angekommen, ich habe diesen jungen Mann so innig gegründet und so redlich strebend gefunden, wie sein Gedicht erwarten ließ. Indessen ist es sehr schwer, einem solchen entschiedenen Talente auf irgend eine Weise zu nutzen. Die angeborne Fähigkeit sieht sich im Weiten um, sie sucht sich selbst Aufgaben, deren Lösung man ihr überlassen muß, wenn man auch das Unternehmen nicht billigen könnte. Auf alle Fälle können wir uns beruhigen, da der Aufenthalt in Göttingen sei nen historischen Bestreben gewiß förderlich seyn wird. Was die Reise nach Italien[186] auf ihn wirken kann, ist nicht zu berechnen; ich veranlasse ihn, mir von Zeit zu Zeit von seinen Zuständen Nachricht zu geben, aus eigner Neigung und in herzlichem Betrachten des Antheils, den Sie an ihm nehmen.

Überhaupt finde ich ihn zu einem geselligen Betragen schon hinlänglich gebildet, und wird ihm sein Benehmen, das einem jungen Gelehrten gar wohl geziemt, zuerst in Göttingen sehr zu statten kommen. Es fehlt ihm zwar nicht an Empfehlungsschreiben, ich will aber doch an meinen Freund Sartorius seinethalben ein zutrauliches Wort vermelden.

Weimar den 25. November 1821.


35/147.


An Georg Heinrich Noehden

Den von Ew. Wohlgeboren bey mir eingeführten Herrn Schulz aus London habe sehr gerne gesprochen und an ihm einen wohldenkenden, gut unterrichteten Mann gefunden, für dessen Bekanntschaft dankend ich Dieselben ersuche, mir sonst irgend einen Reisenden gelegentlich zu adressieren und mir dabey von Ihrem Befinden und Bemühungen einige Nachricht zu ertheilen. Da Herr Schulz einen kleinen Auftrag zu übernehmen willig ist, so übersende hiebey einige radirte Blätter nach früheren meiner Skizzen, womit sich junge Künstler aus Neigung gegen mich beschäftigen[187] wollen. Es sind eigentlich auch Bekenntnisse, welche für Freunde meiner Muse einigen Werth haben mögen, übrigens aber ohne künstlerischen Anspruch hervortreten.

Mögen Sie meiner hiebey und sonst mit Wohlwollen immerfort gedenken.

ergebenst

Weimar den 25. November 1821.

Goethe.


35/148.


An Georg Heinrich Roehden

Ew. Wohlgeboren

höchst angenehme Sendung, vom 5. Juli, erhalte erst am 16. September, als am Tage meiner Rückkunft aus den böhmischen Bädern. Keinen bessern Empfang hätte ich mir denken können: denn ich erfreue mich erst jetzt in einem hohen Grade meiner vorläufigen Arbeit, welcher das Glück wiederfährt, daß Sie, durch eignes Umschauen und Untersuchen, sich im Stande sahen gar manches zu berichtigen, zu bestimmen und nachzuweisen; wodurch denn diese für die Kunstgeschichte so wichtige Angelegenheit aufgeklärter vor unsern Augen liegt. Nehmen Sie also meinen besten Dank für das Unternehmen, und meine freudige Theilnahme an der Ausführung.

Vor allem aber befriedigte mich höchlich, daß Sie das Andenken eines, zwar kurzen, doch heitern lehrreichen[188] Zusammenlebens geneigt erhalten wollen. Auch bey uns sind jene Tage unvergeßlich und wir trösten uns nur über Ihren Abschied, indem wir Sie, in einer so großen lebendigen Umgebung, an einem Ihrer Thätigkeit würdigen Platze denken können.

Was das Äußere betrifft, so ist es für einen deutschen Autor freylich überraschend, seine Gedanken in Format, Papier, Lettern und Einband auf eine Weise überliefert zu sehen, wozu ihn sein Vaterland nie verwöhnen wollen; er findet sich hiedurch geehrt und erfreut; wenn er sich auch gestehen muß, einen solchen Vorzug der Bemühung eines wohlwollenden Freundes, einer fremden Sprache, einem entfernten Lande zu danken.

Meine Entwicklung des Triumphzugs nach Mantegna ist genugsam vorbereitet und wird die Redaction derselben nächsten Winter an die Reihe kommen. Auch diese Arbeit sende sogleich, welche den schuldigen Dank für Ihre gefällige Theilnahme und was für Förderniß ihr dadurch geworden, gern und offen bekennen wird. Einiges, was ich problematisch lassen mußte, werden Ew. Wohlgeboren in Gegenwart der Bilder selbst gar wohl entscheiden können.

Ferner kann ich vermelden, daß das übersendete bedeutende Gemälde glücklich angekommen und, bey unserer, zu Serenissimi Geburtstag herkömmlichen öffentlichen Kunstausstellung, sehr wohl und mit Beyfall aufgenommen worden. Nicht weniger haben die[189] unsern gnädigsten Hoheit zugedachten Muster-Exemplare des Abendmahls viel Vergnügen und warmen Antheil erregt. Wie es denn auch schließlich wohl noch am Orte seyn möchte, des wohlgelungenen Kupfers und der treu nachgebildeten Vignette mit Auszeichnung zu gedenken.

Jena den 25. September 1821.


Nach gelesenem vorstehenden, längst verfaßten und abgegangenen Briefe werden Ew. Wohlgeboren mitempfinden, wie höchst unangenehm mir die Nachricht gewesen, daß derselbe nicht in Ihre Hände gekommen. Wie er sich verirrt und wo er in's Stocken gerathen, wird sich bey näherer Untersuchung wohl ausmitteln lassen; ich eile jedoch Gegenwärtiges abzusenden, hinzufügend: daß vor einigen Tagen Herrn Schulz aus London gesprochen und ihn als einen werthen wohlunterrichteten Mann gefunden, auch demselben eine Rolle mitgeben, radirte Blätter nach meinen früheren Skizzen enthaltend, welche geneigt aufzunehmen und mir von dem Empfang so wie von der Ankunft des gegenwärtigen Blattes gefällige Nachricht erbitte.

Mit nochmaliger Versicherung, daß jenes Gesendete hier viel Freude erregt und allen verdienten Beyfall gefunden, vermelde, daß ich soeben eine kurze Anzeige dieser so werthen Arbeit zum neusten Heft für Kunst und Alterthum in den Druck gegeben,[190] wovon ein Exemplar nächstens zu übermachen nicht verfehle.

ergebenst

Weimar den 26. November 1821.

J. W. v. Goethe.


35/149.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, beykommenden Blättern Ihre Aufmerksamkeit widmen und mir gelegentlich Ihre Bemerkungen mittheilen; wir kommen so ziemlich damit an's Ende des begonnenen Stückes.

Mit den treulichsten Wünschen

Weimar den 27. November 1821.

G.


35/150.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Die vierzehntägige Gegenwart Zelters, seiner Tochter und eines merkwürdigen jungen Clavierspielers hat mich abermals mitten nach Berlin versetzt, daß ich kaum mehr unterscheiden kann ob ich das alles gesehen, oder ob ich es nur gehört habe; zwar kommen freylich die schönen Zeichnungen und Umrisse sehr zu statten, mit welchen der treffliche Schinkel mich fleißig versieht und mich von Zeit zu Zeit auch der neusten architektonischen Wunder theilhaft werden läßt.

Zu Gegenwärtigem veranlaßt mich eigentlich beykommendes Heft, welches als ein Theil meiner Confessionen[191] angesehen werden kann. Wenn die jungen Künstler dieses Unternehmen fortzusetzen Ursache finden, so läßt sich wohl manches in der Folge daran knüpfen. Ich habe verschiedenes über Künstler und Dilettanten auf dem Herzen, welches ausgesprochen beiden nützlich werden kann. Es gibt so viele offenbare Geheimnisse, weil das Gefühl derselben bey wenigen in's Bewußtseyn tritt und diese denn, weil sie sich und andere zu beschädigen fürchten, eine innere Aufklärung nicht zum Worte kommen lassen.

Ich redigire wieder manches dem Setzer in die Hände; deshalb darf ich aber doch nicht hoffen jemals aufzuräumen; der Stoff bleibt immer derselbe, leider aber behagen frühere Behandlungen nicht mehr; wie die Natur uns täglich umarbeitet, so können wir's auch nicht lassen das Gethane umzuthun.

Eine angenehme Zwischenbeschäftigung hatte ich diesen Sommer; Professor Hermann in Leipzig gab Fragmente eines Euripidischen Trauerspiels heraus, eines Phaetons, Anfang und Ende, die Mitte fehlt. Nun sind von einem so benamsten Stück schon kleinere Fragmente bekannt, und ich ward zu einem Versuch getrieben, das Stück wenigstens gewissermaßen wieder herzustellen; es ist unglaublich groß gedacht und nöthig uns zum Denken; das Unternommene muß noch reifer werden; was auch daraus entstehe, wird es Ihnen gewiß Freude machen.

Ich habe bey dieser Gelegenheit den Euripides[192] wieder vorgenommen und begreife immer besser, wie Aristophanes ihn hassen und ganz Griechenland ihn verehren konnte; auch er ist das Geschöpf so wie der Günstling seiner Zeit, vor der wir uns denn freylich tief zu verbeugen haben.

Auch lege einige Blätter bey, die auf ein Wechselverhältniß mit England hindeuten, welches sich neuerlich abermals bethätigt hat; bis Nationen sich einander anerkennen, dazu bedarf es immer Zeit und wenn es geschieht, geschieht es durch beiderseitige Talente, die einander eher als der große Haufe gewahr werden. Gedichte dieser Art, die wohl zu den didaktischen gerechnet werden können, haben mehr geschrieben als ich selbst wußte; ein Freund veranlaßt mich alles zu sammeln, was sich gleicherweise auf Naturwissenschaft bezieht, und es findet sich schon manches was einander freundlich antwortet. Wäre das Leben, selbst das einfachste, nicht so verclausurirt, so könnte man mehr thun und sich des Gethanen freuen. Ordnung und Sonderung laß ich mir denn freylich jetzt vor allem empfohlen seyn, eigentlich kommt man aber doch nicht recht zu Besinnung.

Die Tabelle zur Farbenlehre habe ich abdrucken lassen wie sie zuerst lag, werde aber die Bemerkung nicht versäumen; daß durch Ihre und Purkinje's Arbeiten die physiologe Abtheilung auf's neue an Gehalt und Gestalt gewinnen müsse.

Da wir einmal so weit gelangt, will ich auch noch[193] des wackern Schubarths gedenken, der Ihnen gewiß täglich lieber geworden. Auch dieß gehört zu den Wunderlichkeiten meiner alten Tage, daß junge Leute aufstehen, die den immerfort einenden und versöhnenden Dichter gegen den zersplitternden unversöhnlichen Kritiker in Schutz nehmen. Was ich mit dem Auszug aus der Ilias gewollt, wird sich in kurzem aufklären, wenn sich die Nothwendigkeit offenbaren wird, dieses Werk aller Werke bequem zu übersehen und es als ein Ganzes, wie es auch zu uns gekommen, dankbar anzuerkennen. Ich darf mich nicht weiter und dieß Feld verlieren, sondern schließe mit der Bitte um fortdauernden Antheil und herzliche Gewogenheit.

treulichst

Weimar den 28. November 1821.

Goethe.


35/151.


An Carl Gottlieb Samuel Heun

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende, dankbar für die geneigte Anfrage, das mitgetheilte Blatt zurück, mit dem Bemerken: daß zwar der Aufsatz die Überzeugungen und Worte der Weimarischen Kunstfreunde enthält, hier aber aus verschiedenen Stückender Zeitschrift über Kunst und Alterthum zusammen gezogen erscheint. Deshalb der Abdruck unbedenklich seyn möchte, wenn die Nachweisung wie ich solche hinzugefügt beliebt würde.

[194] Der ich die Ehre habe mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 30. November 1821.


35/152.


An Carl Ludwig von Knebel

In Hoffnung, daß der bildliche Besuch eines treuen Freundes auch am Nachhefte der erfreulichen Tags wohl werde empfangen seyn, übersende Beykommendes, mit der Versicherung, daß mir in den letzten Tagen nichts Erfreuliches vorgekommen als deine Wiederherstellung. Möge sie dauerhaft seyn und durch keinen Zwischenfall getrübt werden.

Aufrichtig aber muß ich gestehen, daß ich unsere morgendlichen Spazierfahrten gar sehr vermisse; der treffliche Meyer ist gar nicht wohl, mein Sohn beschäftigt, so wie auch Riemer seine Stunden zusammenhalten muß. Fräulein Ulrike ist nach Berlin, meine Schwiegertochter bewegt sich in ihrem Kreise, und so steht man denn mitten in der Christenheit ganz allein; da nehm ich denn manchmal einen Enkel mit, der aber noch nicht so sittig und gefügig ist wie Bernhard.

Mögest du im Kreise der Deinen dieses Jahr gesund und vergnügt beschließen, damit wir das folgende, wie es Götter und Dämonen vergönnen, froh und thätig anfangen mögen.

treulichst

Weimar den 1. December 1821.

Goethe.[195]


35/153.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Sie erhalten hiebey, mein guter Doctor, die autorisirten Quittungen und eine rolle für Freund Knebel; möge der Inhalt gut aufgenommen werden. Lassen Sie doch einen schwarzgebeizten Rahmen mit goldnen Stäbchen machen, ein Glas hineinschneiden und das Bild sauber hinein legen; die Rechnung schicken Sie mir, die ich dankbar bezahle. Hier fand sich keine Zeit.

Die Lyra ist fertig und herrlich gerathen; sie soll nächstens anlangen.

Das schönste Lebewohl.

Weimar den 1. December 1821.

G.


35/154.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

Die Basalte sind glücklich angekommen und machen mir viel Freude; sie haben denn doch einen eigenen Habitus und auch ihre Schwere ist bedeutend.

Der Abguß des Cactus freut mich nicht weniger. Merkwürdig genug ist, daß Volkmann in seiner Silesia subterranea und deren eilfter Tabelle schon ein Blatt von Opuntia major gelten läßt. Ferner glaube ich auf Nr. 15 der ersten Tafel eine Abbildung, in terra sigillata, einer Blitzröhre zu sehen, mit der[196] Umschrift: Fossile arborescens, Maslense et Kleinschweinerense, 1707. Übrigens ist, wie ich wohl schon gemeldet, in einer schlesischen Monatsschrift dieses Jahrs, von den Blitzröhren bey Massel Erwähnung geschehen; ein Freund verehrte mir den Bogen, der mir abhanden gekommen.

Meine Sendung vom 19. dieses werden Sie erhalten und die Schatten früherer Tage gut aufgenommen haben.

So eben enpfange eine Brief von Polizey-Rath Grüner, welcher mir die Einwanderung Wilhelms meldet; ein Pfarrer hatte die Büchlein, ich weiß nicht wie, zu sich genommen und nun wieder zurückgebracht.

Mit Sehnsucht erwart ich Ihre Ankunft; suchen Sie ja diese Reise zu fördern, denn ich kann Ihnen manche gute und erfreuliche Mittheilung versprechen und von Ihnen dergleichen hoffen, da knüpft man denn in Gottes Namen frühere Verhältnisse wieder an und alte Zweige grünten und blühten wieder.

Ferner laß ich Ihnen keine Ruhe wegen des Prieborner Sandsteins; er mag sich an der Oberfläche freylich verwitternd zerbröckeln, ist aber dieselbe weggeräumt, so bin ich überzeugt daß, bey einigem Nachgraben, man herrliche frische Stücke finden wird, ich erbitte mir wenigstens einen Viertel-Centner.

Herrn Professor Rhode empfehlen Sie mich zum schönsten und ersuchen ihn, mir seine ferneren Arbeiten mitzutheilen; es soll derselben baldmöglichst in Ehren[197] gedacht werden; leider muß ich die Kelter alleine treten, denn jedermann hat für sich, und mit sich zu thun, und in so hohen Jahren werden zuletzt die Knochen denn doch steifer als billig.

Weimar den 2. December 1821.


35/155.


An Joseph Sebastian Grüner

Daß der verirrte Roman sich wieder gefunden, freut mich sehr; der Verlust wäre zu ersetzen gewesen, aber mit Umständen und Unbequemlichkeiten. Ich habe Herrn v. Stein zu seiner Beruhigung sogleich davon in Kenntniß gesetzt.

Der Hörner-Zügel ist glücklich angelangt und wohl gerathen, auch sogleich in Jena an ein Ochsenskelett angelangt worden; erfahrene Ökonomen bey uns wußten nichts davon, deshalb man denn freylich in fremde Länder reisen muß.

Daß Herr Huß den geheimen Schatz herausgegeben, ohne daß wir selbst nöthig gehabt, ihn den Drachen und Ottern abzukämpfen, ist mir gleichfalls höchst angenehm. Mögen Sie solchen in einem Kästchen, größer oder kleiner, mit irgend einer Beylage auf der fahrender Post hieher senden, so erhalte ich solches ganz sicher. Sogleich erfolgt alsdann eine bedeutendere Sendung von mancherlei altem Gemünzten, nicht weniger ist an Sämereyen gedacht worden, woran es[198] auch nicht fehlen wird; nur Verzeihung, wenn dieses und jenes langsamer erfolgt, denn es stürmt gar mancherlei auf mich zu. Können Sie bey solcher Gelegenheit dem vortrefflichen Huß einige Daumenschrauben ansetzen, damit er bekenne den eigentlichen Fundort jener sogenannten Augiten, weil daran dem Geognosten gar viel gelegen ist, und das Vorkommen eines Minerals Licht über das Mineral selbst verbreitet.

Herr Grafen Auersperg Excellenz wünsche bey jeder Gelegenheit bestens empfohlen zu seyn, dessen Schreiben hat mich freundlichst angeblickt und mich an die bedeutenden Stunden jenes schönen Zusammenseyns gar lieblich erinnert.

Auf die Sittenschilderung des Eger- Kreises von Ihrer Hand bin ich sehr verlangend, besonders ist es wichtig, denn wunderlichen Punct der nächtlichen Besuche sich recht deutlich zu machen; denn der Widerspruch einer solchen Handlung mit der übrigen Förmlichkeit der Sitten muß doch auf irgend eine Weise psychisch und moralisch gelöst werden können. Das was Sie mir darüber schreiben, ist mir nicht ganz klar, ich bitte daher im gelegentliche Wiederholung.

Das Beste wünschend

treulichst

Weimar den 2. December 1821.

Goethe.[199]


35/156.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Hiebey erfolgt, nebst dem revidirten 9. Bogen, abermals einiges Manuscript, welches bis in den 12. Bogen reichen wird. Wie viel noch nöthig sey, davon erbitte mit Kenntniß, damit ich mich mit kleineren Aufsätzen allenfalls darnach richten könne. So haben wir auch noch für den Haupttitel des dritten Bandes und den besondern dieses letzten Heftes zu sorgen.

Weimar den 2. December 1821.


35/157.


An Carl Christian Ludwig Schöne

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß das schon lange in meinem Gewahrsam sich befindende Manuscript gestern mit dem Postwagen abgegangen; ich fühle mich darüber mit mir selbst entzweyt, denn indem ich Ihre Bemühungen zu schätzen alle Ursache fand, so war es mir doch nicht möglich, mich darüber vernehmen zu lassen. Ich hätte müssen meine Intentionen vergleichen; weil ich aber meine Absichten bisher immer geheim gehalten und mich nicht entschließen konnte, gegenwärtig damit hervorzutreten, so blieb das Manuscript[200] liegen, ja sogar die Ankunft unangezeigt. Verzeihen Sie einem für meine Jahre überdrängten Zustande, nehmen Sie meinen Dank für den Anteil an meinen Arbeiten und bleiben meiner vorzüglichen Hochachtung versichert.

ergebenst

Weimar den 3. December 1821.

J. W. v. Goethe.


35/158.


An Abraham Mendelssohn-Bartholdy

[Concept.]

Wenn der talentvolle, fähige und fertige Felix mich manchmal bey'm Nachtisch den Kopf umwenden und nach dem Flügel schauen sähe, so würde er fühlen, wie sehr ich ihn vermisse und welches Vergnügen mir seine Gegenwart gewährte. Denn seit dem Scheiden der so willkommenen Freude ist es wieder ganz still und stumm bey mir geworden, und wenn es höchst genußreich war, gleich bey'm Empfang nach langer Abwesenheit, meine Wohnung in dem Grade belebt zu finden; so ist der Contrast an trüben und kurzen Wintertagen leider allzufühlbar. Recht viel Glückwünsch ich Ihnen daher zu Ihrer so wohl bestellten Hauscapelle, und hoffe, daß Fräulein v. Pogwisch mir das Glück, das ihrem Familiencirkel gegönnt ist, durch lebhafte Erzählung recht anschaulich machen werde. Nehmen Sie meinen aufrichtigen Dank, daß Sie uns das Liebe Pfand so lange anvertrauen wollen.[201] Es ist nichts Tröstlicheres in älteren Jahren, als aufkeimender Talente zu sehen, die eine weite Lebensstrecke mit bedeutenden Schritten auszufüllen versprechen. Empfehlen Sie mich Ihren werthen Hausgenossen und Freunden, wie es mich denn immer freuen wird, von dem Wachsthum unsers jungen Virtuosen durch den trefflichen Zelter das Beste zu erfahren.

Weimar den [5.] December 1821.


35/159.


An Henriette Hasenclever

[Concept.]

[5. December 1821.]

Ihr Schreiben, meine Theuerste, hat mich zu ernsten Betrachtungen aufgefordert. So ist also auch die treffliche Freundin vorangegangen, welche gepaart mit meiner Schwester unsere jugendliche Cirkel versammelte und mit liebevollem Sinn vereinte und regierte; mein ganzes Leben durch hab ich jener schönen Tage gedacht, der himmlischen Milde, des reinen Verstandes, der treuen Anhänglichkeit, womit sich diese nunmehr Abgeschiedene vor so vielen Tausenden auszeichnete. Sie hat ein schönes Alter erreicht und den Hinterbliebenen darf man Glück wünschen, sich an ihrem Beyspiel herangebildet zu wissen.

Leider haben meine Welt- und Lebensverhältnisse mich abgetrennt von Jugendfreunden und einer Reihe von theuren Verwandten, die ich aber auch in der[202] Ferne immer im Herz und Sinn getragen und mich ihres Wohls, wie Nachricht und Zeugniß zu mir gekommen, jederzeit erfreut habe. Mehr noch ist mir durch meine Kinder ein ausgebreiteteres großes Familienverhältniß angeknüpft, auch durch wechselseitige Besuche in nähere Verbindung getreten sind, woran ich denn auch nach meiner Weise herzlichen Theil genommen.

Erhalten Sie uns ein freundliches Andenken, empfehlen mich Ihrem werthen Gemahl und erleben an den guten von der Vorsehung Ihnen geschenkten Kindern alle die Freude, die Ihre sittlich fromme Gesinnung verdient.

Meine gute Schwiegertochter, welche schönstens grüßt, meldet mir in dem Augenblick, daß Sie mit einer Tochter erfreut worden. Möge es Mutter und Kinde jetzt und künftig erwünscht gehen. Heinrich Nicolovius, der sich bey seiner Rückreise von Bonn einige Zeit unter uns aufgehalten, wußte so viel von der großen Thätigkeit in und bey Ehringshaufen, so wie von dem schönen Familienvereine daselbst zu erzählen, daß meine Jugend sich sogleich eine Rheinreise projectirte, um auch Ihre Bekanntschaft zu machen und persönlich die Neigung so lieber Verwandten zu gewinnen. Möge eine solche Vereinigung und Verknüpfung immer lebendiger werden.

Weimar den 2. December 1821.[203]


35/160.


An Carl Friedrich Schinkel

[Concept.]

[5. December 1821.]

Ew. Hochwohlgeboren

für das freundliche Schreiben und die gefällige wichtige Sendung meinen Dank abzustatten scheine bisher versäumt zu haben, doch hielt ich mich mit wahrhafter Theilnahme in Ihrer Nähe. Durch Zelter hatte ich meinen Wunsch erfüllt gesehen, über das neue Theater Aufklärung zu erhalten, die durch Ihren gefälligen Aufsatz noch heller und entschiedener ward. Mit Zelter, der Ihnen wahrhaft ergeben ist, verfehlte ich nicht die Angelegenheit ferner durchzusprechen und so glaube ich mich denn im Stande, darüber etwas Behufiges zu sagen; doch würde ich dieses niemals öffentlich thun, ohne den Aufsatz vorher mitgetheilt und Ihre Bemerkungen mir erbeten zu haben. Daß Sie in der jenaischen Bibliotheks-Angelegenheit mit fernerhin beystehen wollen, erkenn ich mit aufrichtigem Dank, und nehme mir die Freiheit, sobald ich wieder an's Geschäft gehe, das Nähere zu vermelden.

Auf die Rückkunft der Fräulein v. Pogwitsch freu ich mich im vielfachen Sinne, besonders aber, weil ich hoffe zu vernehmen, wie das gute Kind sich in und an Ihren Arbeiten entzückt hat. In ihren ersten Briefen ist schon eine Andeutung davon. Und so wie in denn von meiner Seite die reinste fortwährende[204] Theilnahme versichern darf, so wünsche und hoffe das Gleiche von der Ihrigen. Mögen wechselseitige Zeugnisse dieses glückliche Verhältniß immerfort beleben.


35/161.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie, mein Werthester, das Manuscript der Campagne durch Überbringern zurücksenden, weil ich es noch einmal übersehen möchte, eh ich den Anfang an Frommann absende. Heute oder morgen Abend wäre mir erfreulich Sie zu sehen.

Bey dieser Gelegenheit bemerke: daß ich die Bemühung um gedachtes Mspt. und den Druck desselben, so wie die Beyträge zu Kunst und Alterthum, Ostern besonders zu honoriren im Stande bin. Gutes und Schönes mit uns!

treulichst

W. d. 6. Dec. 1821.

Goethe.


35/162.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie wohl, mein Werthester, mir zu Liebe beykommende Blätter nochmals durchsehen, es kommt uns bey der Revision wieder zu Gute, besonders aber wünsch ich's wegen einiger eingeschalteten Stellen, die ich Ihrer Prüfung empfehlen möchte.

In Hoffnung baldigen Wiedersehens.

Weimar den 9. December 1821.

G.[205]


35/163.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß unter dem heutigen Datum zwey Assignationen ausgestellt:

1) An Herrn Obrist und Landrath Freyherr v. Lyncker in Jena zu

200 rh.

2) An Herrn Rath und Ober-Cassirer Ludecus in Weimar zu


400 rh.

Sächsisch 600 rh.


Welche Sie bey Vorzeigung gefällig zu honoriren und der von Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart anzurechnen belieben werden.

Der ich mich bey dem eintretenden Wechsel des Jahres abermals zum Wohlwollenden Andenken bestens empfehle.

Weimar den 11. December 1821.


35/164.


An Carl Wilhelm Friedrich von Lyncker

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht auf die gegen Weihnachten schuldigst zugesagten 200 rh. Sächsisch eine Assignation an die Herren Frege und Comp. hiebey zu übersenden, mit dem Vermelden, daß der Avisbrief deshalb nach Leipzig abgegangen. Indem ich mir nun hierüber eine[206] Quittung erbitte, fühle mich gedrungen zu erklären, daß ich auf die Interessen, so lange unserm guten Knebel die Wohnung gegönnt ist, Verzicht leise und Ew. Hochwohlgeboren für vielfache Bemühung und den treuen Antheil an unserm würdigen Freund den schönsten Dank abstatte.

Möge Ihnen und Ihrer theuren Frau Gemahlin in dem nächsten Jahr alles Gute begegnen und Sie beiderseits ferner auch mir ein wohlwollendes Andenken erhalten.

Weimar den 11. December 1821.


35/165.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, nach Durchgehung beider Bogen, mir gefällig einen dieser Abende bezeichnen, wo wir uns über Nahes und Fernes wieder besprechen können.

Mit den treusten Wünschen

Weimar den 12. December 1821.

G.


35/166.


An Carl Wilhelm Friedrich von Lyncker

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht sogleich zu bemerken, daß mit der gestrigen Post ein Schreiben an Dieselben abgegangen, inliegend eine Assignation an die Herren Frege auf[207] 200 rh. Sächsisch, weshalb auch der Avisbrief sogleich nach Leipzig gesendet worden. Da jene Assignation auf Ordre lautet, so haben Sie die Güte, solche an Herrn Ruhn zu endossiren, Zahlung wird gleich erfolgen. Auch wiederhole die im gedachten Schreiben erklärte Verzichtleistung auf die Interessen, für unsers Freundes Lebzeit; wornach mir denn meine Verschreibung zurückerbittend, mich höchst dankbar und hochachtungsvoll unterzeichne.

Weimar den 13. December 1821.


35/167.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

schönstens begrüßend übersende die beiden letzten Revisionsbogen sowie auch Manuscript zum Umschlag, welches Sie beliebig, wie es sich am besten schicken will, abdrucken lassen. Zugleich vermelde, daß wir den Druck eines neuen Bandes aus meinem Leben ungesäumt anfangen können; es würde seyn der zweyten Abtheilung fünfter Theil. Ein rascher Druck wäre zu wünschen; an Manuscript und beschleunigter Revision sollte es nicht fehlen.

Kenilworth folgt mit dem schönsten Dank, zurück, es ist gewiß in seiner Art ein fürtreffliches Werk; auch liegt das Manuscript von Kunst und Alterthum bey.

[208] Heiterer Feyertage und ein frohes neues Jahr herzlich anwünschend und mich zu wohlwollendem Andenken bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 14. December 1821.

J. W. v. Goethe.


35/168.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

behellige abermals mit dem Ersuchen, an Herrn Universitäts-Proclamator Weigel in Leipzig für Rechnung der v. Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart gegen eine unter dem heutigen Datum von mir ausgestellte Assignation die Summe von

einhundert Thalern Sächsisch

gefällig auszahlen zu lassen.

Hochachtungsvoll ergebenst.

Weimar den 17. December 1821.


35/169.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke für die abermalige geneigte Besorgung der für Jena bestellten Bücher; es scheint freylich, daß diese Werke gerade zu den jetzigen Studien besonders nöthig[209] sind. Ich lege eine Assignation auf 100 Thaler bey, damit Sie den Betrag der 43. Thaler 18 Groschen davon abnehmen, worüber mir besondere Quittung auf die jenaische akademische Bibliothek gestellt erbitte, und das Übrige für meine Rechnung in Casse behalten.

Wegen der zweyten Anzeige derjenigen Kunstwerke, die Ihnen in Commission gegeben sind, thue folgenden Vorschlag: der Catalog liegt hier bey, ich ersuche Sie, die vorgestrichen Blätter mir zu übersenden. Da ich mehrere schon besitze, so wünsch ich sie mit meinen Abdrücken zu vergleichen, würde auf alle Fälle einige behalten und das Übrige sogleich postfrey zurücksenden.

Für die Nachrichten, wie es mit den Preisen der Kupfer an mehreren Orten stehe, danke zum allerschönsten und gestehe bey dieser Gelegenheit, daß ein Liebhaber, der in früheren Jahren angefangen hätte, jederzeit die nicht gesuchten Blätter zu kaufen, nach und nach sehr leidlichen Preis zu einer trefflichen Sammlung hätte kommen können; wie ich denn durch Ihre Vermittelung in den letzten Jahren vorzügliche französische Blätter um geringes Geld erhalten habe.

Erlauben Sie noch eine Anfrage: Was müßte man wohl zahlen, wenn man die Preise der Tinius'schen Bücher-Auction wollte communicirt erhalten? Sie brauchten nicht gerade an den Rand des Catalogs geschrieben zu seyn; Nummern, und Preise daneben, wären hinreichend. Der Bücherfreund würde dadurch unterrichtet, wie die Preise in der Gegenwart stehen, und[210] bey abermaligem Vorkommen sich darnach zu richten wissen, welches dem Verkäufer gleichfalls zu Gute käme.

Weimar den 17. December 1821.


35/170.


An Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

Aus beyliegenden vorläufigen Druckbogen ersehen Sie, mein Theuerster, daß ich mich diesen Sommer viel mit Ihnen beschäftigt. Es geschah in Marienbad, wo ich viel allein war und mir die vor kurzem an Sie zurückgesendeten Zeichnungen im Sinne schwebten. Da ward ich vom Geiste getrieben, meine Reime mit Prosa zu commentiren, wie ich vorher Ihre Zeichnungen mit Strophen begleitete. Möge das daraus Entstandene Ihnen Freude machen und Sie von meinem fortdauernden Antheil überzeugen.

Sobald ich nun nach hause kam, ward noch eine andere hiermit verwandte Anstalt getroffen. Ich brachte nämlich alles was von Ihrer Hand, zwar in meinem Wappen wohl aufgehoben, aber doch zerstreut lag, dem Format gemäß zusammen und habe nun drey Portefeuilles, sämmtlich Tischbeiniana, zu meiner und der Freunde anmuthigern Erinnerung und Aufregung, vor mir liegen. Das kleinste enthält auf bräunliche Großquartblättern alles, was in Octav, Quart und Kleinfolio sich vorfand. Das zweyte größere Folio, das dritte noch größere Blätter.

[211] Vom ersten liegt der Catalog bey, und ich darf wohl hoffen, daß Sie, mit der guten Ordnung und Aufbewahrung zufrieden, noch einiges dazu spenden werden, welches überhaupt Ihrem freundschaftlichen Künstlerherzen überlassen bleibe; doch mit dem zugefügten besondern Wunsch: ob Sie nicht Nr. 1 der Abtheilung IV, den Reisenden im weißen Mantel, auf dem Obelisk ausgestreckt, in einer zwar flüchtigen aber hinreichenden Zeichnung mittheilen wollten? Die hier angeführte ist kaum größer als ein Kartenblatt, nur wenig Feder- und Pinselzüge, dem geübtesten Schauer kaum lesbar; Quer-Kleinfolio wäre an dieser Stelle das passendste Format. Verzeihung diesem Wunsche! Ein solches Blatt würde der Hauptschmuck der Sammlung werden.

Mögen Sie mir ferner auch einiges mittheilen, was ich auf Verlangen sogleich zurücksende, so gäbe das eine gewisse Vollständigkeit des Anschauens vergangener Zeiten, die sich uns beiden, wenn ich mich zu meinem zweyten Aufenthalt im Rom wende, zum anmuthigen Dank früherer Zeiten heraufbauen dürfte.

Mit dem treulichsten Wünschen und den schönsten Grüßen an die lieben Ihrigen empfehle ich mich zu fortdauerndem freundschaftlichen Andenken.

treulichst

J. W. v. Goethe.

Weimar den [20.] December 1821.[212]


35/171.


An Wilhelm von Humboldt

Zaudern darf ich nicht, verehrten Freund, für die liebwerthe Sendung zu danken; sie hat mir und dem wackern Riemer große Freude gemacht; mußten wir doch Ihr treffliches Heft übereinstimmend finden mit unserer Überzeugung, frisch aufklärend und weiter deutend, alles anregend was dem Sprechenden, das heißt; dem verständig vernünftigen Menschen nur Bedeutendes im Innern angehören mag und was sollte nicht noch alles davon zu rühmen seyn. Lassen Sie mich nur noch Folgendes herausheben; indem Sie die Sprache als Hülfsmittel gar trefflich anpreisen, geben Sie uns ferner zu bedenken, daß die Sprache, wenn sie auf einen gewissen Punct gelangt, unveränderlich sey und von ihren anerkannten Mängeln nicht befreyt werden könne; demohngeachtet aber in und aus sich selbst alles Menschliche, vom Tiefsten bis zum Höchsten, aussprechen, ausdrücken, bestimmen und erweitern könne und müsse.

Hiedurch haben Sie mir, mein Theuerster, einen Spiegel vorgehalten, worin ich am Ende meiner Laufbahn erkennen kann, was ich als Dichter und Schriftsteller geleistet habe und was ich hätte leisten sollen.

Hier sey geschlossen, damit wir uns nicht in die Fluth wagen, die uns zu verschlingen droht. Bleiben Sie meiner aufrichtigsten Anhänglichkeit versichert[213] und erhalten mir zugleich mit Ihrer Frau Gemahlin ein stetiges Andenken.

treulichst

Weimar den 24. December 1821.

Goethe.


35/172.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

sende den mitgetheilten Probedruck dankbarlichst zurück, nach Rücksprache mit Hofrath Meyer das gestern Geäußerte wiederholend. Es ist zu wünschen, daß der geschickte Künstler, der die Ähnlichkeit vorzüglich zu treffen das Glück hatte, seine Arbeit an der größern Medaille nochmals prüfe, den Haaren etwas mehr Ausführung und Bedeutung gebe, sodann auch die wenige Draperie, mit dem Knopf auf der Schulter befestigt, anbringe; es wird sodann ein höchst erfreuliches und bedeutendes Kunstwerk seyn.

Mich zu wohlwollendem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 24. December 1821.


35/173.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

für gefällige Besorgung den schönsten Dank abstattend vermelde daß die Kupfer wohl angekommen sind; ich[214] werde nach baldiger Durchsicht das mir Entbehrliche nächstens zurücksenden. Wegen des vierten Auctions-Catalogs habe bisher zu melden gezaudert, weil ich darin gar wenig fand, was meinen Zwecken dienlich wäre und meinen Entschluß bis zu neuer Durchsicht aufschob; nun will ich aber nicht säumen, einiges Angezeichnete hier einzuschalten.

124. Corregio

125. "

1368. Breenbergh.

1829. Lefévre.

1836. Grimaldi.

Wobey ich denn zu eröffnen habe, daß meine Sammlung den eigentlichen Absichten bald genugsam entspricht und es einige Überlegung kosten wird, inwiefern man den Plan ausdehnen wolle.

Da ich von der Absendung der Bücher nach Jena in meinem vorigen Schreiben nichts gemeldet, auch Ew. Wohlgeboren derselben keiner Erwähnung thun, so wollte hiebey bemerken, daß wenn sie noch nicht abgesendet sind, sie mit dem Postwagen unmittelbar an die jenaische akademische Bibliothek zu überschicken wäre.

Der ich mit vorzüglicher Hochachtung mich angelegentlichst empfehle.

Weimar den 27. December 1821.[215]


35/174.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

für die baldige Sendung der 6 Exemplare Kunst und Alterthum III, 3 den schönsten Dank abstattend und zugleich den Umschlag, an welchem nichts zu erinnern, remittirend sende abermals Manuscript zur Biographie von fol. 31-56 incl.; das Nächstfolgende ist gleichfalls bereit.

Ferner folgt auch nächstens Manuscript zur Naturwissenschaft, es wird mir sehr angenehm seyn, wenn wir auch dieses Heft bald gefördert sehen.

Möge zum neuen Jahre Ihnen alles wohl gelingen und Sie mit den theuren Ihrigen meiner mit Neigung gedenken.

ergebenst

Weimar den 29. December 1821.

J. W. v. Goethe.


35/175.


An Carl Ernst Schubarth

[Concept.]

[29. December 1821.]

Die Anzeige, mein Theuerster, daß Sie Hoffnung zur Anstellung haben, war mir höchst erfreulich, wünsche bald Bestätigung des völligen Gelingens. Sie haben sich auf ein entschiedenes Geschäft vorbereitet, greifen Sie an was es auch sey; auf Ihrem jetzigen Wege können Sie sich nichts zu Dank machen;[216] in einer bürgerlichen Laufbahn werden Sie schon zufrieden seyn, wenn es nur andern recht ist.

Ihre Arbeiten haben mir jederzeit Antheil abgewonnen, und das werden sie gewiß auch künftig, geben sie sich dabey zufrieden, es soll das ja kein Lob seyn.

Bey allem was Sie vermissen und aufopfern werden Sie gewiß den großen Vortheil nie aus den Augen lassen, Herrn Staatsrath Schultz so nahe geworden zu seyn. Sie werden täglich mehr die Vorzüge dieses außerordentlichen Mannes einsehen; mögen wir ihn lange behalten. Leben Sie wohl, schreiben und senden Sie von Zeit zu Zeit.

Weimar den 27. December 1821.


35/176.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey einiges zurück:

10.Graff A., Kopf8gr.

21.Barriére D., 22 Blatt4rh.- "

Castiglione B., 5 Blatt- "16"

S. Bartoli, Geburt der Maria- "20"

5rh.20gr.

welche aus meiner Rechnung zu streichen bitte. Leid war es mir, das Werk von Barriére durch Aufstich so[217] ganz entstellt zu sehen, weil ich es gar gerne besessen hätte. Sollte wieder einmal ein guter Abdruck vorkommen, so werden Sie gefällig meiner gedenken.

Bey dem Wechsel des Jahres Ihnen und den Ihrigen alles Gute wünschend.

Weimar den 30. December 1821.


35/177.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

auch nur in kleineren Dingen gefällig zu seyn ist mir immer sehr angenehm; deshalb auch wegen der Bücher sogleich Anordnung ergangen, auch die nöthigen Verordnungen, die Deputater betreffend, sogleich erlassen worden.

Indem ich nun zu dem eintretenden Jahreswechsel das Beste wünsche, so ersuche Dieselben gleichfalls um eine geringe Gefälligkeit, mir nämlich zu assistiren in Regulirung des Bibliotheks-Geschäftes, in welchem bey unablässigem Betreiben eines ordnungsgemäßen Ganges die Untergeordneten freylich zu secundiren habe. Es wird mir daher zu besonderm Vergnügen gereichen, wenn Sie beygehenden Zettel zu berichtigen geneigt wären.

Der ich die Ehre habe, mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 31. December 1821.[218]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 35, S. 77-219.
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