1822

[219] 35/178.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen, wie schon seit so manchen Jahren, auch heute den Ausdruck einer treuen Anhänglichkeit und dankbarster Gefühle. Möge mir, wie in diesen letzten Tagen, die Nachricht immer werden, daß körperliche Übel sich vermindern und entfernen, damit höchst Denenselben bey freyem Geiste so manches Wohlunternommene glücklich gelinge und so vieles Geleistete freudig genossen werde, daran denn auch mir im Huld, Gnade und Nachsicht fernerhin ein wünschenswerther Antheil gegönnt sey! –

Möge beykommendes Heft einiges enthalten, was Vergnügen machen und der mir so reichlich verliehenen Muße nicht unwerth scheinen dürfte.

Weimar den 1. Januar 1822.


35/179.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

erlauben an dem heutigen Tage die aufrichtige Versicherung, daß ich dießmal in's neue Jahr weit freudiger eintrete als in die vorigen, indem ich hoffen darf, öfter von einer mir so verehrlichen Gegenwart beglückt zu werden. Schon sind abermals merkwürdige Sendungen bey mir eingelaufen, welche durch Höchst Ihro Theilnahme[219] erst den wahren Werth für mich erhalten können. Je öfter ich im Fortschreiten dieser Tage das Glück haben kann, Ew. Königliche Hoheit einer unverbrüchlichen Anhänglichkeit zu versichern, desto belebter müssen sie werden und neue Thätigkeit aussondern.

Weimar den 1. Januar 1822.


35/180.


An Sophie Caroline von Hopffgarten

[Concept.]

Ew. Gnaden

meine herzlichen wünsche zum neuen Jahr für unsere lieben Fürstenkinder und für Sie selbst darzulegen steh ich eben im Begriff, als mir die Nachricht kommt, daß gerade zu dieser Epoche auch ein frischer Anfang im Zeichnen gemacht wird, mit welchem es ganz ernstlich gemeint ist. Nun freut es mich gar sehr, auch hiezu etwas beytragen zu können, indem gerade solche Blätter vorhanden sind, die ich zu diesem Zweck sehr gerne abtrete und widme und auf das allerangelegentlichste mich sogleich empfehle. Mögen Ew. Gnaden und die sämmtliche Umgebung unserer lieben jungen Herrschaften recht froh und fröhlich dem Frühjahr entgegen gehen und ich auch gelegentlich unsern Kaiserlich-Königlichen Hoheiten in der Entfernung empfohlen werden. Persönliche Wiederholung meiner treuen Ergebenheit darf ich wohl zunächst hoffen.

Weimar den 1. Januar 1822.[220]


35/181.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Es thut mir sehr leid, mein Theuerster, Sie unwohl zu wissen und Ihren Besuch zu entbehren; sobald Sie sich wieder auswagen dürfen, so lassen Sie mir es zu melden, da ich denn zur bestimmten Stunde den Wagen sende. Zugleich erhalten Sie eine Portion Manuscript, die Sie, weil es damit Zeit hat, gelegentlich durchsehen.

Baldigste Wiederherstellung wünschend und hoffend.

treulichst

Weimar den 2. Januar 1822.

G.


35/182.


An Christian Wilhelm Schweitzer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

höchstwerthe Theilnahme an unserm jenaischen Bibliotheksgeschäft ermuthigt mich, die eingegangenen Tagebücher der dortigen Angestellten Ihnen vorzulegen. Professor Güldenapfel und Schreiber Compter datiren nach der neuen Epoche, und also vom November bis zum November, Doctor Weller von Januar bis Ende des Jahres.

Möchte die Umständlichkeit dieser Diarien Ihnen auffallen, so geht doch daraus der gute Willen hervor, dieser Reben-Arbeit sich eifrig zu widmen, und es läßt sich erwarten, daß nach und nach diese Einrichtung[221] in's Gleiche kommen werden, nur hat man die Compterischen Wetterbeobachtung aus dem Tagebuche entfernt und ihm Exemplare der meteorologischen Tabellen zum Ausfüllen mitgetheilt. Im Ganzen kann man sich des Vorschreitens des Geschäfts immer freuen, besonders da die Benutzung ununterbrochen und zwar viel lebhafter als sonst vor sich geht.

Ferneren geneigten Antheil erbittend und fortdauernd gestärkte Gesundheit anwünschend habe die Ehre mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 2. Januar 1822.


35/183.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

gnädige Aufmunterung hat mir so oft die besten Vortheile verschafft, wie soll ich mich nun der dießmaligen erwehren, da ich schon selbst große Lust empfinde, die fremden Geschöpfe zu sehen. Da ich mich aber bisher in meinem Klosterleben so glücklich durch den Winter gebracht habe, so fürcht ich jede Ausnahme, besonders wenn von kalten und feuchten Localitäten die Rede ist. Mußte ich mich doch an so viele Entbehrungen gewöhnen und das erzählungsweise von andern vernehmen, was man gerne selbst genösse, und liegt nicht schon darin das höchste Entbehren, Ew. Königlichen Hoheit persönliche Gegenwart zu vermissen!

[222] Der Herzogin v. Devonshire Sorgfalt, uns mit den gegenwärtigen Ansichten des Virgilischen Schauplatzes bekannt zu machen, ist alles Dankes werth, wenn auch die Hand der Zeit fast jede Spur damaliger Herrlichkeit ausgelöscht hat. Die trefflichen Kupfer sind leider die letzten Arbeiten unseres wackren Gmelins.

Dem neuen Vulkan im Monde werde sogleich nachspüren. So eben lasse zu Mayers vortrefflicher Mondcharte die Namen der sämmtlichen Flecken beyschreiben, wodurch denn die Örtlichkeit schnell ausgemittelt werden kann.

Anbey folgen zu einiger Unterhaltung die Tagebücher der bey der jenaischen Bibliothek Angestellten. Güldenapfel und Compter datiren nach der neuen Epoche, vom November zum November, Doctor Weller vom Januar, als der Zeit seiner Anstellung, bis Ende des Jahrs. Sollte die Umständlichkeit dieser Diarien einigermaßen auffallen, so geht doch heraus der gute Wille hervor, auch dieser Arbeit sich eifrig zu widmen. Schon sind die Compterischen Wetterbeobachtungen aus dem neueren Tagebuche entfernt und ihm Exemplare der meteorologischen Tabellen zum Ausfüllen mitgetheilt worden. Übrigens liegt in diesen und in den vorhergehenden Bänden der Stoff zu einer künftigen Geschichte der Restauration, die alsdann leicht auszuziehen und zu redigiren seyn wird. Im Ganzen kann man sich des Vorschreitens des Geschäfts erfreuen,[223] um so mehr als die Benutzung, und zwar viel lebhafter als sonst, vor sich geht; dabey wird bemerklich, daß eine öffentliche Bibliothek mehr als vor Zeiten nöthig wird, wo noch die großen Privatbibliotheken bestanden, welche sich nach und nach zerstreuen, ohne daß dagegen neuere entstünden. Noch zwey Jahre und so wird die Hauptsache gethan seyn; haben Höchst Dieselben die Gnade, uns von Zeit zu Zeit einige Subsidien zuzuwenden.

Wegen des durchsägten, wunderbar genug wieder geheilten Baumstamms eröffne nächstens meine Gedanken, ich hab ihn auf ein Bildhauer-Drehgestelle gesetzt, wo man das wunderliche Phänomen bequem beobachten kann.

Weimar den 3. Januar 1822.


35/184.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Nach Ihrem beiderseitigen Befinden mich erkundigend übersende einige Blätter von unserm geistreichen, muthigen, rastlosen Schubarth, dem ich bald irgend eine Aufstellung wünsche, damit er sich nicht immerfort selbst aufreibe.

In Hoffnung baldigen Begegnens

Weimar den 3. Januar 1822.

G.[224]


35/185.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

sende mit vielem Dank und mit den besten Wünschen zum neuen Jahr die mitgetheilten Papiere zurück, mit dem Ersuchen, mir die Nummer 353: merkwürdige Crystallisation des Quarzes (babylonischer Thurm genannt) aus Devonshire zu übersenden; ich habe etwas Ähnliches in der Schweiz gesehen. Bey'm Zurückschicken lege Ihren angefäuerten meteorischen Cubus wieder bey.

Auch in dem laufenden Jahre glückliche Vermehrung wünschend

ergebenst

Weimar den 5. Januar 1822.

J. W. v. Goethe.


35/186.


An Carl Friedrich Zelter

Hiebey erhältst du, mein Theuerster, die Abschrift des frommen Kaysers. Dieses Werk wird dir, wenn du es wieder durchsiehst, gewiß viel Freude machen. Fräulein Ulrike wird uns nun bald wieder genugsam erzählen, und die Luft Berlin zu besuchen in Ottilien frisch aufwecken. Leider daß ich auf diese Freuden Verzicht thun müssen.

Das Hamburger Rindfleisch ist glücklich angekommen; die laue Witterung läßt freylich den Transport[225] der Fische nicht zu. Mit den Dessertwein wollen wir es anstehen lassen, bis man vor der Kälte ganz sicher ist, und alsdann könnte man von Hamburg aus für etwa 20 rh. Sächsisch verschiedene Sorten unmittelbar wohlgepackt anher senden. Indessen würden ein halbdutzend Gänsebrüste willkommen seyn. Mit dem Transport der Hummers wollen wir es nicht wagen, es ist nicht leicht einer hergekommenen, der nicht etwas Beygeschmack gehabt hätte.

Wegen der Kupfer, dächt ich, machten wir also: du sendest sie mir wohlgepackt und unfrankirt, ich wähle mir etwas aus und schicke das Übrige frankirt zurück mit beygelegten guten Blättern aus meinen Dubletten. Die vier Platten nach den Rafaelschen Logen sendest du nicht mit.

Nächstens folgt auch ein Kunst und Alterthum, dem ich gute Aufnahme wünsche. Laß von Zeit zu Zeit etwas hören, damit man sich zu sehr entferne.

treulichst

Weimar den 5. Januar 1822.

G.


35/187.


An Espérance Sylvestre

[Concept.]

Der merkwürdigste Contrast findet sich nun in meiner Handschrift-Sammlung. Durch Ihre Gunst, theuerste Freundin, eine Frauen-Feder, deren colossale[226] Buchstaben in's Gränzenlose laufen und dagegen zierliche, zarte, gar anständig-gesittete Zeilen von der Geberin. Dankbarer Anerkennung ist nicht vergessen. Und so wäre der Buchstabe S doppelt bereichert. Habe ich das Vergnügen, Sie bey mir zu begrüßen, lege denselben vor. Möge es recht bald geschehen und Sie meiner Hochachtung und Neigung versichert bleiben. Wie ich mich denn einem wohlwollenden Andenken zum allerbesten empfehle.

Weimar den 6. Januar 1822.


35/188.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

rubi germanici haben mich in den kürzesten Tagen gar sehr erfreut; zwar wird zu Betrachtung so zarter Unterschiede ein geübtes Auge verlangt als das meinige seyn kann, aber wenn auch die Gentianen so entschiedener für mich von einander sonderten, so soll doch die am Wechsel der Gestalten sich erfreuende Gottheit auch in diesen zartesten Manifestationen höchlich verehrt seyn.

Der ich immer zu vernehmen wünsche daß alles Ihr Unternehmen zum besten gedeihe und mich zum wohlwollenden Andenken schönstens empfehle.

gehorsamst

Weimar den 6. Januar 1822.

J. W. v. Goethe.[227]


35/189.


An Eduard Joseph d'Alton

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

vergönnen, daß ich nur mit wenig Worten melde, wie sehr ich sowohl als meine hiesigen Freunde durch Ihre Sendung überrascht und ergötzt worden. Sie kommt gerade zu gelegener Zeit, indem ich dieselbe sogleich studieren und in dem nächsten morphologischen Heft ihrer dankbar und umständlich erwähnen kann.

Für ein Exemplar des englischen Porträts werde Sorge tragen; inwiefern Ihr Wunsch bey Herrn Kolbes Ankunft sich erfüllen läßt, wird Tag und Stunde lehren. Der Augenblick ist sehr überdrängt und das Alter wird nicht von dem Fehler geheilt, über Kraft zu unternehmen, den es schwerer als Jugend zu büßen hat.

Bleiben Sie meines Danks, Antheils und Bewunderns versichert und unterhalten mir fortdauernd ein so theures Wohlwollen.

Weimar den 7. Januar 1822.


35/190.


An Bernhard Dumont

[Concept.]

Da ich geneigt bin, die Nummer 641 der Frankfurter 61. Lotterie von Ew. Wohlgeboren anzunehmen,[228] so ersuche Sie, mir das Originalloos auf alle Classen gültig zu senden. Die Gesammt-Einlage von 90 Gulden soll nach dem Empfang durch den hiesigen Banquir Herrn Allmann berichtigt werden.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 7. Januar 1822.


35/191.


An Carl Wilhelm Ettinger

[Concept.]

[7. Januar 1822.]

Ew. Wohlgeboren

gestrigen Antrag und das dabey Besprochene näher bedenkend finde doch gerathener, jenes Heft nicht abdrucken zu lassen, denn der Fall hat immer etwas Problematisches, und warum sollte man sich wegen einer Kleinigkeit möglichen Reclamationen aussetzen. Ich bin überzeugt, daß bey genauer Betrachtung Sie mit mir einstimmen werden.

Der ich übrigens das Beste wünsche, mich geneigtem Andenken empfehle und mit Hochachtung unterzeichne.

Weimar den 6. Januar 1822.


35/192.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wenn Beykommendes Mittwoch früh wieder bey mir einlangt, so wird es mit den Boten oder der[229] Post wieder abgehen können. Dießmal scheinen die Herren Jenenser nicht zu zaudern.

Das Beste wünschend.

Den 7. Januar 1822.

G.


35/193.


An Carl Ludwig von Knebel

Möge beykommendes Heft die einige Unterhaltung gewähren und was vorläufig über Lukrez gesagt worden, daß mir die ausgesprochenen Vorsätze gelingen mögen, wozu du nicht wenig beytragen kannst, auf das Beste hindeutend, was über sein Leben und über sein Gedicht geschrieben ist. Mündliche Unterhaltung würde dazu das Vorzüglichste seyn; sobald ich mich aus dem Augenblick gerettet habe, besorg ich ein Schema, worüber sich alsdann bequemer conferiren läßt.

Mit den aufrichtigsten Wünschen.

treulichst

Weimar den 9. Januar 1822.

G.


35/194.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Theuerster, diese Blätter durchsehen und mich einen dieser Abende besuchen, so wird es mir viel Vergnügen seyn. Der Wagen steht auf Verlangen her und hin zu Diensten.

Weimar den 9. Januar 1822.

G.[230]


35/195.


An Johann Heinrich Meyer

Wollen Sie, mein Werthester, erlauben, daß mein Wagen Sie um 4 Uhr abholt, da ich denn wünsche daß Sie das Werk des van Brée mitbrächten; es war diese Tage der Wunsch eines Freundes, solches einmal anzusehen.

Den 10. Januar 1822.

G.


35/196.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende das so eben erhaltene Paquet von Bremen mit dem Ersuchen, mir gelegentlich Ihre Gedanken über das Unternehmen selbst zu eröffnen, nicht weniger, was Sie beyzutragen Willens sind. Ich selbst werde schwerlich dabey irgend etwas thun können, indem ich mich schon von gar zu vielen Seiten gedrängt finde.

Über eine wunderliche Münze, die ich beylege, werden Sie mich wohl belehren können, es ist mir dergleichen nie zu Gesicht gekommen; sie deuten wohl auf einen christlichen Orient.

Für die neuliche Eröffnung, auf die ich noch nichts erwiderte, danke zum schönsten. In der großen deutschen Nationalversammlung thut man wohl, wenn[231] man seine Meinung gesagt hat, andern auch den Ausdruck der ihrigen zu gönnen.

Mögen Sie mir zugleich einige Nachricht geben von dem, was Sie gegenwärtig beschäftigt, so werd ich sie aufrichtig theilnehmend empfangen.

Weimar den 12. Januar 1822.


35/197.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

den eingegangenen Myliuschen Brief dankbarlichst zurücksendend finde mich höchst verpflichtet, daß Sie die Stücke von Kunst und Alterthum nach Mailand mittheilen wollen. Ich habe Manzoni gegen Italiäner und Engländer treulich vertheidigt, und er ist gerade ein Naturell und Talent, welches dergleichen bedarf. Er geht ruhig seinen Weg und ich wüßte ihn kaum polemisch zu denken. Das neuere Gedicht ist völlig in seiner individuellen Art; er bleibt sich durchaus ganz gleich, und vortrefflich.

Ein auf wenige Data berechnetes Verhältniß von Jena zu Tepl lege bey. Nächstens wird sich's reiner ausarbeiten lassen, da die geistlichen Herren ihre sehr sorgfältig geführten Tabellen auf die Monate Juli, August, September eingeschickt.

Mit der schlesisch-vaterländischen Gesellschaft, wo Brandes als Mitglied der pysikalischen Section von[232] Zeit zu Zeit seine Beobachtungen vorträgt, setzen wir uns durch Friedrich v. Stein in gleiches Verhältniß.

Brief und Sendung von Wien geben eine angenehme Aussicht; ich bin voll Verlangen auf den nächsten Transport, auf den Schädel und die brasilianischen Producte.

Nächstens zu ferneren Vorträgen gnädigst Erlaubniß erbittend.

unterthänigst

Weimar den 13. Januar 1822.

J. W. v. Goethe.


35/198.


An Carl Gustav Carus

Ew. Wohlgeboren

nur allzukurzer Besuch hat mir eine tiefe Sehnsucht zurückgelassen, ich habe mich die Zeit her gar oft mit Ihnen im Stillen unterhalten und Ihre Reise in Gedanken begleitet, überzeugt, daß schöne Früchte zu erwarten seyen und zwar nicht späte, sondern unmittelbare, indem Sie, sammelnd und erwerbend, allsobald zu ordnen wissen.

Wir leben in einer Zeit, die wahre Naturansicht vorbereitet sich zwar immer mehr, das Wunderliche jedoch ist dabey, daß die Mitarbeiter sich als Rivale zeigen und wenige recht begreifen, daß, um etwas zu seyn, man einem großen Ganzen angehören müsse.

[233] Die übersendeten zwey Tafeln sind mir sehr werth; ich sehe, daß Sie die Abtheilung in sechs Schädelknochen mit Nummern bezeichnen und durch hinzugefügte Buchstaben auf die Übereinstimmung hindeuten.

Wie traurig, schrecklich, sinneverwirrend ist gegen diesen einfachen Vortrag das colossale, in gleicher Maaße verunglückte Spixische Werk, welches die alte Wahrheit wieder zu Tage bringt, daß man mit fremden Gute nicht so bequem, fruchtbar und glücklich gebahre als mit eignem.

Wenn ich nun schon, Ihre Tafeln betrachtend, meine eigene Überzeugung darin zu sehen glaube, so wünscht ich doch, Sie übersendeten mir gefällig die Worterklärung dazu, damit ich sicher wisse, daß meine Auslegung mit der Ihrigen übereintrifft; ich muß dieser Angelegenheit in dem vierten Hefte der Morphologie, woran eben jetzt gedruckt wird, nothwendig gedenken, da möcht ich mich denn am liebsten in völliger Übereinstimmung mit Ihnen ausdrucken.

Wollten Sie ferner auch von dem Werke selbst über das Schalen– und Knochengerüst kürzlich mittheilen was Sie allenfalls zur Kenntniß des Publicums zu bringen geneigt wären, so würde solcher Anzeige gern eine schickliche Stelle anweisen.

Bey Gelegenheit der trefflichen Arbeiten d'Altons, deren zweytes Heft, die Pachydermata enthaltend, eben vor mir liegt, werd ich einiges zu äußern haben.[234] Solche Bemühungen müssen freylich Bewunderung und Erstaunen erregen und alles was in uns stockt zu Tage bringen.

Schließlich aber bekenne gern, daß es mir sehr angenehm seyn wird, Ihren Aufsatz über die landschaftlichen Bilder zu lesen. In meiner Kupferstichsammlung habe diesem Capitel eine große Breite erlaubt und besitze sehr viel erfreulich Belehrendes von der Zeit an, wo die Landschafts-Mahlerey sich mit der geschichtlichen erst in's Gleichgewicht setze, dann sich von ihr loslös'te, aber noch immer dichterisch blieb, bis sie in der neuen Zeit, nach dem Durchgang durch eine gewisse Manier, sich zu wirklichen Ansichten beynahe ausschließlich herangibt.

Wie sehr Sie ein Recht haben, über diese Gegenstände zu sprechen, beweisen Ihre eigenen Arbeiten, die noch täglich mir und meinem Sohn viel Freude machen, denn ich, als einem Höhelustigen, das Brockenhaus abtreten mußte.

Von Zeit zu Zeit würde und eine Sendung dieser Art sehr erfreuen, sie sollte ungesäumt zurückkehren; für's Porto ist diesseits gesorgt.

treulich theilnehmend

Weimar den 13. Januar 1822.

J. W. v. Goethe.[235]


35/199.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey noch etwas Manuscript zur Naturlehre von fol. 21-31 incl., es wird nicht ganz zu den drey letzten Bogen hinreichen. Was noch fehlt, kann sogleich nachgesendet werden, so wie wir alsdann noch drey Bogen zur Morphologie brauchen, woran es auch nicht fehlen soll.

Die Schnelligkeit, womit der Druck des Feldzugs vor sich geht, freut mich sehr, und ich hoffe wenigstens bis auf einen gewissen Grad immer bereit zu seyn.

Der ich mich zum besten und angelegentlichsten enpfehle.

Weimar den 14. Januar 1822.


35/200.


An Sulpiz Boisserée

Ihren lieben, so erwarteten als erfreulichen Brief beantworte sogleich. Zuvörderst also acceptire die angebotenen Münzen, Herr v. Cotta wird die Gefälligkeit haben, den Beytrag zu bezahlen.

Sodann einige Blätter aus Kunst und Alterthum. Dem durch den Verleger verspäteten Büchlein eine hoffentlich nützliche Ankündigung.

[236] Mich freut gar sehr, daß Sie mit Größerem und Kleinerem, was ich leisten kann, zufrieden sind und Theil daran nehmen; bey meiner fast mönchischen Lebensweise belebt mich der Gedanke, mit früheren geprüften Freunden übereinstimmend zu denken und fortzuwirken.

So sind denn auch freylich die Radierungen nach meinen Skizzen mit Freundes- und Gönneraugen zu betrachten; Ihr Wunsch trifft mit meiner Absicht überein, diese Darstellungen mit den übrigen Bekenntnissen zusammen zu knüpfen, auch läßt sich erwarten, daß die Behandlung immer reiner und erfreulicher werde.

Daß Sie sich von dem Mitbesitz des schönen Landgutes getrennt haben, war mir im Anfange nicht ganz recht; da er uns zusammenbrachte, so war es mir immer ein angenehmer Gedanke, Sie auf diese Weise vereinigt zu wissen. Da Sie jedoch Ihre beiderseitige Convenienz dabey zu finden, so muß man diesen irdischen Dingen ihren ungestörten Lauf lassen.

Mehr sag ich nicht und empfehle das nächste Heft von Kunst und Alterthum.

treulichst

Weimar den 15. Januar 1822.

G.


Auf ewig hab' ich sie vertrieben,

Vielköpfige Götter trifft mein Bann,

So Wischnu, Cama, Brama, Schiven,

Sogar den Affen Hannemann.


[237] Nun soll am Nil ich mich gefallen.

Hundsköpfige Götter heißen groß,

O! wär ich doch aus meinen Hallen

Auch Ifis und Osiris los.


35/201.


An Carl Ludwig von Knebel

[16. Januar 1822.]

Mich freut es sehr und muntert mich auf, daß meine Vorarbeit zum Lukrez deinen Beyfall hat, denn wer kann sie besser empfinden und beurtheilen als du, der du das treffliche Wesen so innig kennst. Anregung aber bedarf es freylich zu der Ausführung des Angekündigten, ich fürchte mich gewissermaßen selbst davor; meine Absicht ist, sie diesen Sommer in fremden Landen vorzunehmen, wo der Geist freyer wirkt. Vorbereiten aber will ich mich, und dann würde doch das Beste seyn, wenn wir etwa vierzehn Tage zusammen conferirten und die Sache von Grund aus durchsprächen. Meiner Ansicht bin ich gewiß, weiß auch was und wohin ich will, aber man muß sich erst eines großen Details versichern, wenn man ein solches Wesen durch die vier Categorien von Mensch und Römer, Dichter und Naturphilosoph durchführen will. Doch müssen wir es uns nicht schwer machen und lieber eine Skizze geben als zurücktreten.

Durch die Wendung, den angefochtensten Theil seines Werks, das leidenschaftliche Läugnen der Unsterblichkeit,[238] in's Komische zu spielen, gewinnen wir unendlich; so wie sich recht gut wird zeigen lassen, daß alles, was ihm zum Vorwurf gereichen könnte, eigentlich seinem Jahrhundert als Schuld anzurechnen ist.

Tischbein ist sehr vergnügt über die Darstellung seiner Idyllen und sendet immer eines nach dem andern.

Den Auszug aus der Ilias darf ich wohl empfehlen; ich habe mir ihn zu eigenem Gebrauch vor vielen Jahren gefertigt. Sie streiten, ob die Ilias als ästhetisch Ganzes betrachtet werden könne, und wie viele dürfen denn behaupten, daß sie solche im Ganzen und Einzelnen gegenwärtig haben. Durch diese factischen Grundzüge menschlicher Thaten, belebt durch die begeisternden und localisirenden Gleichnisse, wird es eher möglich. Ich les' es manchmal wieder, weder Lehrer noch Schüler dürfen künftig diese Einleitung entbehren, die in dieser Art und Vollständigkeit noch nicht da ist. Mich regt's oft auf, diesen oder jenen Gesang wieder zu lesen, man faßt ihn alsdann gleich an seiner Stelle, ohne daß uns das Rückwärts und Vorwärts verdüstern würde.

Hab ich dir schon aus einem andern Fache des vortrefflichen d'Altons zweytes Heft der Osteologie [gekannt]? Das erste enthält die Faulthiere, dieses die Pachydermata, die dickhäutigen, schweineartigen Geschöpfe, Elephant, Rhinoceros, Hippopotamos u.s.w. mit der größten Einsicht und Geschicklichkeit gezeichnet und mit herrlicher Übersicht commentirt.

[239] Von einer andern Seite harret uns über diesen Gegenstand entschiedene Aufklärung und Förderung. Hofrath Carus ist von seiner Reise nach Genua zurückgekommen und wir haben von ihm ein herrliches Werk über das Schalen– und Knochengerüst der Thiere zu erwarten. Da wird uns denn die Consequenz der Natur immerfort reiner vor den äußern und innern Sinn gebracht werden.


35/202.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

[Concept.]

[16. Januar 1822.]

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen diese verspätete Antwort! Wegen des kleinen und doch verwickelten Geschäfts mußte manche Erkundigung eingezogen werden, die jedoch nicht günstig ausgefallen ist. Nach Einsicht der Acten und Rechnungen wird das neue verwilligte Deputat vom Januar 1819 an, bestehend aus 8 Scheffeln Korn und soviel Gerste, von jeher nur in weimarischem Maaß abgereicht, und so haben es auch Hegel und Schad jeder zur Hälfte, sodann der Forstrath Graumüller ganz erhalten; solches kann denn auch dem Candidat Müller nicht anders abgereicht werden.

Mit dem Fiedlerischen Deputat sieht es aber schlimm aus; es stand zwar auf meinem Etat, ward aber von der Cammer unmittelbar gereicht und dort mit vielen anderen unter der Rubrik Extra-Besoldung[240] verschrieben. Diese sind nun sämmtlich an die Landschaft überwiesen worden mit der Zusage, daß sie bey dem Tode des Percipienten aufhören sollten, wie es denn also auch dem Fiedlerischen Deputat ergeht.

Nach der gegenwärtigen Lage der Dinge findet sich schwerlich ein Mittel, dieses Deputat wieder herzustellen, da der Landschafts-Casse dergleichen nicht zugemuthet werden kann und großherzogliche Cammer sich auch nicht dazu verstehen wird. Unmittelbar an Serenissimun zu gehen würde auch schwerlich etwas fruchten, die neueren Einrichtungen haben allen diesen Verhältnissen eine andere Richtung gegeben, mit der man erst nach und nach bekannt wird.

Es thut mir sehr leid, nichts Erfreuliches melden zu können, mich in der fortschreitenden, veränderlichen Zeit freundschaftlichem dauerhaften Wohlwollen empfehlend.


35/203.


An Bernhard Dumont

[Concept.]

Indem Ew. Wohlgeboren das erstgesendete Loos hiebey wieder zurückerhalten, da ich es fortzusetzen nicht gedenke, so werden Sie durch Herrn Geheimrath v. Willemer neunzig Gulden Rheinisch gegen Quittung empfangen. Wobey ich ersuche, das allenfallsige Schicksal des Looses unmittelbar an mich berichten zu lassen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 16. Januar 1822.[241]


35/204.


An Johann Friedrich Cotta

Hiebey habe die Ehre zu bemerken, daß ich eine Assignation an Dieselben auf neunzig Gulden Rheinisch an Herrn Geheimrath v. Willemer in Frankfurt a. M. ausgestellt habe, welche zu honoriren und mir in Rechnung zu bemerken bitte.

Mich geneigtem Andenken angelegentlichst enpfehlend

ergebenst

Weimar den 16. Januar 1822.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

[Concept.]

Die J. G. v. Cottaische Buchhandlung in Stuttgart beliebe gegen diese meine Anweisung an Herrn Geh. Rath v. Willemer in Frankfurt a. M. oder dessen Ordre die Summe von neunzig Gulden Rheinisch gefällig auszahlen zu lassen und mir solche in Rechnung stellen.

Weimar den 16. Januar 1822.


35/205.


An Johann Heinrich Wilhelm Tischbein

[Concept.]

Als ich von meiner Badereise nach Hause kam, fand ich die höchst angenehme Sendung, nach der Sie fragen; beschäftigt aber, zwischen hunderterlei zudrang,[242] mit einer Arbeit, die Ihnen Freude machen sollte, vergaß ich den dank, den ich so lebhaft fühlte, sogleich auszusprechen. Verzeihen Sie und lassen mir die ungetrübte Freude, daß mein Commentar Ihrer Idyllen-Welt den Beyfall des Künstlers und seiner Freunde gewinnen möchte.

Soviel für dießmal mit den besten Wünschen und Grüßen. Jede Mittheilung wird mir stets erfreulich seyn und auf ein oder die andere Weise erwidert werden. Wo ist denn das Original-Bild des Wanderers auf'm Obelisken? Hier fragt man eifrig darnach.

Weimar den [16.] Januar [1822].


35/206.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

vermelde schuldigst das Resultat des Diamanten Handels:

Die flache doppelt dreyseitige Pyramide

4 1/2 Karat

Conv. G. rh. 200

Drey mittlere,

Louisd'or 15 St.

Drey kleinere,


Louisd'or 8 St.

Louisd'or 23.


Alle durchaus deutlich krystallisirt und in der Form verschieden, auch sonst von einander abweichend.

Von Höchstderoselben Entschluß wird die Entscheidung abhängen. Soviel kann ich sagen daß die[243] von Prof. Weiß für das Berliner Cabinet in der Blochischen Auction erstandene Diamant Krystalle, verhältnißmäßig theuer waren.

Befehlen Sie vor dem Entschluß die Waare nochmals zu sehen so sende sie. Doch thue ich es lieber gleich, mit bitte das Kästchen behutsam zu eröffnen.

unterthänigst

W. d. 17. Jan. 1822.

J. W. v. Goethe.


35/207.


An Johann Jacob von Willemer

Indem ich Sie freundlichst ersuche, das in der Beylage vorgelegte kleine Geschäft gefällig durch die Ihrigen besorgen lassen; so vermelde zugleich, daß die süße und würzhafte Sendung zum Weihnachten glücklich angekommen, woran sich Jung und Alt erlustigen, besonders wenn ich denen im Garten schlittenfahrenden Enkeln aus meinem Fenster dergleichen in den Schoß werfe.

Indeß ich nun ein ganz mönchisches Leben führe, dabey mancherlei schreiben und drucken lasse, was mich entfernten Freunden bald wieder näher bringen soll, so denke der Abwesenden unablässig und begrüße ihre Bildnisse. Da möcht ich denn nun auch erfahren, wie man das neue Jahr angetreten und womit man sich in den vorhergehenden Monaten beschäftigt. An ein solches Briefchen würden gewisse kleine Personen[244] wohl einmal eine Stunden wenden und mir dadurch auf's frische einen guten Tag und Abend machen.

treulichst

Weimar den 17. Januar 1822.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

[Concept.]

Herr Geh. Rath v. Willemer wird hiedurch höflichst ersucht, beykommendes Schreiben Herrn Bernhard Dumont, Hauptcollecteur der Frankfurter Lotterie übergeben und ihm zugleich neunzig Gulden Rheinisch gegen Quittung auszahlen zu lassen.

Zum Ersatz derselben füge eine Assignation auf dieselbe Summe bey, welche die v. Cottaische Buchhandlung in Stuttgart gern honoriren wird.

Weimar den 16. Januar 1822.


35/208.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey den revidirten Bogen Y zurück, ingleichen Manuscript, soviel ohngefähr zu dem folgenden nöthig seyn möchte.

Da ich verschiedene Dinge, die sonst, bey dem langsamen Erscheinen dieser Hefte, veralten, beyzubringen wünschte, so werden wir dem Z wohl noch einen Bogen folgen lassen; in dem ersten Hefte sind[245] die Schmutz- und Haupttitel für beide Bände schon vorhanden und den Inhalt wollen wir auf die letzten Seiten bringen. Mit dem Revisionsbogen von Z erbitte mir das überbleibende Manuscript zurück, weil wir nicht am Schlusse, doch aber in der Mitte des letzten Bogens einiges wegnehmen können, damit es genau zutreffe; ich werde gewisse Stellen bezeichnen, die man allenfalls auslassen kann.

Die Tabelle könnten wir ja wohl großmüthig den Lesern als Zugabe schenken.

Weimar den 18. Januar 1822.


35/209.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

zu der wirklich interessanten, manches an- und aufregende Aquisition Glück wünschend, vermelde, daß mit v. Eschwegen verarbeitet worden, er werde seine Zahlung bey Director v. Schreibers in Wien erheben; weshalb mir nur einige Worte von Höchst Denenselben ausbitte, welche mit einem Briefe begleitet sogleich absenden werde.

Wegen der Aufbewahrung der Kostbarkeiten in privatissimo bin vollkommen einverstanden und danke verpflichtet für das anzuvertrauende Juwelen-Schränkchen, daß in meiner klösterlichen Zelle mir die angenehmste[246] Gesellschaft und Unterhaltung seyn wird; ich darf hoffen, die Ordnung wieder herzustellen. Der Catalog wird wohl in dem Schränkchen selbst liegen.

Zugleich theile die Witterungs-Tabelle auf Juli, August, September vom Stifte Tepl mit, welche zur genauern Vergleichung der Höhen vorläufig dienen wird. Die geistlichen Herren werden sie einzusenden fortfahren.

Der 9. September, wo die große Wassermasse dort niederging, welche Carlsbad so sehr beschädigte, ist höchst merkwürdig; ich übersetze und excerpire Folgendes:

Barometer-Höhe fast den ganzen Tag 25' 11"

Thermometer 13-14

Elektrizität im Momente des herannahenden Gewitters 17,6.

Wenig Regen Nachmittags gegen 3 Uhr.

Das Gewitter dehnt sich von Südost gegen Nordost aus bis halb 5 Uhr Abends, dann kehrt's zurück und verharrt über dem Stift bis 8 Uhr.

Die heftigsten stärksten Blitze und Donner folgen schnell auf einander.

Häufiger Hagel, so daß der mit dem Regen in das Hyetometer gefallene, nachher geschmolzene 40 Loth betrug.

Weimar den 18. Januar 1822.[247]


35/210.


An Carl Cäsar von Leonhard

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben mich durch Ihren kurzen Besuch in eine recht bedenkliche Lage versetzt. Der Gedanke, die Crystallisation statt durch Addiren sich durch Subtrahiren begreiflich zu machen, leuchtete mir gleich ein und ich verfolgte ihn, so gut es gehen wollte; das konnte mich aber nicht weit führen, weil mündliche und bildliche Erläuterungen mir abgingen, die zugesagte Modelle kamen mir auch nicht zu Hülfe; nun verzeihen Sie gegenwärtigem Erinnerungsschreiben, ich werde dazu aufgeregt, beynahe genöthigt durch folgenden Umstand.

Herr v. Eschwege, aus Brasilien kommend, bey uns vorüberreisend, hat sehr schöne Demant-Crystalle bey unserm Fürsten zurückgelassen. Da ich nun diese so klar vor Augen sehe, so wünscht ich mir auch ihre Gestalten ableiten zu können, wobey mir Ihr vortreffliches Handbuch bis auf einen gewissen Punct die beste Hülfe leistet. Aber nun wollt ich Sie zum allerschönsten um ein oder ein paar Modelle bitten, wodurch mir klar würde, wie aus der Kernform des regelmäßigen Oktaeders die flache doppelt dreyseitige Pyramide, die sich vortrefflich darunter befindet, auf diesem Wege entstehen könne. Mögen Sie sodann gelegentlich die zur Erläuterung überhaupt dienenden[248] Modelle zusenden, so würde Sie an mir einen Theilnehmenden finden, der sich auch in den alten Tagen nicht für dem Neusten fürchten. Freylich würde selbst in früheren Jahren für mich diese Angelegenheit manche Schwierigkeit gehabt haben, da mir das Organ, für Zahlen und Zeichen gänzlich abzugehen scheint; doch bin ich überzeugt, daß in persönlicher Gegenwart mit Worten und Modellen Ew. Hochwohlgeboren mich doppelt dem Ziele näher bringen würden.

Das Beste wünschend und erfreuliche Nachrichten hoffend.

Weimar den 18. Januar 1822.


35/211.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Indem ich, mein Werthester, den zehnten Revisions-Bogen übersende, ersuche zugleich beykommender Portion Manuscripts einige Aufmerksamkeit zu schenken. Die früheren Bemerkungen habe in Betracht gezogen und Ihrem Sinne benutzt.

Sollte das gute Kind so weit wieder hergestellt seyn, daß es seiner Eltern auf einige Stunden entbehren kann, so lassen Sie uns diese Woche mit der lieben Frau bey einem Glas Champagner ein fröhliches Mittagsmahl genießen; die Wahl des Tages bleibe Ihnen völlig anheim gestellt.

Weimar den 22. Januar 1822.

G.[249]


35/212.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

schreibe dies mal Nachts in folio einem Unheil vorzubeugen.

Der zehnte Revisionsbogen folgt zurück, vielleicht ist der Abdruck zu rette.

Eine Einschaltung, drüben und hüben übersehen, ist zu rektifiziren.

Die mit roth vorgezeichnete Stelle ist umzusetzen, wie bezeichnet ist. Es hieß: S. 157

»durch Kämmerin und Koch erquicket worden.«

hierauf muß folgen: S. 158

»So ging es nun den ganzen Tag etc.«

bis:

»Meist schlaflos zugebracht. S. 159«

Sodann folgt S. 157

»

d. 3. Octr.

Morgens um sechs Uhr etc.«

Lassen Sie die Sache stehen wie sie steht, allenfalls würde der Bogen für meine Rechnung umgedruckt.

Verzeihung

W. d. 24. Jan. 1822.

Goethe.[250]


35/213.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben, verbunden mit meinem gnädigsten Fürsten und Herrn, so viel lichte Puncte über mein Leben gesäet, daß ich in diesem Sinne die Vergangenheit am freudigsten überschaue und mich der Dauer so vieler Gnade dankbarlichst erinnere.

Möge ich zunächst und künftig des Glücks Ihro Nähe und Gegenwart genießen und eine gnädige Huld mir und den Meinen erhalten sehen.

Dem Überbringer, dem Verehrung und Liebe gegen seine höchsten Gönner angeboren, möge ein freundlicher Blick zu Theil werden, in dessen Sonnenschein er nur zum allerbesten gedeihen kann.

Die aufrichtigsten Wünsche für Höchst Ihro und der hohen Angehörigen Heil und Wohl treulichst hinzufügend.

Weimar den 30 Jänner 1822.


35/214.


An Leopold Dorotheus von Henning

Auf Ihr werthes Schreiben, mein Theuerster, antworte vorläufig und in Eil: daß ich Ihre Wünsche suchen werde zu befriedigen und Ihre Absichten, zu denen ich viel Vertrauen hege, zu fördern. Empfangen[251] Sie also hier zuerst die Tabelle meiner Farbenlehre; denken Sie solche durch, inwiefern Sie selbige Ihrem Vortrage zu Grunde legen wollen.

Sodann erhalten Sie Abschriften von zwey seit mehrern Jahren aufgesetzten Apparat-Forderungen; gehen Sie solche mit Ihrem Mechaniker durch und bilden Sie sich ein vollständiges Schema. Ich werde das Gleiche thun und wir communiciren alsdenn darüber. Mehr sage nicht, damit dieses vorläufig fortkomme und sie von meinem Vertrauen und Antheil versichere.

Mit den besten Wünschen

Weimar den 30. Januar 1822.

Goethe.


35/215.


An Carl Friedrich von Reinhard

Hiebey, mein verehrter Freund, eine Unterhaltung für die abnehmende Abende mit den wenigsten Worten. Da ich nicht mehr hören und nicht mehr sprechen mag, so lasse immerfort drucken und das kommt denn doch zuletzt auch meiner Pflicht gegen entfernte Freunde zu Gute. Zu Ostern erhalten Sie noch das Dreyfache; gedenken Sie meiner dabey als eines Gegenwärtigen. Ich bin Ihnen oft zur Seite, besonders in diesen Tagen bey der wundersamen Stellung der Menschen und Verhältnisse in dem reiche dem sie angehören. Möge für Sie alles im Guten[252] bleiben und dahin sich wenden! Lassen Sie mich bald von sich vernehmen und wären es auch nur wenige Worte.

treulichst

Weimar den 31. Januar 1822.

G.


35/216.


An Johann Gustav Büsching

Ew. Wohlgeboren

bin für manche Sendung so viel verpflichteten Dank schuldig, daß mir die Gegenwart des Herrn v. Stein die höchst angenehme Gelegenheit wird, wenn auch nur mit wenig Worten einen Theil abzutragen. Ich weiß Ihre vielseitigen Bemühungen gewiß zu schätzen und werde nicht versäumen, von Zeit zu Zeit die Denkweise der Weimarischen Kunstfreunde über solche Gegenstände in meinen Heften aufzuführen.

Sehr ungern bemerke: wie man uns vom Rhein her den wohlerworbenen Ausdruck Deutsche Baukunst verkümmern und Gothische wieder einführen will; daß doch die Menschen, da so gar viel in der Welt zu thun ist, das einmal wohl und unschuldig Begründete und Folgenreiche nicht wollen bestehen lassen!

Verzeihen Sie diesen Klageausruf, bleiben meiner Theilnahme versichert und werden erfreuender und belehrenden Mittheilung nicht müde.

ergebenst

Weimar den 31. Jänner 1822.

J. W. v. Goethe.[253]


35/217.


An Johann Gottlieb Rhode

Ew. Wohlgeboren

meinen schönsten dank für die bisherige höchst interessanten Mittheilungen abzutragen, gibt mir Herrn v. Steins Gegenwart die schönste Gelegenheit, die ich nicht versäumen darf. Ihre bisherigen geneigten Mittheilungen waren mir sämmtlich erfreuend und belehrend; von solcher Natur- und Zeitproducten hatte mich Silesia subterranea schon längst in Kenntniß gesetzt, und es war mir sehr angenehm, das Nähere davon zu vernehmen und zu schauen. Auf dem Thüringer Walde mit den Abdrücken von Manebach und Cammerberg vertraut, durch Herrn v. Schlotheims Nachbarschaft aufgeregt, von den Bettiner Erscheinungen wohl unterrichtet, auch von Herrn Grafen Sternberg neuerdings in diesem Sinne begünstigt, hätte ich nichts befriedigender finden können als Ihre schönen Darstellungen, glücklichen Folgerungen, begleitet von Original-Naturproducten und einem sehr ausdrucksvollen Abguß. Ich hoffe, es soll mir gelingen, aus unsern obgenannten Gegenden irgend etwas Interessantes in Erwiderung zu senden.

Möge von allen Seiten Ihnen Aufmunterung zu Theil werden, die, wenn sie auch der Naturfreund in der Sache selbst findet, doch immer von außen erwünscht und nothwendig ist.

[254] Möchten Sie meiner zu Guter Stunde gedenken und überzeugt seyn, daß jede Mittheilung mir und den Meinigen wünschenswerth und aufregend ist! Im nächsten Frühjahr wird die ansehnliche Sammlung von fossilen Körpern, die ich meinem Sohne überlassen und die schon sehr zweckmäßig geordnet aufgestellt ist, ganz in's Reine kommen und dabey denn auch das Pflanzenreich eine gebührliche Rubrik ausfüllen.

Zu geneigtem Andenken mich angelegentlichst empfehlend.

ergebenst

Weimar den 31. Jänner 1822.

J. W. v. Goethe.


35/218.


An Johann Heinrich Meyer

[Januar 1822?]

Herrn Hofr. Meyer

mit Bitte beykommendes aufmercksam durchzulesen, und Morgen Abend um solches zu besprechen mich freundlichst zu besuchen.

G.


35/219.


An Carl Friedrich Bachmann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

säume nicht zu dem erhaltenen Preise meinen aufrichtigen Glückwunsch abzustatten. Eine solche Anerkennung[255] ist ehrenvoll und noch mehr dadurch bedeutend, daß wir erfahren, wo Gleichdenkende, Gleichgesinnte zu finden seyen.

Mir Vergnügen las ich sogleich [die] historische Darstellung, mich zu belehren, aufzuwecken, Gedächtniß und Erinnerung wieder zu beleben. Nun gelang ich aber in den dritten Abschnitt, wo eine vorher schon geahndete Differenz entschieden sich ausspricht. Hier mach ich Halt nach längst geprüfter Lebensregel: was mit mir übereinstimmt, bringt eine heitere Stunde; dem aber ein Ohr zu leihen, was mir widerstrebt, warte ich auf einen heitern Augenblick, wo ich mir selbst gewissermaßen gleichgiltig bin und auch wohl das Gegentheil von meinen Überzeugungen geschichtlich anhören mag. Der Menschenkenner sollte sich überzeugen, daß niemand durch seines Gegners Gründe überzeugt wird. Alle Argumente sind nur Variationen eines ersten festgefaßten Meinungs- Thema, deswegen unsere Vorfahren so weislich gesagt haben: mit einem, der deine Principien läugnet, streite nicht.

Mit dem guten reinen Wunsche, ein früheres freundliches Verhältniß fernerhin dauern zu sehen, unterzeichne mich mit Hochachtung.

Weimar den 2. Februar 1822.[256]


35/220.


An Georg Gottlieb Güldenapfel

Ew. Wohlgeboren

machen mir viele Freude, daß Sie bey der letzten gnädigsten Entschließung unsrer hohen Herren Erhalter aus des Frühern bewirkt werden können, denn eigentlich ist es doch nur das Folgerechte, was das menschliche Leben zum Leben macht. Deshalb denn auch die Tagebücher, welche hier wieder zurücksende, gewiß eines der schönsten Documente sind, wie ein bedeutendes und bedenkliches Geschäft eingeleitet und geführt worden. Serenissimus haben sie mir mit besonderen gnädigen Beyfalls-Ausdrücken zurückgesendet. Fahren Sie sämmtlich in dieser Genauigkeit fort, damit wir künftiges Jahr ein gleiches Zeugniß unserer Thätigkeit ablegen und den fernern Antheil unsres gnädigsten Herrn verdienen können.

Für unsere Casse darf ich zunächst noch wohl einige angenehme Beyträge hoffen.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

Weimar den 3. Februar 1822.

G.[257]


35/221.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

für das Übersendete unterthänigst dankend werde sogleich das Weitere besorgen. Mir sey vergönnt, bey dieser Gelegenheit einiges vorzutragen.

1) Wegen der Edelstein-Sammlung erbitte mir noch kurze Frist. Die Arbeit ist dahin gediehen, daß

a) die Steine, je nachdem es Farbe und Feuer verlangt, auf schwarzen oder weißen Grund gebracht worden;

b) daß die neuen Nummern in die Kästchen selbst befestigt;

c) dem neuen Catalog die Nummern des alten hinzugefügt, und

d) die Brückmannischen frühern Beschreibungen zur Seite gebracht worden.

Da dieses nun soweit gediehen, so sind die neuen Acquisitionen einzurangiren, das Sämmtliche zu mundieren und Höchst Denenselben zu übergeben, vielleicht auch irgend einem vertrauten Manne die Intention dieser Ordnung und wie etwa in der Folge zu verfahren wäre, daß die Ordnung immer gleich erhalten bliebe, mitzutheilen.

2) Was ich zeither von dem Vulkan im Monde erfahren können ist Folgendes:

(inseratur)[258]

Doch ist dieses vielleicht Höchst Denenselben schon bekannt; deshalb füge die Mayersche Mondscharte bey, interessant durch die hinzugeschriebenen Namen der Berge. Der Pfeil linker Hand deutet auf die Stelle obiger Erscheinung, welche sich nach Aussagen er Beobachter schon mehrmals wiederholt haben soll.

3) Von dem Ilmenauer Baum-Segment hätte Folgendes zu erwähnen:

Dieser ungewöhnlich starke Vogelbeerbaum mag vor zwanzig Jahren 16 Zoll im Durchmesser gehabt haben. Er ward durch ein Mißverständniß auf zwey Drittheil durchsägt, die Wunde jedoch sogleich verbunden, da denn Rinde und Splint sich wieder vereinigten und sodann unser Baum diese ganze Zeit über am Leben blieb, ob er gleich zuletzt an den Endzweigen kränkelte, und zu Ende vorigen Jahres durch einen Sturm an der Wurzel abgebrochen wurde.

Das vor uns liegende Segment, 12 Zoll hoch, läßt den Schnitt in der Mitte sehen, welcher wie eine Narbe vertieft, aber doch völlig zugetheilt ist, wie denn der Sturm der gesundeten Stelle nichts anhaben konnte.

Dieser Baum wäre nun also wohl anzusehen als auf sich selbst gepfropft, denn da man nach herausgezogener Säge sogleich die Vorsicht brauchte die Verletzung von aller Lust zu bewahren, so faßte das Leben der sehr dünnen Rinde und des darunter verborgenen Splints sich sogleich wieder an und erhielt ein fortgesetztes Wachsthum.

[259] Nicht so war es mit dem Holze. Dieses, einmal getrennt, konnte sich nicht wieder lebendig verbinden; die stockenden Gäste decomponirten sich, und der sonst so feste Kern ging in eine Art Fäulniß über.

Merkwürdig jedoch bleibt es, daß der genesenen Splint kein frisches Holz ansetzen konnte und daher die Verderbniß des Kerns bis an die zwey Drittheile sich heranzieht.

Nicht so ist es mit dem gefundenen Drittheile, dieses scheint fortgewachsen zu seyn und dem Stamm eine ovale Rundung gegeben zu haben, wie denn auch reichliche fünf Zoll frisches festes Holz von dem äußern Ende herein zu sehen ist. Leider ward bey'm Transport gerade das gefundenen Drittheil der Rinde und des Splints abgestoßen, wodurch man denn von weiterer Betrachtung dieses Phänomens abgehalten wird. In Gefolg der Vorgesagten nun erbitte mir die Erlaubniß, einen diagonalen Durchschnitt vorzunehmen, von welchem denn wohl weitere Belehrung zu hoffen ist.

Noch ein wundersames Phänomen einer diesem Block noch immer einwohnenden lebendigen Vegetationskraft muß ich anführen. Auf der oberen Fläche erzeugte sich gar bald ein schimmel- oder schwammartiges Wesen, dasselbe mag auf der untern Fläche auch geschehen seyn. Hier hat er sich aber mit dem eichenen Bret des Gestells, worauf er gesetzt ist, dergestalt vereinigt und verbunden, daß eine starke Mannskraft ihn nicht davon loßreisen kann.

[260] 4) Höchst Dieselben haben ja wohl die Gnade, beykommendes Heft von Kunst und alterthum an Mylius gelangen zu lassen. Es steht zwar nichts darin, was sich unmittelbar auf Mailand bezieht, allein ich wünsche, daß sie in Connexion bleiben, weil ich im nächsten Stück die wohlgerathene Ode des Alexander Manzoni übersetzt zu geben denke. Bey der starken Opposition, welche dieser Dichter erleidet, ist ihm und seinen Freunden eine tramontane Theilnahme sehr erwünscht.

Weimar den 4. Februar 1822.


35/222.


An Carl Friedrich Zelter

Mit aufrichtigem tausendfältigem, aber eiligem Dank für die gute und liebvolle Bewirthung des lieben Kindes sende dir durch Herrn Rellstab ein Heft, welchem eine freundliche Aufnahme hoffen darf. Ich erquicke mich noch am Andenken unseres neulichen Zusammenseyns; durch solche Tage wird gar viel gefördert.

Meinen Winterbring ich beynahe in absoluter Einsamkeit zu, dictire fleißig, so daß meine ganze Existenz wie auf dem Papiere steht; zu Ostern sollst du allerley zu lesen haben. Hören und reden mag ich nicht mehr, sondern vertraue, wie des Königs Midas Barbier, meine Geheimnisse den verrätherischen Blättern.

[261] Das lebendige Carneval wird dich wohl auch in Athem erhalten, manches davon wünschte wohl an deiner Seite zu genießen. Grüße Herrn Schinkel zum allerschönsten und danke ihm, daß er dem guten Kinde das Theatergebäude im Einzelnen vorzeigen wollen, sie wird mir, hoffe ich, auf's treulichste bey Tische referiren.

Grüße Dorchen und rühme sie für die Theilnahme an Ulriken; auch Felix sag ein gutes Wort und seinen Eltern. Seit eurer Abreise ist mein Flügel verstummt; ein einziger Versuch, ihn wieder zu erwecken, wäre beynahe mißlungen. Indessen hör ich viel von Musik reden, welche simmer eine böse Unterhaltung ist.

Lebe wohl in deiner Berliner Herrlichkeit und denke meiner, der ich im sonnigen Hinterstübchen deiner nur allzuwohl gedenke.

treulichst

Weimar den 5. Februar 1822.

G.


35/223.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Theuerster, beykommenden Übertritt in gesellige Zustände zuerst im Allgemeinen betrachten, damit wir morgen Abend darüber conferiren können, und einiges Besondere notiren. Ich habe[262] selbst noch einige Scrupeln, die ich vorläufig gelöst wünschte.

Auf's beste grüßend

Weimar den 7. Februar 1822.

G.


35/225


An Joseph Sebastian Grüner

[10. Februar 1821.]

Ew. Wohlgeboren

wenn auch nur mit wenigem zu vermelden, daß da Kästchen glücklich angekommen ist, halte für Schuldigkeit. Danken Sie Herrn Huß zum schönsten für den[263] Augiten, ich hoffe einiges ihm wohlgefällige dagegen mitzubringen; sollte er durch seine Connexion oder auf einer mineralogischen Spazierfahrt noch einige dergleichen, vollkommen ausgebildet, verschaffen können, so würde mir dadurch sehr viel gedient seyn, besonders auch, wenn sie noch im Granit steckend gefunden würden.

Eben so wünscht ich Herrn Verwalter gedankt, welcher abermals sehr interessante Egerane mitgetheilt hat.

Die wachsende sonne gibt mir Hoffnung, Die wieder zu sehen, früher oder später hängt von mancherley Umständen ab; da ich mich denn der Fortdauer Ihrer freundlichen Gesinnung wieder zu erfreuen hoffe. Gedenken sie meiner mit den werthen Ihrigen und empfehlen mich dem Herrn Grafen Auersperg zum allerschönsten.

Zur Fortsetzung Ihres mir so interessanten Werkes das beste Gedeihen wünschend

ergebenst

Weimar den 8. Februar 1822.

J. W. v. Goethe


35/226.


An David Knoll

[10. Februar 1821.]

Sie verzeihen, mein werthester Herr Knoll, wenn durch mancherlei Geschäfte und Abhaltungen verhindert,[264] nicht früher die richtige Ankunft des Kästchens gemeldet habe; es war mir sehr angenehm, eine vollständige und gut beschriebene Sammlung dieses so merkwürdigen Sinters zu besitzen, wogegen ich etwas Freundliches gelegentlich zu erwidern hoffe, wie ich denn in meinem neusten naturwissenschaftlichen Hefte der Anerbietung einer Müllerisch-Knollischen Sammlung in allen Ehren gedenken.

Sie sind überzeugt, daß ich großen Antheil genommen an dem Unfall, der Carlsbader und auch Dieselben betroffen. Möge sich der gute Ort bald wieder durch Fleiß und Beharrlichkeit herstellen und von neuen Besuchen nächstens gesegnet, die schwere Wunde bald wieder geheilt sehen. Frau Heilingötter und ihre Familie wünschte ich bestens gegrüßt, so wie alle dort wohnende Freunde und Bekannte.

ergebenst

Weimar den 8. Februar 1822.

J. W. v. Goethe.


35/227.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Ihre Bleystiftnoten, mein Werthester, jenem famosen Briefe hinzugefügt, haben mich überzeugt, daß es Unrecht wäre, mit Abdruck desselben sich in solchen Nachtheil zu setzen, besonders da das Nächstfolgende auch nicht sonderlich günstig ist. Ich habe daher beykommende Zwischenrede versucht in doppelter Absicht,[265] manche Lebenslücke auszufüllen und den Leser über die damalige Gegenwart zu erheben, die immer etwas Düsteres und Problematisches behält. Billigen Sie dieß mein Unternehmen, so kann, da in den nächsten Blättern nichts weiter zu verändern ist, wieder etwas Manuscript den hungrigen Setzern vorgelegt werden.

Das Beste wünschend

Weimar den 11. Februar 1822.

G.


35/228.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey abermals eine Sendung, nämlich:

1) den Bogen 17 vom Feldzuge,

2) den Bogen Aa zur Naturwissenschaft, beide revidirt.

3) Manuscript zum Feldzuge von fol. 172- 192 incl., wobey zugleich vermelde, daß vorerst von dem Manuscript schwächere Sendungen eingehen werden.

4) Sodann abgedrucktes Manuscript zur Naturwissenschaft von fol. 1 bis Ende; zu sehen fol. 331 des Gedruckten.

Der ich zu gleicher Zeit, Ihrem werthen Kreise das Beste wünschend, vermelden kann, daß Ihr Sohn in Frankfurt bey Willemers recht gerne gesehen und von dorther das Beste auf ihn bezüglich zu vernehmen sey. Gedenken Sie meiner freundlichst und[266] lassen uns hoffen, daß uns das beschleunigte Frühjahr nächstens zusammen führen werde.

ergebenst

Weimar den 13. Februar 1822.

J. W. v. Goethe.


35/229.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir die interessanten ethnographischen Hefte zu complettiren freundlichst angeboten, welches ich, mit einiger Beschämung, danklich annehme, indem ich ein ganzes Exemplar mir ausbitten muß; die wenigen Hefte, die sich bey mir vorfinden, liegen anbey. Ich wüßte nicht zu sagen, ob ich von den übrigen nicht mehrere empfangen oder ob sie bey mir als vereinzelt vernachlässigt worden.

Übrigens darf ich hier wohl aufrichtig gestehen, daß Ihre dreyfache Mittheilung gewiß allgemeines Interesse zu erhalten fortfährt, wie denn mein gnädigster Herr noch vor kurzem seine Zufriedenheit darüber ausgedruckt. Wie ich denn die gelegentlichen Mittheilungen fortzusetzen nicht verfehlen werde.

Weimar den 13. Februar 1822.[267]


35/230.


An Gustav Schübler

[Concept.]

Wohlgeborner,

Insonders hochgeehrtester Herr Professor!

Ihro Königliche Hoheit, mein gnädigster Herr, tragen mir auf, Ew. Wohlgeboren die glückliche Ankunft der Württembergischen Mineralien zu vermelden und zugleich den verbindlichsten Dank abzustatten, welches ich denn hiermit schuldigst auszudrücken mir zur Pflicht mache.

Da die Kiste uneröffnet nach Jena gesendet worden, so hatte nicht das Vergnügen, mich davon zu belehren; allein schon der Catalog machte mir viel Freude, indem ich denselben so metodisch und wissenschaftlich verfaßt sah; deswegen ich denn meinen Dank hier anzuschließen nicht ermangele. Wobey ich auch mit Vergnügen bemerke, wie angenehm es mir gewesen, daß Sie an Herrn Resersteins Bemühungen Theil nehmen. Durch sein unternommenes Werk sehen wir das geologische Studium höchlich gefördert und die Einzelheiten, über welche man bisher doch nur im Dunkeln schwebte, zur klaren, schönen Übersicht gebracht. Schon die ersten Hefte haben mir auf meiner letzten Reise sehr genützt, besonders aber auch, daß sie mir Erfahrung meiner frühern Züge in Verbindung zu bringen Gelegenheit gaben.

[268] Ein Gleiches hoffe von der Charte von Württemberg, eines so bedeutenden Landes, welches ich leider einigemal nur durchschnitten.

Die auf Botanisches sich beziehenden Papiere haben Serenissimus an sich behalten und werden deshalb gewiß das Weitere verfügen und befehlen.

Der ich mich ausgezeichneter Hochachtung die Ehre habe, mich zu unterschreiben.

Weimar den 18. Februar 1822.


35/231.


An Frau Welz

[Concept.]

In der Beylage zur Allgemeinen Zeitung Nr. 10 hat Johann Friedrich Welz Gärtners Wittib für nächstkünftiges Frühjahr schöne dreyjährige Spargelpflanzen angeboten; da nun Unterzeichneter, ohngeachtet der größern Entfernung, damit einen Versuch zu machen gedenkt, so wünscht man zu rechter Zeit zwey Schock dergleichen Pflanzen, sorgfältig gepackt, hierher mit dem Postwagen unter beyliegender Adresse zu erhalten.

Die Ankunft derselben soll sogleich gemeldet und der anzuzeigende Betrag berichtigt werden.

Das Beste wünschend.

Weimar den 18. Februar 1822.[269]


35/232.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey das Verzeichniß der Gebirgsarten Württembergs, welche Ihnen schon vor einiger Zeit zugekommen sind; ich wünschte sie zu sehen, da ich sie so wohl geordnet finde und sie uns nächstens interessanter werden müssen, wenn in Resersteins geognostischem Deutschland auch die illuminirte und commentirte Charte des Königreichs Württemberg erscheint. Überhaupt wird dieses Werk in seinem Fortschreiten auch auf unsere Suitensammlung ein günstiges Licht werfen. Ich wünschte daher, daß Sie es in unsere Bibliothek anschaffen, weil es zunächst kaum entbehrlich ist.

Der ich mich des guten Fortgangs unseres Geschäfts unter Ihrer treuen und aufmerksamer Leitung jederzeit erfreue und alles Gute wünschend mich hochachtungsvoll unterzeichne.

ergebenst

Weimar den 18. Februar 1822.

J. W. v. Goethe.


35/233.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben in dieser letzten Zeit mich mit so vielen angenehmen Aufträgen erfreut und mit der wahrhaft[270] wohlgerathenen Medaille beglückt, daß ich meinen verpflichteten Dank nicht länger zurückhalten darf, besonders da ich Beykommendes zu übergeben zu melden habe; dieses ist wirklich ein respectables Präparat und wird die Vergleichung mit dem fossilen Geschöpfe höchst interessant seyn.

Die Anordnung der Edelstein-Sammlung hat mir über manchen trüben Tage hinweggeholfen; das Geschäft war mir so belehrend als ergötzlich. Nächsten Sonntag frühe würde ich wohl schon im Falle seyn, solche vorlegen zu können, wo ich nichts mehr wünsche, als zu Höchst Ihro Zufriedenheit gearbeitet zu haben. Wollen Höchst Dieselben mich mit Dero Gegenwart beglücken, so würde das Stierhaupt und wohl noch einiges andere nicht Unbedeutende vorzuweisen und mitzutheilen seyn.

Weimar den 21. Februar 1822.


35/234.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie wohl, mein Theuerster, abermals eine kriegerische Epoche vornehmen und in Betracht ziehen, indessen ich einige mittlere friedliche Motive zu bearbeiten fortfahre.

Weimar den 23. Februar 1822.

G.[271]


35/235.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Diese Woche, mein Werthester, muß ich sie doppelt und dreyfach bestürmen; unsere Jenenser werden ungeduldig, sie haben nur noch Manuscript zum 20. Bogen. Könnte ich 18 und 19 Mittwoch, und beykommendes Manuscript Sonnabend hinübersenden, so würde für die nächste Woche alles wieder im Gange seyn und wir hätten Muße, weiter vorzurücken.

Mit den besten Wünschen

dankbar

Weimar den 25. Februar 1822.

G.


35/236.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht alsobald zu vermelden, daß die neuste Sendung glücklich angekommen. Ihro Königliche Hoheit tragen mir auf, verbindlichst dafür zu danken.

Der Schädel ist von großer Schönheit und nähert sich jenem Urgeschöpfe freylich viel mehr als unser gewöhnliches Hornvieh. Die Vergleichung in Jena anzustellen bin ich sehr verlangend.

Serenissimus finden an den Samen durchaus neue Sorten und hoffen davon in den zu erweiternden[272] Glashäusern zunächst viel Vergnügen. Zugleich soll ich anfragen, ob kein Same von Araucaria excelsa und von Artocarpus nach Wien gekommen seyn? Herr v. Eschwege behauptet, er habe von der ersten Pflanze öfters Samen nach Deutschland an mehrere Personen, auch an seinen Bruder gesendet, wovon aber nichts aufgegangen. Wenn wieder Gelegenheit nach Brasilien ginge, wünscht mein Fürst, so möge man doch von beiden einen hübschen Vorrath bestellen. Der Samen von Araucaria excelsa aber müßte wohl in den Zapfen transportirt werden.

Indem ich mich dieses höchsten Auftrags hiedurch entledige, bediene ich mich Serenissimi eigner Worte und ersuche daher, wie es die Gelegenheit gibt, darauf gefällig zu reflectiren.

Genannter Herr v. Eschwege wird sich gewiß in Ew. Hochwohlgeboren Unterhaltung höchlich erfreut und belehrt haben; bey seinem kurzen Aufenthalte konnten wir doch manches Bedeutende von ihm vernehmen.

Schließlich bemerke noch, daß Serenissimus den Catalog des Gräflichen Harrachischen Gartens zu Bruck zu erhalten wünscht und dagegen den belvederischen anbietet. Wollen Ew. Hochwohlgeboren zu so viel Gefälligkeit auch noch diese hinzufügen, so wird es gewiß dankbar anerkannt.

Weimar den 27. Februar 1822.


[273] Da dieser Brief einige Tage liegen geblieben, so ist Ew. Hochwohlgeboren Ankündigung frischen Samens vom 19. Hornung indessen angekommen und ich darf wohl noch versichern, derselbe werde mit Ungeduld erwartet und mit freudiger Dankbarkeit empfangen werden.


35/237.


An Johann Christian Friedrich Körner

Es ist mir sehr angenehm, werthester Herr Doctor, daß ein Entoptisiren der Glastäfelchen bis auf diesen Grad gelungen; allein da ich in der Zwischenzeit von Berlin die allervollkommensten erhalten, auch von dorther ohne sonderlichen Aufwand jedes Bedürfniß derselben befriedigt sehen kann, so wollen wir mit dieser Angelegenheit weder Zeit noch Mühe verlieren, welche beide Ihnen kostbar sind. Mögen Sie indessen bey eintretender Muße die gedachten Versuche wiederholen, so wird es immer angenehm seyn, auch bey uns in der folge dergleichen fertigen zu können.

Das Beste wünschend

ergebenst

Weimar den 28. Februar 1822.

Goethe.[274]


35/238.


An Carl Gustav Carus

[Ende Februar 1822.]

Ew. Wohlgeboren

geneigte Sendung hat mir und den sämmtlichen Kunst- und Naturfreunden große Freude gemacht; fürwahr! Sie vereinigen so viel Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, deren innigst lebendige Verbindung theilnehmendes Bewundern erregt.

Von allem jedoch nächstens umständlicher, gegenwärtig nur die vorläufige Bitte: ob Sie wohl die Gefälligkeit haben wollten, beykommendes Blättchen zu rectificiren? ich würde die beiden Cirkel, mit ihren Buchstaben, in Holz schneiden und die Erklärung wie hier geschrieben mit Druckschrift untersetzen lassen; deswegen um genaue Berichtigung des Blättchens wohl bitten darf.

Schließen kann ich übrigens nicht, ohne zu sagen, daß Ihre Hülfswirbel mich sehr ansprechen, besonders der erste, dessen Nothwendigkeit ich immer dunkel geahndet habe; wie freut mich's, daß auch hier mein Vorgefühl durch Ihre Bemühungen zum Schauen geführt wird.

ergebenst

Weimar den 18. Februar 1822.

J. W. v. Goethe.


Vorstehendes hätte der am 24. abgegangene Rolle beygefügt werden sollen, darum es eiligst nachsende.[275]


35/239.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Anbey, mein werthester Herr Doctor, mit dem besten Dank für manches Übersendete und Vermittelte einiges was neu eingekommen und sonst:

1) Transactions of the New York-Society, hauptsächlich wegen der Fische merkwürdig, Geschenk von Herrn Doctor Bran.

2) Asiatic researches, 5. Theil. Hierüber wäre Herrn Professor Posselt, welcher das Werk für mich geborgt, sein Schein zurückzugeben.

3) Eine autorisirte Quittung, Rentamtmann Lange einzuhändigen.

4) Zugleich bemerke, daß das 11. Stück der Berliner Monatsschrift mir nicht zugekommen.

5) Herrn Major, mit den schönsten Empfehlungen, vermelden Sie, daß Professor Riemer mit sehr erfreuliche Collectaneen zur Geschichte des Lukrezischen Freundes Memmius zusammengestellt, wodurch das schönste Licht über gedachte Freunde und die damalige Zeit verbreitet wird. Es läßt sich immer mehr eine freudige Ausführung hoffen.

Zu dem schönen Wetter uns allen Glück wünschend und das Beste hoffend.

Weimar den 2. März 1822.

G.[276]


35/240.


An Friedrich Alexander Bran

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sage den verbindlichsten Dank für das übersendete vollständige Exemplar des Ethnographischen Archivs und zwar in meinem Namen sowohl als meines Sohnes, welcher gleichfalls vielen Antheil an Ihren Heften nimmt.

Die Transactionen der York-Socität waren sehr willkommen und sind gleichfalls anerkannt.

Zugleich sende ein merkwürdiges englisches Büchlein, welches, wenn es auch nicht unmittelbar zu Ihren Zwecken dienlich wäre, doch eine angenehme Unterhaltung geben wird, indem es den Zustand von Kenilworth, woselbst wir mit Walter Scott so gern verweilen, abermals deutlich suppletorisch vor Augen stellt.

Der ich mich zu geneigtem Andenken bestens empfehle.

Weimar den 2. März 1822.


35/241.


An Johann Christian Mahr

Es ist mir sehr angenehm, daß Ew. Hochedelgeboren mir Gelegenheit geben, für die neuliche höchst bedeutende Sendung, die Sie mit so einsichtigen Anmerkungen[277] begleiteten, meinen schönsten Dank abzutragen. Ich wurde dadurch wieder in frühere Zeiten versetzt, wo ich an jenen Gegenständen und Geschäften persönlich Theil nahm und die Phänomene der Natur zu erforschen mich bemühte. Ihre Beobachtung der in eine Porphyr-Bucht eingeschobenen Steinkohlen-Formation, wie Sie solche durch eine Zeichnung deutlich machen, ist sehr schön; vorzügliche Aufmerksamkeit dabey verdient es, wenn Sie sagen, daß die metallischen Theile sich stark in's Hangende gezogen haben. Es trifft diese Erscheinung mit andern überein und erläutert sie.

Auch für die heutige Sendung, die ich noch nicht eröffnet, meinen aufrichtigsten Dank mit wenigen Worten, weil der Bote fort will.

Die Erhaltung so vorzüglicher Exemplare werde mir angelegen seyn lassen. Sollte es nicht vortheilhaft seyn, sie in flache Glaskästchen zu legen?

Mit den besten Wünschen und dem Ersuchen, wenn Sie wieder nach Weimar kommen, mich nicht vorbey zu gehen.

ergebenst

Weimar den 4. März 1822.

J. W. v. Goethe.


35/242.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

[7. März 1822.]

Nur mit den wenigsten Worten vermelde eiligst, daß mir lange nichts so viel Freude gemacht als die[278] erhaltene Selbstbiographie des Herrn Howards, die ich seit gestern Abends durchlese und durchdenke. Haben Sie Gelegenheit dem wackern Manne danken zu lassen, so bitte versäumen Sie solche nicht. Auch hier ergibt sich die Erfahrung auf's neue, daß zarte sittliche Gemüther für Naturerscheinungen die offensten sind.

So eben erfolgt am Morgen die gefällige Sendung der zwey Bände Climate of London, zu deren genauer Betrachtung ich mich anschicke.

Ich hoffe im May mein neustes Heft zur Wissenschafts-Lehre gedruckt zu sehen, wo auch jenes vollständige Gedicht nebst Übersetzung wieder vorkommt; ich schreibe alsdann dankbar an Herrn Howard selbst und bitte Ew. Wohlgeboren um Vermittlung.


35/243.


An Georg Heinrich Roehden

Ew. Wohlgeboren

empfangen geneigtest die Erwiderung Weimarischer Kunstfreunde auf das schöne Denkmal, welches Sie Ihrem hiesigen Aufenthalt gewidmet. Sie werden daraus ersehen, daß alles noch glücklicher Weise bey'm Alten ist, sowohl dem Zustand als der Gesinnung nach.

Das nächste Heft wird wohl auch in einigen Monaten aufwarten, es enthält eine Auslegung des Triumphzugs des Mantegna, wobey Ihrer geneigten Theilnahme dankbarlichst gedacht ist. Ich werde drey[279] Anfragen hinzufügen, wenn Sie nicht bequeme Gelegenheit haben sollten sie vorläufig zu beantworten; ich setze sie hierher.

1) Wie sind wohl die Bilder nach England gekommen und zu welcher Zeit?

2) In dem Bilde, wo die Gefangenen vorbey geführt werden, strebt ein Knabe, der bisher zu Fuße gegangen, zu der Mutter auf, mehr läßt der Holzschnitt nicht bemerken; Vasari aber rühmt gerade diese Stelle als höchst naiv: das Kind hat sich einen Dorn in den Fuß getreten und zeigt dieses Unglück der Mutter vor. Läßt sich dieser Umstand im Bilde deutlich erkennen?

3) Eben gedachte Frau trägt auf dem rechten Arm ein Wickelkind, dieses ist aber so wunderlich angebracht, daß es eben auch der dahinter stehenden, ganz jungen, bekränzten Braut angehören kann; wie verhält es sich damit? Entscheidet vielleicht die Localtinte die Zweydeutigkeit?

Verzeihung! da es aber mit dem Abdruck gedachten Aufsatzes sich vielleicht noch ein Vierteljahr verziehen möchte, so würde derselbe durch eine gefällige Beantwortung gedachter Fragen eine höchst erfreuliche Vollständigkeit erhalten.

Mich zu Wohlwollendem freundschaftlichen Andenken zum Schlusse auf's allerbeste empfehlend.

treulichst

Weimar den 9. März 1822.

J. W. v. Goethe.[280]


35/244.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

wiederhole meinen verpflichteten Dank für die übersendete Selbstbiographie des Herrn Luke Howard und für das wichtige Werk über das Klima von London, bey Gelegenheit daß Herrn Doctor Noehden Beykommendes zuzustellen bitte.

Führwahr! es hätte mir nicht Erfreulicheres begegnen können, als das zarte religiöse Gemüth eines so vorzüglichen Mannes gegen mich dergestalt aufgeschlossen zu sehen, daß daß er mir die Geschichte seiner Schicksale und Bildung, so wie die innigsten Gesinnungen so treulich eröffnen mögen. Ich werde gewiß nicht versäumen, auf irgend eine schickliche Weise zu seiner Zufriedenheit einiges beyzutragen.

Der ich mich aber- und abermals geneigter Theilnahme fernerhin empfehlen möchte.

Weimar den [9.] März 1822.


35/245.


An Friedrich Theodor von Müller

Mit Entschuldigung daß ich, um nicht in gar zu kümmerlichen Umständen vor Ihnen zu erscheinen, Ihren freundlichen Besuch abgelehnt, spreche die Hoffnung aus, Sie baldigst wieder persönlich zu begrüßen.

Weimar den 12. März 1822.

G.[281]


35/246.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, beykommende wenige Blätter durchsehen, daß ich sie morgen mit denen Boten absenden kann; der 23. Bogen wird dadurch gefördert.

Mit den besten Grüßen.

Weimar den 12. März 1822.

G.


35/247.


An Carl Friedrich Zelter

Also zuvörderst Glück zur verherrlichten Liedertafel! Es ist doch recht schön, daß Fürst Radziwill dem Könige bekannt macht und genießen läßt des mannichfaltigen Guten was er um sich hat. Sodann aber den schönsten Dank für die liebreiche Bewirthung des werthen Kindes; sie ist glücklich angekommen und erzählt recht viel. In ihrer guten und natürlichen Art sieht sie die Dinge recht klar und deutlich und natürlichen Art sieht sie die dinge recht klar und deutlich, und so bleiben sie auch vor ihr stehen, immer als gegenwärtig; man kann nicht sagen, daß sie urtheilt, aber sie vergleicht gar einsichtig. Es wundert mich, daß sie nicht gleich geschrieben hat, denn sie ist in Gedanken und immerfort bey euch. Grüße Doris zum schönsten und danke ihr für freundliche Theilnahme, Förderniß und Geleit.

[282] Von unserer Großherzogin kann ich nur sagen, daß Bewunderung und Verehrung gegen sie immer mehr wachsen muß; sie ist zweymal gefallen, jedesmal mit bedeutender Beschädigung, ist sich aber immer selbst gleich, wankt und weicht nicht von ihrer Art und Weise; daneben macht sie sich zum Geschäft, die tanz- und festlustige Jugend in Bewegung zu erhalten und, selbst leidend, andern Freude zu machen. Sie besucht mich die Woche gewöhnlich einmal, da ich mich denn jederzeit vorbereite, irgend etwas Interessantes vorzulegen, wo denn ihre ruhige gründliche Theilnahme an Gegenständen aller Art höchst ergötzlich und belohnend wird.

Ich selbst habe mich diesen Winter sehr stille hingehalten, aber doch zuletzt einem Katarrh nicht entgehen können, den ich denn auch bey dem allerschönsten Wetter bald los zu werden gedenke.

Wenn du Freund Seebeck siehst, so entschuldige mich auf's beste, daß ich nicht geschrieben. Eine briefliche Wirkung in die ferne wird mir beynahe unmöglich, und ich muß mich schon recht zusammennehmen, wenn ich das, was täglich auf mich eindringt, beseitigen will. Wenn man denkt, wie viele Fäden durch ein langes Leben sich anknüpfen und anspinnen, so sollte man sich sagen, man habe daran genug, und doch unterläßt man nicht, bey Gelegenheit wieder nach einem Neuen zu greifen, wie man's in der Jugend gethan, und da wird denn die[283] Obliegenheit des Tagewerks bey abnehmenden Kräften zuletzt gar läßtig.

Die Meinigen sind alle wohl und munter, die Enkel besonders ohne Tadel, daß neu emporstrebende Leben nicht in seiner ersten Blüthe, wo sogar die Mängel unserer Natur anmuthig erscheinen.

Zu Jubilate kommt allerlei was ich den Freunden im Stillen bereite. Möge jeder sein Theil wohlwollend empfangen.

Meine Gegner irren mich nicht, wer müßte dieß nicht in der Welt, besonders aber in Deutschland gewohnt werden! Die edlen physischen Widersacher besonders kommen mir vor wie katholische Pfaffen, die einen Protestanten aus dem tridentinischen Concilium widerlegen wollten.

Schubarth ist ein merkwürdiger Mensch; es ist schwer vorauszusagen, wohin es mit ihm gedeihen kann. Bey der jetzigen Lage der Literatur überhaupt, besonders der in alles ein- und übergreifenden deutschen, arbeiten sich geistreiche junge Männer schneller empor zu klarer Übersicht und merken nur allzufrüh, daß urtheil keine sonderliche Befriedigung gibt. Sie fühlen daß man produciren müsse, um sich und andern einigermaßen genug zu thun. Das ist aber nicht einem jeden gegeben, und so hab ich die besten Köpfe mit sich selbst uneins gesehen.

Die drey Kupferstiche waren sehr willkommen, da ich den Meister höchlich schätze. Das größere stellt[284] auf eine wunderliche Weise das Manna des Wüstenzuges vor. Die Wüßte wird man freylich nicht gewahr, ein dichter Wald, ein Landhaus in der Nähe möchte wohl die Gabe des Himmels nicht so gar nothwendig machen. Genau besehen hat der Künstler blos auf die menschlichen Motive reflectirt: emsiges Auflesen, dazu ist ihm eine Figur in der Mitte genug; freudiges kräftiges Auspacken beschäftigt die Begünstigten zu unserer Linken, welches zwar rechter Hand wiederholt ist, aber nur subaltern, indem hier ein weiser Mann die Hauptrolle spielt, welcher das Geschäft zu leiten scheint. Und in diesem Sinne ist es köstlich componirt, daß auch nicht das Mindeste daran auszusetzen seyn möchte.

Das zweyte kleinere, von vortrefflicher Composition vieler Figuren, ist ohne Zweifel ein Sabinerraub. Das dritte wissen wir nicht zu dechiffriren; vor einem leeren Thron, den ein langbemantelter Greis zu bewahren scheint, stehen gebundene Krieger in demüthiger Stellung; der Hauptgedanke ist ganz sublim, nur läßt sich der Zusammensetzung vorwerfen, daß ein Arm zwey Gefangenen angehören und den linken des einen, den rechten des andern vorstellen kann. So etwas entwischt auch einem außerordentlichen Manne; Raphael jedoch hat sich dergleichen nie zu Schulden kommen lassen.

Ferner muß ich vermelden, daß deine Gabe noch einer anderen trefflichen vorausgegangen. Ich habe[285] nämlich einen sechszölligen Bacchus von Bronze zum Geschenk erhalten; ein militärischer Freund brachte ihn von der Expedition nach Neapel mit. Es mag ihm ein uraltes Vorbild der besten Zeit zum Grunde liegen; aber auch diese flüchtige Nachbildung darf man nicht später als in die Zeiten der Antonine setzen. Und so kommt denn manches zusammen und es ist freylich sehr hübsch, da mir diese Dinge noch immerfort den größten und reinsten Antheil abgewinnen.

Nun muß ich aber nochmals zu dem größern Polidor zurückkehren. Freund Meyer, im Aufziehen von Kupfern und Zeichnungen unübertrefflich, hat auch dieses Blatt ganz herrlich hergestellt. Nun konnte man es erst nach seinem ganzen Werth überschauen, da alle Runzeln ausgeglichen waren, und da fand sich denn, daß ich es oben falsch ausgelegt. Es sind nämlich nach wie vor die Kinder Israel und das Manna; allein das Auflesen, als eine kleinliche Handlung, hat der Künstler ganz beseitigt, nur das Wegtragen einer kostbaren gewichtigen Gabe dargestellt; denn selbst die knieende Figur im Mittelpuncte liest nicht auf, wie ich erst dachte, sondern sie ist mit aller Kraft bemüht, das Gefäß von der Erde zu heben. Alle andere Figuren zeigen stufenweis dieselben Bemühungen, es ist keine Figur, der man nicht Anstrengung ansähe, und doch ist alles höchst gefällig und lieblich.

Ich bemerke, daß diese Gemälde außen an Häusern[286] braun in braun angebracht waren, wovon glücklicherweise zu verschiedenen Zeiten Nachbildungen besorgt worden. Zu meiner Zeit waren in der Gegend des Palasts Lanzelotti noch einige dergleichen mehr oder weniger sichtbar.

Damit du mich aber nicht für allzu wunderlich hälst, daß ich oben jede briefliche Mittheilung ablehne und nun mehrere Blätter absende, so sag ich, daß seit vierzehn Tagen ich von einem rheumatischen Übel befallen worden, wo ich, zu jedem Geschäft untauglich und durchaus unmuthig, die Gegenwart eines Freundes herbeyrief, mich mit ihm zu unterhalten; dieses geschah nun dictando wie vorsteht, welches absende mit der Nachricht, daß es um vieles besser geworden.

treulichst

Weimar den 23. März 1822.

G.


35/248.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Schon Ihr früheres Schreiben vom 22. Januar, wozu sich eins von Ihrem Herrn Bruder gesellte, war mir höchst erfreulich, indem ich von so theuren Freunden wieder einmal zu vernehmen hatte, daß sie sich meiner geneigt erinnern, wenn auch schon die Ferne uns so weit aus einander hält. Auf Ihr gegenwärtig vor mir liegendes Schreiben weiß ich jedoch nicht sogleich etwas Befriedigendes zu erwidern; unter unsern[287] sämmtlichen Angestellten kenne ich keinen, dem man ein solches Geschäft mit Sicherheit anvertraute, und wenn sich auch einer fände, so würde das ihm zu reichende Honorar gewiß bedeutend seyn.

Allenfalls könnte ich den jungen Compter, der sehr viel fleiß und Accuratesse beweist und auch schon an jenen Manuscripte gearbeitet hat, darum ansprechen; allein er ist bey der Wiederherstellung der Universitäts-Bibliothek so sehr beschäftigt und widmet dieser Arbeit alle seine Kräfte, daß ich nicht wüßte, wie man ihm noch mehr auftragen oder was man ihm abnehmen könnte. Indessen werd ich diese Angelegenheit treulich im Sinne hegen und bey meinem nächsten Aufenthalt in Jena das Nähere zu betrachten und einzuleiten suchen. Empfehlen Sie mich dortigen verehrten Vorstehern und Theilnehmenden und erlangen mir einen gefälligen Aufschub, dessen ich bey vielfachem Zudrang, bey vermehrten Pflichten und verminderten Kräften jeden Augenblick bedarf, mit Bitte ihre fernere weitere Vermittelung mir freundlichst zu gönnen.

Der Wunsch Ihres Herrn Bruders, handschriftliche Zeugnisse unseres Daseyns zu erhalten, soll nächstens befriedigt werden. Grüßen Sie ihn auf's herzlichste.

Was die anher gesendeten Paquete betrifft, so vermuthe wohl, daß sie richtig angekommen sind, doch darüber mit Gewißheit zu sprechen müßt ich den Inhalt wissen, denn es ist zu lange her, als daß ich[288] mich genau erinnern könnte; eben so hoffe ich, daß die beiden Zeichnungen von Overbeck, die ich auch längst, sorgfältig gepackt, abgesendet, glücklich angekommen seyen.

Beyliegendes Schreiben haben Sie die Gefälligkeit an die Adresse abgeben zu lassen und empfehlen mich Ihren theuren Angehörigen zum allerschönsten. Möge Ihnen alles verdiente Gute in reichem Maaße zu Theil werden.

Weimar den 14. März 1822.


35/249.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wenn Sie, mein Werthester, heute Abend nicht mit in den Strudel der hohen Reitkunst hingerissen werden, so wird es mich erfreuen, Sie zu sehen. Außerdem würde ich mir das Vergnügen morgen erbitten.

Weimar den 15. März 1822.

G.


35/250.


An Friedrich Wilhelm Riemer

An Beyliegendem, mein Werthester, ist noch manches geschehen, auf Verabredung mit Hofrath Meyer und sonst; deshalb ich denn wünschte, Sie möchten diesen Blättern noch einen Überblick gönnen und mir solche nächstens zurücksenden.

Weimar den 18. März 1822.

G.[289]


35/251.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Da ein Rückfall meiner katarrhalischen Zustände mich im Bette hält und mich unfähig macht, irgend einem Geschäft einige Aufmerksamkeit zu widmen, so muß ich Sie hierdurch, mein Werthester, freundlich und dringend ersuchen, die höchstannehmlichen Bleistiftbemerkungen zu dem 23. Revisionsbogen mit Tinte zu überziehen und mich dadurch in den Stand zu setzen, morgen durch die Boten die Absendung zu veranstalten.

Wird es nicht besser, so muß ich Sie um gleiche Gefälligkeit für das übersendete Manuscript ersuchen.

Mögen Sie nächstens zu irgend einer beliebigen Tageszeit bey mir auf ein Stündchen einsprechen, so würden durch freundliches Gespräch meine Zustände um vieles gebessert werden.

Weimar den 19. März 1822.

G.


35/252.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Erlauben Sie, mein Theuerster, daß ich, in Gefolg meines letzten, sogleich anfange Wort zu halten und einiges von meiner Handschrift übersende. Es sind ältere Briefe an unsern vorsitzenden Herrn Geheimderath v. Fritsch, welche nach seinem Ableben wieder[290] in meine Hände gekommen. Es sind die unschuldigsten Documente von verschiedenen Jahren und also deshalb von etwas mehrerem Interesse; ältere eigenhändig geschriebene Lieder etc. finde nicht. Diesem Anfang hoff ich bald Handschriften der übrigen Freunde nachzusenden.

Darf ich einen kleinen Auftrag hinzufügen, so bitte beykommende Anweisung auf 50 fl. rheinisch einzucassiren und Herrn Bernhard Dumont, Handelsmann und Hauptcollecteur in Frankfurt, die summe von 45 fl. 30 Kreuzer gegen Quittung auszahlen zu lassen, für den Überrest aber von 4 fl. 30 Kreuzer mir ein Schiebekästchen mit Zuckerwerk gefällig zu übersenden, damit ich, in Ermangelung von Gartenfrüchten, meine Enkel mit dieser paradiesischen Ware an schönen Frühlingstagen vergnügen könne.

Der ich mich zu theilnehmendem freundlichen Andenken bestens empfohlen wünsche.

Weimar den 22. März 1822.


35/253.


An Johann Friedrich Cotta

In Erwiderung Ew. Hochwohlgeboren geneigten Schreibens vom 8. März vermelde, daß Titel und Vorwort zum deutschen Gil Blas nächstens einlangen werden. Wo ich die Bitte hinzufüge, eine zu Gunsten Herrn Rath und Doctor Schlossers in Frankfurt a. M.[291] gestellte Anweisung auf 50 fl. Rheinisch gefällig zu honoriren, auch ohnschwer der Johann Friedrich Welz Gärtners Wittwe in Ulm 2 fl. 3 Kreuzer baar auszahlen zu lassen. Verzeihen Sie diese Kleinigkeit, die etwas wunderlich aussieht; als Gartenfreund konnt ich mich nicht enthalten, Ulmer Spargelpflanzen zur Vergleichung kommen zu lassen.

Die Steinbrücke nach der Boisseréeschen Sammlung sind ganz vortrefflich, die Weimarischen Kunstfreunde werden derselben immer in allen Ehren gedenken.

Herr Schorn macht seine Sache sehr gut. Das Literaturblatt werden sie ja wohl auch gelegentlich mit Ihrem werthen und würdigen Verlag in Einklang zu setzen wissen.

Noch einige von Herrn Frege erhobene Posten habe nicht gleich gemeldet, zu Jubilate wird alles zur Sprache kommen.

Zum Schluß erlauben Sie zu bemerken, daß ich die fünf erbetenen Exemplare der Farbenlehre noch nicht erhielt; die Beschreibung der Tafeln hat Herr Frommen auf Ersuchen mir abgegeben, die Tafeln ließ auf meine Unkosten illuminiren. Hierbey enthalte mich nicht zu eröffnen, daß man in Berlin einen vollständigen Apparat nach meiner Anleitung anlegen und diesen Sommer Vorlesungen über meine Farbenlehre halten wird. Wer abwarten kann, gelangt endlich auch zum Ziel.

[292] Fortdauernder freundschaftlicher Theilnahme und Zutrauen mich angelegentlichst empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 22. März 1822.

J. w. v. Goethe.


35/254.


An Leopold Dorotheus von Henning

Auch Ihr Schreiben, mein Werthester, vom 19. März war mir sehr angenehm; aber verzeihen Sie, wenn ich nur theilweise antworte, ich bewege mich gegenwärtig in weit entfernten Regionen. Eilig und vor allen Dingen sey daher gesagt, daß ich die Ordnung Ihres experimental-didaktischen Vortrages höchlich billige; Sie können von jedem Gradsinnigen verlangen, daß Äußere, Gegenständliche zu sehen, nicht aber in sein Inneres zurückzublicken und sich selbst zum Object zu machen.

Fangen Sie bey dem Physischen an, so liegt die Hauptlehre von der Trübe allsobald zum Grunde und sie haben den schönsten Fortschritt der Ableitung, bis Sie zum Chemischen gelangen und auch dieses durchführen. Lassen Die dann das Subjective folgen, so können Sie den Schülern überraschend sagen: Was ihr bisher außer euch gesehen, geht auch in euch vor. Wirkung und Gegenwirkung, die ihr überall bemerktet, ereignen sich gleichfalls im Auge und zwar ganz folgerecht nach denenselben Gesetzen. Hiezu kann ich von den schönsten unmittelbarsten Bezügen Kenntniß geben.[293]

Mit Ihrer Darstellung der Farbensäume des durch ein Prisma gehenden Bildes einer Ladenöffnung bin ich nicht ganz einig. Ich will die Figur durchstechen und das eigentliche Verhältniß aufzeichnen lassen; wenn Sie sich in diesen Dingen genau an meine Tafeln halten, so können Sie nicht fehlen.

Die entoptische für Sie bestimmte Maschine ist fertig; sie sey zu Ihrer Anstalt gestiftet. Leider geht noch der entopische, aus Glasplatten zusammengesetzte Cubus ab, wegen welchem ich mich nunmehro an den Chemiker gewendet habe; lassen Sie ja Ihren Künstler sich hierin wohl üben. Einen Soliden Cubus mit entopischen Eigenschaften finden Sie blos zufällig und müssen daher alle, die Ihnen zur Hand kommen, zwischen den bekannten Spiegeln probiren und einen, der die Probe besteht, willkommen heißen. Da indessen der aus Glasplatten zusammengesetzte eben die Dienste thut, ja sogar noch andere Vortheile bietet, so thut der Künstler wohl, fleißig zu versuchen, den Glasplatten durch Glühen und schnelles Abkühlen die gewünschte Eigenschaft mitzutheilen.

Minen Aufsatz über Farben im dritten Heft der Naturwissenschaft empfehle zu getreuem Studium; er ist höchst sorgfältig geschrieben, und wenn Sie die Phänomene mit Gewandtheit vortragen, so wird es gewiß eines der interessantesten Capitel physischer Farbenabtheilung.

Mit den kunstreich getrübten Trinkgläsern ist es[294] mir vergangenen Sommer in Böhmen nicht geglückt; unter einem Dutzend sind blos zwey einzige, die das Phänomen vollkommen darstellen, bey den andern scheint sich der Schmelz schon zum Gelben specificirt zu haben; die doppelsinnige Trübe ist verschwunden, wie es ja auch bey chemischen Infusionen geschieht, und sie jeden Tag mit Roßkastanien- Rinde in Wasser versuchen können.

Für heute nicht mehr! Verzeihung! Meine gegenwärtigen Arbeiten liegen gar zu weit ab von diesem Felde. Schreiben Sie jedoch nur öfters und fragen beliebig an; ich werde dadurch wenigstens zu flüchtiger Erwiderung angeregt; ich habe mir ein Actenstückchen von Ihren Briefen und meinen Antworten gemacht, so daß ich wohl nachkommen kann.

treulichst

Weimar den 23. März 1822.

J. W. v. Goethe.


Noch muß ich bemerken, daß man zu den Glasplättchen, denen man die entopische Fähigkeit mittheilen will, das reinste Glas muß zu erhalten suchen, das nur aus Kieselerde und Kali besteht, besonders hat man sich vor allem Glase zu hüten, bey welchem sich irgend ein bleyischer Antheil eingeschlichen.


35/255.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, Beykommendem nochmalige Aufmerksamkeit schenken? Indem ich das[295] Zerstreute zusammenzog und einiges einschaltete, so möchte sich doch wieder Mängel eingeschlichen haben. Es ist Zeit, wenn wir nächsten Sonnabend gegenwärtige Abtheilung nach Jena schicken.

Indessen wünschte ich, daß Sie einen dieser Tage mich nach Tische besuchten; es sind manche schöne Kunstblätter angekommen, die ich vorzuzeigen wünschte.

Weimar den 25. März 1822.

G.


35/256.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

entschuldigen gnädigst in Betracht eines vierwöchentlichen höchst lästigen Katarrhalzustandes einige verzögerte Geschäfte, die aber doch deshalb nicht stocken geblieben.

1) Das mir anvertraute Edelstein-Kabinett werde noch vor den Feyertagen an Rath Helbig übergeben, wünsche meiner geringen Bemühung höchste Zufriedenheit und glückliche Vermehrung der schönen Grundlabe.

2) Wegen des Augsburger Bildes ist an Boisserées Anfrage ergangen, durch welche man in Betracht ihrer Studien und Connexionen am ersten einige Aufklärung hoffen darf.

3) Die meteorologischen Tabellen zum Januar, in Jena ausgearbeitet, liegen bey, sie wären früher[296] eingelangt, wenn man nicht noch die Wiener Beobachtungen hätte hinzufügen wollen, welche aber bis jetzt noch nicht angekommen sind.

Von Breslau vernehme vorläufig gute Aufnahme und hoffe nächstens eine Erwiderung unserer Tabellen durch Doctor Brandes.

4) Die Protea speciosa in Belvedere nicht selbst besuchen zu können thut mir sehr leid. Vielleicht befehlen Ew. Königliche Hoheit, daß nach dem Verblühen einige von den schwarzen Blumenblättern an mich gelangen und wenn auch schon trockene; ich wäre neugierig, sie den chemischen Reagentien zu unterwerfen, um zu sehen, was für Resultate hervortreten.

5) Der Brief an Professor Sprengel geht mit der morgenden Post ab.

Weimar den 26. März 1822.

Goethe.


35/257.


An Kurt Sprengel

[Concept.]

Wohlgeborener

Insonders hochgeehrtester Herr!

Ihro Königliche Hoheit der Großherzog tragen mir auf, in Erwiderung Ew. Wohlgeboren Schreibens vom 18. März, zu versichern, daß die persönliche Bekanntschaft eines so verdienten Mannes gemacht zu haben Höchst Denenselben sehr angenehm gewesen; zugleich soll ich für das überreichte Werk und für die nähern[297] Bestimmungen der Casuarinen in Belvedere den besten Dank zu sagen.

Was Ew. Wohlgeboren Wünsche [für] die Benutzung der hiesigen Bibliothek betrifft, so haben Höchst Dieselben mir den Auftrag gegeben, das Nähere zu vernehmen und die Mittheilung [betreffend] alle Gefälligkeit zu bezeigen. Wozu ich mich denn gern bekenne und das Weitere erwartend mich hochachtungsvoll unterzeichne.

Weimar den 26. März 1822.


35/258.


An Christian Friedrich von Staff

[Concept.]

[28. März 1822.]

Sie haben sich, mein werthester Herr und junger Freund, eines allerliebsten Kunstschatzes beraubt, um mich dadurch zu erfreuen; fast würde ich zaudern, das bedeutende Geschenk anzunehmen, wär ich nicht überzeugt, daß die Lücke, die dadurch in Ihrem Besitz entsteht, durch das Vergnügen, das Sie mir verschaffen, in Ihrer Empfindung ausgeglichen würde.

Mehr als ein Zeichen meiner Dankbarkeit und nicht als Gegengabe bitte die wenigen Bände anzusehen, die ich vor kurzem übersendete. Meine Hauptabsicht ist dabey, Ihnen recht fühlbar zu machen welch ein Unterschied es sey, als Pilger oder als Ritter Italien zu betreten.

[298] Den nächstfolgenden Band, worin Sie mich als Volontär in Ihrem eigenen Metier finden werden, behalte mir vor nächstens zu übersenden.

Mich mit wiederholtem Dank und Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin hochachtungsvoll unterzeichnend.

Weimar den 26. März 1822.


35/259.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

So sehr mir auch, mein theuerster Freund, die übersendete Gebirgsart Freude macht, weil sie mir meine besondersten Grillen wieder zur Anschauung bringt, so würde ich doch kein Bedenken tragen, sie augenblicklich aufzuopfern und, nach Deukalions Beyspiel, mit verhülltem Haupte sie hinter mich werfen, wenn ich hoffen könnte, ein menschliches Wesen daraus entstehen zu sehen, wie Sie und Ihre Freunde es suchen und wünschen.

Bey einem zwanzigjährigen Antheil an einer Theater-Administration habe ich dergleichen Mann nicht kennen lernen, es mußten immer mehrere zusammentreten um, was dazu gefordert wird, zu leisten. Gegenwärtig, da wir in ästhetischer und mannichfacher Ausbildung sehr hoch stehen, möchte wohl Frankfurt a. M., Leipzig, Dresden, Berlin sich solcher Männer erfreuen; sie haben sich aber durch vieljährige[299] Bemühungen, durch Handel und Wirken an Ort und Stelle erst dazu erhoben was sie sind. Einen freyen Mann, der zu solchen Zwecken allenfalls zu berufen und vorzuschlagen wäre, wüßt ich nicht anzugeben, könnte auch nicht einmal eine Spur nachweisen, wo er zu finden seyn möchte.

Daran dürfte denn freylich meine völlige Abgesonderheit von allen Theater-Verhältnissen seit einigen Jahren Schuld seyn. Wo sich noch vielleicht zuerst einer fände, möchte Berlin seyn, wo Sie ja wohl in Verhältnissen stehen, die mir fehlen.

Gegenwärtiges beeile, damit Sie nicht aufgehalten werden sich umzusehen, wiederhole meinen Dank für die übersendete Bergart und bitte meiner freundlichst zu gedenken. Wobey ich herzlich bedaure, daß ich Ihrem Vertrauen so wenig zu antworten vermochte.

Weimar den 30. März 1822.


35/260.


An Carl Friedrich Zelter

Wenn man problematische Bilder wie das fragliche von Tizian verstehen und auslegen will, so hat man Folgendes zu bedenken: seit dem dreyzehnten Jahrhundert, wo man anfing den zwar noch immer respectablen, aber zuletzt doch ganz mumienhaft vertrockneten byzantinischen Stil zu verlassen und sich an die Natur zu wenden, war dem Maler nichts zu hoch und nichts[300] zu tief, was er nicht unmittelbar an der Wirklichkeit nachzubilden getrachtet hätte; ja die Forderung ging nach und nach so weit, daß die Gemälde, als eine Art von Mustercharte, alles dem Auge Erreichbare enthalten mußten. Eine solche Tafel sollte bis an den Rand bedeutend und ausführlich gefüllt seyn; hiebey blieb nun unvermeidlich, daß fremde, zum Hauptgegenstand nicht gehörige Figuren und sonstige Gegenstände als Beweis allgemeiner Kunstfertigkeit mit ausgeführt wurden. Zu Tizians Zeiten unterwarf sich der Maler noch gern solchen Forderungen.

Wenden wir uns nunmehr zum Bilde selbst! In einer offenen, mannichfaltigen Landschaft sehen wir zu unserer linken Hand, fast am Rande, nächst Felsen und Baum, das schönste nackte Mädchen liegen, bequem gelassen, impassible, wie auf dem einsamsten Polster. Schnitte man sie heraus, so hätte man schon ein vollkommenes Bild und verlangte nichts weiter; bey gegenwärtigem Meisterbilde aber sollte vorerst die Herrlichkeit des menschlichen Körpers in seiner äußerlichen Erscheinung dargethan werden. Ferner steht hinter ihr ein hohes enghalsiges Gefäß, wahrscheinlich des Metallglanzes willen; ein sanfter Rauch zieht aus ihm hervor. Sollte das vielleicht auch die Frömmigkeit dieser schönen Frau, auf ein stilles Gebet, oder worauf sonst deuten?

Denn daß hier eine höchst merkwürdige Person vorgestellt sey, werden wir bald gewahr. Rechts[301] gegenüber liegt ein Todtenkopf, und aus der Kluft daneben zeigt sich der Arm eines Menschen, noch von Fleisch und Muskeln nicht entblößt.

Wie das zusammenhänge, sehen wir bald; denn zwischen gedachten Exuvien und jenem Götterbilde krümmt sich ein kleiner beweglicher Drache, begierlich nach der anlockenden Beute schauend. Sollten wir nun aber, da sie selbst so ruhig liegt, und, wie durch einen Zauber, den Lindwurm abzuhalten scheint, für sie einigermaßen besorgt seyn; so stürmt aus der düstersten Gewitterwolke ein geharnischter Ritter auf einem abenteuerlichen feuerspeienden Löwen hervor, welche beide wohl bald dem Drachen den Garaus machen werden. Und so sehen wir also, obgleich auf eine etwas wunderbare Weise, St. Georg, der den Lindwurm bedroht, und die zu erlösende Dame vorgestellt.

Fragen wir nunmehr nach der Landschaft, so hat diese mit der Begebenheit gar nichts gemein; sie ist nur, nach oben ausgesprochenem Grundsatz, für sich so merkwürdig als möglich, und doch finden die beschriebenen Figuren in ihr glücklichen Raum.

Zwischen zwey felsigen Ufern, einem steileren stark bebuschten, einem flächeren, der Vegetation weniger unterworfenen, strömt ein Fluß erst rauschend, dann fast zu uns heran; das rechte steile Ufer ist von einer mächtigen Ruine gekrönt, gewaltige unförmliche Massen von überbliebenem Mauerwerk deuten auf[302] Macht und Kraft, die sich bey'm Erbauen erwiesen. Einzelne Säulen, ja eine Statue noch in einer Nische, deuten auf die Anmuth eines solchen königlichen Aufenthalts; die Gewalt der Zeit hat aber alle Menschen-Bemühungen unnütz und unbrauchbar gemacht.

Auf dem gegenüberliegenden Ufer werden wir auf neuere Zeiten gewiesen; da stehen mächtige Thürme, frisch errichtete oder völlig wiederhergestellte Vertheidigungsanstalten, neu wohlausgemauerte Schießscharten und Zacken; ganz hinten aber im Grunde verbindet die beiden Ufer eine Brücke, die uns an die Engelsbrücke, so wie der dahinterstehende Thurm an die Engelsburg erinnert. Bey der Wahrheits- und Wirklichkeitsliebe ward eine solche Ort- und Zeitverwechselung dem Künstler nicht angerechnet. Denke man aber ja nicht das Ganze ohne die genauste Congruenz, man könnte keine Linie verändern, ohne der Composition zu schaden.

Höchst merkwürdig preisen wir die vollkommen poetische Gewitterwolke, die den Retter heranbringt; doch läßt sich ohne Gegenwart des Blattes davon nicht ausführlich sprechen. An der einen Seite scheint sie sich von jener Ruine, gleich einem Drachenschwanz loszulösen, im Ganzen kann man aber mit allem Zoomorphismus keine eigentliche Gestalt herausdeuten; an der andern Seite entsteht zwischen Brücke und Festungswerken ein Brand, dessen Rauch still wallend bis zu dem feuerspeienden Rachen des Löwen hinaufsteigt[303] und mit ihm in Zusammenhang tritt. Genug, ab wir gleich diese Composition erst als collectiv ansprachen, so müssen wir sie zuletzt als völlig zur Einheit verschlungen betrachten und preisen.

eilig wie treulich

Weimar den 31. März 1822.

G.


36/1.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey das Verzeichniß einiger Kupferstiche, welche in der nächsten Auction für mich zu erstehen bitte. Da es nun alle solche sind die ich zu besitzen wünsche, so wäre es mir nicht zuwider, wenn auch ein etwas höherer Preis dafür gezahlt werden müßte.

Zugleich hab ich in Auftrag eine freundliche Anfrage zu thun:

Der selige hiesige Hofmahler Hofrath Jagemann hinterließ eine Sammlung von Kupfern und Handzeichnungen, worunter manches Gute Arbeit befindet, welches man auch in hiesigen Sammlungen zu besitzen wünschte; weil aber der Vormund nicht verantworten könnte, einzelne aussuchen zu lassen, da der Preis schwer zu bestimmen ist, so gedächte man das Ganze nach Leipzig zu senden und Ihrer Vorsorge zu überlassen, auch sodann von hier aus einige Commission zu geben von Blättern, welche man aufzeichnen würde.

Mögen Ew. Wohlgeboren mir deshalb Ihrer Meynung sagen und dabey, wovon Sie etwa deshalb unterrichtet[1] zu seyn wünschten, wie ich denn bemerke, daß kein Katalog vorhanden und derselbe also dort unter Ihrer Aufsicht zu fertigen wäre; so wie denn auch die übrigen Bedingungen und Kosten zu melden bitte.

Der Vormund der Jagemannischen Tochter, Herr Rath und Geh. Referendar Helbig, wird sich alsdenn unmittelbar mit Ihnen in Verbindung setzen.

Der ich mit den besten Wünschen und mit Versicherung vollkommener Hochachtung die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 3. April 1822.


36/2.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie mein Werthester, beykommenden Bogen einige Aufmerksamkeit schenken, damit wir uns Freytags weiter darüber berathen können; ich denke sodann etwa im nächsten Stück Kunst und Alterthum in demselben Sinne die Sache weiter zu verfolgen.

Weimar den 4. April 1822.

G.


36/3.


An Johann Georg Lenz

Indem die bedeutende Correspondenz vom vorigen Jahre dankbar zurücksende, wünsche Glück zugleich, daß dieses neue so günstig angefangen hat. Sollten wir Herrn Cramer zu Dillenburg nicht auch etwas Freundliches[2] erweisen? Nach dem was er mir gesendet zu schließen, muß die an das Kabinett eingeschickte Suite von Bedeutung seyn.

Ferner liegt ein Verzeichniß bey von brasilianischen Stufen, mit deren Anblick Serenissimus Sie selbst nächstens zu erfreuen gedenken.

Die Anschläge zu den Schränken sind approbirt an Färbern gegeben worden.

Wenn ich zu Erfüllung geäußerter Wünsche etwas beytragen kann, so thue ich es gerne; in einiger Zeit gibt es Gelegenheit, Serenissimo deshalb unterthänigsten Vortrag zu thun.

ergebenst

Weimar den 4. April 1822.

J. W. v. Goethe.


36/4.


An Carl Emil Helbig

Auszug aus des Universitäts-Proclamator Weigel

zu Leipzig Schreiben vom 6. April 1822.


»Ich sollte glauben daß sich Jagemanns Sammlung hier ganz gut verkaufen würde. Wollten Ew. pp. hochgeneigtest veranstalten, daß die Sammlung nach der Ostermesse hieher gesendet würde, so könnte mein Sohn bey etwas ruhigere Zeit den Katalog darüber schreiben. Er läßt sich für den gedruckten Bogen 5 rh. zahlen; ein sehr mäßiger Preis, da die Arbeit mühsam ist, und ein Bogen viele Nummern faßt.[3] Der Abzug bey der Auction ist an Kosten, den Druck inbegriffen, 3 gr. vom Thaler, noch immer derselbe Abzug als 1782, wie Rost diese Auctionen anfing, die an manchen Orten Nachahmung, aber keinen Fortgang fanden. Die Ursache mag in der Localität, zum Theil aber auch darinnen liegen, daß die Unternehmer Kaufleute waren, wobey sich die Sammler nicht immer zufrieden gestellt finden konnten.«


Da auf den Bogen ungefähr 300 Nummern gehen, so kann man sich die Rechnung voraus machen. Mich dünkt die Forderung billig, denn es ist viel Arbeit dabey.

Mögen Ew. Wohlgeboren sich nun deshalb weiter mit Weigeln benehmen, so wird diese Angelegenheit mit wenigem abzuthun seyn.

Mit den besten Wünschen

ergebenst

Weimar den 9. April 1822.

J. W. v. Goethe.


36/5.


An Kurt Sprengel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey das Verzeichniß der im Jahr 1821 der weimarischen Bibliothek einverleibten botanischen Werke; wollten Dieselben nunmehr bemerken, in welcher Zeitfolge solche gewünscht würden, so könnte man die[4] Einleitung treffen, daß jedesmal eine proportionirte, irgend einen nicht allzu großen Kasten füllende Sendung überschickt würde, nach deren Rückkehr sodann eine fernere folgen könnte.

Wie es mir zu den besonderen Vergnügen gereicht, Ew. Wohlgeboren in gegenwärtiger Angelegenheit gefällig zu seyn, so werden die Bibliotheks-Subalternen einige zugedachte Remuneration dankbar anerkennen.

Mit vorzüglicher Hochachtung mich unterzeichnend.

Weimar den 10. April 1822.


36/6.


An Ludwig Wilhelm Cramer

Ew. Wohlgeboren

so bedeutende als unterichtende Sendungen, die Sie der mineralogischen Societät und mir gewidmet haben, würden mich noch mehr erfreuen, wenn ich mich nicht eben deswegen doppelt und dreyfach als Ihren Schuldner bekennen müßte.

Dieses Gefühl wird mir, obgleich nur wenig, leichter dadurch daß ich die Versäumniß einem Dritten zuschreiben kann.

Herrn Beschorner in Schlackenwalde hatte ich schon im Herbst 1820 um diejenigen Gegenstände ersucht, welche Ihnen abgingen, und zwar auf eine Weise die mich hoffen ließ, derselbe werde zu einer hübschen Sendung[5] sich verpflichtet halten. Ich erhielt aber nichts, und als ich im Herbste des vergangenen Jahres nachfragte, war derselbe nach Pilsen versetzt, wodurch ich meine Hoffnung nur weiter entrückt sah.

Außer Gebirgsarten, die nicht in Ihre Sammlung einschlagen, hatte ich wenig Gewinn, etwas Mavelliten, Egerane; mit begleitendem fasrigen Urkalk. Dann folgte etwas linsenförmiges Eisen von Rokitzan und dergleichen, das ich seiner Geringfügigkeit wegen nicht anzubieten traue. Doch geb ich die Hoffnung nicht auf, Ihnen gegen so vieles Schöne und Gute auch etwas Erfreuliches zu erwidern. Übrigens hat meine Sammlung gewissermaßen stillgestanden, indem ich bey eintretenden Umständen ganz andere Bedürfnisse befriedigen hatte.

Daß Sie von Ihren so lange redlich und thätig, zuletzt nicht mit ganzer Zufriedenheit geführten Geschäften entbunden sind, dazu wünsche von Herzen Glück! Ich würde bey solcher Beruhigung Ihrer werthen und belehrenden Unterhaltung desto freudiger genießen, wenn es mir vergönnt wäre, meine Vaterstadt und deren Nachbarschaft wieder zu besuchen.

Ich empfehle mich zum besten und freue mich der Stunde wo es mir gelingt, Ihnen irgend etwas Angenehmes zu erzeigen.

ergebenst

Weimar den 10. April 1822.

J. W. v. Goethe.[6]


36/7.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben durch gnädige Mittheilung des dankbarlichst zurückgehenden Buches mir sehr viel Vergnügen verschafft; es war das erste was ich von Hoffmann las, und es ist nicht zu läugnen, daß die wunderliche Art und Weise, wie er das bekannteste Locale, gewohnte, ja gemeine Zustände mit unwahrscheinlichen, unmöglichen Vorfällen verknüpft, einen gewissen Reiz hat dem man sich nicht entziehen kann.

Daß das Büchlein eine vorläufige bedenkliche Celebrität erhielt, kommt dem Verleger sehr zu statten; nur werden diejenigen Leser, welche etwas Verfängliches erwarten, sich gar sehr getäuscht finden. Der Verfasser ist viel zu klug, als eine gewisse mittlere schriftstellerische Laufbahn, auf der es ihm so gut gelingt, sich durch irgend eine Verwegenheit zu verkümmern.

Weimar den 12. April 1822.


36/8.


An Friedrich Heinrich Wilhelm Körte

[Concept.]

Bey Ew. Wohlgeboren nach so langer zeit mein Andenken wieder zu erneuern, mich nach Ihrem und[7] der lieben Ihrigen Befinden zu erkundigen, ergreife gegenwärtig ohne Gedenken eine etwas sonderbare Gelegenheit.

Sie haben in dem Archiv der Urwelt uns Nachricht und Abbildung eines Urstier-Schädels gegeben, welches beides mich und die hiesigen Naturfreunde ganz besonders interessirt. Wir fanden nämlich nicht nur schon vor geraumer Zeit zwey Hornkerne solcher Art in dem Ilmtiefe, sondern es ist auch im vorigen Sommer in den Torfmooren von Haßleben, des Amtes Großrudestedt, hinter dem Ettersberg und also in der Unstrutregion, ein ziemlich vollständiges Skelett eines solchen Thiers aufgestellt worden.

In der Beylage Nr. 1 finden dieselben das Maaß dieses Haßleber Stieres, den Kopf ausführlicher, mit einem ungarischen skelettirten Stierkopf, sodann aber auch mit Ihren Angaben, sowohl des Urstiers von Frose als des voigtländischen, tabellarisch verglichen.

Nach denen eingeschriebenen Zahlen würden Ihre beiden Häupter, sowohl der ältere als auch der neuere, kleiner als die unsrigen erscheinen, da aber der Ihre nach Halberstädter Werkmaaß und also nach dem in ganz Preußen angenommenen rheinländischen Fuß gemessen ist, dieser aber 1 und 3/10 Zoll größer ist als das Leipziger und daher auch als unser Maaß; so ginge bey Vergleichung daraus hervor, daß Ihre beiden Köpfe wenigstens in einigen Theilen größer seyen als die[8] unsrigen. Weil es nun aber wünschenswerth wäre, daß man hierüber ganz in's Klare käme, eine berechnende Vergleichung aber zweyer Maaßstäbe immer auf kleine Brücke führt; so trag ich um so weniger Bedenken mich an Dieselbigen zu wenden, als nach Betrachtung Ihres wohl durchdachten Aufsatzes voraussetzen darf, daß die Nachricht und nähere Kenntniß unsres Fundes auch Sie gewiß interessiren wird.

Meine Bitte geht also dahin: Sie möchten in die leergelassenen Columnen der Tabelle Nr. 2 das Maaß der bey Ihnen vorhandenen Schädel, nach beyliegendem Maaßstab sich hervorthun wird.

Noch füge hinzu, daß die Gestalt unseres Schädels mit dem Ihrigen vollkommen übereintrifft, besonders aber die Inwärtsbeugung der Hörner; allein es fehlt bey uns ein größerer Theil des Oberkiefers und die Thränenbeine, das Übrige jedoch ist aus der Tabelle zu ersehen. Da ich nun in dem eben zu edirenden vierten Hefte der Morphologie dieser Erscheinung zu gedenken und mich Ihres Antheils zu rühmen hoffe; so bitte um baldige gefällige Erfüllung meines Wunsches. Dagegen ein Exemplar meiner zwey nunmehr abzuschließenden Bände: Über Naturwissenschaft überhaupt und Morphologie in's Besondere aufwarten soll.

Darf ich zugleich meine Bitte wiederholen, mich Ihrer theuren Gattin zu empfehlen und mir von[9] Ihrem beiderseitigen guten und glücklichen Befinden freundliche Nachricht zu geben?

Weimar den 13. April 1822.


36/9.


An den Großherzog Carl August

Unterthänigster Vortrag!


Ew. Königliche Hoheit

haben vor einiger zeit befohlen, daß man ernstlich an die Ordnung des bis jetzt einigermaßen vernachlässigsten Münzkabinetts denken solle, da man denn bey näherer Betrachtung freylich eine bedeutende Arbeit vor sich sah; denn diese zweymal geflüchtete Sammlung konnte aus Zerrüttung und Verworrenheit durch einem bejahrtem Aufseher nicht wieder hergestellt werden.

Das Nöthigste bey dem neuen Angriff schien eine Vorarbeit, welche durch eine wunderliche bisherige Anordnung herbeygeführt wird. Man hatte nämlich Münzen und Medaillen fremder Länder mit zu den sächsischen Fürsten gelegt, welche sie verehrt hatten, wodurch die historische reihe unterbrochen und der eigentliche Zweck eines sächsischen Hauskabinetts wo nicht vereitelt, doch gestört wurde. Man ließ daher geräumige Schränke verfertigen, sie mit blauem Tuche auslegen, damit alles Fremdartige wohlgeordnet darin Platz nehmen und besonders katalogirt wer den könne. Dadurch würde der doppelte Vortheil entstehen, daß[10] man gedachte Münzen und Medaillen in gute anschauliche Ordnung brächte, zugleich aber in den Schränken des eigentlichen Hauptkabinetts der sächsischen Münzsammlung Platz gewänne, um auch daselbst eine neue Einrichtung bequemer herzustellen.

Indem man aber zu dieser Vorarbeit zu schreiten die Absicht hegt, so kommt dasjenige abermals zur Sprache, was schon früher mit Staatsminister von Voigt sel. öfters beredet worden, daß dieß nämlich ein Geschäft sey, welches nicht ohne besondere Remuneration könne unternommen und geführt werden, es sey nun, daß man für räthlicher zu halten, einem schon Angestellten die Arbeit übertragen wolle. Da man nun aber in den letzten Lebensjahren des genannten höchst verdienten Geschäftsmannes hierüber sich nicht entscheiden können, auch Höchst Denenselben deshalb unterthänigsten Vortrag zu thun nachher gezaudert, so ist eigentlich hierin die Ursache zu suchen, warum dieses Geschäft nicht mit Ernst angegriffen worden.

Nun aber hat man gegenwärtig dem Bibliothekar Rath Vulpius, welcher sich in jedem Sinne zu dieser Arbeit qualificirt, den Auftrag gegeben, die Lage der Sammlung genau aufzustehen und zu deren herzustellender Ordnung diensame Vorschläge zu thun; welches denn vorläufig von ihm geschehen, und sind so gleich neue Schränke zu abgemeldetem Zweck schon eingerichtet worden. In Gefolg aber trat er[11] mit einer Vorstellung hervor, welche beyzulegen wir kein Bedenken tragen; da sie den Plan enthält, wornach die Arbeit vorzunehmen, und demjenigen, der für sich selber spricht, wohl erlaubt wird lebhafter zu seyn, als es den Vorgesetzten geziemen möchte.

Es ist nämlich von einer Entschädigung die rede, die ein solcher Mann gar wohl erwarten darf, der die von seinem Hauptgeschäft übrig bleibende Zeit auf literarische Arbeit seit vielen Jahren verwendet, wodurch er sich im Stande findet, seine Haushaltung zu bestreiten und heranwachsende Kinder zu nützlichen Staatsbürger zu erziehen.

Wie hoch er aber den so zu nennenden literarischen jährlichen Erwerb gesteigert, liegt außer meiner Beurtheilung; dieß jedoch hab ich zu erwähnen, daß er vor allem auf das Emolument leisten muß, welches ihm seit vielen Jahren her in Jena zustoß, erst als dem der Schloßbibliothek Vorgesetzten, nachher als einem bey der neuen Einrichtung der akademischen Büchersammlung zugezogenen Mitarbeiter, es konnte sich immer auf 100 rh. belaufen. Hierauf hat er nun vorläufig renuncirt, um diesen Sommer alle zeit dem Münzkabinetts widmen zu können, welches ihm denn schon von dieser Seite zu einer Entschädigung Hoffnung laßt.

Daß er seine Remuneration als ein Fixum wünscht, ist ihm nicht zu verargen, indem bey näherer Betrachtung der Sache wohl vorauszusehen ist, daß das[12] Geschäft sich in die Länge ziehen möchte; denn wenn auch die Sammlung selbst bald in Ordnung zu richten seyn mag, so werden doch nach und nach die Katalogen eine neue Gestalt annehmen müssen. Wie man sich denn nicht läugnen darf, daß das Geschäft selbst durch ein minutioses Detail dem Angestellten manche unzuberechnende Zeit kosten wird.

Verehrungsvoll mich unterzeichnend.

Ew. Königlichen Hoheit

unterthänigst treugehorsamster

Weimar den 13. April 1822.

J. W. v. Goethe.


36/10.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königl. Hoheit

verzeihen die Verspätung beykommenden schuldigen Berichts und sehen den Inhalt mit günstigen Augen an. Sollte irgend ein Bedencken obwalten und noch einiges zu erörtern seyn, so bitte mir es zu wissen lassen.

Verehrend

unterthänigst

Weimar d. 14. Apr. 1822.

J. W. v. Goethe,


36/11.


An Johann Wendelin Gradl

[Concept.]

Nehmen Sie hiebey, mein werthester Herr Inspector, mit meinen besten Grüßen die Versicherung,[13] daß es mir und meinen freunden sehr leid gethan, Sie nicht, wie wir gehofft, bey uns zu sehen; dagegen bin ich und mehrere entschlossen, Sie diesen Sommer wieder zu besuchen in Hoffnung einer besseren Witterung.

Wollten Sie die Geffäligkeit haben einzurichten, daß ich Anfangs May eine Kiste frischgeschöpfter Flaschen von beliebiger Anzahl erhalten könne, so geschähe mir eine besondere Gefälligkeit; da ich bis dahin mit meinem Wintervorrath reiche der sich sehr gut gehalten hat.

Dem verehrungswürdigen Herrn Prälaten bitte mich angelegentlich zu empfehlen; ich freue mich gar sehr des Augenblicks, der mich wieder in seine Schöpfung und seine Nähe führen.

Herrn Professor Zauper bitte mit den schönsten Grüßen Beyliegendes zukommen zu lassen; es freut mich gar sehr, unter den Ihrigen einen so werthen und wahrhaft verbundenen Freund zu wissen.

Wie ich denn noch ersuche, Frau v. Brösigke Gnaden, und wer von ihren theuren Anverwandten anwesend seyn sollte, meine besten Empfehlungen auszurichten, in Hoffnung daß sie allerseits die vorjährige Geneigtheit gegen mich fortsetzen werden.

Schließlich vermelde noch, daß Mahler Scheerer hier ganz fleißig ist, sich sonst gefällt und seinen Aufenthalt möglichst zu nutzen sucht.

Von Freund Rehbein, welcher in diesen Tagen wegen wahrhafter Verdienste mit dem Charakter eines[14] Hofrath und Leibmedicus erfreut, vermelde auch die besten Grüße.

Bey Herrn Dr. Heidler bitte auch gefällig zu gedenken.

Weimar den 14. April 1822.


36/12.


An Joseph Stanislaus Zauper

In Erwiderung Ihrer freundlichen Sendung begrüße Sie, mein werthester Herr Professor, zum allerschönsten und freue mich, Sie auf Uhren Wegen so rein und fortschreiten zu sehen.

Die Betrachtung Ihrer Aphorismen hat mich auf's neue erfreut, und ich mißbillige nicht, daß Sie die meinigen mit abdrucken lassen; es zeigt nur kräftiger von übereinstimmender Sinnesweise, worauf im Grunde alles ankommt und wobey gar die Frage nicht ist, ob andere anders denken.

Da Ihnen, wie ich aus Ihren Briefen sehe, die außerböhmische Literatur zeitig genug zu Handen kommt, so übersende nichts und mache Sie gegenwärtig nur aufmerksam, daß zu Michael von Kunst und Alterthum des dritten Bandes dritten Heft herausgekommen, zu Jubilate aber meines Lebens zweiter Abtheilung fünfter Band, mit Überspringen einiger mittleren, und das vierte Heft zur Naturwissenschaft und Morphologie ausgegeben werden.

[15] Da ich, wenn nicht große Hindernisse dazwischen treten, Marienbad diesen Sommer wieder zu besuchen hoffe, so haben Sie die Güte, mir zu schreiben, was Sie etwa mitgebracht wünschen, weil mir doch manches zur Hand liegt, was Ihnen abgeben könnte.

Und somit leben Sie wohl, grüßen Sie den Herrn Präfecten bestens und lassen Sie mich ein freudiges Wiedersehen hoffen.

treulichst

Weimar den 14. April 1822.

Goethe.


36/13.


An Sulpiz Boisserée

Daß die heiligen drey Könige mit Ihrer Silbergabe bey mir glücklich angekommen, vermelde sogleich, vermisse aber die mir zugedachte amerikanische Münze; wahrscheinlich hat ein anderer Liebhaber sich deren bemächtigt.

Herrn Schwab grüßen Sie zum allerschönsten; der frühere Eindruck sowohl des Originals als seiner Übersetzung bleibt immer eben derselbige. Der Ton ist ihm glücklich gelungen, worauf bey solchen Dingen ja alles ankommt. Da er nun aber in dieser Bemühung so weit gegangen, so wünscht ich, daß er nach Anleitung der wenigen Worte siehe Kunst und Alterthum 3. Bandes 3. Heft pagina 141 die Reisen[16] des Mandeville studirte und die Übereinstimmung beider Schriften, sowohl dem ganze Sinne als den mitgetheilten Einzelnheiten nach, bemerkte und notirte. Dadurch schließt sich das gegenwärtige Büchlein an eine andere Region und wird demjenigen, der sich mit der Geschichte der Reisen abgibt, interessant und nothwendig; auch hab ich früher schon in Kunst und Alterthum darauf hingedeutet.

Nun aber sey für Ihre Steindrücke der beste Dank; der heilige Christoph wird von jedermänniglich als ein Wunder betrachtet.

Das schöne obgleich gefährliche Frühjahr entbindet mich nun auch von Winterarbeiten, die zwar ganz unterhaltend, aber doch immer mißlich waren. Möge Ihnen daraus auch einige Zufriedenheit entspringen, wenn die Leipziger Messe diese stillen Bemühungen offenbaren wird. Hätte ich nicht so hinreichende Notizen vor mir gehabt, so wär ich nicht durchgekommen; dergleichen Erinnerungsarbeiten sollte man nicht auf späte Jahre verschieben: indessen denk ich, soll es noch hinreichend unterhaltend, hie und da belehrend seyn.

Schreiben Sie mir, was Sie in der nächsten Jahreszeit vorzunehmen gedenken; ich werde dießmal Böhmen vielleicht früher als sonst besuchen; die kurzen Tage haben auswärts und auf der Reise auch immer etwas Hinderndes und Verdrießliches, wenn man im Sommer bey jedem Unternehmen im Freyen die Gränzen zu scheuen hat.

[17] Können Sie mir über die Anfrage auf beyliegendem Blatt irgend eine genügende Auskunft ertheilen, so erweisen Sie mir eine besondere Gefälligkeit.

Mit den besten Grüßen an Bruder und Gesellen.

treulichst

Weimar den 14. April 1822.

G.


Anfrage.

Von nachgemeldetem Bilde soll eine Copie in Augsburg bey einem gewissen Licentiaten verkäuflich seyn; sie hat die Aufmerksamkeit eines Reisenden auf sich gezogen, der durch Kenner unterrichtet zu seyn wünschte, was davon eigentlich zu halten. Haben Sie es vielleicht, mein Werthester, selbst gesehen? oder können sie von einem einsichtigen Freund in Augsburg davon nähere Nachricht erhalten, so würden Sie mich sehr verbinden.

G.


Pietro Cavallini, ein Römer, Mahler und Bildhauer, Schüler des Giotto, welchem er an dem großen musivischen Gemählde, la Navicella di S. Pietro genannt, soll geholfen haben; andere musivischen Arbeiten von diesem Künstler sind noch in den Kirchen S. Maria di Trastevere und S. Paul fuor delle Mure vorhanden, wo sich noch ein in Holz geschnitztes Cruzifix befindet. Frescomahlereien von Cavallini sind zu Assisi und zu Florenz, woselbst besonderes die wunderthätige Verkündigung in der Kirche der[18] Serviten für seine Arbeit gehalten wird; er selbst hat in andern Kirchen die gleiche Darstellung auf ähnliche weise ein paarmal wiederholt. Jenes wunderthätige Bild aber ist von Meistern späterer Zeit unzählige Mal vervielfältigt vorhanden, das heißt: es sind bey gewissen Gelegenheiten Copien von jenem für heilig gehaltenen Gemählde gemacht und diese dann wieder copirt worden und wohl ist es möglich, daß dergleichen selbst von guten Meistern verfertigt sich vorfinden. Cavallini soll um die Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts gearbeitet haben.


36/14.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Mit den besten Wünschen für alle, besonders für Bernhards Genesung schicke das Übersendete zurück. Bey uns geht alles ganz leidlich, und Walther darf hoffen, bald wieder den Garten zu besuchen. Alles was sich auf Lucrez bezieht soll mir sehr angenehm seyn.

Weimar den 17. April 1822.

G.


36/15.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hierbey, mein Werthester, der dreyßigste Bogen, woraus nunmehr in Vergleichung mit dem Manuscript erhellt, daß das Ganze etwa 32 Bogen geben wird;[19] ich freue mich des endlichen Abschlusses dieses Werks und danke zum schönsten für treue Theilnahme zu Förderung desselben.

Das neue Manuscript zur Morphologie hat zum Absenden Zeit bis Sonnabend den 27.; doch wünscht ich solches morgen mit Ihnen überhaupt zu besprechen, vorzüglich empfehle Ihrer Aufmerksamkeit den Aufsatz über weimarische Pflanzencultur, ob vielleicht noch etwas daran zu thun wäre.

Hiebey dankbar das Ordinarium, ein schuldiges Extraordinarium nehmen Sie wohl morgen gefällig mit.

Weimar den 18. April 1822.

G.


36/16.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die Berechnung, wie ich sie aus meinen Papieren gezogen, mit dem Wunsche daß sie der Ihrigen möge conform seyn; wobey ich meinen Dank für fortgesetztes Wohlwollen und Zutrauen abermals ausspreche.

Zugleich vermelde daß ich so eben beschäftigt bin, meine sämmtlichen poetischen, literarischen und wissenschaftlichen Arbeiten, sowohl gedruckte als ungedruckte, übersichtlich auszustellen, sodann aber das ganze meinem Sohne und einem geprüften gelehrten Freunde in die Hände zu legen, damit der weitläufige und in[20] manchen Sinne bedenkliche Nachlaß in's Klare komme und auch von dieser Seite mein Haus bestellt sey. Ist das Geschäft vollbracht, so gebe Kenntniß davon, Ew. Wohlgeboren einsichtigen Rath und fernere geneigte Theilnahme erbittend.

Gegenwärtig nur noch die treusten Wünsche für Ihr Wohl und das gelingen aller bedeutenden Unternehmungen.

gehorsamst

Weimar den 19. April 1822.

Goethe.


36/17.


An Christian Friedrich von Staff

[Concept.]

[19. April 1822.]

Sie habe mich dießmal, mein werthester Herr und junger Freund, durch bildliche Darstellungen gar sehr erfreut, aus einem Lande wo alle Jahrszeiten in der größten Herrlichkeit auftreten. Nehmen Sie meinen besten Dank dafür, daß Sie mich im Geiste wieder zurück in jenes irdische Paradies führen wollen; erhalten Sie mir ein freundliches Andenken und geben mir davon einen beweis, daß, wenn Sie Weimar wieder besuchen, Sie auch das Ähnliche, was ich allenfalls noch erweisen kann, theilnehmend betrachten.

Ihrer lieben, meinem Hause auch durch Freundschaft innig verbundenen Frau Gemahlin bitte mit gleicher Einladung uns sämmtlich bestens zu empfehlen.

Weimar den 18. April 1822.[21]


36/18.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

gnädigstem Befehl gemäß ward sogleich dem Professor Sprengel zu Halle ein Verzeichniß überschickt, was von botanischen Werken vergangenes Jahr durch höchste Vorsorge zur Bibliothek gekommen. Er hat sich daraus einige ausgewählt und sich selbst einen Termin zur Rückgabe selbstgesetzt; die Absendung wird nun sogleich erfolgen. Doch wollte gebeten haben, es möge Ew. Königlichen Hoheit gefallen, beyliegenden Schein selbst zu autorisiren, weil eine solche Mittheilung über die Befugniß hinausgeht, welche bisher der Leitfaden meiner Verwilligung gewesen, und mir der Sache gemäß scheint, Ew. Königliche Hoheit in Kenntniß gesetzt zu sehen, wo solche kostbare Werke sich der Zeit befinden.

Ich ergreife die Gelegenheit, Höchst Denenselben für die Ansicht der wundersamen Bromelia verpflichtet zu danken; es ist mir nicht leicht eine merkwürdigere Bildung vorgekommen. Die kräftige Gedrängtheit eines stiellosen Zustandes, die Mannichfaltigkeit der Gestalt, zusammengezogener und ausgedehnter Organe muß man mit Augen sehen, um sich davon einen Begriff zu bilden.

Einiges andere nicht Unbedeutende für das Nächste versparend

unterthänigst

Weimar den 20. April.

J. W. v. Goethe.[22]


36/19.


An Carl Gustav Carus

Ew. Wohlgeboren

die angenehmen Bilder zurücksendend, füge ich zugleich den schriftlichen Aufsatz hinzu; beide stehen in dem reinsten Bezug und deuten auf ein zartes gefühlvolles Gemüth, das in sich selbst einen wahren haltbaren Grund gefunden hat. Die hiesigen Kunstfreunde wallfahrteten fleißig zu dieser lieblichen Erscheinung und eigneten sämmtlich mit Behagen und Zufriedenheit jeder sich das Seinige zu. Haben Sie daher sehr vielen Dank für die Mittheilung, wobey ich nur wünsche, daß die zarten Arbeiten wieder glücklich zu Ihnen gelangen mögen, worüber mir gefällige Nachricht erbitte.

Die so wohl gedachten als schön geschriebenen Briefe über Landschaftsmahlerei sollten Sie dem Publicum nicht vorenthalten; sie werden gewiß ihre Wirkung nicht verfehlen und für die mannichfaltigen Anklänge der Natur das Auge der Künstler und Liebhaber glücklich ausschließen.

Wenn ich nun von der andern Seite betrachte, wie tief und gründlich Sie das organische Gebild erfassen, wie scharf und genau Sie es charakteristisch darstellen, so ist es wirklich als ein Wunder anzusehen, daß Sie bey solcher Objectivität so gewandt sich zeigen in demjenigen, was dem Subject allein anzugehören scheint.

[23] Der ungeachtet ihrer deutlichen Zeichnung in den Druckerstock sich eingeschlichene Fehler läßt sich leider nicht wieder herstellen, daher werde das erratum bemerken, wie Sie es angezeigt haben. Lassen Sie mir von Zeit zu Zeit, wie Ihre Tafeln fertig werden, einen Abdruck sehen, damit ich die Ungeduld auf Ihr erst in einem Jahre zu hoffendes Werk einigermaßen beschwichtige.

Das neueste Heft meiner Morphologie etc. übersende nächstens.

treulich theilnehmend

Weimar den 20. April 1822.

J. W. v. Goethe.


36/20.


An Ernst Christian August von Gersdorff

Ew. Exzellenz

haben mir die schönen Frühlingstage höchst erfreulich werden lassen und mir darin einen seltenen Genuss verliehen.

denn ich muß leider gestehen daß ich Sophokles, dem großen Meister meiner früheren Jahre, in der letzten zeit, durch Lebens- und Literatur Zerstreuungen abgehalten, mich nicht mehr zu nahen wusste. Nun aber lässt mich Ihre Vermittlung ihn auf einmal wieder, in vaterländischer Sprache, ohne Anstos, fasslich und geniesbar vernehmen, zugleich neu und alt, immer von demselben, ja von erhöhtem Werthe.

[24] Empfangen Ew. Exzellenz daher meinen verbindlichsten Dank für die so schätzbare Aufregung, mit dem Glückwunsche: daß bey so bedeutenden, verwickelten Geschäften noch ein heiterer Rückblick in freyere Zeiten und eine Anmuthung an die höchsten einfachsten Kunstgenüsse geblieben; welcher Antheil sich so frisch erhalten hat daß Sie uns noch jetzt das gültigste Zeugniss davon mittheilen mögen.

Der ich mich zu daurendem Wohlwollen, so lang es in Ihrer Nähe zu verweilen gegönnt ist, angelegentlich empfehlend, eine geneigte Fortsetzung für die Meinigen, späterhin wünschen und hoffen darf.

Wahrhaft verehrend aufrichtig anerkennend

ganz gehorsamst

Weimar d. 20. Apr. 1822.

J. W. v. Goethe.


36/21.


An Johann Friedrich Rochlitz

Schreiben und Sendung, mein Theuerster, hat mich höchlich erfreut. Wer aus innerem Triebe treulich-liebevoll arbeitet und mittheilt, darf an reiner Aufnahme nicht zweifeln. So haben Sie mich durch Ihre römische Geschichts-Epoche ganz eigentlich gefördert, indem ich, bey Veranlassung der von Knebelschen Übersetzung des Lucrez, mich in der Zeit aufhalte, die der welche Sie betrachten unmittelbar vorausgeht; suche ich mich also in Ihren Sinn recht eigentlich zu finden und übertrage Ihre Ansichten nur einige[25] Schritte rückwärts, so bringt es mir gar viel Vortheil; denn es ist einer mündlichen Unterredung zu vergleichen.

Ihre treffliche mir wohlbekannte Schilderung jener Leipziger Unglückstage lese ich wieder und bewundere abermals die besondere Fügung, daß ein Mann von Ihrem Geist und Sinn, in Augenblicken wo uns die Sinne vergehen, das Übergewicht eines angebornen und wohlgeübten Talents empfindet, zur Feder greift, das Unerträgliche in der Gegenwart zu schildern. Sie erhalten nächstens dagegen einen treuen Abriß meiner wunderlichen Militairlaufbahn; auch durch diese Erbkrankheit der Welt mußt ich einmal durch, damals ging ich der Weltgeschichte entgegen, nachher hat sie uns am eigenen Herde aufgesucht.

Daß Sie sich aus dem letzten Stücke von Kunst und Alterthum gerade dasjenige aneignen, was ich im besten Humor geschrieben, freut mich sehr. Der Zustand des Schreibenden theilt sich dem wahren Leser sogleich völlig mit, und ich erkenne dankbarlich den schönen Widerklang freundschaftlich-einstimmiger Besinnung.

Ist die Melodie von Zelter: Um Mitternacht zu Ihnen angelangt? ich bin, so oft ich es höre, sehr davon erbaut. Was Sie selbst über Musik mittheilen wollen, soll mir höchst willkommen seyn.

Möge Ihre schöne Thätigkeit von allen Seiten her belohnt werden.

treulich verbunden

Weimar den 22. April 1822.

J. W. v. Goethe.[26]


36/22.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, Beykommenden nochmalige Aufmerksamkeit gönnen; ich bin dem Verfasser bis an's Ende seiner Abhandlung gefolgt und habe innerhalb seinen Stil aufzuklären gesucht. Vielleicht gelingt Ihnen das Weitere. Es ist Zeit, wenn wir solches Freytag besprechen.

Weimar den 22. April 1822.

G.


36/23.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Compters Vergleichung, mein Werthester, habe nach Frankfurt geschickt; ich hoffe, man soll mit dieser Arbeit zufrieden seyn. Indessen, dächt ich, ginge Compter weiter, da er doch immer nur eine Seite des Papiers beschreiben wird. Ich wünsche, daß er die zeit, welche er zu diesem Geschäft verwendet, vorläufig bemerke und mit den Stunden vergleiche, die er sonst dem Bibliothekskatalog widmet, damit man wenigstens eine Art Haltpunct habe, wie diese schwierige und in die Länge sich ziehende Arbeit zu remuneriren sey.

Womit ich denn wohl zu leben wünsche und gute Nachrichten von unsern Freunden hoffe, bis ich sie bey[27] wachsender schöner Jahrszeit zu besuchen denken kann. Sollte etwas vorfallen, so ersuche mir es baldigst zu melden.

Weimar den 25. April 1822.


36/24.


An Carl Gustav Carus

Ew. Wohlgebornen

Geneigtheit läßt mich hoffen, daß Sie den Überbringer dieses freundlich aufnehmen, auch meine und seine Wünsche wohlwollend erfüllen mögen.

Ein talentvoller Jüngling Friedrich Preller, Schüler des hiesigen Zeicheninstituts, welcher schon das vergangene Jahr einige Zeit in Dresden zugebracht und auf der Gallerie zwey nicht große Gemählde nach Ruysdael und Potter copirt hat, zieht jetzt wieder dahin, um das Studium der Landschaftsmahlerey weiter fortzusetzen, und ich nehme mir die Freyheit denselben Ew. Wohlgeboren zu empfehlen, damit er seine Absicht desto sicherer erreiche. Er hat sich durch Fleiß und natürlich gute Anlage bereits eine hübsche Fertigkeit im Zeichnen und Mahlen erworben, und so möchte es angemessen für ihn seyn, sich nun den künftigen Sommer an irgend einem bedeutendem Bilde zu versuchen. Ruysdael oder N. Berghem scheinen mir diejenigen Meister, welche der Neigung unseres jungen Künstlers am besten zusagen und an denen sich auch sein Talent am fördersamsten entwicklen[28] dürfte: Ruysdael wegen dem Gehalt und der Anmuth seiner Erfindung, schöner Wirkung und Übereinstimmung des Ganzen, Berghem vorzüglich wegen dem vortrefflichen Vieh, womit er zu staffiren pflegt, wegen der Heiterkeit in den Farbentönen, und weil sich auch in seinen Entwürfen zuweilen eine poetische Großartigkeit findet.

Zwar wollt ich überhaupt weder wegen der Wahl eines Gemähldes etwas bestimmen, noch den Meister ausschließlich nennen, an den sich Preller halten soll, man wird sich in beiden nach den obwaltenden Umständen richten müssen; aber ich wollte Ew. Wohlgeboren freundlichst ersuchen, besagtem jungen Menschen mit Ihrem Rath und Ihrer Kunsterfahrenheit bey der Wahl eines zu copirenden Gemähldes an die Hand zu gehen, wie auch denselben auf der Gallerie durch Ihre vielgeltende Fürsprache zu begünstigen.

Der ich in Hoffnung, daß sowohl Gemählde als Manuscript glücklich ankommen, mich bestens empfehle und mit aufrichtiger Hochachtung unterzeichne

ergebenst

Weimar den 25. April 1822.

J. W. v. Goethe.


36/25.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, mein Theuerster, eine Probe von Compters Vergleichung des bekannten Manuscripts[29] mit der Druckschrift. Da er mir ganz recht zu verfahren scheint, lasse ich ihn weiter gehen, besonders da er doch immer nur eine Seite des Papiers beschreiben wird. Zugleich habe ich ihm aufgegeben, die zeit die er zu diesem Geschäft verwendet zu bemerken, da sich denn eine Schätzung seines Verdienstes leicht machen wird, indem er die Stunden welche er hiezu verwendet, dem Bibliothekskataloge entzieht und bey diesem eine bestimmte Remuneration eingeführt ist. Hievon werde ich nach einigen Fortschritten Nachricht geben, damit man im voraus sich deshalb vereinigt. Indessen erbitte mir eine geneigte Beurtheilung des gegenwärtigen Blattes, wie mir denn die Arbeit gut gerathen scheint, und, wie einige Stellen schon beweisen, nicht fruchtlos bleiben wird.

Der ich mich sämmtlichen Anordnenden und Theilnehmenden auf's beste empfohlen wünsche.

Weimar den 25. April 1822.


36/26.


An Johann Heinrich Voß d. J..

[Concept.]

Die Mythologischen Briefe haben sich, wie wohl zu erwarten war, richtig gefunden und gehn Montag früh (den 29. dieses) mit der fahrenden Post ab. Möge dieses Zeugniß früherer Thätigkeit die volle Genesung Ihres Herrn Vaters sogleich befördern.

[30] Ich freue mich des Mannichfaltigen, was auch Sie thun, und hoffe von zeit zu Zeit die Resultate zu sehen. Lassen Sie mich in Ihrem Kreise immerfort gegenwärtig seyn und empfehlen mich allerseits. Verzeihen Sie die Kürze, ich wollte es an dieser Nachricht mit umgehender Post nicht fehlen lassen.

Weimar den 26. April 1822.


36/27.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende nach Verabredung mit Herrn Frommann Manuscript zur Morphologie, wobey ich bitte, auf die Bemerkungen des nachstehenden Blattes gefällig zu reflectiren.

Eigentlich sind wir nur noch drey Bogen schuldig, wir werden uns aber wohl auf viere einrichten müssen, da noch einiges nothwendig in diesem Band zu bringen ist.

Deshalb würde mir angenehm seyn bald zu erfahren, wie viel Blätter Manuscipt auf den gedruckten Bogen gehen.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 26. April 1822.[31]


Gefällig zu bemerken.

Da es dießmal auf Ersparung des Platzes ankommt, so wären diejenigen Überschriften, die mit Roth unterstrichen sind, mit etwas größerer Schrift als das Übrige zu setzen, ohne daß man bis zum Texte großen Zwischenraum ließe. Und so wäre durchaus zu verfahren und nicht leicht eine neue Seite anzufangen; was als Überschrift unterstrichen ist, wird nicht als Überschrift behandelt, sondern ist nur, als wäre es zum Text gehörig, jedoch gesperrt, zu setzen.


36/28.


An Johann Bernhard Wilbrand

Ew. Wohlgeboren

haben mich durch das vortrefflich gedachte und gründlich bearbeitete Kolossalblatt auf das angenehmste überrascht und meine Wünsche, die ich bey eigner Betrachtung des großen Gegenstandes zeither im Stillen hegte, ganz eigentlich übertroffen, auch mich, wie ich mit Rührung gestehe, durch die ehrenvolle Erwähnung meines Namens in so guter Gesellschaft zu aufrichtigster dankbarer Anerkennung freundlichst verpflichtet.

Schon die wenigen Tage, seitdem dieses erfahrungs- und gedankenreiche Werk meine Wand schmückt, haben unterrichtete Freunde den lebhaftesten Antheil daran genommen, und ich zweifle nicht, daß die ganze naturforschende Welt mit uns davon erbaut werde.

[32] Danken Sie Herrn Dr. Ritgen auch für seinen Theil zum allerbesten; beiden ist Glück zu wünschen, daß Sie sich im Begegnen so vollkommen verständigt und zur Ausführung einen so tüchtigen Künstler zugesellt haben.

Mehr sage ich nicht, mir vorhaltend, nach genauerem Studium meine Gedanken darüber öffentlich auszusprechen.

Das Beste wünschend.

[Weimar den 28. April 1822.]


36/29.


An August Hagen

[Concept.]

Die Ankunft des mir übersendeten Trauerspiels verfehle nicht sogleich zu melden, ohne jedoch Ihrem Wunsch gemäß einige Betrachtungen darüber hinzufügen zu können.

Seit mehr als zwanzig Jahren bin ich gewöhnt, alle Schauspiele, von den ältesten bis zu den neuesten, nur in Bezug auf das weimarische Theater und in wie fern für sie auf demselben, unverändert oder verändert, vorgestellt werden könnten, zu betrachten; daher denn auch die große Mannichfaltigkeit unserer Exhibitionen entsprang. Seit meiner Entfernung vom Theater und bey Ermanglung alles praktischen Zwecks ist es mir unmöglich, ein neues Bühnenstück zu lesen, weil ich es ohne Bezug auf unmittelbare Vorstellung nicht zu[33] beurtheilen wüßte. Erlauben Sie mir also, das Stück, wenn es meine Kinder und jüngern Freunde gelesen, wieder dankbar zurückzusenden. Finde ich in dem Urtheil dieser lebens- und bühnenlustigen Tugend einiges was Sie erfreuen und fördern könnte, so soll es zugleich erfolgen.

Ihre kleineren Gedichte würde mit Vergnügen sehen.

Weimar den 7. May 1822.


36/30.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Sie erhalten hiebey, mein Werthester, statt drey autorisirten Quittungen viere zurück; ersuchen Sie Herrn Prof. Güldenapfel künftighin diese Absonderung beyzubehalten, damit die Auslagen in die verschiedenen Capitel verschrieben werden können.

Mit den besten Wünschen

Weimar den 6. May 1822.

G.


Sodann in Erwiderung Ihrer letzten Sendung sage Folgendes.

Die abgekürzte Collation des Manuscripts ist freylich vortheilhaft; Compter wird also in dieser Weise fortfahren, doch wollen wir künftighin die halben Bogen nicht mehr brechen, sondern rollen. Lassen Sie alles liegen bis ich hinüber komme.

[34] Alsdann beenden wir auch den Einband des d'Altonischen Werkes, lassen Sie indessen den Aufschlag fertigen. Grüßen Sie unsern Freund, ich freue mich sehr ihn wieder zu sehen; möge er sich doch schonen, daß ich ihn gesund antreffe.

Weimar den 8. May 1822.

G.


36/31.


An Carl Friedrich von Both

Ew. Hochwohlgeboren

haben gewiß mein Schweigen auf die traurige Botschaft nicht als Antheilnahme ausgelegt; es war gerade vielmehr das Gegentheil, das tiefe Gefühl was mich immer ergreift, wenn gute thätige Menschen vor mir hingehen, die lange nach mir hätten wirken sollen; und hier nun gar der seltsamste, widerwärthigste Zufall! Mögen Sie mit den werthen Ihrigen lange erhalten seyn und ich davon so wie von Ihrem fortdauernden Wohlwollen von Zeit zu Zeit sicher Nachricht erhalten.

Gegenwärtiges abzulassen ergreife ich die Gelegenheit die mir beyliegendes Heft darbietet. Sie werden in dem Vorwort einiges über Ihren guten Babst finden, den ich als einen wackern Naturdichter anspreche.

Ich denke auf den in gedachten Blättern berührten Gegenstand wieder zurückzukommen; bey näherer Betrachtung werden sich Ansichten ergeben, die der vaterländischen[35] Literatur überhaupt und der provinziellen Ausbildung im Einzelnen förderlich sind.

Gedenken Sie mein, wenn Ihnen von neueren und älteren Productionen etwas vor die Augen kommt, in Gesellschaft Ihrer theuren Frau Gemahlin, der ich mich schönstens empfehle.

gehorsamst

Weimar den 9. May 1822.

J. W. v. Goethe.


36/32.


An Carl Wilhelm Friedrich von Lyncker

[Concept.]

Wenn Ew. Hochwohlgeboren mein Versprechen halten und einen treffliche Aufsatz über das Nibelungenlied mittheilen soll, so muß ich den Entschluß fassen, mich selbst in den Kauf zu geben, Das grüne Bändchen bezeichnet die eigentliche Stelle; möge sie genugthun.

Entschuldigen und empfehlen Sie mich Höchsten Orts zum allerbesten und erhalten Sie mir ein freundliches Andenken.

Weimar den 9. May 1822.


36/33.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Indem Ew. Wohlgeboren dankbar vermelde, daß die Exemplare des neusten Bandes glücklich angekommen, so übersende zugleich noch Manuscript zur Morphologie;[36] es schließt sich unmittelbar an's Vorhergehende, nur bemerke, daß die letzten Blätter A. B. C. die letzten Seiten des Heftes füllen sollen. Ich wünsche daß alles passe, es ist eher zu viel Manuscript als zu wenig, worüber mir mit dem nächsten Revisionsbogen gefällige Nachricht erbitte.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

Weimar den 11. May. 1822.


36/34.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Lassen Sie doch, mein Werthester, gleich einen Anschlag machen über die gewünschten Fenster in der Bibliothek, damit ich vorläufig die Sache überlegen könne; auch sorgen Sie, daß die Tagebücher herüber kommen, weil ich Sie Serenissimo noch gerne vor Ihro Abreise vorlegen möchte. Die vorigen haben sehr guten Eindruck gemacht.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

Weimar den 11. May 1822.

G.


36/35.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey mit vielem Dank für die geneigte Besorgung

zehen Thaler sächs.,[37]

wenige Groschen mehr, als ich schuldig geworden. Auf die nächste Auction hoffe noch zu rechter zeit meine Bestellungen machen zu können.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

Weimar den 12. May 1822.


36/36.


An Johann Heinrich Meyer

Mögen Sie wohl, mein Theuerster, beykommende Abschrift durchsehen und mit Ihrem Original zusammenhalten; auch was gefehlt seyn sollte, corrigiren.

In Hoffnung Sie heute Abend zu sehen.

Weimar den 12. May 1822.

G.


36/37.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Hierbey, mein Werthester, den approbirten und autorisirten Anschlag. Sorgen Sie wie gewöhnlich daß gute Arbeit gemacht werde.

Ferner liegen die Aushängebogen des Feldzugs gebunden bey, damit der Freund einstweilen an diesen Ereignissen Theil nehme. Ich erbitte mir das Exemplar bald zurück, dagegen ein besseres erfolgen soll.

Mit vielen Grüßen und Empfehlungen.

Weimar den 15. May 1822.

G.[38]


36/38.


An Leopold Dorotheus von Henning

Entoptischer Apparat, nach Berlin zu senden.


I. Gestell. Dieses wird bey'm Experimentiren so gerichtet, daß der Stab dem Beobachter rechter Hand bleibt und der Boden, wie der Pfeil ausweis't, nicht gegen die Sonnenseite, sondern irgend eine klare Himmelsgegend gekehrt sey. Man thut überhaupt wohl, besonders wenn man andere unterrichten und überzeugen will, wo möglich bey reinem Himmel zu experimentiren.

II. Mittelstück. Mit messingnem viereckten Rahmen, bestimmt um die Glasplatten und anderen entoptischen Körper darauf zulege. Man schiebt es in den gespaltenen Stab und schraubt es an. Auf dem Rahmen liegt ein Glasplättchen mit Pappeeinfassung, damit die kleineren Tafeln und Körper nicht durchfallen. Experimentirt man mit größeren, so wird es herunter genommen.

III. Oberes Stück mit Messingblech und Schraube; über dem Vohergehenden einzuschieben und anzuschrauben.

IV. Oberer Spiegel, wird in die gedachte Schraube eingeschraubt.

V. Unterer Spiegel, wird genau auf das bezeichnete Quadrat, das der Pfeil durchschneidet, gegen das Himmelslicht aufgestellt. An demselben mußte[39] unten ein Keil angeschraubt werden, um dem Spiegel vorn etwas höhere Richtung zu geben, daß das Himmelslicht oder jedes beliebige Bild zum oberen Spiegel durch den messingenen Rahmen gelangen könne.

VI. Entoptische Platten, viereckt, an der Zahl vier. Diese werden nach und nach zwischen den Spiegeln auf der Scheibe Nr. II über einander gelegt, damit man das Wachsthum der Figuren beobachten könne. NB. Mit beiden Täfelchen läßt sich der erste einfachste Grundversuch, Seite 130, V, gar glücklich darstellen, wenn man kurz nach Sonnenuntergang experimentirt.

VII. Entoptische Plättchen, dreyeckt, an der Zahl drey; zeigen einzeln und zusammen das Phänomen deutlich.

VIII. Dergleichen, rund, an der Zahl drey. Nicht ganz deutliches Phänomen.

IX. Ein formloses desgleichen, deshalb sehr interessant, weil sich die Erscheinung nach der unregelmäßigen Gestalt der Glasplatte richtet.

X. Größerer, aus Platten zusammengesetzter Cubus, nicht gut gerathen, zu düster, zeigt aber doch bey klarem Himmel die Erscheinung ganz erträglich, besonders kann man bey'm schwarzen Kreuz die Entstehung desselben aus zwey von den Ecken her zusammenrückenden Monden recht gut gewahr werden.

[40] XI. Kleinster Cubus, die Erscheinung auf das schönste zeigend. Da er einigermaßen parallelipipedisch ist, so gibt er, je nach dem man ihn auflegt, etwas veränderte Gestalten. Wenn man ihn auf den schwarzen Spiegel legt und gegen die drey Himmelsgegenden (der Sonne gegenüber und zu beiden Seiten) hinhält, kann man den zweyten gesteigerten Versuch, VI. p. 131, auf das überzeugendste anstellen.

XII. Glimmerplättchen, in eine Charte eingerahmt, an der langen Seite des Sechsecks identisch mit der Erscheinung, an den kurzen Seiten sie umkehrend und zugleich färbend.

XIII. Dergleichen, aber nicht so rein und deutlich. Eine durchgeschnittene Charte liegt bey, damit Sie das Seite 150 empfohlene Verfahren selbst anstellen können,

XIV. Trinkglas, dessen Rand zu Versinnlichung aller Wirkung der Trübe hinreicht.

a) Man fasse solches am Henkel und halte es gegen den Himmel; so wird der Rand hochgelb erscheinen.

b) Man senke es herunter, so daß es zwar noch beleuchtet sey, aber der dunkle Grund der Fensterbrüstung durchscheine; so wird man Grün sehen.

c) Man kehre dem Licht den Rücken und halte das Glas gegen schwarzen Grund; so erscheint ein Himmelblau.

[41] d) Bringt man es vor einem hellgrauen Grund; so erscheint ein leichtes Violett.

Die Möglichkeit, alle Farben aus der durch Licht und Finsterniß bedingten Trübe abzuleiten, muß in die Augen fallen. Man bittet dieses Glas in Ehren zu halten, weil ein gleiches nicht leicht zu finden seyn möchte.

XV. Baumartig schimmerndes Metall, als nächstes Analogon der entoptischen Erscheinung. (Damast ist nicht beygelegt, da er überall zu haben.)

XVI. Messingschraube zu dem Spannungsversuch nach Brewster, mit dem nöthigen Plättchen.

In der Pappe befinden sich:

a) Die Tafeln zur Farbenlehre; wenn Sie solche auf Pappe ziehen lassen, so haben Sie dieselbe bey der Demonstration immer zur Hand.

b) Colorirte Zeichnungen, den zweifelhaften prismathischen Fall aufklärend.

c) Verschiedene flache Zubehörungen des Apparats.

In der Schachtel finden sich die kleineren Theile des Apparats.

Alles ist mit Nummern vorliegender Beschreibung nummerirt.

Man bittet, bey'm Auspacken vorsichtig zu Werke zu gehen, damit die Nummern nicht verwechselt werden.

Die mit Roth vorgestrichenen Nummern muß mir nach gemachtem Gebrauch zurück erbitten.

[42] Sehr schöne Beispiele von aufgeschmolzener Trübe finden sich unter den alten Glasfenstern. Herr von Ragler besitzt gewiß unter seinen Fragmenten deren manche, womit er Ihnen vielleicht zu Hülfe kommt.

Auch können Sie dieses Einschmelzens vielleicht die tüchtigen Künstler der Porcellanfabrik interessiren, denen dergleichen schon bekannt geworden.

Hiemit will ich dießmal schließen und Sie ersuchen, mir von weiteren Fortschritten Nachricht zu geben.

Zu allem, was Sie wünschen und bedürfen mögen, willig und bereit.

Weimar den 16. May 1822.

Goethe.

Sonntag den 19. ejusdem geht der Kasten wohlgepackt mit der fahrenden Post ab.


36/39.


An Ulrike von Brösigke

Ew. Gnaden

freundlicher Einladung zu Folge werde gewiß das Mögliche thun, um diesen Sommer in Marienbad aufzuwarten. Nur bin ich gegenwärtig noch nicht im Stande, den Termin genau zu bestimmen. Wahrscheinlich habe zu Ende Juni das Vergnügen, Sie und die werthen Ihrigen, die ich sämmtlich zum schönsten begrüße, wiederzusehen, da ich denn im zweyten Stock, wömöglich an der Ecke gegen den Herrn[43] Oberamtmann zu, ein Zimmer, eine Schlafkammer und einen Raum für die Bedienten ganz in der Nähe zu finden wünsche und übrigens vorausstehe, daß ich, wie vor'm Jahr, in Ihrem Familienkreise zu jeder zeit und Stunde mich höchst vergnüglich befinden werde. Wie die Zeit herannaht, melde das Nähere. Erhalten Sie mir ein wohlwollendes Andenken und lassen mich Ihnen und dem ganzen werthen Hause abermals willkommen seyn.

gehorsamst

Weimar den 19. May 1822.

J. W. v. Goethe.


36/40.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

haben die vorigen Tagebücher der jenaischen Bibliotheks-Verwandten mit so gnädigem Beyfall aufgenommen, daß ich wohl die Fortsetzung derselben zu einiger Ansicht gegenwärtig vorlegen darf. Der gleichfalls beygefügte neuste Bericht läßt im Kurzen übersehen, was im vergangenen Winter geleistet worden und was in diesem Sommer zu hoffen steht. Immer ist es unser angelegentlichster Wunsch, daß Höchst Denenselben dieses Geschäft in einiger Vollendung möge vorgezeigt werden. Vorjetzt glaube was irgend stören oder aufhalten könnte beseitigt zu wissen.

[44] Der Bericht ferner des Rath Vulpius zeigt, daß er auf gutem Wege rasch fortschreite; auch in diesem Fache wird schneller als man glaubt Erfreuliches zu Stande kommen. Weshalb ich denn für die dem willigen thätigen Manne gnädigst gegönnte Zulage meinen verpflichtesten Dank nachbringe.

Nichts hätte mir übrigens können erfreulicher seyn als daß Höchst Dieselben die Tausend Thaler Extraordinarien den unmittelbaren Anstalten auf soviel Jahre gnädigst zugesichert; es läßt sich hiernach manches planmäßig ausführen, welches allenfalls unsern Anstalten noch abgeht und hoffentlich zu Höchst Ihro Zufriedenheit gereichen wird.

Darf ich in diesen Tagen mich unterthänigst melden, um Höchst Dero Willen und Befehle für die nächste Zeit zu vernehmen und mich Ihro fortdauernden Huld und Gnade zu versichern?

Weimar den 20. May 1822.


36/41.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Können Sie mir, mein Theuerster, die Bemerkung über die Stierhörner bey den Alten kürzlich aufzeichnen? es ist gerade Platz und Gelegenheit auf dem untern weißen Raum von Seite 352 sie anzubringen; es schadet nichts, wenn es auch auf die folgende Seite hinüberbringe.

Weimar den 23. May 1822.

G.[45]


36/42.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Da ich mich entschlossen habe, auf etwa acht Tage nach Jena zu gehen, so sende noch einiges zu gefälliger Durchsicht. Beykommendes bitte der lieben Frau zuzustellen; das Vermißte hat sich in einer andern Form wieder gefunden.

Das Beste wünschend und baldiges Wiedersehen hoffend.

Weimar den 26. May 1822.

G.


36/43.


An Friedrich Theodor Kräuter

Nachstehendes, mein guter Kräuter, werden Sie mir freundlich besorgen.

1) Vor Serenissimi Abreise sendete Höchst Denenselben einen Blechkasten mit

a) den Tagebüchern der jenaischen Bibliotheksverwandten.

b) dem letzten Güldenapfel'schen Bericht.

c) dem Vulpius'schen Bericht wegen des Münzkabinetts.

Diese sind vor meiner Abreise nicht an mich gekommen; suchen Sie solche aufzufinden und mir anher zu schicken.

2) Wünschte d'Aubuisson über Geologie; es steht auf dem Bücherbrett an der Thür.

[46] 3) Von der Bibliothek Catechismo de' Gesuiti,

4) Spanien und die Revolution.

5) Was von Briefen und Packeten angekommen, wäre gleichfalls durch die Boten zu senden.

6) Meine Kinder schönstens zu grüßen.

Jena den 28. May 1822.

G.


36/44.


An Johann Christian Hüttner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erprobte Gefälligkeit abermals in Anspruch zu nehmen, darf ich wohl kein Gedenken tragen. Das nachverzeichnete Buch für Geschichte der Kunst und Kunstwerke höchst interessant, wünschte man für Großherzogliche Bibliothek:

A Catalogue and Description of King Charles the First's Capital Collection of Pictures, Limnings, Statues, Bronzes, Medals, and other curiosities; now first published from an original Manuscript in the Ashmolean Museum at Oxford. The whole transcribed and prepared for the Press, and a great part of it printed, by the late ingenious Mr. Vertue. 4°. London 1757.

Sollte es Gelegenheit geben, Herrn Luke Howard von mir grüßen zu lassen, so bitte darum. Der biographische Aufsatz, für welchen abermals schönstens[47] danke, ist schon von mir treulich übersetzt und werde davon sobald er gedruckt ist Exemplare übersenden.

Mit den aufrichtigsten Wünschen und in der Hoffnung, daß Ew. Wohlgeboren mir ein geneigtes Andenken erhalten werden.

Jena den 31. May 1822.


36/45.


An Georg Heinrich Roehden

Ew. Wohlgeboren

vermelde sogleich die Ankunft Ihrer höchst erfreulichen Sendung, von der ich die Resultate im gegenwärtigen Heft von Kunst und Alterthum, im nächsten sodann Ihre vollkommen befriedigenden Mittheilungen in extenso geben werde; sie sind so gründlich und ausführlich, als sich von Ihrer Umsicht, Pünctlichkeit und Gewogenheit nur erwarte ließ.

Mehr sag ich nicht, um diese Zeilen nicht aufzuhalten, und bemerke nur daß ich bey Ihro Königlichen Hoheit dem Großherzog wegen dem Exemplar des Abendmahls nachzufragen Gelegenheit nahm, und was ich vorher vermuthet hatte wirklich fand. Das in meiner Abwesenheit angekommene Packet nämlich war von den Meinigen eröffnet und an beide Hoheiten die bezeichneten Exemplare gesendet werden. Man wartete meine Rückkehr ab, als die erst spät und zu einer sehr tumultuarischen Zeit erfolgte; dadurch wurde der[48] Dank für die bedeutende Gabe versäumt, den ich aber mit den freundlichen Grüßen nachzubringen gegenwärtig von Serenissimo ausdrücklich beauftragt bin.

Bey Ihro Kaiserlichen Hoheit werde nach erfolgter Rückkunft von St. Petersburg gleichfalls einige Erwähnung thun, es mag wohl auf denselben Umständen beruhen.

Mit wiederholtem Dank für geneigte vollkommene Erfüllung meiner Wünsche

ergebenst

Weimar [Jena] den 1. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.


36/46.


An Ulrike von Brösigke

Ew. Gnaden

berichte nunmehr mit Gewißheit, daß meine Absicht ist, zu Ende dieses Monats bei Ihnen einzutreffen und etwa vier Wochen zu verweilen, Ich wiederhole meinen in vorigen Brief ausgesprochenen Wunsch und freue mich sehr Sie und die theuren Ihrigen im besten Wohlsein zu begrüßen. Mich zu einer allgemeinen freundlichen Aufnahme bestens empfehlend

gehorsamst

Weimar den 1. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.[49]


36/47.


An Sulpiz Boisserée

Indem ich mich anschicke meine Reise nach Marienbad abermals anzutreten, vermelde freundlichst, daß ich zu Ende dieses Monats dort einzutreffen gedenke und mich vier Wochen daselbst aufzuhalten gesinnt bin. Da Ihnen Ihre Geschäfte schwerlich eine reise dorthin erlauben, so würde, nach meiner wahrscheinlich in der Mitte des Augusts erfolgenden Rückkehr, sogleich Meldung thun, und dann wäre es sehr schön, wenn Sie uns im Spätjahr besuchten. Es ergibt sich gar manches schon jetzt und bis dahin, worüber in Gegenwart mündlich zu verhandeln wäre. Ich kann zwar nicht voraussehn, wie es bey mir im Hause und Familie aussehn wird: ist es aber einigermaßen thunlich, so biete Haus und Tisch an.

Die Münze von Chili könnten Sie mir zunächst senden, indem ich doch in diesen drey, vier Wochen noch einige Nachricht von Ihnen hoffen darf. Wegen sonstigen Münzen lege ein kleines Blatt bey. Wenn der Händler billig verfährt, so kann ich ihm von Zeit zu Zeit einiges zuwenden.

Erhalte ich den Text zu Ihrem Domwerke vor meiner Abreise, so nehme ich ihn mit, auf gut Glück daß mir eine Darstellung Ihrer Intentionen gelingen werde. Soviel Freude mir auch die bisherigen Steindrücke[50] gemacht, so war ich doch niemals neugieriger als jetzt auf die Darstellung im Tempel.

Die Gedichte über Natur sind ziemlich beysammen, das meiste kennen Sie. Leider zerstreut man sich zu sehr und solche sybillinische Blätter entspringen nur aus der innigsten Sammlung.

Mein morphologisch-wissenschaftliches Heft wird Ihnen auch manches Erfreuliche gebracht haben; wenigstens ist alles lebendig und von Schulstaub und Moder nichts darin zu spüren.

Mein militärisches Bändchen ist wunderlich genug; doch hoffe ich, meine Freunde finden mich darin Wieder.

Daß Sie für mein persönliche Andenken fortwährend Sorge tragen, dafür danke ich zum schönsten. Wenn von einer Statue die Rede ist, würde ich mich für eine stehende erklären; die sitzenden, wenn nicht mit großem Geschmack gedacht, mit lebenswürdiger Zierlichkeit ausgeführt, behalten etwas Schweres. Auch weiß man mit einer stehenden immer eher wohin, jede nischenartige Wandvertiefung ist schon ein schickliches Gehäus.

Erhalt ich bald hierauf Antwort, so schreibe noch vor meiner Abreise. Adressiren Sie den Brief nach Weimar, wohin ich in diesen Tagen wieder abgehe.

treulichst

Jena den 1. Juni 1822.

G.


Die Münzen betreffend eröffne Folgendes: Ich habe zwar selbst keine Münzsammlung dieser Art,[51] doch Freunde, die sich daran erfreuen. Da mag ich Ihnen denn gern, wie eben dießmal der Fall ist, ihre Lücken auszufüllen beystehen; doch hab ich auch auf eine größere Münzsammlung Einfluß und thue deshalb folgende Anfrage.

Als im Jahr 1806 die deutsche Reichsconstitution aufgelös't ward, so verloren viele Mediatisirte das Münzrecht, und die stehen bleibenden Souverains mußten ihre Stempel verändern; nun wäre also die Frage, ob unser Stuttgarter Münzfreund ein Verzeichniß von beiden machen, die ohngefähren Preise hinzufügen und mir solches übersenden wollte, worauf ich denn höchst wahrscheinlich die Bestellung machen würde.

Man würde sich mit Einer von jeder Münzstätte begnügen, aber auch wohl mehrere annehmen, von welchem Metall wäre gleich, nur müßten sie von den letzte Jahren seyn.

Weimar [Jena] den 1. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.


36/48.


An August von Goethe

Um den bisher verkümmerten Genuß unsres Hausgartens wieder zu gewinnen, dächt ich, mein guter Sohn, verführen wie folgender Maßen.

Wir erhöhten die Mauer gegen Osten um vier Fuß, ließen längere, über dieselbe noch drey Fuß hervorragende Steine einmauern, an welche sodann[52] Geländer befestigt würden, (wie an des Burgmüllers Garten, beym Aufstieg zu Gebrauch zu sehen) die Platten würden auf die vier Fuß erhöhte Mauer aufgelegt und das Geländer hinterwärts angebracht daß man noch Blumen Äsche anbringen könnte.

Wie bey der Arbeit deine Pfirschen und Spargel zu sichern habe auch schon ausgedacht. Sprich mit dem Maurer darüber und bereite alles vor, damit vor meiner Abreise das Geschäft eingeleitet sey.

Jena d. 2. Juni 1822.

G.


36/49.


An Christian August Vulpius

[Concept.]

Auf Veranlassung unsers Bergrath Lenz ersuche Sie, die weimarischen Conventions-Thaler von 1813 und 1815, jeden mit einem ganzen Conventions-Thaler und 4 gr. sächsisch anzuschaffen. Zugleich wünschte ich die weimarische Münze auf das Reformationsfest, wo die Hand unter dem Mantel hervorgreift, gegen ein Billiges.

Senden Sie die Münzen mit einer Empfangsquittung bald; so zahle sogleich den Betrag aus der Museumscasse.

Bey meiner nächsten Hinüberkunft hoffe ich schon die Münzsammlung in vorschreitender schöner Ordnung zu finden.

Jena den 4. Juni 1822.[53]


36/50.


An Marianne von Willemer

[Concept.]

Und so muß ich denn A[llerliebste] M[arianne] nach Jena gehen um mich wieder einmal mit Ihnen zu unterhalten. Ihr liebes Blatt hab ich oft gelesen und Sie immer darinn gefunden, ein Grus durch Fr. R. Schlosser als sie meinen Enckeln Zuckerwerck einpackte hat mich unmittelbar an Ihre Seite gesetzt. Es ist immer mit mir wie es war wenn mir auch nicht immer gelaunt ist es auszudrucken.

Beykommendes Büchlein sende ich Ihnen mit besonderm Zutrauen. Sie begleiten mich gewiß gern durch die mannigfaltig wunderlichen Zustände. Finden Sie mich immer wieder und auch rückwärts Ihrer Neigung werth, so erhalten Sie mir das schöne Plätzchen in Ihrem Herzen und sagen Sie mir manchmal wie es um Sie steht. Das hat einen doppel Sinn soll aber eigentlich sagen wie Sie sich selbst befinden und wie Sie mit andern guten und freundlichen Menschen zu wirken geneigt sind.

Des guten Frommanns gute Aufnahme dancke wahrhaft. Die seinigen thun bey meinem Jenaischen Aufenthalte viel für mich, und das seit langen Jahren wenn wir zusammen gar....

[Jena den 5. Juni 1822][54]


36/51.


An Carl Gustav Carus

Ew Wohlgeboren

erhalten abermals durch einen geschickten Künstler das Gegenwärtige, der auf alle Weise verdient, von Ihnen gekannt zu seyn. Es ist Herr Professor Kolbe von Bonn, der sich lange in Paris aufgehalten hat und schon seit den weimarischen Kunstausstellungen mit mir in Verbindung steht. Das eigene Talent wird er legitimiren, auch seine und unsere Freude an Ihren Landschaften aussprechen. Es steht darüber ein Aufsatz, für Kunst und Alterthum bestimmt, schon auf dem Papiere. Verschiebt sich der Druck, so sende eine Abschrift.

Noch vor meiner Abreise nach Böhmen hoffe das vierte Heft Morphologie zu überschicken, mit herzlichen Dank, daß Sie solches durch Ihre Anzeige haben schmücken wollen.

Das Bonner osteologische Werk habe nicht gesehen. Können sich doch die Menschen über viel leichtere Dinge nicht vereinigen, was werden sie diesem Problem noch alles für die Auslegung suchen. Ich meinerseits glaube bey der Ihriges acquiesciren zu können.

D'Altons Faul- und Fettthiere sind jetzt mein tägliches Studium, er bringt gar vieles den Augen und dem Geist entgegen.

Möge Ihnen alles Unternommene gelingen; vielleicht[55] senden Sie mir Tafeln und Aushängebogen, wie sie mittheilbar werden, damit ich nicht allzu lange warten darf.

Mit den besten Wünschen

treulich theilnehmend

Weimar den 8. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.


36/52.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

danke zum allerbesten für die Mittheilung der diplomatischen Nachrichten, die den Friedensliebenden wohl keinen Zweifel mehr übrig lassen, wozu wir uns denn doch am Ende Glück zu wünschen haben.

Daß unser gnädigster Herr glücklich über den Rhein gekommen, macht mir viel Freude, ob ich gleich bedauern muß, daß das neue Fuhrwerk die erste Probe so schlecht bestanden. In einigen Tagen werde wieder in Weimar seyn und mich zu meiner Reise nach Marienbad bereiten, da ich denn wohl hoffen darf, abermals mit Ihnen angenehme Stunden zuzubringen, besonders wenn uns dießmal die Witterung begünstigt.

Vorstehendes sollte von Jena abgehen, meldet aber zugleich meine Ankunft in Weimar, die etwas früher erfolgt, als ich mir vorgenommen hatte.

Mir fernere geneigte Mittheilungen erbittend.

Weimar den 8. Juni 1822.[56]


36/53.


An Friedrich von Luck

[Concept.]

Das Zeugniß einer so liebevoll andaurenden Theilnahme einer Neigung, ununterbrochen in Ihrer Folge, erfreut mich, rührt mich und ich erwidere dankbar.

Sind Sie ein Friedliebender, so haben die Zeitungen Sie schon jetzt getröstet, besonders auch die Erklärung der Engelländer, daß es allgemeiner Vortheil sey, das türkische Reich eher zu stärken als zu schwächen; auf diese Weise wollen wir denn uns eine Weile beruhigen.

Was mich betrifft, so sage im Vertauen, daß ich schon vor fünf Jahren mein Vermögen aus Frankfurt gezogen und das Bürgerrecht aufgegeben habe, um die dortige Staatslast nicht mitzutragen. Damals war von einem Verein zu Gunsten des Denkmals noch gar die Rede nicht; dieser besteht aber noch und hat soeben eine Marmorstatue bey Rauch in Berlin bestellt; wenn sie solche irgend wohin auf ihre neuzuerbauende Bibliothek setzen, könnte sich der Einzelne wohl genugsam geehrt finden. Lassen wir die Freunde also gewähren und warten ab, was weiter beschlossen wird oder sich ereignet. Dieses alles ist aber nur Ihnen gesagt, mein Theuerster, und bleibt jedem ein Geheimniß, so wie das Folgende.

Ich habe mich mit einigen Freunden vereinigt, eine vollständige correcte Ausgabe meiner Werke, Schriften[57] und sonstigen literarischen Nachlasses vorzubereiten und eine Einrichtung zu treffen, daß die Ausführung nicht gestört werden könne. Kommt es dazu, so wird alles, was Freunde dafür thun, dankbar anerkannt. Vorerst aber gleichfalls um Geheimniß bittend.

Soviel sage kurz vor meiner Abreise nach Böhmen, wohin ich von Ihren Gegenswünschen begleitet, glücklich zu gelangen hoffe.

Tausend Lebewohl.

Weimar den 8. Juni 1822.


Und nun, da ich abgeschlossen habe, bemerk ich erst, daß gerade der Punct nicht beantwortet ist, worüber der Freund so liebevoll und treulich Erkundigung ausspricht. Ich sage daher: daß es mit meinem Befinden, verhältnißmäßig zu Jahren und Constitution, ganz leidlich aussieht. Kinder und zwey Enkel sind wohl und munter, vom dritten sieht man noch keine Spur. Auch steht es mit meinen übrigen Verhältnissen so, daß ich meinen Zustand dankbar anerkennen muß.

Was ich den Winter gefördert, kommt Ihnen ja wohl auch vor die Hand; denken Sie mein dabey freundlichst.


36/54.


An Carl Friedrich von Reinhard

So sehr, verehrter und geliebter Freund, Ihre Briefe mich sonst erquicken und erfreuen, so sehr betrübte[58] mich der gegenwärtige. Den vom 14. Februar erhielt ich zu rechter zeit, in einer Arbeit wo ich weder rechts noch links sehen durfte. Aber ich habe ihn oft wieder gelesen, wie alle Ihre gehaltvollen Blätter, die immer wieder neue Gedanken aufregen und entwickeln. Sehr ungern denk ich Sie leidend, da ich mich im Verhältniß zu meinen Jahren und übriger Constitution ganz erträglich befinde und meinen Pflichten und Neigungen noch ziemlich gewachsen bin. Möge der liebe angeborne Secretär Ihre rechte Hand bleiben und ich vielleicht von Baden aus einige Worte von Ihrem Befinden in Marienbad vernehmen; bey der Thätigkeit aller Posten liegt die Welt nicht so weit einander.

Eben war ich im Begriff ein Bändchen einzupacken, das ich Ihrer Aufmerksamkeit empfehle, es erfolgt mit der nächsten fahrenden Post; Sie werden bedenklich lächeln, bey'm Datum – 1792, wo Sie noch ahndungsvollere Tage zubrachten als wir, die wir allenfalls über unsere Unbilden scherzen durften. Es ward mir manchmal wirklich schwindlich, indem ich das Einzelne jener Tage und Stunden in der Einbildungskraft wieder hervorrief und dabey die Gespenster, die sich dreyßig Jahre her dazwischen bewegt, nicht wegbannen konnte; sie liefen ein- und das anderemal wie ein böser Einschlag über jenen garstigen Zettel. Hundertmal, ich sollte lieber sagen ununterbrochen, hab ich an Sie, mein Theuerster gedacht, der zu selbiger Zeit[59] dort drinne thätig und leidend so vieles erlebte, ob ich gleich in diesem Augenblicke mich Ihrer Lage nicht mehr deutlich erinnere.

Auch ein morphologisches Heft gedenk ich noch vor meiner Abreise zu senden, es wird nicht ohne Interesse für Sie seyn und Sie theilweise an unser früheres Zusammenleben erinnern. Diese Naturbetrachtungen möchten denn doch wohl das Letzte bleiben was bey mir aushält, besonders da ich mehr Theilnahme hevorthut und mehr Verknüpfung nach allen Seiten sich anläßt.

In Berlin haben es Gönner und Freunde so weit gebracht, daß ein Zimmer des Akademie-Gebäudes der Farbenlehre nach meinen Wünschen gewidmet worden; der Apparat ist beynahe vollständig, ich suche das Mögliche beyzutragen. Ein junger Mann aus Hegels Schule hat sich von der Angelegenheit so durchdrungen, daß es mir selbst ein Wunder ist; denn in unsern Tagen mag jeder gern das Gethane umthun, um den Schein zu gewinnen, er habe etwas gethan.

Von der morphologischen Seite mich auch manches Freundliche, so daß nur nachzuhelfen und zu genießen brauche. Auch von auswärts ereignet sich mir Wünschenswerthes; die Franzosen übersetzen meine dramatischen Arbeiten und ich muß eine Befreyung von Vorurtheil, eine Höhe ihrer Ansicht bewundern, Indessen die Deutschen in einer beynahe unverständlich werdenden Sprache sich Gedanken und[60] Urtheil einander mittheilen, so bedient sich der Franzose herkömmlicher Ausdrücke, weiß sie aber so zu stellen, daß sie wie aus Planspiegeln zusammengesetzter Hohlspiegel kräftig auf einen Focus zusammen wirken.

In England hat ein Herr Soane meinen Faust bewundernswürdig verstanden und dessen Eigenthümlichkeiten mit den Eigenthümlichkeiten seiner Sprache und den Forderungen seiner Nation in Harmonie zu bringen gewußt; ich besitze die ersten Bogen mit nebengedrucktem Original. Überhaupt will mir bedünken, daß die Nationen sich unter einander mehr als je verstehen lernen; die Mißverständnisse scheinen nur innerhalb des eigenen Körpers einer jeden zu liegen.

Sie haben über diese Dinge mehr nachgedacht als ich, der nur einseitige Anschauungen hat; mir etwas darüber anzudeuten reicht wohl Ihr freundlicher Geheimschreiber eine liebevolle Hand.

Was sind übrigens für Conflicte, Wünsche, Hoffnungen, Wetten durch die letzten Ereignisse aufgehoben, gestört und entschieden! wie kühn erklären sich die Engländer, wenn Sie sagen, es sey jetzt gar nicht Zeit, das türkische Reich zu schwächen, man müsse ihm vielmehr recht zur Consistenz verhelfen. Es bleibt doch immer ein wunderbarer Fall, daß die entschiedene Übereinstimmung der Machthaber die gränzenlose Majorität der öffentlichen Meynung für dießmal überwand.

[61] Da ertappen Sie mich denn, mein Theuerster, wieder einmal auf politischen Betrachtungen, doch abermals wieder gegen Sie gerichtet, denn ich habe mich vorzüglich des Friedens zu erfreuen daß Sie Ihre Gesundheit zu sorgen dadurch die beste Nutze finden.

Und so für dießmal ein tausenfältiges Lebewohl!

treulichst

Weimar den 10. Juni 1822.

G.


36/55.


An Hermann Friedrich Wilhelm Hinrichs

[Concept.]

Sie erhalten, mein Werthester, Ihrem Wunsch gemäß hiedurch die Nachricht: das überschickte Buch sey glücklich angekommen. Unseres würdigen Hegels Vorwort habe sogleich mit größtem Antheil gelesen und werde, sobald ruhige Stunden gegönnt sind, mir angelegen seyn lassen, den wichtigen Inhalt Ihres Werks zu erforschen. Die Sendung dankbar erkennend, fernerer Mittheilung entgegen sehend, das Beste wünschend.

Weimar den 10. Juni 1822.


36/56.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey zwey weimarische Conventionsthaler und eine Jubiläums Münze; weiter erstreckt sich die[62] hiesige Numismatik nicht. Da aber diese Gabe gegen das, was Herr Dr. Zipfer für uns gethan, gar zu gering ist, so sondiren Sie ihn: ob er vielleicht aus andern Ländern und Fürstenthümern einiges wünschte. Bey der mannichfaltigen Besitzvertauschung der nächstvergangenen Zeit kommt einiges bedeutende vor, was zwar nicht immer zu erlangen ist, doch würde bey meinen Connexionen mit Münzfreunden und Händlern für eins und das andere sorgen können. Empfehlen Sie auch mich dem werthen Manne zu geneigtem Andenken, und gehen froh und gutes Muths dem festlichen Tag entgegen.

ergebenst

Weimar den 11. Juni 1822.

Goethe.


36/57.


An Johann Diederich Gries

Ew. Wohlgeboren

haben durch den neuen band von Calderon mir abermals ein paar glückliche Tage gewährt, deren Nachgenuß ich in jedem ruhigen Augenblick empfinde. Es ist ein Dichter, über den man bey jedesmaligen Erblicken staunt, wie über die Natur, so oft man aufmerksam an sie heranblickt. Nehmen Sie meinen aufrichtigen Dank mit der Versicherung, daß dieses Werk auf meiner Badereise mir nicht von der Seite kommen soll; ich habe über Calderon und über das[63] Verdienst seines Übersetzers noch so manches zu sagen und wünsche nur, daß es mir gelingen möge, mich bündig und überzeugend auszudrücken. Was Sie über die beiden Stücke mittheilen ist mir sehr viel werth und gibt Gelegenheit zu mannichfaltigen Betrachtungen.

Der ich recht wohl zu leben, guten Muth und Stimmung zu fernerer Arbeit wünsche.

ergebenst

Weimar den 11. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.


36/58.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Theurer, verehrter Freund, so lange hab ich geschwiegen und blieb doch immer in Ihrer Nähe; davon sollte das neuste Stück Morphologie p. Zeugniß geben, dessen Ausgabe jedoch sich gar zu sehr verspätet hat, so daß ich nicht einmal weiß, ob ich's mit Gegenwärtigem übersenden kann.

Zuvörderst also den lebhaftesten Dank für die Beförderung des chromatischen Unternehmens! Von Henning scheint sich die Sache recht gut zu finden; er ist vollkommen auf dem rechten Wege und wird, wenn Sie ihn fernerhin führen und leiten, gewiß zum Ziele kommen. Ich habe ihm mit vielen Worten und mit einigem Apparat beyzustehen gesucht, und werde weiterhin immer denken was nütze seyn könnte. Sie[64] thun dabey das Beste. Mögen Sie ihm Mittel verschaffen, mich in den Michaels-Ferien zu besuchen, so würde viel in kurzer Zeit gethan seyn.

Ich bilde mir zu den älteren Freunden, die mir das gute Schicksal erhalten hat, einen Anschluß von jüngeren. um eine künftige Ausgabe meiner Werke, Schriften, literarischen und wissenschaftlichen Nachlasses zu sichern. Und eben unserm von Henning wollte ich, wenn Sie es billigen, meine sämmtlichen chromatischen Sammlungen und Papiere übergeben, daß er sie redigire und den Band meiner Farbenlehre verkörpere; dazu wäre denn freylich persönliche Gegenwart und mündliche Besprechung nöthig.

Denn bey meinem viel hin- und hergefordeten Thun und Lassen komm ich zu spät an denselben Platz zurück; deswegen muß ich Mitarbeiter suchen je eher je lieber.

Die morphologischen und wissenschaftlichen Hefte würde ich fortsetzen, aber nicht wie bisher zusammen, sondern getrennt und in geringerer Bogenzahl. Zunächst wünscht ich, Ihren Aufsatz über die physiologen Farbenerscheinungen abdrucken zu dürfen; ich habe ihn erst wieder durchgelesen und wüßte nichts Besseres zu wünschen; nach Marienbad nehm ich ihn mit, daran dort abermals zu studiren.

Und so ist es denn ausgesprochen, daß ich wieder nach Böhmen gehe; das geistliche Bad hat mir vor'm Jahre gar zu wohl gethan und mir über vergangenen[65] Winter glücklich hinaus geholfen; und dann ist es auch im ethischen Sinne nothwendig, einmal wieder fremde Menschen und Gegenden zu sehen, ohne sich allzusehr zu zerstreuen.

Ich fahre fort anders zu berichten. Ein Auszug aus Purkinje mit hinzugefügten Bemerkungen liegt schon seit einem Jahre bey mir und würde, wenn erst Ihr Aufsatz gedruckt ist, gar wohl folgen können. Ich bin so weit gegangen, seine Tafel nachstechen zu lassen, da sich der sonderbare Fall ereignet, daß unser geschickter Kupferstecher, Schwerdgeburth, ähnlichen Gespenstern unterworfen ist, deshalb er sich dieser Arbeit mit Liebe und Glück unterzog, wie Sie, beygehenden Abdruck mit dem Original zusammenhaltend, ersehen werden. Mein Wunsch wäre überhaupt, meine Überzeugung überall, wo nur möglich, anzuschließen; denn die Tendenz unserer Zeit, sich im Sinne zu isoliren, da man im Munde die allgemeine Liberalität trägt, ist Hinderniß an allem Guten; die Menschen merken nicht, daß sie auf diese Weise ihre eigenen Feinde sind; umgekehrt wären und beständen sich alle besser.

Das wunderliche Unternehmen, mich in die schrecklichen Zustände von 92 und 93 zu versetzen, ist Ihnen wohl vor Augen gekommen, und ich wünsche daß Sie es nicht mißbilligt haben. Ich bedurfte einer Arbeit die mich den Winter über beschäftigte; die Darstellung reiner gefühlvoller Tage meines Lebens, wie der ersten Abtheilung vierte Band fordert, wollte nicht gelingen,[66] obgleich die Hälfte schon geschrieben ist; da griff ich zum Widerwärtigsten, das durch milde Behandlung wenigstens erträglich werden kann.

Soviel sey für dießmal gesagt, und mit unsern besten Wünschen und Grüßen die preßhafte Dame angekündigt, welche nächstens erscheinen und sich zu wohlgemeinter Cur angelegentlich empfehlen wird.

Und nun zum Schluß den lebhaft bringenden Wunsch, von Ihrem Befinden, auch Thun und Lassen, in so fern es mittheilbar wäre, nach Marienbad zu vernehmen.

treulichst

Weimar den 12. Juni 1822.

G.


36/59.


An Otto Christoph Freiherrn von Budberg

[Concept.]

[12. Juni 1822]

Ew. Hochwohlgeboren

angenehme Sendung erreicht mich in dem Augenblick, da ich meine Badereise nach Böhmen anzutreten im Begriff und deshalb der bedeutenden Arbeit die gehörige Aufmerksamkeit zu widmen nicht im Stande bin.

Soviel sag ich indeß: was ich von den gereimten Strophen gelesen, scheint mir gar wohl gelungen; die hexametrischen Gedichte betreffend, würde wünschen, daß Sie Herrn Voß in Heidelberg, Vater und Sohn, dafür interessirten, zwey Männer, höchst einsichtig und geneigt, guten Rath zu ertheilen. Für[67] die löbliche Bemühung, des trefflichen Hebels Verdienst einem weiteren Kreise anschaulich zu machen, wünschte selbst mehr zu thun können, bedauere daher, nur mit so wenigem Ihr geschenktes Zutrauen erwidern zu müssen.

Mich zu geneigetem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 9. Juni 1822.


36/60.


An Professor Brockmüller

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

danke auf das verbindlichste, daß Sie mir die Gunst erwiesen, Sie auf Ihren mannichfaltigen Wanderungen begleiten zu können und Ihre Ansichten, Gefühle, Besinnungen zu theilen. Solche gemüthliche Gedichte belohnen im Augenblick des Entstehens und geben in der Folge zu jeder Zeit Genuß: deshalb man sie dem Urtheil nicht unterwerfen darf, sondern dasjenige freundlich aufzunehmen hat was sie gewähren; wie ich mich denn in bekannte und unbekannte Gegenden durch sie versetzt gefunden.

Vermuthlich haben unsere theuren Reisenden Sie schon längst wieder begrüßt, da wir die glückliche Rückkunft derselben und also auch nähere Nachricht von unseren nordischen Freunden erwarten. Lassen Sie mich Ihrem und der Ihrigen Antheil empfohlen seyn.

Weimar den 12. Juni 1822.[68]


36/61.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche hierdurch, überbringendem Boten die mir zukommenden Exemplare der Morphologie oder einen Theil derselben gefällig zu übergeben; sie würden mir bey bevorstehender Abreise, und wären sie auch nicht gebunden, angenehm seyn.

Der ich recht wohl zu leben und bey meiner Rückkehr Dieselben nebst den werthen Ihrigen wohl und vergnügt anzutreffen wünsche.

Weimar den 12. Juni 1822.


36/62.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

Um Verzeihung bittend, daß ich ein ungeheftetes Exemplar meines neusten Bandes übersende, da ich diese freundlich aufzunehmenden Gabe sonst vor meiner Abreise nicht hätte einhändigen können, frage an: ob Ew. Hochwohlgeboren nicht diese Tage an unserm Familientisch vorlieb nehmen und vor- oder nachher die zum Museum bestimmten Zimmer im Jägerhause mit mir besuchen wollten, da Serenissimus ein Gutachten verlangen, wie der bekannte Zweck zu erreichen wäre. Manches könnte dabey besprochen werden, und[69] ich mich dadurch vor meiner Abreise besonders auch über Ihre Gesundheit beruhigt sähe.

treulich theilnehmend

Weimar den 12. Juni 1822.

Goethe.


36/63.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

stimmen wahrscheinlich mit mir überein, daß dem Briefsteller beykommenden Blattes auf eine höfliche und freundliche Weise zu sagen sey, die jenaische Mineralogische Gesellschaft könne ihrer Einrichtung nach auf einen Tauschhandel nicht eingehen, hingegen sende man zwey Diplome, 1 für Herrn Grafen, 1 für Franz Resmann.

Ich freue mich dieser Verbindung und wünsche beiden Theilen daraus die wünschenswerthesten Vortheile.

Alles Gute wünschend und hoffend.

Weimar den 13. Juni 1822.

G.


36/64.


An Johann Heinrich Meyer

So eben erhalte, mein Theuerster, eine sehr erfreuliche Sendung von Ruckstuhl, Betrachtungen über meine dichterischen und sonstigen Arbeiten, rein, gut und sehr verständig. Beyliegender Brief war hinzugefügt. Ich ergreife die Gelegenheit um Ihnen zu[70] sagen, daß ich Sonntag den 16, von hier abzugehen gedenke, indem ich vorher alles in Ordnung gebracht habe.

Auch bin ich gestern mit Oberbaudirector Coudray im Jägerhaus gewesen und habe nach Serenissimi Verlaß die nöthige Abrede genommen; es werden Öfen weggebracht, Thüren zugemauert und den Wänden eine grüne gebrochene Farbe gegeben. Bis wir wieder zusammen kommen, wird die Einrichtung schon weit seyn und die Gemählde alsdann unter Ihrer Mitwirkung aufgehängt werden.

Die Copie nach Julius Roman ist freylich bewunderswürdig und bringt uns das schätzbarste Original glücklich vor die Augen.

Mögen Sie irgend etwas an mich gelangen lassen, so adressiren Sie an Polizeyrath Grüner nach Eger.

Tausend Lebewohl!

treulichst

Weimar den 14. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.


36/65.


An Carl Friedrich von Reinhard

[Concept.]

Empfohlen sey Ihnen, Theurer, Verehrter, beykommendes Heftpaar, gepackt und gesiegelt im Augenblicke des Abscheidens. Alles Gute und Heilsame mit Ihnen und den Ihrigen.

Weimar de 14. Juni 1822.[71]


36/66.


An Leopold Dorotheus von Henning

Ew. Hochwohlgeboren

erlauben, daß ich dießmal punctweise so kurz als möglich antworte; meine bevorstehende Reise nach Marienbad nöthigt mich, manches eiligst zu beseitigen.

1) Sehr angenehm ist mir zu hören, daß der Apparat glücklich angekommen und Sie sogleich bey günstiger Witterung damit zu versuchen angefangen.

2) Sende einen Nachtrag und wünsche, daß er bey Ihrem Vorhaben nützlich seyn möge.

3) Der richtige Weg, den Sie so ernstlich verfolgen, freut mich im Innersten; alles, was Sie in Ihrem Briefe abermals sagen, hat meine vollkommene Beystimmung.

4) Geben Sie ja genau acht, wenn Sie Versuche vermannichfaltigen; Sie entdecken gewiß neue Bezüge, und es kommt alles darauf an daß wir diese gewahr werden, Das wünschen und wollen wie zu Gründung eines wahrhaften Wissens.

5) Eben so, wie Sie weiter vorschreiten, wäre es auch möglich, daß Sie an meiner Arbeit einiges zu berichtigen fänden.

6) Ich bitte sogar auf Druckfehler acht zu geben.

7) Wie ich Sie denn ersuche, das Geschichtliche immer vollständiger zu machen.

[72] 8) Ich bereite eine neue Ausgabe meiner sämmtlichen Werke, Schriften und literarischen Nachlasses vor, dieses selbst oder allein leisten zu wollen wäre Verwegenheit. Für den ästhetischen und artistischen Theil interessiren sich ältere Freunde; wollten Sie den chromatischen und vielleicht den ganzen physischen übernehmen, so übersende meine sämmtlichen Papiere und wir könnten noch, so lang wir auf einer Erde zusammen sind, uns darüber vollkommen verständigen.

9) Dieß würde gegen Michael geschehen können, da Sie denn nach abgehaltenen Vorlesungen sich schon des ganzen Feldes Meister gemacht hätten. Alsdann würde Ihr Geschäft seyn, den dritten Theil der Farbenlehre zu redigiren und mit eigenen Erfahrungen, Einsichten und Überzeugungen an's Ganze anzuschließen und dadurch Ihren Beruf zu solchem Geschäft vollkommen zu legitimiren.

10) Und so billige ich vorerst denn auch sehr, daß Sie der Lockung und Frauenzimmer widerstehen und erst in männlichen Geistern diese Ansicht zu erwecken suchen. Die Mehrheit der Welten war lange anerkannt, eh' Fontenelle durch eine hochgebildete Gesellschaft genöthigt wurde sie galant vorzutragen. Auch hier würde die Methode umkehren und von Seiten des Geschmacks beginnen.

Steht doch einer Blondine Blaßgelb und Veilchenblau ganz gut; warum schmückt sich die Jugend so gern mit Rosenfarb und Meergrün? Eine tüchtige Brünette hat Himmelblau und Orange[73] nicht zu fürchten, doch wird immer ein gewisses Zartgefühl diese Gegensätze nicht in ihrer elementaren Entschiedenheit, sondern in einem gewissen ausweichenden Schwanken sich anzueignen suchen. Muster-Charten von ältern und neuern Kleiderstoffen erweisen hier gute Dienste. Verzeihung dem Voreilen! Doch ist alles gut zu bedenken und vorzudenken, denn die Stunde rennt.

11) Auch leg ich noch ein paar Abdrücke meiner Tabelle bey. Bemerken Sie sorgfältig, was daran gefordert und gefördert könnte: denn ob ich gleich überzeugt bin, daß ich die Farbenlehre wohl gegründet habe, so ist doch das Aufbauen und Nutzbarmachen gränzenlos.

12) Ihr Vorsatz, unter dem didaktischen Vortrag nicht polemische zu werden, ist sehr zu billigen. Ich habe, wie Sie gewiß bemerken, meinen didaktischen Vortrag polemisch gestellt. Die sämmtlichen Paragraphen von 197 bis 282 gehen darauf hinaus, das erste Newtonische Experiment der Optik zu entwickeln, damit man die Richtigkeit der daraus gezogenen Folgen ohne Controvers gewahr werde.

13) ferner empfehle die Vorrichtung von §. 284. Ich wollte sie mitschicken, kann sie aber nicht finden, da mein Apparat zwischen hier und Jena getheilt ist.

14) In diesen Tagen empfehle zur Mittagszeit die Beobachtung des weißen Kreuzes um den ganzen Himmel; zugleich auch den Kreis um die Sonne, wo[74] das schwarze Kreuz unvermuthet eintritt. Ich bin geneigt, hier dieselbe Cirkelgränze zu sehen, welche die nächsten Halos um die Sonne hervorbringt.

Weimar den 13. Juni 1822.

G.


Neulich am hohen Mittag, bey sehr dunstiger Atmosphäre, stand die Sonne im Centrum eines dunklen Diskus, der sich nach außen mit einer gelbrothen Einfassung endigte. Mit Hülfe eines wohlwollenden Astronomen kommen Sie der Sache gewiß näher.

15) Müßte sich denn doch ein jünger geistreicher Geometer im antiken Sinne an uns diesen Studien ganz verbannt seyn?

16) Ich widme Ihrer Anstalt die einzige mir noch übrige sehr getrübte Glastafel. Sonne und das Erhellteste erscheinen blutroth.

Wenn Sie solche in vier Täfelchen schneiden und Stufenweise schleifen lassen, so erhalten Sie einen schönen Apparat zur Hauptdarstellung.

17) Auch fand sich noch ein Exemplar der optischen Beyträge mit den Charten. Ein ernstes Lächeln wird Sie überraschen, wenn Sie sehen, wie ich in der Dämmerung meine Schritte dem lichten Horizont zurichtete, wo ich voraussah daß die Sonne aufgehen müßte.

18) Die beygehenden Exemplare bitte mit den schönsten Grüßen und Empfehlungen auszutheilen.

[75] 19) Gedenken Sie mein, aus dem chamäleontischen Glas mit Freund und Freundin ergötzlichen Trank schlürfend.

20) Versäumen Sie nicht, mir nach Böhmen zu schreiben, und adressiren Sie den Brief nach Eger an Polizeyrath Grüner.

treulich theilnehmend

Weimar den 15. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.


36/67.


An Friedrich Heinrich Wilhelm Körte

Eben im Augenblick meiner Abreise nach Marienbad erhalt ich das Heft zur Naturwissenschaft, von welchem ein Exemplar übersende, dem ich das unenglische Papier zu verzeihen bitte. Herzlichen Dank für die Theilnahme die ich auch fernerhin in Anspruch nehmen werde. Sollten Sie mir einiges von fossilen Knochen zudenken, so wär es gerade die schönste Zeit solche zu übersenden, indem mein Sohn jene Zeugnisse der Urwelt so eben in einem eigens dazu eingerichteten Gartenzimmer ordnet.

Möge auch sonst in dem Hefte manche für Sie geschrieben seyn und Sie von allem, was sonst meiniges vor Augen kommen möchte, sich freundlich das Herz- und Sinngemäße aneignen. Gedenken Sie mein mit der geliebten Freundin und lassen uns die Hoffnung[76] nicht aufgeben, wieder einmal persönlich zusammen zu treffen.

treulichst

Weimar den 15. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.


36/68.


An Eduard Joseph d'Alton

[Concept.]

Das eben im Augenblick meiner Abreise nach Marienbad an mich gelangte Heft Morphologie pp versäume nicht zu senden, mit dem Wunsche, daß eine längere Unterhaltung mit demselben die Kürze dieses Briefs entschuldigen möge.

Genuß und Theilnahme an Tafeln und Text Ihres Werkes nimmt täglich zu und ich sehe mich wieder in eine Region zurückgeführt der ich mich nach und nach zu entziehen gedachte.

Herr Kolbe hat sich eine Zeitlang bey uns gefallen und auch mein Bild gemahlt, welches den Beyfall der nächsten, immer schwer zu befriedigenden Freunde erhält. Übrigens ist er durchaus empfohlen, man weiß nicht, ob man Kunst, Ausdauer, Nachsicht oder Geduld mehr an ihm bewundern soll. Zum allerschönsten grüßt er und meldet: ihm sey ein annehmlicher Ruf nach Düsseldorf geworden.

Ihre treffliche Arbeit begleitet mich nach Böhmen, wo ich in den stillen Wäldern, 1800 Pariser Fuß über[77] der Meeresfläche, mich erst recht damit bekannt zu machen gedenke. Was bey diesen Studien in mir aufgeregt wird, verfehle nicht in der Folge dankbar mitzutheilen, wogegen von Ihren Vor- und Fortschritten öfter unterrichtet zu seyn wünsche.

[Weimar den 15. Juni 1822.]


36/69.


An Carl Joseph Heinrich Ruckstuhl

Im Augenblick meiner Abreise nach den böhmischen Bädern ereilt mich noch Ihre liebwerthe Sendung. Nur wenige Seiten, die ich lesen konnte, haben mich sehr erfreut; was will ich Besseres erleben, als daß junge geistreiche Männer sich mit mir harmonisch heranbilden. Mehr kann ich heute nicht sagen; nach meiner Rückkehr das Weitere.

Unser trefflicher Hofrath Meyer ist nach Wiesbaden und Ihnen also näher als Sie denken; ich habe ihm Ihr Schreiben sogleich zugeschickt, wahrscheinlich erhalten Sie von dort her einige Nachricht.

Ich wünsche wohl zu leben, überzeugt, daß, wenn Sie auf dem eingeschlagenen Wege fortfahren, Ihr Wirken Ihnen selbst und andern zu Freude und Nutzen gereichen werde.

treulich theilnehmend

Weimar den 15. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.[78]


36/70.


An Johann Christian Mahr

Ew. Wohlgeboren

gefälliges Schreiben und interessante Sendung haben mir sehr viel Vergnügen gemacht; ich erhalte solche eben nach Marienbad abreisend. Es freut mich daß mein Sohn als Referent zu dem Entschluß der Wiederherstellung einer neuen Radstube hat einiges beytragen können. Fahren Sie fort, aufmerksam auf jedes Phänomen zu seyn, besonders auf alles was Sie im Hangenden antreffen; in jener zeit wirkte wahrscheinlich die Anziehungskraft stärker als die Schwerkraft, wodurch Erscheinungen bewirkt wurden, die uns in Verwunderung setzen und auf anderem Wege unerklärlich scheinen. Auch ist sehr wohl gethan, jede organische Spur aufmerksam zu beachten.

Der ich recht wohl zu leben und bey meiner Rückkehr einiges zu vernehmen wünsche.

ergebenst

Weimar den 15. Juni 1822.

J. W. v. Goethe.


36/71.


An August von Goethe

Eger, Mittwoch d. 19 ten Jun. 1822.

Gestern glücklich angelangt raste diesen Morgen und hoffe gegen Abend in Marienbad zu seyn.

[79] Sollte der Kutsch-Herr, wegen dieses Aufenthalts billige Entschädigung verlangen; so reiche sie ihm.

Die Witterung hat meine Reise sehr begünstigt. In Rothenstein fing es an zu regnen. Im Orlgrunde musste es starck geregnet haben und so fort das Gebirg hinauf. Gestern erst klärte sich der Himmel völlig und die herrlichsten Windbäume strichen durch und über das Blau.

Vermelde dem guten Rehbein: daß mein Befinden sehr löblich war und daß ich diese Tage zu keinem ärtzlichen Hülfsmittel greifen müssen.

Durchgedacht habe fleißig das nächstbevorstehende, solches in die Schreibtafel notirt, auch heute früh alles in's Reine geschrieben. Und so werden wir nicht fruchtlos nach Hause kommen.

Immer so beschäftigt hatte keine lange Weile, nur manchmal wünsche Waltern zu mir. Es giebt so manches woran das Kind sich hoch vergnügen würde.

Hiemit sey denn das Lebewohl ausgesprochen, grüße alles und sende wie verabredet wöchentlich einige Notizen; von mir sollt ihr auch vernehmen.

treulichst

G.


d. 19. Juni, Abends mit klarstem Sonnenuntergang und frischem Nordwind glücklich angekommen.

G.[80]


36/72.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeb.

vermelde eilig daß Herr Inspektor Gradl die Beyschaffung des Weins übernommen hat.

Die Lieder habe ich sämmtlich schon gelesen und finde sie probat.

Haben Sie die Gefälligkeit mir das reine Mspt zu übersenden. Da ich Zeit genug finde es zu lesen; so unterhält es mich angenehm und wir sprechen desto eher und gründlicher darüber.

Der fossile Zahn stickt mir in den Gliedern, ich wünschte Ihrem Patriotismus einige Milderung. Bestens mich empfehlend

M. B. d. 19. Jun. 1822.

G.


36/73.


An Kaspar von Sternberg

Ew. Exzellenz

nach meiner glücklichen Ankunft schuldigst zu begrüßen ergreife die Feder, sehr erfreut mich Denenselben soviel näher zu wissen. Freylich erlauben weder Jahre noch Gesundheit, wie ich lebhaft wünschte, in Prag aufzuwarten, und Ihres belehrendem Umgangs zu genießen, auch die dortigen Merckwürdigkeiten zu beschauen.

Vielleicht aber ist es Ew. Exzellenz Absicht und Vorsatz diese vordern Gegenden des Königreichs zu besuchen[81] und da wünscht ich nichts mehr als ein glückliches Zusammentreffen.

Bis in die Hälfte August gedenke hier, sodann in Eger zu verweilen und erbitte mir gefällige Nachricht von Ihrem Befinden und was ich allenfalls hoffen dürfte.

verehrend, gehorsamst

Marienbad d. 23 Jun. 1822.

J. W. v. Goethe.


36/74.


An August von Goethe

Marienbad d. 29. Jun. 1822.

Auf deine liebe Sendung will nun auch einiges, am zehnten Tag meines Hierseyn vernehmen lassen. Das Wetter ist herrlich zur Kur, obgleich dem Feldblau schädlich. Athmosphärische Erscheinungen ganz eigen herrlich. Gestern Nachmittag der Himmel voll drohender Wolcken, und doch nur einzelne Streifregen in den Gebirgen. Bey solcher allgemeinen Trockniß der Kreuzbrunn von besonderer Stärcke und Reinheit. Der Besuch nicht starck, Hoffnung von Tag zu Tag auf mehrere Gäste. Hier im Hause wie vorm Jahr alles schön und musterhaft. Ich wohne im zweyten Stock über meinem vorigen Quartier, das Essen fürtrefflich, die Gesellschaft anständig und angenehm. Auch im öffentlichen ist sehr viel geschehen; sehr bequeme Fahrwege verbinden das Ganze; der große Raum vor unserm Hause, ob ihm gleich die Hitze das grüne versagt, ist[82] doch sehr hübsch und für die Zukunft erfreulich angelegt. Gethan hab' ich manches und es rückt fort nach allen Seiten.

Die Fahrt nach Frankenhausen billige sehr; man sollte nur immer ohne grosse Umstände das nächste Bad wählen. Der Geist wird durch neue Gegenstände, der Körper durch Trincken und Baden angeregt; doch müssen beyde sich selbst helfen. Grüße alles. Auch versäume nicht Schopenhauers ein freundlich Wort zu sagen. Ich habe Gabriele mit viel Vergnügen gelesen; die Mama soll gelobt seyn daß sie das Buch geschrieben, die Tochter daß sie es gegeben hat. Es ist gut, sehr gut.

Du siehst hieraus daß man 2000 Pariser Fuß über die Meeresfläche sich erheben und im geistlichen Bezirck sich niederlassen muß um zu einiger Gemüthsberuhigung zu gelangen, nöthig solcher Aufmerksamkeit. Ich habe auf Spaziergängen einiges darüber in meine Schreibtafel geschrieben, kann ich es aufs Papier bringen sollt ihr's auch vernehmen.

Meine Lebensweise ist sehr einfach: ich trinke morgens im Bette, habe den dritten Tag, trinke Abends am Brunnen, speiße Mittags in Gesellschaft und so geht es denn hin. Der Wein ist auch endlich angekommen, er wird auf Krüge gefüllt, der Überrest mag bis aufs Jahr liegen. Herr von Helldorf hat mir sechs Flaschen Würzburger verehrt, mit denen ich mich auch hingehalten habe.[83]


am 2ten Juli.

Indessen hat mir Pol. Grüner einen Theil der Carlsbader Flaschen gebracht und ich bin also wohl versorgt. Dein Brief vom 28ten meldet mir nun Feste und Lustbarkeiten mit activer Theilnahme. Und so möge denn alles zum Besten gereichen! Einen merckwürdigen Besuch darf ich nicht vergessen. Herr v. Buch der Welt-Vereiser kündigte sich gleich als Ultra-Vulkanisten an, und suchte, diplomatisch genug, mich zum Gespräch zu verleiten; aber vergebens, und so ward denn mit dem ersten Geologen von Deutschland kein geologisches Wort gesprochen. Soviel für diesmal! Ich bin in die erste Etage herunter gezogen, wo ich so zierlich und bequem wohne wie vorm Jahr. Alles geht hier seinen Gang. Täglich kommen Gäste, die auch hier fehlten. Geregnet hats, kalt ists geworden. Die Wolckenzüge geben viel zu schauen. Fleißig bin ich übrigens. Grüsse alles, gedenke mein, schreibe und referire von Zeit zu Zeit.

G.

Gräfinn Line die schönsten Empfehlungen.


36/75.


An Christian Wilhelm Schweizer

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

mich in freundliche Erinnerung zu bringen und fernerem Wohlwollen angelegentlich zu empfehlen, ergreife mit Vergnügen eine heitere Gelegenheit.

[84] Beykommendes Blatt enthält die höhere Veranlassung welche nicht wiederhole, so wie denn auch wegen der hiernach versuchten unmaaßgeblichen Vorschläge mich wohl darauf beziehen darf.

Wie diese scherzhaften Äußerungen mit dem Ernst und der Würde einer solchen Feyerlichkeit möchten in Einklang zu setzen seyn, werden Hochdieselben an Ort und Stelle näher beurtheilen. Bey'm Nachtische bleibt manches zulässig, da erheiterte Geister das Muntere gleichfalls gern aufnehmen.

Auf alle Fälle ist zu jeder Art von Vorbereitung Zeit, da das fest, soviel ich mich erinnere, erst in einigen Monaten zu begehen Wäre. Doch zaudre nicht, Gegenwärtiges zu übersenden, da ein ganz leidliches Befinden mir dazu die Freyheit läßt. Darf ich bitten, mich Serenissimo gelegentlich unterthänigst zu empfehlen und mir ein theilnehmendes Andenken geneigt zu erhalten?

Marienbad den 2. Juli 1822.


Unsers gnädigsten Herrn Königliche Hoheit haben Unterzeichnetem kurz vor Ihro Abreise zu eröffnen geruht: daß Höchst Dieselben den guten Bergrath Lenz bey seinem bevorstehenden Jubiläum durch eine Festlichkeit zu ehren und ihn zugleich mit einigen fürstlichen Geschenken zu erfreuen die Absicht hätten, wozu nachstehende Gaben vorläufig bestimmt seyen.

1) Die goldne Verdienstmedaille.

2) Eine Summe von Einhundert Ducaten.

[85] Die Festlichkeit, deren Leitung Höchst Sie dem Herrn Geh. Staatsrath Schweizer aufgetragen, werde in einem Gastmahl bestehen, wobey aber zum Dessert vulkanische Gegenstände aufgesetzt und einige scherzhafte Reimzeilen überreicht und ausgetheilt werden möchten.

Nun wären meine unvorgreiflichen Vorschläge:

a) Als Mittel- und Hauptstück stellte man den Vesuv dar, eine starke Lava ausgießend; unter diesem könnte die Medaille Platz finden.

b) Zur Seite eine der kleineren Liparischen Inseln, von etwas Meer umgeben; hier fänden vielleicht die Ducaten Platz.

c) Ein Inseltheil basaltisch wie Staffa. Hier könnte das beyliegende Gedicht untergeschoben werden.


Holdermann in Weimar und Consorten würden dieß alles recht gut schicklich verfertigen. Auf der Bibliothek finden sich die nöthigen Abbildungen. Es verstünde sich jedoch, daß alles von Pappe und gefärbt sey und daß man sich Rauches und Dampfes so wie der Feuerwerkerey enthielte.


Dieß sey nur als allgemeiner Entwurf betrachtet. Die Umstände werden das Nähere bedingen und bestimmen.

Marienbad den 2. Juli 1822.[86]


36/76.


An den Großherzog Carl Augustund die Großherzogin Louise

[Concept.]

Nach vierzehntägigem Aufenthalt in Marienbad finde ich endlich etwa soviel Stoff, um meine schuldigen Relationen einigermaßen zu beginnen.

Bis zu Ende Juni war der Ort sehr leer und das Wetter ganz trefflich; nun, da dieses zu schwanken anfängt, mehrt sich die Gesellschaft von Tag zu Tage. Unsere Tisch- und Hausgenossen waren bisher Fürst Rhevenhüller-Metsch, der von den Folgen der Leipziger Schlacht und von Weimar viel zu erzählen weiß, nach den höchsten Herrschaften, allen Personen und Verhältnissen angelegentlichst fragt, sich der Zustände und Begebenheiten genau erinnert und mir auch wohl deswegen guten Willen und Neigung zugewendet hat. Herzog Bernhard ist sein Held, dessen er ehrenhaft zu gedenken nicht ermüdet.

Auch gehört ein preußischer Major von Wartenberg zu den Unsrigen, jetzt außer Diensten, der aber die letzte ganze Reihe von politischen und militärischen Ereignissen mit durchgelebt hat, ein kluger und dabey mittheilend angenehmer Mann, zum viertenmale in Marienbad, höchst behaglich über eine fast unwahrscheinliche Wiederherstellung von körperlichen Leiden. Von neueren Gästen wüßte noch wenig.

[87] Den Prälaten habe ausführlich und vertraulich gesprochen; es ist ein merkwürdiger Mann, sowohl persönlich als in Bezug auf seine Verhältnisse; beides verdient ein besonderes Studium.

Eine geistliche Anstalt wie so ein Stift, wo man unter religiosen Formen hauptsächlich die irdischen Verhältnisse regiert und leitet, ist für uns so gut als fremd, historisch wissen wir davon, das unmittelbare Anschauen jedoch macht sich ganz besonders. Eine Subordination strenger als die militärische und dabey so geheim und still, als wenn gar nichts geschähe. Es ist, wie man wohl sieht, eine stufenweise Verkettung in sich und gegen die höhern Instanzen bis zum Monarchen hinauf, ein abgemessener Gang und Behutsamkeit überall.

Der Präfect der Pilsner Hauptschule, deren Professoren sämmtlich Stiftsherrn von Tepl sind, macht als Mitcurgast mir dir Eigenheiten dieses Zustandes bekannt; man glaubt wirklich in einer ganz fremden Welt zu leben.

Auch der jüngere Professor Zauper, der sich besonders mit dem was von mir ausging beschäftigt, war einige tage hier am Ort; ich hatte abermals viel Freude über ihn. An diesen jungen Leuten hat man freylich nur immer zu beschwichtigen, denn was von uns draußen hereinkommt, ist in solchen abgemessenen Verhältnissen erregender als billig und junge strebende Männer müssen sich die Geschicklichkeit[88] erwerben, ihre Überzeugung unter den alten Formen nach und nach einzuschwärzen.

[Marienbad den 7. Juli 1822.]


36/77.


An August von Goethe

Indem ich dir mein lieber Sohn, abermals einige Kenntniß von meinen Zuständen geben möchte, drängt mich beynahe die Leidenschaft, dich von jenem Ultra-Vulkanisten zu unterhalten; es ist aber gar zu toll und doch zu fein, ich vermuthe, es stickt eine Schelmerey darhinter. Dieß sey also ausgesetzt, bis wir wieder einmal gegen Mitternacht ein Glas Wein zusammen trinken. Das Wetter mag hier seyn wie es will, wenn es nur wechselhaft und sich nicht, wie voriges Jahr, in vollkommenen Regen bestätigt, so bleibt es immer unterhaltend. Die Wolkenerscheinungen sind in dieser Höhe von der größten Schönheit und Mannichfaltigkeit, besonders da man sie meist alle zusammen auf einmal beobachten kann. Eben jetzt zum Beispiel stehen die leichtesten Cirrus am Himmel in Osten, indessen ein mächtiges Gewitter in tieferer Region bedenklich einherzieht.

Meine übrigen Arbeiten gehen mäßig fort. Indem ich täglich zweymal trinke, über den dritten Tag bade, so bringt dieß eine Bewegung und Erschütterung in den Organismus, wo der Geist doch nicht ganz Herr[89] und Meister bleibt; deswegen ich denn die guten Stunden auszusparen habe.

Ich wohne so schön und schöner als voriges Jahr, denn ich bediene mich zugleich eines Altans, der seiner Anlage nach ganz unschätzbar wäre, wegen der Zugluft aber kaum zu brauchen ist. Indessen ist die Steinsammlung wieder aufgefunden, methodisch gereiht und, durch Stadelmanns Thätigkeit complettirt, doppelt und dreyfach aufgebreitet.

Graf Sternberg, der von meinem Hierseyn durch mich selbst und durchreisende Freunde unterrichtet worden, will den 11. hier eintreffen, findet in unserm Hause Quartier und ich nehme gewiß diese Gelegenheiten wahr, um mich mit allen Bedingungen jener bedeutenden Steinkohlenformation so wie deren Pflanzenüberreste bekannt zu machen. Ich werde Sorge tragen, daß deiner Sammlung, welche geordnet seyn wird, die schönsten Beyträge geliefert werden.

Herr Hauptmann von Seebach ist angekommen und hat mir dein Packet überbracht, worin mich Zelters Brief besonders erfreut hat. Man muß ihm nachsagen, daß er tüchtig ist in aller Art, und in diesem Falle bleibt es merkwürdig genug, daß der Minister eine Reise bezahlt, um vierzig Meilen einen alten Musikverständigen aufzusuchen und unterwegs die sämmtlichen Singanstalten zu visitiren. Sie haben freylich zu großen Zwecken auch großes Geld zu verwenden.

[90] Mein letzter Brief gab dir schon den Auftrag, an Dumont die beiden Loose zurückzuschicken, die ich in der kleinen Schublade unter der linken Rollthüre meines Schreibtisches zurück ließ.

Grüße alles und hast du Gelegenheit, mich den höchsten Herrschaften zu empfehlen, so thue es und habe dich wohl. An Boisserée schreibe ich von hier aus direct.

treulichst

Marienbad den 7. Juli 1822.

G.


36/78.


An August von Goethe

Herr von Günderode, in Großherzoglichen Hessischen Militärdiensten, geht nach Weimar und sey dir durch Gegenwärtiges bestens empfohlen; er besucht seine Verwandten, die Seebachs, Ziegefars und so weiter. Bei seiner Frau Mutter war Frau von Groß so lange zeit. Haide und Predari haben mir deine Briefe gebracht. Der teutsche Gil-Blas hätte sein Leben nicht würdiger enden können, es ist würklich recht eigentlich ein vagabundischer Abschluß. Ihr werdet euch bis zu meiner Rückkunft gar wohl behelfen, grüße den Rath und sage ihm, wie wollten die Sache wohl überlegen. Ich habe einen Herrn Deahna kennen lernen, er ist Vatersbruder der guten Räthin, er und seine Frau bestellten sich hierher mit ihrer Tochter,[91] Frau von Geymüller, die in Wien sehr vortheilhaft verheyrathet ist; sie sieht gut aus, ist munter und gekleidet wie niemand hier. Das Nähere, wenn wir wieder zusammen kommen.

Nun aber vermelde das Allerbeste: daß Herr Graf Sternberg gestern angekommen ist und wir schon zwey lange Sitzungen gehalten. In einem eleganten Mineralienschrank liegen die hiesigen Vorkommenheiten in schönster Ordnung, so daß er sich darüber theilnehmend verwunderte. Dabey kommen Stadelmanns Tugenden zur Erscheinung, welcher auch schon ein paar recht hübsche Knaben und Livland, Söhne des Herrn von Firks, zu Schülern gefunden hat. Die Sammlung wird auf Ein Hundert Stücke anwachsen, alles Urgebirg und dessen Ausweichungen, Einlagerungen Einschaltungen und Varietäten. Ein köstlich Stück Holz, woran man acht Jahre ohne die Rinde zählt, nicht in Stein, sondern in Eisen verwandelt, hat mir der Graf mitgebracht, auch sonstige gute Sachen. Er ist höchst unterrichtet, mittheilend, und meine Ansicht von Böhmen erweitert sich stündlich. Wir gedenken einige Excursionen zusammen zu machen; möge uns das Wetter begünstigen! Heute fiel es endlich mit einem starken Gewitterungen herein. Übrigens bemerkt man schon die Abnahme des Tages, worein man sich denn auch finden muß. Grüße Rehbein zum schönsten und danke ihm bestens für sein Schreiben. Auch ich bin überzeugt daß unserem Fürsten[92] dieses Bad sehr wohl bekommen müßte. Der Kreuzbrunnen hat bey der Trockniß diese Jahres eine Stärke, die man bey ihm noch gar nicht kannte; ich bin mit der Wirkung sehr zufrieden; das Baden aber habe ich aufgegeben, weil es mich irre machte. den Prälaten habe ich mit großer Gesellschaft in Töpel besucht; er war freundlich und zuvorkommend wie immer; Küche und Keller sehr gut bestellt. Zugleich habe ich den modernen Religiositäten in Frankreich und Deutschland manche Wunderlichkeiten vernommen. Auch von solchen Seiten ist es gut, daß man sich in der Welt umsieht.

Über die Verlängerungen meines hiesigen Aufenthalts wüßte ich nichts zu sagen; ich werde mich in allem nach Graf Sternberg richten, da der Vortheil, ihn zum Haus- und Tischnachbarn zu haben, gar zu groß und in der Folge ganz nicht zu berechnen ist. Glücklicherweise haben wir eine schöne Sommer- und Herbstzeit vor uns. Hast du Gelegenheit, unserer Frau Großherzogin zu sagen oder wissen zu lassen: daß Graf Sternberg hier ist, so thue es, sie nimmt gewiß aufrichtiges Antheil daran. Auch der Frau Erbgroßherzogin solltest du versuchen einen geziemenden Dank zu bringen: daß sie in dieser neusten Zeit meiner gnädig gedenken wollen.

Beschäftigt habe ich mich immer und alles Begonnene mehr oder weniger gefördert, auch was ich über Gabriele zu sagen hatte einstweilen lakonisch[93] zu Papier gebracht. Erwähne dessen nicht gegen die Verfasserin: denn bis ich es zum Druck bringe, dauert es noch eine Weile. Auch konnte es nicht lassen, die böhmische Geschichte von Carl dem vierten an wieder zu lesen. Es ist das traurigste von der Welt; man sollte sie aber auswendig lernen und so wäre man über einen großen Theil der absurden Weltgeschichte beruhigt. Indessen füllt sich der Badeort immer stärker; doch ist der Raum zu groß und man wird sich weniger gewahr. Ich suche freylich die Gelegenheiten nicht auf und fahre meist Abends einige Stunden, da im Haus Pferde und ein bequemer Wagen immer zu haben sind.

Und hiermit sey abgeschlossen. Lebe wohl! Grüße die großen und kleinen Kinder und schreibe von Zeit zu Zeit.

MB. d. 11. Jul. 1822.

G.


36/79.


An August von Goethe

Hierdurch vermelde, mein lieber Sohn, daß dein Schreiben vom 12. sowie die vorhergehenden, auch die Sendung durch Haide glücklich angekommen. Wegen Sachsens Abgang wäre es wohl schicklich, daß du den Herrn Staatsminister von Fritsch besuchtest und sagtest: daß bey Sachsens Abreise alles sey angeordnet worden, daß seine Abwesenheit im Geschäft[94] nicht fühlbar wäre, und so könne es denn auch bis zu meiner Rückkunft fortgehen, da ich denn nach genauer Überlegung meine unterthänigsten Vorschläge einzureichen nicht ermangeln würde. Diesen Inhalt magst du auf gut maurerisch verzieren und dem sehr ehrwürdigen Meister geziemend vortragen.

Graf Sternberg ist nun schon mehrere tage hier; seine Gegenwart verleiht die schönste Unterhaltung und meine Übersicht über Böhmen erweitert sich von Tag zu Tag.

Morgen schließt sich meine vierte Woche; den 24. denke ich nach Eger zu gehen und den Grafen auf seiner Durchreise nach München, Anfangs August, zu begrüßen. Sodann hörst de das Weitere von mir. Sende nach Empfang des Gegenwärtigen deine Briefe an Herrn Polizeyrath Grüner, so erhalte ich sie zur rechten Zeit. Ich wünsche die guten Humor zu dem einsamen Leben, es ist auch einmal gut. Sachsens Untergang (denn so darf man es wohl nennen) ist merkwürdig genug; er hat als Vagabund zu Fuße angefangen und endigt als Vagabund im Einspänner. Eigentlich habe ich ihn durch Herausgabe seiner Lebensgeschichte tot geschlagen; er wußte nicht wo er mit dem wenigen Geld hinsollte.

Was von Briefen und Packeten ankommt lege auch ferner bey dir nieder. Und melde tabellarisch wie bisher.

Mein Befinden ist gar löblich; das hiesige Wasser bey der großen Trockniß hat weit mehr Gehalt und[95] sogar einen andern Geschmack als sonst, ich wollte, der Großherzog hätte es über sich vermocht und wäre hierher gekommen, in seinen Zuständen hätte es ihm gewiß genutzt. Frau Gräfin Henckel werde von Eger aus wenigstens schriftlich begrüßen. Empfiehl mich überall, grüße alles. Dießmal, denke ich, werden wir bald zusammen seyn, ich sehne mich nach der gewohnten Arbeit. Mit dem besten Lebewohl.

M. B. den 16. Juli 1822.

G.

Unserm Rehbein tausend Grüße!


36/80.


An Clemens Eckl

Ew. Hochwürden

ermangle nicht vor meiner Abreise nochmals für so gefällige Aufnahme den besten Danck abzustatten und dabey die zugesagte Sammlung des Marienbader Gesteins zu übersenden.

Sie werden das Fehlende gelegentlich einschalten und, diese angefangene Sammlung weiter ausbreitend, meiner, bis zum gehofften Wiedersehen freundlich gedencken.

Des Herrn Prälaten Hochwürden Gnaden bitte mich angelegentlich zu empfehlen, und beykommendes, mit gehorsamsten Dancke für soviel gegönntes Wohlwollen, geziemend zu überreichen.

Der ich mit wahrer Hochachtung unter den aufrichtigsten[96] Wünschen die Ehre habe mich zu unterzeichnen,

Ew. Hochwürden

ganz ergebenster

Marien Bad d. 22. Juli 1822.

J. W. v. Goethe.


36/81.


An August von Goethe

Vor allem, lieber Sohn, vermelde daß ich in Eger glücklich angekommen, bey schönem Wetter und gutem Weg; die mit Herrn Grafen Sternberg in Marienbad verlebten vierzehn tage waren sehr nützlich und erfreulich; es wird von diesem bedeutenden Manne viel zu erzählen seyn. Das Wasser ist mir dießmal recht wohl bekommen, ich trinke es hier fort und werde nächsten Winter desgleichen thun.

Nach Inhalt meines letzten Briefs hast du vielleicht schon einiges gesendet, fahre nach eine Zeitlang so fort. Herr Graf Sternberg kommt Mittwoch den 30. hierher, bleibt etwa bis den 3.; ich würde die Woche vom 4. bis zum 10. auf allerley Excursionen in der Nähe verwenden, vielleicht Sonntag den 11, hier abfahren und in der Hälfte August bey euch seyn.

Dieß ist meine Absicht im Ganzen; wie das Einzelne zur Ausführung kommen kann, wird die zeit lehren.

Von Mineralien bringen wir zwar nicht viele, aber doch sehr schöne Stücke zurück, besonders wird sich dein Kabinett eines collosalen Exemplars erfreun.

[97] Mein hiesiger Aufenthalt war jedoch höchst noth wendig. Alle Bemerkungen, Gedanken, ja kleine Gedichte pp habe zwar gleich von Anfang der Reise nach gewissen Rubriken zusammen geheftet, aber zuletzt, da alles belebter sich hervorthat, so waren die reiche Mittheilungen des Grafen flüchtig in die Schreibtafel zu bringen und würden mit so vielen andern gänzlich verloren seyn, wenn ich nicht hier mich sammelte und das Gesammelte zugleich.

Grüße unsern Rehbein zum schönsten; ich will einen Versuch mit dem Badewasser machen, er hat mir selbst dazu gerathen; trinken mag ich nicht, ich setze lieber den Kreuzbrunnen fort. Was für Gebirgsarten in Marienbad zusammengeklopft worden, ist nicht auszusprechen; wir haben drey vollständige Sammlungen zurückgelassen: eine dem Prälaten, die andere Graf Sternberg, die dritte Dr. Heidler, als in Marienbad verbleibend. Es sind schon über hundert Nummern und die allermeisten Schwankungen des Urgebirgs in sich selbst und Übergänge bis in's Fremdeste.

|: Fortsetzung folgt :|

[Eger] d. 25. Jul. 1822.

G.


36/82.


An August von Goethe

Herr von Buch ist bald verschwunden. Ich habe mich mit ihm höflichst aus einander gehalten. Mit[98] einem Vulkanisten ist nicht zu reden. Graf Sternberg denkt glücklicherweise wie wir, und da läßt sich denn mit wenigem vorwärts rücken.

Der neue Wein war glücklich angekommen, der alte Carlsbader half mir über eine Woche durch; das Fass ruhte aus, und der Tranck fürsterlich. Ob er gleich mir und Freunden gut schmeckte sind doch noch 42 Flaschen großes Maaß im Keller, für's künftige geblieben. Hierbey hat denn freylich Stadelmann recht, welcher meint: man sollte den Wein in Bouteillen kommen lassen, wodurch er schneller trinkbar wird und manches Mühsame und Unangenehme wegfällt.

Das Fragment eines kostbaren fossilen Zahns, welches hier soll gefunden seyn und dreyßig Jahre in einem Familienschatz verwahrt worden, hätte ich die gerne zugewendet. Es ist der hintere Theil eines Backzahns und mag einem seltsamen Elephanten angehört haben, welches bey Vergleichung mit Cuviers und d'Altons Tafeln sich aufklären wird. Damit wir aber auch unser Theil dahin nehmen, hat Stadelmann eine Form mit vieler Sorgfalt gefertigt. Einen reinen Ausguß, gefirnißt und künstlich gemahlt, bringe ich dir mit, denn die Farbe ist hier von der größten Bedeutung; sie mit ihrem Emailleglanz könnte nur der Porzellanmeister nachahmen.

Steine sind hier schon gränzenlos zusammen geschleppt. Drey achtzehn Fuß lange Bretter werden heute noch auf Böcke gelegt, damit Graf Sternberg[99] morgen mit einem capitalen geologischen Frühstück empfangen werde. Wir haben mancherley Hülfsmittel, um diese Einzelheiten als Folge interessant zu machen.

In Pograd sind wir gewesen, wo das zu Eisen verwandelte Holz vorkommt, und haben Analoga gefunden von den vorzüglichen Exemplaren die wir schon besitzen. Diese kommen freylich nur selten vor. Ort und Stelle aber zu sehen und zu begreifen, wie es zugegangen, ist eine hübsche Sache. Grüße nun alles zum schönsten. Sage mir wie die Frankenhäuser Badelustigen sich befinden, auch was allenfalls sonst merkwürdig wäre. Schreibe und wenn du Gelegenheit hättest (durch Herrn von Linker allenfalls), so sende eins und das andere. Zuerst also warte ich ab, wie lange der Graf hier bleibt, und dann ergibt sich auch wohl das Weitere. Ich befinde mich in meiner Art recht wohl, möge es euch in der eueren auch so ergehen.

Eger den 29. Juli 1822.

G.


36/83.


An den Großherzog Carl Augustund die Großherzogin Louise

[Concept.]

Königliche Hoheiten!

Wenn die ersten vierzehn Tage in Marienbad ohne sonderliches Interesse vorübergegangen, desto reicher an mannichfaltigen Guten waren die drey folgenden[100] Wochen, auf den Grad, daß ich mich nächstens nach Eger zurückziehen werde, um der Pflicht, einiges vernehmen zu lassen, wenigstens versuchsweise nachzuleben. Vorläufig also werde Folgendes genehmigt.

Ein bey dem Prälaten in großer Gesellschaft, von schönem Wetter begünstigt, eingenommenes Mittagsmahl gab, des schrecklichen Weges ungeachtet, Vergnügen und Belehrung. Er theilte mir einige franzözische Missionsreden von Fraisinon de la Mennai, in Übersetzung mit, die mein Erstaunen erregten. So mächtige Schritte nach entschiedenem ziel, so viel Umsicht, Übersicht und Methode im Ganzen, so viel redekünstlerische gewandte Kühnheit im Einzelnen finden sich nicht leicht beysammen. Ich begriff nun jene große Wirkung und die erregte gewaltsame Gegenwirkung. In diesen Reden ganz päpstlich-royalisti schen Inhalts findet sich keine Spur von Mönchthum und Pfäfferey.

Der Prälat ließ mich in die Wiener ähnlichen, zwar nicht so geistreichen, aber doch genugsam wirkenden Bemühungen hineinsehen, von denen mündlich zu referiren mir vorbehalte.

Übrigens füge ein Kärtchen hinzu, um anschaulich zu machen, wie 2000 Fuß über der Meeresfläche Religion sich ganz sicher und bequem anzusiedeln wußte.

Ein russischer Fürst, Labanoff de Rostoff, war mein freundlicher Wandnachbar. Ein junger Mann voll Lebhaftigkeit, Adjutant des Kaisers, der sich in Campagnen,[101] Reisen, Missionen, Botschaften von früh herauf getummelt hatte, wobey eine seinem Alter angemessene Gesundheit freylich verloren ging. Obgleich von der Cavallerie, hat er bey entschiedene Vorliebe für die Marine sich auch auf den Wellen versucht. Alles dazu Nöthige, dahin Bezügliche interessirt ihn leidenschaftlich. Er besitzt eine ausgebreitete Sammlung Karten und Plane, deren Katalog er in der Muße des Bades zu ordnen unternahm. Er führte hiezu die sämmtlichen ausgeschriebenen Zettel in Packetchen mit, woraus sich der große Umfang der Sammlung gar wohl beurtheilen ließ.

Auch habe ich bey ihm Taschen- und Tischuhren gesehen von Breguet in Paris, die freylich alles zu übertreffen scheinen was man in dieser Art je gearbeitet.

Schon gekannte Personen waren freundlich und gesellig. Graf Luxburg, von Firks, von Bülow mit ihren Gattinnen, letzterer sehr zu bedauern, doch nicht ohne Hoffnung, sich von einer schlagartigen Lähmung an den Marienquellen zu erholen.

Was mich selbst betrifft, konnte ich sehr zufrieden seyn. Die Quellen waren bey anhaltender Trockniß concentrirt gehaltreich. Im ganzen sagte mir wie immer die hohe Lage zu. 2000 Fuß über der Meeresfläche lastet die Atmosphäre bedeutend weniger auf uns. Auch habe ich Wolkenerscheinungen genau beobachtet und ihre Eigenthümlichkeit auf und über diesen Höhen genau beschrieben und aufgezeichnet.

[102] Von mineralogischen und geologischen Ausflügen wäre manches zu erzählen, wenn ich nicht vor allem andern ankündigen müßte, daß Graf Sternberg den 11. Juli in Marienbad angekommen, wodurch denn mein dortiger Aufenthalt eine ganz andere Gestalt gewann.

Ich darf wohl sagen daß mir, seidem ich Grafen Reinhard in Carlsbad begegnete, kein solches Glück wieder geworden.

Wie wichtig ist es in einen Mann von diesen Jahren, von solcher menschlichen, welt- und wissenschaftlichen Bildung anzutreffen, eine vollkommene Mittheilung möglich zu finden und durch wechselseitiges Empfangen und geben des größten Vortheils zu genießen. Sollte man wünschen, ihn früher gekannt zu haben, so läßt sich erwidern: daß man zwey Reisende, aus zwey entfernten Weltgegenden nach einem Puncte strebend, auf demselben zusammentreffen, um nun ihren Erwerb zu vergleichen, und das einseitig Gewonnene wohlwollend austauschen, so ist es vortheilhafter, als wenn sie die Reise zusammen angetreten und zusammen vollendet hätten.

Er ist aus einer Zeit wo sich Aussichten hervorthaten, Gesinnungen entwickelten, Studien besondere Reizung ausübten, zu denen allen ich mich selbst bekenne. Eine solche Annäherung ist mir daher unendlich werth, weil eine neue Generation, unter andern Bedingungen geboren, zu andern Zuständen erzogen,[103] durch Verdienst und Unverdienst von den älteren absteht, und so waren wir denn zwey Wochen beysammen, wo Tausendfältiges zur Sprache kam. Auch nahm er, nach gefälliger Weise, an Haus- und Tischgenossen heitern Antheil und ich erwarte ihn nun in Eger, wohin ich voraus ging, theils um mich zu sammeln, theils im naturhistorischen Fache manches ihm vorzubereiten, da er nur wenige Tage sich aufzuhalten denkt. Er eilt mit Professor Pohl, dem brasilianischen Reisenden, nach München, um sich dort im Natursache umzusehen, so wie in andern, da sein Hauptgeschäft gegenwärtig zu seyn scheint, das Museum in Prag zu errichten, wohin er patriotisch seine bedeutende Sammlung zu stiften geneigt ist.

In gar manchen Capitel habe durch ihn sehr schöne Nachweisung und Aufklärung erhalten; ein fortgesetztes thätiges Verhältniß wird beiden Theilen zu Nutzen und Frommen gereichen.

Noch vor Absendung dieses Blattes kam Graf Sternberg mit Dr. Pohl und Berzelius, einem namhaften schwedischen Chemiker, bey mir an; die Unterhaltung war so lebhaft als lehrlich. Aus den fernsten Weltgegenden so wie aus den wichtigsten Regionen der Naturwissenschaft ergaben sich Mitheilungen aller Art. Die Absicht des Grafen in München ist höchst löblich und edel, man will es dahin zu bringen suchen, daß die bayerischen mir den österreichischen Naturforschern und Sammlern bey der eroberten Schätze[104] sich über die verschiedenen Fächer besprechen und verständigen, damit nicht doppelt und doch stückweise der Gewinn vor dem Publicum erscheine; hiernach könnte Arbeit und Kosten den Unternehmern und schwere Zahlung dem Publicum erspart werden. Möge ein so wohl überdachter Plan glücklich von statten gehn.

Und so bleibe mir zuletzt eine geziemende treue Bitte noch übrig: möchten Höchst Dieselben mich mit fortdauernder Huld und Gnade beglücken, in dem Kreise und bey nächster Zurückkunft Vergünstigung und Gelegenheit zu mannichfaltiger Mittheilung gnädigst gewähren.

Eger den 1 August 1822.


36/84.


An August von Goethe

Eger d. 2. Aug. 1822.

Graf Sternberg kam den 30ten gegen Mittag, begleitet von Dr. Pohl dem brasilianischen Reisenden und dem berühmten schwedischen Chemiker Dr. Berzelius. Die Unterhaltung war lebhaft und lehrreich; letzterer lies die schönsten Versuche mit dem Löthrohr sehen. Wir besuchten zusammen die Gegend; ich habe in jedem Sinne viel gewonnen. Wenn sich nur alles im Gedächtniß fixiren wollte!

Dein Brief vom 27. Jul. ist angekommen, grüße Freund Meyer schönstens, ich schreibe ihm bald.

[105] B. Henning in Berlin giebt Nachricht von seinen chromatischen Vorlesungen und betreibt das wissenschaftliche Geschäft sehr brav. Er kommt Ende August noch Gotha und wird uns von da besuchen.

Morgen gedenke ich mit Rath Grüner nach Falkenau zu einem dortigen Bergmeister zu fahren, mehr um Kenntniß der Gegend zu erlangen als Mineralien nach Hause zu tragen, mit denen man sich überhaupt zu sehr belädt. Dem 4. wollen wir auf Hartenberg bey'm Grafen Auersperg zubringen und den 5. wieder hier seyn; da ich denn sogleich das Weitere vermelde.

Das Wetter ist gewitterhaft, sehr wandelbar; darauf muß man es denn wagen, weil recht schöne Stunden dazwischen hervortreten. Nur werden die Seitenwege sehr verdorben, manche Unternehmung wird beschwerlich, wenn man sie nicht gar aufgeben muß.

Die Absicht des Grafen in München ist höchst löblich und edel; man will es dahin zu bringen suchen. daß die bayerischen mit den östreichischen Naturforschern und Sammlern bey Herausgabe der eroberten brasilischen Schätze sich über die verschiedenen Fächer besprechen und verständigen, damit nicht doppelt und doch glückweise der Gewinn vor dem Publicum erscheine, hiernach könnte Arbeit und Kosten den Unternehmern und schwere Zahlung dem Publicum erspart werden. Möge ein so wohl überdachter Plan glücklich von statten gehn.

[106] Schloß Kinsberg an der bayerischen Gränze. Der ganz erhaltene, auf dem quarzigen Thonschiefer unmittelbar ausstehende, runde Thurm ist eins der schönsten architektonischen Monumente dieser Art, die ich kenne, und gewiß aus den besten römischen Zeiten; er mag achtzig Fuß hoch seyn und steht als colossale toscanische Säule, unmerklich kegelförmig abnehmend.

Au s Thonschiefer Gebaut, schlingen sich verschiedene Banden gleichförmiger Steine horizontal um ihn herum, wie sie der Bruch liefern mochte; kleine röthliche, die man fast für Ziegeln halten könnte, behaupten ringförmig ihre Region; graue plattenartige, größere bilden gleichfalls ihre Cirkel oberwärts, und so geht es ununterbrochen bis an den Gipfel, wo die ungeschickt aufgesetzten Mauerzacken neuere Arbeit andeuten.

Und so lebe wohl. Sende bis auf Weiteres. Grüße alles. Linen namentlich.

G.

Auch Rehbein sey schönstens gegrüßt.


36/85.


An Johann Gottfried Ludwig Kosegarten

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

angenehme Sendung ist mir zur rechten Zeit geworden, und da ich die neuere Behandlung des Papageyen-Buchs schon kannte, so erfreuten mich desto mehr die[107] Theile des älteren. Sollte man nicht in der Folge auch dieses Ganze durch Ihre Bemühungen erhalten können? Sie würden sich dadurch ein großes Verdienst erwerben: denn fürwahr, das ältere ist um ein paar Jahrhunderte besser.

Herr Iken und Ew. Wohlgeboren haben alles gethan was zur Aufklärung und Einleitung nöthig war; doch ist dieser Brunnen der Weisheit unerschöpflich, und ich würde gern ein paar Krüglein nach meiner Art gefüllt haben, wenn ich in dem gegenwärtigen, zerstreuten, von außen täglich neu aufgeregten Zustand dergleichen unternehmen dürfte wozu gewissenhafte Sammlung erfordert wird.

Doch soll das was ich im Sinne habe nicht verloren gehen und behalte mir vor, solches freundlich-theilnehmend nachzubringen. Entschuldigen Sie mich bey Herrn Iken bestens. Ich wünsche beiden Glück zu einem so wohl ausgestatteten Bande.

Möge Ihre Reise, wohin Sie solche auch richten, glücklich und belohnend seyn. Nach beiderseitiger Wiederkunft hoffe Dieselben baldigst zu begrüßen.

Eger den 2. August 1822.


36/86.


An Sulpiz Boisserée

Stadt Eger d. 6. Aug. 1822.

Endlich muß ich mich entschließen, mein werthester, einige Nachricht von mir zu geben, die ich auf Ihre[108] freundliche Schreiben vom 12ten und 18ten Juni längst hätte erwiedern sollen. Reise, Cur, Zerstreuung, neu aufgenöthigte Studien, Zusammentreffen mit bedeutenden Menschen und sovieles andre wäre zu meiner Assignation auf 70 f bey und bitte die sämmtlichen angebotenen Münzen von Herrn Binder dagegen einzutauschen und solche sehr wohl gepackt, unfrankirt nach Weimar zu senden. Mein Sohn wird die Ankunft melden, wo nicht ich selbst, wenn ich bis dorthin werde nach Hause gelangt seyn.

Mit der Cur bin ich sehr zufrieden, doch mag Bewegung, Welt-Umsicht, neue Gegenstände und Bekanntschaft das beste dabey gethan haben. Nun bleib ich noch einige Zeit auf der Gränze von Bayern, Sachsen, Böhmen pp. und bewege mich da und dort hin. Wenn man diesem Ort einmal seine Eigenthümlichkeit abgewonnen hat ist es ein angenehmer Aufenthalt.

Soviel, mit tausend Grüßen und Wünschen!

G.


Das Verzeichniß der Münzen, mit beygefügten Preisen erbitte mir quittirt, zu meiner Legitimation bey der öffentlichen Anstalt wohin sie bestimmt sind. Die wenigen Gulden welche die erste Berechnung mehr beträgt läßt der Händler wohl nach; macht er billige Preise, so kann ich ihm noch manches zuwenden.[109]


36/87.


An Carl Friedrich Zelter

Und so war es recht daß, in den fremden, frommem Landen, du die Rede zuerst wieder an mich richtest; dagegen soll abermals die sauberste Abschrift in weniger Zeit erscheinen. Wenn ich vergangenen ganzem Winter, dasjenige im Mspt revidirend, was du jetzt verschluckst, stets an dich dachte; so vergiltst du mir's durch die lieben Blätter, die mir auf ewig den Wunsch: Herrenhuth in seiner Individualität zu sehen vollkommen befriedigten, Nun so sey es denn! Der schneeweiße Saal (nach Werners unschätzbarem Narren-Sonnet, in Christi Blut reingewaschen) soll nun von mir, und wenn ich noch so mobil wäre, nicht betreten werden.

Von meinem Neust-Gedruckten sollen saubre Exemplare bald nachfolgen; besonders das Morphologisch-Wissenschaftliche, in zwey Bände geordnet, wo es eher nach etwas aussieht.

Für dich ist mir übrigens nicht bange: deine Natur weis zu assimiliren worauf doch alles ankommt. Verstünde man seinen Vortheil man würde nichts Überliefertes tadeln, besonders was uns nicht anmuthet liegen lassen, um es vielleicht künftig aufzunehmen. Dies begreifen die Menschen nicht und behandlen den Autor wie einen Garkoch; dafür liefert man ihnen denn auch Jahrmarkts-Bratwürste nach Herzenslust.


[110] »Anders lesen Knaben den Terenz

Anders Grotius.«

Mich Knaben ärgerte die Sentenz,

Die ich nun gelten lassen muß.


Lese ich heute den Homer so sieht er anders aus als vor zehen Jahren; würde man dreyhundert Jahre alt, so würde es immer anders aussehen. Um sich hievon zu überzeugen blicke man nur rückwärts, von den Pisistratiden bis zu unserm Wolf schneidet der Altvater gar verschiedne Gesichter.

Übrigens ist mir höchst erfreulich daß er (genannter Freund) nicht verbrannt, noch vom Fieber aufgespeist ist, denn ich mag ihn über der Erde nicht gern entbehren. Seinesgleichen kommt auch nicht wieder. Hätte ihn Gott zu so vielen noch freundlich gewollt! – Doch wie soll das alles beysammen seyn was sich widerspricht.

Daß du meine Behandlung der schmuzigen Campagne billigst freut mich sehr. In einer solchen Tragödie den Gratioso zu spielen ist immer auch eine Rolle.

Nun zum Nächstvergangnen! – Am 19. Juni gelangte ich nach Marienbad, bey sehr schönem Wetter. Herrlich Quartier, freundliche Wirthe, gute Gesellschaft, hübsche Mädchen, Musikalische Liebhaber, angenehme Abend-Unterhaltung, köstliches Essen, neue Bedeutende Bekanntschaften, alte wiedergefundne, Leichte Athmosphäre, zweytausend Pariser Fuß über der Meeresfläche,[111] Stifts-Gelage pp. alles trug bey das drey Wochen dauernde schöne Wetter vollkommen zu benutzen, zu genießen und das folgende, unfreundlich-wechselnde zu übertragen. Nach der ausdauernden Trockniß des Mays und Junis gönnte man dem Landmann erquicklichen Regen.

Erfahren hab ich manches und notirt, anderes Mitgebrachte redigirt und gereinigt, so daß bey meiner Rückkunft der Druck wieder angehen kann, wodurch ich denn abermals den Winter zu betrügen denke.

|: Da ich indessen einen guten Schreiber gewonnen der mir sehr fehlte, so möge derselbe fortfahren :|

Der größte Gewinn aber, den ich in diesen Tagen zog, war die persönliche Bekanntschaft des Herrn Grafen Kaspar Sternberg, mit dem ich schon früher in brieflicher Verbindung stand. Von Jugend auf dem geistlichen Stande gewidmet, gelangte er endlich zur Stelle eines Domherrn zu Regensburg; dort gewann er, neben Welt- und Staatsgeschäften, die Natur, besonders das Pflanzenreich lieb und that viel dafür. Als er nun bey Umkehrung Deutschlands auch von seiner Stelle vertrieben ward, ging er nach dem Mutterlande Böhmen zurück und lebt nun theils in Prag, theils auf seinen von einem älteren Bruder ererbten Gütern. Hier kommt ihm dann die Natur wieder freundlich zu Hilfe. Er besitzt wichtige Steinkohlenwerke, in deren Dach die seltsamsten Pflanzen[112] erhalten sind, welche, indem sie nur der südlichen Vegetation analoge Gebilde zeigen, auf die entferntesten Epochen der Erde hinweisen. Er hat schon zwey Hefte derselben herausgegeben, lasse sie dir gelegentlich von einem Naturfreunde vorlegen.

Und so möge denn dieses Blatt glücklich hinüber fliegen. Vielleicht schreib ich noch einmal von hier, von Hause aber gleich.

Möge dir alles wohlgerathen! Mir geht es nach Art, Jahren und Weise noch immer gut genug.

treulichst

Stadt Eger d. 8ten August 1822.

G.


36/88.


An Johann Heinrich Meyer

Tausend Dank, mein theuerster Freund, daß Sie mir von Ihrer glücklichen Rückkunft sogleich Nachricht gaben; möge das was die mineralischen Wässer bewirkt sich in der Folge immer besser bewähren! Ich für meine Person kann zufrieden seyn, doch wünscht und erwartet man immer einen größeren Erfolg; da man aber eigentlich nicht jünger wird, so fehlt zuletzt das Beste: die Kraft sich selber herzustellen, und da wisse man sich denn zu bescheiden.

Für die mir gegebene Nachricht der eingeleiteten Unterhandlung mit Frau v. W. danke zum allerschönsten,[113] sowohl dieses als manches andere wird umständlicher zu besprechen seyn.

Tischbein ist ein Jehovah, der da ist, und war, seyn wird. Hätten wir uns mit ihm verbrüdern können, so wäre es vor 35 Jahren geschehen. Noch immer aber, wie man sich ihm nähert, scheucht er einen zurück; thut man ihm was zu Liebe, so soll man gleich den ganzen Complex seiner Eigenheiten gelten lassen. Sagen Sie ihm wo möglich etwas Freundlich-Dilatorisches, bis man überlegt, was allenfalls zu thun ist. Hackert sagte schon von ihm: wie er einmal gezwirnt ist, muß man ihn eben vernähen.

Alles Gute sey mit Ihnen! Ich werde dießmal bald zurück seyn. So hübsch und unterhaltend im Anfang die Außenwelt sich ansieht, so merkt man doch bald, daß man in Gefahr steht, neue Verbindungen einzugehen und in fremdes Interesse verflochten zu werden.

Und so bitt ich noch zum Schlusse mich dem verehrten Erbgroßherzoglichen Paare angelegentlich zu empfehlen. Möge ich Höchstdieselben mit den theuren Ihrigen froh und gesund wiederfinden.

Die Ausstellung besorgen Sie gefälligst hergebrachter Weise, und gedenken mein aufs freundlichste. Wäre unter dem Ausgestellten etwas bedeutendes; so gönnen Sie ihm einige Zeilen.

treulichst

Eger d. 9. Aug. 1822.

G.[114]


36/89.


An Johann Wendelin Gradl

[Concept.]

Euer Hochwürden

ersuche hiedurch freundlichst, gegen Inlage von Herrn Baron Brösigke zwölf Hyalitflaschen Wein von meinem dortigen Vorrath abgeben und wohlgepackt hieher in die goldene Sonne zu lassen. Sodann erbitte mir einen Kasten mit zwölf kleinen Flaschen Kreuzbrunnen, gleichfalls hieher zu schicken, indem ich meine Cur in Eger einige Zeit fortzusetzen gedenke.

Eine Kiste mit Mineralien für das Stiftskabinett wird nächstens eintreffen. Der ich mich in geneigtem Andenken zu erhalten [bitte] und des Herrn Prälaten Hochwürden Gnaden auf's allerbeste empfehle.

Eger den 10. August 1822.


36/90.


An Friedrich Leberecht von Brösigke

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen die Freyheit, wenn durch Gegenwärtiges höflichst ersuche, von meinem gefällig aufbewahrten Weinvorrathe zwölf Flaschen an Herrn Inspector Gradl geneigt verabfolgen zu lassen und dieses Blatt als Zeugniß aufzubewahren, daß nur noch dreyßig Flaschen bey Denenselben niederlegt bleiben; welche[115] seiner Zeit in der besten Gesellschaft fröhlich zu genießen hoffe.

Empfehlen Sie mich den werthen Angehörigen zum allerschönsten, mit der Versicherung, daß ich gar oft im Geiste dorthin zurückkehre wo mir so manches Erfreuliche begegnet ist.

Eger am 10 August 1822.


36/91.


An Hermann von Staff

Ew. Hochwohlgeb.

nochmals glückliche Reise und die besten Folgen der gebrauchten Kur zu wünschen ist die Absicht des Gegenwärtigen. Da ich gehindert bin ein Packet an meinen Sohn zu schließen, so bitte demselben zu versichern daß ich mich wohlbefinde, und, nach einiger Umsicht in der Nachbarschaft, bald wieder zu Hause einzutreffen gedencke. Ihm, den Meinigen und sonst Wohlwollenden die freundlichsten Grüße.

Ew. Hochwohlgeb. mich zu geneigtem Andenken wiederholt empfehlend, in Hoffnung baldigen Wiedersehens.

gehorsamst

Stadt Eger d. 11. August 1822.

J. W. v. Goethe[116]


36/92.


An Leopold Dorotheus von Henning

[Concept.]

Zuvörderst also, mein Theuerster, wünsche Glück zu dem schönen Fortgang Ihrer Unternehmungen; alles Gute war zu hoffen von der Art wie Sie die Sache angefaßt und eingeleitet haben; sodann versichere wie der neue Fund mir sehr angenehm sey. Daß die Ecken eines großen Cubus den kleineren umkehren, ist von großer Bedeutung; es bewährt sich also abermals, daß das Dunklere nach dem Hellen, die Helle nach dem Dunklen strebt. Ich bitte den kleinen Apparat mitzubringen.

Dem Zeichner ist großes Lob zu ertheilen; sowohl das Gespensterhafte des großen als das Lebhaft-Farbige des kleinen Cubus hat er trefflich ausgedruckt.

Bey mir werden Sie eine gleiche Darstellung des Wachsthums finden, nach Maaßgabe der Zahlvermehrung der Platten; ich gebe Sie zum Copiren mit und wir besprechen, wie wichtig es sey, diese Bilder in ihrer ganzen Vollkommenheit zu fixiren und dem Publicum vorzulegen, da der Apparat, alles unmittelbar vor Augen zu legen, nicht leicht zusammen kommt. Bey der Fertigkeit, in Stein zu drucken, läßt sich wohl dergleichen unternehmen.

Auch ist für eine gute Vorbedeutung zu halten, daß mein wissenschaftliches Heft gerad zur rechten Zeit[117] kommt und wir ohne Verabredung zukommen treffen. Wenn Sie stetig-didaktisch, mäßig-polemisch vorschreiten, so wird es den besten Erfolg haben. Ich schweige wieder eine Zeitlang stille. Sie setzen Ihre Bemühungen fort, und so kann ein wünschenswerthes Gelingen nicht außenbleiben.

Sollte eine energische Jugend mitunter auch zu lebhaft verfahren so wollen wir ihr nachsehen, sie jedoch mit der Vorstellung zu beschwichtigen suchen: daß vor einer wohlerkannten Wahrheit der Irrthum von selbst entflieht, ohne daß man ihn zu versagen braucht.

Wenn Sie nach Gotha kommen, so zeigen Sie mir es alsbald gefällig an; auch ich gelange hoffentlich Ende August zu Weimar an.

Daß Sie Ihre Einleitung dem Drucke übergeben, billige unbesehen; nothwendig ist es hervorzutreten, irgend einen Stein in's Brett zu setzen, damit nur etwas geschehe. Inder Folge richtet man sich nach der Wirkung.

Eben so fühle schon längst die Nothwendigkeit eines Compendiums, wodurch die Chromatik in's Enge gebracht, zu Vorlesungen und zu schneller eigener Vorübung bereitet werde.

Was den Apparat betrifft, wollen wir gleich umständlich besprechen. Die getrübten Scheiben sind gut gerathen, suchen Sie möglich zu machen, daß man dieses Phänomen, worauf unsere ganze Lehre gegründet ist,[118] allgemeiner darstellen könne; wunderbar genug, daß es nicht immer, ja so selten glückt. Bey meinem dießmaligen Aufenthalt in Böhmen habe ich kein einziges Glas gefunden denenjenigen an Wirkung gleich die ich nach Berlin sandte.

Herrn Grafen Kaspar Sternberg, welcher durch Nürnberg gereis't, habe gebeten, bey den Antiquaren nach solchen Glasscherben, auch Purpur und andern sich umzusehen. Bey der königlichen Porzellanfabrik muß der fall öfters vorgekommen seyn, daß man dasjenige wornach wir streben für einen verunglückten versuch hielt.

Suchen Sie ja den Herrn Oberbergrath in Interesse zu erhalten, gewinnen auch etwa Herrn Mitscherlich, der mir von Herrn Berzelius als ein vorzüglicher junger Mann gerühmt worden. Wenn einmal ein geistreicher Chemiker gewahrt wird, was ihm unsere Farbenlehre für Vortheile bringt, so erhält die Sache sogleich ein anderes Ansehen.

Wer uns noch aushelfen könnte, wäre Herr v. Nagler, der bey seiner gränzenlosen Sammlung in seiner Humpelkammer gewiß besitzt was uns zum größten Vortheil gediehe. Vielleicht finden Sie einen Weg zu ihm, allenfalls gebe ich Ihnen einen Brief an denselben mit.

Da auch in der letzten zeit uns nicht gelingen wollte, den Glasplatten und -plättchen entoptische Eigenschaft mitzutheilen, daher Sie sogar einen sehr[119] unvollkommenen Apparat erhielten, so müssen wir bey unserer Zusammenarbeit selbst Versuche anstellen, wozu ich einen Gehülfen bey der Hand habe. Die Operation ist die leichteste, und doch scheinen auch hiezu einige Cautelen nöthig.

Die vierzehn ersten Puncte meines Promemoria sollten eigentlich in der Pappe des Kästchens gesteckt haben; wie sie weggeblieben, wird sich aufklären; da ich das Concept mit mir führe, so sende hievon eine Copie.

Stadt Eger den 11. August 1822.


36/93.


An den Großherzog Carl Augustund die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheiten

geruhen aus Beygehendem gnädigst zu ersehen: daß ein ganz leidlicher Schreiber sich an meine Seite gefunden; verzeihen aber auch zugleich, wenn meine devote Mittheilung etwas umständlicher und weitläufiger als wohl sich ziemte geworden ist.

Mit dem aber auch sey, bitte Inhalt, Stil und Schrift günstig aufzunehmen und wenigstens daraus zu entnehmen, wie ich neben dem Vergnügen auch einige nutzbare Kenntniß bey meinen Kreuz- und Querfahrten zu gewinnen suchte. Von bedeutenden Menschen, Staatsbürgerlichen, kirchlichen und Schulverhältnissen[120] durfte das Charakteristische dem Papier nicht anvertrauen, und indem ich nun eben abzuschließen gedenke, beglückt mich Ew. Königlichen Hoheit, verehrt geliebte Handschrift, für deren Wiedererblicken nach jenem schmerzlichen Fall meine brünstigsten Wünsche zu den hilfreichen Mächten gewendet waren.

Vor Ende des Monats hoffe persönlich aufzuwarten und ist mein feynlichtes Anliegen, daß eine wohlthätige Nachcur meinen verehrten Fürsten und Herrn dem nächsten Winter entgegen führen möge. Wie ich mich denn des Augenblicks im Voraus höchlich erfreue, Höchst Dieselben in der wünschenswerthesten Umgebung zu verehren. Möge mein Andenken dort wohl erhalten und mir eine huldvolle Aufnahme vorbereitet seyn. Mich und die Meinigen zu fernerer Gunst und Gnade angelegentlichst empfehlend.

Eger den 13. August 1822.


36/94.


An August von Goethe

Stadt Eger d. 13ten Aug. 1822.

Deine beyden Briefe von Jena und Weimar sind gestern zusammen angekommen, welche mich umsomehr erfreuten als ich heute nach Redwitz, ins Bayrische, zwey Stunden von Wunsiedel eingeladen bin, wo eine bedeutende chemische Fabrik-Anstalt alle Aufmercksamkeit verdient; den 18. bin ich wieder zurück und mache[121] sodann gleich Anstalt zur Abreise um Ende Monats bey euch zu seyn. Nach Empfang dieses schreibst und schickst du nicht weiter.

Baumann erfreue durch inliegendes; was du sonst in Jena wünschenswerthes notirt hast wir zunächst verfügen.

Grüße alles und gehabe dich wohl

treulichst

G.


36/95.


An Joseph Stanislaus Zauper

Aus Böhmen kann ich nicht schreiben, mein Werthester, ohne das freundlichste Lebewohl Ihnen auszusprechen. Zuvörderst gestehe ich meine Freude über unsere letzte Zusammenkunft: ich habe dabey sehr wohl gefühlt, daß Ihre Neigung zu mir sich nicht vermindert hat und daß Sie den eingeschlagenen Weg mit Sinn und Muth verfolgen. Wenn Sie auch künftig was Sie fühlen und denken (es sey nun in und aus sich selbst oder aufgeregt durch Äußerlichkeiten) sogleich aphoristisch niederschreiben, werden Sie den größten Vortheil davon gewinnen. Sie bewahren dadurch die Geschichte Ihrer Ausbildung, können in der Folge sich in sich selbst bespiegeln und brauchen nichts zu verwerfen, wie wohl oft geschieht, wenn wie den Gewinn fortzuschreitender Tage alsobald zu einem Ganzen auszubilden trachten.

[122] Ich zweifle nicht, daß diese treulichen Selbstunterhaltungen auch anderen zu Gemüthe gehen und Ihr Verfahren des Beyfalls schöner edler Seelen sich fernerhin erfreuen werde.

Für die reiche Sendung von Mineralien danke zum allerschönsten. Wandert irgend ein junger Freund nach dem Wolfsberg bey Czernoschin und bringt einige wohlerhaltene charakteristische Augitereystalle von dort her mit, so heben Sie mir solche wohl auf, bis wir uns, meinen Hoffnungen gemäß, im nächsten Jahre wiedersehen.

Den Herrn Präfecten grüßen Sie zum schönsten. Wie ich diesen würdigen Mann näher habe kennen lernen, darf ich Ihnen und Ihrer Anstalt wohl zu einer solchen Leitung Glück wünschen.

Lassen Sie in der Zwischenzeit auch manchmal von sich hören.

treulichst

Stadt Eger den 21. August 1822.

J. W. v. Goethe.


36/96.


An August von Goethe

Hiermit begrüße dich aus der Fremde zum letztenmal, mit der Versicherung daß es mir bisher ganz wohl gegangen. Einige tage in Redwiz, einem Städtchen unter Bayrischer Hoheit, nah an der Gränze, habe bey einer bedeutenden und lieben Familie sehr[123] vergnügt und wohl unterhalten zugebracht. Nun packe alles zusammen, löse mich ab und dencke vor Ende des Monats bey Euch zu seyn. Möge ich Euch sämmtlich wohl und froh wieder finden.

treulichst

St. Eger d. 21. Aug. 1822.

G.


36/97.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Vorläufige, doch genugsame Nachricht von einigen auf Königl. Bayrischem Grund und Boden zugebrachten angenehmen und unterrichtenden Tagen zu geben, lies ich das geführte Tagebuch abschreiben, woraus zwar nicht methodisch doch klar das Erlebte hervorgeht. Möge der Inhalt die Form entschuldigen und diese Blätter meine persönliche Ankunft dergestalt vorbereiten daß ich mich einen gnädigen Empfang versprechen und einem Winteraufenthalt in so werther Nähe getrost und mit Freunden entgegen sehen dürfe. Wobey ich die Erfüllung des höchsten Wunsches hoffe, mein verehrtes fürstliches Paar unter den theuren Ihrigen, in neugestärckter Gesundheit zu erblicken!

Unverbrüchlich.

Eger d. 21. Aug. 1822.[124]


36/98.


An August von Goethe

Beykommendes, mein lieber Sohn, sollte Herr von Cruikshank mitnehmen, er ging aber ein paar tage früher als ich glaubte. Genirt es dich, Serenissimo das Schreiben selbst zu überreichen, so schicke es in die Garderobe, wo es schon abgeliefert werden wird. Mir geht es leidlich und alle ist bis itzt gelingen. Vorzüglich hat mich der Aufenthalt in Redwiz aufgeheitert. Es ist so erfreulich eine Existenz zu sehen, die durch Einsicht, Klugheit, Ausdauer glücklich gedeiht. Von gelingenen trüben Täfelchen lege einige bey, dieß war ein großer Fund.

Einiges Alterthümliche habe auch angeschafft das dir Freude machen wird; wie ich denn auch schöne Mineralien zukommen gebracht habe. das Wetter ist wieder vollkommen heiter, und wenn von Henning aus Berlin sich nicht angemeldet hätte, so blieb ich wohl noch eine Zeitlang in dieser Gegend; denn es ist noch manches auszumitteln, bevor man einigermaßen in's Ganze sieht; doch haben wir dieß Jahr viel erreicht, wie du mündlich vernehmen wirst.

Gegenwärtiges bringt der Amtmann von Roßla, dem du etwas Freundliches dagegen sagen wirst.

Lebe wohl, grüße alles.

St. Eger d. 22. Aug. 1822.

G.[125]


36/99.


An Carl Ludwig von Knebel

Eger den 23. August 1822.

In den letzten Tagen meines Hierseyns muß ich noch, verehrter und geliebter Freund, dir danksagen für die freundliche Sendung vom Anfange des vorigen Monats. Sie erquickte mich und gab mir Rath zu weiterem Leben und Streben, das ich nun schon in der zehnten Woche auswärts bestehe und verfolge. Alles ist mir wohl gelungen und ich habe manche schöne Gelegenheit ergriffen, sowohl der Natur als den Menschen etwas abzugewinnen.

Des Herrn Grafen Kaspar v. Sternberg längst gewünschte und immer verspätete persönliche Bekanntschaft war wohl das Vorzüglichste. Wenn wir andern so viele Jahre neben und mit einander hingingen und uns in Einem Elemente ausbildeten, so ist es kein Wunder, daß wir, mehr oder weniger gleiches Sinnes, endlich in allen Hauptpuncten übereintreffen. Finden wir aber einen tüchtigen Mann, der sich gleichfalls aus jener Zeit herschreibt, wo sich Aussichten hervorthaten, Besinnungen entwickelten, Studien besondern Reiz ausübten, zu denen wir uns selbst bekennen, so ist eine solche Annäherung unendlich viel werth. Wir lebten zwey Wochen beysammen in Marienbad, wo Tausendfältiges zur Sprache kam; dann ging ich nach Eger voraus, theils um mich zu sammeln, theils im naturhistorischen Fache ihm manches vorzubereiten.

[126] Am 30. Juli kam er nach Eger, auf seiner Durchreise nach München, mit Dr. Pohl, dem brasilianischen Reisenden, der ihn begleitet, mit Berzelius, dem tüchtigsten und heitersten Chemiker, der nach Carlsbad zurückging, und so schieden wir denn nicht ohne wechselseitigen bedeutenden Nutzen nach fröhlichen Beysammenseyn.

Seit der Zeit habe ich Excursionen gemacht nach Folkenau, zu einem tüchtigen Bergmeister Lößl, wo mir ein Naturdichter bekannt ward, auf dessen durch Gicht contractestem Körper sich ein Cerebralsystem ausgebildet hat, das dem schlanksten Ehre machen würde. Dann besuchte ich Grafen Auersperg auf Hartenberg, die sehr ehrwürdige Lage eines reichen, von Geschäften zurückgezogenen, erfahrenen Mannes zum zweytenmal anzuschauen. Unerwartet war mir in seinem Wald- und Bergbereich eine Schule Brützler Spitzenarbeiten; die Vorsteherin machte mich bekannt mit allem Geforderten und Erreichten; ich bringe gar artige Probstücke mit.

Bey allen diesen Unternehmungen begünstigte mich die Neigung des Polizeyrath Grüner, der, in Eger geboren, durch seine Stelle in der ganzen Gegend Einfluß, durch seinen Charakter Neigung und Zutrauen erwerben mußte.

Mit ihm gelang mir auch ein Ausflug nach Redwitz, einem Städtchen, das sonst als ein Intermundium zwischen Kulmbach und Böhmen lag, jetzt aber, an[127] Bayern abgetreten, sich in neuere Verhältnisse zu schicken weiß. Die zweckmäßigste Thätigkeit in Fabricationen mancher Art, noch eine alte, seit Jahrhunderten bewährte Bürgerlichkeit, die sich, ohne Polizey, in vortrefflichem Fleisch, Bier und Brot, besonders auch in den unschätzbarsten Kaffebrötchen zu Tage legt, machten mir sehr viel Freude. Ich wohnte in dem Hause eines Fabrikherrn, der Sublimat (Muriate suroxygène de Mercure) und zugleich chrystallisirte Weinsteinsäure u. s. w. in großen Massen darstellt. Sein Sohn, der bey Trommsdorff einen Jährigen Cursus durchgearbeitet, hat mir soglaich mit Glück die Glasscheiben, die bey veränderter weißer und schwarzer Unterlage Gelb oder Blau darstellen, zu Dutzenden gefertigt, so daß das einfache Credo meiner Farbenlehre jedem Naturfreunde sogleich in die Hände geben kann.

Da mein Wirth alle Abgänge oben genannter Operationen (als das Gleugersalz u.s.w.) zu der Glasfabrication verwendet, besuchten wir auch die Hütte; ich sah daselbst mir unbekannte technische Wunder. Vor so vielen Jahren hatten wir das alles zuStützerbach im Kleinen gesehen; hier blasen sie zu Fenstertafeln Walzen zu 3 Fuß Höhe und gehen mit diesem glühend-schmelzend biegsamen Metall gerade um wie die englischen Bereiter mit ihren Gliedern. Das Gefährliche, mit Sicherheit ausgeübt, erregt eine bängliche Bewunderung. Auch entoptische Glaskörper erhielt ich dort durch schnelle Verkühlungen. Diesem[128] Capitel hoffe ich durch die Thätigkeit dieses jungen Mannes, dem ich die Anlage zu einem Apparat wohl geordnet zurückließ, viel zu gewinnen.

Eigentlich muß man reisen, um sein Erworbenes anzubringen und neu zu erwerben; was ich hier in einem Tage fand, daran laborire ich in Jena zwey Jahre, ohne zum Zweck zu gelangen.

Überhaupt habe ich diese zehen Wochen genutzt, um fast außer Athem zu kommen, alles habe, um ja nichts zu verlieren, in Tagebüchern und Actenfascikeln sorgfältig aufbewahrt, daß es den Freunden hoffentlich auch zu Gute kommen soll.

Und so sey denn, mein Theuerster, schönstens gegrüßt. Bey meiner Durchfahrt durch Jena werde dießmal nicht anhalten können, um so mehr suche ich mich einzurichten, daß ich einige schöne Herbsttage mit dir verleben könne, wobey dann manches zur Sprache kommen wird. Das herzlichste Lebewohl!

treulichst

G.


36/100.


An Johann Wendelin Gradl

[Concept.]

Euer Hochwürden

Gefälligkeit nehme kurz vor meiner Abreise nochmals in Anspruch. Sie erhalten hiebey:

1) Packet an des Herrn Grafen von Sternberg Exzellenz;

[129] 2) dergleichen an des Herrn Baron v. Brösigke Hochwohlgeboren;

3) dergleichen für das Museum zu Tepl, welches dem Herrn Prior einzuhändigen bitte.

Wie ich mich denn nochmals allerseites bestens und schönstens empfohlen wünsche. In der Hoffnung eines fröhlichen Wiedersehens, dankbar für alles Gute was mir in IhrerGegend so reichlich wiederfahren.

Eger den 26. August 1822.


36/101.


An Ignaz Lößl

Euer Wohlgeboren

vefehle nicht, noch vor meiner Abreise den schuldigen Dank abzustatten für so freundliche Aufnahme und reichliche Mittheilung; ich wünsche mir Gelegenheit, degegen etwas Angenehmes erweisen zu können, wie ich denn nächstens die bemerkten Mineralien zu übersenden mir angelegen seyn lasse.

Die Gedichte des guten Fürnstein, den ich schönstens zu grüßen bitte, gewinnen bey'm zweyten und mehrmaligen Lesen; von den beygefügten biographischen Nachrichten mache gelegentlich Gebrauch. Mit Herrn Polizeyrath Grüner habe gesprochen, in wie fern man späterhin eine Auswahl seiner Arbeiten könnte drucken lassen, um die Aufmerksamkeit wohlwollender Menschen[130] und auch einiges Honorar ihm zuzuwenden, worüber denn noch weiter wird zu verhandeln seyn.

Der ich mit wiederholtem Danke mich Ihrem fernern geneigten Andenken bestens empfehle.

ergebenst

Eger den 26. August 1822.

J. W. v. Goethe.


36/102.


An Kaspar von Sternberg

Möge, verehrter Herr und Freund, gegenwärtiges Blatt zur besten Stunde Sie begrüßen und vor allen Dingen mit wenigen Worten aussprechen: daß ich das Glück Ihrer persönlichen Gegenwart zu empfinden und zu genießen erst nach dem Abschiede recht fähig geworden; lassen wir das späte Zusammentreffen desto freuduger und kräftiger fortwirken.

Zuvörderst also, die früheren Jahre wieder heranknüpfend, begleitete ich Sie auf Ihren heitern und überall wohlgenutzten Reisewegen, erinnerte mich eines ähnlichen Ausflugs von regensburg nach Roveredo; auf dem Gardasee fand ich mich ganz an Ihrer Seite und mußte sodann dankbar anerkennen, daß Sie so steile Wege, durch unwirthbares Gebirg, beobachtend, zurücklegen wollen, um demjenigen, der sich die wechselnden Bilder hervorzurufen vermag, so sauere Pfade belehrend zu ersparen.

[131] Nun aber thue ich wohl am besten, geschichtlich weiter zu gehen, um zu melden: daß gleich den Morgen nach Ihrer Abreise Reserstein von Halle auf geologischem Durchflug nach der Oberpfalz, in Hoffnung Sie noch hier zu treffen, anlangte; er zeigte sich als wohl unterrichtet, eifrig und zu seinen Zwecken thätig und rührig.

Die geologischen Sammlungen des Eger Bezirks, für Prag, Töpel und Eger, wurden numerirt, katalogirt und auf der großen Tafel reinlich zurecht gelegt.

Den dritten August fuhr ich mit Polizeyrath grüner nach Folkenau, zu Bergmeister Ignatius Lößl, wo wir ein schönes Mineralienkabinett fanden und die Neigung des guten Mannes, von seinen Doubletteneiniges mitzutheilen, gar wohl zu schätzen wußten. Er wird hoffentlich auch für das Prager Museum thätig seyn.

Man machte mich mit den Poesien eines einheimischen Naturdichters, Namens Fürnstein, bekannt, welche lobenswürdig sind; auf seinem seit siebenten Jahr durch Gicht verkrümmten Körper hat sich ein guter Kopf ausgebildet, ein Cerebralsystem, das wohlgestalten Gliedern Ehre machen würde. So wunderbar stecken vorzügliche Menschen in allen Winkeln der Erde. Niedergedrückt vom entsetzlichsten Elend, behauptet der Menschengeist doch immer wieder einmal seine Rechte.

[132] Sonntag den 4. kamen wir gegen Mittag nach Hartenberg, von dem Herrn Grafen wohl empfangen; an guter Unterhaltung, was seit einem Jahr vorgegangen, konnte es nicht fehlen. die Lehrerin einer Brüßlerspitzen-Schule zu Goffengrün war gegenwärtig und mochte mir die Behandlung dieser überzarten Arbeit freundlich vortragen. Der Graf besitzt schöne Mineralien; besonders neu waren Blenden von Ratiborschitz, einem freylich nunmehr aufgegebenen Werke. Frische Anbrüche von Bleystadt, grün- und weißes Bleyerz, so wie von Johann-Georgenstadt Rothgiltigerz haben gutes Ansehen. So verstrich der Tag mit vielfacher Unterhaltung. Den 5. waren wir wieder in Eger.

Dienstag den 6. besuchte mich Musikmeister Tomaschek von Prag und trug manches Erfreuliche von meinen Liebern vor.

Mittwoch den 7. fuhren wie nach Schönberg, wo der Capellberg manch Interessantes darbietet. die Bestandtheile des Granits in großen Partien neben einander, Einigen Tage darauf besuchten wir den Pfarrer daselbst, welcher von diesen Vorkommnissen reichlich mittheilte. Polizeyrath grüner wird für das Museum Exemplar senden. Ein wunderschöner Glimmer in Federgestalt ist darunter.

Sonntag den 11. ward Waldfassen besucht, das leere Schneckenhaus bewundert und bedauert. Hierauf begab ich mich nach Redwitz, sonst mit Eger verknüpft, jetzt an Bayern abgetreten. Das Fabrikwesen des[133] Herrn Fikentscher verdient alle Achtung; der Sohn, ein guter Chemiker, half mir gleich zu vollkommenen trüben Glastäfelchen.. Mit den entoptischen wollte es nicht so gut gehen, doch wird er weiter fort arbeiten. Sie beschicken eine bedeutende Glasfabrik und da muß dem Aufmerksamen so etwas in die Hände laufen. An einigen schnell verkühlten Glaskölbchen und -stäben war bei heiterm Himmel auf dem schwarzen Spiegel die Erscheinung vollkommen schön. Ich habe dem jungen Manne ein entoptisches Gestell mit zwey schwarzen Spiegeln, geschwind gefertigt, zurückgelassen. Wir müssen nun dieses Evangelium rascher zu verbreiten suchen. Wie es von Henning in Berlin gelungen, melde seiner Zeit. Wie förderlich Ihre Theilnahme auf der Reise gewesen, freue mich zu vernehmen.

Vor allem aber wünschte zu erfahren, in wie fern der herrliche Zweck Ihrer Fahrt völlig erreicht worden, wodurch so viele Mühe dem einzelnen Beschäftigten, den Naturfreunden so manche Geld zu ersparen, der eigentlichen Wissenschaft aber ein doppelt großer Gewinn zu erreichen ist. Kann man sich mit Willen entschließen, was ohne, gegen unsern Willen geschieht, daß das Einzelne sich in's Ganze verschmilzt, daß das eigene Thun sich sogleich im Thun so vieler andern verliert, so ist gleich ein halb Jahrhundert gewonnen. Doch soll es vielleicht nicht so seyn. Wo nähmen die Menschen ihre Thätigkeit her, wenn sich nicht jeder[134] etwas mehr als billig einbildete und seinen Kreis abzuschließen trachtete?

Die Sammlungen, wovon Verzeichnisse beyliegen, gingen den 22. an Inspector Gradl nach Marienbad ab. Ich habe mich dabey aller Betrachtungen enthalten, die ich aber nachbringe. Wird mir das Glück, Ihr Museum zu beschauen, so kann manches Erfreuliche für uns und andere daraus entspringen. Eine Übersicht des großen böhmischen Ganzen, an dessen Einzelheiten mich so viele Jahre schon abmüde, würde mir großen geistigen Genuß geben.

Die von Ihnen so schön zur Evidenz gebrachten Documente der Umwelt sind mir immer vor dem Sinne und ich suche sie nach meiner Art in das Ganze einzuschalten und wo möglich einzuweben.

So eben aber, als ich mich anschicke abzuschließen und das Lebewohl treulich hinzufügen, überrascht mich eine Sendung der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen an Polizeyrath Grüner, woraus ich ihre Grundgesetze ausführlich kennen lerne, imgleichen aus einem hinzugefügten Blatte die Nachricht des bisher Geschehenen und sodann eine ehrenvolle Erwähnung meiner geringen Theilnahme gewahrt werde, wodurch ich berechtigt bin, mich zu den stiftenden Gliedern zu zählen. Möge die ansehnliche Gesellschaft auch die letzten Beyträge freundlich und nachsichtlich aufnehmen, indeß ich noch manches, Böhmen unmittelbar Angehörige bey mir zu Hause[135] verwahre, welches nachzubringen ich nicht verfehlen werde.

Haben Sie daher die Gefälligkeit mir anzudeuten, wohin ich etwa von Weimar aus eine Kiste adressiren könnte? Vielleicht nach Leipzig oder Dresden, daß sie mit mäßiger Fracht überkäme.

Eine Abschrift des beyliegenden Verzeichnisses hat Polizeyrath grüner gleichfalls erhalten, daß nichts geschickt werde was darin schon begriffen ist.

Es sind noch sehr schöne große Stücke von Eisenoker ganz durchgezogenen Holzes aus den Gruben bey Pograd angelangt, wovon Rath Grüner die vorzüglichsten übersenden Wird.

Ich habe indessen auch meine Beobachtungen gemacht über den Ursprung der Eger und ihren Lauf, eh sie nach Böhmen eintritt, und ist wirklich diese Region der Natur nach als zu Böhmen gehörig anzusehen. Der Lauf der Mondra, des ersten Wassers, das im Königreiche in die Eger fällt. ist gleichfalls in diesem Sinne zu beachten.

Hiermit schließe ich also am Vorabend meiner Abreise und wünsche mir nochmals Glück zu jedem Guten, das mir begegnete, vor allem aber mit Ihnen, verehrter Freund, näher verbunden zu seyn. Von nun an werde notiren und zu seiner Zeit melden, was Ihnen einige Theilnahme abgewinnen könnte, und bitte um ein Gleiches so wie um fortgesetzte wohlwollende Nachsicht.

[136] Damit nun aber auch dieser Transport dichterisch anmuthig erheitert werde, lege das schon bekannte Sträußchen bey, welches ich mit poetisch-kritischer Kühnheit in seiner sechszeiligen Strophengestalt wieder herzustellen gewagt habe, ohne behaupten zu wollen, daß es dadurch besser geworden.

treu anhänglich

Eger den 26. August 1822.

J. W. v. Goethe.


36/103.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht, nach meiner erfolgten glücklichen Rückkunft schönstens zu begrüßen, mich nach Ihrem Wohlseyn zu erkundigen und um einige Nachricht der theuren Reisenden zu bitten. Zugleich frage an, zu Folge einer mit Herrn Frommann gepflogenen Unterredung: ob der Druck sowohl des ästhetischen als naturwissenschaftlichen Heftes sogleich wieder beginnen könne? Manuscript für beide liegt bereit, so daß eine gute Weile fortgedruckt werden kann.

Mit dem Wunsch, das Hefte von Ihnen und den werthen Ihrigen zu vernehmen, unterzeichne mich.

Weimar den 31. August 1822.[137]


36/104.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Ew. Kaiserliche Hoheit

in diesen Tagen persönlich aufzuwarten durch ein geringes, doch sorgenerregendes Übel gehindert, enthalte mich nicht es schriftlich zu thun, um einer so glücklichen Rückkehr mich zu erfreuen und alles Heil Höchstdenenselben und den theuren Ihrigen zu wünschen.

Dabey aber nehme mir die Freyheit ein merckwürdiges Heft vorzulegen, welches der Freundlichkeit eines höchstschätzbaren Wandnachbars in Marienbad verdancke. Das geschriebene Blatt giebt vorläufige Auskunft; die für mich, leider, nicht zu dechiffrirende Einleitung gewiss das Weitere.

In Hoffnung mich bald an Höchstderselben Gegenwart zu beglücken,

Verehrungsvoll

unterthänigst

Weimar d. 3. Sept. 1822

J. W. v. Goethe.


36/105.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey Manuscript zum nächsten Stücke von Kunst und Alterthum, der Prolog für Berlin geht[138] voran. Sodann folgt Neuere bildende Kunst. Das Weitere folgt nach Bedürfniß; zur Morphologie und Wissenschaftlehre in einigen Tagen.

Zugleich darf nicht unterlassen aufrichtig zu versichern, daß ich an den Schicksalen der Ihrigen, in so fern sie mir bekannt geworden, immer aufrichtigen Theil genommen. Sollt ich irgend etwas erfahren, welches zur Beruhigung dienen oder einen Entschluß veranlassen könnte, verfehle nicht solches zu melden.

Das Beste wünschend.

Weimar den 3. September 1822.


36/106.


An Leopold Dorotheus von Henning

Ew. Hochwohlgeboren

gemeldete Annäherung macht mir viel Freude und erfüllt einen meiner liebsten Wünsche. Ihre Einleitung billige sehr, sie ist erschöpfend, wohl gedacht und wohl geordnet; auch hat mich ein Schreiben des Herrn Schultz, von welchem werthen Freunde lange nichts vernommen, höchlich erquickt.

Haben Sie die Güte mir zu schreiben, wann Sie hieher zu kommen gedenken, damit ich mich zu Hause halte. Ich habe manches Erfreuliche vorzulegen, besonders aber eine Anzahl wohlgelungener trüber Glasscheiben zu fernerer Ausbreitung des Evangeliums[139] mitzutheilen. Das Weitere bis auf eine fröhliche Zusammenkunft versparend.

Das Beste wünschend

gehorsamst

Weimar den 4. September 1822.

J. W. v. Goethe.


36/107.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie erhalten hiebey, mein Theuerster, die neugriechischen und epirotischen Heldengesänge im Original und Copie, zugleich mit geschriebenen und gedruckten Notizen und Bemerkungen des Pariser Sendenden. Betrachten Sie alles und überdenken, was noch an den Gedichten zu thun ist und was von der Prosa möchte brauchbar seyn. Lassen Sie mir wissen, wenn Sie mir einige Stunden schenken können; manches ist mitzutheilen und zu besprechen.

treulichst

Weimar den 4. September 1822.

G.


36/108.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ihr langes Schweigen, mein trefflicher Freund, wäre mir nicht so zu Herzen gegangen, wenn ich nicht darin ein Zeichen eines Mißbehagens zu finden geglaubt; Freunde von so inniger Verwandtschaft sind[140] eigentlich niemals entfernt, und ich habe sie vor mir, um mich. wenn ich sinne und schreibe, daher Sie denn auch auf meinen Blättern gewiß manches finden, das unmittelbar zu Ihnen gesprochen worden.

Die Campagne gefällt mir selbst jetzt besser bey'm Lesen als im Schreiben; das Unheil geht denn doch so leicht hinter einander weg, es ist verdrießlich, aber lasset nicht. Möge manches, woran ich jetzt arbeite, Ihnen zur guten Stunde in die Hand kommen.

Ich sende nächstens den morphologischen und allgemein wissenschaftlichen Theil in zwey Bänden, wo sich der Inhalt schon etwas consequenter und besser ausnimmt. Ein Exemplar bitte des Herrn Staatsminister v. Altenstein Exzellenz mit meiner geziemenden Empfehlung zu überreichen; er war der Erste, von dem mir etwas Freundliches über die Metamorphose der Pflanzen hinterbracht wurde; er hat auf meine Naturstudien immer geachtet und nun zuletzt, durch Begünstigung der chromatischen, mich höchlich verpflichtet; wobey ich recht gut weiß wie viel ich Ihnen schuldig geworden.

v. Hennings Einleitung ist wirklich sehr lobenswerth und ich spüre gar sehr den Einfluß der drey genannten Freunde. Was Sie mit Recht copios nennen dient vielleicht gerade diesem Unternehmen; das den meisten Menschen Abstrufe mit einer gewissen behaglichen Freyheit vorzutragen wirkt immer vortheilhaft. Ich erwarte ihn mit Freuden; mir macht's[141] Epoche, daß ich nach meiner letzten Expectoration im vierten Stücke einem andern übertrage, mit und in ihm fortleben kann. Wir wollen ihm soviel Stoff und Gehalt zuweisen, daß er sich in der Behandlung zukommen zu nehmen hat. Das Weitere erfahren Sie in einiger Zeit.

Auf meiner zehnwöchentlichen Reise habe manches Gute genossen, erlebt und gelernt; auch ist mir gelungen, durch einen heiter jungen Chemiker die trüben Täfelchen von der schönsten Wirkung fertigen zu lassen; v. Henning soll davon mitbringen. die entoptischen Täfelchen wollten nicht gleichmäßig gut gerathen, doch soll unermüdet auch daran gearbeitet werden.

Das nächste Heft zur Wissenschaft schwebt schon unter der Presse. Luke Howards Selbstbiographie eröffnet solches. Wie sehen dieallerliebste Erscheinung: ein Quäker, Laborant, Naturmensch und Christ! Bey aller Wahrheit und Aufrichtigkeit ist der kleine Aufsatz doch sehr klug und gut geschrieben. Sodann folgt Ihr Phosphor, der gewiß leuchten wird vor und aus den Leuten; es sind mir dabey schon manche Phänomene viel deutlicher aufgegangen als wohl sonst. Ihren Namen spreche nicht aus, weil Sie es verlangen; indessen wird doch wieder ein schöner Gebäudetheil an die vorhandenen Wartesteine gefügt und in's Ganze geschlossen werden. Wegen der Ableitung des Grünen im 38. § hätte ich etwas zu erinnern, wie Beylage zeigt.

[142] Auf das Schriftlein geologisch-geographischen Inhalts bin ich sehr verlangend.

Ihr Antheil an den Radirungen nach meinen Skizzen ist mir höchlich lieb und werth; indessen weiß ich nicht, ob die jungen Leute ihre Rechnung dabey finden; sie sind im Radiren nicht gewandt und haben dadurch dem Original eher genommen als gegeben. Sollte das Unternehmen in's Stocken gerathen, so versuch ich es vielleicht auf litographischen Wege. Eigentlich muß es ein Landschaftszeichner unternehmen, dessen Hand geübt und dessen Geschmack geprüft ist; alsdann wird er diese unschuldigen Motive die ihm gereicht sind eher heben als niederdrücken.

Auf die restaurirte Dame voriger Zeit freue mich sehr; was Sie gethan haben und thun, unterschreibe durchaus, berauben Sie sich des Anblicks nicht zu bald! Bey'm Absenden bitte ich um die Vorsicht, die Fugen des Deckels und Bodens mit dem Kasten, wie auch sonst Riß oder Fuge, mit Leinwand durch Tischerleim verkleben zu lassen. Doch was sage ich! werden Sie nicht besser für Ihren Liebling sorgen als ich andeuten kann?

In die Fülle Ihrer Kunstschätze und die Regsamkeit aller Thätigkeiten schaue mit Vergnügen von weiten; leider ist mir die Annäherung versagt und ich kann zufrieden seyn, in meinem stillen Gartenzimmer einen Winter thätig auf meine Weise zuzubringen.

[143] Da wäre denn aber die Vorbereitung wünschenswerth, daß Sie uns besuchten und in einer ruhigen Haushaltung, bloß durch das Lustgeschrey liebenswürdiger Kinder manchmal aufgeregt, eine Zeitlang verleben wollten. Das was man sich mitzutheilen hat ist denn doch am Ende gränzenlos, welches man nicht eher gewahr wird, als wenn man nach geraumer Zeit erst wieder einmal anfängt, Herz und Sinn gegenseitig aufzuschließen.

Um Sie, wenn's nöthig wäre, noch anzuregen und zu bestimmen, daß Sie uns ja besuchten, schreibe ich so eilig, weil ich sonst vielleicht Hennings Ankunft abgewartet hätte. Sollte Rauch wirklich kommen, so lassen Sie ihn nicht allein erscheinen, uns thut es gewiß allen höchlich wohl; die Kinder bitten dringend.

Die meiste Zeit in fremden lande hab ich der Geologie gewidmet und mich von Stift Tepl bis an den Fuß des Fichtelbergs durchgeklopft.

In Prag legen sie ein Museum an, wodurch viele Menschen aufgeregt, auch Fremde gefördert und zur Theilnahme gestimmt werden; ich konnte ihnen selbst schöne Beyträge geben. Nach Prag aber bin ich ohngeachtet Ihrer Anmahnung doch nicht gegangen, ich fürchte, mich durch so viele Rücksichten genirt zu sehen.

Der größte Gewinn aber, den ich in diesen Tagen zog, war die persönliche Bekanntschaft des Herrn Grafen Kaspar Sternberg, eben des Hauptförderers[144] jener Anstalt, mit dem ich schon früher in brieflicher Bekanntschaft stand. Von Jugend auf dem geistlichen Stande gewidmet, gelangte er endlich zur Stelle eines Domherrn von Regensburg; dort gewann er neben Welt- und Staatsgeschäften die Natur, besonders das Pflanzenreich lieb und that viel dafür. Als er nun bey Umkehrung Deutschlands auch von seiner Stelle vertrieben ward, ging er nach dem Mutterlande Böhmen zurück und lebt nun in Prag, theils auf seinen von einem älteren Bruder ererbten Gütern. Hier kommt ihm denn die Natur wieder freundlich zu Hülfe. Er besitzt wichtige Steinkohlenwerke, in deren Bruch die seltsamsten Pflanzen erhalten sind, welche, indem sie nur der südlichsten Vegetation analoge Gebilde zeigen, auf die entferntesten Epochen der Erde hinweisen. Er hat schon zwey Hefte derselben herausgegeben. Dieß alles ist gewiß in Berlin, vielleicht haben Sie es schon gesehen.

Mit Grafen Kaspar Sternberg nun hab ich vierzehn tage in Marienbad zugebracht, alsdann sah ich ihn in Eger mit Berzelius, dem Schweden, und Pohl, dem brasilianischen Reisenden; der erste spielte uns die auffallendsten mikrochemischen versuche mit bewundernswürdiger Geschicklichkeit, ganz eigentlich aus der Tasche vor; Pohl ist ein sehr verständiger, unterrichteter, thätiger Mann. der auf seinen Reisen mehr als billig ausgestanden hat. Inzwischen wird uns jener immense Welttheil doch immer klärer; dazu hat[145] auch v. Eschwege beygetragen, der sich einige Wochen bey uns aufhielt.

Auch der problematische, neptunisch-vulkanistische Kammerbühl bey Eger ward collegialiter besuchr und der Gedanke, einen Stollen durchzuführen nach Maaßgabe des früheren Vorschlags (Zur Naturwissenschaft B. 1. S. 76 und 233), nochmals gebilligt, auch einige Vorarbeiten beschlossen.

Da ich nun, wie Sie sehen, diese letzte Zeit fast ganz der Erdbetrachtung gewidmet, so können Sie denken, wie mich das Büchlein interessirt, in welchem Sie, wenn ich recht verstehe, mit sich controver tiren und zugleich in völligen Einklang setzen. Wie vieles hätt ich noch zu erzählen, welches mündlich schnell überliefert seyn sollte. Erfreuen Sie uns bald durch Ihre Gegenwart, ich bin den ganzen September gewiß zu Hause, Ihre Zimmer sind bereit. An Herrn Rauch vielen Empfehl und Einladung; wo nicht zu Dach und Fach, doch zu herzlichem Gespräch und Mahl. Wenn Sie v. Henning noch hier treffen, so gibt es einmal wieder eine Berliner Societät.

Auch von Schubarth wünscht ich das Nähere zu hören; schon seit geräumer Zeit fang ich an für ihn zu fürchten, er gehört unter die Menschen, dergleichen mir in meinem Leben viel zu schaffen gemacht, man kann sie nicht fördern, ihnen nicht helfen; sie kämpfen sich freylich durch, aber mit Verlust der schönsten Lebenszeit.

[146] Möge der ländliche Aufenthalt Ihnen erquicklich seyn.

treulichst

Weimar den 5. September 1822.

G.


[Beilage.]


Schluß des § 38.

[jeweilige] Bemerkung.


Durchleuchtetes Trübes – Gelb

Durchleutetes Wenig-Trübes – Gelb

Durchleutetes Trübes – Violett

Durchleutetes Wenig-Trübes – Violett

– – –

Durchleutetes und zugleich Durchschattetes

Wenig oder Mehr-Trübes – Grün

Durchleuchtetes Trüberes – Orange

Durchleutetes Trüberes – Orange

Durchschattetes Trüberes – Blau

Durchschattetes Trüberes – Blau

Durchleutetes Trübstes – Roth

Durchleuchtetes – Trübes Roth

Durchschattetes Trübstes – Grün

Weder zu Durchleutendes noch zu Durchschattendes Völlig Trübes – Weiß


Weimar den 5. September 1822.

G.[147]


36/109.


An Johann Heinrich Meyer

Sehen Sie doch, mein Theuerster, diese Heftchen durch, sie scheinen mir in Kunst und Alterthum nicht wohl aufzunehmen; diese guten wohlwollenden Menschen treten gar zu leicht mit ihren Eigenschaften hervor, die sich in's Allgemeine nicht recht fügen wollen. In Hoffnung, Sie heute Abend zu sehen.

Weimar den 5. September 1822.


36/110.


An Johann Heinrich Meyer

Wenn Beykommendes Ihren Beyfall erhält, so mundire solches alsobald und sende es ab. Nur ein Wörtchen erbitte mir.

Weimar den 6. September 1822.

G.


36/111.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Ew. Kaiserliche Hoheit

vergönnen gnädigst den verpflichteten Dank für die vertrauliche Mittheilung auszusprechen, mit welcher Höchst Dieselben mir große Freude gewährt haben. Ich erinnere mich dabey mit einiger Selbstzufriedenheit[148] daß, als mir vorlängst ein besonnen Theilnehmender die mancherley Bedenklichkeiten aus einander setzte, die bey einer solchen Wahl vorwalteten, ich in lebhafter Erwiderung endlich ausrief: »Man muß auch etwas auf's Glück rechnen!«

Und so kann ich denn Höchst Denenselben aufrichtig Glück wünschen zu diesem Fund. Alles früher Vorgeschlagenen, Eingeleitete, Beabsichtigte läßt sich nicht vergleichen mit dem, was an so einem Manne offenbarer Gewinnst ist und zu welchen Hoffnungen er berechtigt. Ruhiger Verstand, freye klare Weltumsicht, vielfache Bildung, ausgebreitete Kenntnisse, hinter welchem allen ein schönes Gemüth und ein reines Herz durchblickt. Wenn nun das, was in dem Aufsatz höchst verständig gesondert vorgetragen worden, durch treues, liebevolles Handeln in's Leben gefördert wird, so wüßte nicht, was weiter zu wünschen wäre, und wie kann es bey Höchst Dero mütterlichen Einwirken an dem glücklichsten Erfolg gebrechen?

Gar mannichfaltige sich aufdringende und anschließende Betrachtungen, unter welchen sich nichts Ungünstiges hervorthut, verspare bis zum Glück, Höchst Denenselben persönlich aufzuwarten. Das gnädige Vertrauen dankbarlichst verehrend.

Weimar den 6. September 1822.[149]


36/112.


An Sulpiz Boisserée

Demoiselle Zelter, die meinen Geburtstag mit Ihnen feyerte, war auch bey der Ankunft Ihres Briefes gegenwärtig, und sprach dankbar von der ausgezeichneten Aufnahme die Sie ihr gegönnt. Ich bin ganz wohl, wie ich nur verlangen kann, nach Hause gekommen, nachdem ich mir draußen, obgleich mit vieler Vorsicht, viel zugemuthet habe. Ich arbeite mich nun wieder in den Winter hinein und hoffe, wir wollen bis Weihnachten manches zu Stande bringen.

Nach Abgang meines letzten Egerischen Briefs machte ich mir Vorwürfe, die Einladung nicht wiederholt zu haben; Sie sind immer herzlich willkommen. Sollte sich die Möglichkeit näher zeigen, so geben Sie mir Nachricht, daß ich nicht etwa in Jena sey, wo es mir an allen Mitteln fehlt, Freunde aufzunehmen und zu bewirthen.

Für die Münzen, welche wohl gepackt und gut erhalten angekommen, mag denn auch das Mehrgezahlte gebilligt seyn. Da der gute Mann nicht mit sich handeln läßt, so ersuchen Sie ihn, gleich läßliche Preise zu machen. Wenn er nach jener ersten Andeutung fortfährt, so ist mir das Größere wie das Kleinere willkommen.

Ihr Manuscript über den Dom zu Köln habe wohl erhalten, wann ich daran komme, es zu beherzigen,[150] kann ich nicht sagen: im Gespräche würde es sich geschwind geben. Höchlich erfreut mich Ihre Andeutung auf eine Entwickelung Ihres Geschicks, denn ich läugne nicht, daß mich Ihre Lage manchmal beunruhigt.

Sobald uns die entoptischen Glastäfelchen wieder glücken, woran es bis jetzt gefehlt hat, geb ich auch über diesen Punct näheren Aufschluß. Dagegen sende nächstens sehr schöne trübe Täfelchen, die den Gegensatz auf Hell und Dunkel entschieden und lieblich hervorbringen.

Meine Farbenlehre, die bisher an dem Altar der Physik wie ein todter Knotenstock gestanden, fängt an zu grünen und Zweige zu treiben; in guten Boden gepflanzt, wird er auch Wurzel schlagen.

In Berlin hat sie der Minister von Altenstein dergestalt begünstigt, daß er ein Zimmer im Akademiegebäude einräumen und die nöthige Summe zum Apparat auszahlen ließ. Doctor v. Henning, ein Schüler Hegels, hat in diesem Sommer öffentliche Vorlesungen darüber gehalten. Die Einleitung dazu ist gedruckt, ich sende sie nächstens und würde sie für wohl gerathen erklären, wäre sie auch nicht in dem Grade zu meinen Gunsten geschrieben. Eigentlich aber darf ich sagen, daß ich wohl verdiene, nach drey ßigjährigem Schweigen zu der niederträchtigsten Behandlung, die ich von meinen Zeitgenossen erduldete, endlich durch eine frische, hochgebildete Jugend zu Ehren zu gelangen. Im Alter[151] hofft man auf geistreiche, herzliche Zustimmung, des vagen Beyfalls ist man längst müde.

Meine alten Freunde zu erhalten, jüngere zu gewinnen, ist jetzt mein unabläßlicher Wunsch, und da sind Sie überzeugt, daß Sie recht lieblich und löblich in der Mitte stehen.

Bleiben Sie und die lieben Ihrigen mir und den Meinigen immer dieselben.

treulichst verbunden

Weimar den 6. September 1822.

G.


36/113.


An Carl Ernst Adolf von Hoff

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gefällige bedeutende Sendung erschien mir gerade in dem günstigsten Augenblick; denn ich hatte den Werth so wie die gute Aufnahme Ihres Werkas vor meiner Abreise in den Göttinger Anzeigen gelesen und freute mich bey meiner Rückkehr nun auf ein sorgfältiges Studium desselben, welches mir durch ein geneigtes schmeichelhaftes Zutrauen zur angenehmen Pflicht wird.

Da ich bey Betrachtungen solcher Art nach Anlaß der früheren Methoden vom Granit ausging, das Ineinanderschwanken und Wechseln der Urgebirgsarten sorgfältig zu erforschen trachtend, meine Sammlungen[152] darnach anlegte (wie ich denn die wichtige Zinnformation aus mehreren Ländern bey mir verwahre), so konnte bey langsamen und bedächtigem Vorschreiten wenig Hoffnung erscheinen, daß ich mich bis auf die letzten Epochen mit eigenen Kräften würde durcharbeiten können; das Zutrauen jedoch auf Thätigkeit anderer, besonders Jüngerer, hat mich wie in mehrerern Fächern also auch in diesem nicht getäuscht, und ich schätze es für ein Glück, daß Ew. Hochwohlgeboren mir so erwünscht entgegen kommen und das jenigem was uns bisher nur aus unbestimmten Sagen, unzulänglichen Überlieferungen und märchenhafte Mahngebilden vorschwebte, so schön methodisch – vollständig verleihen. Ich konnte bis jetzt nur das Inhaltsverzeichniß und die Einleitung lesen und freue mich bey so vollkommener Übersicht auf das ausgeführte Werk.

Nächstens nehme mir die Freyheit, zwey Bände auf Naturwissenschaft bezüglich zu übersenden. Sie mögen wohl einiges Resultat enthalten, doch aber hauptsächlich den schrittweisen Gang meiner Theilnahme an so wichtigen Betrachtungen bezeichnen.

Bleiben Ew. Hochwohlgeboren versichert, daß ich Ihre treffliche Arbeit mit dem größten Antheil studiren und alles, was Sie fernerhin mittheilen, auf das treulichste mir zueignen werde.

Mich zu wohlwollendem Andenken angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 6. September 1822.[153]


36/114.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie erhalten hiebey, mein Werthester, von Hennings Einleitung. Da Sie so genau mit der Sache bekannt sind, so wird es Ihnen Vergnügen machen. Der Verfasser wird uns nächstens besuchen.

Auch der Phosphor im Manuscripte wird Ihnen freundlich entgegen leuchten.

Weimar den 6. September 1822.

G.


36/115.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten Sie hiebey den Betrag Ihrer letzten Rechnung vom 20. May d. J. an 75 rh. sächs., da ich mich denn zunächst entschuldigen muß, solche nicht früher abgetragen zu haben. Erst bey meiner Rückkehr erhielt ich die angenehme Sendung und kann in Berichtigung und Erwiderung derselben nunmehr meinen Dank abstatten für die übernommene Mühe und die fortgesetzte Geneigtheit Ihres lieben Sohnes. Möge er nicht aufhöhren, mich auf diese Weise zu verbinden, da ich gewiß eine Gelegenheit ergreife, demselben gleichfalls gefällig zu seyn.

[154] Die Katalogen der nächsten Auction werden Sie mir unschwer übersenden, da doch für den Liebhaber immer wieder etwas Reizendes erscheint.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 8. September 1822.


36/116.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Ew. Hochwohlgeboren

für neuerlich geneigten Besuch und die hier zurückkehrenden Blätter bestens dankend, wollte hiedurch anfragen: ob mir nicht die zweyunddreyßig Beylagen zu dem Berichte der Maynzer Commission an den hohen Bundestag, worauf Serenissimus Höchsselbst mich aufmerksam gamcht, für kurze Zeit könnten mitgetheilt werden. Auch diese wie so manche andere Gefälligkeit dankbar anerkennend

gehorsamst

Weimar den 8. September 1822.

J. W. v. Goethe.


36/117.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

von meiner glücklichen Rückkehr Nachricht zu geben und mich nach Ihrem theuren Befinden zu erkundigen wird mir zur angenehmsten Pflicht. Soviel aber kann[155] ich versichern daß, obgleich mir alles die zehn Wochen meiner Abwesenheit glücklich gelungen, ich doch mich öfters an den Platz Herrn Frommanns gewünscht habe, der das Vergnügen genoß, Sie zu sehen, die wackern Freunde und die trefflichen Kunstwerke in Stuttgart zu begrüßen.

Derselbe hat vielleicht Gelegenheit genommen, Wunsch und Vorsatz mitzutheilen, worin wir beide übereinstimmen und zu dessen Ausführung es nur Ihres Beyfalls bedarf. Ich wünschte nämlich, die Hefte von Kunst und Alterthum sowohl als die anderen, die sich auf organische und allgemeine Natur beziehen, zu sechs Bogen herauszugeben; man könnte immer fortdrucken und die Versendung regelmäßig bewirken, damit meine Sommerreise keine Lücke verursachte und gewisse Aufsätze nicht veralteten, wie es leider manchmal der fall war. Manuscript ist nach Jena und das Übrige wird sich nach Herrn Frommanns Rückkunft finden.

Dieses Geschäft können wir den Winter über gar wohl fördern, und vielleicht kann ich zu Ostern ein begonnenes Manuscript anbieten, zum vierten Bande der ersten Abtheilung Aus meinem Leben geschrieben.

Ich habe sowohl den morphologischen als allgemein wissenschaftlichen Band der ersten Absicht gemäß jeden für sich binden lassen, wodurch das Ganze näher zusammen rückt und mehr Übersicht gewährt. Sollte man diese beiden Bände eben so, brochirt, nicht auch dem Publicum anbieten? die bey einer wahrscheinlichen[156] Zerstreuung der früheren Hefte nach fünf Jahren gewissermaßen in einer neuen und auf diese Gegenstände mehr gerichteten Welt wohl ihre Theilnehmer finden würden.

Auch ist es Ew. Hochwohlgeboren gewiß interessant zu erfahren, daß über meine Farbenlehre diesen Sommer in Berlin öffentliche Vorlesungen gehalten worden, durch Förderniß des Herrn Ministers von Altenstein, welcher ein Zimmer im Akademiegebäude und einen daselbst aufzustellenden Apparat vergönnen mochte. Herr Dr. v. Henning, der die Vorlesungen hielt, hat seine Einleitung dazu schon drucken lassen, woraus denn gar wohl ersichtlich ist, daß er dasjenige vollkommen durchbringt worauf alles ankommt. ein langes Leben begünstigt mich auch hier, daß ich nach dreyßigjähriger Nichtachtung durch eine frische Jugend endlich noch ein bedeutendes und gefährliches Spiel zu gewinnen hoffen darf. Eben so beglückt mich das Wohlwollen des Auslands, wovon ich die schönsten Beweise nach und nach dem Inlande und meinen freunden zeigen darf, daß sie nicht, wie man der Nation gern möchte glauben machen, einem werthlosen Manne unvernünftigen Beyfall gönnen zollten. Ich lege ein Heft bey als Zeugniß, daß sich auch gleichgesinnte Geister finden; können Sie das unschuldige Manuscript auf irgend eine Weise nutzen, so würde es mir um des wackern Verfassers und um mein selbst willen angenehm seyn. Ich mag nicht gern[157] controvertirten, liebe es auch nicht einmal an Freunden, aber seine Überzeugung positiv aussprechen und hinlegen ist doch wohl jeden vergönnt.

Unser abenteuerlicher Quasi-Gil-Blas hat unglücklicherweise ein feinem Lebensgange völlig congruirendes Ende genommen. Einen Theil des Honorars wollte er (was gerade nicht wäre zu schelte gewesen) zu Herstellung seiner eigenen Gesundheit und der Gesundheit eines jammervoll kranken Sohnes anwenden; sonst gewohnt, seine Abenteuer als Fußwanderer zu bestehen, verschafft er sich einen Einspänner und indem er unterwegs in der großen Hitze Fuhrmann, Krankenwärter und selbst kranken Reisenden spielt, überrascht ihn in Töplitz eine Lungenentzündung von der er nicht wieder genes't. Sein Sohn, der in Dresden tödlich krank zurückbleiben mußte, ist erst seit wenig Tagen wieder hier und die Hinterlassenen sind elender, als sie in ihren früheren Zuständen nie hätten werden können. Hiesige freunde und Gönner des Verstorbenen nehmen sich ihrer an, können Ew. Hochwohlgeboren verhältnißmäßig etwas für die armen Leute thun, so wird es überall mit Dank anerkannt seyn.

Sie haben in Kunst und Alterthum gewiß mit eignem Antheil was über die sogenannten Naturdichter gesagt worden gelesen; nächstens mehr von diesen Menschen und von der herrlichen Musengabe, welche den traurigsten Körpermängeln, der Armuth und dem widerwärtigsten Geschick ein Gleichgewicht entgegenzusetzen[158] weiß. Erst neuerlich sind mir solche Wesen begegnet, die man nicht ohne Rührung betrachten kann. Dagegen hab ich von Glück zu sagen, daß eine Gesellschaft von Freunden mir auf's lebhafteste beysteht und das, was ein guter Geist mir früher und später gewährte, zusammen zu halten und zu nutzen hilft. Es ist diesen Sommer in meiner Abwesenheit eine Repositur zusammengestellt worden, worin alles enthalten ist was jemals Gedrucktes und Ungedrucktes von Werken, Schriften, Arbeiten und Vorarbeiten von mir ausging; wo alle Tagebücher zu Haus und in der Fremde, alle Fragmente und, was mehr ist, seit gewissen Jahren sämmtliche an mich erlassene Briefe und die bedeutendsten von mir ausgegangenen in einigen Schränken aufbewahrt sind.

Mit dieser Anordnung und mit einem vollständigen Verzeichniß ward ich bey meiner Rückkehr überrascht, und ich verhandle nun mit meinen älteren und jüngeren Freunden, wie davon Gebrauch zu machen seyn möchte und wie, wenn ich auch abgerufen würde, doch nichts verloren seyn dürfte. Von allem nähere Kenntniß zu geben mir zunächst vorbehaltend.

Ein Theil des Winters wird auf alle Fälle diesem Geschäft gewidmet, welches wir auf einen hohen Grad von Vollständigkeit und Sicherheit zu bringen gedenken. Ohne daß ich Nahmen ausspreche, ist vorauszusetzen, daß Hofrath Meyer und Professor Riemer, die vieljährigen Mitarbeiter, mir immer zur Seite sind.

[159] Der Wunsch fortdauernd-welchselseitiger Theilnahme entschuldigt wohl die Umständlichkeit gegenwärtigen Schreibens.

gehorsamst

Weimar den 8. September 1822.

J. W. v. Goethe.


36/118.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Sie erhalten, theurer, verehrter Freund, hiebey das für des Herrn Staatsministers von Altenstein Exzellenz bestimmte Exemplar der bewußten beiden Bände. Drücken Sie, da ich kein Schreiben hinzufügen mochte, auf das schicklichst-lebhafteste meinen Dank aus für vieljährige Theilnahme und für Förderniß der letzten Zeiten.

An Ihrem werthen Briefe ergötz und erquick ich mich immerfort.

Nächstens schreibe mehr und gebe Nachricht von höchst interessanten jungen Männern und ihren Arbeiten.

Von Henning hat sich noch nicht wieder gemeldet, ich bin bereit ihn zu empfangen, auch ihn mit Wort, Schrift und Geräthschaft auszustatten.

Einige gute Kupfer habe ich die letzte Leipziger Auction doppelt erhalten; sobald alles eingeordnet ist, sende das Verzeichniß zur Auswahl und frage zugleich an, welche Blätter von Mantegna's Triumphzug Ihnen fehlen? vielleicht kann ich mit einem und[160] dem andern aushelfen. Lassen Sie unsern Briefwechsel eine Zeitlang, mit Vorsatz, lebhaft bleiben; eine Pause stellt sich doch, eh' man sich's versieht, zufällig wieder ein.

Tausend Lebewohl und Grüße von mir und den Meinigen!

treu anhänglich

Weimar den 10. September 1822.

G.


Noch füge ich folgende Fragen hinzu:

1) Haben Sie die vier Hefte Morphologie und Wissenschaft bekommen?

2) Auf welches Papier sind die ersten?

Das letzte schickte auf Druckpapier der Eile wegen; senden Sie mir solches zurück, so gleiche ich den Umstand aus; senden Sie mir sie alle, so schicke ein gebundenes Exemplar.


36/119.


An Ernst Heinrich Friedrich Meyer

Ew. Wohlgebornen

freundliches Schreiben bewillkommte mich sehr angenehm bey meiner Rückkunft aus Böhmen.

Die Recension von Nees von Efenbecks Botanik nahm ich mit auf die Reise, sowohl um selbst sie näher zu betrachten, als auch sie dem Herrn Grafen Sternberg vorzulegen. Mit diesem höchst merkwürdigen[161] Manne bracht ich vierzehn Tage in Marienbad zu; er nannte mir Ihren Namen, freute sich Ihrer Correspondenz und gab gedachte Recension so wie die Betrachtung Ihrer Denkweise eine höchstwerthe Unterhaltung. Ich sah ihn nachher auf seiner Durchreise nach München in Eger, begleitet von den Herren Berzelius und Pohl, und fand mich auf gar mancherley Weise bey meinem zehnwöchentlichen Aufenthalt in Böhmen gefördert und erquickt.

Soviel für dießmal in dankbarer Anerkennung des unmittelbar und mittelbar an mich Gelangten! Mehr kann ich nicht, in dem Augenblicke großen Zudrangs, erwidern. Lassen Sie mich das einzige sagen, worin wir im Ganzen zusammen treffen; die Wissenschaft, anstatt sich in die Mitte zu stellen zwischen Natur und Subject, geht darauf aus, sich an die Stelle der Natur zu setzen, und wird nach und nach so unbegreiflich als diese selbst. Will nun der unbewußte Mensch hier sich in Worten aussprechen, so haben wir den traurigen Mysticismus der das Labyrinth verwirrt.

Verzeihen Sie daß ich, um nur nicht zu schweigen, allzu wenig sage; lassen Sie mich von Ihren ferneren Arbeiten gelegentlich wissen. Mit der fahrenden Post gehen die zwey Bände meiner Bemühungen um die Natur an Sie ab: ich hoffe, Sie werden nichts Ihrer Sinnesweise Widersprechendes darin finden, wäre es aber, so bemerken Sie es mir ja. Nach allen Ihren[162] Äußerungen überzeuge ich mich, daß Sie auf dem rechten Standpunct beharren. Möge doch Ihr Wirken auch mir noch lange zu Gute kommen.

treulich theilnehmend

Weimar den 10. September 1822.

Goethe.


36/120.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, beykommenden alten, aber hoffentlich nicht veralteten Aufsatz durchlesen, beachten und mir Ihre Bemerkungen gönnen. Zugleich wünschte Titel und Überschrift, die ich jetzt so wenig als vormals zu finden wüßte. Merkwürdig war mir die Vergleichung mit der Henning'schen Schrift; diese sieht aus wie eine entfaltete Blume gegen unbehilfliche Kotyledonen. Die wenigen Handschriften sind von Schiller, der solche Äußerungen mit der Kantischen Philosophie in Einklang zu setzen suchte.

Mit den treusten Wünschen.

Weimar den 10. September 1822.

G.


36/121.


An Carl Friedrich Zelter

Zwar hätt ich gewünscht daß der werthe Freund seine Doris abzuholen gekommen wäre, denn es gibt doch in dieser wunderlichen Welt gar manches zu besprechen;[163] da er aber außen blieb, so sey er hiedurch schönstens gegrüßt, wie auch die gute Doris die uns stündlich lieber geworden.

Möge die Abschrift den Freund an seine heitere Reise frisch erinnern und ihm den Dank bringen, daß er auf derselben so liebenswürdig unserer gedacht hat. Seit meiner Rückkunft muß ich sehr geschäftig seyn, davon denn dir auch Zeit nach Zeit einiges mitgetheilt wird. Versäume nicht das Gleiche zu thun; die Stunde fällt immer schneller wie der Stein im Fallen.

Da du nichts als Vernünftiges unternimmst, so möge die alles gelingen.

Herr von Henning, mein chromatischer Gehülfe, ist angekommen, ich darf hoffen, manches Gute soll gut gefördert werden.

treulichst

Weimar den 16. September 1822.

G.


36/122.


An Johann Jacob von Willemer

Überbringern dieses, Herrn Ober-Baudirector Coudray, werden Sie nach Ihrer gewohnten guten Art gewiß freundlich empfangen und nach kurzen Augenblicken werth- und hochschätzen. Er kann von mir gar manches erzählen, indem er zu den Hausfreunden gehört die meine herkömmliche Einsamkeit in Abendstunden[164] erheitern. Nehmen Sie herzlichen Dank für Ihre letzten Briefe, worauf nächstens treuliche Erwiderung folgen soll; auch lassen Sie den werthen Mann nicht ohne Auftrag an mich zurückgehen.

treulichst

Weimar den 18. September 1822.

G.


36/123.


An Carl Friedrich Heusinger

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

histologisches erstes Heft hat mich zwar nicht eigentlich überrascht, weil ich von Ihren Verdiensten genugsam überzeugt war, allein es ist doch ein Unterschied zwischen Erwarten und Schauen; und so mußte mir die unmittelbare Ansicht so viel gewährender und versprechender Leistungen höchst willkommen seyn. Zwar konnt ich nur das Inhaltsverzeichniß und einige Paragraphen der Ausführung bis jetzt mir zueignen, wodurch mir jedoch ein ungesäumtes und anhaltendes Studium schon völlig eingeleitet ist; mich freut höchlich zu erleben, daß eine viele Jahre her mir höchstwerthe Wissenschaft durch jüngere Männer auf diesen hohen Grad von Ausbildung gebraucht sey. Niemand kann daher der Fortsetzung Ihrer Arbeit mit mehrerem Antheil entgegen lebhafter wünschen, daß Ihnen baldigst zum Vortheil[165] der Wissenschaft und zugleich der Menschheit ein geräumiger Wirkungskreis möge eröffnet werden.

Mit wahrer Hochachtung mich unterzeichnend.

Weimar den 18. September 1822.


36/124.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

letzte Sendung hat mich freundlich bey meiner Rückkehr empfangen; vierzehn Tage ward mir das Glück, mit Herrn Grafen Sternberg in Marienbad unter einem Dache zu wohnen, auch sah ich denselben nachher in Eger, wo die Herren Berzelius und Pohl ihn begleiteten, und nun find ich in Ihrer gehaltreichen Sendung eine frühere Correspondenz mit diesem werthen Manne, wo man ihn wie immer auf dem würdigen Standpuncte findet den er lebenslänglich behauptet, sich und andern zu gleicher Wohlthat.

Nach dessen Rückkehr aus Bayern auf seine Güter hab ich ein Schreiben von ihm, woraus ersichtlich, daß der schöne Zweck seiner Reise: die östreichischen und bayerischen Naturforscher zu gemeinsamer Bearbeitung der mitgebrachten Schätze zu bewegen, gewissermaßen erreicht und eine Verabredung getroffen worden, die uns viel Gutes verspricht.

[166] Nehmen Sie den schönsten Dank, auch meiner in Ihrem Schriftwechsel so theilnehmend gedacht zu haben! Dagegen kann ich mich auf das innigste mit Ihrem Vortrag durchdrang und wie Sie zu denken keine Schwierigkeit fand. Meine ganze Aufmerksamkeit geht jetzt dahin, in wie fern besondere individuelle Richtung die Schauenden in der Ansicht und Denkenden in Folgerungen trennt, und zwar solche, die sich in einer Sphäre sämmtlich bewegen und als lebendige Wesen sich bald anziehen und abstoßen.

Sodann sey gestanden daß die Stelle, die Sie zum Schluß Seite 42. 43 mit einiger Scheu einführen, mir sehr zusagte. Die Parallele, die man gar oft vergebens sucht, ist hier höchst schön getroffen; ich wünsche nur daß es mir gelingen möge, den allerliebsten Gedanken rhythmisch auszudrucken und so meine übereinstimmende Theilnahme zu offenbaren.

Dr. Ernst Meyer in Göttingen wird mir täglich lieber; ich fand von ihm bey meiner Rückkehr einen köstlichen Brief, der mich den innern Sinn seiner Recensionen in der Göttinger Anzeigen tiefer fassen läßt. Es ist ein Glück des Alters, daß man größere Lust hat, sich in die Vorstllungen anderer zu finden als sich selbst etwas auszudenken; die historische Neigung nimmt mit den Jahren immer mehr in uns überhand.

Herrn d'Altons Heft: Die Raubthiere war mir[167] gleichfalls eine liebwerthe Erscheinung, die mich, in Gefolg der vorhergehenden Hefte, gar vergnüglich in meine früheren Bemühungen blicken heißt. Er schreibt von einer vorhabenden Reise; mögen Sie mir gefällig melden, ob er noch zu Hause ist und ob ihn eine Sendung erreichen kann; außerdem würde ich Sie ersuchen, mir seine Rückkunft baldigst anzuzeigen.

Dr. Carus in Dresden läßt uns von seinem Werke: Über die Urtheile des Schalen- und Knochengerüstes sehr viel erwarten; es ist ein eigner Mann, der sich des abstracten Organismus so emsig annimmt und zugleich als Landschaftsmahler eine hohe Stufe erreichen konnte. Zarten Seelen ist gar viel gegönnt.

Professor Heusinger in Jena gibt uns in dem ersten Hefte der Histologie eine herrliche Probe seiner nächsten Leistungen.

Uns so liegt denn auch Leopolds von Henning Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen über Goethe's Farbenlehre bey, wobey ich mich denn zu freuen habe, auch in diesem Fache Mit- und Nacharbeiter zu finden.

Möge Nachstehendes Ihnen gleichfalls aus Geist und Herzen geschrieben seyn!

treulichst

Weimar den 20. September 1822.

Goethe.[168]


36/125.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

haben durch Ihr werthes Schreiben mir Hoffnung und Wunsch erfüllt, denn da ich selbst nicht sonderlich mehr mobil bin, so kann mir nichts erfreulicher seyn als wenn Freunde, deren Denkart und Besinnung ich kenne, von ihren Reisebemerkungen, Urtheilen und Gefühlen vertrauliche Mittheilung schenken, und so hab ich denn auch mit großem Vergnügen gesehen, daß Sie genug Gutes und Löbliches von Wien und den dortigen Zuständen zu sagen wissen.

Auch ich war dieses Jahr in Böhmen, fand meine alten Freunde und Neigungen wieder, gewann neue dazu und fühlte mich in diesem Kreise sehr behaglich; auch nahm ich Theil an dem neueinzurichtenden Prager Museum und denke das nächste Jahr an die Fortsetzung einer längst gewohnten Lebensweise.

Betrübt haben mich deswegen Ihre Worte: »Dazu nun das Volk, ich meine die große Masse, in seinem Wohlstande (Böhmen abgerechnet, das es nicht besser haben will, als es hat, und es besser zu haben schwerlich werth ist)«. Ich weiß recht gut, daß dort nicht alles ist wie es seyn sollte; aber Ihre Worte scheinen mir doch zu hart und zu hauptstädtisch; ich darf Sie daher wohl bitten, sich näher zu erklären und[169] mir dadurch Anlaß zu geben, bey meiner Rückkehr in jene Gegenden besser aufzumerken und, da ich meine Neigung nicht wohl aufgeben kann, doch ohne allzu entschiedenes Vorurtheil meine Liebschaften prüfen zu können.

Von Paulus und Johannes wünschte doch auch nähere Schilderung.

Möge Ihnen alles Gute gegönnt und verliehen seyn! Das erste säuberliche Exemplar, das mir vom Buchbinder zukommt, erhalten Sie sogleich, ich darf es Ihrer herkömmlichen, mir so werthen Theilnahme nicht erst umständlich empfehlen.

Es ist mir in dieser Zeit gar vieles Gute begegnet; Herr Dr. von Henning in Berlin hat Vorlesungen gehalten über meine Farbenlehre, ich lege seine Einleitung bey, die wohl für jeden gebildeten Geist verständlich und nicht ohne Interesse seyn möchte.

In Hoffnung baldigen Erwiderns wünsche Ihrer fortwährenden Theilnahme immer versichert zu bleiben.

treulichst

Weimar den 20. September 1822.

Goethe.


36/126.


An Johanna Charlotte Frommann

Die Freude meiner theuren Nachbarin Handschrift zu erblicken war groß, Blättchen und schmackhafte[170] Gaben verkündigten mir Ihre Nähe, alles kam doppelt erwünscht zum Geburtstag meines jüngern Enkels und vermehrte, auf sehr bedeutende Weise, die für ihn ausgebreitete Bescherung. Schenken Sie uns bald das Vergnügen Ihrer Gegenwart, genießen mit uns ein Mittagsmahl vor irgend einer bedeutenden Oper, und lassen mich bis zum fröhlichen Wiedersehn, wo ich gar manches von Süden und Westen her zu vernehmen hoffe, Ihrem lieben Kreise freundlich empfohlen sein.

treulichst

Weimar 21. Septbr. 1822.

J. W. v. Goethe.


36/127.


An Gottfried Bernhard Loos

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

freundlichst zu begrüßen, mich der angenehmen Stunden in Böhmen und Bayern zu erinnern und von Ihrem Wohlseyn Erkundigung einzuziehen, findet sich so eben Gelegenheit.

Bey einigen meiner Sorgfalt untergebenen öffentlichen Anstalten kommt man in den fall, kleine Prämien auszutheilen, welches denn gewöhnlich durch Medaillen geschieht; die bisher ausgetheilten vergreifen sich nach und nach und ich wünschte zu erfahren, was für Medaillen von mehr oder weniger Silberwerth in Ihrer Officin zu haben sind. Ein Katalog, der[171] die Gegenstände beschriebe und zugleich die Preise anzeigte, würde mir daher willkommen seyn; dessen gefälliger Sendung ich entgegen sehe und zugleich die Nachricht hoffe, daß die Cur sowohl Ihnen als den theuren Ihrigen wohl angeschlagen.

Mich zu wohlwollenden Andenken empfehlend, habe die Ehre mich zu unterzeichnen.

Weimar den 22. September 1822.


36/128.


An Georg Sartorius

[Concept.]

Wahrhaft erfreulich begrüßte mich das liebe Schreiben mit der gehaltreichen Beyfuge; auch mir ist es oft genug fühlbar, daß wir eigentlich nur in die älteren Verhältnisse eingewurzelt sind und vorzüglich daraus consequente Lebenslust und Auferbauung ziehen; ob ich gleich nicht undankbar seyn darf gegentreffliche Männer, welche mir in den letzten Jahren ihre Neigung zugewendet.

Der überschickte Band, den Sie mit soviel treuem Fleiß behandelt und fortgesetzt, erneuert schon mehrere Abende Ihr Andenken unter uns, indem mein Sohn, Hofrath Meyer und andere freunde sich daran die politischen Ereignisse des letzten Jahrhunderts vergegenwärtigen. Lassen Sie uns auf die Folge nicht zu lange warten und getrösten sich, daß die Anerkennung nicht säumen werde.

[172] In der nur zu großen Pause unseres Briefgespräches ist wohl manches von meinen Arbeiten und Bemühungen zu Ihnen gekommen, woran Sie Theil nahmen und verziehen, daß es nicht unmittelbar gesendet erschien. Indem uns die Jahre vieles wegnehmen, so steigern die Forderungen des Tages; wir sind genöthigt, uns in uns selbst zu concentriren, und werden so nach und nach der Wirkung in die Ferne verlustig. Dabey ist jedoch mein trost, von manchen Seiten zu hören daß, indem ich meiner Freunde bey allen Arbeiten im Stillen gedenke, sie sich oft herausfühlen was unmittelbar an sie gerichtet ist. Möge ich bey solcher Gelegenheit mich Ihrer Zustimmung gleichfalls erfreuen.

Und so will ich aber doch dießmal des Umstandes gedenken, der mich im Augenblicke beschäftigt. Sie erinnern sich wohl noch meiner Farbenlehre, von der Sie vor mehr als zwanzig Jahren, in Gesellschaft eins würdigen Freundes, dem ich mich bestens empfehle, in Scherz und Ernst einiges vernehmen wollten. Diese Chromatik scheint nunmehr nach so langer Zeit endlich zu gedeihen, wie Sie aus der Beylage geneigt zu ersehen belieben. v. Henning ist nun hier, und unter uns wird solche Verabredung getroffen, daß ich mich von dieser lange gehegten Arbeit endlich lossagen und das Weitere einem lebhaften jungen Geist überlassen kann.

Und so denk ich mich nach und nach auch der übrigen Gedanken. und Papierlast zu entledigen, da[173] ich das Glück habe, daß die neuste Generation mehr mit mir im Einklang steht als die mittlere.

So haben Sie z.B. einen Doctor Ernst Meyer bey sich in Göttingen, welchem ich seinen Theil meines Nachlasses durch eine Schenkung unter den Lebendigen zu übergeben nicht nöthig habe, da er auch ohne dieß auf dem Wege, den ich schon längst für den rechten halte, fortschreitet. Können Sie mir gelegentlich etwas Näheres von ihm vermelden, so werde es dankbarlichst anerkennen.

Grüßen Sie zum allerschönsten Gevatterin und Pathen; höchlich erfreut mich Nachricht von diesen vielgeliebten Wesen in neuer anmuthiger Umgebung. Meine Kinder sind gesund, die Enkel munter und erfreuen sich in dieser Jahreszeit noch des freyen Gartenlebens. Möge uns noch einiges Gute auf Erden friedlich gegönnt seyn, auch dürfen wir auf ein diesseitiges frohes Wiedersehen niemals völlig verzichten.

W. d. 26. Sept. 1822.


36/129.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Da sich, mein Werthester, die Anstellung des Dieners nunmehr entschieden hat, so ersuche ich Sie Sonntag herüber zu kommen, damit wir uns wechselseitig aufklären und das nöthige besprechen können.

Dem Freunde viele Grüße!

Weimar, d. 26. Septbr. 1822.

G.[174]


36/130.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

zum allerschönsten begrüßend, ersuche Dieselben um Diplome für nachverzeichnete würdige Personen, welche der Mineralogischen Societät zur Ehre und Vortheil gereichen werden.

Graf Auersperg auf Hartenberg, Exzellenz,

Polizeyrath Grüner zu Eger,

Bergmeister zu Falkenau Ignaz Lößl,

Fikentscher Sohn, Chemiker in Redwitz.

Mit dem aufrichtigen Wunsche, daß Sie Ihrer Säcularfeyer gesund und frohgemuth mögen entgegen gehen.

Was sagen Sie zu Herrn Sorets Einsicht in das Mineralreich, besonders in die Krystallographie? Von einem solchen Mitarbeiter können wir uns viel Gutes versprechen.

ergebenst

Weimar den 28. September 1822.

J. W. v. Goethe.


36/131.


An Franz Kirms

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

danke zum allerschönsten für die geneigte Leitung des neusten Geschäftes und empfehle mich bey Rücksendung[175] des Mitgetheilten zum ferneren wohlwollenden Andenken. Dürft ich zugleich ersuchen, meinen Sessel, welcher noch in der Loge steht, mir durch einen Ihrer Theatergeister zurückschicken zu lassen oder Befehl zu geben, daß derselbe mir verabfolgt werde?

[Weimar, Ende September 1822.]


36/132.


An Otto Christoph Freiherrn von Budberg

[Concept.]

[2. October 1822.]

Ew. Hochwohlgeboren

zutrauliche Sendung habe ich mit Vergnügen durchgesehen; möge das löbliche Unternehmen glücklich zu Stande kommen. Zwar ein Vorwort kann ich nicht zusagen, doch wird zunächst in Kunst und Alterthum Gelegenheit seyn, auch Ihrer Bemühung zu gedenken. Denn es ist mir vorzüglich angelegen, von solchen Dichtern zu handeln, welche von der Natur ausgehen oder zu ihr sich zurückzuwenden; unter welchen letztern unser Hebel, um dessen Verbreitung Sie sich so verdient machen, gewiß den ersten Platz einnimmt.

Verzeihen Sie der Kürze und erhalten mir ein wohlwollendes Andenken.

Weimar den 23. September 1822.[176]


36/133.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgebornen

danke zum allerschönsten für das übersendete Büchlein; die Geschichte der Mineralogie, in der Sie selbst eine bedeutende Stelle einnehmen, ist ein recht würdiges Angebinde zu Ihrem in höchster Thätigkeit erlebten Jubelfeste.

Ihre große Gabe, sich mit aller Welt in Verhältniß zu setzen uns sich in gutem Vernehmen zu erhalten, werde immerfort wie bisher durch reichliche Sendungen belohnt! Niemand kann größeren und aufrichtigeren Antheil daran nehmen als ich, der Sie so lange und ununterbrochen hat wirken sehen.

Die gewünschten Diplome bitte mir zu übersenden, da ich sie portofrey nach Böhmen schaffen kann, wo die Posten, sobald das Gesandte die gewöhnliche Briefform, nicht ganz bescheidene Forderungen machen.

Haben Sie zugleich die Gefälligkeit mir zu sagen, wofür beyliegendes Gestein zu achten sey; deutet denn wohl daran etwas auf Silbergehalt?

Das Beste wünschend, Zufriedenheit und Freude bey dem bevorstehenden Nachfeste!

ergebenst

Weimar den 2. October 1822.

J. W. v. Goethe.[177]


36/134.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gegenwärtig zu begrüßen sehe mich dadurch veranlaßt, daß ich zu erfahren wünschte: ob Herr von Cotta jenen Vorschlag angenommen und mir unsere Hefte künftig zu sechs Bogen ausgeben können. Da Kunst und Alterthum sich rasch vorwärts bewegt, so wünschte deshalb meine Einrichtung zu treffen und dem sechsten Bogen einen schicklichen Abschluß zu bereiten. Haben Sie die Gefälligkeit, mich hierüber bald zu vergewissern, und bleiben von meiner unveränderlichen Theilnahme und Unabhänglichkeit überzeugt.

Weimar den 2. October 1822.


36/135.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hierbey, mein Werthester, den Eschenburger Katalog, ingleichen das zweyte Heft der Schützeschen Morphologie. Sie werden solche gern durchlesen; ich bitte mit dem Bleistift in der Hand Stellen anzustreichen, die den Sinn des Ganzen aufhellen und vielleicht mitzutheilen sind. Freylich versirt der Verfasser mitunder in düstern Gegenden, wohin zu folgen mir ganz unmöglich ist.

Gruß und Wunsch.

Weimar den 2. October 1822.

G.[178]


36/136.


An Theobald Renner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen, daß der benannte Gottlieb Metius sich mir vorgestellt und ich gegen seine Persönlichkeit nichts zu erinnern gefunden; deshalb denn derselbe nunmehr förmlich zu präsentiren wäre.

Auch genehmige vorläufig die Gratification für den Studiosus Schmidt von funfzig rh. und werde nach eingegangenen schließlichen Bericht das weitere Nöthige verfügen. Wie man denn auch den Vorschlägen zu Erhöhung des Flores unserer Veterinäranstalt mit Erwartung entgegen sieht, um durch Berücksichtigung derselben das Mögliche ungesäumt beyzutragen.

Mit dem Wunsche, Dieselben bald wieder einmal in Weimar zu begrüßen.

Weimar den 9. October 1822.[179]


36/136a.


An N.N.

Ew. Hochwohlgeb.

hätte heute zu sprechen gewünscht, um auseinander zu setzen warum ich auf die vorgeschlagne Verhandlung wegen des Portaits nicht eingehen darf. Soviel nur vorläufig, baldigst das mehrere.

gehorsamst

W. am 10. Octbr. 1822.

Goethe.[51]


36/137.


An Joseph Sebastian Grüner

Glück auf! – – Also darf ich Ew. Wohlgeboren in Gefolg vorstehender Analyse gar wohl zurufen; es ist ein höchst merkwürdiges Vorkommen von gediegenem Silber, und ich bin sehr neugierig, das Nähere zu erfahren. Haben Sie ja die Güte, mir baldigst wissen zu lassen, was die nächste Gebirgsart sey, und wie[179] dieses schwarze mulmige Wesen entweder gangartig oder vielleicht nur in einer Mulde eingeschoben erscheint. Können Sie mir gelegentlich noch einige Exemplare dieses Minerals selbst so wie der Gebirgsarten aus der Umgegend zuschicken, so werden solche zu näherer Betrachtung Anlaß geben. Ist es erlaubt, wie der Chemiker wünscht, den Fundort öffentlich bekannt zu machen, oder wollen die Interessenten die Sache noch geheim halten? Hierüber erbitte mir baldige gefällige Nachricht.

Wie oft und wie dankbar ich mich Ihrer freundschaftlichen Aufnahme, Ihres treuen Geleits und aller durch Ihre Sorgfalt genossenen Vortheile mit Kindern, Freunden und Bekannten erinnere, ermessen Sie selbst, wenn meiner und meiner treuen Anhänglichkeit gedenken.

Sobald ich nur einigermaßen zur Besinnung komme, so werde ich meiner böhmischen und bayerischen freunde auch gedenken. Alle bitte gelegentlich schönstens zu grüßen. Von Redwitz erhielt eine sehr interessante Sendung, deren Ordnung und Einrangirung mich noch immer beschäftigt.

Der gefundene Zahn bleibt allerdings sehr bedeutend. Das neueste Werk von Cuvier: Recherches sur les ossemens fossiles nouvelle édition 1821, ist deshalb nachzusehen, und zwar die Seiten 266, 267 und 268, wo zweyer europäischer Mastodonten, welche kleiner schienen als die ausländischen, gedacht wird.[180] Auf den vier zu diesem Texte gehörigen Tafeln stehen mehrere Zähne abgebildet, dem böhmischen höchst ähnlich. Auch ist zu bemerken, daß der in Frankreich gefundene in einem Süßwasser-Kalkbruch lag, wo versteinerte Schalthiere nicht fehlten.

Leben Sie tausendmal wohl und gedenken mein mit den lieben Ihrigen, bis uns ein guter Stern wieder zusammenführt.

treulich ergeben

Weimar den 12. October 1822.

J. W. v. Goethe.


36/138.


An Johann Georg Lenz

Indem ich Ew. Wohlgeboren zu dem neu eröffneten schönen Verhältniß Glück wünsche und den mitgetheilten Brief zurücksende, ersuche Dieselben, mir die mitgetheilten unscheinbaren Mineralien wiederzuschicken.

Ich hoffe nächstens bedeutendere Exemplare, nicht weniger eine genauere Anzeige des Vorkommens, wodurch [für] Sie das Mineral erst merkwürdig wird.

Das Beste wünschend.

ergebenst

Weimar den 12. October 1822.

Goethe.[181]


36/139.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

beykommende Blätter unterthänigst mitzutheilen kann ich mir nicht verwehren; sie lassen uns gar viel Schönes hoffen: erst die reichen Mittheilungen naturgeschichtlicher Gegenstände, sodann die unübersehlichen guten Folgen gemeinsamer Arbeiten unserer Forscher. Man ist auf dem Wege einzusehen, daß die Wissenschaft ein allgemeines Vaterland ist. Des Grafen Sternberg Bericht wird Ew. Königliche Hoheit um desto mehr interessiren, als Höchst Dieselben selbst vor kurzem an Ort und Stelle die fraglichen Gegenstände und Verhältnisse beobachten könnten. Möge das Resultat auch Höchst Denenselben zu Freude und Zufriedenheit gereichen.

[Weimar] 14. Okt. 1822.


36/140.


An die zur Anordnung der LenzischenJubelfeier ernannte Deputation

[Concept.]

Wohlgeborne

insonders hochgeehrteste Herrn!

Ew. Wohlgeboren gefällig an mich erlassenes Schreiben begegnet meinem innerlichsten Wunsch, auch[182] an der Jubelfeyer unseres verdienten Herrn Bergrath Lenz persönlich Theil zu nehmen; um desto mehr schmerzt es mich, daß ich nicht, Ihrer verehrlichen Einladung zu Folge, bey schwankender Gesundheit, an dem bestimmten Tage zu erscheinen darf.

Mich zu entschuldigen und an meiner Stelle den aufrichtigsten Glückwunsch auszusprechen, werde meinen Sohn zu senden nicht ermangeln, den ich, nebst einigen von ihm einzuführenden Freunden, geneigt aufgenommen zu sehen hoffen darf.

Zu geneigtem Andenken mich angelegentlichst empfehlend, mit vorzüglicher Hochachtung mich unterzeichnend.

Weimar den 17. October 1822.


36/141.


An Friedrich Theodor von Müller

Mit Bitte, die Adresse an die schöne Dame zu besorgen und viele Empfehlungen hinzuzufügen. Desgleichen an Herrn Professor Arnold.

Weimar den 18. October 1822.

G.


Die Vornamen der Frau v. Spiegel und Generalin Kapp wünschte zu erfahren.[183]


36/142.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

geruhen durch einen gnädigen Blick auf beykommende Hefte Sich geneigt zu überzeugen, wie das belebte Bibliotheksgeschäft immer seinen gemessenen Schritt fortgeht. Das Interesse an diesen Tagebüchern wird mit den Jahren wachsen und die Bedeutung derselben am deutlichsten hervortreten, wenn eine Geschichte dieser Restauration auszuarbeiten ist, welches im Verlauf des nächsten Jahres gar wohl geschehen kann; denn das Ordnen und Aufstellen nach allgemeinen Fächern ist, laut des Güldenapfelischen Tagebuchs, am 21. September vollendet worden, worauf denn das Beziffern, Bezeichnen und was sonst der Katalogirung noch vorausgehen muß, sich nach und nach im Verlauf der nächsten Monate erledigen wird.

Möchten Höchst Dieselben uns gelegentlich einige Vortheile zuweisen, so würde es dankbar zu erkennen seyn: denn es ist bisher nicht allein der beschleunigte Geschäftsgang, sonder auch manche bedeutende, nicht zu verspätende Baulichkeit geleistet worden. Die ganze Angelegenheit jedoch darf Höchst Deroselben Theilnahme, deren sie sich bisher erfreut hat, wohl nicht empfohlen werden.

Weimar den 22. October 1822.[184]


36/143.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Erbgrosherzoginn,

gnädigste Fürstinn und Frau;

Ew. Kayserl. Hoheit an diesem heitern Tage nicht aufzuwarten schmerzt mich um so mehr als ein körperliches Misbehagen Höchstdieselben abhält; möge das Übel aufs baldigste vorübergehen und ich der erquickenden Gegenwart nächstens wieder genießen!

Unserm theuren Herrn Erbgrosherzog werde einen kurzen Aufsatz vorlegen und einhändigen, zu Anleitung anderer, die, nach HöchstIhro Wunsch und Willen, die Oberaufsichtlichen Geschäfte in Weimar und Jena erläutern und interessanten Gesprächen Veranlassung geben könnten.

Mit verpflichtetstem Dancke für vorläufige gnädigste Genehmigung; Verehrungsvoll

unterthänigst

Weimar d. 24. Octbr. 1822.

J. W. v. Goethe.


36/144.


An Johann Georg Lenz

Beykommende Mineralien, eine bedeutende Suite von Schweizer, Savoyschen, Bündnischen Producten darlegend, eingeschlossen wichtige Exemplare von der Insel Elba, wünsche ungetrennt, zu Ehren des Gebers[185] und des heutigen Tages, in der Suitensammlung aufgestellt zu sehen, an guter Stelle und mit einem ausdrucksvollen Täfelchen. Glück auf!

Möge der heutige Tag noch viele frohe, gute, thätige Jahre verkündigen.

treulichst

Weimar den 25. October 1822.

Goethe.


36/145.


An Breitkopf und Härtel

[Concept.]

[27. October 1822.]

Des Herrn Grafen v. Bucquoy Ideelle Verherrlichung des empirisch erfaßten Naturlebens, zwey Bände, durch Vermittelung der Herrn Breitkopf und Härtel zu Leipzig erhalten zu haben, bescheinige dankbar und empfehle mich zugleich dem verehrten Herren Verfasser auf das angelegentlichste.

Weimar den 23. October 1822.


36/146.


An Carl Ernst Schubarth

Ihr nach einer langen Pause meinem Wunsch gemäß an mich gelangtes Schreiben erfreut mich, mein Werthester, als ich daraus persönliche Gesundheit und angenehmen häuslichen Zustand zu ersehen glaube, ob mich gleich die Unentschiedenheit Ihrer[186] äußeren Lage in Sorge setzt. Die dortigen Verhältnisse kann ich freylich aus der Ferne nicht beurtheilen, ja es möchte schwer seyn selbst bey einem längern Aufenthalt in Berlin, sich davon einen deutlichen Begriff zu machen. Alle meine Wünsche für Ihr Wohl sind Ihnen immer zur Seite.

Wirkung in die Ferne durch briefliche Unterhaltung wird mir immer schwerer, und ich muß wünschen daß abwesende Freunde mögen recht ernstlichen Theil nehmen an dem, was ich gedruckt mittheile, und, weil sie mir immer gegenwärtig sind, sich dasjenige auszuheben geneigt wären, was sie an sich gerichtet fühlten. Im laufenden halben Jahr werden abermals einige Hefte erscheinen.

Wollen Sie mir von Zeit zu zeit vertrauen, womit Sie sich beschäftigen, so werde ich solches gewiß mit Antheil vernehmen.

Herrn von Hennings Einwirken in meine Farbenlehre mußte mich freylich sehr erheitern; ich kann einem jungen frischen Manne ein Geschäft übergeben, das lange auf mir lastet, und mit mehrerer Freyheit doch noch manche Stunden dazu widmen und meine Forschungen fortsetzen.

Mein Aufenthalt in Böhmen hat mir dieses Jahr sehr wohl gethan, große Mannichfaltigkeit des Interesses ohne Zerstreuung ist mir geworden; Bewegung, fremde Gegenstände haben Körper und Geist aufgeregt; die Naturbetrachtung ja näher beide.

[187] Soviel für dießmal; Herrn Geh. Ober-Regierungsrath Schultz, dessen Trefflichkeit Sie mit wenig Gleichnißworten schildern, meine besten und angelegentlichsten Empfehlungen; das innige Verhälniß, das Sie so herzlich ausdrucken, läßt mich für Ihr Daseyn und ungetrübte Wirkung das Beste hoffen.

Leben Sie wohl, grüßen Sie die Ihrige und schweigen nicht wieder so lange.

treulichst

Weimar den 28. October 1822.

Goethe.


36/147.


An Joseph Sebastian Grüner

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrtester Herr!

Schon seit meinem Hierseyn, wo ich mich täglich, theils im Stillen für mich, theils mit den Meinigen der angenehmen und nützlich verlebten Wochen erinnere, die mir abermals in Ihrem Umgange gegönnt waren, überleg ich mir, welches von den vielen mineralogischen Lehrbüchern Ihnen zu Ihren Zwecken am förderlichsten seyn könnte, und ziehe das unseres Bergrath Lenz, der in diesen Tagen sein funfzigtes Lehrjahr feyerte, allen andern vor.

Sie finden darin die sämmtlichen bisher bekannt gewordenen Mineralien in faßlicher Ordnung, den gewöhnlichsten Namen voran, hernach Synonyme in verschiedenen Sprachen, die äußeren Kennzeichen, den[188] chemischen Gehalt, den Ort des Vorkommens und den Gebrauch zu nützlichen Zwecken. Die sorgfältigen Register erleichtern das Aussuchen, und so bin ich überzeugt, daß Ihnen das Werk so nützlich werden wird wie mir, der ich, wie in den frühern Ausgaben, also auch um so mehr in dieser letztern einen hinlänglichen Unterricht fand. Möge ich bey glücklichem und fröhlichem Wiedersehen Ihre reich angewachsene Sammlung nach diesem System geordnet finden!

Beyliegendes Werk über die Kartoffeln bitte Herrn Grafen Auersperg mit meiner gehorsamsten Empfehlung einzuhändigen; die unvergleichlichen Spitzenmuster gaben mir schon öfters Gelegenheit, unsere hohen und lieben Damen, wie ich voraussah, zu unterhalten. Und so schließe mit einem herzlichen Lebewohl und mit vielen Grüßen an die lieben Ihrigen.

Das Packet Bücher erfolgt mit der nächsten fahrenden Post.

treulichst ergeben

Weimar den 29. October 1822.

J. W. v. Goethe.


36/148.


An Carl Christoph Friedemann Traugott Goebel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch die genaue Analyse des merkwürdigen Minerals einen besondern Dienst erwiesen. Den Fundort[189] gebe ich an, wenn ich von den Interessenten nähere Bestimmung erfahre und Erlaubniß erhalte. Anbey kommen abermals zwey Körper zu geneigter Untersuchung.

Vorerst wünschte man den Eisengehalt des metallisch durchdrungenen Holzes zu erfahren; sodann liegt ein Pulver bey, welches, mit Kalk vermischt, einen sehr vorzüglichen Steinkitt liefern soll, wovon Sie das Weitere in einer beyliegenden, zurückgewünschten Anzeige finden werden. Wenn man solchen arcanis durch chemische Analyse sich auch nur einigermaßen nähert, so ist schon viel gewonnen und ich übergebe solches daher Ihrer einsichtigen Behandlung.

Das Beste wünschend und an den Fortschritten Ihrer Studien und Thätigkeiten aufrichtigen Antheil nehmend.

Weimar den 30. October 1822.


36/149.


An Eduard Joseph d'Alton

Ew. Hochwohlgeboren

wieder zu Hause wissend, übersende das gewünschte Bild; möge es eine dankbare Anerkennung ausdrücken, was ich Ihnen früher oder später schuldig geworden. Die so köstlich gearbeiteten Raubthiere regen neuerdings mein Interesse für das bedeutende Studium, wobey mir auch die neue Ausgabe von Cuviers[190] Recherches sur les ossemens fossiles gar wohl zu statten kommt.

Nächstens übersende einen vor mehreren Jahren bey Eger gefundenen Backzahn in Gypsabguß; er scheint sich zwischen die kleineren Mastodonten und größeren Tapir zu stellen. Sie werden entscheiden wohin er zu rechnen sey.

Lassen Sie mich, damit dieses Blatt nicht noch länger aufgehalten werde, herzlich Glück wünschen, daß die Ausgabe Ihres unschätzbaren Werkes vollkommen gesichert ist.

Herrn Nees v. Efenbeck danken Sie zum schönsten für die übersendete Folge vom Drachenfels; auch ihm sende in Erwiderung nächstens einiges.

Erhalten Sie mir ein freundliches Andenken und geben mir einige Kenntniß von den Früchten Ihrer letzten Reise.

Die angezeigte Rolle nebst Kästchen folgt mit der fahrenden Post.

Mich mit der aufrichtigsten Theilnahme unterzeichnend.

treulich ergeben

Weimar den 30. October 1822.

J. W. v. Goethe.


Wegen des Backzahns bemerke noch: das Emaille vom schönsten Silbergrau, die innere Ausfüllung von der tiefsten Schwärze, beides porcellanartig glänzend.[191]


36/150.


An Sulpiz Boisserée

Heute nur weniges, mein Theuerster, da es eigentlich nur eine Bestellung ist. Ihro Königliche Hoheit der Großherzog glaubten bisher auf die Sammlung der herrlichen Steindrücke nach Ihren Gemählden subscribirt zu haben, es müßte dieß durch Artaria geschehen seyn; da aber keine Abdrücke angekommen, so unterblieb es wohl. Ich erhielt daher den Auftrag, Ein Exemplar bey Ihnen unmittelbar zu bestellen, und ersuche Sie, mir eine Auswahl recht schöner Abdrücke für Ihro Hoheit zukommen zu lassen. Es wird wohl am besten seyn, wenn Sie gleich dazu ein hübsches Portefeuille machen lassen und solches in einem Kasten, wohlverwahrt, durch die fahrende Post, übersenden.

Mögen Sie Probedrücke von Ihrem Domwerk gleich mit beypacken, oder, weil sie größer sind, auf einer besondern Rolle übersenden, so wird es Ihro Hoheit angenehm seyn; ich besitze nur die Seitenansicht welche ich vorwies. Erblicke ich die sämmtlichen Blätter, so regt sich auch wohl Ihr nur allzulange ruhendes Manuscript. Nach Beschauung sende sie, wenn es verlangt wird, sogleich zurück.

Leben Sie recht wohl mit den lieben Ihrigen und sagen mir bey dieser Gelegenheit auch ein Wort. Meine Arbeiten gehen sachte ihren Gang, an den bekannten[192] Heften wird wieder gedruckt; die schönen Tage waren noch wohl zu genießen, ich hoffe, ununterbrochene Thätigkeit soll mir auch den Winter hinaushelfen.

An Ihren Besuch habe zwar nicht recht geglaubt, die Hoffnung auf denselben aber doch ungern aufgegeben.

treulichst

Weimar den [31.] October 1822.

Goethe.


36/151.


An Johann Heinrich Meyer

Anbey, mein Theuerster, die Münzen von Olbia, selten und merkwürdig durch die Waffenlöcher.

Da bey persönlicher Zusammenkunft oft das Nächste zu besprechen versäumt wird, so frage schriftlich an: ob Sie wohl die Gefälligkeit hätten, Frau von Stein um die Zeichnung von Egmont und Clärchen, zum Behuf lithographischer Arbeit, zu bitten? Bis zu vollendeter Nachbildung gebe eine gleich große Zeichnung an die Stelle, welche alsdann wieder ausgetauscht wird.

Vielleicht sehen wir uns diesen Abend.

Weimar den 1. November 1822.

G.[193]


36/152.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie wohl, mein Theuerster, aus beykommenden Sprüchen etwa soviel auslesen, als nöthig sind um ein paar Octavseiten zu füllen.

Sodann bitte mir zu bemerken, wie der Köcher, worin Bogen, Pfeil und Streitart befindlich, auf den Münzen von Olbia zu sehen, im Griechischen eigentlich heiße; er hat einen besondern Namen. Baldiges abendliches Wiedersehen wünschend.

Weimar den 1. November 1822.

G.


36/153.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

treffendes Urtheil über die Schwarzenbergische Lebensgeschichte unterzeichne unbesehens; dem guten Verfasser fehlt wie so manchen andern wackern Männern jener Staaten eine gewisse ästhetische Bildung, wodurch man in den Stand wird, aus vorliegenden Theilen ein Ganzes zu schließen und abzurunden.

So hat uns denn auch Graf Boucquoi abermals mit ein paar Bändchen beschenkt, deren Inhalt vortrefflich ist und die herrlichen Gedanken mittheilt, die Form aber so wunderlich, daß man sich kaum des Lachens, des Lächelns nicht enthält. Jene sehen[194] durchaus was das protestantische Deutschland hervorbringt und glauben, es sey auch auf ihrem Wege erreichbar. Nach meiner Überzeugung entspringt das große Übergewicht, welches die Renegaten in Wien gewinnen, durch den ästhetischen Vorzug, jeder sieht sie als Musterbilder an, welchen man eifrig nachstreben und sich nach ihnen modeln muß.

2) Eine Passionsblume steht vor mir von der allerwundersamsten Bildung, man kann sie nicht genug ansehen, man ergötzt sich höchlich daran, indem sie die Gedanken verwirrt.

3) Auch nehme mir die Freyheit, eine Sendung von Frege beyzulegen, welche einige Zeit zurückhielt, weil ich vermuthete, man habe sich deshalb unmittelbar an Höchst Dieselben gewendet; da ich jadoch diesen wackern Leuten zu antworten habe, so wollte nicht ermangeln vorerst anzufragen. Die Sammlung mag allerdings kostbar seyn, allein bey dem großen Reichthum des jenaischen Museums möchten wohl nur Doubletten angeschafft werden; auch die orientalischen Münzen liegen, denk ich, zu weit ab von allem Übrigen, was Höchst Dieselben um sich an Merkwürdigkeiten versammelt haben. Nach Höchst Ihro nähere Bestimmung werde meine Antwort an Frege's einrichten.

Und so sey mir erlaubt, einiges in diesen Tagen nachzubringen.

Weimar den 2. November 1822.[195]


36/154.


An Johann Friedrich Blumenbach

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

leider allzu kurzes Hierseyn hat wie immer unsern ganzen Kreis belebt; dagegen erschien das folgende berühmte Marktfest allzu einsam, da wir es nicht abermals mit dem verehrten Freunde begehen konnten. Manches was vernommen und besprochen war, hat gute Früchte getragen, auch die Auferstehungshöhle der wilden Geschöpfe zu wiederholten Scherzen Anlaß gegeben. Mit dem nächsten Postwagen erfolgen die bezeichneten Mineralien; mögen Sie bey Erblickung derselben in Ihrem reichen Kabinette auch unserer freundlich gedenken, die wir in Verehrung und dankbarer Anhänglichkeit lebenslang verharren.

Weimar den 4. November 1822.


36/155.


An Leopold Dorotheus von Henning

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

begrüße durch einen feinen jungen Mann, Dr. Harnier, den mir Frankfurter Freunde zugewendet und der sich einige Zeit in Berlin aufhalten wird. Sie haben ja wohl die Gefälligkeit, einiges zu seinen Gunsten zu thun.

[196] Mein wissenschaftliches Heft geht rasch vorwärts; könnte ich Ihre chromatische Mittheilug bald erhalten, so geschehe mir ein Gefalle. Ihre entoptischen Blättchen dienen mir zu großer Förderniß, denn die beiden ersten einfachsten Versuche gelingen nicht allein vollkommen, sondern ich fand zu neuen und wichtigen Erfahrungen Anlaß; der herrlich klare Himmel trug nicht wenig bey, die wundersamsten Erscheinungen bemerken zu lassen, wovon ich nächstens das Weitere mittheile.

Schließlich nehme mir die Freyheit, Sie mit einem kleinen Auftrag zu belästigen: man verfertigt nämlich in Berlin jene Schleifen von übersponnenem Drahte, womit man die neueren elektromagnetischen Versuche anstellt; möchten Sie mir eine solche verschaffen und baldigst anher senden? Die Auslagen für dieselbe so wie für die allenfalls noch gefällig zu besorgenden Glasplatten bitte zu notire, damit ich solche dankbar wieder erstatten könne.

Möge Ihnen alles zum Besten gereichen.

Weimar den 4. November 1822.


36/156.


An Carl Friedrich Zelter

Durch einen feinen Mann, Dr. Harnier, den mir Frankfurter Freunde zugeführt und welcher sich einige Zeit in Berlin aufhalten wird, begrüß ich[197] dich wieder einmal; mögest du ihn in die Herrlichkeiten deines Reiches hineinhören lassen. Ich bin fleißig an einigen neuen Heften und lasse mir das schöne Wetter in so später Jahreszeit gar wohl gefallen. Mögest du dich angeregt fühlen, mir bald auch wieder von dir einiges vernehmen zu lassen! Und somit allen freundlichen Dämonen empfohlen!

treulichst

Weimar den [6.] November 1822.

G.


Das poetische Manna regnete diesen Sommer sparsam, doch sende nächstens einige Körnlein.


36/157.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgebornen

danke auf das verbindliche, daß Sie den durch Ihre Bemühungen angeschafften Balänenschädel dem osteologischen Kabinett abtreten wollen; die Berechnung der Auslagen findet sich autorisirt hier bey.

Möchten Sie gleichfalls beykommenden Bände freundlich empfangen! Sie haben am Werden derselben treulichen Antheil genommen und manches spricht sich wohl jetzt im Zusammenhange deutlicher aus. Ihr neustes Werk wird die wissenschaftlichen Bezüge, an denen wir uns freuen, gewiß abermals an den Tag legen, wozu ich Glück wünsche.

[198] Von den Insecten in Brandschiefer folgen einige Exemplare bey; die kleineren, zuerst gefundenen Stücke sind die deutlichsten, in den größeren, dieses Jahr erworbenen liegt das Organische nur fragmentarisch und kaum zu entziffern.

Das Beste wünschend und mich zu wohlwollendem Andenken empfehlend.

ergebenst

Weimar den 6. November 1822.

J. W. v. Goethe.


36/158.


An Ignaz Lößl

[Concept.]

Nicht als Äquivalent der so schönen, reichlich verehrten Mineralien, sondern als dankbare Anerkennung Ihrer wohlmeynenden Theilnahme möge die kleine Sendung gelten, welche mit dem nächsten Postwagen an Ew. Wohlgeboren abgeht. Nachfolgendes Blatt bezeichnet die darin enthaltenen Stücke, welche Ihrer belehrenden Sammlung freundlich einzuordnen bitte. Mögen Sie mein dabey mit Neigung gedenken, wie es von mir geschieht, wenn ich in so manchen Fache die schönen Stufen gewahr werde, die ich Ihnen verdanke. Sie erinnern mich zugleich an die lehrreichen und in gar vielfachen Sinne interessanten Stunden, welche bey Ihnen so heiter gestimmt zugebracht habe. Mögen Sie die Ankunft dieser Sendung mir geneigt melden und anzeigen, was Sie zur Vollständigkeit Ihrer[199] Sammlung allenfalls wünschen mögen. Mir kommt so manches vor die Hand welches ich gern fest halte, wenn ich berichtet bin daß es einem Freunde nützlich seyn kann.

Wenn Sie zu gleicher Zeit mir einiges von dem guten Fürnstein vermelden, auch ob er vielleicht mit dem bewußten Gedichte vorgeschritten, so wünsche mich dieß abermals in jene erfreulich zugebrachte Zeit unmittelbar versetzen.

Alles Gute wünschend in Hoffnung nächstjährigen abermaligen Zusammentreffens.

Weimar den 7. November 1822.


36/159.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

empfangen endlich einmal wieder ein Lebenszeichen von einem alten theilnehmenden Freunde, der sich noch immer so mancher heitern lehrreichen Stunden, in Ihrem Umgange zugebracht, sehr gern erinnert.. Mit der nächsten fahrenden Post geht ein Kästchen ab, einige von denen Mineralien enthaltend, welche Sie früherhin wünschten; meine dießjährige Reise nach Böhmen war an geognostischen Kenntnissen und Schätzen nicht genug, an oryktognostischen fand sich geringe Ausbeute, vom Besten erhalten Sie Musterstücke.

[200] Mit der Cur konnt ich zufrieden seyn und wünsche auch von Ihnen zu hören, daß Sie sich mit den lieben Ihrigen recht wohl befinden.

Meine Intention ist daß das Kästchen ganz frankirt zu Ihnen gelange; die Posten aber haben manchmal Einrichtungen unter sich, die diesem guten Willen zuwider sind.

Mit den aufrichtigsten treusten Wünschen.

Weimar den 8. November 1822.


36/160.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey sende, mein Werthester, das angekommene Göttinger Schreiben, nebst beabsichtigter Antwort; wollten Sie die Sache in Überlegung ziehen und mir etwa Sonntag Ihre Gedanken sagen, da ich Montag den Brief wollte abgehen lassen. Die gestrige Unterredung hat indessen schon Klarheit über diesen sonderbaren Fall verbreitet. Ich wünsche, daß beykommender Versuch Ihren Beyfall haben möge!

Weimar den 8. November 1822.

G.


36/161.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Wohlgeborene,

insonders hochgeehrte Herren!

Als Ew. Wohlgeboren vertrauliches Schreiben mit den anliegenden Katalogen erhielt, zweifelte sogleich, daß Ihro Königliche Hoheit auf die vorgeschlagene[201] Acquisition eingehen würden, indem die in Jena vorhandene bedeutende Sammlung mir genugsam bekannt war; dennoch gewahrte ich eine Gelegenheit, um Höchst Dieselben deshalb anzusprechen, da ich denn vernahm daß die Sache unmittelbar an Ihro Königliche Hoheit gelangt und mit Gründen abgelehnt worden sey.

Es thut mir daher sehr leid, daß ich nicht, in Erwiderung so mancher erzeigten Gefälligkeit, auch einen angenehmen Dienst habe leisten können. Beide Verzeichnisse liegen bey, da auch Ihro Kaiserliche Hoheit zum Ankauf der gesammelten Goldstücke nicht geneigt scheinen.

Möchte ich in einem andern Falle glücklicher seyn und Dieselben überzeugen können, wie gern ich mir angelegen seyn ließe, etwas nach Ihren Wünschen vollbringen zu helfen. Der ich mich mit ausgezeichneter Hochachtung zu empfehlen die Ehre habe.

Weimar den 10. November 1822.


36/162.


An Meurer und Baumann

[Concept.]

Durch Ew. Wohlgeboren gefällige Vermittlung ist vor einiger Zeit ein Kästchen mit Mineralien aus Redwitz von Seiten Herrn Fikentschers an mich gelangt, von welchem schon früher die Versicherung erhalten hatte, daß dieselben gern übernehmen würden,[202] auch irgend eine Sendung an ihn zu besorgen. In Gefolg dessen nehme mir die Freyheit Beygehendes zu überschicken, mit Bitte solches nebst anliegendem Schreiben gefällig abgehen zu lassen.

Der ich mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne.

Weimar den 10. November 1822.


36/163.


An Friedrich Christian Fikentscher

[Concept.]

Ihre reiche und höchst willkommne Sendung, mein Werthester, ist seiner Zeit bey mir glücklich angekommen und freut mich doppelt, da sie meine Sammlungen ergänzt und mich zugleich an die schönen Tage erinnert, die ich im Kreise Ihrer werthen Familie zugebracht. Empfehlen Sie mich allerseits und nehmen beykommende Stufen mehr als Zeugniß meiner dankbaren Andenkens als für ein Äquivalent Ihrer bedeutenden Gabe; erinnern Sie sich dabey eines aufrichtig Theilnehmenden der nichts mehr wünscht als in nächstem Jahre abermals einige Zeit in Ihrer Nähe zu verleben und sich einer an der Hand des theoretischen Studiums immer fortschreitenden technischen Thätigkeit als Augenzeuge zu erfreuen.

Weimar den 10. November 1822.[203]


36/164.


An Georg Friedrich Benecke

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrter Herr!

Ew. Wohlgeboren konnten mich nicht bedeutender an die schöne Zeit unserer ersten Bekanntschaft erinnern, da ich in Göttingen freundlichst aufgenommen, unter Anleitung höchst wissenschaftlicher Männer meinen Zweck eifrig zu verfolgen fand.

Auf die gegenwärtige Mittheilung läßt sich nur mit überraschter Beschämung danken. Seit seinem ersten Erscheinen begleitete ich, mit näheren und ferneren Freunden, ja mit Einstimmung von ganz Deutschland und der Welt, jenes charakter-gegründete, gränzenlos productive, kräftig unaufhaltsame, zart-liebliche Wesen auf allen seinen Pfaden. Ich suchte mich mit ihm durch Übersetzung zu identificiren und an seine zartesten Gefühle, wie an dessen kühnsten Humor mich anzuschließen; wobey denn, um nur des letztern Falles zu gedenken, allein die Unmöglichkeit, über den Text ganz klar zu werden, mich abhalten konnte, eine angefangene Übersetzung von English Bards und Scotch Reviewers durchzuführen.

Von einem so hochverehrten Manne solch eine Theilnahme zu erfahren, solch ein Zeugniß übereinstimmender Besinnungen zu vernehmen, muß um desto unerwarteter seyn, da es nie gehofft, kaum gewünscht werden durfte.

[204] Mögen Ew. Wohlgeboren dieses vorläufig dem englischen Freunde mit aufrichtigem Dank für dessen Vermittelung zu erkennen geben, so werden Sie mich sehr verbinden.

Die Handschrift des theuren Mannes erfolgt ungern zurück, denn wer möchte willig das Original eines Documents von so großem Werth entbehrten? Das Alter, das denn doch zuletzt an sich selbst zu zweifeln anfängt, bedarf solcher Zeugnisse, deren anregende Kraft der Jüngere vielleicht nicht ertragen hätte.

Und nun schließe mit Wunsch und Bitte, daß Dieselben ein wohlwollendes Andenken mir immer erhalten mögen.

Ew. Wohlgeboren

ganz ergebenster

J. W. v. Goethe.

Weimar den 12. November 1822.


36/165.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Vielleicht geben Sie mir heute Abend, mein Werthester, einige Notiz von Ihrer gestrigen Ausrichtung. Wobey bemerke daß der abwesende Herr Canzler von Müller bey seiner Rückkunft wohl auch ungesäumt zum Beytritt einzuladen wäre.

Das Beste wünschend.

Weimar den 14. November 1822.

G.[205]


36/166.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Und so mögen denn, dem hohen strategischen Princip gemäß, einige bey mir bisher gepflegte Militärkräfte allsobald abmarschiren.

Hiebey folgt ein noch nicht ganz revidirter Revisionsbogen für Kunst und Alterthum, Mantegna betreffend; mit der morgenden fahrenden Post das Weitere, um Ihren Wünschen und Fragen entgegen zu kommen und zugleich auszusprechen, wie sehr mich Ihre Zuschrift verehrter, theurer Freund, erfreut und angeregt habe.

Tausend Lebewohl!

treulichst

Weimar den 16. November 1822.

G.


36/167.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Hiebey folgt abermals einiger Nachzug mit Bitte freundlicher Empfangs.

1) Das erste Blatt des Triumphes; das zweyte gewünschte, Nr. 7., besitze nicht doppelt, werde dasselbige doch allsobald durchzeichnen lassen, wie denn auch

2) die sorgfältigte Durchzeichnung des eigenhändigen Blatts von Mantegna für Ihre Sammlung beyliegt, wogegen ich mir

[206] 3) eine Durchzeichnung von dem Original-Elephantenzug, Bartsch Vol. XII. S. 235. Nr.12, erbitte. Und so hätte denn jeder von uns wenigstens virtualiter das Ganze beysammen, wovon die rede ist.

4) Beykommende Auszüge erbitte mir im Original oder Copia zurück, da ich diesen Aufsatz zu fördern. Verzeihen Sie dabey die Wiederholung und das Entwurfsartige, und bemerken, wovon Sie noch etwa benachrichtigt zu seyn wünschten.

Hiezu noch nachschriflich:

Können Sie Schubarth bewegen, sich in jene Händel nicht zu mischen, so werden Sie das beste Werk thun; jenes Gezücht heißt Legion, und die Tendenz ist keineswegs ästhetisch oder moralisch, sondern... Sie füllen diese Lücke leicht aus, da sie in gleichen Kampfe begriffen sind. Nur die entschiedenste Affirmation nach allen Seiten hin kann hier frommen, uns und die Unsrigen aufrecht erhalten.

Das wunderbare Bestreben, sich mit einem Autor zu identificiren, such ich nächstens in's Klare zu setzen, um unseren guten Schubarth und einige jüngere und ältere freunde wo möglich, zu bedeuten.

Das Verzeichniß der Kupfer, die ich ablassen kann, erfolgt nächstens; meine Hefte rücken sämmtlich vorwärts, und so denk ich mich, ganz zu Hause bleibend, diesen Winter durchzubringen.

Ihr Herr Schwager besuchte uns gestern auf dem[207] Durchmarsche; die Unterhaltung mit ihm über Ihr Wohlbefinden war allen höchst erfreulich.

Nun noch eine Anfrage, die ich, wenn es mit Schicklichkeit und ohne Beschwerde geschehen kann, gefällig zu beantworten bitte.

Herr Obrist von Eschwege hat eine Sammlung roher Diamanten mit aus Brasilien gebracht; er hat sie in Berlin zum Verkauf angeboten, man ist aber nicht einig geworden. Nun wünschte zu erfahren, was er dafür verlangte, wenn auch nicht, was ihm dafür offerirt worden; sollte Ihr Verhältniß zu Herrn Professor Weiß von der Art seyn, daß Sie ihn darum befragen möchten, so würde dieser vielleicht am besten Auskunft geben können.

Nehmen Sie dieß ja nur als Anfrage und Wunsch; denn ich mache mir doch nach und nach einen Begriff von dem, in seiner großen und reichen Bewegung, doch in's Einzelne gesonderten und getrennten Berliner Elemente.

Ein räthselhaftes Facsimile liegt bey. Geben Sie solches nicht aus Händen! Gedenken Sie mein in daurendem Wohlwollen!

treulichst

Weimar den 17. November 1822.

G.


36/168.


An Johann Jacob von Willemer

Die Ankunft Herrn Andreä's wirkte freundlich auf die ganze Familie, der Knabe freute sich, von[208] seinem Herrn Pathen zu hören, die Tochter fühlte große Lust mit nach Berlin zu gehen, der Sohn wußte auch in's Gespräch zu greifen, indeß der Vater nicht nachließ, sich mit der geliebten Entfernten zu unterhalten, und ein gelehrter Freund sich mit dem wohlunterrichteten Reisenden besprach. Herr Andreä läßt uns Hoffnung ihn bey seiner Wiederkehr zu sehen, und so eben bringt auch Ober-Baudirector Coudray Nachricht von den Frankfurter Freunden, wodurch sie mir denn abermals vergegenwärtigt sind.

Wenn die Beantwortung Ihrer Briefe nicht zu Ihnen gelangt, so ist Schuld daß ich sie alle gleich und wiederholt im Sinne beantworte; der letzte begleitete mich nebst dem bräunlichen Gefährten nach Böhmen und gab zu mancherley erbaulichen Gedanken und Gefühlen Anlaß; da wurden denn zehen Wochen lang düstere und heitere Gegenden durchwandelt, Steine geklopft, mancherley Gutes mit alten und neuen Freunden genossen, bis bey leidlichem Befinden der Rückweg wieder anzutreten war. Gegen Mayn und Rhein sieht es freylich in dem gebirgigen Böhmen etwas trocken aus, doch wußte mit Klugheit beide Länder zu verbinden: gewisse bisher wohlverwahrte Weinflaschen waren mitgereis't, und höchst willkommen die Nachricht von Hause daß indessen wieder Rekruten angekommen.

Das räthselhafte Gefühl, dessen Auslegung Sie von mir verlangen, habe dem erhabenen Bakis vorgelegt,[209] welcher mir darauf eine gleich räthselhafte Antwort ertheilte, wie sie Wort für Wort hier bey folgt.

Das kleine schwarze zierliche Bildchen hat die wundersame Eigenschaft daß, wenn man es treulich und liebreich betrachtet, es augenblicklich nach Entfernung hellglänzend und freundlich als jemals erscheint, deshalb eine wiederholte Betrachtung jederzeit die freundlichsten Augenblicke hervorbringt.

Der von Herrn Andreä bey uns eingeführte Dr. Harnier hat, wie ich veranlaßte, aus Berlin geschrieben, wogegen ich ihm einige Briefe zusendete, ihm bey Freunden eine gute Aufnahme zu bereiten.

Die schöne Witterung, die uns bis jetzt begünstigt, hat die Blumenbeete vor meinem Fenster immerfort bunt erhalten, auch bis jetzt schadete der Frost nicht und sie machen sich in der hellen Sonne recht strack und lustig: gern würde ich, ehe sie ihr Häuptlein biegen, die schönsten Stengel ausbrechen, um auch diese Spätlinge der Theuren zuzusenden, die sich dem Spätherbst so freundlich erwiesen hat und erweis't.

Die übersendeten Stachelköpfe schmeckten fürtrefflich, mir und Freunden, die auf solche hier seit einiger Zeit völlig mangelnden Genüsse ungern Verzicht thun.

Da wir uns denn doch nun einmal an Tafel befinden, so wage ich auszusprechen, ob Sie wohl die Gefälligkeit hätten mir ein paar Krüge des Senfes,[210] wie er in dortiger Gegend mit Most bereitet wird, noch vor eintretender Kälte spediren zu lassen; es ist auch dieses, wie jene Distelfrüchte, eine Erinnerung an frühere Jahre und würde itzt sehr wohlthätig seyn, wenn wir unsere späten Gastmahle durch Ihre Freundlichkeit würzen könnten.

Nach allem diesen scheint es ein wunderlicher Übergang, wenn mir noch von Adelen zu sprechen einfällt, wahrscheinlich weil sie manchmal an unserm Familientische vorlieb nimmt. Es scheint ihr wie Ihnen gegangen zu seyn; denn trotz ihrem Verstand, einem ziemlich unbefangenen Blick und großer Redefreyheit war sie über Mühle und Müllerin sehr lakonisch; welches ich mir jedoch durch Bakis räthselhafte Enträthselung gewissermaßen erklären konnte.

Mögen Sie mir gelegentlich anzeigen, ob Rath Schlosser in Frankfurt und Graf Reinhard von Paris zurückgekehrt sey.

Tausend Lebewohl!

treulichst

anhänglich

Weimar d. 18. Nov. 1822.

G.


[Beilage.]

Da das Ferne sicher ist...[211]


36/169.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

zu dem gestern so schön und herrlich vollbrachten Feste darf ich wohl auch meinem aufrichtigen Glückwunsch darbringen und zugleich den lebhaftesten Dank abstatten, daß Höchst Dieselben mich namentlich daran haben ehrenvoll Theil nehmen lassen, wobey zugleich die Erlaubniß erbitte, in Gesellschaft einiger poetischen Freunde eine frohe Nachfeyer zu veranstalten.

2) Sodann nehme mir die Freyheit, einen Brief von Berzelius beyzulegen, für welchen ich wohl eine beruhigende gnädige Resolution hoffen darf.

3) Die Abbildung des Wellingtonischen Schildes möchte wohl einiger Betrachtung werth seyn; dasselbe, nebst den beiden Säulen von feinem Silber gefertigt, kostete Eilf tausend Pfund Sterlig. Es ward am 16. Februar d. J. dem Herzog überreicht; ohne Lupe ist diese Nachbildung kaum verständlich. Eine genaue Beschreibung lege zunächst im Druck vor.

Weimar den 18. November 1822.[212]


36/170.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

kann sogleich im beykommendem Hefte, welches vielleicht noch sonst etwas Angenehmes enthält, die Beschreibung und Geschichte des Schildes unterthänigst vorlegen, verfaßt von Dr. Noehden. Kenntniß von Inhalt und Absicht wird mit Beyhülfe einer Lupe das Ganze verständlich machen.

Sehr verlangend bin ich zu erfahren, was das dem Bergrath Lenz mitgetheilte schöne Apperçu auf den guten Mann für einen Eindruck machen wird und ob er sich wohl in seinen alten Tagen noch zu milderer Besinnung und zu einer Annäherung an den Gegentheil bestimmen könne.

Weimar den 19. November 1822.


36/171.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Möge, mein Trefflichster, die eigene Arbeit Sie anlächeln und die Nachbarschaft nicht mißfallen. Etwaige Druckfehler bitte anzuzeigen.

Weimar den 25. November 1822.

G.[213]


36/172.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Sie erhalten hiebey, mein werthester Herr Doctor, 14 rh. 20 gr. Courant und zwar 9 rh. 20 gr., worüber die Rechnung zu quittiren wäre, sodann 5 rh. Courant für die Berliner Monatsschrift, worüber aber eine neue Rechnung auszustellen und zu quittiren wäre.

Ferner liegen bey die beiden eingereichten Quittungen autorisirt.

Die Rohrmannische Angelegenheit haben Sie sehr gut beendigt und werden die nöthigen Expeditionen nächstens erfolgen.

Von dem Befinden unseres theuren Freundes geben Sie uns ja bald Nachricht, wir sind alle sehr beunruhigt über den schwankenden Zustand. Grüßen Sie den ganzen lieben Kreis zum allerschönsten.

Weimar den 27. November 1822.

G.


36/173.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Wohlgeboren erhalten hiebey Die autorisirte und von Denenselben zu unterschreibende Quittung von 25 rh. Courant, sodann von Hennings Einleitung zu seinen öffentlichen Vorlesungen über die Farbenlehre, sodann[214] vermelde, daß der große Magnetstein nebst Gestell heute durch den Fuhrmann Schorcht abgegangen. Das kleine Gestell liegt oben auf und wird, wenn dasselbe weggenommen, den Stein selbst an den Stricken herauszuziehen seyn. Ich hoffe daß die vorgesetzten Versuche wohl gelingen mögen, wovon ich mir einige Nachricht erbitte.

Für die übersendete Schleife, den Eschwegit und das Kobaltsalz danke zum schönsten und wünsche, daß Sie Ihren so belehrenden als erheiternden Besuch in den Weihnachtsferien wiederholen möchten.

Ew. Wohlgeboren

ergebenster

Weimar den 27. November 1822.

J. W. v. Goethe.


36/174.


An Johann Carl Wesselhöft

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey Manuscript für den Abschluß des neusten Stückes von Kunst und Alterthum, wobey bemerke daß es wahrscheinlich zu viel ist. Die Ode von Manzoni, welche das Stück auf alle Fälle schließen soll, verlangt sieben Columnen, die Titel viere, beides nähme also schon beynahe den letzten Bogen weg.

Sollte man nun von dem vorhergehenden Texte etwas auslassen, so könnten die Blätter 11 bis 15 wegfallen, welches zu überlegen und mir gefällig anzuzeigen bitte.

[215] Zugleich bemerke, daß zu diesem Hefte ein Kupfer hinzugefügt wird, und ersuche mir Nachricht zu geben, wie viel Abdrücke nöthig sind.

Die Inhaltsanzeige auf den Umschlag sende sobald alles berichtigt ist.

Weimar den 28. November 1822.


36/175.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

erlauben einen abermaligen unterthänigsten Vortrag.

Der Obrist von Eschwege zeigte bey seinem ersten Hierseyn unter andern Schätzen vier längliche Gläser, worin eine Anzahl chrystallisirter Diamanten befindlich, wovon einige besonders in die Augen fielen, so daß der Ankauf derselben wünschenswerth gewesen wäre; allein der Besitzer erklärte, daß dieses eine vorzügliche Sammlung sey, die er für sich selbst erlesen und davon also nichts einzeln ablassen könne.

Er hatte solche auf seiner Reise nach Wien und Berlin mitgenommen und es ward kund, daß an beiden Orten man deshalb im Handel gestanden; doch war man nicht übereingekommen und er brachte sie vollständig wieder zurück.

Nun aber mußte eine nähere Kenntniß dieser Steine immer wünschenswerth seyn, weil nicht leicht eine solche Gelegenheit wieder zu hoffen wäre, sich[216] von einem so wichtigen Naturproduct in dem Grade zu unterrichten, und eine Einsicht in den Werth derselben doch immer einer allenfallsigen Negotiation vorausgehen müßte.

Unterzeichneter hat daher den hier angestellten Genfer Soret zu Rathe gezogen, welcher in dem Hauy'schen, besonders die Crystallographie beachtenden System von Jugend auf unterrichtet und darin sehr bewandert ist. Man ging zusammen die sämmtlichen Edelsteine, an Zahl zweyundvierzig, durch, und es fand sich, daß wirklich ein Kenner diese Sammlung müsse zusammengebracht haben; da, wie aus beygehender genauer Beschreibung der einzelnen Crystalle sich zeigt, unter den sämmtlichen Stücken kaum eine Wiederholung vorkommt, sondern alle und jede in größter Verschiedenheit theils schon bekannte und beschriebene Crystallisation, darbieten, theils aber auch bisher den Crystallographen noch unbekannte merkwürdige Bildungen vorzeigen.

Hierüber ist nun das beyliegende ausführliche Protokoll geführt, woraus hervorgeht, daß siebenundzwanzig Stücke wegen der Gestalt, die übrigen wegen der Farbe bedeutend sind und daß also das Zusammenbleiben dieser Gebilde höchst wünschenswerth und der Ankauf des Schatzes zu so vielen andern nicht unräthlich sey.

Es kommt nun hauptsächlish darauf an, welchen Werth Ew. Königliche Hoheit selbst auf diese Acquisition[217] zu legen geruhen, indem bey wiederholter Rücksprache der Besitzer von dem Preise der hundert unddreyßig Louisdor abzugehen nicht vermocht werden konnte.

Würden aber die in Höchst Ihro Besitz schon befindlichen crystallisirten und farbigen Diamanten hinzugefügt, so wäre freylich ein nicht leicht gesehener Schatz zusammengebracht.

Unterzeichneter, der mit sich selbst in Zweifel ist, ob nicht Liebhaberey zu diesem Fache ihn die vorliegenden Gegenstände zu überschätzen veranlasse, übergibt das Ganze höchster Beurtheilung und gnädigster Entscheidung.

unterthänigst

Weimar den 29. November 1822.

J. W. v. Goethe.


36/176.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Für so manches Gute und Schöne, welches zeither von Ihnen erhalten und vernommen, danke nur vorläufig im Allgemeinen und frage in sehr gedrängter Stunde nur über Folgendes an.

Sie sagen in Ihrem Briefe: »Neess in Frankfurt ermahnt, ja er bittet zu versuchen, ob nicht geschlossene Ketten von Magneten im Act der Schließung elektrochemische Erscheinung geben?« Nun ergeht meine[218] freundlichste Anfrage: ist hierüber etwas gedruckt? und wo zu finden? oder wie wäre sonst hievon Kenntniß zu erlangen? Es interessirt dieses mich und eine Societät, die nicht ohne Mittel ist, dergestalt daß wir wohl etwas dafür thun möchten.

Lassen Sie mich Ihrem theuren Andenken bestens empfohlen seyn.

Weimar den 29. November 1822.


36/177.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

wünschte schon längst einen recht ausführlichen Brief zu schreiben, zu versichern und zu betheuren, wie aufrichtigen großen Antheil ich an Ihrem Feste genommen, wie sehr ich bedauert, dabey nicht persönlich erscheinen zu können. Aber eben weil der Gegenstand zu reich war, so wollte sich die nöthige Fassung und Sammlung nicht finden. Nun aber erleichtern Sie mir diese angenehme Pflicht, indem Sie mir die verschiedenen Briefe, besonders den von Herrn von Hoff übersenden; diesen unterschreibe nun Wort für Wort, ja mit erhöhtem Ausdruck, indem Ihre unschätzbare Thätigkeit mir meinen Wünschen entgegen gekommen und mir so viele und belehrende Stunden gewährt hat. Mögen wir beide, so lange es den höchsten Lenkern[219] gefällt, an diesem schönen Aufbau mit Kraft und Muth vereint fortarbeiten.

ergebenst

Weimar den 1. December 1822.

J. W. v. Goethe.


36/178.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

mit dem wundersamen Pflanzengebilde aufwarten zu können, hatte schon längst die Hoffnung, wozu sich in der neuen Zeit die Furcht gesellte, die eintretende Winterjahrszeit könnte bey'm Transport schädlich seyn; um desto mehr erfreut es mich, diese Naturseltenheit glücklich angelangt und gnädig aufgenommen zu wissen.

Sodann vermelde daß in diesen Tagen ein auserlesenes Exemplar der Poisserée'schen Steindrücke von Stuttgart abgegangen, ingleichen die ersten Musterblätter von den Domkupfern, welche nach ihrer Ankunft sogleich vorzulegen nicht ermangeln werde.

Möge die gegenwärtige akademische Krisis diesem freylich immer etwas fieberhaften Körper zu dauerhafter Gesundheit gedeihen, woran ich nicht zweifle, da man in solchem Falle Veranstaltungen treffen wird, die gewiß für eine geraume Zeit, bis andere Umstände eintreten, höchst ersprießlich sind.

[220] In dem Diamant-Handel bin noch nicht vorgerückt und ersuche, bey dem geringsten Gebot zu verharren, für welches sie denn Höchst Denenselben angenehm seyn könnten.

Zum Schluß unterlasse nicht anzuzeigen, daß der geschickte Glasbläser in Jena und in Döbereiners Haus sich befindet und dem Chemiker wie dem Physiker nützlich, zart und zierlich entgegen arbeitet. Vielleicht haben Höchst Dieselben etwas an ihn zu befehlen oder zu bestellen.

Weimar den 4. December 1822.


36/179.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch die gewandte Eischaltung der komischen modernen Reime in ein antik-classisches Werk abermals bewiesen, daß Ihnen jede Wendung zu Gebote steht, wodurch Sie sich nicht allein als Professor der Eloquenz, sondern als Meister der Redekunst beweisen. Lassen Sie mich bald das Ganze sehen wovon man mir schon soviel Gutes gesagt hat.

Nun erlauben Sie eine Anfrage: man meldet mir daß der Anfang einer ausführlichen Recensionder Schrift von Schubarth: Über Homer und sein Zeitalter an Dieselben abgegangen mit Bitte, solche in die Jenaische Literaturzeichnung aufzunehmen oder[221] solche baldigst zurückzuschicken. Da nun bereits mehrere Wochen vergangen und noch keine Nachricht deshalb eingelaufen, so wünscht man durch meine Vermitellung das Nähere zu erfahren. Dieselben würden mir daher eine besondere Gefälligkeit erzeigen, wenn Sie mir einige Auskunft darüber geben wollten, da es mir schmeichelhaft war aus der Anfrage zu sehen, daß man glaubt ich könne eine günstige Entschließung bey Ihnen bewirken.

Mit dem aufrichtigen Wunsche, daß die unruhigen Tage an Ihnen sonst vorübergehn und sowohl für Sie als für die Universität keine unangenehmen Spuren zurücklassen mögen.

gehörsamst

Weimar den 4. December 1822.

J. W. v. Goethe.


36/180.


An Johann Jacob Lechner

[Concept.]

In dem Katalog einer Auction, welche in Nürnberg am 6. Januar 1823 gehalten soll, finden sich Seite 300 dreyßig Majolika-Schalen aufgeführt, welche allenfalls vereinzelt werden sollen. Nun fragt man an, ob solche nicht vor der Auction und im Ganzen an einen Liebhaber überlassen werden könnten und welchen Preis man allenfalls dafür verlangte?

Mögen Ew. Wohlgeboren mir deshalb baldigst einige Nachricht ertheilen, so werden Sie mir eine[222] besondere Gefälligkeit erzeigen, wie denn hier schon bekannt ist, daß Sie gern und genau die Aufträge von auswärtigen Freunden erfüllen.

Der ich mich bestens empfehle.

Weimar den 6. December 1822.


36/181.


An Gottfried Bernhard Loos

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke verbindlichst für die übersendeten sehr schönen Medaillen, die ein Beweis sind daß Sie das ererbte wichtige Geschäft musterhaft fortsetzen und dadurch glücklich in die großen und bedeutenden Bemühungen eingreifen, die sich in Berlin für die Kunst hervorthun.

Daß Gegenwärtiges später als billig anlangt, ist der Termin Ursache, den Ew. Wohlgeboren Anfangs October bezeicheten, wo eine neue Denkmünze fertig werden würde, den studirenden Jüngling auf der einen, den gekrönten Mann auf der andern Seite.

Wollten Sie nun die Gefälligkeit haben, mir sechs Exemplare und zwar in saubern Kästchen gefällig zu übersenden, so würde den Betrag alsobald dankbar erstatten.

Die vergnüglich und nützlich zugebrachte Zeit in Böhmen schwebt mir gar oft in diesen schönen[223] Wintertagen vor, wobey ich mich denn in heitern Stunden dort gewonnener Freunde mit aufrichtigem Antheil erinnere. Gedenken Sie mein in dem Kreise der theuren Ihrigen und erlauben, wenn mir irgend ein Gedanke zu einer Medaille beygehen sollte, solchen zu Beurtheilung und beliebigen Gebrauche mitzutheilen. Vielleicht geben Sie mir in der Frühjahrszeit einige Nachricht, wohin Sie Ihre Sommerschritte richten, und so könnte wohl ein abermaliges Zusammentreffen irgend möglich werden.

Alles Gute wünschend und mich zu wohlwollendem Andenken empfehlend.

Weimar den 9. December 1822.


36/182.


An Christoph Ludwig Friedrich Schulz

1) Angekommen ist die liebenswürdige Sendung! Man kann freylich von dem Blatte nicht Vortheilhaftes genug sagen; tausend Dank daß Sie mir solches freundlich überlassen wollen. Die Durchzeichnung des Holzschnittes Nr. 7 ist in der Arbeit und alles soll nach und nach einzeln anmarschirt kommen.

2) Sie sagen, mein Allertheuerster, mit wenigen Worten was ich in Betracht zog, warum Schubarth abzumahnen sey; so lange das Allgemeine schwankt und schwebt, hat der Einzelne alle Ursache, ruhig zu seyn und den Ausgang zu erwarten. Auch ist ein[224] immerfest steter, affirmativer Gang durchaus vortheilhaft; die Resultate davon überleben die Zeit, da das Verneinende sich selbst aufhebt, indem es andere zu vernichten trachtet.

Hier ein paar gereimte Worte:


Es mag sich Feindliches eräugnen,

Du bleibe ruhig, bleibe stumm!

Und wenn sie dir die Bewegung läugnen,

Geh ihnen von der Nase herum.


Hiedurch also wieder einige Schritte in's Leben, das Fernere soll bald folgen.

3) Purkinje erwart ich mit Freuden also in diesen Tagen.

4) Herrn Weiß bin ich für den Wink dankbar und habe ihn zu benutzen gewußt.

5) Für Kunst und Alterthum bearbeite nun den historischen Theil zu Mantegna und sende gelegentlich den Entwurf, Theilnahme und Belehrung erbittend. Es ist um die Geschichte ein gar wunderlich Ding, das gewisseste aller Bemühungen deshalb ist der Zweifel. Subjective Wahrheit, d. h. nur Wahrscheinlichkeit, gilt sogar von gestrigen Vorfällen, wie ich denn die neusten jenaischen Händel soviel berichtet werde, daß ich davon keineswegs unterrichtet bin.

Wenn Sie aber meinem Gedanken: den Grund der Meteorologie als tellurisch anzusprechen, so herrlichen Beyfall ertheilen, ist er mir vom größten[225] Werthe. Ermessen Sie es daraus, daß ich diese Vorstellungsart schon mehrere Jahre mit mir herumtrage und sie auch jetzo nur mit Scheu und gleichsam zufällig ausgesprochen habe. Da Sie sich den Gedanken zu eigen gemacht, werden Sie die Folgen leicht entwickeln so wie die Fragen, wozu Anlaß gegeben ist. Wenn man, wie ich fordere, alles Kosmische, Solarische, Planetarische, auch das nächste Lunarische, einstweilen ablehnt, auch die sämmtlichen atmosphärischen Erscheinungen als Symptome behandelt und alles bey der jung-alten Mutter selbst sucht, so muß sich gar manches hervorthun; aber auch hier ist nicht zu hoffen, daß man Mit- und Ausarbeiter finde. Kommt Ihnen jedoch, mein Theuerster, etwas auf diesem Wege Fortschreitendes in den Sinn, so theilen Sie es mit.

Von Ihrem frühern geographisch-geologischen Hefte war in der Bibliothek des Industriecomptoirs ein Exemplar geblieben, v. Froriep borgte mir solches und ich fing an mich damit zu beschäftigen; die jenaischen Druckerpressen aber sind so hungrig, daß man wie ein Garloch immer sieden, braten, austheilen und hergeben muß, um sie zu befriedigen. Hier indessen die neusten Schüffeln und Schüffelchen.

Können Sie zu Beförderung des Wunsches, Seite 102 und folgende, etwas beytragen, so thun Sie es ja; es ist eine Gelegenheit, affirmativ für uns und die mit uns stehn zu wirken. Auch der Zeitung selbst kann es Vortheil bringen, wenn ihre Theaterartikel[226] Zutrauen gewinnen; schon sind hiesige Freunde geneigt, sie künftig statt der Vossischen zu halten. Wenn guter Wille sich antwortet, so kommt das Hefte zum Entstehen.

In den letzten Bogen Kunst und Alterthum werden Sie von einer Anstalt vernehmen, wie ich meinen Nachlaß zu sicher trachte; auch Ihr theilnehmendes Verlangen wird dadurch erfüllt.

Manzoni, dessen Ode Napoleons Tod Sie freuen wird, hat eine neue Tragödie Adelchi aus der longobardischen Geschichte geliefert und gerade des Zeitpunctes, wo Carl der Große bey dem Passe Chiusa gehindert wird nach Italien zu bringen. Das Stück ist ganz im Sinne und Geist des Grafen Carmagnola, nur noch reicher an Charakteren und Motiven. Es wird mir ein angenehmes Geschäft seyn, auch diese Arbeit zu entwickeln; ach! warum kann man denn nicht einem deutschen Zeitgenossen den gleichen Liebesdienst erweisen.

für ewig

Weimar den 9. December 1822.

G.


36/183.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Diese sechs Blätter wünsche bey mir zu behalten, um die Absicht des willfährigen Freundes baldigst zu[227] erfüllen, indem ich sie bey'm Studium seines Aufsatzes, den ich im Manuscript besitze, immer vor Augen habe.

Wollten jedoch Höchst Dieselben eine Stunde bestimmen, so würde Kräutern die rolle anvertrauen, welcher die colossalen Blätter mit Vorsicht vorlegte und die Rolle mir wieder zurückbrächte.

Höchst Dieselben könnten sich zugleich entschließen, ob Sie dieses Exemplar zu behalten gedenken? indem eine Lieferung dieser Art, jede zu vier Blättern (die mir anher gesendeten Blätter sind anderthalb Lieferungen), 85 rh. 20 gr. sächs. kosten soll. Beyliegende gedruckte Ankündigung gibt das Weitere zu erkennen.

Zeichnung und Kupferstich sind freylich sehr wohl gerathen.

Weimar den 11. December 1822.


36/184.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Ew. Wohlgeboren

übersende, dankbar für alles bisher Erhaltene, etwas Manuscript, wornach der letzte Bogen wohl einzurichten seyn möchte; die Blätter 14. 15. 16. würden erst abgedruckt, sodann nähme man von Eignes und Angeeignetes soviel als nöthig ist, bis zur Stelle, wo Manzoni's Ode mit neuer Seite eintreten kann. Und so empfehl ich diesen Abschluß zu geneigter Aufmerksamkeit. Den auf den Umschlag zu druckenden[228] Inhalt sende nächstens, wie denn auch die Revision des Bogens 10 beyliegt.

Mögen wir beiderseits mit den Unsrigen viele gute glückliche Tage in den Kalendern zu bezeichnen haben, für deren frühzeitige Mittheilung ich abermals den schönsten Dank entrichte.

ergebenst

Weimar den 11. December 1822.

J. W. v. Goethe.


36/185.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrter Herr!

Zu allervörderst entrichte meinen verbindlichen Dank für das bisher so mannichfaltig Gesendete mit dem Wunsche, daß Sie solche Mittheilungen gefällig fortsetzen. Manches wird sich näher besprechen lassen, wenn ich das Vergnügen habe, Sie Weihnachten bey mir zu sehen. Mein Sohn, welcher in acht Tagen hinüberkommt, wird deshalb das Nöthige verabreden.

Vorläufig sende ich einen beynahe jährigen Brief, der aber, soviel mir bekannt geworden, bis jetzt keine wissenschaftliche Wirkung hervorgabracht hat. Mögen Sie den Gegenstand übersenden und ermessen, in wie fern man nach dieser Anleitung gewisse Versuche zu wagen hätte, so würde ich von oberaufsichtlicher Seite gern dazu behülflich seyn. In Gefolg dieses ersuche Ew. Wohlgeboren, bey Ihrer Anherreise dasjenige mitzubringen[229] was überhaupt zu Darstellungen der elektromagnetischen Erscheinungen nöthig ist. Einiges finden Sie hier, auch ist Kleinsteuber und noch ein anderer jüngerer Mechaniker zu Beyhülfe bey der Hand, da es denn an fruchtbarer Unterhaltung nicht fehlen wird.

In dieser vergnüglichen Aussicht zum besten grüßend und mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

ergebenst

Weimar den 11. December 1822.

J. W. v. Goethe.


36/186.


An Johann Michael Färber

[Concept.]

Herr Purkinje von Prag, als Professor der Physiologie nach Breslau berufen, überbringt Ihnen dieses Blatt. Sorgen Sie für ihn, daß er die Sammlungen sieht, und bringen ihn auf die Bibliothek zu Dr. Weller, der ihm zu Knebels führen wird.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 12. December 1822.


36/187.


An Carl Ludwig von Knebel

Mit Gegenwärtigem meldet sich ein gar vorzüglicher Mann, Herr Purkinje von Prag, gegenwärtig von Berlin kommend und nach Breslau als Professor der Physiologie berufen; bekannt in der[230] naturwissenschaftlichen Welt durch sein Büchlein: über das subjective Sehen. Du wirst einen denkenden, von innen heraus höchst gebildeten Mann an ihm erkennen.

Lebewohl! nächstens das Mehrere.

treulichst

Weimar den 12. December 1822.

G.


36/188.


An Carl Ludwig von Knebel

Die Züge deiner Hand, mein Theuerster, herzlich geliebter und verehrter Freund, waren mir höchst erbaulich, da uns die Nachricht von deinem Mißbehagen gar sehr betrübt und in Sorgen gesetzt hatte. Die Jahrszeit ist zwar günstig genug, aber die langen Abende fordern doch ein körperliches Behagen, um sie durchzuführen.

Auch ich, obgleich näher an dem städtischen Gewerbe, lebe sehr einsam, bringe aber meine Stunden immer thätig zu. Ein Stück Kunst und Alterthum ist wieder bald abgedruckt; die wissenschaftlichen Hefte rücken auch vor, manches andere wird bereitet und besonders biographische Skizzen fleißig gesammelt, so wie auch Monumente früherer Unternehmungen. Freylich verdirbt man in jüngeren Jahren, wo die Kräfte noch beysammen sind, allzu viele Zeit in leidenschaftlichen Irrungen und unzulänglichen Bestreben; indessen soll man aus dem Fluß Lethe noch herauszufischen suchen was möglich ist.

[231] Die jenaischen Ereignisse mußten mich sehr betrüben: denn wenn man bedenkt, was für Lebenstunden und Kräfte man auf diesen Ort verwandt, welche vergnügte Tage man dort genossen, und wie man sich noch täglich zum Besten emsig bemüht; so ist eine zufällige, unnütze, schädliche Verletzung des geliebten Gegenstandes höchst schmerzlich. Nun, hör ich, zieht das Ungewitter abermals vorbey; möge es keine Spur hinterlassen. Indessen vorauszusehen war dergleichen und wird auch in der Folge nicht fehlen.

Der Besuch von Carl hat mich sehr erfreut und war mir höchst angenehm zu sehen, welchen guten Eindruck er auf meine Frauenzimmer gemacht, die als Weltkinder verdienst und Unverdienst der Jünglinge gar wohl zu unterschreiben wissen.

Mit Staatsrath Schulz in Berlin ist die Correspondenz eine Zeither sehr lebhaft. Es geschieht wohl, daß manche Epochen sich in einem reichern wechselseitigern Interesse hervorthun, und da muß man denn nicht feyern; eh' man sich's versieht, tritt wieder etwas wo anders ein und lockt uns vielleicht auf die entgegengesetzte Seite. Dießmal ist der Moment für beide Theile höchst fruchtbar, wovon du nächstens vernehmen wirst.

Manzoni, dessen Ode auf Napoleons Tod dich freuen wird, hat eine neue Tragödie Adelchi aus der longobardischen Geschichte geliefert und gerade[232] des Zeitpunctes, wo Carl der Große bey dem Passe Chiusa gehindert wird nach Italien zu dringen. Das Stück ist ganz im Sinne und Geist des Grafen Carmagnola, nur noch reicher an Characteren und Motiven. Es wird mir ein angenehmes Geschäft seyn, auch diese Arbeit zu entwickeln; ach! warum kann man denn nicht einem deutschen Zeitgenossen den gleichen Liebesdienst erweisen.

Doch um sich hierüber in's Reine zu setzen, muß man in der höheren Kunst allen Nationalvorzügen entsagen. Sind nicht Lord Byrons und Walter Scotts Werke in den Händen aller Deutschen, besonders der zarten und schönen? Sprachstudium und Anerkennung des Nachbarlichen ist zu befördern, damit eine Heerde unter einem Hirten versammelt sey.

Purkinje wird dich gleichfalls sehr interessirt haben. Merkwürdig war mir, wie er sich aus dem Abgrund des Pfaffthums durch eigene Kräfte herausgehoben, sich autodidaktisch entwickelt und gebildet, dabey aber die Richtung in den Abgrund des eigenen Daseyns genommen; deshalb er denn ein freywilliges Märtyrerthum untergangen und sich an sich selbst im Einzelnen und im Ganzen zu belehren und zu begreifen gesucht. Ich sah ihn mit Riemer und Rehbein; gar wunderlich nimmt sich ein solches Wesen unter Protestanten aus, die sich doch immer zwischen der Außen- und Innenwelt im Gleichgewicht zu halten suchen. Ich hätte wohl gewünscht, ihn einige Tage festzuhalten;[233] die große Treue gegen sich selbst, seines innern Wesens und consequenten Wirkens in aller Eigenthümlichkeit zu schauen wäre vieles werth gewesen.

Ein herzliches Lebewohl!

treulichst

Weimar den 14. December 1822.

G.


36/189.


An Carl Friedrich Zelter

An dem ersten musikalischen Abend, der mich seit Jahren erfreut, kommt mir deine liebwerthe Sendung, und so ward mir auf der Stelle dein neubelebendes gar heiter und kräftig vorgetragen.

Habe Dank für deinen langsam vorgeschrittenen Brief, mich erquickt höchlich jedes Wort von dir; deine Buchstaben sind herz- und sinnvoll.

Hiebey das letzte Stück Morphologie, ingleichen Kunst und Alterthum, erbaue dich daran nach deiner Weise, wo nicht unmittelbar, doch mittelbar; du verstehst ja, die Vorkommnisse symbolisch zu behandeln.

Herr Schöne hatte mir sein Manuscript geschickt, ich sah nur hie und da hinein; es ist wunderlich, daß ein sinniger Mensch das für Fortsetzung halten kann was nur Wiederholung ist, das Hauptunglück aber bleibt, daß sie haben in Prosa und in Versen schreiben lernen, und damit, meinen sie, wäre es gethan.

[234] Das Stück Kunst und Alterthum, jetzt unter der Presse, schicke ich nächstens, es überbringt manches und regt auch gewiß manches an; daß dieß bey Freunden bald geschehe, wünsche ich sehr. Der Winter geht mir ganz thätig vorüber, die Milde desselben thut mir wohl, wenn ich auch wenig auskomme; es ist nichts was ich unternahm das nicht vorschritte, und ich legitimire mich abermals dadurch als Protestanten. Auch hab ich bisher viel fremde gesehen, welches mich unterhält; es ist viel bequemer, die Menschen an sich vorbeygehen zu lassen, als an ihnen vorbeyzugehen.

Ein beyliegendes Conceptblatt kündigt an was im nächsten Stück zu erwarten ist; mögest du dadurch vorläufig zum Antheil aufgerufen werden.

Nächstens mehr! Aber auch du pausire nicht zu lange.

treulichst

W. d. 14. Dec. 1822.

G.


[Beilagen.]

Er.

Ich dacht ich habe keinen Schmerz....


Er.

Zur Trauer bin ich nicht gestimmt....


Die Gegenwart weiß nichts von sich....[235]


36/190.


An Johann Friedrich Mayer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben Ihro Königlichen Hoheit meinem gnädigsten Herrn in einem Schreiben gesendet spanischer und amerikanischer Mineralien, von welchen Dieselben Exemplare käuflich abzulassen geneigt wären. Endesunterzeichneter, als sämmtlicher Kabinette Vorgesetzter, erhielt darauf den Befehl, in dieser Angelegenheit weiter zu verfahren. Ich werde deshalb mit dem Director der Mineralogischen Gesellschaft Rücksprache nehmen und das Weitere nächstens vermelden.

Indessen ersuche Dieselben, mir ein bedeutendes, charakteristisches Exemplar vom Andalusit oder Spanischen Demantspath mit bemerktem Preise auf der fahrenden Post anher zu senden, wobey Sie sich beyliegender Adresse gefällig bedienen mögen.

Der ich mit vorzüglicher Hochachtung mich zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 16. December 1822.


36/191.


An Johann Friedrich Cotta

Mit Bitte, Vorstehendes auf einem schicklichen Wege baldmöglichst in's Publicum gelangen zu lassen.

Weimar den 17. December 1822.

G.[236]


36/192.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey die zwey letzten Bogen, nicht weniger den Umschlag; von diesem wünschte noch eine Revision, wobey ich anfragen wollte: ob wir etwa nach den Feyertagen ein neues Stück Kunst und Alterthum anfangen könnten, wenn wir auch nur den Vorsprung von einigen Bogen gewinnen. Die naturwissenschaftlichen Hefte würden alsdann wieder vorschreiten.

Möge der Jahreswechsel uns und allen freunden das Gute befestigen und das Übel abwenden.

Die Abdrücke der schon fertigen Kupferplatte erfolgen nächstens.

Weimar den 19. December 1822.


36/193.


An Johann Gottlieb Langheinrich

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

begrüße durch Gegnwärtiges zum allerschönsten, übersende im Namen des Herrn Rath Schumann einige Landcharten mit dem Wunsche, daß solche glücklich ankommen und Sie in guter Gesundheit finden mögen; bey eintretender Kälte bin ich überzeugt, Sie werden[237] der gefälligen Zusage sich erinnern und einiges zur Festliche gefällig übersenden.

Der ich mich mit vorzüglicher Hochachtung unterzeichne.

Weimar den 19. December 1822.


36/194.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten, mein Bester, hiebey:

1) Den Auszug aus dem Nürnberger Auctions-Katalog nebst diesem selbst, mit Bitte, die allenfallsigen Preise zwischen die mittleren Linien zu schreiben.

2) Die Priesterinnen der Griechen von Adrian; ein Büchlein das mir sehr wohl gefällt und das Sie Ihrer Kenntniß nach besser beurtheilen werden. Eigentlich besticht mich die ruhige Behandlung des Gegenstandes und daß der Verfasser weder Etymologie noch Lüsternheit einmischt!

3) Wollte ich das Bild bey Frau von Stein erinnert haben, damit wir auch in diesem Fache mit dem Neujahr vorschritten.

Vielleicht besprechen wir diese Angelegenheit heutigen Abends.

Weimar den 20. December 1822.

G.[238]


36/195.


An Sulpiz Boisserée

Ihre werthen und herrlichen Sendungen, mein Theuerster, sind glücklich und zu gelegener Zeit hier angekommen, die Kupfer, wie ehemals die Zeichnungen, deuten mir auf jene Region, wo die innigem Vergnügen denk ich dabey der schönen guten Zeiten, die wie zusammen in heiterer Atmosphäre genossen.

So erneut sich denn auch wieder die höchste Bewunderung Ihrer und der Ihrigen beharrlich-thätigen Kunst- und Geschichtsneigung, ja man möchte bey näherer Betrachtung erschrecken, Geld und Gut, Leib und Leben an diese Unternehmung gewagt zu sehen. Beschaut man aber die glücklichen Resultate, so fühlt man sich angenehm erfreut, das Erhabene so faßlich vorgetragen zu finden; gewiß das Erhabenste in feiner Art, das denn ganz allein den hinreichenden Maaßstab für alles Verwandte dem überlegenden und urtheilenden Geiste dareicht.

Jedermann beschaute diese Blätter mit dem größten Antheil und wahrhaftig mit Ehrfurcht; Fürsten und Fürstinnen, Künstler und Laien, alles erfreute sich über die Möglichkeit, ein solches Unternehmen durchzuführen; alle schieden von dem Anblick mit dem Wunsche, daß Sie von diesen großen Opfern und Bemühungen reichliche Früchte genießen möchten.

[239] Durch wiederholtes Vorzeigen ist denn auch wieder alles in mir aufgeregt, was von den frühsten Jahren an mich zuerst und aber- und abermals abgesprochen hatte; es wird sich nach und nach ausbilden und wenn ich ganz wieder am Gegenstande bin, so lese ich Ihren Aufsatz und dann wird sich wohl etwas Gehöriges entwickeln.

Glücklicherweise kamen Ihre Schätze zur Stunde, wo ich aus dem letzten Bogen des nächsten Heftes von Kunst und Alterthum einige Blätter früheres Manuscripts ausheben und gegen eine zwar kurze aber freundlich-beyfällige Anzeige Ihrer Leistungen austauschen konnte. Vielleicht glückt es mir im nächsten Hefte, das Ausführlichere zu liefern.

Nun will ich aber nicht weiter gehen, um Gegenwärtiges fortzuschaffen, dem ich das Programm von Henning beylege. Lassen Sie dadurch Ihre Theilnahme an meinem Bemühen auf's neue beleben. Was ich aussprach, ist nicht aus der Luft gegriffen, es hat immer ein Substrat; wie denn neuerlich ein werther unterichteter Mann meine Art und Weise ein gegenständliches Denken genannt hat, welches nämlich immer im Angesicht des Gegenstandes sich bilde und äußere. Ich bin wohl zufrieden mit dieser Auslegund meiner Träume.

Endlich füge das Münzverzeichniß bey, dessen Summe von 365 fl. 53 kr. mit meiner zurückbehaltenen Copie zusammentrifft. Ich würde ohne Anstand, um keine[240] Quängeleyen im Einzelnen zu verursachen, das Ganze zusammen behalten, weil sich verschiedene Liebhaber darein theilen könnten; nun aber steht oben drüber: Metallwerth, welches dahin zu deuten scheint, daß man noch ein Aufgeld verlange, wodurch die Sache ein anderes Ansehen gewinnt. Geben Sie mir darüber nähere Auskunft. Wollte man die Münzen für obgenannte Summe ablassen, so können sie, wohl eingepackt, mit der fahrenden Post sogleich an mich abgesendet werden, die Zahlung erfolgt sogleich.

Daß die Schuld für die lithographischen Hefte gleichfalls bald entrichtet werde, trag ich Sorge. Das China-Exemplar des Domwerks eignet sich der Großherzog zu, lassen Sie mich wegen des Preises und der Zahlung das Nähere wissen.

Und somit sey denn für dießmal geschlossen. Das beyliegende Kupfer gehört zu Kunst und Alterthum. Möge das nächste Stück von Ihnen freundlich empfangen werden.

treulichst

Weimar den 22. December 1822.

G.


36/196.


An Johann Friedrich Posselt

Zu beykommendem Geschäftserlaß füge noch einen wissenschaftlichen hinzu, indem ich eine Sendung des Herrn Salineninspector zu Dürrenberg Bischof,[241] welche durch des Herrn Staatsminister von Fritsch Excellenz zu mir gekommen, zugleich mittheile.

Vor allen Dingen mache Dieselben aufmerksam auf die rothvorgestrichene Stelle in dem Bischofischen Briefe, indem ich vollkommen mit dem werthen Manne übereinstimme, daß man auf das eifrigste die Beziehungen der Barometerstände um die ganze Welt zu erfahren trachten müsse. Die beygelegte graphische Darstellung der barometrischen Curven zu London, Paris, Genf und Dürrenberg gibt dasselbe Resultat, was unsere graphischen Darstellungen bisher gegeben, daß nämlich die Barometer-Bewegung durchaus an allen bezeichneten Orten obschon relativ, doch völlig gleich auf- und absteige. Gilt dieses nun schon von obgenannten vier Orten, so ist es höchst bedeutend zu erfahren, wie sich dieses Phänomen rings durch die Meridiane so wie durch die Breitenkreise in allen Graden verhalte.

Hier wäre nun zwar Anfangs auf keine Vollständigkeit zu denken, sondern das geringste Fragment würde schon schätzenswerth seyn. Ew. Wohlgeboren ist bekannter als mir, wo dergleichen einzelne Bemerkungen in Reisebeschreibungen, akademischen Verhandlungen, Journalen u.s.w. möchten zu finden seyn; hätte unser werther Howard, anstatt seine Aufmerksamkeit fast allein auf Temperatur zu verwenden, sich mit dem Barometerstand entfernter Gegenden abgegeben, so würden wir auch hier schon vorzüglich[242] gefördert seyn. Indem nun die bisherigen Beobachtungen, tabellarischen Verzeichnisse, graphischen Vorstellungen unseres meteorologischen Kreises unverrückt ihren Gang gehen, so würde meo voto ein Ausblick auf alle Weltgegenden im besondern barometrischen Bezug nicht zu versäumen seyn und, wie gesagt, wäre die mindeste Notiz, die uns aus der Ferne käme, zu bemerken und zu beachten.

Wollten Ew. Wohlgeboren hierüber weiter nachdenken und mir gelegentlich Ihre Meynung sagen, so würden Sie mich höchlich verbinden.

Vielleicht brächten Sie um das Neujahr einige Tage in Weimar zu, damit dieser so bedeutende und mir sehr a Gegenstand besprochen und das nächste Jahr durch sogleich in Ausübung gebracht werden könnte.

Was Herrn Bischof betrifft, so werden Sie sich gern mit ihm in Verbindung setzen und ihm von unseren Bemühungen das Nöthige mittheilen. Die graphische Darstellung erbitte mir wieder zurück, um solche nochmals näher zu betrachten.

Einige Abdrücke der liniirten Blätter zum Behuf graphischer Darstellungen erbitte mir mit Nächstem.

ergebenst

Weimar den 25. December 1822.

J. W. v. Goethe.[243]


36/197.


An Johann Michael Färber

[Concept.]

Zunächst, mein guter Färber, für dießmal eine Anfrage und einen Auftrag.

1) Wegen der großen Charte von Sorriot bin ich in einiger Verwirrung; es ist die große, zerschnittene, auf Leinwand aufgetragene Charte von Europa, welche die in der Diagonal durchgehende Wasserscheide von Südwest nach Nordost sehen läßt. Sie war im Geologischen Museum an einen Rahmen befestigt und mit grüner Leinwand bedeckt; ich habe sie eine Zeitlang im botanischen Garten gehabt, sie auch endlich herüber genommen. Nun will sie sich aber hier nicht finden und ich ersuche Sie daher mir anzuzeigen, ob sie wieder nach Jena gekommen und wo sie gegenwärtig aufbewahrt wird. Wäre sie nicht drüben, so muß man hier sorgfältiger nachsuchen und sie wird sich finden.

2) Unter denen Schädelzeichnungen welche, in Glas und Rahmen gefaßt, in der Kleinischen Gallerie stehen, findet sich außer denen, die Sie mir herübergesendet haben, noch der Schädel eines jungen Elephanten, von unten gezeichnet, welcher daran zu erkennen ist, daß er viel länger ist als breit und die Schnauze weit vorgeht. Senden Sie mir solchen, zwischen zwey Brettchen wie die vorigen.

[244] Der ich glückliches neues Jahr und wohl zu leben wünsche.

Ich erhielt neulich durch meinen Sohn so sehr gute Krametsvögel von Jena; können Sie mir dergleichen von Zeit zu Zeit verschaffen, so wird es mir sehr angenehm seyn.

Weimar den 25. December 1822.


36/198.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeboren

begrüße heute nur mit wenigsten Worten, um zu vermelden, daß unser junges fürstliches Paar zunächst in Eger eintreffen wird; die Frau Erbgroßherzogin geht ihres Herrn Bruders Majestät in Pilsen zu treffen, unsere treusten Wünsche begleiten sie. Vielleicht sind Ew. Wohlgeboren schon davon benachrichtigt und werden aus eigenem Antriebe und nach gewohnter Weise den hohen Reisenden und ihren Begleitern bestens förderlich seyn. Indessen möge dieß mein Gegenwärtiges nicht ganz überflüssig scheinen, da es mir Gelegenheit gibt, mich nach Ihrem theuren Befinden zu erkundigen, auch anzufragen, ob meine Bücher censurfrey bey Ihnen angelangt?

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 25. December 1822.

J. W. v. Goethe.[245]


36/199.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

beglücken mich nach zufälligem verspäten mit dem höchst ähnlichen Bild eines werthen Freundes in dem alleranmuthigsten Augenblick, da ich eben auf beyliegenden Brief und die hinzugefügte Sendung dankend zu antworten im Begriff bin und ihm also desto freudiger vermelden kann, daß ich mich unmittelbar an seiner bildlichen Gegenwart belebe.

Wenn die Absicht der poetischen Sammlung, Höchst Denenselben einen heitern Augenblick zu bereiten, gelungen ist, so freuen sich sämmtliche Theilnehmer auf's innigste. Höhere Absichten und ihre Folgen drückt wohl die Poesie am besten aus; sie darf in der Gegenwart die Zukunft sehen, lebhafter als dem Verstande geziemt, und eine begonnene That ermuntern, deren glücklichen Erfolg sie weissagt; den zu ästhetischen Zweck näherverbundenen Freunden war eine solche Gelegenheit höchst willkommen, um erprobt zu sehen, welch ein geistiges Leben hier immerfort im Stillen waltet. Möge die große und löbliche Absicht durch ein solches geringes Scherflein doch auch einigermaßen gefördert werden.

Verehrend

unterthänigst

Weimar den 26. December 1822.

J. W. v. Goethe.[246]


36/200.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeboren

wird Herr Cammerherr von Beulwitz im Gefolg Ihro Kaiserlichen Hoheiten Gegenwärtiges in meinem Namen überreichen und von mir die schönsten Grüße bringen. Sie tragen gewiß auch ohne mein Ansuchen alles bey, was den höchsten und hohen Herrschaften angenehm und nützlich seyn könnte. Der rückkehrende Freund wird mir hoffentlich von Ihrem Wohlbefinden Nachricht bringen.

Mein Schreiben vom 25. December wird glücklich eingegangen seyn.

ergebenst

Weimar den 27. December 1822.

J. W. v. Goethe.


36/201.


An Joseph Stanislaus Zauper

Ew. Wohlgeboren

wird Herr Cammerherr von Beulwitz, in Gefolg Ihro K. K. Hoheiten, Gegenwärtiges in meinem Namen überreichen und von mir die schönsten Grüße bringen. Sie tragen gewiß auch ohne mein Ansuchen alles bey, was diesem werthen Manne etwa an Ihrem Orte wünschenswerth seyn möchte; wie ich denn auch den Herrn Präfecten bestens gegrüßt wünsche, so wie[247] mir der rückkehrende Freund von Ihrem Wohlbefinden hoffentlich Nachricht bringen wird.

Das ausführliche Schreiben von Prag ist seiner Zeit glücklich angekommen, wofür ich zum allerschönsten danke.

ergebenst

Weimar den 27. December 1822.

J. W. v. Goethe.


36/202.


An Friedrich August von Beulwitz

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit, ein paar Briefe zu übersenden, von denen ich hoffen darf daß sie Denenselben angenehm und vielleicht förderlich seyn werden. Polizeyrath Grüner ist ein thätiger Geschäftsmann, in seinem Fache höchst wirksam, und wird in jedem Falle förderlich und dienstlich seyn; Professor Zauper ein junger gebildeter Geistliche, der zur Unterhaltung und zu schnellerer Kenntniß der Localitäten und Personalitäten behülflich seyn kann.

Möchten Sie dem Herrn Kreis-Hauptmann v. Breinl in Pilsen freundliche grüße von mir bringen, so wird auch dieß zu einer gefälligen Einleitung dienen. So wohl Sie auch sonst gewiß schon empfohlen sind, mögen doch diese wenigen Zeilen und Worte in fremden Landen nicht vergeblich seyn. Erhalten Sie mir ein wohlwollendes Andenken.

[248] In Hoffnung und Wunsch, die verehrten und lieben Reisenden bald glücklich wieder bey uns zu sehen.

Weimar den 27. December 1822.


36/203.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

einen etwas verspäteten Weihnachten zu übersenden und den längst gehegten, neuerlich auch wieder ausgesprochenen Wunsch nach einer Beryllstufe einigermaßen befriedigen zu können, sende Gegenwärtiges, in Hoffnung daß auch die Bohemica noch zu erlangen seyn werden. Mehr sey nicht gesagt als die herzlichsten Wünsche zum neuen Jahr; auch mir wäre sehr angelegen, vaterländische Luft wieder zu schöpfen, vielleicht gelingt es unvermuthet. Und somit allem Guten empfohlen.

Weimar den 28. December 1822.


36/204.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Eine mit dem Postwagen abgehende Sendung soll eigentlich nur andeuten, daß ich gegen soviel Freundliches und Bedeutendes doch auch irgend etwas dankbar zu erwidern als Pflicht fühle.

[249] Ew. Hochwohlgeboren haben früher geäußert, daß Sie bey mir verborgen liegenden osteologischen Kupferplatten für Ihre Acten zu benutzen wünschten; zu diesem Entzweck lege ich eine bey (A), den Schädel des jungverstorbenen Cassler Elephanten von vorn und hinten vorstellend, auch die Zeichnung des erstern (B), damit das Maaß der Verkleinerung deutlich werde. Sodann folgt derselbe Schädel von der Seite (C) und von unten (D), da denn die Frage entstünde, ob diese beiden unter Aufsicht des werthen und einsichtigen Herrn d'Alton verkleinert und gleichfalls in Kupfer gegraben würden. Freylich kommt es darauf an, ob diese Dinge gegenwärtig, nach so bedeutenden Vorschritten der Wissenschaft, noch das Interesse haben wie für mich vor mehr als dreyßig Jahren; die Hauptbedeutung schien mir zu seyn die Sichtbarkeit der Suturen, nicht weniger das beynahe Schnabelartige der obern Kinnlade und das Zwischenknochens, wie solches von der Seite und von unten besonders auffällt, gegen die viereckte Gestalt eines völlig ausgewachsenen, wovon ich zu schnellerer Vergleichung zwey Zeichnungen, eine von vorn (E) und eine von unten (F), gleichfalls beylege.

Herr d'Alton fügte wohl einige Worte Commentar hinzu; denn ich bin doch zu weit von jenen Regionen, als daß ich mit Entschiedenheit und Klarheit darin wirken könnte.

Auch bitte mir wissen zu lassen, ob Herr d'Alton[250] die doppelte Sendung: den doppelten Gypsabguß eines fossilen Zahns und ein kupfergestochnes Porträt, abgegangen den 2. November, wohl erhalten habe.

Schließen darf ich nicht ohne anzuzeigen, daß Herr Professor Oersted uns auf seiner Durchreise mit seinem Besuche wahrhaft beglückt hat. Ich versäumte nicht, ihm das Schreiben des Herrn Neeff vorzulesen, worauf er denn ganz ohne Aufstand den Gedanken billigte und eine Vorrichtung besprach, welche Hofrath Döbereiner, der sich so eben bey mir befindet, auszuführen im Begriff steht. Das Resultat, es sey von welcher Art es wolle, vermelde sogleich; es ist immer ein Schritt weiter auf diesem wichtigen Pfade.

Gedenken Sie mein zu Ende des Jahrs und lassen uns im neuen immer in thätiger Wechselwirkung vor wärts gehen.

Mit Herrn Grafen Kaspar Sternberg bin seit unserm heitern böhmischen Zusammenseyn in fortdauernder wissenschaftlicher Verbindung geblieben, wodurch denn auch die Unbilden des Winters nicht gemildert worden.

Möge Ihnen fortan alles gelingen und mir noch eine Weile gegönnt seyn, daran freudigen Antheil zu nehmen.

Weimar den 29. December 1822.[251]


36/205.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Entschuldigen Sie mich ja, mein lieber Herr Doctor, wie Sie nur können und mögen, bey Herrn v. Seckendorff; es ist mir nicht möglich, auch nur einen Blick in das Trauerspiel zu thun. Die dreytägige Anwesenheit Herrn Hofrath Döbereiners hat mich für die nächste Zeit ganz in die Chemie geführt, und dann können Sie mir das Zeugniß geben, daß ich kaum weiß ob es ein Theater gibt.

Empfehlen Sie mich schönstens Herrn Major zum neuen Jahre; bey dem herrlichen Sonnenschein möcht ich wohl einmal in seinem Oberstübchen mich mit ihm letzten und ergötzen.

Alles Liebe und Gute!

Weimar den 31. December 1822.

G.[252]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 36, S. 179-253.
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