1826

[213] 40/181.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

[31. December 1825.]

Die höchst treffliche Behandlung der unglücklichen Haarkrankheit bewahrheitet wieder das alte gute Wort: man solle vor die rechte Schmiede gehen, wenn man bald auf der Reise gefördert seyn will. Vorliegendes Übel deutet wirklich auf den Weichselzopf, über welchen ein sehr schöner Aufsatz in einer Reisebeschreibung vorkommt, wo man ihn nicht sucht: a Tour in Germany, by John Russel Vol. II, Artikel Krakau.

Beygehend übersende sogleich Musterstücke der von Herrn v. Eschwege aus Brasilien mitgebrachten Wurzel. Ich fürchte nur, daß dadurch die Frage sich noch mehr verwirren möge, als die von gedachten Reisenden in Kupfer gegebene Abbildung auf eine einfachere und keineswegs holzartige Wurzel hindeutet. Ich frage nächstens bey Herrn Director v. Schreibers in Wien an, ob vielleicht Herr Dr. Pohl auf diese Pflanze aufmerksam geworden und nähere Nachricht oder vielleicht gar eine aufgetrocknete Pflanze mittheilen kann und mag.

[213] Inwiefern eine Copie der Tafel von Pinus pinea möglich sey erkundige mich zunächst. Außer dem Künstler, welcher die nachgebildet, möchte gegenwärtig keiner zu dieser Arbeit sich eignen. Die Originaltafeln sind freylich von der trefflichsten Art.

Um nun von allen diesen Naturdingen auf das Menschlichste überzugehen, danke zum allerschönsten für die anmuthige Übersetzung eines verjährten lieben Lieds, das über 20 Jahr alt seine Frische, gerade in dieser fremden Sprache, recht heiter zurückgibt.

In Gedichten solcher Art identificiren sich beide Sprachen auf's gefälligste, und es ist rührend-erfreulich, diese frühern sehnsüchtigen Töne aus einem lieblichen Munde wiederklingen zu hören. Manches, was von kleinen Gedichten dieser Art in der neuen Ausgabe meiner Werke vorkommen wird, wünscht ich wohl, wenn Tag und Stunde hinreicht, auf gleiche Weise wiedergeben.

Weimar den Januar 1826.


40/182.


An Wolfgang Adolph Gerle

[Concept.]

[31. December 1825.]

Ew. Wohlgeboren

senden mir ein Kunstwerk das immer unmöglicher scheint, je länger man es ansieht; ja es wurde ganz[214] unbegreiflich seyn, wenn man nicht zugeben müßte, daß Freundschaft und Liebe die Gränzen der Einbildungskraft selbst zu überschreiten vermögen.

Wie schmeichelhaft mir in diesem Sinne die unvergleichliche Gabe sey, die mir unerwartet aus der Ferne kommt, und mir ein ganz neues höchstwerthes Verhältniß ankündigt, dieß ermessen Sie selbst und empfinden, wie dankbar ich seyn müsse.

Da ich nun aber mich allzutief verschuldet fühle so ergreife ich zu einiger Erwiderung das Nächste, was mir zu Handen liegt. Übersenden Sie dieß der verehrten Frau als Zeugniß meine Dankbarkeit, die ich in Worte zu fassen ganz unvermögend wäre und bleiben überzeugt, daß ich mich auch Ihnen für die Vermittlung auf das angenehmste verpflichtet fühle.


40/183.


An Christian Johannes Oldendorp

[Concept.]

[31. December 1825.]

Ew. Wohlgeboren

nach einer langen Zwischenzeit an mich erlassene gefällige Sendung war mir sehr angenehm. Die treuen und reinlichen Bildchen von bekannten bedeutenden Gegenden mußten mir viel Vergnügen machen. Ich erinnerte mich dabey, daß ich sie in früherer Zeit oft, in guten Stunden vorbeyreisend, vor Augen gesehen. Dabey thut es mir aber sehr leid, daß ich Ihre[215] literarischen Wünsche nicht erfüllen kann. In so hohen Jahren, wo man wünscht, seine Tage ruhig hinzubringen, vermehren sich meine Verpflichtungen auf mancherlei Weise, und zwar dergestalt, daß ich auch kleine Gefälligkeiten die ich sonst so gern anbot, gegenwärtig versagen muß.

Ich habe daher das Paquet durch dieselbe Gelegenheit wieder zurückgesendet und bedaure, daß mir nichts übrig bleibt, als sonstigen guten Erfolg zu wünschen.

Zugleich empfehle ich mich geneigtem Andenken, welches ich in Ihrem schönen gebildeten Kreise durchaus erhalten wünschte. In demselben hoffe ich der Neigung vieljähriger Freunde, die sich aus früherer Zeit eines heitern Lebens und glücklicher Mitwirkung wohl gern erinnern, auch noch in diesen Tagen mich erfreuen zu dürfen. Und so schließe ich mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen.

Weimar den 30. December 1825.


40/184.


An Carl Friedrich Zelter

[31. December 1825.]

Du hast mir seit einiger Zeit, mein Theuerster, gar lebhafte Charakterzüge Eurer Berliner Tagesweise mitgetheilt, daß ich doch endlich auch etwas von mir hören zu lassen schuldig zu seyn glaube. Mir war es indessen wunderlich zu Muthe! Eine nothgedrungene[216] Wirkung, sowohl gegen die Nähe als in die Ferne, hinderte mich meinem Willen zu folgen, welchem nach ich dich schon längst einmal wieder besucht hätte. Ihr Berliner jedoch seyd mir die wunderlichsten Leute, Ihr schmaust und trinkt und verzürnt Euch unter einander, so daß Mord und Todschlag im Augenblick und tödlicher Haß in der Lebensfolge daraus entspringen müßte, wäre es nicht in Eurer Art, das Widerwärtige auch stehen zu lassen, weil denn doch am Ende alles neben einander verharren kann, was sich nicht auf der Stelle aufspeist.

Dein sibyllinisches Blatt über Macbeth glaube nach meiner Weise recht gut auszulegen ich dachte wenigstens dabey wie folgt:

Diese Bemühungen gehören zu denjenigen, welche König Saul der Hexe von Endor zumuthete: die großen Todten hervorzurufen, wenn wir uns selbst nicht zu helfen wissen. Shakespear ist noch widerborstiger als jener abgeschiedene Prophet, und wenn so sie ihn gar in seiner Integrität hervorzaubern wollen, dann geht es am wenigsten. Ein solches Mickmack von Uraltem und Modernstem bleibt immer auffallend wie du es ganz richtig empfunden hast.

Was hilft alles Costumiren! Genau besehen sind denn doch am Ende Schauspieler und Kleider, Decorationen und Gespenster, Musiker und Zuschauer unter einander nicht in Harmonie. Dieß hat dich bey einer so bedeutenden Exhibition zerissen. Vielen ist es[217] auch zuwider, ohne daß sie es gestehen; viele lassen es gut seyn, weil es nicht anders ist; sie haben bezahlt und ihre Zeit hingesessen.

Sieben Mädchen in Uniform machen auch hier das Publicum glücklich; denn so etwas ist zeitgemäß. Das Soldatenspiele zu einer halblüsternen Posse verwandt, läßt sich Jedermann gefallen, wenn unter dem Druck eines Shakespearischen Alps das Publicum seufzt und sich sehnt aus einem schweren Traum des Ernstes in die freye Luft der Thorheit.

Jetzt, da ich nicht mehr in's Theater gehe, sonst nichts damit verkehre, nur aber meine Kinder und sonstiges nachwachsendes Lebevolk zu beobachten habe, gehen mir ganz eigne Lichter auf. Immer nehmen sie Partei; bald seh ich sie in gerechten Urtheilen klar und verständig, bald in Vorurtheilen und Vorlieben ungerecht befangen und was alles daraus folgt, wie es uns längst bekannt ist; aber ich begreife doch erst das Mißbehagen der Danaidenarbeit während so vieler Jahre, in welchem ich bemüht war die wirklich groben, der Bühne verliehenen Vorzüge in Wirklichkeit zu setzen und zur Evidenz zu bringen. – In solche Betrachtungen haben mich deine Hexen verhext; trage deshalb die Schuld eigner Veranlassung.

Als belebte Folge jener festlichen Tage ist mir, wie ich bekennen muß, manches Gute geworden; auch manches Gute zu thun gibt es Gelegenheit, da der aufgeregte und doch nicht flackernde Enthusiasmus[218] einen Jeden aus sich selbst in's Allgemeine trieb. Hiebey gelingt es denn auch, ein viele Jahre gewünschtes Gärtnerhaus an die Stelle des alten zu setzen, worin du dich auch einmal beholfen hast. Dieß ging ganz einfach, die Gewerken gaben ihren Vortheil auf und ließen mit frohem Sinn die Anstalt genießen was sie sonst für sich und die Ihrigen erworben hätten. Du weißt am besten, wie hoch dieß anzuschlagen ist.

Und da nun von manchen klugen und thätigen Menschen dieser allgemeine gute Wille gestärkt und geleitet worden, so ist in dem kleinen Kreis sehr viel geschehen, weil alle Glieder groß und klein, sich lebendig erwiesen. Und hieraus erwächst denn auch mir noch manche angenehme Beschäftigung, um das Begonnene und Eingeleitete durch- und ans Ziel zu führen.

Zu Ausfüllung des Raumes Folgendes:

Eine große sorgfältige Zeichnung von Iulius Roman, mit vielen Figuren, zum größten Theil wohl erhalten, ist eine köstliche Acquisition; ohne Zweifel das Original, das Diana von Mantua in Kupfer gestochen hat: Christus vor der schönen Thüre des Tempels, nach Raphaels Vorgang, mit gewundenen Säulen geschmückt. Er beruhigt warnend die neben ihm aufrecht stehende beschämte Ehebrecherin, indem er zugleich die pharisäischen Susannenbrüder durch ein treffendes Wort in die Flucht schlägt. Sie entfliehen so kunstgemäß-tumultuarisch, so symmetrischverworren,[219] daß es eine Lust ist. Sie stolpern über die Bettler, denen sonst ihre Heucheley zu Gute kam und die für dießmal unbeschenkt auf den Stufen liegen. Der Federumriß ist von der größten Nettigkeit und Leichtigkeit und fügt sich dem vollkommensten Ausdruck. Das Kupfer findet sich gewiß in Berlin und ist nachzuweisen: Bartsch peintre graveur Vol. XV. S. 434, Oeuvre de Diane Ghisi Nr. 4, wo es für eine der schönsten und wichtigsten Arbeiten genannter Künstlerin gehalten wird.

unwandelbar

Weimar den 30. December 1825.

Goethe.


So eben kommt dein Euryanthischer Brief, worauf nächstens fernere Erwiderung. – Zugleich empfehle: Berlinische Nachrichten, bey Haude und Spener Nr. 304.


40/185.


An Johann Heinrich Meyer

[Ende 1825?]

Die zu der heutigen Sendung nach Genf nöthigen Papiere sind in des Herrn Canzlers Händen; er ist avertirt daß Sie sich deshalb an ihn wenden werden.

Heute zu Tisch hoffen wir auf Sie.

G.[220]


40/186.


An Ludolf Christian Treviranus

[Concept.]

[November oder December 1825?]

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch Übersendung der Wassernüsse und der Zizania palustris viel Vergnügen gemacht. Ich habe solche sowohl der Vorschrift gemäß bey mir behandelt, als auch eine gleiche Vorsorge der Belvedereschen großen Anstalt empfohlen. Bey'm Keimen und Heranwachsen werden wir nicht ermangeln uns Ihrer dankbar zu erinnern.

Sehr gerne würde ich auch ein getrocknetes Exemplar ersterer Pflanze im Zustand ihrer Blätterfülle von Denselben erhalten, indem es mit der Äußerung gegen Herrn Baron v. Stein so entschieden nicht gemeint war.

Mit besonderm Vergnügen ergreife die Gelegenheit Ew. Wohlgeboren zu versichern, wie dankbar ich oft der mannichfaltigen Belehrungen mich zu erinnern habe, welche die Naturwissenschaft und ich, insofern ich mich eifrig darum bemühe, Ihnen zu verdanken habe. Mögen Sie sich auch fernerhin meiner wohlwollend erinnern.

Sollte ich irgend etwas Angenehmes zu erzeigen im Stande seyn, so würde es mir zu besonderm Vergnügen gereichen.[221]


40/187.


An Dominikus Artaria

[Concept.]

[December 1825?]

Wenn Herr Artaria die bewußte Zeichnung des Guercin, zwischen starke Pappe gepackt und in Wachstuch eingenähet, unter meiner Adresse anher senden will, so soll es mir sehr angenehm seyn und zweifle nicht, daß sie mir bey'm Wiedersehen abermals wohlgefallen wird. Nach solcher Prüfung, die ich mir vorbehalte, zahle gern die geforderte Summe.[222]


40/188.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Königliche Hoheit.

Als an dem heutigen in das vergangene Jahr zurückschauend seh ich so viel Dauerhaftes und Erfreuliches, am Schluß aber begegnet was nur Schmerzliches an Vergänglichkeit erinnern kann. Zur schönsten Beruhigung jedoch bleibt mir die Gegenwart des Beständigen der Huld und Gnade womit Höchst Dieselben mich beglücken und deren unwandelbare Fortdauer mir allein die Zukunft wünschenswerth macht.

Weimar den 2. Januar 1826.


40/189.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Königliche Hoheit.

Wenn die freud- und ehrenvollen Tage, womit uns das letzte Viertel des vergangenen Jahrs beglückte, uns beynahe über den dem Menschen gegönnten Zustand hinaus zu heben schienen; so hat uns der Schluß desselben, auf eine höchst unerwartete Weise, an das[223] tief Niederbeugende erinnert, wodurch wir unsere Abhängigkeit anzuerkennen genöthigt sind. Weil jedoch in jedem Falle Besonnenheit die Haupteigenschaft ist, welche von dem Gebildeten verlangt wird, so halte ich bey'm Eintritt des neuen Jahres für meine höchste Pflicht umherzuschauen, wieviel, nach erduldetem Verlust, noch übrig bleibt.

Höchst Dieselben sind überzeugt daß Ihro Huld, Gnade und Neigung vor allem was auf mich einwirkt oben an steht; und so schau ich denn mit möglichster Fassung umher auf das Vorliegende, auf manches Einzelne und besonders auf dasjenige woraus Ew. Königlichen Hoheit einige vergnügte Unterhaltung erwachsen könnte. Möge Gutes nach Gutem eintreten und gelingen!

Und so hab ich denn mir auch Glück zu wünschen, daß bey dieser neuen Epoche

1) eine angenehme Sendung eintrifft, die ich sogleich vorlege, es ist die 13. und 14. Lieferung des Boisserée'schen Steindruckwerkes, welche, wie ich hoffe, den vorigen an Verdienst gleichkommen werden.

2) An Director v. Schreibers vermelde alsbald das Nöthige. Ein angefangener ausführlicher Catalog über die große osteologische Sammlung in Jena läßt mich einige Lücken bemerken, die vielleicht von Wien her auszufüllen sind.

3) Denen guten Personen in Albany kann ich nur erwidern, daß ich mich dieses Berczy recht wohl[224] erinnere. Ich werde etwas Umständlicheres über mein Verhältniß zu ihm aufsetzen, wenn es auch den Wünschen seiner Nachkommen nicht entsprechen kann. Sein Aufenthalt in Florenz selbst war etwas mysterios; er hatte, bey Aufhebung der Klöster, sehr schöne alte Bilder gekauft, die er wieder abließ, wodurch ich mit ihm bekannt ward. Von seiner Herkunft und seinen Verhältnissen war niemals die Rede.

4) Den merkwürdigen Aufsatz von der Haarkrankheit werde mir vom Geheimen Hofrath Stark zurück erbitten; er ist mit großer Sorgfalt ausgearbeitet, recht wie es einem Mikroskopisten geziemt. Überhaupt bleibt das Verhältniß zu dem Verfasser instruirend und fruchtbar.

5) Leider daß ich diese Aufklärung nicht mit dem guten Rehbein theilen kann, der den pathologischen Fall zur Sprache brachte! Und so wird mir nur allzu fühlbar, welche bedeutende Unterhaltung über die wichtigsten Angelegenheiten der Menschheit ich fortan vermisse, da ich bisher, in täglichem Gespräche, physische, physiologische und pathologische Probleme mit ihm durchzudenken und durchzuarbeiten Gelegenheit fand, wozu denn noch die schöne Beruhigung kam, einen unterrichteten und vertrauten Arzt an der Seite zu haben.

6) Das Schreiben unsres Herzogs Bernhard ist wirklich höchst erfreulich und geisterhebend. Seine, zugleich tüchtige und verständige Behandlungsweise[225] jener neuen Bewohner der neuen Welt ist in vielfachem Sinne zu Betrachtungen aufregend. Dürfte ich wohl gelegentlich um die Journale bitten, sie würden mich über gar manches, was ich nur im Allgemeinen kenne, gar freundlich aufklären.

7) Der hoffnungsvolle Besitzer eines wahrscheinlich beireisischen Diamanten scheint wenigstens keinen Begriff von der Härte solcher Edelsteine zu haben. Um einen solchen echten Stein schleifen zu lassen werden große Summen erfordert. Findet er Jemand zunächst, der ihn schleift, so wird ein hübscher Bergkrystall zum Vorschein kommen, weniger werth als der rohe mit seiner Feuersteinhülle gewesen wäre. Doch bleibt es immer der Mühe werth, den Verfolg dieser Angelegenheit zu erfahren.

Weimar den 4. Januar 1826.


40/190.


An Carl Christoph Hage

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übergebe die von den Herren Boisserée und Strixner über vier Lieferungen des lithographischen Werks, eine Sammlung altdeutscher Gemälde vorstellend, eingesendete Rechnung.

Sämmtliche Lieferungen sind von mir Serenissimo übergeben worden und ich ersuche daher Ew. Wohlgeboren bald gefällig die Summe von 63 fl. 12 Kreuzern[226] an benannte Unternehmer zu übermachen und mir davon gefällige Nachricht zu geben, da ich bey Abtragung eigner Schulden gedachte Freunde auch von dieser Seite befriedigt zu wissen wünschte.

Weimar den 5. Januar 1826.


40/191.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren vermelde in freundlichster Erwiderung ad 1) Der Verfasser des fraglichen Sonetts ist Herr Carl Werlich von Rudolstadt.

ad 2) Sollte heißen: von Westen her, und ist kein Gedicht, sondern ein Beyblatt zu der Cölnischen Zeitung, wovon eine Stelle des reisenden Roussels über mich und meine Zustände gegeben wird, und möchte sich dieselbe nicht zum Abdruck bey dieser Gelegenheit qualificiren.

ad 3) Das Gedicht einer Freundin wage nicht zu publiciren, eben so wenig als meine darauf erlassene Erwiderung. Nur das schöne und musterhafte Kränzchen war Ursache, daß die Kenntniß davon außer dem innersten Kreise gelangte.

ad 4) Die akademische Rede soll sogleich aufgesucht werden.

ad 5) Hiebey die verlangten 50 Dankesblätter.

[227] Übrigens wollen wir die Kaiser regieren lassen und sehen, wie wir mit uns selbst fertig werden.

Danckbar

gehorsamst

Weimar den 6. Januar 1826.

J. W. v. Goethe.


40/192.


An Carl Gustav Carusund Eduard Joseph d'Alton

Wenn ich das neuste Vorschreiten der Naturwissenschaften betrachte, so komm ich mir vor wie ein Wandrer, der in der Morgendämmerung gegen Osten ging, das heranwachsende Licht mit Freuden anschaute und die Erscheinung des großen Feuerballens mit Sehnsucht erwartete, aber doch bey dem Hervortreten desselben die Augen wegwenden mußte, welche den gewünschten gehofften Glanz nicht ertragen konnten.

Es ist nicht zuviel gejagt, aber in solchem Zustande befinde ich mich, wenn ich Herrn Carus Werk vornehme, das die Andeutungen alles Werdens von dem einfachsten bis zu dem mannichwachsten Leben durchführt und das große Geheimniß mit Wort und Bild vor Augen legt: daß nichts entspringt, als was schon angekündigt ist und daß die Ankündigung erst durch das Angekündigte klar wird, wie die Weissagung durch die Erfüllung.

Rege wird sodann in mir ein gleiches Gefühl, wenn ich d'Alton's Arbeit betrachte, der das Gewordene[228] und zwar nach dessen Vollendung und Untergang darstellt und zugleich das Innerste und Äußerste, Gerüst und Überzug, künstlerisch vermittelt vor Augen bringt und aus dem Tode ein Leben dichtet. So seh ich auch hier wie jenes Gleichniß paßt. Ich gedenke, wie ich seit einem halben Jahrhundert auf eben diesem Felde aus der Finsterniß in die Dämmerung, von da in die Hellung unverwandt fortgeschritten bin, bis ich zuletzt erlebe, daß das reinste Licht jeder Erkenntniß und Einsicht förderlich, mit Macht hervortritt, mich blendend belebt und indem es meine folgerechten Wünsche erfüllt, mein sehnsüchtiges Bestreben vollkommen rechtfertigt.

Herren Carus und d'Alton

zum neuen Jahre

treu theilnehmend

und ergeben

Weimar [7. Januar] 1826.

J. W. v. Goethe.


Bescheidene durch Vorstehendes veranlaßte Anfrage.


Die untere Kinnlade des Schellfisches erscheint wie eine aufgeblasene Schote; durchsägt zeigt sich zwischen der äußern und innern Lamelle ein fest-anliegender Knochenkörper. Sollte man diesen als Andeutung eines bey diesem Geschlecht nie zur Entwickelung kommenden Zahnes halten dürfen?[229]


40/193.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Excellenz

erstatte dankbarlichst den höchst gelungenen Aufsatz, welcher immer besser zu werden scheint jemehr man sich mit ihm bekannt macht; nur wenig einzelne Bemerkungen fügt ich bleystiftlich zur Seite. Die Hauptstelle glaubt ich in dem Sinne verfassen zu müssen wie sie etwa in funfzig Jahren ein freydenkender Geschichtsschreiber aufführen würde.

Wenn das Einzelne durch die Zeit ausgelöscht wird so geht das Allgemeine rein hervor; die Handlungen verschwinden, die Gesinnungen bleiben übrig, man hört auf nach den Mitteln zu fragen, die erreichten Zwecke treten vor die Seele des Betrachters.

Billigen Ew. Excellenz diese Gedanken, so werden Sie beurtheilen ob ich in der Ausführung glücklich gewesen. Das niedergeschriebene Wort, insofern der Sinn einigermaßen annehmlich erscheint, einsichtiger Wahl überlassend.

Verehrend, vertrauend angehörig.

J. W. v. Goethe.

Verzeihung der fremden Hand!

Die meine fördert nicht mehr

Weimar den 7. Januar 1826.[230]


[Beilage.]

Leider ward jedoch in jenen bewegten Zeiten manches Mißverständniß fühlbar; das aufgeregte Gemüth deutscher Jünglinge und Männer, vertrauend auf vaterländische Gesinnungen und gelungene That, schien das Neubefestigte abermals zu bedrohen. Dieses gab den edelsten, zu Staatsverwesern berufenen Geistern sorgliche Bedenklichkeiten; und hier mußten zweyerlei Ansichten hervortreten: die eine, das in der Zeit Bewegte, augenblicklich Aufbrausende sey unmittelbar zu dämpfen; die andere, dem Gang dieser Epoche solle man bedächtig zusehen und, auf dessen Verlauf achtsam bleibend, zu rechter Zeit dienliche Heilmittel anwenden.

Jene hielten sich durch manche tadelnswerthe, ja erschreckende Unregelmäßigkeiten berechtigt, auf ihren Grundsätzen zu verharren und deshalb die nöthig erachteten Vorschritte gemessen zu thun; diese jedoch überzeugt, daß nach vorübergegangener Crise eine frische Gesundheit sich offenbaren werde, suchten in stiller Milde das verlorene Gleichgewicht wieder herzustellen.

Freylich gehörten Jahre dazu, und diese Verfahrungsart zu rechtfertigen; und wir dürfen uns glücklich preisen, daß nach manchem Schwanken sich endlich bewahrheitet: nur ein allgemeines Vergeben und Vergessen könne ganz allein das verlorne Gleichgewicht[231] sowohl, als das gestörte wechselseitige Vertrauen nach und nach wieder herstellen.

Wie erfreulich muß es daher seyn in Ihrer Gegenwart verbundene Brüder, getrost auszusprechen, wie wir in so treuen, als mäßigen Gesinnungen, unverwandt ausdauernd und wirkend, uns von diesen erwünschten Folgen auch einen Theil ohne Anmaßung zuschreiben dürfen.


40/194.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, Beykommendes noch einmal durchsehen, damit es Inhalts-, Zeit- und Ortgemäß erscheinen möge. Ich komme mir vor wie ein alter Einsiedler, der selten in die Landsgemeine kommt und alsdann doch wohl etwas vorbringt welches den Zuhörern nicht munden mag.

Vorbehältlich manches Andern, ein so eben eingehendes Nachgedicht mittheilend. Der Gedanke wäre gut nur müßte er würdiger und glücklicher ausgedruckt seyn.

Weimar den 7. Januar 1826.

G.


40/195.


An Sulpiz Boisserée

Indem ich mich nach und nach von dem vielen Guten erhole, womit der siebente November mich überraschend beglückt hat, sehe ich mich zuerst nach Ihnen[232] um und wünsche zu vernehmen, wie sich Ihre Gesundheit diese Monate über gehalten hat; sodann aber erlaube ich mir die Anfrage, wie es mit Ihren Geschäften und Unternehmungen geht und ob wir auch an unserm Theil bald davon erwünschten Genuß hoffen dürfen? Wie steht es mit Ihrem Domwerk, wie mit den lithographirten Blättern? Lassen Sie mir, was davon fertig ist, gelegentlich zukommen.

Von mir kann ich soviel sagen, daß ich mich diese Monate her, ungeachtet disproportionirter Anforderungen an meine Persönlichkeit, nach meiner Weise sehr wohl befunden, aber auch wie wiederholt erfahren habe, daß man sich gegen Freude so gut als Schmerz zusammennehmen und rüsten müsse.

Vorstehendes eine Weile schon unter meinen Papieren zaudernd wird auf einmal aufgeregt durch freundlichen Brief und Sendung. Köstlich wie immer sind die lithographirten Blätter. Schon vor ihrer Ankunft ließen sich die Weimarischen Kunstfreunde in Rücksicht auf die früher gesendeten folgendermaßen vernehmen:

»Immer sind wir noch der Meynung daß die vorzüglichsten Blätter, welche Herr Strixner in Stuttgart nach Gemälden altniederländischer und deutscher Meister aus der Sammlung der Herren Boisserée und Bertram verfertigte, den Rang über alle andere Steindrücke behaupten. Die äußerst zarte, nette Ausführung, gewaltige Kraft und Tiefe der dunklen Partien,[233] im Bunde mit gewissenhaft treuer Darstellung des eigenthümlichen Charakters der Vorbilder, machen diese Blätter – (und wir zielen hier zunächst auf die spätere Wiederholung des heiligen Christophs nach Hemmling, wie auch auf die heilige Christina nach Schooreel) in doppelter Hinsicht hochschätzbar; theils verhelfen sie zu richtigen Begriffen über die Kunstbeschaffenheit der dargestellten alten Gemälde und dem was die Meister derselben zu leisten vermocht; theils gehören sie auch hinsichtlich auf die mechanische Ausbildung des Steindrucks zu den vollkommensten Productionen desselben.«

Vorliegendem sollte, mein Theuerster, noch einiges Allgemeine und Besondere vielleicht weniger Nöthige beygefügt werden, als Ihr wichtiger Brief anlangt, dessen Absicht und Inhalt wir zu schätzen wissen. Die beiderseitige Annäherung ist höchst erfreulich und so wird es wohl an einem völligen Abschluß zu nächst nicht fehlen. Gegenwärtiges erhalten Sie mit umgehender Post wie es vorlag, mit der nächsten das Weitere. Ich sehe es als höchst glücklich an daß unser seit so vielen Jahren wirksames Verhältniß sich in diesem Falle so treulich als trefflich in Wirksamkeit erweist.

Herrn v. Cotta die allerbesten Empfehlungen.

Herzlich danckbar, treu verbunden.

Weimar den 8. Januar 1826.

Goethe.[234]


[Beilage.]

Nichts angenehmeres hätte mir in gegenwärtiger Lage begegnen können als daß Sie abermals in dem mir so wichtigen Geschäft vermittelnd eintreten wollen; vielleicht sind Sie mit den Ihrigen die einzige Person welche mitempfinden kann, wie schwierig die Entschließung sey, wenn man den gesammten Schatz eines operosen Lebens einem Dritten übertragen und sich dessen gewissermaßen entäußern soll. Mein höchster Wunsch ist daß meine Vaterstadt möge das Glück haben zum endlichen Besitz Ihrer unvergleichlichen Sammlung zu gelangen.

Und so darf ich denn wohl sagen daß wir zwar höchst ungern aber doch in Betracht Ihres Zusprechens auf die frühere Summe wieder zurückzugehen, jedoch unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, daß uns wenigstens etwas auf andere Weise zu Gute komme.

Ohne daß ich es erwähne sagen Sie sich selbst, daß der Handel bey uns genugsam durchgesprochen, berechnet, geboten und überboten worden, so daß wir in diesem Falle uns schmeicheln dürfen nicht unklar zu seyn und ohne Grund zu handeln. Ich lege daher den abermaligen Entwurf eines Contracts bey.

Der fünfte Punct ist nach Herrn v. Cottas Verlangen abgefaßt, der sechste enthält eine geringe Vergütung wodurch die in der neuern Zeit gesteigerten Gebote keineswegs aufgewogen werden; der zehnte[235] enthält eine nach eigener dortiger Überzeugung unwahrscheinliche Hoffnung: daß man in der Folge langsam, nach und nach, die Früchte gegenwärtiger Entsagung genießen könne.

Die bisherigen Ereignisse, worauf wir diese Bedingungen fußen, will ich nicht weitläufig auseinandersetzen, es sey, genug zu sagen daß man erst nach und nach im Buchhandel die hohe Bedeutung des Unternehmens gewahr worden, daß große Gebote von sichern Häusern erfolgt und zugleich manches Angenehme, das Äußere der Ausgabe betreffend, zugesagt worden, ja daß man zuletzt im Gefolge der vollständig eingegangenen Privilegien ohne Bedenken ausgesprochen hat: die Angelegenheit sey für einen Einzelnen zu groß, man müsse sie durch Actien zu einer gesellschaftlichen erheben, wobey denn in der Ferne ein übermäßiger Gewinn gezeigt wurde. Mögen nun auch dergleichen Vorbildungen des Mercantilfundaments ermangeln, so zeugen sie doch von der großen, diesem Geschäft zugewendeten Aufmerksamkeit und von der mannichfaltigen Bewegung, welche dadurch in dem deutschen Buchhandel entstanden.


Entwurf.

1) Die neue Ausgabe von Goethischer Werke,

2) bestehend aus vierzig Bänden nach dem schon mitgetheilten Inhalts-Verzeichniß,[236] 3) wird der J. G. Cottaischen Buchhandlung zu Stuttgart überlassen und zwar

4) auf zwölf Jahre d.h. von Ostern 1826 bis Ostern 1838.

5) Der Betrag des Honorars ist vorerst auf

sechzigtausend Thaler sächsisch

nicht unter 1/6 Stücken festgesetzt.

6) Man bedingt sich jedoch außer vorgedachter Summe noch fünftausend Thaler in vorerwähnten Münzsorten bey Unterschrift des Contracts.

7) Die ganze Ausgabe wird in vier Jahren zu vollenden seyn, jährlich zwey Lieferungen jede zu fünf Bänden, welche der Autor successive abreicht, dagegen würde

8) von Messe zu Messe der achte Theil des Honorars mit 7500 Thalern sächsisch und zwar Ostern 1826 zum erstenmal, gezahlt.

9) Sind zwanzigtausend Exemplare abgesetzt, so tritt eine neue Berechnung ein und es werden

10) von jeden hiernächst abgesetzten eintausend Exemplaren dem Autor immer dreytausend Thaler, in vorerwähnten Münzforten gezahlt, und so fort.

11) Von den einzeln zu druckenden Theilen überläßt man dem Herrn Verleger jeden Vortheil allein und behält sich nur eine noch zu bestimmende Anzahl Freyexemplare vor.

12) Diese neue Ausgabe von 40 Bänden besteht

A. in einer anständigen Octav-Ausgabe,

[237] B. in einer Taschen-Ausgabe, bey beiden behält sich der Autor die Einwirkung bey Wahl des Formats, Papiers und der Lettern vor.

13) Ob nun gleich durch den Punct 10 der Zeitcontract aufgehoben scheint, so ist dieses jedoch nicht der Fall, sondern zu Anfang des 9. Jahres, treten beide theilnehmende Parteien zusammen und contrahiren auf's neue, nach Verabredung, in welcher Maaße der Contract festgesetzt werden soll. Käme alsdann, wie nicht wahrscheinlich, eine Vereinigung nicht zu Stande, so muß bey eröffneter Concurrenz dem Autor frey bleiben dem Mehr- oder Minderbietenden seine Rechte anzuvertrauen.

14) Die Übersicht über dieses ganze Geschäft wird durch eine doppelte Buchführung in noch näher zu bestimmender Maaße bedingt.

15) Der Subscriptionspreis wäre auf circa 20 Gulden festzusetzen.

16) Bedingt man sich die herkömmlichen Freyexemplare, wie solches auch bey der früheren Ausgabe statt gefunden.

Schließlich behält man sich vor, die beide contrahirende Theile gegen einander sicherstellenden juristischen Formen, in dem nach erfolgter Zustimmung in vorstehende Puncte förmlich zu entwerfenden Contract, noch nachzubringen.

pp.[238]


40/96.


An Friedrich Theodor von Müller

Gestern Abend habe ich nur einen flüchtigen Blick über diesen Ocean gewagt und entferne mich alsobald wieder davon. Das Werk ist, auch nur im Allgemeinen überschaut, bewundernswürdig; man wird besser thun, davon zu schweigen, es zu genießen und sich daraus zu belehren. Empfehlen Sie mich dem vortrefflichen Herrn Verfasser aber und abermal.

Hiebey die kleine Vergütung für die Diener; die bewußten Schreiben erfolgen, sobald eingewilligt ist.

Gedenken Sie aber doch auch vorher meiner Wünsche gegen den Verleger: uneigennützig zu seyn wäre mir dießmal gar zu unbequem; Sie werden schon geneigt dafür sorgen. Ich habe dagegen noch Einiges, womit ich das Heft ausstatten kann.

Das Übrige mündlich. Mich bestens empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 9. Januar 1826.

J. W. v. Goethe.


40/197.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey den wohlgelungenen Aufsatz zurück, er wird, bey wiederholtem Lesen, nur erfreulicher. Sollte es thulich seyn, am schicklichen Ort, mit einer bedeutenden[239] Stelle der Frau Gemahlin und fürstlichen Familie noch zu gedenken, so wäre es zum Vortheil.

2) Wollten Sie beyliegenden Brief des Grafen Portolis für mich einmal abschreiben lassen und eine Abschrift des wichtigen Documents für Sich behalten. Durch eine Stelle eines Briefs des Grafen Reinhard wurde veranlaßt, Ihnen solchen zu schicken nebst einem kurzen Promemoria, welches gelegentlich mittheile.

3) Könnten Sie mir bald ein illuminirtes Exemplar der symbolischen Bilder meiner Decoration und zwölf Exemplare schwarz gedruckt verschaffen, so geschähe mir ein besondrer Gefallen, welchen zu erwidern nicht verfehlen würde.

4) Was sagen Sie zu beyliegendem poetischen Blatte? Der Gedanke möchte gut seyn, nur ist die Ausführung kaum gelungen.

Anderes möge auf mündliche Berathung verspart seyn.

gehorsamst

Weimar den 11. Januar 1826.

G.


40/198.


An den Freiherrn Heinrich von der Tann

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben vor einiger Zeit mir freundlich angeboten, meine Sammlung der Handschriften vorzüglicher Personen geneigt zu vermehren und ich erkenne solches mit verpflichtetem[240] Dank. Ein Verzeichniß derselben wäre nicht so leicht, weil sie aus vielen Abtheilungen, theils in Futteralen, theils gebunden, auch in ältern und neuern Stammbüchern besteht. Wollen Dieselben aber die Gefälligkeit haben, mir etwa eine Partie von denen, die Sie ablassen können, zu übersenden: so würde davon, was mir fehlt, zurückbehalten und das Übrige mit Dank und beygefügten Einzelheiten aus meinem Doublettenvorrath zurückschicken, oder sonst etwas Freundliches zu erweisen trachten.

Für solche Gefälligkeit dankbar verpflichtet, habe die Ehre, mich zu unterzeichnen.

Weimar den 11. Januar 1826.


40/199.


An Sulpiz Boisserée

Die Eile womit wir die, bey Einlangung Ihres werthen Schreibens, zur Ausfertigung vorbereitet liegenden Papiere fortschickten wird Sie überzeugen wie viel uns daran liegt das angeknüpfte Geschäft ruhig fortzusetzen und es freut uns daß wir durch jene Erklärung denen durch Sie gethanen Vorschlägen aus eigenem Antrieb entgegen kommen.

Lassen Sie mich jedoch das Hauptübel, das bey dieser Verhandlung obwaltet, aussprechen: es ist dieß: daß der Verleger jederzeit genau weiß was ihm und seiner Familie frommt, der Autor dagegen völlig[241] darüber im Dunkeln ist. Denn wo sollte er in dem völlig gesetzlosen Zustande des deutschen Buchhandels Kenntniß nehmen was darinnen Rechtens ist, was Herkommens und was nach sonstiger Convenienz Buchhändler sich einander verzeihen und gegen die Autoren erlauben. Daher kommt es denn daß der Verleger sich gar bald, auch in den wichtigsten Fällen, entschließt der Autor dagegen schwanken und zaudern muß.

Sodann auch setzt Ihr liebes Schreiben uns in nicht geringe Verlegenheit. Sie haben, wie es einem Ver mittelnden wohl ansteht, die Argumente des Herrn v. Cotta, welche derselbe gegen uns aufstellt, treu überliefert; sollen wir jedoch die Gegengründe, womit wir jene zu entkräften glauben, deutlich und unumwunden aussprechen, so kommen wir in den unangenehmen Fall das Vergangene wieder zur Sprache zu bringen, welches wir lieber, da von Erneuerung eines früheren guten Verhältnisses die Rede ist, der Vergessenheit überließen.

Vielleicht kommen wir auch zum Zwecke ohne daß wir Sie mit einer so unangenehmen Darstellung behelligen dürfen.

Ich wünsche dieß um so mehr als ich mir in meinen Jahren in jedem Geschäft alle Empfindlichkeit verbiete und nur darauf sehe wo es gegenwärtig steht und wie der Gang desselben gefördert werden kann.

[242] Auch finden sich für uns in Ihrem Briefe dunkle Stellen, die, eben wegen jener oben beklagten Ungewißheit der Verhältnisse, uns vielleicht erst nach wiederholtem Lesen und Überlegen klar werden.

Haben Sie die Gefälligkeit das von uns in der letzten Sendung Vorgeschlagene und Zugestandene mit dem Freunde zu überlegen und dasjenige was uns noch scheidet genau zu articuliren.

Meine entschiedene Vorliebe für das Verhältniß mit Herrn v. Cotta hat sich seit 1823, als dem Termine des Ablaufs unseres früheren Contracts, immer unverrückt erwiesen; wie ich mich auf die seit jener Zeit erlassenen Briefe durchaus berufen kann, deren Inhalt, wenn ich mich auch der Worte und Ausdrücke nicht erinnere, diesen Gesinnungen ganz gewiß entspricht.

Lassen Sie uns also auf diesem concilianten Wege fortfahren, auf welchem Sie gewiß das Vergnügen haben eine für beide Familien so wichtige Angelegenheit zum Abschluß zu bringen.

Und hiezu komme denn noch einiges Förderliche. Daß die vollständigen Werke angekündigt werden geb ich gleichfalls nach, vielleicht setzte man wie bisher die erste Zahl der Bände auf vierzig, worin poetische Werke, ästhetische, literarische, kritische, historische und sonst versprochen würden. Die Zahl der wissenschaftlichen bliebe unbestimmt. Wobey sich von selbst versteht, daß sie nach Maaßgabe der vierzig vorhergehenden[243] honorirt werden. Die Redaction derselben wird indessen treulich besorgt.

Kunst und Alterthum, Morphologie u.s.w. gingen ihren ernsten Schritt vorwärts.

Dann ist wohl zu bemerkender Ort, daß in meinem Nachlaß dereinst, besonders auch in meiner wohlgeordneten Correspondenz sich Dinge finden werden welche, bey kluger Redaction für das Publicum von hohem Interesse seyn müssen; deshalb ich denn auch herzlich wünsche daß Herr v. Cotta mit den Meinigen und denen Männern, die mit mir arbeiten, und denen nach mir so wichtige Papiere zu behandeln zufallen, in ein zutrauliches humanes Verhältniß gelange.

Daß die Anzeige zugleich ein Musterblatt enthalte, auch als Muster gedruckt sey, wie der mir übersendete v. Humboldtische Bogen das Beyspiel gibt, ist sehr wünschenswerth.

Auch sehe aus der Ankündigung von Herders Werken daß nicht Pränumeration sondern Subscription verlangt werde, wodurch alle Beschwerden, wie solche über die Schillerische Ausgabe laut geworden, auf einmal gehoben sind.

Wegen der bisherigen Gebote können wir aus unseren streng geführten Acten soviel vermelden daß seit dem April vorigen Jahres von bedeutenden zwanzig Buchhandlungen Anträge geschehen welche, wie die Wichtigkeit des Geschäfts sich nach und nach aufklärte, zuletzt von ganz sicherer Handlung 70.000 Reichsthaler[244] und 80.000 Reichsthaler von zweyen dergleichen geboten worden und zwar mit Beybehaltung des Termins von zwölf Jahren.

Nun aber schließe ich mit der dringenden Bitte: werden Sie nicht müde die Sache wechselseitig aufzuklären; denn auf alle Fälle müssen die in einer so wichtigen Sache sich hervorthuenden Mißverständnisse und Schwierigkeiten, durch den obwaltenden guten Willen, sich endlich beseitigen lassen. Wofür wir auch Ihnen gern jetzt und in lebenslänglicher Folge den aufrichtigsten Dank abstatten.

So treu als vertrauend

angehörig

Weimar den 12. Januar 1826.

J. W. v. Goethe.


40/200.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Hofbanquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht an die Herren Kunsthändler Artaria und Fontaine in Mannheim die Summe von fünfundfunfzig Gulden rheinisch, für erhaltene Zeichnung, gegen Quittung auszahlen zu lassen und sich der Erstattung gedachter Summe von meiner Seite alsbald zu gewärtigen.

Weimar den 12. Januar 1826.[245]


40/201.


An den Senat der freien Stadt Frankfurt

Einem Hohen Senat

Verehrung und Vertrauen!


Niemand wird läugnen, daß demjenigen ein besonderes Glück zugedacht sey, der sich gern und mit Freuden seiner Vaterstadt erinnert. Mir ist es geworden, indem ich mich rühmen darf, durch Geburt einer der vier Städte anzugehören, welche ihre Freyheit von den ältesten Zeiten her bis auf den heutigen Tag erhalten haben.

Gewiß ist kein schönerer Blick in die Geschichte, als derjenige der uns belehrt, wie die Städte des nördlichen und südlichen Deutschlands, durch Thätigkeit, Rechtlichkeit, Zuverlässigkeit die bedeutendsten Körper gebildet und sowohl über dem Meere als über den Bergen, indem sie Leben und Handel verbreiteten, sich die größten Vortheile zu sichern wußten. Daher ist solchen Corporationen anzugehören für den denkenden und fühlenden Menschen von der größten Wichtigkeit, und er ehrt sich selbst, wenn er auszusprechen wagt, daß er des treuen biedern Sinnes seiner frühesten Stadtgenossen sich, auch entfernt, unter den mannichfaltigen Umständen und Bedingungen nicht unwerth zu erweisen das Glück hatte, ja, wenn man ihm das Zeugniß nicht versagt, daß er den gemäßigten Freysinn, eine rastlose Thätigkeit und geregelte Selbstliebe, wodurch[246] seine Mitbürger auszeichnet sind, an sich in den vielfältigsten Lagen zu erhalten getrachtet hat.

Nehmen deshalb die Hochverehrten freyen Städte, deren jede ich mit der Empfindung eines Mitbürgers betrachten darf, meinen verpflichteten Dank, daß sie durch ein entschieden ausgesprochenes Privilegium mir und den Meinigen die ökonomischen Vortheile unablässig bemühter Geistesarbeiten haben zusichern wollen.

Darf ich nunmehr mit der Hoffnung schließen, daß diese glückliche Einleitung auch künftig andern Mitgenossen der literarischen Welt zu Gute kommen werde, so empfinde den Vorzug doppelt mich eben so getrost als verehrend unterzeichnen zu können.

Eines hohen Senats

ganz gehorsamster Diener

Johann Wolfgang v. Goethe.

Weimar den 13. Januar 1826.


40/202.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Auf der Spazierfahrt habe unsere Angelegenheit nochmals gründlich durchgedacht und wünsche ehe Sie Hoheit sprechen nochmalige Unterhaltung.

W. d. 13. Jan. 1826.

G.[247]


40/203.


An Carl Friedrich Zelter

Wenn ich gleich, mein Allertheuerster, in meinen alten Tagen mich nicht grade mit den Ellenbogen durchzufechten habe; so kannst du dir doch, mit einiger Einbildungskraft, schon vorstellen daß ich, wenn du mich auch nur als Lenker meines eigenen Fuhrwerks betrachtest, dieses Jahr her nicht viel dämmern, ruhen und säumen durfte; deshalb mir denn unterwegs dein freundlich aufmunterndes Wort sehr oft zu Gute gekommen, indem es mir anschaulich machte daß andere anderes zu überwinden haben, und daher ein jeder sich wacker halten und nach seiner Art und Stelle sich behaupten muß.

Ich kann mir, in meiner fast absoluten Einsamkeit, kaum vorstellen daß solche Lust- und Lärmbilder an dir vorüber gehen, an denen du mir aus deinem Spiegel Theil lässest. Mit Macbeth und Euryanthen geh es, durch Aufwand, parteiische Anregung und selbst durch Anerkennung des Trefflichen, wie es will; beide geben keine eigentlich erquickende Vorstellung jener aus Überreichthum des Gehaltes, diese aus Armuth und Magerkeit der Unterlage. Doch weiß ich freylich nicht mehr was ein Theater-Publicum sey, oder ob es im Großen und im Kleinen sich befriedigen, vielleicht auch nur beschwichtigen lasse.

[248] Ein Abglanz davon erscheint mir jedoch dorther, da meine Kinder die Bühne nicht entbehren können, und das laß ich denn auch gut seyn.

Die Recensionen der Haude- und Spenerischen Zeitung mag ich gerne lesen; wie man denn überhaupt, wenn man auch nur selten in die Tagesblätter hineinsieht, manches ganz Vernünftige trifft woraus eine allgemeine gute Richtung, eine redliche Kennung und Anerkennung sich hoffen läßt.

Ich bin persönlich das Widerbellen durch viele Jahre gewohnt worden, und spreche aus Erfahrung: wir haben noch lange nicht zu fürchten daß wir überstimmt werden wenn man uns auch widerspricht. Nur keine Ungeduld! immer fort gehandelt und mit unter gesprochen! so findet sich am Ende noch eine genugsame Zahl die sich für unsere Art zu denken erklärt. Niemanden aber wollen wir hindern sich seinen eignen Kreis zu bilden; denn in unseres Vaters Hause ist Wohngelaß für manche Familie.

Angenehmes im Kunstsache ist mir widerfahren daß ich eine schöne Zeichnung von Julius Roman und eine von Guercin erhielt. Zwey solche Männer unmittelbar vergleichen zu können, sich an jedem nach seiner Art zu ergötzen und zu belehren, ist für denjenigen vom größten Werth der über Kunst und Kunstwerke auch wohl manchmal Worte macht, sie doch nur für nothwendiges Übel hält. Könnte ich nur von Zeit zu Zeit an Euren Gesängen Theil[249] nehmen, ich wollte versprechen: mir nie darüber auch nur eine Sylbe zu erlauben.

Ein Heft suche zu lesen etwa funfzig Seiten stark; es ist überschrieben: »Zwey Balladen von Goethe, verglichen mit den griechischen Quellen woraus sie geschöpft sind, von Director Struve. Königsberg 1826.« Indem der Verfasser Euch an den Born führt woher ich den Trank geholt, ist er freundlich genug zu beweisen daß ich das erquickliche Naß in einem kunstreichen Gefäß dargereicht habe. Was der Dichter vor so vielen Jahren wollte; wird doch endlich anerkannt. Es ist von dem Zauberlehrling und der Braut von Korinth die Rede. Mein Folgendes soll sich unmittelbar anschließen. »Wer will der muß!«

Und warum sollten wir nicht auch müssen?

Angehörig seyn und bleiben.

Weimar d. 15. Januar 1826.

Goethe.


40/204.


An Alois Clemens

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir ein besonderes Vergnügen gemacht, welches ich dankbar erkenne, daß Sie meiner bey Bearbeitung Darwinischer Ideen freundlich gedenken. Die Verdienste dieses Mannes sind mir zeitig bekannt geworden, und ich habe mich durch ihn auf meinen wissenschaftlichen Wegen auf mehr als eine Weise gefördert[250] gesehen. Seine Werke brachten mich mit Hofrath Brandes in nähere Berührung und ich versäumte nicht, in der Geschichte meiner Farbenlehre besonders Warings zu gedenken. Seit jener Zeit sind sie mir aus den Augen gekommen, und es wird mir gewiß wohlthätig, wenn Sie mir das früher Gekannte mit allem Gewinn der späteren Jahre wieder vor die Seele bringen. Dabey soll mir höchst angenehm seyn, auch von Ihrer Denk- und Studienweise das Nähere zu erfahren, indem ich von mancher Seite gar viel Gutes und Schönes von Ihren Bestrebungen vernommen habe.

Mich zum wohlwollenden Andenken zum besten empfehlend.

Weimar den 15. Januar 1826.


40/205.


An Theodor Martius

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch die übersendete Flasche einen sehr wünschenswerthen Beytrag zu meinem chromatischen Apparat verliehen. Das Phänomen, daß eine reine Trübe bey durchscheinendem Licht die gelbe Farbe, bey zurückgeworfenem mit dunklem Hintergrunde die blaue sehen lasse und daß man ferner durch Vermannichfaltigung des Beleuchtens und Beschattens die sämmtlichen Farben des bekannten Kreises hervorbringen[251] könne, halte ich nicht allein für höchst wichtig, sondern für das Fundament aller Chromatik.

Mit besonderem Antheil nehme daher den so entscheidend in die Augen fallenden Versuch auf, zu welchem jene Infusion die des beste Gelegenheit gibt. Je mehr und je öfter Sie diese Erscheinung denkenden Männern und Jünglingen vor Augen stellen, desto mehr wird eine Abtheilung der Physik, der ich mich besonders gewidmet habe, und die noch nicht zu allgemeiner Klarheit gelangen konnte, sich dem Auge des Geistes eröffnen und ihre hohe Wichtigkeit immer mehr bethätigen.

Erhalten Sie mir ein wohlwollendes Andenken und empfehlen mich allen die Ihren Namen führen, der besonders werthe und würdige Andenken bey mir's jederzeit aufregt.

Weimar den [15?] Januar 1826.


40/206.


An Johann Heinrich Meyer

Es will sich nun fast zu lange verziehen bis ich wieder zu einem vertraulichen Abendgespräch gelange. Mein Fuhrwerk ist in schlechten Umständen, deshalb solches nicht habe senden können.

Mögen Sie die beygemeldete Erlaubniß ausfertigen und die Erfüllung besorgen. Sagen Sie mir ein Wort, wie es Ihnen geht. Die Kälte setzt sich meinen allgemeinen Ordnungsabsichten[252] entgegen, deswegen suche ich sie im Kleinen vorzubereiten.

Die Guercinische Zeichnung nimmt sich auch bey Tage recht gut aus und was wir neulich bemerkten, tritt noch mehr hervor. Ich freue mich darauf, bey dieser Gelegenheit mich mit Ihnen ferner noch über diesen Meister zu unterhalten.

Auch von Hof- und Weltsachen möchte ich das Nähere besprechen; die Schwankungen sind noch immer größer, als man sich vorstellt, und man beruhigt sich über die geheimen Machinationen aus Bequemlichkeit durchaus zu früh.

Empfehlen Sie mich gelegentlich höchsten Orts zum Allerschönsten und Besten.

Treulichst

Weimar den 16. Januar 1826.

G.


40/207.


An Johann Friedrich Rochlitz

Wenn Sie, mein theurer vielgeprüfter Freund, räthselhaft finden sollten daß mit dem Gegenwärtigen einige Fasanen anlangen; so gehört folgende Auflösung dazu.

Eine Gesellschaft von Musikfreunden, nachdem sie sich einen Abend mannichfaltig ergötzt hatte, gedachte, bey'm frohen Mahl, daß man Ihnen den größten Theil dieses Vergnügens schuldig sey, indem Sie uns[253] mit einem so trefflichen, sich immer wohl haltenden Instrumente versehen; man trank Ihre Gesundheit und wünschte, daß Sie von den guten Jagdbissen mitgenießen möchten. Hiernach ward nun der gute Gedanke laut, daß die Vögel sich gar wohl zu Ihnen bewegen könnten. Ein Jagdfreund übernahm die Besorgung und nun kommen sie, begleitet von den besten Wünschen zum neuen Jahr und in Hoffnung, daß Sie solche gleichfalls mit Freunden theilnehmend, und unsrer eingedenk, genießen werden.

treulichst

Weimar den 18. Januar 1826.

J. W. v. Goethe.


40/208.


An Carl Wilhelm Göttling

[18. Januar 1826.]

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey einige Blätter zu geneigtem Gebrauch. Ein aufmerksamer Leser hat bey einigen Bänden meiner Werke seine Bemerkungen aufgeschrieben schrieben, welche sogleich mittheile, mich zu geneigtem Andenken und fortdauernder Mitwirkung allerschönstens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 16. Januar 1826.

J. W. v. Goethe.[254]


40/209.


An Carl Friedrich Zelter

»Wer will der muß!« und ich fahre fort: wer einsieht der will. Und so wären wir wieder im Kreise dahin gelangt wo wir ausgingen daß nämlich man aus Überzeugung müssen müsse; für die nächst folgende Zeit können wir daher viel Gutes hoffen.

So manches auf Kunst und Wissenschaft bezüglich kommt mir fast täglich vor die Augen, darunter wäre nichts Falsches wenn der Mensch nicht schwach wäre und er nicht zugleich das was für ihn das Letzte ist auch für das Letzte halten wollte. Überhaupt aber begegnen mir sehr viel schöne, reine, hohe Ansichten. Man läßt gelten was man nicht erreichen kann, man freut sich des was man nicht zu thun im Stande wäre wie denn doch am Ende jeder tüchtige Mensch verfahren muß um selbst etwas zu seyn, um nach seiner Weise zu wirken, was auch Dilettanterey und damit nothwendig verknüpftes Nivelliren, im Laufe des Tages verderben oder hindern mag. Am Ende stellt sich alles her, wenn derjenige welcher weiß was er will und kann, in seinem Thun und Wirken unablässig beharrt. Du weißt es am besten und erfährst es jeden Tag.

Von einigen Werken bildender Kunst, die mir zunächst in's Haus gekommen sind und auf deren Werth[255] ich mich im Augenblick stütze, fühl ich mich gedrungen Folgendes zu vermelden. In Rom wohnte ich im Corso, dem Grafen Rondanini gegenüber; dieser besaß, nebst andern herrlichen Kunstwerken das Angesicht, die Maske einer Meduse, über lebensgroß, aus weißem Marmor, von merkwürdiger Vortrefflichkeit. Wir Künstler und Kunstgenossen besuchten sie oft, ja ich hatte sogar einen guten Abguß derselben auf meinem Saale stehen. Diesen Anblick, der keineswegs versteinerte sondern den Kunstsinn höchlich und herrlich belebte, entbehrte ich nun seit vierzig Jahren, wie so manches andere Große und Schöne töne. Endlich vernehme daß sie mir so viel näher, daß sie nach München gerückt sey, und wage den kühnen Wunsch einen Abguß davon zu besitzen. Dieser ist nicht zu gewähren, aber ein trefflich erhaltener Abguß, auf Ihro des Kronprinzen Hoheit Befehl von Rom verschrieben, wird mir nun durch die Gunst Ihro Majestät des Königs.

Da es verpönt ist hierüber Worte zu machen sage nur soviel: daß ich durch diese sehnlich gehoffte Gegenwart über die Maßen glücklich bin und nur wünschte daß uns beiden verliehen wäre sie zusammen [zu] betrachten.

Doch erneut sie mir von einer Seite ein schmerzlich Gefühl, denn ich muß mir dabey wiederholen jener Zeit, da ich den Werth solcher Schätze nicht genugsam einsah, standen sie mir vor Augen; jetzt,[256] da ich sie auf einen gewissen Grad zu würdigen verstehe, bin ich getrennt von ihnen durch weite Klüfte.

Indessen mag es auch gut seyn! Denn man kommt doch in Gegenwart solcher Dinge, die zu größerer Zeit, durch mehrvermögende Menschen hervorgebracht worden, außer Geschick und Richte. Und selbst das verständige Bemühen, sich dadurch nicht zu einem falschen Streben hinreißen zu lassen, erweckt ein peinliches Gefühl, wenn es nicht gar damit endigt unsere Lebensthätigkeit zu verkümmern.

Und nun laß ich dir abschreiben was ich über ein späteres, in seiner Art hochzuverehrendes des Kunstwerk in diesen Tagen aufgesetzt habe:

Eine große sorgfältige Zeichnung von Julius Roman mit vielen Figuren, zum größten Theil wohl erhalten, ist eine köstliche Acquisition, ohne Zweifel das Original das Diana von Mantua in Kupfer gestochen hat. Christus vor der schönen Thüre des Tempels, nach Raphaels Vorgang mit gewundenen Säulen geschmückt. Er beruhigt warnend die neben ihm aufrecht stehende beschämte Ehebrecherin, indem er zugleich die pharisäischen Susannenbrüder durch ein treffendes Wort in die Flucht schlägt. Sie entfliehen so kunstgemäß tumultuarisch, so symmetrisch verworren daß es eine Lust ist, stolpern über die Bettler, denen sonst ihre Heucheley zu Gute kam und die für dießmal unbeschenkt auf den Stufen liegen. Der Federumriß ist von der größten Nettigteit und Leichtigkeit[257] und fügt sich dem vollkommensten Ausdruck. Siehe Bartsch peintre graveur Vol. XV. p. 334. Blat und Nachweisung finden sich gewiß in Berlin.

Allem Guten befohlen!

W. 21. Jan. 1826.

G.


40/210.


An Carl von Gersdorf

[Concept.]

Hochwohlgeborner Freyherr,

Höchstgeehrtester Herr.

Ew. Excellenz haben durch die freundlich-bedeutende Sendung mir eine ganz unerwartete große Freude gemacht. Wenn ich Dieselben zu feyerlicher Stunde bey mir begrüßen konnte, so vermehrte dieß die festlichen Empfindungen, die uns damals über uns selbst erhoben; deshalb hatte denn die Erneuerung eines so schätzbaren Andenkens für mich den größten Werth.

Es muß ganz eigne, große Gesinnungen in uns erregen und fördern, wenn wir im Einzelnen bethätigt finden, was wir im Ganzen aus einer gewissen Ferne innerhalb unsrer Lebzeit betrachteten, daß während unser Bemühen und Streben nach würdigster Überzeugung sich mit möglichster Thätigkeit richtete, auch andere in ihrem Kreise zu hoher Zwecken sichere und folgerechte Schritte thaten.

Das mir übersendete Heft gibt uns das sicherste Zeugniß, wie binnen einer langen Reihe von, Jahren[258] ein trefflicher Mann dem andern folgend unter erhabenem leitendem Schutze ein Geschäft fortführte, so daß es nicht allein bis auf den heutigen Tag besteht, sondern auch immer fortschreitend sich der Zeit und ihrem Gewinne gemäß in Thätigkeit erhält, wodurch denn ganz unschätzbare Einwirkungen auf den einzelnen Staat, auf die Verbündeten, ja auf die Welt geleistet und ausgebreitet werden.

Dieß alles zu beherzigen gibt das mir zu dankbarster Anerkennung mitgetheilte Werk die beste Gelegenheit; und wenn man im Laufe des Lesens durchaus zu ernsten Betrachtungen und Gefühlen gestimmt wird, so erheitert die angefügte Zeichnung den Blick, indem sie uns auf einmal durch Vergleichung darlegt, wie viel Unnützes und Hinderliches nach und nach von einem Stande weggenommen worden, dessen Bestimmung es ist, so beweglich und freythätig zu seyn, als Augenblicks so kräftige wie rasche Unternehmungen verlangen.

Möge das alles nach dem Willen und unter dem Schutze eines so lange höchstbedeutend wirkenden Fürsten, unter der einsichtigen und glücklichen Leitung Ew. Excellenz in möglichster Dauer fortwirken und auch mir vergönnt seyn, die mir beschiedene Zeit über ein theilnehmender Zeuge zu bleiben und zugleich alles des Wohlwollens zu genießen, welch es zu verdienen ich bestrebt war, wenn es mir auch über Verdienst geworden ist.

Weimar den 21. Januar 1826.[259]


40/211.


An Carl Friedrich von Reinhard

[Concept.]

[23. Januar 1826.]

Zuvörderst also, verehrtester Freund, meinen lebhaftesten Dank für das wohlgerathene Bildniß, welches, wenn auch von einem Liebhaber gefertigt, eine geistreiche Ähnlichkeit keineswegs verläugnet. Die Zeichnung hat viel Vorzüge vor dem lithographirten Blatte, doppelten Dank also, daß Sie mir solche haben zutheilen wollen. Auch unsere Frau Großherzogin hatte Sie sogleich erkannt und sich daran erfreut.

Veranlaßt durch eine Stelle Ihres freundlichen Briefes, die ich abschriftlich beylege (A), verfaßte ich ein kurzes bescheidenes Promemoria (B) welchem ich Ihre Aufmerksamkeit erbitte.

Könnte man von den Verhandlungen der Pariser Commission wovon das Nähere gleichfalls beyliegt (C) etwas Umständlicheres erfahren so wäre es von großem Werth. Die Angelegenheit wegen des Nachdrucks darf und kann nicht ruhen; ich glaube meinen Zeitgenossen und der Welt schuldig zu seyn auf denen mir gegönnten Vortheilen nicht egoistisch zu verstummen.

Da die bisherigen auswärtigen Vorgänge der Nation, welcher Sie, mein Theuerster, verpflichtet sind, zur größten Ehre gereichen und nach den eben benannten Einleitungen zunächst gereichen werden; so haben Sie auch gewiß deshalb doppelte Neigung die[260] Sache in's Klare zu setzen, worauf es eigentlich jetzt nur ankommt.

Die französischen Journale worin diese Angelegenheit zunächst, wie sich erwarten läßt, ausführlich behandelt wird kommen auf alle Fälle früher zu Ihnen als zu mir und ich darf deshalb eine baldige Mittheilung hoffen. Den Herrn Grafen Beust bitte mit den schönsten Empfehlungen auch hievon in Kenntniß zu setzen.

Gedencken Sie mein zu guter Stunde mit den theuren Ihrigen; mich wird es immer höchlich freuen wenn ich direct oder indirect von beyderseitiger Zufriedenheit und heiterm Wohl vernehme.


[Beilage.]

Geneigtest zu gedenken.


Im Laufe des vergangenen Jahres, las ich in den Zeitungen, daß ein französischer Componist und dessen Verleger, weil sie den Text einer Oper ohne Begrüßung und Einwilligung des Poeten unter die Noten gesetzt und edirt hatten, den gegen sie erhobenen Prozeß verloren und zum Ersatz verdammt worden.

Neuerlich las ich daselbst gleichermaßen, daß in Paris eine Commission von nahmhaften Männern niedergesetzt worden, welche für die Rechte und Befugnisse des Autors Sorge tragen sollten.

[261] Ferner zeigt die Abschrift eines Schreibens des Minister Grafen Portalis vom Jahr 1810, daß ein Gesetz auch zu Gunsten der Ausländer vorhanden sey.

Da nun dieses schwerlich möchte in der Zeit aufgehoben seyn, auch höchstwahrscheinlich ist, daß die obgemeldete Commission nicht engherziger denken werde, als ihre gesetzgebenden Vorgänger, so darf ein deutscher Autor allerdings den Wunsch hegen, zu erfahren, wie diese Angelegenheit gegenwärtig in Frankreich steht, und würde für die ihm so wichtige Nachricht auf das höchste dankbar seyn.

Weimar den 10. Januar 1826.


40/212.


An Franz Ignaz von Sterber

[Concept.]

[24. Januar 1826.]

Ew. Hochwürden

freundlichste Zuschrift hat mir eine besondere Freude bereitet; denn ein höchstunterrichteter Mann, welcher sich in dem beneidenswerthen Zustande befindet, die anziehendsten Kunstschätze des Alterthums und der neuern Zeit täglich vor Augen zu haben, für ihre Erhaltung und Vermehrung zu sorgen, überzeugt mich, daß auch dasjenige seiner Aufmerksamkeit werth sey, was mir zu Gunsten in diesem Fache durch höchste Gnade geschehen ist.

Die Medaille, zu meinem am 7. November vorigen Jahres gefeyerten Dienstjubiläum geprägt, war eine[262] höchst überraschende Gabe wie jeder Fühlende mit mir empfinden wird. Sie ward an jenem Tage nur in wenigen Exemplaren mir und den Meinigen eingehändigt, und außerdem nur noch Einmal auf der öffentlichen Bibliothek niedergelegt; doch darf ich hoffen, daß es meinem gnädigsten Herrn gefallen werde, mir nächstens dieselbe, zu weiterer Mittheilung, in mehreren Exemplaren zu gewähren.

Ew. Hochwürden bleiben überzeugt, daß ich die Absicht zu schätzen wisse, diese Denkmünze in einen so großen und einzigen Schatz mit aufnehmen zu wollen; daher ich gewiß nicht verfehle, eins der ersten mir zu Handen kommenden Exemplare alsobald zu übersenden.

Dieser Versicherung darf ich wohl hinzufügen, daß ich meinen Brief mit einer gewissermaßen traurigen Empfindung schließe: denn eine so geneigte Zuschrift regt in mir den täglichen, kaum zu erfüllenden Wunsch nur lebhafter auf, mich in Sie Residenz begeben zu können, wo so vieles Herrliche, gegen welches meine Studien ganz eigentlich gerichtet sind, verwahrt wird und wo, außer dem freundlichen Empfang so hochgebildeter Bewohner, ich mir auch wohl des Glücks schmeicheln dürfte, Ihro Königlichen Majestät, dem erhabenen Kenner, Sammler und Förderer, für bisherige gnädigst erwiesene unschätzbare Huld einen allerunterthänigsten Dank persönlich zu Füßen zu legen.

Weimar den 16. Januar 1826.[263]


40/213.


An Carl Friedrich Naumann

[Concept.]

[24. Januar 1826.]

Ew. Wohlgeboren

mir zugesendete wichtige Schrift kam bey mir zur guten Stunde und ich habe sie sogleich bis Seite 45 mit Vergnügen wiederholt gelesen. Hier aber stehe ich an der Gränze, welche Gott und Natur meiner Individualität bezeichnen wollen. Ich bin auf Wort, Sprache und Bild im eigentlichsten Sinne angewiesen und völlig unfähig durch Zeichen und Zahlen, mit welchen sich höchst begabte Geister leicht verständigen, auf irgend eine Weise zu operiren.

Indem ich aber für den mir verständlichen Theil den besten Dank ausspreche, füge ich den Wunsch hinzu, daß es Ihnen nunmehr gefallen möge, die Krystallographie den Zwecken des deutschen Studirenden anzunähern, damit solche junge Männer, welche die Hauptbegriffe der Naturwissenschaft zu fassen nur die Zeit haben, nicht abgeschreckt werden, sondern von einer Lehre den elementaren Gewinn ziehen, den jeder nach Fähigkeit und Liebhaberey alsdenn steigern möge.

Betrachten wir die Naturwissenschaften in ihrer gegenwärtigen Stellung, so werden sie dem Liebhaber immer unzugänglicher. Das erweiterte Feld gehört am Ende nur den Meistern, welche sich darin unterhalten, oder auch bestreiten; nun muß aber die Zeit[264] kommen daß die Breite wieder in die Enge gezogen wird, daß die Hülfswissenschaften sich auf einen gewissen Mittelpunct beziehen und wirklich Hülfe leisten.

Beschaut man Krystallographie, stöchiometrische und elektrische Chemie, so findet man diese in einander greifenden Regionen gränzenlos unübersehbar. Wäre von diesen dreyen eine allgemeine vielleicht nur historische Kenntniß gegeben und mit einer faßlichen Mineralogie, wovon ja schon Beyspiele vorhanden sind, in Verbindung gebracht, so müßte jeder Studirende für unentbehrlich halten, seinen Geist mit solchen Vortheilen zu schmücken. Wie gern würde jeder eine Lehre vernehmen, die ihm so große Umsichten in's Ganze und so schöne Einsichten im Einzelnen gäbe.

Hiebey aber dürfen wir uns nicht verläugnen, daß, wenn die Wissenschaft alle Ursache hat das Quantitative dem Qualitativen gleichzustellen, ja es vorzüglich zu behandeln, dennoch, wenn vom Unterricht die Rede ist, der Lehrer sehr im Vortheil sey der versteht für die sinnliche Jugend das Qualitative hervorzuheben, worauf die Empirie doch eigentlich angewiesen ist. Dieses wäre sodann die exoterische Lehre, die desto sicherer und glänzender seyn würde, wenn Sie die wohlbegründete esoterische, als festen Hintergrund und erhöhende Folie, durch sich durchscheinen ließe.

Nehmen Ew. Wohlgeboren Vorstehendes als Zeugniß des mir in der, leider nur allzukurzen Zeit Ihres Hierseyns eingeflößten und durch mitgetheilte Schriften[265] nur erhöhten Vertrauens. Fahren Sie fort mir, insofern ich noch in Ihrer Nähe wandle und wirke, ein gleiches zu erhalten und lassen mich an Ihren gründlichen Arbeiten, insofern sie mir faßlich bleiben, ununterbrochen Theil nehmen.

In Hoffnung über diese wichtige Angelegenheit mich fernerhin unterhalten zu können unterzeichne mich mit aufrichtiger Hochachtung und Theilnahme.

Weimar den 18. Januar 1820.


40/214.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Hof-Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, neunundvierzig Gulden an das geheime Expeditions-Amt des königlich baierischen Staats Ministeriums des Innern nach München baldigst auszahlen zu lassen und die Erstattung der Auslage sogleich von Unterzeichnetem zu gewärtigen.

Weimar den 28. Januar 1826.


40/215.


An Joseph Sebastian Grüner

[29. Januar 1826.]

Ew. Wohlgeboren

haben leider schon den Tod unsres guten Rehbeins vernommen; er wird bey Hof und in der Stadt sehr vermißt, ich besonders verliere viel an ihm, denn ich[266] konnte in meinen Jahren und bey meinen körperlichen Zuständen mich ganz auf ihn verlassen. Er gab mir täglich Belehrung und Rath in außerordentlichen Fällen entschiedene Hülse. Doch freylich war sein eigner Zustand so krankhaft, daß man sich für ihn freuen muß, solchen unvermeidlichen Übeln früher entgangen zu seyn.

Die mir übersendeten Mineralien, so wie die durch gedachten Freund erhaltenen Victualien sind glücklich angekommen.

Da ich gewiß bin, daß die von oben her eingeleitete Untersuchungs-Commission bey der Stadt Eger glücklich vorbey gegangen, so freue ich mich, Sie in neuer und anerkannter Thätigkeit zu wissen.

Fahren Sie fort, wie es die Gelegenheit gibt, Ihre Umgegend mineralogisch und geognostisch kennen zu lernen, damit, wenn ich die Freude habe, Sie diesen Sommer zu besuchen, ich manchen wichtigen Punct neu ausgeschlossen finde.

Ich gebe mir Mühe, den beliebten und belobten Göthit für Sie zu erhaschen; noch hat es mir nicht gelingen wollen. Eingegangen ist bey mir zeither wenig Neues, doch hoffe ich auch für Sie nächstens etwas zusammenzulegen. Sagen Sie mir gelegentlich, ob Ihnen vielleicht mit einigen rohen Stücken Meerschaum gedient sey.

Betrachten Sie das Wenige, ja Geringe als ein Zeichen, daß ich immer in ein Verbindung mit[267] Ihnen und dem lieben Böhmen zu bleiben wünschte. Ein persönliches Zusammentreffen möge sodann auf die herkömmliche freudige Weise zu hoffen seyn.

Der guten Wittwe Rehbein scheint es ganz leidlich zu gehen; für die Kinder der ersten Ehen ist gesorgt, Vormünder bestellt und nach unsern Pensionseinrichtungen kann es ihr an einem mäßigen Einkommen nicht fehlen. Leider empfinden alle Patienten des werthen Verstorbenen gar sehr den Mangel seines Beyraths.

Den lieben Ihrigen mich bestens empfehlend, so wie den guten Kindern die besten Fortschritte und ein preiswürdiges Gelingen fortgesetzter Studien wünsche.

Eben als ich im Begriff bin zu schließen, kommt mir die Beylage in die Hände. Das Mineralien-Comp toir zu Heidelberg läßt sich auch, wie Sie sehen, auf Tausch ein; ich glaube daher, es wäre räthlich, daß Sie mir sogleich ein Verzeichniß schickten dessen, was Sie anzubieten haben, nicht weniger den beyliegenden Catalog wieder zurück und vorgestrichen, was Sie dagegen wünschen. Ich würde die Sache bestens empfehlen und in der Folge für wohlfeilen Transport sorgen.

Der ich mich bestens empfehle und meiner mit Geneigtheit zu gedenken bitte.

unwandelbar

ergebenst

Weimar den 27. Januar 1826.

J. W. v. Goethe.[268]


40/216.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

[29. Januar 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

geneigtes Schreiben war mir höchst angenehm, da es mich an die Zeiten eines lebhafteren Verkehrs so willkommen erinnerte. Den schönen naturwissenschaftlichen Studien, welche Ew. Hochwohlgeboren, wenn gleich mit mancher sorgenvollen Bemühung, so glücklich fördern, bin ich zwar nicht ganz fremd geworden, welches freylich unmöglich wäre; aber ich habe doch meine Thätigkeit nach andern Seiten hinwenden müssen, um nur einigermaßen dasjenige zu leisten, was Zeit und Umstände von mir fordern.

Nehmen Sie daher den besten Dank, daß Sie mir diese angenehmen Fächer wieder zur Erinnerung bringen, wie ich denn auch von seiten meines gnädigsten Herrn die besten Grüße zu vermelden und zugleich den Wunsch zu eröffnen habe, es möchte Ihnen gefällig seyn, für die noch in Händen habende Summe etwas, das unser osteologisches Kabinett bereichern könnte, gefällig anzuschaffen und anher zu senden.

Hiebey wäre dießmal nicht von ganzen Skeletten die Rede, sondern es wurden auch Schädel und allenfalls einzelne Theile seltener und merkwürdiger Thiere sehr angenehm seyn, wobey die in Händen habende[269] Summe auch wohl um ein Mäßiges überstiegen werden könnte.

Da sich ein gewünschter Kopf des Nilpferdes kaum finden möchte, so wäre ein vollständiger Schädel des Wallrosses schon angenehm, von welchem bisher der vordere abgesonderte Theil nur bey uns aufgestellt war. Der Schädel eines Rhinoceros, Löwen oder Eisbären würde gleichfalls unsere Sammlung wünschenswerth vermehren, wie denn noch gar manches dergleichen aufzuzählen wäre.

Vielleicht lassen aber zu völliger Sicherheit beider Theile Ew. Hochwohlgeboren von den Bearbeitern dieses Fachs ein kurzes Verzeichniß, mit bemerkten Preisen aufsetzen, da dann Entschließung und Zahlung in kurzem erfolgen könnte.

Der doppelten Jubelfeyer unsrer gnädigsten Herrschaften, einer funfzigjährigen Regierung und eben so lange dauernden höchsten Ehestandes haben Ew. Hochwohlgeboren gewiß den aufrichtigsten Antheil gewidmet. Daß seit meiner Anwesenheit in Weimar gleichfalls ein halbes Jahrhundert verflossen, veranlaßt mich zu den frömmsten Betrachtungen, sowie die jenem Tage meiner Ankunft gegönnte unerwartete Feyer mich zu der demüthigsten Anerkennung auffordert.

Indem man bey einer solchen Epoche, bey allem was in ihr uns Gutes zufließt, an das Vergangene zurückdenkt und die großen Prüfungen überschaut, wodurch eine redliche Thätigkeit gar oft gehemmt[270] worden; so fühlt man die Forderungen, die ein bedeutendes Leben an uns machte, so streng und gewissermaßen drückend, daß alle selbstischen Gefühle dadurch ertödtet werden und dasjenige als eine Last auf uns liegt, was uns früher vielleicht zu Eitelkeit und Übermuth verführt haben möchte.

Lassen Ew. Hochwohlgeboren mich von diesen Betrachtungen zu Ihrem eignen Zustande übergehen, von welchem Sie mir vertraulich melden. Freylich ist das Übermaaß der Schätze, die sich bey Ihnen aufhäufen, so groß, daß die Einbildungskraft des Entfernten sich's nicht vergegenwärtigen kann, und Sie bemerken ganz richtig, daß, wenn einmal dergleichen Bereicherungen naturwissenschaftlicher Umsicht mit Mühe, Gefahr und Kosten an Ort und Stelle gelangt sind, doch nachher, um sie zur öffentlichen Kenntniß, um allgemeinen Nutzen zu bringen, eine neue Expedition gleichsam nöthig sey, um das Publicum, besonders das deutsche, zu hinreichendem Antheil zu bewegen.

Herrn Dr. Pohl bitte mich zum allerbesten zu empfehlen; ich habe des würdigen Mannes seit ich seine Bekanntschaft in Eger gemacht, sehr oft wiederge denken müssen. Ich wünsche uns allen Glück, wenn das Mögliche von seinen Eroberungen mitgetheilt würde. Vielleicht hat er die Gefälligkeit, das Nähere über eine Pflanze mitzutheilen, von welcher Herr zu Eschwege in seinem Journal von[271] Brasilien, Heft 1, S. 228 spricht, auch sie auf der dritten Tafel abgebildet vorlegt. Sie führt den amen Raiz preta, ihr werden emetische Kräfte in hohem Grade zugeschrieben. Die Botaniker aber, mit denen ich darüber conferirt, können nicht einig werden, zu welchem Geschlecht sie zu rechnen sey.

Die übersendeten organischen Wetterbeobachtungen waren sehr angenehm. Vielleicht haben Ew. Hochwohlgeboren die Gefälligkeit, bey dem Wechsel der Jahreszeiten dergleichen auch künftig mitzutheilen. Die meteorologischen Beobachtungen der jenaischen Sternwarte vom Jahre 1824 sind nun auch heraus gegeben; ich sende sie mit der fahrenden Post.


40/217.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Exz.

genehmigen meinen verbindlichsten Danck für die Übersendung des Königl. Bairischen Privilegiums, und entrichten solchen gefällig an des H. Grafen Luxburg Excell.

Die schuldigen 49 fl. werden sogleich nach München unmittelbar ausgezahlt.

Verehrend, vertrauend.

Ew. Excell.

gehorsamster Diener

Weimar d. 29 Jan. 1826.

J. W. v. Goethe.[272]


40/218.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

nehmen das werthe Schatzkästchen, wie es noch in Verwahrung der getreuen Diener und Angehörigen sich fand, zu dem heutigen willkommenen Tage gnädigst auf. In verschiedenen Metallen enthält es die Bilder ausgeprägter, die wir mit immer gleicher Verehrung betrachten und welchen hier die treusten und frömmsten Wünsche das Geleit geben.

Weimar den 30. Januar 1826.


40/219.


An Sulpiz Boisserée

Euer Wort sey ja! ja!

also ja! und Amen!

Das Nähere nächstens.

W. d. 30 Jan. 1826.

J. W. v. Goethe.


40/220.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Auf rückkehrendem Blatte wünschen Ew. Hochwohlgeboren daß ich nebst dem Votivblatte vom 7. November auch die Jubelbeschreibung (ich vermuthete[273] vom 3. September) an Herrn v. Wilamoff senden sollte. Nun erhalt ich aber, wahrscheinlich von Hoffmann, Freymaurer-Analecten, 3. Heft; soll dieses fortgehen so schreibe einige Worte hinein, ist es ein Irrthum so erbitte mir die großherzogliche Jubelfeyer.

Weimar den 30. Januar 1826.


40/221.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlich Hoheit

erlauben, daß ich sogleich, jedoch nur wie es mir soeben vorschwebt, über die gnädigsten Mittheilungen mich zu äußern wage.

1) Den gedruckten Aufsatz habe zwar nur angeblickt, trete aber sogleich und entschieden Höchst Deroselben Äußerung bey. Noch vor kurzem schrieb mir ein tüchtiger Freund: »Ich halte es für naseweis und gefährlich, in Gottes Rathsstube durch das Schlüsselloch zu sehen.«

2) Von dem Improvisator habe ich mir viel erzählen lassen, auch ihn selbst überhört. Es ist ein recht hübsches Talent, welches durch die große Ausbildung unsrer Sprache, Rhythmik und Reim endlich gar wohl möglich ward und sich, nach gegebenem Beyspiel, bald wiederholen wird. Bis jetzt ist er noch in den Kreis der modernen, subjektiven, mit sich[274] selbst beschäftigten, in sich selbstbefangenen Poesie eingeengt. Was sich auf innere Erfahrung, Gefühl, Gemüth und Reflexion darüber beschränkt, gelingt ihm recht gut, und eine Aufgabe, die hiezu Gelegenheit bietet, wird er glücklich lösen; zu allem eigentlich Gegenständlichen aber hat er seine Fähigkeiten bisher noch nicht ausgebildet, ja er fühlt, wie alle jüngere Neuere, gewissermaßen eine Scheu vor dem Wirklichen, worauf denn doch alles Imaginative sich gründen und alles Ideelle sich niederlassen muß. Meine Aufgabe war: Hamburg, und zwar als wenn er so eben wieder dahin zurückkäme, zu schildern. Da ergriff er gleich den sentimentalen Faden von seiner Mutter, seinen dortigen Freunden, ihrer Liebe, Duldung und Beyhülfe zu sprechen. Die Elbe blieb ein Silberfaden, Rhede und Stadt waren für nichts dabey, von dem thätigen Menschengetümmel keine Spur, so daß man eben so gut in Naumburg oder Merseburg hätte anlagen können. Ich habe ihm dieß alles redlich eröffnet und wenn er sich nun jetzt zu seinen Haus- und Familiengefühlen noch das Panoram einer nordischen großen Handelsstadt ausbildet, so kann er was Vorzügliches leisten.

Aber eben diese Bekehrung und Sinnesänderung vom abgegränzten Innern in's gränzenlose Äußere, vom einfachen Angebornen zu mannichfaltigem Mitgebornen wird unsern jungen Zeitgenossen schwer, ja unmöglich. Schon einige Jahre her habe ich gar[275] manchen mit dem treusten Rath zu fördern gesucht, allein wenn sie auch einmal einen Anlauf genommen, so fallen sie Augenblicks wieder in ihre elegische Litaney zurück. Verzeihung dieser weitläufigen Ausführung!

3) Die Bestimmung wegen des neuen Arztes ist allerdings beruhigend; denn ich überzeuge mich immer mehr und mehr, daß die Bekanntschaft eines solchen Mannes mit den Persönlichkeiten, die er zu behandeln hat, höchst wünschenswerth bleibe. Ein Hauptpunct bey jedem Urtheil ist die Vollständigkeit der Prämissen; und diese kann denn doch nur in einer Reihe von Zeit erlangt werden. Und so zweifle ich denn nicht, daß dieser schon geprüfte Mann der höchsten Familie zuvörderst und allen die er nach und nach kennen lernt, zu Nutz und Frommen gereichen werde. Ich selbst wünsche mich mit ihm zu unterhalten und, insofern meine, fast Hahnemannische Diät und gewisse Hausmittel nicht mehr auslangen, seiner Leitung anheim zu geben.

Hienach darf ich denn wohl gestehen, daß gerade in diesen letzten Tagen, bey der Unbestimmtheit einer ärztlichen Hülfe, mir die Sorge für Höchst Deroselben Befinden doppelt peinlich gewesen. Die unmittelbare Gegenwart eines sicheren Rathgebers wird bey Zufälligkeiten am wünschenswerthesten.

Weimar den 31. Januar 1826.[276]


40/222.


An Caroline von Egloffstein

Schon seit einigen Tagen geh ich, theuerste Freundin, mit dem Gedancken um Ihnen etwas Liebes und Gutes zu erweisen; aber ich konnte nichts finden was meinen Wünschen und Gefühle genügt hätte. Und so will ich denn auch jetzt nur mit Worten ausdrücken welchen Danck ich empfinde für den Antheil mit dem Sie immerfort an mir und den Meinigen festhalten, besonders auch für die treue Neigung die Sie Ihrem Frühgespielen und Hofgenossen unverändert gönnen wollen.

Sodann verzeihen Sie wenn ich diese Gelegenheit ergreife auszusprechen: daß die körperlichen Leiden welche Sie von Ihren Freunden, wie von der Welt scheiden mir höchst peinlich sind, und Sie werden meinen Zustand schmerzlicher mitempfinden wenn ich versichere: daß ich [mir], bey Ihrer letzten Anherkunft, mit der Hoffnung geschmeichelt habe, Sie würden die einsamen, fast öden Stunden, die sich manchmal um mich her zu lagern drohen, durch Ihre Gegenwart beleben und gestalten. Hiemit aber sey genug, wonicht zu viel gesagt.

Gönnen Sie mir Ein Wort wo ich irgend zu Ihrer Zufriedenheit beytragen kann! Eine gestrige Absendung nach Petersburg wird unserm Freund ein[277] Lächeln abgewinnen; dies verleihen Sie auch mir und bleiben einer ewigen Anhänglichkeit versichert.

unwandelbar

W. d. 31. Jan. 1826.

Goethe.


40/223.


An Ludwig Wilhelm Cramer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

werden, bey Ankunft des Gegenwärtigen, wohl schon das Schächtelchen erhalten haben, welches ich einer Sendung an Herrn Geh. Ober-Regierungs-Rath Schultz beypackte, worin sich ein Stückchen Dornburger Cölestin befand, welchem nichts als die Größe fehlt; denn von dieser Stärke finden sich gegenwärtig nicht leicht ansehnlichere Stücke; auch sind einige kleine Blitzröhren dabey, welche immer verdienen aufgehoben zu werden als letzte Verzweigung der durch den Blitz im Sande gewirkten wurzelähnlichen Erscheinungen.

Nun wünschte ich aber ein Stückchen Göthit, welcher sich auch freylich mag rar gemacht haben; es steht dagegen etwas Carpholith, auf Gneisen, von Schlackenwalde, zu Dienste und was ich noch sonst vielleicht dazulegen kann.

Crystallisirten Andalusit von Albenreuth, ingleichen Wawelit zwischen Pilsen und Prag habe, wenn ich nicht irre, schon früher gesendet.

[278] Überhaupt geht es mit neuen Mineralien etwas flau; die Aufmerksamkeit der Naturfreunde wendet sich auf andere Seiten. Lassen Sie mich bald von Ihrem und des Herrn Geh. Ober-Regierungs-Rath Befinden das Nähere erfahren und bleiben auch nach längeren Pausen meines aufrichtigen Antheils gewiß.

Weimar den [Anfang?] Januar 1826.


40/224.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

geneigte Sendung hat mich auf das angenehmste an frühere lebhaftere Mittheilungen erinnert, dabey mich aber auch sogleich darauf gewiesen, daß Sie niemals von meiner Seite kommen, indem ich bey Ihren vielfachen Leistungen immerfort zu Rathe gehe. Wie nun das gegenwärtig Überschickte mich schon einige Tage erfreut, so wird auch das angekündigte Werk mir höchst willkommen seyn. Wissen und Wissenschaft thun solche eilige Schritte, daß nur ein so rüstig-gewandter Mann, wie Sie, denselben nachkommen kann.

Da ich die beiden letzten Jahre nicht nach Böhmen gelangte, wo ich sonst immer, den Sommer durch, zu geologischen und mineralogischen Betrachtungen aufgerufen wurde; so habe ich in diesem schönen Felde wenig genossen, noch weniger geleistet, und mir war daher das Taschenbuch sowohl, als die Hefte der[279] Zeitschrift eine höchstwillkommene Anregung Vielleicht gelingen mir einige Bemerkungen, die sich für die letzte qualificiren.

Hiebey bringe Folgendes zur Kenntniß: in Eger befindet sich ein Freund unsrer schönen Studien, Herr Polizeyrath Grüner; er kennt und benutzt die Umgegend, auch hat er in Böhmen sowohl als im Auslande Correspondenten und theilnehmende Freunde und ist auf's Tauschen gar wohl eingerichtet. Ich habe ihm also gleich den Catalog des Heidelberger Mineralien-Comptoirs mitgetheilt, ihm überlassend anzuzeigen, was er zu besitzen wünscht und ihn zugleich ersucht, ein Verzeichniß dessen zu geben, was er ablassen kann. Ich müßte mich sehr irren oder es sind Gegenstände drunter, die auch für Sie interessant sind. Wir haben gemeinschaftlich gar wohl ausgebildete Andalusiten in Quarz entdeckt, der einen Gang in Glimmerschiefer macht; nur springt das Gestein nicht immer günstig, und wird auch nicht häufig gefunden. Gar manches Andere wird das Verzeichniß eröffnen. Ich würde beide Theile ersuchen sich wechselseitig zu contentiren, die Spedition könnte allenfalls durch mich gehen, es sey, daß der Transport durch Fuhrleute oder fahrende Post besorgt würde.

Haben Sie die Gefälligkeit, mir von dem Augitporphyr und was sonst zu den v. Buchieschen Beobachtungen und Überzeugungen dienlich wäre, gelegentlich mitzutheilen. Die Gedanken, die ein solcher Mann[280] bey Betrachtungen der Natur hegt nehmen unseren Antheil gar kräftig in Anspruch. Legen Sie vielleicht auch ein interessantes Stückchen Albit bey, so wird meine Sammlung von Felsspathen, die ohnehin sehr vollständig ist, dadurch nur reicher werden. Wie viel verdankt überhaupt mein Kabinett nicht schon Ihrem Wohlwollen.

Höchst merkwürdig bleibt uns im immer die Ähnlichkeit, ja Gleichheit der Hauptgebirgsarten über den ganzen Erdboden. Doch warum sollte nicht das Einfachste, das Gestein, sich überall gleichen, und die verschiedene Localität sich nur durch Abweichungen bezeichnen, da das Zusammengesetzteste, der Mensch, überall in eben diesem Sinne seines Gleichen findet? Ew. Hochwohlgeboren mit einer neuen Lebensgefährtin beglückt zu wissen, freut mich wahrhaft und innig. Nun kann ich mich überzeugen, daß Sie wieder zu dem wünscheswerthen häuslichen Zustand gelangt sind, an dem ich vor Jahren so herzlichen Antheil nahm. Empfehlen Sie mich der Werthen und lassen mein Andenken in Ihrem häuslichen und geselligen Kreise immerfort lebendig seyn.

Mit dem Postwagen sende das neuste Heft der meteorologischen Beobachtungen der Sternwarte zu Jena mit den beiden vorhergehenden Jahrgängen. Die dortigen Witterungskundigen nehmen ja wohl auch an unsern Bemühungen Theil, und geben uns Gelegenheit, die ihrigen zu nutzen.

[281] Wobey ich bemerke, daß der Aufsatz des Herrn Professor Meinecke in Halle, in dem mineralogischen Taschenbuche Seite 74, mir sehr merkwürdig war. Auch ich folge diesen Naturerscheinungen treulich; nur lassen mir meine übrigen Thätigkeiten nicht Raum, mich mit einzelnen auswärtigen Freunden der Wissenschaft darüber zu unterhalten.

Vielleicht gewährt mir in dem laufenden Jahre ein günstiges Geschick zu wiederholter Mittheilung die erwünschte Muße.

Zu wohlwollendem Andencken mich zum allerschönsten empfehlend.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar d. 3. Febr. 1826.

J. W. v. Goethe.


40/225.


An Johann Friedrich Cotta

Da sich die Beruhigung zu der unser Geist gelangt nicht mit Worten und Zeichen ausdrücken läßt, so erlaube mir Ew. Hochwohlgeb. im Allgemeinen das Höchstbedeutende zu sagen: daß ich seit Jahren erst in diesen Stunden eine wahrhafte Zufriedenheit empfinde wo ich gewiß bin daß die Resultate meiner literarischen Thätigkeit in Ihre Hände gelegt sind; ein gültigeres Zeugniß wechselseitigen Vertrauens konnte nicht gegeben werden.

[282] Schritt für Schritt wird sich darthun daß ich kein ander Geschäft mehr habe als diese Ergebnisse meines Lebens uns beyderseitig zu Ehr und Vortheil abzuschließen. Sie handeln in gleichem Sinne, und da ist denn wohl keine Frage daß wir etwas Werthes und Würdiges zu Tage fördern werden.

Zu wohlwollender Mitwirkung fernerhin mich und meinen Sohn allerbestens empfehlend

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar d. 3. Febr. 1826.

J. W. v. Goethe.


40/226.


An Sulpiz Boisserée

Was wollt ich nicht geloben, mein allertheuerster, wenn ich Sie eine Stunde sprechen könnte! Denn wie sollte mir Blat und Feder genügen! Ich muß mich nur sogleich eines mythologischen Gleichnisses bedienen: Sie erscheinen mir wie Herkules der dem Atlas, dem Prometheus zu Hülfe kommt. Wüßten Sie was ich dieses Jahr gelitten habe, Sie würden solche Bildlichkeiten nicht übertrieben finden.

Doch eigentlich ist es der schon längst gekannte, geprüfte Freund Sulpiz, der uns das unmöglichste Bauwerck als vollendet vor Sinn und Seele bringt, der uns durch das Labyrinth uralter Gewölbe und Kreuzgänge zu klarem Anblick durchführt; welcher[283] verdiente die unschätzbarste Gemäldesammlung zu erwerben, zu besitzen und nutzbar zu machen. Und dieser wendet nun sein thätiges Wohlwollen gegen mich und das Meinige!

Sie haben Sich, lassen Sie es mich gerade zu sagen, so klug als tüchtig, so edel als grandios gezeigt, und ich fange nur an mich zu prüfen ob ich meinen Danck bis an Ihre Leistung steigern kann.

Soviel für heute. Dem Urquell alles Schönen und Guten zum frömmsten und allertreusten empfelend

angehörig

Weimar d. 3. Febr. 1826.

J. W. v. Goethe.


40/227.


An Christian Moritz Engelhardt

Ew. Wohlgeboren

habe für die angenehme reichhaltige Sendung vielfachen Dank zu sagen; sie versetzte mich in die Zeiten, wo man so gerne verweilt, weil eine productive Einbildungskraft das Barbarische, was sie mögen gehabt haben, mildert und gemüthlich versöhnt. Sodann haben Sie zugleich einen heiligen Namen, der mir in manchem Sinne lieb ist, aus der düsteren Zeit anmuthig heranklingen lassen. Nicht weniger angenehm war es mir, die Früchte Ihrer mir schon wohlbekannten literarischen Thätigkeit so reichlich vor Augen zu sehen.

[284] Höchst wünschenswerth ist mir sodann, daß die schriftlichen, auf meinen Straßburger Aufenthalt bezüglichen Papiere in den Händen eines Mannes liegen, von dessen sittlichen Gesinnung mir genannte zuverlässige Männer, bey früherem Erwähnen die sichersten Zeugnisse gegeben haben; denn was die angezeigten Papiere betrifft, so kann ich zu deren Publication meine Einwilligung nicht geben, ja ich muß förmlich und ernstlich dagegen protestiren.

Der erste Entwurf von Iphigenie gehört, wie Sie aus der nächstens erscheinenden Anzeige der neuen Ausgabe meiner Werke ersehen werden, nach dem dreyßigsten Bande in die Epoche, wo ich dem Publicum von meinen Studien und von der Steigerung meiner ersten Arbeiten Rechenschaft zu geben gedenke. Was die Briefe und andere Einzelheiten betrifft, so ist es nicht räthlich dergleichen, selbst nach dem Ableben des Schreibenden, geschweige bey seinem Leben zu propaliren; auch werden Sie bey näherem Bedenken sich gewiß mit mir überzeugen, daß dergleichen besonders in diesem Falle nicht zulässig sey.

Wie ich meinen Aufenthalt in Straßburg und der Umgeben darzustellen gewußt, hat allgemeinen Beyfall gefunden und ist diese Abtheilung, wie ich weiß, immerfort mit besonderer Vorliebe von sinnigen Lesern beachtet worden. Diese gute Wirkung muß aber durch eingestreute unzusammenhängende Wirklichkeiten nothwendig gestört werden. Nun habe ich bisher,[285] besonders seitdem eine so hoch privilegirte letzte Ausgabe meiner Werke lautbar geworden, das höchst wünschenswerthe Ereigniß erlebt, daß mir von mehreren Orten, auch unaufgefordert, Briefschaften und Denkblätter mancher Art eingereicht worden, von denen ich denn in der Folge meiner Arbeiten und Darstellungen den schicklichsten Gebrauch zu machen im Falle bin.

Indem ich nun Ew. Wohlgeboren dieses vermelde, so zweifle ich nicht einen Augenblick Dieselben werden, in gleicher Gesinnung, die in Händen habenden Schriften mir einhändigen und dafür meines aufrichtigen Dankes und Anerkennung gewiß bleiben.

Wie ich nun aller derjenigen öffentlich dankbar erwähne, welche von jeher, so auch in diesen letzten Zeiten einer abschließenden Rechenschaft, mir so treu als edel an Handen gegangen, so werden Ew. Wohlgeboren hier einen bedeutenden Ehrenplatz einnehmen und mit trefflichen Männern, deren Sie einige selbst genannt in Reih und Glied auftreten.

Weil denn aber doch niemand zuzumuthen ist, daß er sich eines werthen Besitzes entäußere ohne durch irgend etwas Erfreuliches die Lücke wieder ausgefüllt zu sehen, so finde ich mich gerade in dem Fall Ihnen etwas anzubieten, wovon ich hoffen kann, es werde die gewünschte Wirkung hervor bringen.

[286] Empfehlen Sie mich, wenn es Gelegenheit gibt, Herrn Professor Arnold auf's beste. Mit aufrichtigen Wünschen dieses Blatt abschließend.

ergebenst

Weimar den 3. Februar 1826.

J. W. v. Goethe.


40/228.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

Das mir in diesen Tagen zu Handen gekommene Verzeichniß von Kupferstichen, d. d. Leipzig den 24. Januar 1826, enthält ein Blatt welche ich wünsche.

Nr. 113. Die große Orgel in der Kirche des heiligen Baro zu Harlem. Nach Toorenburgh, groß Folio, 1 rh. 20 Groschen.

Da das Blatt in großem Form ist; so wird es wohl auf eine Rolle aufzuwickeln seyn; wie ich denn sorgfältige Einpackung erbitte. Was ich deshalb schuldig werde, wird sogleich abgetragen.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend, das Beste wünschend.

Weimar den 4. Februar 1826.


40/229.


An Sulpiz Boisserée

Beygehend übersende eine beabsichtigte Anzeige des Inhalts meiner Werke; sollte dabey nichts zu erinnern seyn, so kann sie, wie sie vorliegt, abgedruckt werden.

[287] Hierauf würde nun eine schuldige und schickliche Anerkennung der verliehenen Privilegien von meiner Seite erfolgen, schließlich aber Rechenschaft zu geben seyn, inwiefern man diese Ausgabe als eine sämmtlicher Werke, als vollständig und von der letzten Hand ausgegangen zu betrachten habe. Dagegen erbitt ich mir den Entwurf, wie der Herr Verleger von seiner Seite die Unternehmung, anzukündigen gedenkt, ingleichen das Verzeichniß der Buchhandlungen, welche die Sammlung der Subscription übernehmen, da ich an jedem Hauptort durch meine Freunde mitzuwirken gar wohl im Falle bin.

Inwiefern beyliegender von Cöln mir zugegangener Antrag zu beachten sey, erbitte mir einige Nachricht, indem ich dem Manne auf eine oder die andere Weise, wenn auch ablehnend etwas Freundliches erwidern möchte.

Der gleichfalls beyliegende Contracts-Aufsatz enthält wörtlich des Herrn Dr. Boisserée, brieflich mitgetheilte Puncte und wüßte daher nichts hinzuzusetzen; wird von dorther gleichfalls nichts dabey erinnert, so kann das Concept, wovon wir eine Abschrift besitzen, in Erwartung eines gegenseitigen Exemplars sogleich mundirt und vollzogen werden.

Gegenwärtige Sendung, mich und die Meinigen bestens empfehlend

Weimar d. 5. Febr. 1826.

Goethe.[288]


Fahren Sie fort, mein Freund, das Wohlbegonnene weiter zu leiten und zu fördern! Von Post- zu Posttagen erhalten Sie das Fernere.

W. d. 5. Febr. 1826.

G.


40/230.


An Sulpiz Boisserée

Meiner gestrigen Sendung schicke ich alsobald Gegenwärtiges nach, jedoch nicht mit eben der Geistesfreyheit; denn ich kann nur wiederholen: daß mich eine innere Stimme warnt und andeutet es sey nicht wohlgethan die Personen zu nennen welche sich in diesem wichtigen Geschäft vertraulich und wohlwollend an mich gewendet und nach und nach zu höchst bedeutenden Anträgen sich gesteigert haben.

Eine solche, auch gegen einen Freund gethane Eröffnung könnte Mißverhältnisse hervorbringen die mir zu Vedruß und Vorwurf gereichen dürften.

Wäre aber auch ein solches warnendes Gefühl, durch Verstandes-Argument und durch eine Neigung einem Freunde zu willfahren, überwindlich; so tritt ein Fall ein der mir eine solche Mittheilung unmöglich macht. Es ward mir nämlich von einem vieljährig geprüften Freund und Geschäftsmanne ein völlig ausgefertigter, mit allen Sicherheiten versehener und mit hohen Empfehlungen begleiteter Contract vorgelegt, der in Rücksicht meiner Jahre für mich[289] höchst vortheilhaft war. Eine starke Summe, gleich zu Ostern zahlbar, sollte mich den Stand setzen gewisse ökonomische Plane auszuführen und ihnen durch unmittelbar nachfolgende Zahlungen Gewicht zu geben; worauf ich gegenwärtig verzichten muß.

Bin ich nun aber gewiß daß Herr v. Cotta in wahrer Neigung für meine Person und in Betracht eines alten geprüften Verhältnisses so viel gethan, als er gegen sich und die Seinigen verantworten konnte; so geht aus dem Gesagten und aus dem Erfolg hervor daß ich, in gleicher Gesinnung, jene lockenden Anträge standhaft abwies und das aus dem ganzen Geschäft sich entwickelnde Gute meinen Nachkommen zuwendete.

Ich darf also kaum wiederholen daß ich die Urheber besonders dieses letzten Antrags zu nennen nicht wagen darf; denn was sollten edle, schon durch Ablehnung ihrer wohlwollenden Vermittlung gekränkte Freunde wohl empfinden, wenn auf irgend eine Weise auch nur eine Andeutung transpiriren könnte daß ich das, im größten Vertrauen Behandelte nicht vollkommen bey mir verschlossen und versiegelt hätte.

Über dieses und Verwandtes mehr erlauben Sie noch ein und das andere Wort. Die Hauptsache ist so glücklich gestellt daß ich nun auch in dem ganzen Verhältniß nur Klarheit und Zufriedenheit wünschen kann.

treu ergeben

Weimar den 6. Februar 1826.

J. W. v. Goethe.[290]


40/231.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

glücklicher und vorsichtig ausgeführter Gedanke, den vorüberziehenden poetischen Wundervogel zu fixiren, wird gar manche heilsame Folge veranlassen. Die junge Welt, von der ich täglich Kenntniß nehme, ist immerfort beschäftigt, sich in fremden Sprachen umzuthun, und, da sie fast überall einigen Anfang haben, so muß ich ihnen das Zeugniß geben, daß es ernst ist, im Grammatischen, besonders der Rechtschreibung und sonstig Erforderlichem zuzunehmen. Hiezu ist also die beste Gelegenheit eröffnet und ich zweifle nicht, daß man sie begierig ergreifen werde.

Und so ist denn auch zu hoffen, daß der junge Mann sein Hierseyn benutzen und sein practisches Talent durch eine tiefere Einsicht in die Forderungen der Poesie zu seinen und unsern Ehren steigern werde.

Das Schreiben des erfahrnen Seemanns ist mir von großem werth: man erblickt darin gar hübsch den aufmerksamen Praktiker, um theoretische Ansichten wenig besorgten Mann. Auch er ist wie alle Welt, fast mehr an sittlich-politische Ereignisse geheftet, als auf sein eignes Metier, welches er nur als Symbol der großen Weltverhältnisse behandelt.

[291] Von Erfahrungen genügt mir der Hauptausspruch, daß ein starkes Fallen des Barometers auf dem Meere, wie auf dem Lande, die großen Stürme andeutet. Beyspiele kommen oft genug in Schiffernachrichten vor. Daß es aber hier als allgemein anerkannt ausgesprochen wird hat für mich viel Bedeutung.

Von Mylius aus Mayland erhalte ich, in Gefolg bey seinem Hierseyn gepflogener Unterredungen, eine angenehme, mannichfaltige Sendung von Büchern und Heften, wobey auch Cocons von Seidenwürmern sich befinden, theils in ihrer Integrität, worin sich noch der durch Dampf oder heißes Wasser getödtete Wurm findet und welche dann eigentlich zu gut gemacht und abgesponnen werden; sodann liegen durchfressene Cocons bey, woraus der zur Begattung bestimmte Schmetterling entschlüpft ist. Sie werden zu Floretseide benutzt. Ferner einige Stränge rohe Seide.

Es ist angenehm, diese so höchst bedeutend gewordene Naturerscheinung wieder einmal vor Augen zu sehen; mir jedoch ist sie deswegen besonders erfreulich, weil ich mich an meine Jugendjahre und die desfallsigen Bemühungen im väterlichen Hause erinnere. Weswegen ich denn auch wohl Verzeihung des umständlichen Erwähnens zu erlangen hoffe.

Eh ich Lenzen mit den herrlichen Crystallisationen des Thales Fassa erfreue, gedenke ich sie noch einmal mit unserm Crystallographen aufmerksam durchzusehen.

[292] Gnädigste Erlaubniß zu ferneren Mittheilungen erbittend.

Weimar den 7. Februar 1826.


40/232.


An Carl Friedrich von Reinhard

Vor allen Dingen, verehrtester Freund, für den Antheil, den Sie am Autor und seinen Gerechtsamen Überrhein so treulich nehmen wollen, verpflichteten Dank.

Dieses Blatt aber soll eigentlich dienen um zu melden: daß ich mit der J. G. Cotta'schen Buchhandlung zu Stuttgart endlich abgeschlossen und derselben die neue Ausgabe meiner Werke in Verlag gegeben habe. Ihrem freundschaftlichen Mitgefühl sey diese für mich und die Meinigen so bedeutende Entscheidung zutrauensvoll hingegeben.

Noch eigentlicher jedoch setze ich hinzu, daß Freund Sulpiz bey dieser Gelegenheit sich musterhaft benommen hat, ja lassen Sie mich bekennen, daß ohne ihn das Geschäft vielleicht nicht zu beendigen gewesen, sondern in eine unauflösliche Verwirrung gerathen wäre. In solchem Conflict standen die mehrfachen Interessen, die im Laufe der bedeutenden Unterhandlungen rege geworden.

Sollte mir nun nicht alsobald beygehen, wem ich diese für mich so fruchtbare, zu inniger Freundschaft herangewachsene frühere Bekanntschaft verdanke.[293]

Sie sind es, mein Theuerster; und mit diesen wenigen Worten spreche ich gar viel aus, gar viel Gutes, das mir seit soviel Jahren anhaltend geworden ist. Deshalb auch heute nicht mehr, außer Folgendem, das Sie gewiß interessiren wird.

Man hat mir die Zeitschrift le Globe, vom September 1824, also wohl vom Anfang an, zugesendet und fährt damit posttäglich fort. Dem Vergangenen widme ich jeden Abend einige Stunden, ich bezeichne, streiche vor, ziehe aus, übersetze. Dieß gibt eine wundersame Übersicht über den Zustand der französischen Literatur, und, da sie mit allem zusammen hängt, über das Leben und Treiben in Frankreich.

Lassen Sie mich vermuthen, daß ich diese bedeutende Mittheilung auch Ihrer Vorsorge schuldig sey. Nächstens mehr davon. Tausendfachen Gruß und Wunsch.

treu anhänglich

Weimar den 7. Februar 1826.

J. W. v. Goethe.


40/233.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie erhalten hiebey, mein Theuerster, abermals ein Stück der projectirten Anzeige meiner Werke; es kommt zwischen dem Verzeichniß und dem Schluß, den Sie in Händen haben, zu stehen. Sehen Sie es gefällig durch, wir sprechen morgen über das Ganze.

Weimar den 9. Februar 1826.

G.[294]


40/234.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Verzeihen Sie, mein Bester, wenn ich Ihnen einen unangenehmen Augenblick mache! Aber ich muß Sie inständigst bitten Ihre Scherz und Spottreime zu secretiren; besonders in der jetzigen Epoche, wo sie zu Schaden und Verdruß gereichen könnten. Die Aufopferung ist gering gegen den zu besorgenden Erfolg. Mündlich mehr wenn Sie es, begehren.

Treulichst

W. d. 13. Febr. 1826.

Goethe.


40/235.


An Carl Ferdinand Friedrich von Nagler

Ew. Excellenz

haben mich seit langem berechtigt, von Ihrer wohlwollenden Thätigkeit alles zu hoffen und zu erwarten. In diesem Betracht muß ich um Vergebung bitten, wenn ich auszusprechen genöthigt bin, daß die herrliche Sendung mich doch überraschte. Ein vollendetes Äußere, ein entscheidendes Innere, das eine blendend für die Sinne, das andere dem Geiste mehr als genugthuend. Dagegen wollen mir Worte, denen ich sonst so ziemlich gebieten kann, dießmal nicht zu Diensten stehen.

So sey mir denn gegenwärtig nachgesehen, nur das Wenigste zu sagen und meine innigsten Dankgefühle[295] durch diese Zeilen gleichsam nur durchblicken zu lassen; wobey ich noch die Bitte hinzufüge, ein an Ihro Königliche Majestät zu richtendes allerunterthänigstes Danksagungsschreiben vorher geziemend mittheilen zu dürfen. Auch wünschte ich bestimmten Wink, ob die Absicht Beyfall verdiene, die ich hege, den beiden Herren Staatsministern, Excellenzen, denen ich persönlich bekannt zu seyn das Glück habe, jedem insbesondere meine Schuldigkeit brieflich abzutragen.

So danckbar als vertrauend und angehörig

gehorsamst

Weimar den 15. Februar 1826.

J. W. v. Goethe.


40/236.


An Carl Leopold von Beust

Ew. Excellenz

geneigtes und ermunterndes Schreiben macht den Anfang meiner dießjährigen Geschäfts-Akten und würde mich lebhaft erinnern an alles was ich im vorigen Jahre vielfach schuldig geworden, wenn nicht meine dankbaren Empfindungen sich immer gleich blieben und mit Dero gefälligen Theilnahme sich stetig fortbewegten. Daher füge denn auch weder Bitte noch Wunsch hinzu in gewisser Überzeugung daß das angetretene Jahr ebenfalls zu meinen Gunsten fortschreiten werde, wobey ich denn auch von Ew. Excellenz dauerndem Wohlbefinden und einer fortgesetzten[296] glücklichen Geschäftsthätigkeit der entschiedensten Zeugnisse nicht zu ermangeln hoffe.

Warum ich aber erst jetzt wieder einige Meldung thue, das sey durch den Wunsch entschuldigt von dieser Angelegenheit als geendigt sprechen zu können, wohin sie sich denn nunmehr auch zu neigen scheint.

Danksagungen an die vier freyen Städte, und wohin es sonst noch nöthig schien, sind längst abgegangen; eingekommen dagegen wagen bisher das königlich bayersche Privilegium, nicht weniger von Anhalt- Bernburg und Köthen, von Schwarzburg-Sondershausen und Rudolstadt. Des königlich niederländischen soll in den Zeitungen gedacht seyn und so würde es nur an den herzoglich braunschweigischen, an Dessau und an Homburg fehlen.

Nun aber ging vor einigen Tagen das königlich preußische bey mir ein, und da es über Frankfurt gekommen, darf ich hoffen daß Ew. Excellenz es selbst Besehen und gelesen haben, weil jede Andeutung des Inhalts und Beschreibung der Form übertrieben seyn müßte. Verlegen bin ich daher wirklich, Ausdrücke zu finden, des Herrn v. Nagler Excellenz nur einigermaßen schicklich zu danken. Dürfte ich mir deshalb wie in bisherigen Fällen, geneigte Wortführung auch in diesem geziemend erbitten.

Übrigens darf ich nicht unerwähnt lassen, daß auf dem Couvert der Name des Herrn Baron Vrients v. Berberich zu bemerken gewesen, woraus hervorgeht,[297] daß die Postfreyheit dieses Paquetes durch die oberste Behörde selbst eigenhändig ausgesprochen worden, welcher Aufmerksamkeit ich denn gleichfalls dankbarlichst verpflichtet bin.

Indem ich dießmal nun mit den besten Hoffnungen und treusten Wünschen meinen Brief abschließe, so erbitte mir die Erlaubniß, bey nunmehr technisch und merkantilisch vorscheitendem Geschäft über einige Puncte, die sich auf das öffentliche Verhältniß zu den hohen Bundesstaaten beziehen, mit einigen geziemenden Anfragen hervortreten zu dürfen.

In danckbarem Vertrauen zu fernerer geneigten Theilnahme mich angelegentlichst empfehlend,

gehorsamst

Weimar den 15. Februar 1826.

J. W. v. Goethe.


40/237.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

sende mit vielem Dank den anvertrauten Band Correspondenz zurück. Auch dieser gibt Zeugniß Ihrer unermüdlichen Thätigkeit. Fahren Sie fort, wie bisher das Museum zu bereichern und in Ordnung zu halten, so wird für unsre übrige Lebzeit in diesem Fache nichts mehr zu wünschen übrig bleiben.

Bey dem schnellen Austritt des werthen, hochgeschätzten Gablers dürfen wir den Mann glücklich[298] preisen, der bis zur äußersten Gränze seinem Geschäft mit Lust und Treue vorgestanden. Möge ich Sie auf's Frühjahr in dem Ihrigen heiter und fröhlich wiederfinden!

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 18. Februar 1826.

J. W. v. Goethe.


40/238.


An Carl Leopold von Beust

Ew. Excellenz

vergönnen, daß ich Gegenwärtiges unmittelbar an mein Voriges anschließe und von den nächsten Schritten in einer so hochbegünstigten Angelegenheit vorläufige Rechenschaft gebe; wobey ich bemerke, daß der hier mitgetheilten Stelle das Verzeichniß der sämtlichen Werke vorangehe.

Hierauf liegt mir nun ob, der außerordentlichen Begünstigung zu gedenken, womit die sämmtlichen hohen Bundesglieder mich ausgezeichnet haben. Weil ich nun aber im Ausdruck, besonders was die Titulatur betrifft, welche in diesem Falle ihre besondern Eigenheiten hat, nicht fehlen möchte, so liege die hierauf bezügliche Stelle bey mit gehorsamster Bitte und Anfrage, ob vielleicht etwas darin zu bedenken oder daran zu ändern seyn würde.

[299] In Wunsch und Hoffnung eines ferneren wohlwollenden Andenckens unterzeichne mich, danckbar verehrend,

Ew. Excellenz

ganz gehorsamsten Diener

Weimar d. 20. Febr. 1826.

J. W. v. Goethe.


40/239.


An Carl Friedrich Zelter

Heute nur ein Wort! das dir nicht wunderlich vorkommen möge!

Dem Hofe, der Stadt und mir besonders ist leider ein Arzt weggestorben, dessen Verlust kaum zu ersetzen scheint. Du lebst und wirckst so lange in Berlin, siehst und hörst, genießest und leidest, kennst und denckst soviel; sollte dir nicht ein tüchtiger Arzt zwischen dreyßig und vierzig Jahren bekannt seyn den du wonicht empfehlen doch nennen möchtest. Freylich einen Mann der allenfalls noch mobil wäre.

Laß niemanden hievon mercken und melde was du melden kannst baldigst

treu-vertrauend

Weimar d. 20. Febr. 1826.

Goethe.[300]


40/240.


An Johann Christian Bläser

[Concept.]

Das an mich gerichtete verbindliche Schreiben, mein werthester Herr, vom 10. Januar ist mir seiner Zeit richtig geworden und ich habe daraus Ihre Neigung ersehen, welche Sie hegen, an Verbreitung der Subscription auf die neue Ausgabe meiner sämmtlichen Werke günstig mitzuwirken. Wie ich nun von meiner Seite diese freundliche Absicht dankbar anerkenne so habe davon dem Freyherrn v. Cotta, mit dessen Buchhandlung zu Stuttgart ich wegen des Verlags contrahirt, die nöthige Kenntniß gegeben und ich zweifle nicht, daß derselbe darauf reflectiren werde. Wollen Sie sich indeß an nannten Herrn Verleger unmittelbar wenden, so möchte dadurch das Geschäft auf alle Fälle beschleunigt werden.

Weimar den 20. Februar 1826.


40/241.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen der übereilten und sogleich hergestellten Entsiegelung eines so eben bey mir eingelangten mit dem[301] Couvert durch Siegellack zusammenhängenden Briefes. Ich ergreife die Gelegenheit um mich geneigtem Andenken bestens zu empfehlen.

Weimar den 22. Februar 1826.


40/242.


An Carl Jacob Ludwig Iken

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

freundliche Sendung war mir besonders angenehm; sie überzeugt mich von fortwährender Theilnahme und unabwendbarem Vertrauen, wofür ich einen wohlempfundenen aufrichtigen Dank abstatte.

Was die Absicht Ihres vorhabenden Werkes betrifft, von welchem Sie mir Anzeige und Proben mitgetheilt, so kann ich sie persönlich nicht anders, als loben und billigen. Schätzt man einmal die dichterischen Anklänge aus allen Zeiten, von allen Orten her, so sind diese gewiß achtbar genug um sich damit zu beschäftigen. An den serbischen Gedichten haben wir ein wichtiges Fundament, um die östliche Poesie kennen zu lernen, weiter aufzubauen und anzuknüpfen, und der Kampf mit dem halben Monde, der dort doch das eigentliche Thema bleibt, ist ja noch nicht geendet. Durch die Sorgfalt des Herrn Fauriel sind uns die patriotisch-heroischen Interjectionen der Sulioten mitgetheilt worden. Die neugriechischen geben etwas mehr Bild und haben eher einen Körper.

[302] Das Wenige, was Sie mir senden, wo das Romanische den Osten und Westen verbindet, ist allerdings bemerkenswerth. Begeben wir uns nun durch einen Sprung an die Ostsee, so finden wir die: Dainos, die litthauischen Volkslieder übersetzt und gesammelt von L. J. Rhesa. – Auch diese, handschriftlich längst in meinem Besitze, werden jetzt schätzbares Gemeingut. Auch Böhmen hat uns Allerliebstes mitgetheilt aus der Königinhofer Handschrift; und wo wollte ich endigen, wenn ich von allem sprechen wollte, was ich deshalb gesammelt, gedacht und notirt habe. Doch wiederhole zum Schluß: jede Zugabe zu diesem großen und allgemeinen poetischen Feste bleibt nur wünschenswerth. Es wird sich zeigen, daß Poesie der ganzen Menschheit angehört, daß es überall und in einem Jeden sich regt, nur an einem und dem andern Orte, oder in einer und der andern besondern Zeit, so dann aber, wie alle specifische Naturgaben, in gewissen Individuen besonders hervorthut. Wie diese Ansicht von dem Publicum getheilt werde, scheint mir auch nicht ganz ungünstig, indem doch von allen Seiten das Einfach-Wahre geschätzt wird, ja dieser Sinn sogar bey unsern Nachbarn, den Franzosen, Platz greift und sich sehr fröhlich entschieden hervorthut.

Weimar den 23. Februar 1826.[303]


40/243.


An Johannes Müller

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

will lieber gleich und im Allgemeinen für die bedeutende Sendung meinen verbindlichsten Dank abstatten, als daß ich Gefahr laufe, durch ein näheres Betrachten derselben eine schuldige Erwiederung zu verspäten.

Die Vorbereitungen zur Ausgabe meiner sämmtlichen Werke, die ich auch Ihnen empfohlen wünsche, beschäftigen mich schon einige Jahre und entfernen mich von unmittelbarer Betrachtung der äußeren Natur, in welche gegenwärtig nur verstohlene Blicke thun darf, damit der große Reiz, womit sie mich so oft an sich zog und alles Ästhetisch-Productive verschlang, mich nicht wieder ergreife und von einem Geschäft ableite, welchem alles Zaudern und Stocken höchst gefährlich werden könnte. Nehmen Sie daher meine beste Anerkennung, daß Sie Gelegenheit gaben, mich von Ihren, mir bisher auch nicht fremd gebliebenen Bemühungen näher zu überzeugen und einzusehen, wie Sie nach Art und Weile, die ich auch für die rechten halte, im Reiche der Natur vorzudringen bemüht sind.

Freylich ist die Region, in der wir uns umthun, so weit und breit, daß von einem gemeinsamen Wege eigentlich die Rede nicht seyn kann; und gerade die, welche vom Centrum nach der Peripherie gehen, können,[304] obgleich nach einem Ziele strebend, unmöglich parallelen Schritt halten, und sie müssen daher insofern ihnen die Thätigkeiten anderer bekannt werden, immer nur drauf achten, ob ein jeder seinem Radius, den er eingeschlagen, getreu bleibt.

In diesem Sinne habe ich die Bemühungen der Mitlebenden, Älterer und Jüngerer, seit geraumer Zeit zu betrachten gesucht.

Die Divergenzen der Forscher sind unvermeidlich; auch überzeugt man sich bey längerem Leben von der Unmöglichkeit irgend einer Art des Ausgleichens. Denn indem alles Urtheil aus den Prämissen entspringt, und, genau besehen, jedermann von besonderen Prämissen ausgeht, so wird im Abschluß jederzeit eine gewisse Differenz bleiben, die dem einzelnen Wissenden angehört und erst recht von der Unendlichkeit des Gegenstandes zeugt, mit dem wir uns beschäftigen, es sey nun, daß wir uns selbst, oder die Welt, oder was über uns beiden ist, als Ziel unsrer Betrachtungen in's Auge fassen.

Nehmen Sie dieses Wenige freundlich auf. In meinen Jahren muß man sich bescheiden, am Wege genugsam auszuruhen und andere vorübereilen zu lassen, an die man in frühere Zeit sich gar zu gern angeschlossen hätte.

Da ich jedoch die Absicht hege, nach vollendeter Ausgabe ästhetisch-kritischer Werke, auch dasjenige vorzuführen, was sich auf meine Naturstudien bezieht;[305] wozu ich denn vorläufig Gedrucktes und Ungedrucktes zusammenzustellen und ihm wenigstens durch Andeuten einige Folge zu geben bemüht bin, so steht mir alsdann die Freude bevor, Ihnen wieder zu begegnen, welche ich durch einen treuen Händedruck, wie gegenwärtiger, den ich abschiedlich reiche, zu feyern wünschen und hoffen darf.

Weimar den 23. Februar 1826.


40/244.


An Johann Christian Stark

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

wird Nachstehendes, wenn solches, noch nicht bekannt seyn sollte, gewiß Vergnügen machen; mir war es höchst angenehm, indem es mich an unser neuliches Gespräch erinnerte.

Von seiten der französischen Akademie der Wissenschaften thut sich überhaupt manches Wünschenswerthe hervor. Der Bildungsschritt vor dem, schon im Ey vor der Befruchtung enthaltenen polypenartigen Wesen, durch die Froschquappen durch, bis zu vierfüßiger Vollendung ist neuerlich von Herrn Dutrochet gar löblich durchgeführt worden. Er scheint mit den beyden hier genannten Männern ein harmonisches Triumvirat auszumachen, dem unser Carus und andere treffliche Deutsche entschieden ehrenvoll entgegen kommen.

[306] Durchaus wird es der Mühe werth, dorthin seine Aufmerksamkeit zu richten. Alles Stationäre, woran wir hie und da noch sehr leiden, verbannt sich nach und nach in Frankreich von selbst und es steht daher für uns auch eine gute Wirkung zu erwarten.

Weimar den 23. Februar 1826.


[Beilage.]

Herr Geoffroy Saint-Hilaire zeigt einen monstrosen Pferdekopf, dessen Mißbildung in einer unnatürlichen Entwickelung der beiden Gehirnhälften bestand, besonders der linken. Die Base des Gehirns schien vollkommen in dem normalen Zustand, doch nahmen die Sehnerven daher nicht ihren Ursprung; man sah von ihnen keine Spur, wenn schon außerwärts die Augen ihre gewöhnliche Entwickelung erreicht hatten.

Herr Serres, welcher die Section der Mißgeburt vorgenommen hatte, war jedoch so glücklich, die Sehnerven zu entdecken, welche er mit dem optischen Aste des fünften Paares anastomisirt fand. Herr Geoffroy Saint-Hilaire bemerkt, daß diese Organisation sich der des Maulwurfs nähert; und so könnte eine solche Bemerkung die Zweifel genüglich entscheiden, welche die Existenz der Sehnerven dieses Thieres ungewiß machen. Er kündigt zugleich eine Abhandlung des Herrn Serres über diesen Gegenstand an.

[307] Nicht, daß bey dem Werke des Herrn Despretz nichts zu wünschen übrig bliebe: der historische Theil scheint mir nicht vollständig genug; ich hätte den Beweis des Gesetzes beschleunigter Bewegung zu finden gewünscht, nicht aber Galilei's ewigen Triangel, der doch Anfängern unverständlich bleiben möchte. Gleicherweise vermißt man die Beschreibung des Barometers, insofern es zu den Höhenmessungen dient. Wenn man sich aber auch schon über solches Unterlassen beklagt, so gibt man gerne zu, daß dieses Buch doch das vollständigste sey das wir in Frankreich besitzen. Und so dünkt uns, man könne durch die allgemeine Encyclopädie der physischen Kenntnisse keinem bessern Leitfaden folgen. Das Werk des Herrn Despretz faßt die Wissenschaft zu Gunsten des Lehrers und des Schülers zusammen und in diesem doppelten Bezug ist der Physik ein wahrer Dienst geschehen.


40/245.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[24. Februar 1826.]

Ew. Königliche Hoheit

haben durch Übersendung der v. Zachischen Hefte mir einige höchst interessante Abende bereitet. Es ist merkwürdig zu sehen, wie der Meister, von den Genuesischen Bergen aus, Himmel, Erde und Meer beherrscht, die Cometen für immer verabschiedet oder[308] ihnen eine bestimmte Rückkehr anbefiehlt, die Höhen der Gebirge mißt, die Reiche der Welt in Triangel schlägt, Ufer und Buchten immer genauer bezeichnet; die Seefahrer sodann in die unbekanntesten gefährlichsten Gegenden absendet und was sonst nicht alles. Er ist wirklich in diesem Augenblicke Herr der ganzen Meßwelt, bestätigt und verwirft, theilt Ehren, Würden und Schmach unwiederruflich aus, wobey es denn Herrn Kannitverstan wohl wäre gerathen gewesen, wenn er es besser verstanden hätte.

Einiges, auch mir besonders merkwürdig, habe aufgezeichnet. Die Hefte gelangen auf die Jenaische Sternwarte.

Der gute Brewer zu Cöln war die, Medaille zu er halten höchst glücklich, empfiehlt sich zu Gnaden und übersendet die Fortsetzung der Cölner Chronik.


40/246.


An Carl Cäsar von Leonhard

[Concept.]

[28. Februar 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey zu gefälliger Mittheilung an das Mineralien-Comptoir:

A) Den Catalog gedachten Comptoirs, wo der Eger Freund unterstrichen hat, was er zu erhalten wünscht;

B) Ein besonderes Verzeichniß, warum es ihm vorzüglich zu thun wäre;

[309] C) Ein Verzeichniß, was derselbe dagegen zum Tausch anbieten kann.

Wollten Sie mir nur ein Verzeichniß zusenden, was man von letzterem in Heidelberg brauchen kann, so würde ich den Freund veranlassen, das Verlangte wohlgepackt an mich zu senden. Schickte man mir dagegen von Heidelberg das von ihm Gewünschte, so würde ich beide Kisten zugleich den Liebhabern absenden.

Ich weiß recht gut, daß ein Tauschhandel, besonders in diesem Fache, Schwierigkeiten hat, weil jeder Theil seine Lieferung wahrscheinlich höher anschlägt als der andere; und, genau besehen, Mineralien kaum auf einen Geldpreis zu setzen sind. Der erste Versuch wird jedoch das Nähere ausweisen, und da beide Theile, meiner Vermittelung zu Liebe, auf das billigste verfahren werden, so zweifle nicht, auch für die Folge, an guten Verhältnissen.

Der erste Kasten kann auf der fahrenden Post, unfrankirt an mich abgehen; ich werde gleichermaßen den egerischen dagegensenden. In der Folge läßt sich durch die Fuhrleute, welche das Egerwasser verführen, eine wohlfeile Spedition einleiten.

Nunmehr, in Bezug auf mein Letztes, habe die Ehre, mit dem Wunsche zu wohlwollendem Andencken empfolen zu seyn, mich zu unterzeichnen.

Weimar den 25. Februar 1826.[310]


40/247.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Gefälligkeit, neulich besprochener maßen, ein Glied der großherzoglichen Regierungs-Canzley, etwa morgen, Freytag den 3. März nach 10 Uhr, zu Legalisirung des bewußten Documents, geneigtest zu beauftragen. Ich werde mit meinem Sohn zu dessen Empfang bereit seyn.

Dankbar! In Hoffnung eines baldigen freundlichen Besuches.

gehorsamst

Weimar den 2. März 1826.

J. W. v. Goethe.


40/248.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren überschicke gegenwärtig einen der ersten Bände, mit dem Wunsche, Sie mögen die Durchsicht desselben einigermaßen beschleunigen, indem der Termin heranrückt, wo ich das Manuscript der ersten Sendung an den Verleger abzugeben habe; mit den folgenden hat es alsdann keine Eile.

Die Betrachtung über die Selbstbiographie ist sehr wichtig und erfreulich. Es wäre schön zu untersuchen, ob nicht Protestanten mehr als Katholiken zu Selbstbiographieen geneigt sind. Diese haben immer einen[311] Beichtvater zur Seite und können ihre Gebrechen hübsch einzeln los werden, ohne sich um eine fruchtbare Folge zu bekümmern; der Protestant im entgegengesetzten Falle trägt sich selbst die Fehler länger nach und ihm ist es doch um ein sittliche Resultat zu thun. Montaigne und Descartes sind mir deshalb merkwürdig: ohne selbst Protestanten zu seyn, leben sie doch in einer Epoche des vielanregenden Protestantismus. Lassen Sie uns diese Gedanken weiter verfolgen. Für bisherige Mitwirkung höchlich verpflichtet.

ergebenst

Weimar den 4. März 1826.

J. W. v. Goethe.


40/249.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

machen mir viel Vergnügen, wenn Sie die Einleitung treffen, daß ich, nach beendigter Beschauung im Erbprinzen, wenigstens einen Theil des bedeutenden Werkes bewundere.

Für den rückkehrenden Niethammerischen Brief bestens dankbar, wünschte wohl zu erfahren, wo von der vorseyenden Synodalversammlung nähere Kenntniß zu finden wäre.

gehorsamst

Weimar den 5. März 1826.

Goethe.[312]


40/250.


An Sulpiz Boisserée

Da Herr v. Cotta, gerade in dem für unser Unternehmen so wichtigen Momente, mit landschaftlichen Geschäften überhäuft seyn möchte, so ersuchen mir Sie mein Werthester, die gefällige Vermittlung fortzusetzen, auch zu gelegener Zeit und Stunde an unsern Freund das Nöthige gelangen zu lassen. Sie erhalten daher:

1) Den volzogenen und vidimirten Contract.

2) Ein Duplum, zu dortiger gefälliger Unterschrift und Legalisation.

3) Die Fortsetzung der von des Autors Seite zu erlassenden Anzeige, welcher hinzugefügt wird,

4) Die Anzeige des Verlegers nach dem Vorschlage des Herrn v. Cotta mit einigen Abänderungen.

Dabey ist jedoch Folgendes zu bemerken:

a) Herr v. Cotta hat, in dem Entwurfe gedachter Anzeige, den Subscriptionstermin nur bis zu bevorstehender Ostermesse gesetzt, da diese aber sogleich eintritt, auch nach dem genehmigten Contract § 5 die Subscriptionszeit noch ein Halbjahr nach Anfang des Druckes offen bleiben soll, welcher nach § 4 erst mit Michael dieses Jahr beginnt; so haben wir vorläufig die Subscriptionszeit bis zu Michael 1826 in der Anzeige gestellt.

[313] b) Da früher schon die Nothwendigkeit erkannt worden besondere Aufmerksamkeit auf Druck und Papier der Anzeige und besonders des Probeblattes zu wenden, so bringt man dieses dringend in Erinnerung. Sollte man hier nicht schon neugegossene Lettern in Anwendung bringen? Denn das Auge wird durch das Versprechen daß neue gegossen werden sollen, nicht befriedigt. Hier muß ein wirkliches Muster aufgestellt werden.

c) Vorbemerktes wird um so mehr zu beachten seyn da man sich nicht verhehlen darf daß eine heftige Opposition gegen dieses Unternehmen hervortreten wird. Sie präludirt schon bedeutend genug, wie man aus der Frankfurter Zeitung Nr. 20 und 37 ersehen kann. Freylich beruft man sich dort auf die allzusehr vernachlässigte Ausgabe von Schillers Werken. Deshalb wird es höchst nöthig uns gleich Anfangs in Kredit zu setzen und von unterer Seite zu zeigen daß es Ernst sey, mit einer sorgfältigen Ausgabe hervorzutreten, worüber denn noch gar manches zu verhandeln seyn möchte.

Soviel für dießmal mit wiederholter Bitte um fortgesetzte freundliche Theilnahme.

treulichst

Weimar den 6. März 1826.

Goethe.[314]


40/251.


An Caroline von Heygendorf,geb. Jagemann

Indessen Ihnen, meine theure Freundin, Lob und Dank gebührt, glauben Sie sich entschuldigen zu müssen und quälen sich selbst mit unbilligen Vorwürfen.

Ich habe mich über die Art gefreut, wie mein Drama wieder einmal dem Publicum würdig zur Anschauung kam. Die Bemühung der sämmtlichen Theilnehmenden, das Möglichste zu thun, war unverkennbar.

Wollte man jedoch eine solche Aufführung in's Vollkommene steigern, so möchte gar manches vorbedacht, beredet, geübt und durch wiederholte erholte Proben die Künstlerin in vollkommene Sicherheit gesetzt werden, ein Stück von Anfang bis zu Ende gleichmäßig durchzuführen, das so viel gemüthliche und körperliche Anstrengung erfordert.

Lassen Sie sich ja nicht entmuthigen; legen Sie sich die Rolle an's Herz, wiederholen Sie solche in der Zwischenzeit, auch ohne äußere Veranlassung, so wird Ihnen gelegentlich eine Vorstellung gelingen, die nichts zu wünschen übrig läßt. Sie taten alte Mittel dazu, aber die Schwierigkeit bleibt immer, daß uns die erforderlichen Kräfte jederzeit im Augenblick zu Gebote stehen sollen.

[315] Nehmen Sie meinen wiederholten Dank und erhalten mir ein freundliches Andenken.

Treugesinnt

Weimar, am 6. März 1826.

J. W. v. Goethe.


40/252.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

geruhen aus beykommendem Protokoll zu ersehen daß der sämmtliche Inhalt des Münzkabinettes in den untern Raum gebracht ist. Secretär Kräutern sind die Schlüssel versiegelt gelassen worden, damit Höchst Denenselben die Beschauung jederzeit zu Befehl stehe. Wie nun weiter zu verfahren seyn möchte daß der kleinere noch nicht katalogirte Theil auch völlig in Ordnung komme, ist schon besprochen und eingeleitet wovon das Nähere in kurzer Zeit, gemeldet werden soll.

Möge alles zu Höchst Ihro Zufriedenheit gereichen.

d. 13. März 1826.


40/253.


An Carl Ferdinand Friedrich von Nagler

Ew. Excellenz

erlauben, daß ich mein an Ihro Königliche Majestät gerichtetes allerunterthänigstes Danksagungsschreiben[316] Dero geneigten Vermittlung hiedurch geziemend empfehle. Wie ich nun schuldigermaßen eine Abschrift beyzulegen nicht ermangele, so wünsch' ich nur vor allen Dingen, daß der Vortrag Dero Beyfall nicht verfehlen möge. Denn alles wohl betrachtet, sah ich mich in einem schwierigen Falle, indem ich mich gedrungen fühlte, mit freyem Geiste und heiterem Gemüthe meinen schuldigen Dank abzutragen und mich doch zugleich in den Gränzen geziemender Ehrfurcht zu erhalten hatte. Nehmen Ew. Excellenz diesen Versuch, wenn er auch nicht ganz gelungen seyn sollte, hochgeneigt auf und geruhen denselben zu fördern.

Nun aber erlauben Dieselben noch zu melden, daß es hiesigen Gönnern und Freunden eben so wie mir selbst ergeht. Was auch von der würdigen Schönheit des mir verliehenen Documentes verkündet wird, jedermann der es erblickt, findet es doch über alte Erwartung bewundernswerth, so daß mir bey jedesmaligem Vorzeigen der theure Gegenstand wieder neu er scheint und meine Verpflichtung deshalb immerfort frisch und neu lebendig empfunden wird; in welchen Gefühlen ich denn auch gegenwärtig abschließe, bittend und hoffend, Ew. Excellenz werden mir zu völliger Beendigung, des Geschäftes geneigtest beyräthig seyn. Nur so kann ich hoffen, den tief empfundenen Dank nach allen Seiten bin pflichtmäßig abzutragen und nichts zu versäumen,[317] was eine so hohe Begünstigung nur immer fordern möchte.

Danckbar verehrend.

Ew. Excellenz

gehorsamster Diener

Weimar den 15. März 1826.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Inhalt

beykommender Sendung.


1) Ein allerunterthänigstes Schreiben an Ihro des Königs von Preußen Majestät.

2) Die Abschrift desselben zu geneigter Einsicht.

3) Ein schuldiges Rückschreiben.

4) Ein dergleichen mit vertraulicher Äußerung.

5) Ein Brief an des Herrn v. Schuckmann Staats-Minister des Innern, Excellenz.

6) Ein dergleichen an des Herrn Grafen Bernstorff Staats-Minister der äußern Angelegenheiten, Excellenz.

Zu gefälliger Aufnahme

bestens empfehlend

Weimar den 15. März 1826.

G.[318]


40/254.


An den KronprinzenFriedrich Wilhelm von Preußen

Allerdurchlauchtigster

Großmächtigster Allergnädigster

König und Herr.

Die von Ew. Königlichen Majestät mir zugewendete Landesherrliche Gnade ist von einer solchen Bedeutung, daß ich sie mit dem vollkommen freudigen Danke, wie geschieht, zu empfangen kaum fähig seyn würde, wäre mir nicht schon längst das Glück beschieden, mich denen beyzählen zu dürfen, die Allerhöchstihro glorreichem Wirten in treuer Gesinnung angehören. Denn das Wichtigste, was von Kunst und Wissenschaft in Ew. Königlichen Majestät weitumsagenden Reiche sich bewegt und schafft, ließ mich seit langen Jahren nicht ohne Kenntniß und Antheil.

Männer, welche unter Allerhöchstem Schutz nach einsichtigem Befehl arbeitend das Treffliche vollbringen, solche standen von früh an mit mir in traulichen Verhältnissen, und durch fortdauernde Wechselwirkung ist eine geistige Mitbürgerschaft eingeleitet, welche über Zeit und Ort hinaus ein gegenseitiges Glück befördert.

In diesem Sinne darf ich daher mit einiger Beruhigung des Vorzugs genießen, daß Allerhöchstdieselben mich als einen getreuen Angeeigneten betrachten[319] und mir gleiche, ja ausgezeichnete Rechte mit den Ihrigen verleihen wollen.

Indem ich nun auf's neue in solchem Umfange Ew. Königlichen Majestät verpflichtet werde, so kann mir kein anderer Wunsch übrig bleiben, als der: es möge die so hochbegünstigte Ausgabe meiner sämmtlichen literarischen Arbeiten in den lebendigen Thatkreis, der Allerhöchstdieselben umgibt, aufgenommen, dort in ihrer Art einen wünscheswerthen Einfluß verbreiten, um so auch auf die übrige Welt einzuwirken, die von keinem Guten, das unter Ew. Majestät belebendem Scepter sich hervorthut und waltet, jemals ausgeschlossen worden.

Ehrfurchtsvoll

Ew. Königlichen Majestät

allerunterthänigster Diener

Johann Wolfgang von Goethe.

Weimar den 15. März 1826.


40/255.


An Carl Ferdinand Friedrich von Nagler

Hochwohlgeborner

Hochzuverehrender Herr.

Mit überraschendem Vergnügen habe das von Ihro Königlichen Majestät in Preußen, auf einen gegebenen Vortrag der hohen Ministerien der innern und äußern Angelenheiten, mir gegen den Nachdruck[320] meiner Werke verliehene ausdrückliche Privilegium für den ganzen Umfang der königlich preußischen Staaten, nach erhaltener Zusendung durch Ew. Excellenz, in gebührenden Empfang genommen.

Indem ich nun das sowohl dem innern Gehalt als der äußern Form nach höchst vollkommene Document vor Augen habe; so entsteht in mir das lebhafte Verlangen, meinen verpflichtetsten Dank allerhöchsten und hohen Orts nicht allein von mir selbst geziemend und würdig ausgesprochen, sondern ihn auch durch Ew. Excellenz geneigte Vermittlung noch mehr zu wohlgefälliger Aufnahme geeignet und empfohlen zu sehen.

Empfinde ich nun über die Erreichung meines angelegentlichsten Wunsches die höchste Freude, so kann doch Ew. Excellenz hohes Bewußtseyn sich nicht verschweigen, vom ersten Beginnen des bedeutenden Unternehmens bis zum endlichen Gelingen den fördersamsten Einfluß mannichfach bethätigt zu haben. Übersehe ich in Gedanken den Weg, den diese Angelegenheit seit ihrem ersten Auftreten genommen, überall erblickte ich zugleich Ew. Excellenz vorwaltende Theilnahme durch Rath, Einleitung, Lenkung Vorschub und glücklichen Abschluß.

Unter solchen Umständen würde ich außer Fähigkeit bleiben, meiner Dankbarkeit einen nur in etwas gegründeten Ausdruck zu verschaffen, wenn mir nicht eben hierbey Ew. Excellenz eigenes Gefühl des gern[321] und freythätig Geleisteten zu Hülfe käme und Sie in der Selbstfreude an dem Vollbrachten den ersten und besten Theil der Genugthuung finden ließe.

Und so darf ich hoffen, in jeder künftigen Erinnerung an dieses Gelingen auch ein abermaliges Zeugniß und einen wiederholten Beweis meiner fortdauernden Dankbarkeit mit aufleben zu sehen, da sie auf eine so unvergängliche weise mit Ihrem eigensten Interesse vergesellschaftet ist.

Danckbar, verehrend

Ew. Excellenz

gehorsamster Diener

Weimar den 15. März 1826.

J. W. v. Goethe.


40/256.


An den GrafenChristian Günther von Bernstorff

[Concept.]

Hochgeborner Graf,

Hochzuverehrender Herr.

So eben ist ein Jahr vergangen daß Ew. Excellenz mir die Versicherung gaben in einen für mich und die Meinigen höchst wichtigen Geschäft geneigt einwirken zu wollen, und Hochdieselben bethätigten dadurch ein persönliches meinen Bemühungen gegönntes Wohlwollen, wovon ich schon längst überzeugt gewesen. Nehmen Sie nunmehr auch den verpflichtetsten Dank nach glücklich beendigtem Geschäft, das verhältnißmäßig[322] zu dem Weg den es zu machen hatte noch bald genug an's Ziel gekommen.

Ich aber habe bewundernd zu verehren die ausnehmende Vorsorge, welche ein hohes königlich preußisches Ministerium sowohl auf den vollkommen erschöpfenden Inhalt als auf das nicht genug zu schätzende so kostbare als geschmackvolle Äußerer verwenden wollen, damit der mir und den Meinigen zugedachte bedeutende Vortheil durch ein Zeugniß majestätischer Gnade und Auszeichnung noch erhöht würde.

Wie schwer, wie unmöglich aber es mir fallen müsse mich dieserwegen in Worten geeignet auszudrücken, darf ich wohl einem allgemeinen Gefühl anheim geben und mich darauf verlassen daß die dankbarste Anerkennung unbezweifelt bleibe, welche mir und den Meinigen durch einen so glänzenden Abschluß eines schwierigen und bedenklichen Geschäftes zur Schuldigkeit geworden. In Ermangelung eines Besseren und Ausführlicheren also möge Gegenwärtiges einstweilen gelten, bis es sich ausweist ob meiner Bemühung gelingt die fragliche Ausgabe meiner Werke mit der hohen mir erwiesenen Gunst einigermaßen in Übereinstimmung zu bringen.

Und so ermuthige ich mich zu der geziemenden Bitte, es möge Ew. Excellenz gefallen meinen allerunterthänigsten Dank, welchen ich unmittelbar pflichtmäßigst abzutragen nicht verfehlte, nach Umständen und[323] Ermessen zu wiederholen und ihm denjenigen Ausdruck zu verleihen, der höchsten Orts am meisten wohlgefällig seyn könnte.

Weimar den 15. März 1826.


40/257.


An Friedrich von Schuckmann

[Concept.]

Hochwohlgeborner

hochzuverehrender Herr.

Ew. Excellenz mir so theurer Name, eigenhändig unterzeichnet zu Sanctionirung eines für mich und die Meinigen allergnädigst beschlossenen so bedeutenden Documents, war mir im vielfachsten Sinne erfreulich und rührend, und ich verwehre mir nicht auszusprechen daß ich erst vor kurzem, vieljährige Correspondenz durchsuchend, auf frühere Zeugnisse traf wo mir Hochdieselben eine zutrauliche Gewogenheit gönnen wollen.

Die mancherlei Nachtheile des Alters, wohin denn besonders zu rechnen ist, daß wir nach und nach Freunde, Gönner und mannichfache Bezüge auf sittliche, wissenschaftliche, bürgerliche Erfordernisse zu vermissen haben, werden in solchen Momenten uns entrückt, wenn wir vor Augen sehen was uns übrig blieb und wie solche dauernde über das Vergängliche hinausreichende Verhältnisse gleich sibyllinischen[324] Blättern den höchsten Werth behaupten, daß sie der alles verflüchtigenden Zeit entgegen, sich für uns in vollthätiger Wirksamkeit erhalten mögen.

Und so wage noch schließlich die geziemende Bitte es möge gefällig seyn meinen allerunterthänigsten Dank, welchen unmittelbar schuldigst abzutragen ich nicht verfehlte, noch wie es schicklich gefunden würde zu wiederholen, auch das mir gegönnte Glück auf gesetzliche Weise zur Kenntniß des Publicums und der Behörde gelangen zu lassen.

Weimar den 15. März 1826.


40/258.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Um ein kleines aber nothwendiges Geschäft mit Ihnen zu besprechen, wünsche, mein bester Herr Doctor, [Sie] morgen Donnerstag den 16. März zu guter Seit bey mir zu sehen. Es soll von Ihnen abhängen das Mittagsbrod mit uns einzunehmen.

Herrn Major die besten Grüße.

Weimar den 15. März 1826.

G.


40/259.


An Carl Friedrich Zelter

Wie beykommendes Blatt, worauf ich großen Werth lege, den Kunstfreunden und Geistverwandten[325] erscheinen mag will ich ruhig erwarten. Der Beherrscher musicalischer Harmonien wird darin gewiß etwas Fugenartiges finden, wo das Mannichfaltigste sich zu bewegen, sich zu sondern, begegnen und zu antworten weiß. Dieses Blatt ward schon mit dem Stuttgarter Kunstblatt ausgetheilt, es kommt aber dort, weil es zusammengefaltet ist, nicht vollständig zur Erscheinung. Verwahre es wohl und denke darüber.

Tausend Grüße an den trefflichen Langermann; ich habe seine triftigen Worte der höchsten Behörde vorgelegt und erwarte nächstens das Weitere darüber zu hören. Dein Werthes, abgeschlossen den 4. März, mit angenehmen Beylagen, gibt manches zu denken.

Nächstens hoff ich Raum zu genügender Erwiderung zu finden; jetzt geht es gar bunt bey und neben mir zu, so daß ich dem Tag nicht hinreiche und er mir nicht. Ein treues Lebewohl!

Weimar den 18. März 1826.

Goethe.


40/260.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

Beyfall, den Sie meinen Scherzen gegönnt, war mir höchst erfreulich; denn ich will gern gestehen daß dergleichen im Stillen viele vorliegen, ich aber Bedenken trage sie an den Tag herauszulassen. Fahren[326] Sie fort in Ihrer sorgfältig-geistreichen Theilnahme und hören nicht auf denjenigen zu verbinden, der sich dankbar unterzeichnet.

ergebenst

Weimar den 18. März 1826.

J. W. v. Goethe.


40/261.


An Johann Evangelista Purkinje

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

freundliche Sendung war mir abermals höchst angenehm. Der sichere Schritt, mit dem Sie auf Ihren Wegen fortgehen; die Klarheit, wie Sie davon Rechenschaft geben, ist ermunternd und belebend. Man wird nicht allein auf eine leichte Weise aller der Erfahrungsschätze theilhaft, die Sie der Natur mit so großer Bemühung und Aufopferung abgewonnen haben, sondern wird auch bey eignen Arbeiten durch ein solches Beyspiel aufmerksam, wie man zu verfahren habe.

Die echte Originalität bethätigt sich darin, daß es nur eines Anstoßes bedarf um sie aufzuregen, worauf sie denn ganz eigen und unabhängig den Weg des Wahren, Tüchtigen und Haltbaren zu verfolgen weis.

Alles was mir bey einem beharrlichen Wandeln eben in dem Reiche des Sehens, Schauens, Beobachtens,[327] Erinnerns und Imaginirens vorgekommen und vorgeschwebt, trifft mit Ihrer Darstellung vollkommen überein, indem es durch sie zum Bewustseyn gesteigert wird.

Hätten doch meine übrigen Paragraphen sich des Glücks zu erfreuen, das Ihnen der 41ste verdankt! Ich habe die Knechtschaft der wissenschaftlichen Geister nie in dem Grade möglich gedacht, als ich sie finde. Das Newton'sche Gespenst übt immerfort seine Herrschaft aus, wie Teufel und Hexen im düstersten Jahrhundert. Um desto mehr freue ich mich Ihres reinen, lichten, lebendigen Ganges und preise die Jugend glücklich, die Ihnen eine gleiche Bildung schuldig wird.

Erfreuen Sie sich der schönen seltenen Gabe eines freyen, ungetrübten, unmittelbaren Anschauens der innern und äußern Natur und erhalten mir ein wohlwollendes Andenken.

Weimar den 18. März 1826.


40/262.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

erhalten mit verpflichtetem Dank zurück:

1) Die seltsamen Documente einer unterminirten Welt. Sie erregen Staunen und verbieten fast alles Nachdenken.

[328] 2) Die Notizen wegen einiger ärztlichen Subjecte. Allerdings wird eine Nachricht von Liegnitz abzuwarten seyn.

3) Das Gestein in dem runden Schächtelchen hat folgende Bedeutung; Höchst Denenselben wird erinnerlich seyn eine Notiz in den Zeitungen, daß die Ruine von Scharfenstein bey Kydriz, über Elfeld deshalb Aufmerksamkeit verdiene, weil sie zum Theil aus versteintem Holz gebaut sey, ja weil sogar noch versteinte Stämme aus dem Boden herausschauten. Durch wohlwollende Freunde empfing ich beykommende Musterstückchen, die aber nur ganz gewöhnlicher Thonschiefer sind. Der gute reisende Maler, von dem sich jene Anzeige herschrieb, mag also kein sonderlicher Geolog gewesen seyn.

4) Ich erinnerte mich daß die Abgüsse von Hedlin gers Medaillen bey Mecheln in Basel zu haben waren. Es ist auch sogleich deshalb an Artaria geschrieben worden.

19 März 1826.


40/263.


An Sulpiz Boisserée

Am 6. März Nachts ist ein Paquet mit allem Nothwendigen und Erforderliche von hier abgegangen, welches den 14., als dem Datum Ihres lieben Briefes, schon hätte in Stuttgart seyn sollen, wo es denn[329] nun auch wird angekommen seyn, worüber ich nächstens Nachricht hoffen darf.

Möge ich denn zugleich erfahren, daß die Schwankungen Ihrer Zustände sich wieder gesetzt haben. Diesen Winter ist [es] mir körperlich ganz wohl gegangen; ein leidliches Befinden war aber auch nöthig, um den Todesfall des Kaiser Alexander zu übertragen, der, wie ein Blitz vom heitern Himmel, in unsere glücklichen fürstlichen Familienverhältnisse hereinschlug und so mit auch alle die nächsten Verhältnisse zum Erschüttern brachte.

Von dem letzten Hefte Ihrer Steindrücke konnte ich auch noch nicht mit Freude und Theilnahme sprechen. Jetzt nur soviel: da die vorigen schon so vortrefflich waren, denkt man doch immer, es werde noch besser. Die Predigt gegen den Ketzer ist abermals ein hoher Triumph der Lithographie.

Der Umriß des Charons ist auch sehr gut und charakteristisch gerathen. Treiben und helfen Sie, was Sie können, daß uns das ausgeführte Blatt des Künstlers gewiß und bald zu Theil werde. In der neuern Kunstgeschichte macht es auf jeden Fall Epoche. Man kann bey dieser Gelegenheit doch einmal über ächte Symbolik ein vernünftiges Wort sprechen.

Leben Sie recht wohl, empfehlen mich den lieben Ihrigen und erlauben mir in dem so wichtigen Geschäft Ihre geneigte Theilnahme fort und fort in Anspruch zu nehmen. Herrn v. Cotta viel Gutes und Freundliches![330] Sobald ich Nachricht habe, daß meine oben gedachte Sendung angekommen, vermelde ich das Weitere. Mein ganzes Geschäft ist indeß, das abzudruckende Exemplar auf's allerbeste auszustatten im unsichern Leben treulich festhaltend

Weimar den 20. März 1826.

Goethe.


40/264.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit ein Anliegen unseres werthen Knebels zu empfehlen. Der gute Ungeduldige sieht nicht ein daß man damit Serenissimum nicht behelligen darf; Sie beurtheilen am besten was allenfalls zu thun sey und helfen ein wenig nach.

In Hoffnung Sie morgen Abend in guter Gesellschaft zu sehen

gehorsamst

Weimar den 22. März 1826.

Goethe.


40/265.


An den Grafen David von Alopeus

[Concept.]

[25. März 1826.]

Hochgeborner Graf,

Hochzuverehrender Herr.

In dem Augenblicke, da mir von Berlin durch allerhöchste Gnade ein für mich unschätzbares Document[331] des wichtigsten Inhalts und der würdigsten Form zukommt und mich zu der gefühltesten Dankbarkeit aufruft, erhalte ich durch Ew. Excellenz ungemeine Aufmerksamkeit einen Kunstschatz auf welchen ich so lange begierig war, der in meinen Sammlungen eine höchst bedeutende Lücke auszufüllen geeignet ist.

Da meine nächste Umgebung an bedeutenden Kunstwerken nicht reich genannt werden kann, und meine Jahre mir verbieten, die Anschauung derselben auswärts aufzusuchen; so bleibt mein höchstes Bestreben, jedes Angenäherte, Abgeleitete, auf das Vortrefflichste Hindeutende, davon sich Herschreibende immer vor Augen zu haben um mich daran zu erquicken und zu belehren.

Unter solche Gegenstände gehören nun ganz ohne Zweifel die geschnittenen Steine, die uns den hohen Geist der Vorzeit, in einen engen Raum gebannt, getreu erhalten und zuverlässig, auch verlorene Kunstwerke in den glücklichsten Nachbildungen vor's Auge stellen.

Gar manche solcher Sammlungen besaß ich bisher; nur dasjenige, was in Petersburg aufbewahrt ist, war mir noch nicht beschieden, und so wünsche ich nur, daß der geneigte Geber sich überzeugen möge, wie der bey jedem Beschauen erneuerte Dank sich durch wahrhafte Schätzung des Verliehenen eines solchen Besitzes werth zu stellen trachtet.

Seit geraumer Zeit war mir bekannt, daß die herrliche Kaiserstadt auch in der Art wichtige Schätze[332] aufbewahrt; nun kann ich an diesen trefflich gelungenen Abgüssen gar wohl erkennen und unterscheiden, was für kostbare Denkmale des Alterthums nach und nach dorthin gelangt sind, indem uns hier die würdigsten Kleinode sonstiger Sammlungen abermals entgegen kommen. Überwiegend ist sodann die Zahl uns bisher unbekannter auf die wichtigsten Gegenstände und eigenste Kunstepochen hindeutender Exemplare.

Verzeihen Ew. Excellenz dieser vielleicht zu weitläuftigen Ausführung; aber ich könnte gar wohl verleitet werden noch weiter zu gehen, um im Einzelnen anzuzeigen, wie höchst schätzbar mir dieses unerwartete Geschenk begegnen mußte. Habe es also bey dieser allgemeinen Andeutung sein Bewenden, um so mehr, da Ew. Excellenz als Kenner diese herrlichen Perlen aus dem Ocean der Vorzeit selbst zu schätzen verstehen und deshalb meinen Dank für den anerkannten Werth der Gabe in dem Falle sind, sich selbst auszulegen pp.

Weimar den 15. März 1826.


40/266.


An Gottfried Bernhard Loos

[25. März 1826.]

Aus Ew. Wohlgeboren Offizin sind schon manche schöne Medaillen hervorgegangen, aber ich weiß nicht ob ich mich irre wenn ich die mir gefällig gewidmete für besonders vorzüglich halte. Nehmen Sie dafür[333] meinen lebhaftesten Dank und entrichten solchen gefällig mich vielmals empfehlend, denen Herren Levezow und König, für ihren sorgfältigen Anteil.

Ersterer hätte ich wohl bey seiner Durchreise zu sprechen gewünscht; dergleichen Gelegenheit sollte man nicht versäumen. Persönliche Bekanntschaft ist der Grund zu allen wahren Verhältnissen, und so freue ich mich noch immer Ihnen und den werthen Ihrigen an merkwürdiger Stelle begegnet zu seyn. Erhalten Sie mir sämmtlich ein wohlwollendes Andenken!

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 23. März 1826.

J. W. v. Goethe.


40/267.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

[27. März 1826.]

Schon seit einigen lagen, mein Theuerster, hab ich nichts von Ihnen vernommen und finde mich deshalb in großer Verlegenheit. Zwar wünschte ich daß Sie sich drüben wie es Noth thut abwarteten, und ich habe deshalb wegen Ihres Ausbleibens keine Sorge; doch verlangt mich näher zu wissen ob es sich auch wirklich mit Ihnen bessere und ob die Hoffnung sich vermehre Sie bald wieder hier in Ihrer Bequemlichkeit zu sehen. Gewiß sind Sie drüben auch gut versorgt, grüßen Sie Ihren wackern Hauswirth von[334] mir auf's beste, lassen mir aber ja durch Schuchardt mit umgehender Post das Nähere wissen. Herzlich grüßend und das Beste hoffend.


40/268.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

[27. März 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

konnten längst Gruß und Sendung wieder einmal von mir erwarten, aber ich stecke so tief in Briefschulden daß ich mit dem besten Willen nur wenige Procente nach und nach abtragen kann.

Und nun will ich gleich mit einer Frage anfangen: Sie verlangten vor einiger Zeit die Copie einer Tafel aus dem kostbaren Pinuswerke; ich finde nicht gleich die Stelle Ihres Briefes und ersuchen Sie deshalb um erneute Kenntniß. Welche Tafel ist es? und wäre noch jetzt eine Copie brauchbar? Der einzige Künstler, der sie hier leisten kann, ist eben unbeschäftigt, und die Jahrszeit erlaubt auf der Bibliothek zu arbeiten. In das Haus durft ich den band nicht abgeben.

Hiezu füge noch eine Bitte um einige Abdrücke so der Goethea, welche ich möchte illuminiren lassen; die in meinen Händen noch schwarz befindlichen sind zwar auf schönes Papier das aber trinckt.

An unseres Fürsten Jubelfeste hatt ich mein Haus mit mancherlei Emblemen verziert, diese gaben[335] natürlich vielfachen Sinn und es entsprang manche Frage, Deutung und Streit. Ich, machte mir den Spaß einige, durch Stich und Illumination vervielfältigte Bilder zu commentiren; hier ein Paar, es sind überhaupt achte die ich nach und nach übersende.

Haben Sie die Güte mir von Zeit zu Zeit Nachricht von Ihrer Thätigkeit zu geben. Ich darf diesen Sommer auf ruhige Monate hoffen und habe denn doch manches was ich mittheilen sollte.

Ein sehr schöner Brief vom Grafen Sternberg liegt auch noch unerwidert.

In Witterungsbetrachtungen bin ich diese ganze Zeit her nicht säumig gewesen; was ich beobachtet und nach meiner Art gedacht, möcht ich, auch wohl überliefern.

Das Anerbieten meiner sämmtlichen Werke wird nun auch bald erscheinen; ich empfehl es Ihrer Aufmerksamkeit.

Unsere Cölner Fastnachtsfreunde kann ich dießmal nicht loben, das Programm war nicht gut erfunden und viel zu abstract, auch verdient der gute Gruithuisen eine solche Behandlung nicht. Was er gesehen und mittheilt ist aller Ehren werth, und man sollte ihm die Freude lassen, es nach seiner Art zu commentiren und zu erklären. Ein jeder darf ja die Bemühungen des fleißigen Mannes auf eigene Weise benutzen.

[336] Seit May vorigen Jahrs wachsen wieder frische Pflanzen des Bryophyllum calycinum vor meinen Augen auf. Nach meiner Art, die sich eine symbolische Monographie liebt, macht mir die Betrachtung derselben viel Vergnügen; ich will suchen, meine Gedancken darüber und dabey ordnungsgemäß aufzuzeichnen. Eine der früheren mehrjährigen Pflanzen ist vor'm Jahr reichlich zur Blüthe gekommen und die älteren Stengel-Blätter brachten zugleich in der Luft hängend, muntere frische Pflänzchen hervor. »Alles in Einem und aus Einem« glaubt ich mit Augen zu sehen. Ich muß endigen sonst möcht ich in's Abstruse gerathen.

Weimar den 24. März 1826.


Doch will ich nicht schließen, ohne auszusprechen, daß mir Purkinje durch sein zweytes Bändchen viel Freude gemacht hat. Die Sicherheit seiner Vorschritte ist bewundernswerth.


40/269.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir seit verschiedenen Jahren für Rechnung der J. G. Cottaischen Buchhandlungen zu Stuttgart auf meine Assignationen mehrere Posten ausgezahlt; da ich aber seit einiger Zeit von dem mir gegönnten[337] Credit keinen Gebrauch gemacht so frage vorerst geziemend an ob Dieselben gegenwärtig eine Assignation auf gedachte Handlung von 1500 rh. sächsisch zu honoriren geneigt sind.

Wobey ich zugleich bemerke daß ich von gedachter Handlung in diesen Tagen eine bedeutende Summe, in Gefolg des über die neue Ausgabe meiner Werke geschlossenen Contracts zu erwarten habe, wahrscheinlich durch die Vermittlung von Ew. Wohlgeboren, da dann obgenannte Summe sogleich abgezogen werden könnte.

Der ich mir hierüber gefällige Antwort erbittend mich zu geneigtem Andenken empfehle und die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 28. März 1826.


40/270.


An Alfred Nicolovius

[Concept.]

[28. März 1826]

Schon längst, mein Werthester, würde auch ich Ihnen geschrieben haben, wenn ich nur etwas zu melden hätte was Sie nicht schon wüßten, das heißt denn also daß Ihr Andenken hier am Orte noch sehr lebhaft ist und Ihre Abwesenheit schmerzlicher empfunden würde wenn unsere Schönen, welche des allerliebsten Fremdlings bewegliche Flatterhaftigkeit allzubald kennen lernten, sich nicht von ihrer Seite an[338] zurückgebliebenen und neuantretenden jungen Freunden zu trösten Veranlassung gesunden hätten.

Da Sie indessen in Berlin nicht säumen werden in gleich angenehmen Verhältnissen umherzuwandlen, so möchte denn wohl ohne beiderseitigen merklichen Verlust dieses vorübergehende Geschick sich auflösen.

Verzeihen Sie mir dergleichen amphigourische Redensarten und legen solche zum besten aus. Ferner lassen Sie mich guter Nachrichten nicht ermangeln: wie Ihre Vorbereitung zur Akademie sich anläßt? wann und wohin Sie zu gehen gedenken?

Die Einladung zur Subscription auf meine Werke erhalten Sie nächstens, und ich bin überzeugt daß es Ihr eigener Wunsch und Trieb ist dieses Unternehmen zu begünstigen. Die Fortsetzung des sehr artigen poetisch-historisch-kritisch-bildlichen Katalogs, über das was sich von den frühsten Zeiten her auf meine Arbeiten bezieht, hat mich an manches Vergessene erinnert ja mich von unbekannt Gebliebenem benachrichtigt.

Von der neusten Verwendung der Ihnen wohl-bekannten Festbilder hiebey einige Beyspiele; Freunden und Gönnern gewinnen Sie vielleicht dadurch ein Erinnerungslächeln ab.

Nun aber, da Sie als der bereiteste Commissionär berühmt sind, der nicht allein das Aufgetragene besorgt, sondern die Aufträge die man ihm geben könnte voraus erräth, übernehmen Sie das fromme Geschäft[339] beykommendes Blatt Ihrem Herrn Vater ehrerbietigst vorzulegen.

Der Wunsch mehrerer wackerer Männer ist darin deutlich ausgesprochen; er ist auch der Meine, aber das Urtheil über die Möglichkeit der Erfüllung kommt Ihrem Herrn Vater allein zu. Die Schwierigkeiten sind uns nicht unbekannt, die Mittel sie zu heben außer unserm Gesichtskreise; es kommt also hier nur darauf an ob Ihr Herr Vater einige Hoffnung gäbe und den Weg andeuten möchte den man zum Ziel einzuschlagen hätte.

Einer in bedrängten Umstände, von einem Hausvater in den besten Jahren verlassenen Familie zu Hülfe zu kommen ist eine Aufgabe, selbst für vereinte Wohlwollende schwer zu lösen; deshalb ihnen denn nicht zu verargen ist wenn sie sich dort nach Hülfe umsehen woher so manchem geholfen wird. Erhalten Sie Verzeihung wegen der Anfrage, bitten Sie um möglichste Theilnahme und lassen mich hierauf, so wie auf die vorstehenden Puncte bald einige Nachricht wissen.


40/271.


An Johann Heinrich Daniel Zschokke

[Concept.]

[31. März 1826.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir gefällig eine chromatische Arbeit übersendet, woraus ich ersehe, daß Sie, der bisherigen Lehre zugethan die Frucht meiner Bemühungen der Nachwelt[340] überweisen. Ich kann es mir sehr wohl gefallen lassen und bin auf ein solches Geschick längst vorbereitet! Denn indem ich die Schritte der Mitlebenden, älteren und jüngeren, seit geraumer Zeit betrachte, bin ich zu ruhiger Ansicht gelangt, die ich etwa folgender Maaßen aussprechen würde:


(inseratur.)


Nehmen Sie diese zutrauliche Äußerung freundlich auf, erhalten Sie mir wohlwollende Gesinnungen und danken dem werthen Herrn Sauerländer für die geneigte Mittheilung Ihrer Werke, die uns diesen Winter, in guter Gesellschaft vorgelesen, gar manchen vergnügten, lehrreichen Abend verschafften.

Mich bestens empfehlend und alles Gute wünschend.


41/1.


An Caroline von Wolzogen

[Concept.]

[1. April 1826.]

Beyliegend, verehrte Freundin, übersende ein Schreiben von unserm guten werthen Ernst, worin er den bisherigen Gang unserer Angelegenheit klar und deutlich darstellt; aber aus meiner Antwort sehen Sie, gewiß mit Vergnügen, daß sie diesen Winter über durch erneuten Fleiß auf einen vortheilhafteren Punct gebracht worden, als ich selbst erwarten konnte. Ich erbitte mir die Papiere wieder zurück und werde bemüht seyn, daß zu Johannis neue und entscheidende Schritte zu thun seyen. Gönnen Sie dem Geschehenen Ihren Beyfall und erhalten mir eine so viel erprobte Freundschaft.

Weimar den März 1826.


41/2.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

haben, wie ich von Herrn Doctor Sulpiz Boisserée vernehme, am 20. März meine Sendung mit den für[1] den Moment nöthigen Expeditionen erhalten, wogegen ich einer gefälligen Erwiderung entgegensehe.

Indessen sind die Ostern vorüber gegangen, und ich finde mich in dem Fall, in dem Lauf des gegenwärtigen Monats Verpflichtungen zu erfüllen, welche ich in Betracht der contractmäßig zu erhebenden Summe des ersten Termins von 7500 Thalern eingegangen bin. Ich habe daher die Herren Frege & Comp. ersucht eine auf Dero Buchhandlung in Stuttgart gestellte Assignation von 1500 Thalern zu honorieren, welches sie auch zu thun gefällig gewesen.

Nun ergeht daher das geziemende Ansuchen, Ew. Hochwohlgeboren wollen obgedachte Summe von 7500 rh. an genanntes Haus baldgeneigt anweisen, damit jene Vorzahlung erstattet werde und ich zugleich über das übrige disponiren könne.

Die erste Lieferung steht dagegen zur Absendung bereit, ich schicke sie, wenn Sie nichts anderes zu verfügen belieben, mit der fahrenden Post gegen Sicher schein, in Hoffnung und Überzeugung, daß nunmehr das wichtige Geschäft, nach glücklichem Beginnen, eine erwünschte Folge haben möge. Der ich mich in vollkommenster Hochachtung die Ehre habe zu unterzeichnen

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamsten Diener

Weimar den 2. April 1826.

J. W. v. Goethe.[2]


41/3.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben, zu meiner besonderen Danknehmigkeit, die nachgesuchte Auszahlung von 1500 rh. sächsisch für Rechnung der J. G. Cottaischen Buchhandlung geneigtest gewilligt, deshalb ich denn sogleich unter heutigem Datum dem Herrn Bankier Julius Elkan eine Anweisung auf gedachte Summe ausgestellt habe.

Wie nun Herr v. Cotta gleichfalls hievon alsbald benachrichtigt worden, so habe an der unmittelbaren Wiedererstattung nicht den geringsten Zweifel, bekenne mich jedoch, bis dieses geschehen, als Selbstschuldner und habe die Ehre mit dankbarer Anerkennung Ihrer Geneigtheit mich Hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 2. April 1826.


41/4.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

die gehefteten wenigen Blätter anbey zurücksendend kann nicht anders als die daraus geschöpfte Überzeugung melden: daß Höchstdieselben nunmehr ohne weiters Bedencken den empfolenen Dr. Vogel zu Liegniz als[3] Leibarzt berufen könnten. Es war immer vortheilhaft daß die Wahl zwischen zwey Subjeckten offen stand, wovon der eine so vorzüglich herausgehoben wird. Meinen Correspondenten sag ich hierüber ein freundliches Wort.

Und so wäre denn der Wunsch jedes Getreuen erfüllt: auch für geringe Unpäßlichkeiten seiner Verehrten sicherer Behandlung sich getrösten zu dürfen, wodurch den schlimmsten Folgen mit wenigem oft vorgebeugt werden kann.

W. d. 2. Apr. 1826.


41/5.


An Georg Friedrich Benecke

Wohlgeborner

besonders hochzuehrender Herr.

Ew. Wohlgeboren abermalige Sendung gereicht mir zu nicht geringem Vergnügen; den Antrag einer verehrlichen Comité nehme in beyliegendem Schreiben dankbarlichst an, wobey ich Ew. Wohlgeboren ergebenst bitte für mich die Summe von zwanzig Pfund zu unterzeichnen, weil ich seinen Beweis versäumen möchte, wie hoch ich den Geist eines Mannes schätze, der nur allzufrüh das merkwürdigste Individuum, das geboren werden konnte, auf und weggezehrt hat.

Die Widmung des Sardanapals ist mir von dem höchsten Werth. Wenn ich die Gunst eines solchen[4] Blattes meinem Verdienste nicht wohl zuschreiben darf, so bleibt es immer merkwürdig, daß ein Jüngerer in seinem Vorgänger die Ahnung jenes Strebens enthusiastisch verehrt, das er in sich selbst unwiderstehlich empfindet.

Nehmen Sie meinen verpflichteten Dank und lassen mich durch Ihre Vermittelung von den weiteren Fortschritten jenes löblichen Unternehmens ein mehreres hören. Wenn der Vorübergegangene sich zwar selbst schon ein herrliches geistiges Monument gestiftet, so ist es doch sehr schön, daß ein bleibendes reales Denkmal die Nachkommen sinnlich erinnere: er sey auch dagewesen wie Viele, aber begabt, verehrt, geliebt wie Wenige. Mein Andenken auch unter Göttinger Freunden belebt zu sehen, ist mein eifriger Wunsch, wenn ich mich fernerer Geneigtheit angelegentlichst empfehle.

Hochachtungsvoll

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 3. April 1826.

J. W. v. Goethe.


41/6.


An Douglas Kinnaird

Des ehrenvollen Antrags einer hochansehnlichen Comité, mich in ihren zu Errichtung eines Monuments für einen zu früh abgeschiedenen trefflichen Mann[5] versammelten Kreis geneigt aufzunehmen, darf ich mich mit warmem Gefühle erfreuen, indem die Verehrung seiner außerordentlichen Persönlichkeit gewiß von niemand lebhafter empfunden und treuer gehegt werden mag.

Ich nehme deshalb, mein werthester Herr, das mir geschehene Anerbieten dankbarlichst an und bitte mich den würdigen Männern, welche die Unternehmung leiten, bestens zu empfehlen, und mir von Zeit zu Zeit Nachricht der weiteren gewiß lebhaften Fortschritte zu geben, da ich in theilnehmender Verpflichtung nicht zurückbleiben möchte.

Empfehlen Sie mich insbesondere Herrn Hobhouse, dessen Name uns ja, gesellt zu dem des verewigten Freundes, schon so vielfach genannt worden, und in meinem Familienkreise genannt wird, wo die englische neuste Literatur, durch eigne Theilnahme und durch Anregung mehrer hier studirenden jungen Engländer und deren Begleiter, lebhaft unterhalten wird.

Sollte es Gelegenheit geben meine Schwiegertochter und uns alle der Madame Davy in's Andenken zu rufen, so bitte solches nicht zu versäumen, da ein wahres zutrauliches Verhältniß sich zwischen diesen beiden Frauenzimmern gebildet hat.

Diesem allen füge noch den Wunsch hinzu, daß Ihre werthen Landsleute, wenn sie unsere Gegend besuchen, mich und die Meinigen nicht vorbeygehen mögen. Geben Sie ihnen hiezu gelegentlich Veranlassung;[6] eine Anmeldungscharte, mein werthester Herr, wird in diesem Sinne jedesmal willkommen seyn.

Mit vozüglichster Hochachtung ergebenst

Weimar den 3. April 1826.

J. W. v. Goethe.


41/7.


An Carl Philipp von Martius

Ew. Hochwohlgebornen

Beykommendes ungesäumt zu übersenden beeile mich, nur wenig Worte hinzufügend. Das interessante Blatt hatte sich in meinen Mappen versteckt und ist erst jetzt wieder, da der Frühling die Zimmer zugänglicher macht, aufgefunden worden. Nehmen Sie meinen besten Dank für gefällige Mittheilung und lassen es mir, wenn der Kupferstich vollendet ist, an einem Exemplar nicht fehlen.

Das gehalt- und gefühlreiche Schreiben habe mit Freuden beherzigt und mir dabey die schöne lebendige Münchner Epoche, deren Sie sich erfreuen, vergegenwärtigt. Möge alles zum besten vorschreiten und gelingen.

Haben Sie die Güte, mich allseits zu empfehlen, und besonders Herrn Schorn und Elsholtz; beiden bin ich Antwort schuldig, woran mich die Gedrängtheit des Augenblicks hindert. Kann ersterer das Lithographiren des Charonbildes geneigt befördern, so erzeigt[7] er mir und manchem Kunstfreunde einen entschiedenen Dienst. Ich stehe im Begriff die Anzeige der neuen Ausgabe meiner Werke in's Publicum zu fördern, und empfehle dieses Unternehmen auch Ihnen vorzüglich und Ihrem werthen Kreise. Es ist eine eigne Aufgabe, die Summe so vieler Jahre zu ziehen und auszusprechen.

Bleiben Sie von meiner aufrichtigen Theilnahme gewiß und lassen mich von Zeit zu Zeit von Ihrer schönen Thätigkeit erfahren. Leider muß ich Sinn und Gedanken von der äußern Natur gegenwärtig abwenden, damit sie mich nicht, wie früher, von Arbeiten abwendig mache, womit der Geist sich ausschließlich zu beschäftigen hat, wenn irgend etwas Werthes und Würdiges hervorgebracht werden soll.

Mit den aufrichtigsten Wünschen mich unterzeichnend.

unwandelbar verbunden

Weimar den 13. April 1826.

J. W. v. Goethe.


41/8.


An Carl Ernst Adolf von Hoff

[Concept.]

Ew. Hochwohlgebornen

danke verpflichtet für die Übersendung des so höchst sorgfältig gearbeiteten Atlas, zu dem bedeutenden Werke gehörig, welches zu rechter Zeit bey mir angekommen[8] war. Ich dankte sogleich dafür in einem Schreiben an Herrn v. Buch nach Gotha, welches mir aber, da er schon abgereist, wieder zurückkam.

Hätte ich mir Ew. Hochwohlgebornen Vermittlung erbeten, so wäre meine Anerkennung ihm nun schon zu Handen, welche demselben dankbarlichst zu vermelden, mich zu empfehlen und mich bestens empfohlen zu halten angelegentlichst bitte.

Ew. Hochwohlgebornen.

Weimar den 14. April 1826.


41/9.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

verfehle nicht anzuzeigen wie in einem Schreiben des Herrn von Cotta vom achten Apr. mir die Erklärung zugegangen: daß der schon längst bey Ihrem Hause, für Rechnung der J. G. Cottaischen Buchhandlung zu Stuttgart mir eröffnete Credit auch fernerhin bestehe und ich mich daher dessen zu bedienen habe.

Da ich nun voraussetzen darf daß eine dergleichen Erklärung auch bey Denenselben eingegangen, so erlaube mir, in diesen Tagen die Summe von

Sechstausend Thalern sächsch.

in verschiedenen Posten an Bankier Elckan alhier anzuweisen, wovon hiermit gebührende Nachricht vorläufig ertheile.[9]

Da nun durch abgemeldete Äußerung des Herrn v. Cotta, die schon erhaltenen Fünfzehnhundert Thaler gleichfalls berichtigt und ich dadurch von meiner interimistischen Selbstgeltung entledigt worden, so erkenne danckbar den, bey dieser Gelegenheit mir gegönnten, persönlichen Credit, indem ich mich zu geneigtem Andencken empfehlend die Ehre habe mich in vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar d. 14. Apr. 1826.[10]


41/9a.


An Johann Heinrich Meyer

Da Herr Hofrath Meyer, allhier, sich bereitwillig erklärt hat, die in dem Großherzogl. Münzkabinett befindlichen römischen und griechischen Münzen zu[53] verzeichnen und einen Catalog darüber anzufertigen, so werden Demselben mit höchster Genehmigung sämmtliche in jener Sammlung befindlichen römischen und griechischen Münzen in einer verschlossenen Chatoulle andurch mit dem Ersuchen zugefertigt die Verzeichnung derselben baldigst vorzunehmen und nach deren Beendigung eine Anzeige anher gelangen zu lassen. Übrigens bemerkt daß der Registrator Schuchardt wie solches auch bei Verzeichnung der Handzeichnungen geschehen bei diesem Geschäft mit gebraucht werden kann.

Weimar, den 15. April 1826.

Großherzogl. S. Oberaufsicht über alle unmittelbaren

Anstalten für Wissenschaft und Kunst.

J. W. v. Goethe.[54]


41/10.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgebornen

verfehle nicht zu vermelden, daß ich auf Dero neuerlich gefälliges Schreiben vom 8. April mich nunmehr anschicke die ganze contractmäßige Summe erster Lieferung von denen Herren Frege & Compagnie zu beziehen, wofür den geziemenden Dank sage und weiteren glücklichen Fortgang des eingeleiteten Geschäftes zu wünschen habe.

Zugleich bemerke, daß in diesen Tagen die Sendung der ersten fünf Bände im redigirten Exemplar abgehen wird; wohlgepackt, in Hoffnung daß solche glücklich ankommen werde, worüber mir gefällige baldige Nachricht erbitte.

Gegenwärtig füge jedoch einige nothwendige Bemerkungen hinzu, welche derjenigen Person einzuhändigen[10] wären, die von Ew. Hochwohlgebornen wegen dieses Geschäftes besondern Auftrag erhält, mit welcher ich mich wohl in Verhältniß gesetzt zu sehen wünschte. Vorläufig hab ich sodann als Nachschrift einiges zu bemerken gegeben.

Herr Doctor Sigel meldet sich erst heute persönlich; der gute Mann hat jedoch, von Heidelberg aus, das ihm anvertraute Paquet sorgfältig hierher gesendet, und so habe noch schließlich zu bemerken, daß der unterzeichnete und beglaubigte Contract in meinen Händen sey.

Auch hiefür dankbar verpflichtet, mich und meinen Sohn zu geneigtem Andenken empfehlend habe die Ehre mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamsten Diener

Weimar den 16. April 1826.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Bemerkungen

zu dem abgesendeten revidirten Exemplar meiner Werke, die fünf ersten Bände.

1) In der Rechtschreibung ist hauptsächlich geändert das ss in ß, y in i.

Das Übrige ergibt sich dem einsichtigen Setzer und Corrector von selbst.

2) Bey den ersten zwey Bänden ist weiter nichts zu erinnern.

[11] 3) Bey'm 3. Band ist zu bemerken, daß die Gedichte durchaus paginirt sind; man wünscht, daß sie auch genau so abgedruckt werden, nämlich die kleinen Gedichte, deren eins oder mehrere auf einer Seite stehen. Was die längeren Gedichte betrifft, so wird der Maitre en page für schickliche Abtheilungen sorgen, wenn die beygeschriebenen Zahlen allenfalls nicht befolgt werden könnten.

4) Bey den Inschriften, Denk- und Sendeblättern des vierten Bandes sind die Seitenzahlen ausgelöscht, und man hat sich nur nach den Zahlen der Gedichte zu richten, welche mit abgedruckt werden. Bey größeren Gedichten verfährt man wie oben gesagt. Bey den dramatischen Arbeiten ist eben auch eine schickliche Abtheilung der größeren Gedichte auf die Seiten zu empfehlen.

In diesem Bande fehlen am Ende die drey Abtheilungen Xenien, welche man erst nachzusenden wünscht, wenn der Abdruck es fordert. Man hat die Absicht hier das Neuste beyzubringen.

5) Bey dem 5. Bande, den Divan enthaltend, ist zu bemerken: die Blätter sind durchaus auf der Vorderseite paginiert; die Nummern auf der Rückseite bedeuten nichts. Eben so sind auch die Sterne von keiner Bedeutung, die auf einigen Blättern oben in den Ecken stehen. Der prosaische Nachtrag folgt unmittelbar.

Man wünscht, daß ein umsichtiger mit der Typographie[12] wohlbekannter Literator bald möglich das Manuscript durchsehe und was irgend noch zu berichtigen wäre gefällig anzeigte.

Weimar den 14. April 1826.

J. W. v. Goethe.


Nachschrift.

Auch wird noch zu bestimmen seyn, mit welchen Ausdrücken man der Privilegien auf dem Titel erwähnt; sodann wie es mit dem Abdruck derselben an der Stirne des Werkes zu halten sey, da von einigen Fürsten die Bedingung ausgesprochen worden; auch diese Bekanntmachung allen Staats- und Geschäftsmännern, so wie überhaupt höchst interessant seyn, nicht weniger die Würde der Ausgabe erhöhen müßte.

Ferner bemerke: daß nach einer vom Königl. Sächsischen Consistorium an mich ergangenen Weisung ich an den zu Leipzig bestellten Bücher-Inspector das mir gegönnte Privilegium abschriftlich mitzutheilen habe, damit solches durch denselben den Buchhändlern insinuirt werde und dadurch erst seine verfassungsmäßige Bekräftigung erhalte. Ich werde dieses, sobald die gedruckte Anzeige einlangt, besorgen.

Vorbehältlich des Weiteren

Weimar den 16. April 1826.

J. W. v. G.[13]


41/11.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

verfehle nicht zu benachrichtigen, daß ich unter dem heutigen Datum eine Anweisung auf eintausend sechshundert Thaler sächsisch zu Gunsten des hiesigen Bankiers Herrn Julius Elkan für Rechnung der J. G. Cottaischen Buchhandlung zu Stuttgart ausgestellt habe, welche ich gefällig zu honoriren bitte, [und] mich Denenselben angelegentlichst zu geneigtem Andenken unter Versicherung des aufrichtigsten Antheils bey dieser Gelegenheit empfehle.

Weimar den 17. April 1826.


41/12.


An Gebrüder Ramann

Ew. Wohlgeb.

ersuche mir so bald als mögl. wieder 24 1/2 Flaschen Champagner zu senden.

ergebenst

Weimar den 18. Apr. 1826.

v. Goethe.


41/13.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

sende dankbar den wichtigen mitgetheilten Brief zurück; es ist höchst bedeutend, daß der Schritt einiger[14] Familienglieder das Haupt nöthigen mußte ein so unbewundenes Glaubensbekenntniß abzulegen, welches für Wohldenkende doch höchst tröstlich ist, und das Corpus evangeliorum, wie es noch im Geiste besteht, auf's neue sicher stellt.

Zwey Exemplare eines unerfreulichen Werkes, für Ew. Königliche Hoheit und Höchst Dero Frau Gemahlin, darf ich nicht zurückhalten, ob ich sie gleich lieber secretirte. Man würde drüber lachen, wenn es uns nicht so nah anginge. Schrecklich find' ich es, solche verdiente und einflußreiche Personen (public characters) als Vogelscheuche der schlimmsten Art aufgestellt zu sehen. Merkwürdig ist es zugleich, daß durch diese Behandlungsweise gerade die Eigenthümlichkeiten der Personen in's Widerwärtige gezogen sind. Um Mißwollende soll man sich zwar nicht kümmern, es ist aber doch verdrießlich ihnen einen solchen Schmauß zubereitet zu sehen.

Weimar den 18. April 1826.


41/14.


An Christian Moritz Engelhardt

Ew. Wohlgeboren

haben mich, unter vorwaltenden Umständen, durch besonders gefällige Thätigkeit ungemein verpflichtet. Nehmen Sie in Erwiderung der für mich so bedeutenden Copien den letzten Festabdruck freundlich auf und bereiten dem zweiten Exemplare einen geneigten[15] Empfang; wobey ich wohl bekennen darf, daß es mir sehr angenehm sey, die Originalblätter so gut und sicher aufgehoben zu wissen. Und so hat es denn etwas eigen Angenehmes, daß hier beide Enden dieses poetischen Unterfangens sich in später Zeit, an geliebter und verehrter Stätte, wieder berühren.

Empfehlen Sie mich überall; lassen Sie mich, daß Gegenwärtiges angekommen, nicht ohne Nachricht; erhalten Sie mir ein freundliches Andenken, so wie Herrn Canzler v. Müller, der sich mit mir zum allerschönsten empfiehlt.

ergebenst

Weimar den 22. April 1826.

J. W. v. Goethe.


41/15.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

habe allerdings zu klagen, daß mich St. Peter, wahrscheinlich wegen vernachlässigter Jubiläumsprozession, mit einem, noch jetzt halsstarrigen Übel gestraft hat, welches mir um desto schmerzlicher fällt, als ich mich mit Luft, Park und Garten zu befreunden ernstlichen Anfang gemacht hatte. Und so bleibt denn abermals nichts übrig, als Geduld und ruhige Zimmerthätigkeit.

Möge die Rückreise Ihro Hoheit des Herzogs Bernhard wie die Hinreise glücklich seyn. Freylich[16] lag bey einer Expedition nach Mexiko noch manche Zufälligkeit im Hintergrunde. Dürfte ich wohl um Mittheilung einiger Hefte des Tagebuchs geziemend bitten? Ich wünschte durch bekannte und unbekannte Theile der nordamerikanischen Staaten an der Hand dieses wackern Fürstenmannes wohl einen Besuch abzustatten.

Der Antrag des tüchtigen Alterthumsfreundes will auch mir nicht gefallen. Eine solche Statue möchte allenfalls in einer historischen Reihe interessant seyn; alleinstehend würde sie weder belehren, noch erfreuen.

Eben so ist es mit den ägyptischen Mumien und sonstigen Alterthümern dorther. Was will das heißen: »Ein unerläßlicher Bestandtheil eines Museums«? Es sagt im Grunde weiter nichts als: Das ist nun ein Modeartikel, und die Mode spricht: Was viele haben, muß jedermann haben. Zu was es nutzt, fragt niemand. Dagegen läßt sich ganz ruhig abwarten, was für hohe Kenntnisse uns aus allen diesen Arbeiten zu Gute kommen mögen. Am unwiderleglichsten werden wir dadurch belehrt, daß die Priester, wie überall, besonders auch in Ägypten ihr Handwerk sehr gut verstanden haben. Sie machten mit den Todten so viel Umstände nur, um die Lebenden zu beherrschen.

Das Raphaelische Bild macht farbig einen besonders guten Eindruck; die große Bescheidenheit des[17] Colorits fügt sich so schön zu der übrigen demüthigen Anmuth des Ganzen und es ist wirklich, als wenn man einen neuen Gegenstand sähe.

Staatsrath Langermann drückt sich neuerlich folgendermaßen aus: »Ich kenne zwar Vogel nicht von Person, doch hat ihn mir der verstorbene Regierungs-Medicinalrath Doctor Kausch vielfach als einen ausgezeichneten Arzt gerühmt, dem auch während seiner langen Krankheit seine Geschäfte übertragen wurden. Ich habe daher alle Ursache, dem Urtheile des Herrn Rust zu vertrauen und trete gern mit meinem Vorschlag zurück.«

Unterthänigst

Weimar den 22. April 1826.

J. W. v. Goethe.


41/16.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

habe in Erwiderung Ihres gefälligen Schreibens vom 21. dieses hiermit zu erklären, daß die, an Bankier Elkan dahier in Gefolg meiner Anweisung mit Avis vom 17. huj. gezahlten 1600 rh. sächsisch, als in den vorläufig gemeldeten 6000 rh. mitbegriffen gemeynt sind.

Indem nun, unter dem heutigen Datum, dem gedachten hiesigen Bankier Elkan abermals drey Anweisungen[18] auf Dieselben für Rechnung der J. G. Cottaischen Buchhandlung ausgestellt und zwar

1) zu2000

2) " 1400

3) " 1000

rh. 4400

hierzu gerechnet

die schon erhaltenen1600

rh. 6000

so wäre hierdurch das vorliegende Geschäft abgeschlossen.

Wie ich nun über vorgemeldete Summen hiermit bestens quittire, empfehle mich fernerer Geneigtheit, mich hochachtungsvoll unterzeichnend.

Weimar den 25. April 1826.


41/17.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgebornen

übersende die von Heidelberg erhaltenen Blätter und überlasse Denselben, was Sie hierauf Weiteres verfügen wollen.

Da die Bestellung in's Große geht, so wurde ich rathen, vorerst von den funfzehn verlangten Mineralien doppelte Exemplare, ein größeres und ein kleineres, zu senden, um zu sehen, wie sich die Herren dort benehmen. In der Stellung der Sache glaube ich nicht, daß dabey zu riskiren ist.

[19] Die Sendung bitte, auf das beste gepackt, an mich zu schicken, da ich sie dann weiter spediren werde.

Mehr kann ich in diesem Augenblicke nicht sagen, als daß für die Rehbeinischen möglichst gesorgt wird. Man hat uns Hoffnung gemacht, den ältesten Sohn zu Michaeli auf einer preußischen Stiftschule angebracht zu sehen, welches denn freylich das Wünschenswertheste wäre. Leider behandelt mich das Frühjahr nicht zum besten; auch ist meine Hoffnung schwach, Sie diesen Sommer wieder zu sehen. Leben Sie recht wohl und lassen mich bald Ihren Entschluß vernehmen.

treu ergeben

Weimar den 6. May 1826.

Goethe.


41/18.


An Caroline Paulus

[6 Mai 1826]

Sie erhalten, theuerste Freundin, nächstens mit der fahrenden Post eine Medaille, zwar nicht die gewünschte, welche doch auch baldmöglichst folgen soll. Denken Sie dabey eines Freundes, der sich so gern in Ihrer Nähe fand und in Gedanken oft bey Ihnen ist.

Ein zweytes Exemplar sey für unsere werthe Ernestine Voß bestimmt. Möge sie es als Erwiderung ihres lieben Briefes ansehen! In Worten mich auszudrücken wird mir in solchen Fällen immer schwerer, ja unmöglich.

[20] Wo ich meine Freunde früherer Zeit antreffe, erkennen sie mich wieder, wie ich denn auch in der Ferne an allem, was ihnen begegnet, einen herzlichen Antheil nehme.

Gedenken Sie mein, wie immer, und lassen mir die Hoffnung, es werde dasjenige, worauf ich jetzt Zeit und Kräfte verwende, auch Ihnen zur Freude und Bestätigung liebevoller Gesinnung gereichen.

Gruß und Heil in der Nähe und nach allen Seiten

treu angehörig

Weimar den 3. May 1826.

Goethe.


41/19.


An Friedrich Ludwig von Froriep

Ew. Hochwohlgebornen

bey glücklicher Rückkehr zum allerschönsten begrüßend, ersuche Dieselben um die Gefälligkeit, mir anzuzeigen, welchen Namen und Titel der gegenwärtig in Leipzig bestellte Bücherinspector habe; indem ich in der Privilegien-Angelegenheit etwas an denselben abzusenden veranlaßt bin.

In Hoffnung eines baldigen angenehmen Wiedersehens.

gehorsamst

Weimar den 6. May 1826.

J. W. v. Goethe.[21]


41/20.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

genehmigen, daß ich auf Dero Geneigtes vom 28. April punctweise Folgendes kürzlich erwidere:

a) Der Abdruck der Anzeige folgt mit den nöthigen Emendationen zurück. Wollten Sie mir noch eine Revision zusenden, so werde sie bald expediren. Die Sache ist von solcher Bedeutung, daß der geringe Aufenthalt wohl nicht in Anschlag kommt.

b) Ist bemerkt, wie in der Überschrift auch der ertheilten Privilegien zu gedenken sey.

c) Was an Poesie und Prosa auf dem Musterblatte mitzutheilen wäre, liegt auf einigen Blättern bey.

d) Wünsche, daß von denen, in dem übersendeten Manuscript neu eingeschalteten Gedichten nichts, wie früher wohl geschehen, in dem Morgenblatt oder sonst wo abgedruckt werde, weil ich die Sammlung in ihrer Integrität vor das Publicum gebracht wünschte.

e) Finde mich durch Bezeichnung und Benennung der sich für den vorseyenden Druck und dessen Correctheit interessirenden Personen völlig beruhigt.

f) Ferner vermelde, daß den Betrag des ersten Termins von Herrn Frege und Compagnie nunmehr völlig erhalten habe.

g) Könnten mir Dieselben 3 Exemplare von Hackert und drey dergl. von Winckelmann zukommen lassen,[22] so geschähe mir ein besonderer Gefalle. Es haben sich diese Bände aus meiner und meiner Freunde Sammlung, durch Ausborgen völlig verloren und sind nirgends her zu erhalten.

h) Hierzu füge die Anfrage, ob es Hoffnung sey den vollständig lithographirten Charon in einiger Zeit vor Augen zu sehen?

Herrn Doctor Boisserée die dankbarsten Empfehlungen, mit den treusten Wünschen in vollkommenster Hochachtung.

gehorsamst

Weimar den 6. May 1826.

J. W. v. Goethe.


i) Das Manuskript bitte bey'm Gebrauch zu schonen, indem ich solches nachher in seiner Integrität mir zurückerbitte.


41/21.


An Johann Heinrich Daniel Zschokke

[Concept.]

Wenn ein vorzüglicher Mann, der sich in seinem sittlichen Zustande frey fühlt, auch eine freye Stellung gegen die Natur annimmt und sie mit eigenen Augen, nach eigener Weise betrachtet, so gibt er mir, in sofern ich ihn gewahr werde, eine ganz besonders vergnügliche Empfindung. Eine solche bin ich Ihrem letzten Briefe schuldig geworden, wofür, mit wenigem, schönstens dankend, mich fernerer Neigung und Theilnahme[23] angelegentlichst empfehlend, aufrichtige Erwiderung zusage.

Weimar den 7. May 1826.


41/22.


An Nikolaus Meyer

Ew. Wohlgebornen

empfohlenen jungen Mann, der übrigens, wie ich höre, von den Unsrigen freundlich aufgenommen worden, konnte leider nicht sprechen, noch ihm auch sonst etwas Angenehmes erweisen, weil mehrfach zusammentreffende Übel die herkömmliche Gastlichkeit meines Hauses gerade in dieser Zeit vollkommen unterbrachen; ich will jedoch nicht versäumen, für Ihre schöne Sendung dankend, auch wieder einmal einiges von mir vernehmen zu lassen.

Ihr Sonntagsblatt setzt sich in seinem Charakter gar löblich fort; der besondere Zustand, für welchen es geschrieben ist, spricht sich deutlich aus, und müssen daher solche Mittheilungen auch an Ort und Stelle das Beste wirken. In gleichem Sinne scheint die westphälische Gesellschaft zusammen zu treten und wird gewiß auch deshalb unmittelbar die gewünschten Früchte bringen. Empfehlen Sie mich den Verbundenen.

Hiebey aber darf ich nicht übergehen, daß Ihre Sendung mich gerade in dem Augenblicke antraf, als ich die Anzeige der neuen Ausgabe meiner Werke abzuschließen[24] mich in dem Falle befand. Sie werden gewiß daher nicht übel deuten, wenn ich bekenne, daß bey Lesung Ihres Sonntagsblatts mir scheinen wollte, als wenn Sie zugleich Ihrem Kreise und mir dienstlich seyn und Vortheil bringen würden, wenn Sie die Ausbreitung meiner Arbeiten auch dort begünstigten. Solche Productionen erregen das schon im Stillen vorhandene Leben zu frischer Äußerung und geben Anlaß, die innern Gemüthszustände, so wie die äußern Andränge in den mannichfaltigsten Formen darzustellen, mitzutheilen und genießbar zu machen. Sie kennen zwar das Meiste selbst und haben daran im sittlichen und ästhetischen Sinne gar manche schöne Erfahrung gemacht. Aber ich darf wohl sagen, daß gerade die erste Lieferung von fünf Bänden, die ich zum Druck abschicke, eben als das Wirksamste betrachtet werden darf, was seit langer Zeit in unsere deutsche Literatur eingegriffen hat; es sind vier Bände kleiner Gedichte, zwey fast wie sie bekannt sind, zwey theils neu, theils frisch gesammelt, und sodann der Divan, dem Gehalt nach stark vermehrt. Sobald eine Partie Anzeigen in meinen Händen ist, übersende ich davon und wiederhole mein freundliches Ansuchen.

Zu der Freude, die Sie an Ihren Kindern erleben, wünsche von Herzen Glück. In diesen Tagen sende die bisher wohl verwahrten Ringe wieder, auf manche Weise verdienstliche Kunstwerke, welche jedoch im einzelnen zu würdigen nicht leicht ist; eben so wäre der[25] Geldwerth schwer anzugeben, es kommt immer auf den Liebhaber an, der dergleichen sucht. Einiges für Ihre lieben Kinder sende zum Andenken und zur Nacheiferung nächstens. Ihre werthe Gattin grüßen Sie zum schönsten, und gedenken manchmal zusammen jener heitern weimarischen Tage und bleiben eines unverbrüchlichen Andenkens versichert.

Treulichst

Weimar den 7. May 1826.

J. W. v. Goethe.


41/23.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgebornen

zu glücklicher Wiederkehr auf das schönste begrüßend frage bescheidentlich an, ob Sie mir einen kleinen Wunsch gewähren oder andeuten können, wie ich zu dessen Erfüllung gelangen möge?

Die zwey ersten Stücke von Kunst und Alterthum sind mir völlig ausgegangen, dagegen von den übrigen noch manches Exemplar vorräthig liegt.

Sechs bis acht Exemplare der beiden ersten Stücke würden mir daher sehr willkommen seyn und ich deren Mittheilung dankbarlichst anerkennen.

Weimar den [8.] May 1826.[26]


41/24.


An Carl Friedrich Zelter

Der Vater hat versprochen durch Herr und Madame Bracebridge einige freundliche Worte an Sie, bester Zelter, zu senden; obgleich ich nun wohl einsehe daß mein Schreiben überflüssig, so kann ich doch nicht widerstehen, mich in Ihrem Gedächtniß etwas aufzufrischen und Ihnen zu sagen, wie oft und gern wir Ihrer gedenken. Auch schmeichle ich mir mit der Hoffnung wieder eine so liebenswürdige Antwort wie Ihre letzte war zu erhalten.

Ich brauche Ihnen wohl nicht erst zu sagen, daß Herr und Madame Bracebridge Sie bitten, ihnen Billets zur Singakademie zu geben, und obgleich beide nicht selbst musikalisch sind, so ist es ihr größtes Vergnügen schöne Musik zu hören. Sollten Sie, lieber Zelter, in recht guter Laune seyn, und wollten dem Mann dann vielleicht die Erlaubniß verschaffen einer Liedertafel beyzuwohnen, so sollten Sie doppelt gelobt werden. – Diese beiden Leute sind die eifrigsten Verehrer vom Vater, welcher namentlich die Frau sehr gerne hat, und es ihr durch viele Freundlichkeit bewiesen. – Sie ist ganz intime Freundin von Ottilien, welche sie Ihnen selbst recommandirt hätte, wenn sie nicht durch einen Sturz mit dem Pferd unfähig dazu wäre. – Obgleich unsre Gesandten Engländer, so verstehen sie deutlich und sprechen es, wenn man Nachsicht hat. – Doris wird sich bestimmt gehörig im Anfang moquiren, doch wenn sie ihr sagen, daß alles was sie von Weimar (namentlich aus unserm Kreis) zu wissen wünscht, sie genau erfahren kann, so wird sie ja wohl auch gütig seyn. – Nun leben Sie wohl, lieber Zelter, lassen Sie bald von sich hören wie es Ihnen geht, grüßen Sie alle freundlich, die sich noch der dicken Ulrike[27] erinnern und vergessen Sie nicht, die in ihren Gesinnungen unveränderlich bleibende

Huldreich.


Sey den Empfohlenen, mein Bester, ohne deine Unbequemlichkeit freundlich. Von mir ist nicht sonderlich zu reden. Um ein Haar hätte ich die Rolle des Herzogs in der natürlichen Tochter zu übernehmen gehabt. Auch an der Vorprobe habe ich genug zu leiden. Gedenke mein und erweise mir etwas Freundliches.

treulichst

Weimar den 10. May 1826.

G.


41/25.


An Carl Friedrich von Reinhard

Den besten treulichsten Dank, verehrter Freund, für die gegebenen Pariser Nachrichten; ich bin dadurch völlig befriedigt; denn eigentlich war mein Wunsch nur zu erfahren, wie jene Commission sich benehmen würde. Daß ein Einfluß von dorther auf irgend eine Weise zu erwarten sey, daran war ohnehin kaum zu denken. Mein Geschäft ist nun, die Anzeige, deren Revision ich schon gehabt, in's Publicum zu bringen und das Weitere ruhig abzuwarten.

Meine Zustände sind nicht die besten: ich war nahe daran, die Rolle des Herzogs in der natürlichen Tochter zu übernehmen; die Vorprobe macht mir[28] schon genug zu schaffen. Der Fall war um desto härter, da sie gerade die Tage vorher munterer, mittheilender, gesellig-heiterer war als je. Ich muß nun auch eine Zeit lang meinen Laden wieder schließen; und so gräbt uns das Schicksal einen Banquerout, auch ohne daß wir uns auf den Papierhandel eingelassen hätten.

Daß die Herrn vom Globe mir wohlwollen ist ganz billig; denn ich bin wirklich für sie eingenommen. Man wird eine Gesellschaft junger energischer Männer, in einer bedeutenden Stellung gewahr; ihre Hauptzwecke glaube ich zu begreifen, ihr Benehmen ist klug und kühn. Freylich macht in Frankreich die nächste Vergangenheit aufmerken und erregt Gedanken, zu denen man sonst nirgends gelangen würde. Doch hat mich gefreut, einige meiner geheimen und geheim gehaltenen Überzeugungen ausgesprochen und genugsam commentirt zu sehen. Ich würde nicht aufhören Gutes von diesen Blättern zu sagen; sie sind das Liebste, was mir jetzt zu Handen kömmt, werden geheftet, rück- und vorwärts gelesen. Auch haben sie mir in den letzten Stücken zur Einleitung in die interessanten Hefte des Herrn Cousins gedient, indem sie mir deutlich machten, auf was Art und Weise und zu welchen Zwecken jene Vorlesungen gehalten wurden.

Eine Recension der Übersetzung meiner dramatischen Arbeiten hat mir auch viel Vergnügen gemacht. Verhalt' ich mich doch selbst gegen meine Productionen[29] ganz anders, als zur Zeit, da ich sie concipirte. Nun bleibt es höchst merkwürdig, wie sie sich zu einer fremden Nation verhalten und zwar so spät, bey ganz veränderten Ansichten der Zeit.

Was auf mich besonders erfreulich wirkt, das ist der gesellige Ton, in dem alles geschrieben ist: man sieht, diese Personen denken und sprechen immerfort in großer Gesellschaft, wenn man dem besten Deutschen immer die Einsamkeit abmerkt und jederzeit eine einzelne Stimme vernimmt.

Wenn Freund Boisserée sehr gesprächig seyn mag, so wünscht' ich doch zu wissen, was ihn in dem Grade interessiert etwas mit vielen Worten darzustellen.

Den Symbolikern konnte ich bisher nicht gut seyn: sie sind im Grunde Anticlassiker und haben in Kunst und Alterthum, insofern es mich interessirt, nichts Gutes gestiftet, ja dem, was ich nach meiner Weise fördere, durchaus geschadet. Wir wollen sehn, ob in der Folge an irgend eine Theilnahme und Annäherung zu denken ist.

Überhaupt muß ich mich jetzt sehr zusammennehmen und, mehr als jemals, alles Polemische an mir vorübergehen lassen. Der Mensch hat wirklich viel zu thun, wenn er sein eignes Positive bis an's Ende durchführen will. Glücklicherweise bleibt uns zuletzt die Überzeugung, daß gar vieles neben einander bestehen kann und muß, was sich gerne wechselseitig verdrängen möchte: der Weltgeist ist toleranter als man denkt.

[30] Möge von Ihrer lieben Virginie alles Übel entfernt bleiben, was meine Eugenie so hart betroffen hat.

treuangehörig

Weimar den 12. May 1826.

Goethe.


41/26.


An Justus von Schmidt-Phiseldeck

[Concept.]

Hochwohlgeborner, besonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Excellenz haben, nach erfolgter glücklicher Rückkehr Ihres verehrtesten Landesfürsten, unter so vielen Geschäften, auch meiner Angelegenheit sogleich freundlich gedenken und mir das gnädigst ausgefertigte Privilegium zusenden wollen.

Indem ich nun hierin die Erfüllung einer mir früher, zu einstweiliger Beruhigung, gegebenen günstigen Zusage zu verehren habe, so darf ich wohl bitten, meinen unterthänigsten Dank deshalb Ihro Herzoglichen Durchlaucht zu Füßen zu legen und auch persönlich der aufrichtigen Anerkennung für diese so bedeutende Geneigtheit überzeugt zu seyn.

Ist nun zugleich durch entschiedene Vorsorge das gnädigst gegönnte Privilegium in die Verordnungssammlung der dortigen Lande aufgenommen und durch selbige zur allgemeinen Kenntniß gelangt, so kann ich den ungestörten Genuß der mir gnädigst[31] verliehenen Vortheile auf das sicherste erwarten. Der ich die Ehre habe mit vollkommenster Hochachtung mich zu unterzeichnen.

Weimar den [15.] May 1826.


41/27.


An Johann Christian Stark d. J.

[Concept.]

[Zwischen 15. und 20. Mai 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben bisher meinen häuslichen Übeln eine geneigte ärztliche Aufmerksamkeit geschenkt. Gegenwärtig sind leider abermals Fälle eingetreten, wo eine einsichtige Berathung höchst wünschenswerth wäre.

Wollten Sie daher die Gefälligkeit haben bey Ihrem nächsten Hierseyn uns zu besuchen, so würde ich mich dadurch dankbar verpflichtet fühlen.


41/28.


An Johann Jacob von Willemer

Es ist zwar wohlgethan, mein Theuerster, seinen entfernten Freunden nichts von den unangenehmen Ereignissen zu melden, die uns betreffen; denn bis die Nachricht in die Ferne gelangt, hat sich wohl alles wieder gebessert und hergestellt; allein wenn dieß eine Zeitlang dauert, so kommt man in den Fall zu verstummen, untheilnehmend und nachlässig zu erscheinen.

[32] Sie haben mir, werthester Freund, in diesen letzten Tagen durch ein wichtiges ausführliches Werk gezeigt, daß Sie sich noch immer mit demjenigen ernstlich beschäftigen, was dem Menschen das Höchste und Wertheste bleibt, mit sittlichen und religiösen Verhältnissen. Hieraus glaube ich nun folgern zu dürfen, daß Sie sich sowohl über eigne Lebensereignisse, welche nicht immer die erfreulichsten sind, sowie über das Schicksal Ihrer Freunde, die denn auch wohl mitunter unsanft vom Tage berührt werden, wie sonst, in gehöriger Fassung erhalten und sowohl selbst zu dulden, als mit Andern still zu leiden, in freundlicher Stimmung sind. Vernehmen Sie also:

Nachdem uns Weimaranern vergönnt war, eine Reihe von fünfzigjährigen Jubelfesten auf eine heitere und dankbare Weise gegen das gute Geschick zu feyern und uns dabey mit Freuden gar mancher Pflicht zu entledigen, so ward unser Zustand durch die Todesnachricht des Kaisers Alexander höchst angreifend erschüttert. Das schöne innere gesellige Verhältniß unserer Fürstlichen Familie war durch die traurigen Folgen dieses Ereignisses auf einmal gestört. Die zunächst sich Anschließenden und von dem Wohlbefinden ihres Fürstenhauses am freudigsten Mitgenießenden wurden auf einmal der gewohnten Unterhaltung und angenehmster Mittheilung beraubt, und eine über die ganze Welt sich verbreitende Ahnung trat bey uns als die schmerzlichste Wirklichkeit ein.

[33] Hieran schloß sich denn, wie es zu geschehen pflegt daß zu gewissen Zeiten ganz und gar unzusammenhängende Übel in einer Folge herantreten, gleichsam als wenn sie zusammengehörten, manches Unerfreuliche; und so setzten uns Sterbefälle durch bedeutenden Verlust in unangenehme Lagen; wir entbehrten eines vieljährig geprüften Arztes tägliche Theilnahme und auch in Geschäften sahen wir uns hie und da von Beyrathenden und Eingreifenden verlassen. Ein schweres fast hoffnungsloses Krankheitsübel ergriff, bey geringem Verkältungsanlaß, meinen vieljährigen Haus- und Kunstfreund, den Hofrath Meyer; und damit es ja an den nächsten Berührungen nicht fehle, so verunglückte meiner Schwiegertochter ein Versuch, durch Reiten ihre Gesundheit zu verbessern, und ich war ganz nahe daran die Rolle des Herzogs in der natürlichen Tochter übernehmen zu müssen. Dieses sind nun die vorzüglichsten Unglücksjuwelen, noch mit manchem kleineren carmosirt und verbrämt, so daß ich glaube genug gesagt zu haben und kaum hinzuzufügen brauche, daß meine eigne Constitution, durch so manches unerwartete Unerfreuliche bestürmt und angegriffen, nicht gehörigen Widerstand leisten konnte, sondern sich aus dem Zustande einer muthigen Gegenwirkung in den eines ausdauernden Duldens versetzt sehen mußte.

Dieß alles sey aber nicht geklagt, sondern einem Manne vertraut, der in manchen Stürmen des Lebens aufrecht gestanden und, wie seine fortdauernde Beschäftigung[34] ausweist, sich und Andere zu guter und böser Stunde in sittlich-religiosem Gleichgewicht zu erhalten bemüht ist.

Denken Sie hiebey, wie höchst lästig eine solche Mißstimmung mir in dem Augenblicke seyn muß, da ich so eben die Anzeige der neuen Ausgabe meiner Werke in's Publicum zu bringen und deshalb, was mir an Geisteskräften gegönnt ist, räthlich zusammen zu halten habe.

Lassen Sie daher sich gedachtes Unternehmen doppelt empfohlen seyn; denn indem wir auf längere Dauer innerhalb der thätigen Welt Verzicht thun, so ist es ein erquickender Gedanke, selbst in den Tagen, die uns nicht gefallen, für das Glück und die Freude der Unsrigen das Möglichste zu wirken. Möge Ihnen in Ihrem weiten und würdigen Wirkungskreise alles zum Besten gedeihen.

treulichst

Weimar den 16. May 1826.

Goethe.


Vorstehendes lesend wird ja wohl auch die liebe Freundin mit einigen Worten mich zu erquicken geneigt seyn.

G.[35]


41/29.


An Sulpiz Boisserée

[18. oder 19. Mai 1826.]

Schönstens empfehle Herrn Schmeller einen sehr geschickten Portraitisten der sich Ihr Haupt für meine Sammlung ausbitten wird. Ich bitte um geneigte Verabredung.

G.


41/30.


An Carl Friedrich Zelter

Zuvörderst also schönsten Dank für die Partitur des wahrhaft enthusiastischen Liedes. Es ist seine guten dreyßig Jahr alt und schreibt sich aus der Zeit her, wo ein reicher jugendlicher Muth sich noch mit dem Universum identificirte, es auszufüllen, ja es in seinen Theilen wieder hervorzubringen glaubte. Jener kühne Drang hat uns denn doch eine reine dauernde Einwirkung auf's Leben nachgelassen; und wie weit wir auch im philosophischen Erkennen, dichterischen Behandeln vorgedrungen seyn mögen, so war es doch in der Zeit von Bedeutung und, wie ich tagtäglich sehen kann, anregend und anleitend für manchen.

Mein Hauskreuz wogt noch immer hin und her; man müßte nichts von der Welt wissen, wenn dergleichen Epochen uns unerhört scheinen sollten: wir müssen das Rad dahinrollen lassen und abwarten, wie[36] es uns streift und quetscht, wenn es uns nur nicht gar zerdrückt.

Matthisson ist auch bey uns durchgegangen; unsere Musenjünger haben ihn freundlich gefeyert, seine Gedichte gesungen, Lorbeerkränze gereicht, und das bey einem muntern Gastmahl, welches alles ganz billig und schicklich abgelaufen ist.

Ergreife die Gelegenheit Herrn Minister v. Schuckmann zu äußern, wie seine Rückantwort mir höchst erfreulich gewesen. Es ist so schön sich aus früherer Zeit erinnern zu dürfen, daß man das Wohlwollen solcher Männer genossen, die sich in der Folge des Lebens als die thätigsten und tüchtigsten erwiesen. Was der werthe Staatsmann für mich noch thun will, ist freylich der abschließende Sicherungsact einer so mannichfaltig complicirten wunderlichen Angelegenheit.

Schreibe mir manchmal, wie dir's durch den Sinn geht und was dir vor die Augen kömmt, ich erwidere dagegen auch wohl etwas Erfreuliches.

Die Graf Ingenheim-Hirtische Vase ist ein schönes Geschenk; doch ist es schwer über solche subalterne und abgeleitete Kunstwerke für sich selbst, geschweige denn für andere zu einer Überzeugung zu gelangen. Bey solcher Fabrikware, auch bey der besten, ging es niemals zum strengsten her. Wenn auch eine Hauptgruppe congruirt, wie hier die drey mittlern Figuren, so muß man es mit dem Übrigen nicht so genau nehmen. Der Geschmack, der etwas Fremdartiges,[37] Drittes, Einzelnes zu seinen Bedürfnissen heranruft, besitzt ja auch eine secundäre Erfindungsgabe, der man zuletzt so wenig als der primären beykommen kann, man stelle sich wie man wolle. Alles Kunstwerk steht zum Genuß da, und wenn es dem reinen ästhetischen Sinn genügt, so werden Vernunft und Verstand freylich nicht an ihrer Seite widersprechen können.

Wenn man bedenkt, daß so viel wichtige Menschen doch am Ende wie Öltropfen auf Wasser hinschwimmen und sich höchstens nur an Einem Puncte berühren, so begreift man, wie man so oft im Leben in die Einsamkeit zurückgewiesen ward. Indessen mag denn doch ein so langes Nebeneinanderleben, wie uns mit Wolf geworden, mehr als wir gewahr werden und wissen, gewirkt und gefördert haben.

Du gedenkst meines Phaethons, dessen ich mich noch immer freue, obgleich betrübe, daß ich nicht die zwey Hauptscenen damals niederschrieb. Wäre es auch nicht zulänglich gewesen, so war es doch immer etwas, wovon sich jetzt niemand einen Begriff machen kann.

In jene Regionen werde ich abermals verlockt durch ein Programm von Hermann, der uns auf drey antike Philoktete aufmerksam macht: der erste von Äschylus, dem ältesten; der zweyte von Euripides, dem jüngsten; der dritte von Sophokles, dem mittlern. Ich mußte mich bald losmachen von diesen Betrachtungen; sie hätten mich ein Vierteljahr gekostet, das[38] ich nicht mehr nebenher auszugeben habe. Von den beiden ersten Stücken finden sich nur Fragmente und Andeutungen; das letzte haben wir noch ganz. Auch hier darf ich nicht weiter gehen, weil ich gleich verführt werde; denn ich konnte mich doch nicht enthalten diese für mich so wichtige Angelegenheit vor allen Dingen durch und durch zu denken; denn hier kommen die wunderlichsten Dinge vor. Sogar hat ein uralter Lateiner einen Philoktet geschrieben und zwar nach dem Äschylus, wovon denn auch noch Fragmente übrig sind und woraus sich der alte Grieche begreifbar einigermaßen restauriren ließe. Du siehst aber, daß das ein Meer auszutrinken sey, für unsre alte Kehle nicht wohl hinabzuschlucken.

Aus allem diesen erhellt, daß ich deine ältern Briefe wieder vorgenommen habe, und will nun sehen, daß ich dir sonst manches zurechtlege. Meine nächste Absicht ist, dir einen ausschattirten Charon zu übersenden, da es mit dem Lithographiren dieses Blattes noch in weitem Felde steht; ich wünsche, daß du es stets vor Augen habest, um stets erinnert zu werden, daß der größte, furchtbarste, unerträglichste Gedanke, durch eine tüchtige Kunst, die sich über ihn erhebt, uns faßlich, sogar anmuthig vorgebildet werden könne. Bey näherer Betrachtung wirst du bekennen, daß alles, was die Weimarischen Kunstfreunde an dem Blatte gesehen haben, Zug vor Zug daran befindlich sey.

[39] Magst du mir über Hummels Exhibitionen etwas nach deiner Art vortragen, so machst du mir in mei nem jetzigen

(die Fortsetzung folgt nächstens.)

Weimar den 20. May 1826.[40]


41/30a.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

[22. Mai 1826?]

Das mich betroffene Übel würde mir noch viel schmerzlicher seyn wenn es mich abhalten sollte, Ew. Königl. Hoheit aufzuwarten; deswegen frage unterthänigst an ob es nicht gefällig wäre morgen Dienstag zu gewohnter Stunde mit Ihrer Gegenwart mich zu beglücken. Mein Wunsch ist dabey daß Dr. Boisserée seine Steindrucker Arbeit selbst vorzeigt und bey dieser Gelegenheit manches Wichtige des Steindrucker Geschäftes zu einiger Unterhaltung darlegte.

Verehrend.[54]


41/31.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

können sich vorstellen, daß der unerwartete Besuch des Herrn Doctor Boisserée mir so erfreulich als überraschend gewesen, so wie auch, daß unter hundertfachen Gesprächen das Wohlbefinden der werthen Stuttgarter Freunde die Vorhand behielt.

Daß wir das wichtige vorliegende Geschäft umständlich durchsprechen konnten, war auch nicht als geringer Vortheil anzusehen; und indem dieser Freund abermals die Vermittlung mancher Puncte übernimmt, so darf ich mich in Gegenwärtigem um desto kürzer fassen.

Zu besonderm Vergnügen gereichte mir die Eröffnung, daß die übersendete gedruckte Anzeige eigentlich nur für das Morgenblatt gesetzt worden, und daß eine etwas besser in die Augen fallende, nebst den Probeblättern dem Publicum mitgetheilt werden sollte.

Es ist dieses um so wünschenswerther, als von gar vielen Seiten feindselige Bemerkungen unser Unternehmen bedrohen; deswegen wir denn die demselben[40] ohnehin zu schenkende Aufmerksamkeit noch mehr zu schärfen haben.

Von meiner Seite soll es nicht fehlen, auch über das Zugesagte, gleich für die ersten Bände das Mögliche zu thun.

Der ich die Ehre habe mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamsten Diener

Weimar den 24. May 1826.

J. W. v. Goethe.


41/32.


An Albrecht Le Bret

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

überschreibe Gegenwärtiges auf Veranlassung einer, durch Freyherrn v. Cotta an mich gelangten Kenntniß, daß die erste Sendung meiner Werke in fünf Bänden Denenselben, so wie zur Durchsicht, so überhaupt zur Besorgung des Drucks vorlängst anvertraut worden, und ich erfreue mich dabey gar sehr, überzeugt seyn zu können, daß diese für mich so wichtige Angelegenheit in sichern und sorgfältigen Händen beruhe. Hierin bestätigt mich die Unterhaltung mit meinem vieljährigen, werthen, geprüften Freunde Herrn Doctor Boisserée, dessen gleich unerwarteter als angenehmer Besuch mir unter gar manchen bedeutenden Aufklärungen auch die gewährte, daß Ew. Wohlgeboren[41] der Mann seyen, der sich eines so wichtigen und weitaussehenden Geschäftes mit beharrlicher Theilnahme treulich unterziehen würde. Gedachter Freund nimmt gleichfalls den aufrichtigsten Antheil an unserm Geschäft, und da ich mit demselben ununterbrochen in Communication bleibe, so darf ich hoffen, daß manche meiner Wünsche durch seine Vermittlung zu Ihnen gelangen werden.

Sollte irgend etwas zu bemerken seyn, so werden Sie die Gefälligkeit haben, mich davon in Kenntniß zu setzen und überhaupt bey Einleitung des Abdrucks wegen Papier, Lettern und anständiger Vertheilung des Textes gefälligste Rücksicht zu nehmen.

Wenn auch hier nur vorerst von einer Taschenausgabe die Rede ist, so möchte doch gerade deswegen alle Aufmerksamkeit, um solche wohlgefällig zu machen, anzuwenden seyn; denn gerade der Ausdruck der Aufmerksamkeit ist es, welcher den Beschauer und Leser besticht und ihn zum Besitz eines Buches anreizt.

Indem ich nun hoffen kann bey dieser Gelegenheit öfter von Ew. Wohlgebornen zu vernehmen, empfehle ich dieses Geschäft aber und abermals, wie ich denn auch bitte Herrn Factor Reichel, einen, wie ich vernehme, allen Zutrauens werthen Geschäftsmann, schönstens zu grüßen und zu versichern, daß ich auf jede Mitwirkung von seiner Seite das vollkommenste Zutrauen hege. Mich hochachtungsvoll unterzeichnend.

Weimar den 24. May 1826.[42]


41/33.


An Philipp Christian Weyland

[Concept.]

[26. Mai 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

verpflichten mich zum schönsten durch freundlichen Abschiedsgruß und gefälliges Anerbieten. Möge die vorseyende Reise Ihnen und den werthen Ihrigen zu Freude und Gewinn gereichen.

In Paris bitte mich den Herren v. Humboldt, v. Cuvier, v. Gérard bestens zu empfehlen; auch die Herren Hase und Cousin freundlichst zu begrüßen; sodann Herrn Stapfer, dem treuen Übersetzer meiner dramatischen Werke, beykommende Medaille als wohlgemeyntes Andenken zu überliefern.

Der ich die besten Wünsche für Genuß und Ausbeute der vorhabenden Reise nochmals wiederhole und mich zum voraus freue zu rechter Zeit aus Ihrem Munde eine frische Schilderung jener Weltstadt zu vernehmen.

Mit vorzüglichster Hochachtung mich unterzeichnend.


41/34.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

[27. Mai 1826.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche mir gefällig zu melden, ob Sie geneigt und im Falle sind, ein neues Heft Kunst und Alterthum[43] in den Druck zu nehmen. Ich bin so eingerichtet, daß ich das Manuscript nach und nach ohne Stockung würde übersenden können.

Der ich mit den besten Grüßen und Empfehlungen an die theuren Ihrigen und die werthen Göttinger Gäste mich zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 25. May 1826.


41/35.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

haben mir und dem bey uns noch verweilenden Freunde durch den übersendeten Abdruck der neuen Anzeige ein besonderes Vergnügen gemacht; ich behalte das Exemplar hier, weil nichts dabey zu erinnern ist. Könnte das Papier etwas weißer seyn und bey dem Abdruck auf Gleichheit der Schwärze und Stärke genau gesehen werden, so würde mir nichts zu wünschen übrig bleiben.

Mehr sage ich nicht, um Gegenwärtiges nicht zurückzuhalten. Mit Herrn Doctor Boisserée bespreche manches, welches derselbe mittheilen wird. Sodann erlauben Sie, daß ich den in vorigem Briefe geäußerten Wunsch wiederhole: daß von den neu eingeschalteten Gedichten, vor der Herausgabe, im Morgenblatte oder sonst ja nichts abgedruckt werde.

[44] Zum Schluß will ich meine Freude nicht bergen, das Geschäft auf so gutem Wege zu sehen; ich werde von meiner Seite das Mögliche thun, um den innern Gehalt zu steigern.

Eine genugsame Anzahl an meine Freunde unmittelbar auszutheilende Anzeigeexemplare mir erbittend habe die Ehre mich mit vorzüglichster Hochachtung und freudigem Vertrauen zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamsten Diener

Weimar den 28. May 1826.

J. W. v. Goethe.


41/36.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sage vorerst verpflichteten Dank für die von Leipzig mir verschafften Exemplare der ersten Hefte von Kunst und Alterthum; sie fördern mich gar sehr gegenwärtig, wo ich so manches zu ordnen und einzurichten habe. Anbey folgt denn auch der Anfang des Manuscripts, bey dessen Abdruck ich auf sorgfältige Correctur zu halten bitte, damit die Revision hier am Ort erleichtert werde.

Daß Sie unsres werthen Boisserées Gegenwart wenn auch nur kurz Zeit genossen, freut mich gar sehr.[45] Der Besuch dieses trefflichen vieljährigen Freundes dient mir zu großer Erquickung in einem nicht ganz glücklichen Zustande.

Möge Ihnen und den lieben Ihrigen alles nach Wunsch gedeihen.

Weimar den 1. Juni 1826.


41/37.


An Johann Nepomuk Hummel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit unserem guten und geschickten Schmeller einige Stunden zu gönnen, damit ich Ihr werthes Bild der Sammlung zufügen könne, welche das Andenken so mancher geschätzten Gleichzeitigen bewahren soll.

Mich bestens zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 1. Juni 1826.


41/38.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Gefälligkeit unserem guten und geschickten Schmeller einige Stunden zu gönnen, damit ich Ihr werthes Bild der Sammlung zufügen könne, welche das[46] Andenken so mancher geschätzten Gleichzeitigen bewahren soll.

Mich bestens zu geneigtem Andenken empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 2. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.


41/39.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Da Herr Doctor Boisserée den letzten Abend heute bey mir zubringt, so ersuche Sie, mein Werthester, Ihren Besuch auf morgen Abend zu verlegen.

Weimar den 2. Juni 1826.

G.


41/40.


An Carl Friedrich Zelter

... jetzigen Zustande doppelte Freude.

Das Resultat eures Künstlervereins ist ein wunderliches Werk; ich möchte sagen: Hier ist Brennmaterial genug, aber weder zu einem Rogus kunst- und sinngemäß geschichtet, noch durch des Geistes Flamme fröhlich entzündet; es steht alles so neben einander und wird höchstens durch den Anklang der Stengelgläser in Harmonie gesetzt.

Das Manuscript zu dem neuen Heft von Kunst und Alterthum liegt fertig und redigirt zum größten[47] Theile vor, so daß der Druck gleich angefangen werden könnte; doch mag ich nicht daran gehen, bis die Anzeige meiner Werke in die Welt ist. In meinen Jahren muß man sich darüber ein Gesetz machen und darf sich nicht einbilden, daß man, wie Friedrich der Große im siebenjährigen Krieg, nach allen Seiten hin aus dem Stegreif schlagen und siegen könne.

Unserm werthen Freunde Langermann vermelde die besten Grüße und dank ihm zum besten, daß er durch sein Wort den Mann bestätigen wollte, den wir zu unserm Heil erwarten; niemand bedarf dessen mehr als ich. Man kann sich nicht immer im Gleichgewicht halten und leider, wenn es einmal in's Schwanken geräth, stellt es sich in meinen Jahren von selbst nicht leicht wieder her.

Daß die guten Bracebridge deinem herrlichen Gesangserproben glücklich beygewohnt haben, wie wir aus den letzten Briefen vernehmen, ist die Hauptsache. Empfehlungsbriefe zerren herüber und hinüber, und ich weiß die lustige Geschichte einer fürtrefflichen Frau, die, weil sie in einer Schweizerstadt an die Montagues und Capulets zugleich empfohlen war, fast keinen Schritt aus dem Wirthshause thun durfte. Aus ihrem Munde war es das Unmuthigste zu hören, wie sie der allerliebenswürdigsten Pfiffe bedurfte, um nur einigermaßen zu ihren Zwecken zu gelangen.

Und so beweisen Anekdoten des Privatlebens wie der Weltgeschichte, daß wir uns eigentlich mit Albernheiten,[48] Gefahr und Noth herumschlagen und herumschlagen werden.

Nächster Tage liegt unsre Correspondenz, auf's reinlichste abgeschrieben, in mehrere Bände geheftet, vor mir; da kannst du nun wohl einmal eine Wallfahrt antreten, um einem solchen Werke die gebührende Ehre zu erzeigen. Ich werde sie nun an ruhigen Abenden mit treulichem Bedacht durchstudiren und bemerken, wie es allenfalls künftig damit zu halten seyn möchte. Es ist ein wunderliches Document, das an wahrem Gehalt und barockem Wesen wohl kaum sei nes Gleichen finden möchte.

Sodann darf ich dir wohl vertrauen: daß, um der ersten Sendung meiner neuen Ausgabe ein volles Gewicht zu geben, ich die Vorarbeiten eines bedeutenden Werks, nicht in der Ausdehnung, sondern in der Eindichtung, wieder vorgenommen habe, das seit Schillers Tod nicht wieder angesehen worden, auch wohl ohne den jetzigen Anstoß in limbo patrum geblieben wäre. Es ist zwar von der Art, daß es in die neueste Literatur eingreift, daß aber auch niemand, wer es auch sey, eine Ahnung davon haben durfte. Ich hoffe, da es zu Schlichtung eines Streites gedacht ist, große Verwirrung dadurch hervorgebracht zu sehen.

Wolltest du mir, mein Theuerster, die Erlaubniß geben deinen Hymnus zu Mozarts Geburtstag in Partitur zu setzen, so würde ich den Versuch machen,[49] inwiefern es mir gelänge. Wegen der Anwendung könnte man alsdann übereinkommen.

Laß ja manchmal deine Feder laufen und schreib von alten und neuen Dingen, so klar und wunderlich als dir beliebt.

Dem Guten und Besten empfohlen

treulich

Weimar den 3. Juni 1826.

G.


41/41.


An Johann Friedrich Blumenbach

[Concept.]

[5. Juni 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

erwidere nunmehr auf zwey gefällig belehrende Schreiben in freundlichster Dankbarkeit. Ich habe das Vergnügen gehabt, Ihre Fräulein Tochter und Frau Geh. Hofräthin v. Loder bey mir zu begrüßen, von denselben das Allerbeste von dem Wohlbefinden des hochverehrten Freundes zu vernehmen. Auch darf ich nicht verhehlen, daß ich mehrere Göttinger Studirende in diesen Tagen freundlich aufgenommen, eigentlich nur, um von ihnen sämmtlich die Bestätigung jener guten Nachrichten zu vernehmen. Möge dieses Glück mir noch lange beschert seyn.

Die angekündigte, junge, talentreiche Tonkünstlerin traf zu gemeldeter Zeit nicht ein, und ich durfte es nicht bedauern, denn gerade in diesen Tagen lebten wir in dem düstersten Zustande, durch den Tod des[50] Kaisers Alexander wie die ganze Welt in Schrecken und, wegen der so nahen Verhältnisse, in die schmerzlichsten Empfindungen versetzt; und noch hat sich die frühere Heiterkeit in unsern höhern geselligen Cirkeln nicht wieder hergestellt.

Ihro Kaiserliche Hoheit habe nicht verfehlt wiederholt zu versichern, daß der übersendete Schädel große Freude durch Vervollständigung einer so wichtigen Sammlung verschafft hat, und auch Demoiselle Cylvestre als zierliche Übersenderin ist anzusprechen nicht vergessen worden.

Jene Nachricht von der glücklichen Cur einer so übermäßigen doppelten Hasenscharte war mir von größter Wichtigkeit, und lege die darüber mir gegönnten aufklärenden Worte dankbar zu der Sammlung für dieses Capitel, das sich schon früher eigenhändiger belehrender Mittheilungen meines verehrten Freundes erfreuen hatte.

Dem wackern Ernst Meyer wünsche von Herzen Glück zu einer guten Anstellung; wie ich höre, ist es ein bedeutender Wirkungskreis, in welchem er sich hervorthun kann.

Auch einen jungen Himly begrüßte ich in diesen Tagen mit vergnüglichem Andenken an die vielfachen guten, mit seinem Herrn Vater in Jena durchgelebten Stunden. Es ist höchst erfreulich, wenn wir erfahren, daß uns die Neigung würdiger mitlebender Männer unwandelbar erhalten wird.

[51] Empfehlen Sie mich Ihren theuern Herren Collegen, so wie ich mein Andenken in Ihrem würdigen Kreise durchaus erhalten wünsche; das Ihrige lebt bey uns immer frisch und grün.

So haben wir als gegenwärtig Ihr doppeltes Jubiläum mitgefeyert; denn wir wurden ja durch unsre eignen Zustände aufmerksam gemacht, daß eine solche erlebte Epoche zwar mit Recht jüngere Mitlebende zu vergnüglicher Heiterkeit aufruft, den Gefeyerten aber zu bedenklichen Betrachtungen veranlaßt; denn er wird an den Wechsel der Dinge erinnert, an eine Reihe von Jahren, welche zusammensummirt keineswegs das Facit eines ganz klaren und ungetrübten Glückes geben dürften. Doch das wollen wir alles hinter uns lassen und die uns noch gegönnte Zeit fröhlich zusammen wandeln und wirken.

Weimar den 3. Juni 1826.


41/42.


An Sulpiz Boisserée

Herzlicher Dank für Ihr Kommen und Bleiben sey Ihnen auch gesagt, daß Sie alsobald von Frankfurt aus unsere wichtigen Gespräche fortsetzen und erneuern wollen. Möge sich alles dergestalt fügen, daß man hoffen darf, sich öfter wieder zu sehen; denn wie merkwürdig und selten ist es, daß zwey Personen, von so verschiedenem Alter, von verschiedenen Lebenspuncten[52] ausgehend, doch immer wieder, wenn sie sich nach langen Jahren auf ihren Wegen treffen, eine Weile gerne zusammen fortgehen, sich im Innersten aller Hauptpuncte übereinstimmend finden, wenn die Peripherie der Zustände und Gesinnungen ihnen auch zunächst auf gesonderte Wege hindeutet.

Höchst wichtig war es mir, auf die gründlich basirte Kenntniß von Paris, die ich durch Sie, mein Theuerster, gewonnen, nun die neusten Erfahrungen niederzulegen, wie Herr Professor Rauch sie mir in diesen Tagen brachte. Die Unterhaltungen mit meinen Freunden vom Globe werden dadurch nur lebendiger, und ich bin an dem Orte so gut als persönlich gegenwärtig, den ich, ungeachtet aller Schnellposten, nicht mehr erreichen kann.

Gar manches Andere hätt ich wohl bey längerem Aufenthalte mitgetheilt, andere Mittheilungen mir erbetend; denn freylich läßt sich dergleichen durch Briefe weder suppliren noch surrogiren.

Mein Übel ist im Abklingen, aber dem Unfall meiner Schwiegertochter hat sich ein Zwischenübel beygemischt, das die Ärzte in der Hauptsache für günstig halten, wir aber als ein unerfreuliches Zwischenspiel empfanden.

Ich aber habe keine Pause gemacht, meine Obliegenheiten zu erfüllen, und ich konnte mein Übel, das Sie mir schon so sehr erleichterten, um so mehr ertragen, da es mich zuletzt nicht im mindesten hinderte.[53] Die ersten Revisionsbogen von Kunst und Alterthum sind angelangt, möge doch auch in diesem Hefte Sie einiges zur Theilnahme rufen.

Merkwürdiges ist von manchen Seiten zu mir gekommen, sogar von der besten Art, was ich wohl noch gern mitgetheilt hätte; auch bin ich, zufällig wie es zu gehen pflegt, in das Lesen älterer Werke, in den Conflict des 16. Jahrhunderts gerathen, wo eben Sitte, Religion, Wissenschaften unaufhaltsam durch einander geschüttelt werden und zwar, genau besehen, durch äußere Weltereignisse, die sich mit ihnen in Verhältniß setzen, ohne eigentlich einen Bezug auf sie zu haben.

Über München hab ich durch Herrn Rauch gleich falls mehr Klarheit erhalten. Es ist eine höchst lebhafte Bewegung daselbst; wie sie sich regelt und modelt ist abzuwarten; der große gute Wille ruft alle unsere besten guten Wünsche zum glücklichen Gelingen. Geben Sie mir bald Nachricht, inwiefern sich Ihr Geschäft entscheidet. Ich bin freylich allzusehr dabey interessirt, doch mag ich weder Gemüth noch Einbildungskraft dabey walten zu lassen. In Gefolg Ihres Besuchs bey den Frankfurter Freunden, hoff ich, soll auch bald etwas dorthin von mir gelangen, wenn ich nur erst ein viertelhundert versäumte Antworten vom Stapel gefördert habe.

Soviel für dießmal, grüßen Sie die theuren Ihrigen, in deren Nähe Gegenwärtiges Sie wahrscheinlich[54] antrifft. Auch Herrn und Frau v. Cotta bitte meine besten Empfehlungen auszurichten. Sodann erlauben Sie, daß ich wieder einmal in Geschäften einiges vermelde und anfrage. Setzen Sie Ihre geneigte Vermittlung fort, die bey einem so mannichfaltig verschränkten Unternehmen immer höchst nöthig und dankenswerth bleibt.

treu angehörig

Weimar den 16. Juni 1826.

Goethe.


41/43.


An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

[Etwa 16. Juni 1826.]

Ich ergreife gern den Anlaß Beyliegendes zu überschicken. Möge es Ihren Naturforschern von einigem Werth seyn! Alles, wornach Sie durch Ihre Frau Mutter anfragen lassen, so manches gefällig Gesendete, habe richtig erhalten und davon bey unsern gnädigsten Herrschaften, Gönnern und Freunden den besten Gebrauch gemacht.

Bey uns geht es auf dem Wege fort, den Sie kennen. Ihrer, mein Theuerster, hab ich bey den großen Wasserfluthen treulich gedacht, denn gewiß sind Sie auch dadurch in irgend einem Zweig Ihrer Thätigkeit beschädigt worden.

Soviel für dießmal! erlauben Sie, daß ich Ihnen einige Exemplare der Anzeige meine Schriften betreffend[55] nächstens übersende und zu gelegentlicher Förderniß empfehle, und daß mir die Bemühungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur höchst erfreulich sind. Ich glaube die alte Florentinische Republik zu sehen, wo die Kunstgenossenschaften (Arti) in Fächer gesondert, jede für sich fortwirkten und dann zusammen eine schöne lebendige Gemeinde darstellten.


41/44.


An Johann Traugott Leberecht Danz

[17. Juni 1826.]

»Was aber am meisten das Artheil über die Wissenschaften und deren Werth und Bedeutung bestimmen mußte, war die Wirkung des Worts, welche durch die Reformation sich so klar und unverkennbar an den Tag legte.«

Einen umständlichen Commentar dieser wichtigen Stelle möchte wohl gern zur dankbaren Erwiderung der willkommnen Sendung überschreiben. Ja gewiß, wenn wir trachten, daß Gesinnung, Wort, Gegenstand und That immer möglichst als Eins erhalten werde, so dürfen wir uns für ächte Nachfolger Luthers ansehen, eines Mannes, der in diesem Sinne so Großes wirkte und, auch irrend, noch immer ehrwürdig bleibt. Wer an solchen Überzeugungen festhält, wird sich seines eigenen Wirkens erfreuen und auch da, wo er es gehindert fühlt, ruhigen Geistes bleiben. Es[56] betrübt ihn, aber es trübt ihn nicht, wenn er in Künsten, Wissenschaften und sonst vielfach im Leben das Pfäffische heranschleichen sieht, wie es, den menschlichen Schwächen sich fügend, einen Tag nach dem andern sich anzueignen, bildsame Jünglinge zu umspinnen, den Eigensinn der Männer zu stärken und sich so eine bequeme Herrschaft einzuleiten weiß.

Doch ich berichte lieber: den höchst schätzbaren klarvollständigen Text Ihres Werkes habe sogleich mit hastiger Theilnahme gelesen, meine historischen Kenntnisse der frühern Zeit vervollständigt, auch sie bis zur neusten mit wahrer Belehrung herangeführt gesehen. In den Noten habe manches angezeichnet, weiterem Studium vorbehalten. Wobey ich mir zum dankbaren Abschluß die Bemerkung erlaube: daß die Menschen sich vorzüglich darüber streiten, woran und worüber zu denken sie im Grund gar keine Befugniß haben.

In vorzüglichster Hochachtung und stetiger Theilnahme

ergebenst

Weimar d. 14. Jun. 1826.

J. W. v. Goethe.


41/45.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

ersuche des Herrn v. Kirckhoff vollständige Adresse auf inliegenden Danksagungsbrief zu schreiben und solchen[57] weiter zu befördern. Wie ich denn zu allen neuen Bereicherungen von Herzen Glück wünsche und einige bey mir schon einige Zeit liegende Briefe wieder zurücksende.

Mit den besten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 17. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.


41/46.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

übersende, dankbar die fortgesetzte Theilnahme und Mitwirkung anerkennend, den 26. Band der neuen Ausgabe, mit Bitte demselben die gleiche Aufmerksamkeit zu widmen.

Mit Zutrauen und Neigung mich unterzeichnend

Ew. Wohlgebornen

ergebensten Dr.

Weimar den 17. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.


41/47.


An Julius Heinrich Gottlieb Schlegel

Ew. Wohlgeboren

angenehme Sendung ist mir zu rechter Zeit geworden. Zu meiner Entschuldigung, wenn ich darauf nicht erwidert, möge dienen, daß ich nicht einen gehaltlosen Dank überschreiben, sondern, da Sie sich, meiner[58] Überzeugung gemäß und in Gefolg der Darstellung meiner Farbenlehre ausgedruckt, gern etwas Fruchtbares und weiter Führendes übersendet hätte.

Ein Schreiben an meinen Sohn bringt diese Angelegenheit wieder in Anregung, und doch sehe ich mich mit der Ausgabe meiner ästhetischen und literarischen Schriften jetzt dergestalt beschäftigt, daß ich meine Gedanken der Natur nicht zuwenden, noch, wie ich wohl wünschte, in jenes, mit so großem Antheil viele Jahre von mir bearbeitete Fach meine Betrachtungen neuerdings hinlenken darf. Nehmen Sie also die Versicherung meines Antheils an Ihren Fortschritten, die mir seit so vielen Jahren bekannt geworden, freundlich auf und erhalten mir ein wohlwollendes Andenken.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den [17.] Juni 1826.

J. W. v. Goethe.


41/48.


An Ernst Heinrich Friedrich Meyer

[17. Juni 1826.]

Ew. Wohlgeboren

Berufung als Professor der Botanik und Director des dortigen Gartens nach Königsberg gereichte mir, da ich die Anstalt durch frühere Nachrichten kenne, zu besonderm Vergnügen, indem ich Ihnen längst einen Ihren Verdiensten angemessenen Wirkungskreis[59] gewünscht und wenigstens einen provisorischen in unsrer Pflanzenwelt zugedacht hatte.

Höchst angenehm ist es mir daher durch Sie selbst das Nähere zu vernehmen; wie ich denn wünsche, daß Sie durch irgend einen geschickten Landschaftszeichner Ihre Wohnung und nächste Umgebung möchten zu Blatt bringen lassen, damit ich mich unmittelbarer zu Ihnen versetzen könne.

Diesem Schreiben folgt nächstens ein Exemplar des Belvederischen Catalogs; wollen Sie mir den Ihrigen gelegentlich zukommen lassen, so will ich solchen dem Garteninspector Sckell nicht allein zustellen, sondern auch bey Serenissimo und den übrigen auf diese Anstalt einfließenden Personen die nöthige Erwähnung thun, damit ein wirksames Verhältniß eingeleitet werde.

Auch in Jena ist eine, unmittelbar mir untergebene durch Herrn Hofrath Voigt dirigirte botanische Anstalt, nicht von großer Ausdehnung, aber zweckmäßig und reinlich gehalten. Ein auch mit dieser angeknüpftes Verhältniß könnte vielleicht beiden Theilen zum Nutzen gereichen.

Die Ausgabe meiner poetischen und literarischen Arbeiten, die ich wenn die Anzeige dorthin gelangt, auch Ihnen bestens empfohlen haben will, hält mich jetzt ab, meine Gedanken der hochverehrten und geliebten Natur zuzuwenden; doch sehe ich dem Zeitpuncte entgegen, wo ich mit Sammlung und Zusammenstellung[60] dessen, was mir in diesem Fache geworden ist, vergnüglich belebende Stunden zuzubringen hoffe. Möchten sie mir gegönnt seyn! Wie ich denn auch von Ihnen öfteren Mittheilungen mit Verlangen entgegen sehe.

Das Beste wünschend. Treugesinnt

ergebenst

Weimar den 15. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.


41/49.


An den Landgerichtsdirector Klee

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

bey Ihrer Durchreise mir zugedachten Besuch nicht angenommen, auch auf Dero vertrauliche Zuschrift nicht geantwortet zu haben bedauerte gar sehr. Entschuldigen möge mit ein, zwar nicht gefährliches, aber heftig unbequemes Übel, das mich in jenen Tagen befallen hatte; nun aber benutze ich die ersten brauchbaren Stunden, Dero Anfragen nach bester Einsicht zu erwidern.

Überlegen Sie beykommendes Blatt mit Ihren werthen Stadtgenossen und geben mir von den weiteren Fortschritten des Geschäftes, zu dessen fernerer theilnehmenden Förderung ich mich zugleich freundlichst erboten haben will, zu Zeiten einige Nachricht.

Weimar [17.] Juni 1826.[61]


[Beilage.]

Vorschläge

zur Einleitung und Führung des Geschäftes, ein Denkmal dem berühmten Winckelmann in seiner Vaterstadt Stendal zu errichten.

1) Die dortigen Geschäftsmänner und Einflußreichsten der Bürgerschaft bilden einen Verein und bereden unter sich, welche Art von Denkmal für ihre Zustände am angemessensten seyn möchte. Ein Medaillon mit allegorischer Umgebung, eine Büste, eine Statue.

2) Sie überlegen sich, ob sie solches Monument in einer Kirche, Bibliothek oder Museum ausftellen möchten, oder vielleicht auf einem Stadtplatze oder einem freyen Lustplatze, wie man ihn nun den Andächtigen, den Geselligen, den frey sich Ergötzenden vor Augen bringen wollte.

3) Ist dieses geschehen, so wenden Sie sich an den Herrn Königlichen Hofbildhauer Rauch in Berlin und ersuchen denselben, mit Einwirkung des Herrn Geh. Ober-Baurath Schinkel Ihre Angelegenheit zu überdenken und Ihnen deshalb Zeichnung, Anschlag und guten Rath mitzutheilen. Herr Professor Rauch ist durch mich in diesen Tagen, bey seiner Durchreise mit der Sache bekannt geworden und erbietet freundlichste Theilnahme.

4) Wäre zu wünschen, daß die Unternehmung erst in Stadt und Provinz Grund faßte, und daß eine[62] Unterzeichnung aus Privat-, vielleicht auch, mit Vergünstigung der Regierung, aus öffentlichen Mitteln den ersten Fond sicherte. Hierauf würde denn nach und nach der an sich schon vielvermögende Preußische Staat, sodann aber das Ausland aufzufordern seyn. Hiezu würde denn eine lithographirte Zeichnung des Vorschlags behufig werden.


In der gegenwärtigen Zeit, wo das große Publicum von manchen Seiten stark in Anspruch genommen wird, wäre nicht [zu] rathen mit der Aufforderung gleich in's Breite zu gehen; kann man in der Folge darthun, daß schon ein Grund gelegt, ein Anfang gemacht ist, so ergibt sich wohl eine zufällige glückliche Einwirkung, und das Interesse nährt sich wie ein Schneeball.

Herr Professor Rauch hegt mit mir gleiche Überzeugung und wir wünschen, daß es auch die Ihrige seyn möge.

Übrigens sind noch verschiedene Mittel in meinen Händen, die Porträtähnlichkeit des höchst verdienten Mannes befördern zu helfen.

Eine fortdauernde Theilnahme mir zur angenehmen Pflicht rechnend.

Weimar [17.] Juni 1826.[63]


41/50.


An Carl Friedrich Zelter

Auf dein Letzteres vermelde die besten Grüße, auch zeig ich an, daß mein Übel auf der Rückkehr ist, wenn sich's nicht wieder anders besinnt. Bey meiner Schwiegertochter hat uns ein Zwischenspiel mehrere Tage in Unbehaglichkeit und Sorge versetzt.

Gestern ging Professor Rauch hier durch, munter und wohlgemuth von seiner Münchner und Pariser Reise; für mich aber haben sich indeß mancherlei Verpflichtungen gehäuft, vernachlässigte Antworten muß ich nachholen, der Abdruck von Kunst und Alterthum ist angegangen, und übrigens drängt und lastet gar manches.

Davon such ich mich nun an den langen Morgen theilweise zu befreyen; bey Tische unterhält man sich, und Abends hab ich doch manche leere und unbefriedigte Stunde, deshalb ich dir Folgendes an's Herz lege.

In wenigen Tagen sind alle unsere fürstlichen Personen mit den angeschlossenen Hofleuten von hier abgereist; mit dem Schönbundsfeste lebe ich in entschiedener ununterbrochener Einsamkeit, mit wenigen Freunden, die auch die deinigen sind oder seyn wer den.

[64] Deshalb ruf ich dich auf zu einem tapfern Entschlusse: hierher zu kommen auf einige Zeit. Das Stübchen im Schwane bleibt dir vorbehalten, und wir können jeden Augenblick zusammen froh und nützlich zubringen. Schreibe mir bald, daß und wenn du kommst. Vorlieb nimmst du wie herkömmlich, dagegen sollen dir auch alle Schatzkammern des Geistes und Herzens aufgethan seyn; womit ich gutes Befinden und tüchtigen Entschluß wünsche und anempfehle.


treu angehörig

Weimar den 17. Juni 1826.

Goethe.


41/51.


An Charlotte von Stein

Indem ich, verehrte Freundin, das höchst interessante Heft der Breslauer Naturforscher hiemit zurücksende, da ich solches durch die Freundlichkeit derselben schon besitze, so vermelde ich: daß ich so eben an unsern Guten in Breslau ein Paket abgehen lasse; da ich denn anfrage: ob zugleich etwas mitzuschicken gefällig wäre? Mit den treusten Wünschen

W. d. 17. Jun. 1826.

Goethe.[65]


41/52.


An Friederike von Cumberland

Der Durchlauchtigsten

Fürstin und Frauen


Frideriken

Herzogin von Cumberland

Königliche Hoheit;


zu daurendem Andenken

des unerwartet beglückenden

Nachtbesuchs.


Weimar d. 11. Jun. 1826.

Goethe.


Zu Aufklärung beykommender Bilder sey bemerkt: daß das ländliche Gebäude die von Günderodische Mühle bey Oberrad am Mayn vorstellt, welche Geh. Rath von Willemer seit mehreren Jahren Sommers bewohnt. Durch die leichte Treppe gelangte der verehrte Besuch in die beschränckten Zimmer.

Von diesem Altan aus sieht man die Stadt Franckfurt liegen am Flusse, mit der Brücke die darüber führt.

verehrend

Weimar d. 18. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.[66]


41/53.


An Caroline Friederike von Berg

Man liest in glaubhaften Geschichten: daß mancher Bach, ja sogar ein größerer Fluß sich in die Erde stürzt und erst in der Ferne nach lange verborgenem Lauf wieder hervortritt. Nehmen Sie das, verehrte Freundin, als Gleichniß gegenwärtiger Sendung. Jenem unerwarteten, so lieb- als ehrenhaften Nachtbesuch wünscht ich lange ein freundliches Denkmal zu stiften. So wenig und leicht das Beykommende scheinen mag, brachte ich es doch erst jetzt nach Wunsch und Sinn zusammen; eine gnädig freundliche Aufnahme darf ich, wohl von Ihrer Vermittelung hoffen.

Eine mir in der Zwischenzeit zugekommene, mir höchst willkommene Zuschrift ist, wie ich nicht zu betheuren brauche, mir gleichfalls zur größten Freude gediehen. Dagegen war ich im eigentlichsten Sinne in Verzweiflung (nicht au désespoir), die lieben Ihrigen nicht bey mir sehen zu können; ein heftig unbequemes Übel hatte mich in jenen Tagen befallen, das mich von aller Mittheilung abschloß. Die ersten brauchbaren Stunden benutze, um Gegenwärtiges zu übersenden.

Die bevorstehende Ausgabe meiner sämmtlichen Werke erinnert mich täglich daran zu denken, was ich etwa meinen geprüften Freunden Neues und Erfreuliches[67] von dem bisher gesparten Vorrathe mittheilen könnte.

Mit wiederholten tausendfältigen Empfehlungen unwandelbar.

treugesinnt

Weimar den 18. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.


41/54.


An den Chevalier Louis de Kirckhoff

Hochwohlgeborner

insonders Hochzuehrender Herr!

Die Akademieen von Maçon und Neu-York haben mir den Vorzug gegönnt, mich zu ihrem auswärtigen Mitgliede geneigt aufnehmen zu wollen. Indem ich nun hierin Ew. Hochwohlgeboren Vermittelung dankbar anerkenne, so ersuche Dieselben, auch dorthin meinen schuldigen Dank gelegentlich abzutragen. Denn es wird mir bey so hohen Jahren und mannichfach obliegenden Verpflichtungen unmöglich, auswärtigen Verhältnissen, nach Wunsch, eine schuldige Folge zu geben.

Nehmen Sie bey dieser Gelegenheit die dankbare Anerkennung des thätigen Wohlwollens, welches Dieselben unserer mineralogischen Societät zu Jena, so wie deren unermüdlichem Director, Herrn Bergrath Lenz, gewidmet haben. Erlauben Sie zugleich, die Fortsetzung desselben uns auch für die Zukunft zu erbitten.

[68] Der ich es mir zur Ehre rechne mich mit vorzüglichster Hochachtung zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 19. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.


41/55.


An Johann Heinrich Meyer

Hierbey, mein Theuerster, übersende die Folge vom Steindruck, mit Bitte das Manuscript noch einmal durchzusehen. Den Aufsatz über Stuttgart habe nach Boisserée'schen Mittheilungen und Andeutungen geschrieben.

Auf Fol. 40 b Niederlande ist, wo das Fragzeichen steht, ein Titel ausgelassen, welchen zu suppliren bitte. Versäumen Sie ja nicht um 4 Uhr bey mir einzutreten, es wird uns beiderseitig wohlthun.

Treulichst

Weimar den 20. Juni 1826.

G.


41/56.


An den FreiherrnCarl von Stein zum Altenstein

Hochwohlgeborner Freyherr,

hochzuverehrender Herr.

Ihro Königliche Hoheit, mein gnädigster Fürst, hätten mich mit keinem angenehmern Auftrag beehren können, als dem: Ew. Excellenz durch Gegenwärtiges[69] zu benachrichtigen, daß die gewünschte Mittheilung des jenaischen Codex, ältere deutsche Gedichte enthaltend, keinen Anstand finde. Er ist auf höchsten Befehl sogleich herüber gebracht und sorgfältig eingepackt worden, kann auch, wenn nicht etwa ein anderer Weg beliebig wäre, sogleich der fahrenden Post übergeben werden, weshalb mir weitere geneigte Antwort erbitte.

Darf ich nach gemachtem Gebrauche hoffen, dieses der Akademie Jena so werthe Document auf dortiger Bibliothek in zwey bis drey Monaten wieder aufzustellen, so werde solches mit verpflichtetem Danke erkennen.

Schließlich hoffe ich denn auch Nachsicht zu erhalten, wenn ich mich dieser Gelegenheit bediene, Ew. Excellenz zu erwähnen, nicht allein wie lebhaft ich die Gunst empfinde, welche Hoch Dieselben seit so langen Jahren mir und meinem Bestreben geneigt erzeigen wollen, sondern auch hiernächst dankbar zu bemerken, daß Hoch Dieselben durch Beförderung manches tüchtigen Mannes auch mir manche Förderniß und Nachhülfe erwiesen; wohin ich namentlich die Anstellung des werthen Ernst Meyer in Königsberg zu rechnen habe.

Der ich, auch für die Folge mich zu wohlwollendem Andenken angelegentlichst empfehlend, mich in volkommenster Verehrung unterzeichne.

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster Diener

Weimar den 24. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.[70]


41/57.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit beyliegendes Blättchen mit der eingetragenen Veränderung, vielleicht mit einem geschmackvollen Rändchen abdrucken zu lassen, so daß unten Raum für eine Unterschrift bleibt. Wovon ich mir denn eine Revision erbitte.

Haben Sie Nachricht von Ihrem Herrn Vater, daß er hauptstationenweis' seine Reise glücklich fortsetzt, und möchten mir davon geneigte Kenntniß geben, so werden Sie mich wahrhaft verbinden.

Einheimischer und besuchender Familie mich bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 24. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.


41/58.


An Sulpiz Boisserée

Mich freut gar sehr, daß Sie das Symbol meines Danks so freundlich aufgenommen; ich hätte es mit Juwelen einfassen können, und es wäre noch nicht genug gesagt. Möge dieß unser künftiges Zusammenwirken immerfort freudig aussprechen.

Der Probedruck des Domblatts ist glücklich angelangt; welches Wohlgefallen er bey uns erregt, davon gebe Beykommendes ein Zeugniß. Können Sie mir es so lange lassen, bis wir die Einwirkung des[71] Grabstichels dagegen sehen können, so erweisen Sie mir einen besondern Gefallen; freylich wäre der Besitz eines solchen und der folgenden Probedrücke höchst wünschenswerth zu bedeutender Aufklärung dessen, was gegenwärtig in diesem Fache geschehen kann.

Mit nächstem sende auch die von mir ajustirte Recension der letzten lithographischen Lieferung, es wird Zeit bleiben, daß Sie mir solche mit Bemerkungen zurücksenden.

Grüßen Sie die Familie Paulus zum schönsten; ich kann mir ihren Zustand denken; die Jugend erlaubt sich manche Willkür, das Alter gehorcht unwillig der Nothwendigkeit.

Kennen Sie etwa in Frankfurt einen Doctor Clemens? er schrieb mir zu Anfang des Jahrs und gedachte mir die Übersetzung und Bearbeitung Darwinischer Productionen zu widmen. Damals konnte ich weder rechts noch links sehen, jetzt bin ich, wie Sie selbst wissen, etwas freyer, und Sie können vielleicht an den guten Mann von mir ein freundliches entschuldigendes Wort sagen.

Wie wär es, wenn Sie die Pflänzchen unserer theuern Müllerin zur Pflege übergäben? Ich schickte Ihnen, wenn Sie nach Stuttgart kommen, frische Blätter, denen Sie denn auch eine freundliche Aufmerksamkeit schenkten. Das immerfort wachsend Lebende ist doch ein gar zu hübsches Bild und Gleichniß des Wesens, von dem wir uns kein Bild machen sollen.

[72] Hofrath Meyer, der Stimmführer Weimarischer Kunstfreunde, erfreute mich noch vor seiner Abreise mit dem Blatt, dessen Copie Sie erhalten. Er geht, begleitet von seinem Arzt, nach Carlsbad; möge er uns erneuert wieder gegeben werden. Es thut mir leid, daß seine Tabelle zur Kunstgeschichte bis auf Alexander den Großen nicht zu Ihrer Zeit schon an meiner Wand hing. Für wahre Kunstfreunde ist es ein großes Geschenk, eine vierzigjährige Arbeit, die uns aus vieler Verwirrung heraushilft. Zwar die Herren Thiersch und Consorten werden versichern, es sey anders oder vielmehr ganz und gar nichts. Doch werden wir, als Kenner guter Weine und ihres Unterschieds, uns von solchen Unberufenen ohne Nase und Gaumen nicht hindern lassen, das Genießbare zu genießen, das Nutzbare zu nutzen und das Fürtreffliche zu verehren.

treulichst

Weimar den 27. Juni 1826.

Goethe.


Ein Brief durch Burgemeister Thomas, vom 16. Juni d. J., wird Ihnen zugekommen seyn.


[Beilage.]

Unserm Ermessen nach kann das hier anzuzeigende Blatt für ein wahres Meisterstück in seiner Art gelten. Im Ganzen ist die Haltung sowohl als die Luftperspective trefflich beobachtet, die Beleuchtung nicht gar zu künstlich, sondern alle gewaltsamen Schatten und[73] Gegensätze mit Sorgfalt vermieden. Das von einfallenden Sonnenstrahlen bewirkte Dunstige, im entferntern Theile des Gebäudes, nach der offenstehenden Hauptpforte hin, durch welche so eben eine Procession einzieht, thut die beste malerische Wirkung. Überhaupt genommen, möchte sich keine große Anzahl architektonischer Darstellungen in Kupferstich finden, welche der gegenwärtigen an Deutlichkeit, räumlichem, großartigem, vom Ganzen bewirkten Eindruck gleich zu schätzen wären; so hochgewölbt, steinern, fest, auf ewige Dauer berechnet, scheint alles über einander gebaut dazustehen. Auch die im Costume der Vorzeit auftretenden Figuren, welche das Ganze zweckmäßig staffiren, verdienen ehrenhafte Erwähnung. Was der Grabstichel durch zartere Ausführung zum guten oder bessern Ansehen dieses in allen Theilen verdienstlichen Kupferblatts noch hinzufügen könne, wird die Folge ausweisen, dem blos auf das Wesentliche sehenden Kunstfreund ist Herrn Leisniers Arbeit jetzt schon vollkommen genügend.


41/59.


An Carl Friedrich Zelter

Angekommen wäre er! uns gefällt er, gefällt sich auch und wird sich gut behagen, wenn nur erst die häuslichen Einrichtungen in Ordnung sind. Er ist klar, offen, heiter, sich selbst deutlich und wird es[74] dadurch bald auch andern. Sein Handwerk versteht er, und so wird alles gut gehn. Er hat keinen Schein von Affectirtem, Anmaßlichem, Zurückhaltendem und so wird er bey uns bald zu Hause seyn.

Übrigens ist er, was die Verhältnisse gegen seine Collegen betrifft, zur glücklichsten Constellation angekommen, und nun bleibt noch, daß er nach Wilhelmsthal zu Hofe ziehe, welches auch glücklich ablaufen wird. Sage dieß unserm theuren Langermann. Grüße und danke zum schönsten.

Soviel für heute. Eingeladen bist du; kannst du kommen, so melde es wenige Tage voraus; beiden ist es wünschenswerth und von großer Bedeutung.

in treuer Hoffnung

Weimar den 27. Juni 1826.

Goethe.


41/60.


An Nikolaus Meyer

Indem ich, mein Theuerster, die Ringe einpacken und einiges beylegen will, finde ich noch Raum in dem Kästchen und fühle mich zugleich im Geist und Sinn freyer als diese Jahre her, wo ich die Ausgabe meiner Werke vorzubereiten und die Privilegien zu bewirken mehr als billig belastet war.

Ich kann deshalb meine Gedanken nach außen gegen frühere Freunde mit Neigung hinwenden und eine erneute Verbindung hoffen.

[75] Dieß geschieht um desto muthiger und zuversichtlicher, da ich durch eben diese Ausgabe mit ihnen in frische Verbindung trete, theils daß sie wieder einen Blick längst bekannten Arbeiten zuwenden, theils durch das Neue frisch angeregt und auf ihrem Wege gefördert werden.

Lassen Sie mich nun auch zunächst von Ihren Zuständen und Bemühungen das Fernere wissen, besonders auch wie Sie Ihren kunstreichen Sohn in die Lehre bringen wollen; wie ich denn auch von Zeit zu Zeit von den Arbeiten und dem Gelingen Ihrer Gesellschaft Nachricht wünsche.

Da der Inhalt des nachfolgenden Kästchens sich blos auf weimarische Angelegenheiten bezieht, so muß ich hoffen, daß es Ihnen erfreulich seyn werde, da Sie sich so manche Jahre zu den Unsrigen zählten, und Erinnerung früherer Zeiten das Leben wieder auffrischt. Auch bey mir wird es eine theuere Angelegenheit, das Ende gegen den Anfang hinzubiegen. Das Kästchen wird Freytag den 30. Juni von hier abgehen.

Mit den besten Wünschen und Hoffnungen.

treulichst

Weimar den 30. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.[76]


[Beilage.]

Inhalt der Sendung.

Dem würdigen Hausvater.

1. Groß-Herzogliches Jubiläum. 2 Bände.

2. Goethe's goldner Tag. 1 Band.

3. Kunst u. Alterthum: 4. Band 3 Hefte, vollständig; 5. Band 2 Hefte, das dritte unter der Presse.

Der liebewerthen Hausfrau.

Zum Andenken an weimarisches Local und dortigen Freund.

Dem guten Pathen.

Eine Medaille in Silber.

Dem hoffnungsvollen Bildner.

Drey Medaillen in Bronze.

Beiden Söhnen.

Ein paar Denkblätter.

Ein Schächtelchen mit 6 Ringen.


Mit dem Wunsche glücklichen Empfangs

treuergeben

Weimar den 25. Juni 1826.

J. W. v. Goethe.[77]


Über diese rückkommenden Ringe ließe sich soviel sagen:

1) In ungleichen Carneol geschnittenes Heldenköpfchen, angenehme Bildung, kein besonderes Kunstwerk.

2) Ein hochgeschnittener Marcus Curtius, gute Arbeit, allenfalls aus dem sechzehnten Jahrhundert; geistreich gedacht: indem der Held resolut in die Flamme springen will, scheut das Pferd und wendet den Kopf ab.

3) Hochgeschnittenes kleines bärtiges Köpfchen; später, doch nicht ohne Verdienst.

4) Onyx mit zwey Lagen, einer Schwarzen und einer blaulichen, aus alter, aber späterer Kunstzeit: Jason und Medea vorstellend.

5) Dergl. Onyx, ein Jüngling mit Schwert und Gürtel in der Hand.

6) Ein orientalischer Siegelring mit Spruch aus dem Koran, blumig verziert.

Weimar den 30. Juni 1826.

G.


41/61.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey das wohlgerathene Blättchen zurück mit der nöthigen, schon bemerkten Veränderung; könnte man um weniges das Ganze hinaufrücken, so würde die Unterschrift etwas mehr Freyheit gewinnen.

[78] Einiges Manuscript folgt hierbey; es liegt genugsam vorräthig.

Fast möcht ich meinen guten Enkeln ihren heitern Aufenthalt in Jena mißgönnen. Empfehlen Sie mich den werthen Ihrigen und danken für alles Gute.

Weimar den 1. Juli 1826.


Abdrücke des Blättchens wünschte 300, worüber zugleich eine Rechnung einzusenden bitte.


41/62.


An Heinrich Ludwig Friedrich Schrön

Wollten Sie nunmehr, mein werthester Herr Doctor, den ganzen größten Erddurchmesser in Pariser Fußen mit der Höhe des Dhawalagiri, runde Zahl 25000 Fuß, dergestalt vergleichen, daß der Erddurchmesser zu zwey Pariser Fuß angenommen wäre und jene Differenz in Linien ausgesprochen würde, so geschähe mir ein besonderer Gefalle. Die Absicht ist, das Verhältniß dem Gemeinsinn näher zu bringen.

Weimar den 1. Juli 1826.

J. W. v. Goethe.


41/63.


An Joseph Max

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Wunsch, den kurzen Aufsatz über Alonzo in Kunst und Alterthum der bey Ihnen an's Licht tretenden[79] Übersetzung vorzudrucken, wüßte ich nicht zu versagen. Ich habe die Blätter nochmals gelesen und finde das Vorgetragene abgerundet genug, daß es auch als Einleitung bestehen kann. Wollte man mehr thun, so würde man wahrscheinlich zu viel thun, besonders da seit jener Zeit über das Werk gar manches gesagt worden. Fände sich jemand, unterrichtet genug und von gutem Willen, der die Personen des Dramas noch weiter auszöge, so wäre dadurch viel gewonnen, man übersähe gleich anfangs die Menge der zu erwartenden Charaktere und das Buch würde lockender; wie der Schauspielfreund schon eine bessere Unterhaltung hofft wenn er viel Personen auf dem Zettel angegeben sieht. Noch eins würde rathen: die französischen Textstellen zwar im Original abdrucken zu lassen, doch aber auch übersetzt zu geben, allgemeinerem Verständniß zu Liebe.

Der ich recht wohl zu leben wünsche, zu allem, was ich in meinen Verhältnissen Gefälliges erweisen kann, recht gern erbötig.

Weimar den 1. Juli 1826.


41/64.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

[5. Juli 1826.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die drey Revisionsbogen zurück; auch folgt eine Tabelle, welche auf ein schickliches Blatt[80] abgesetzt würde, um dem gegenwärtigen Stück angeheftet zu werden. Eine in die Augenfällige Eintheilung werden Ew. Wohlgeboren geneigt besorgen.

Ihres Herrn Vaters vergnüglicher Aufenthalt in Erlangen hat auch mir eine heitere Stimmung gegeben und mich zu jenen werthen Freunden im Geiste gerückt; möge es ihm immer so fortan gelingen.

Der von Ihnen genannte Professor Kapp ist uns auch in Weimar nicht unbekannt geblieben, doch haben seine Druckschriften uns eben den Wunsch, den Sie aussprechen, abgelockt: seine schönen Absichten möchten sich reiner aussprechen.

Meine besten Empfehlungen dem ganzen jenaischen lieben Kreise. Unser guter Zelter, der mit seiner Tochter Doris nächstens ankommt, wird gewiß nicht verfehlen auch dort sein Andenken persönlich zu erneuern.

Mit den besten Wünschen.


41/65.


An Sulpiz Boisserée

Hierbey, mein Bester, eine Abschrift, wie der Aufsatz in den Druck gegangen; er wird sich, scheint mir, recht gut ausnehmen, so wie die Tabelle, welche nach Gebühr in's Reine schreiben lassen, von welcher nächstens ein Abdruck folgen soll.

Herr v. Cotta hat für die Medaillen sehr freundlich gedankt und gemeldet, daß das bessere Papier[81] angekommen sey, und so ist denn zu erwarten, daß sich diese Sendung bald ergießen werde.

Seit Ihrer Abreise ist die Freude, mich so vieles Guten zu erinnern, gestört worden durch das Erinnern, daß ich so manches mitzutheilen versäumt habe. Möge es Ihnen wohl gehen. Empfehlen Sie mich Herrn Präsidenten v. Motz, der in Ihr Haus gezogen ist.

Ich erwarte Zelter heute Abend, den ich in drey Jahren nicht gesehen habe und mit dem aus dem Tonreiche manches zu verhandeln ist. Zwey meiner Briefe werden Sie erhalten haben. Gedenken Sie mein und lassen bald von sich hören.

treulichst

Weimar den 6. Juli 1826.

Goethe.


Da ich tagtäglich meinen Namen in ein Stammbuch zeichnen oder sonst spendiren soll, hab ich das alte Blättchen wieder hervorgesucht, dem Sie jener Zeit so freundliche Theilnahme bewiesen. Einige Exemplare lege ich bey. Gedenken Sie mein bey'm Vertheilen.

G.


41/66.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sage vielen Dank für den wohlgerathenen Abdruck des Gedichtes; man sieht ihm nicht an, daß Sie mit[82] alten Herkömmlichkeiten zu kämpfen haben. Einige sende unterzeichnet zurück, mein Andenken bey irgend einem Freunde zu erneuen.

Der Revisionsbogen 6 folgt hierbey. Wahrscheinlich wird das in Ihren Händen befindliche Manuscript bis auf den achten Bogen ausreichen; wollten Sie mir darüber das Nähere sagen, damit ich mich mit dem noch Vorräthigen darnach einrichte.

Haben Sie ja die Gefälligkeit mir von Ihres Herrn Vaters fernerer Reise einige Kenntniß zu geben. Er wird uns die Ferne gar angenehm und lehrreich vergegenwärtigen.

Mit vielen Grüßen an Familie und Gäste.

Weimar den 7. Juli 1826.


41/67.


An Carl Ludwig Metzler von Giesecke

[Concept.]

[10. Juli 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben mir durch Übersendung eines höchst schätzenswerthen Diploms auf's neue Ihr freundliches Andenken thätig bewiesen, und ich bitte meinen verpflichteten Dank deshalb der verehrten Gesellschaft gefällig auszusprechen.

Den Überbringer Ihrer schätzbaren Sendung haben wir freundlichst aufgenommen, die Pension, in der er sich befindet, verdient alles Zutrauen. Es bedarf[83] keiner Versicherung, daß jeder Ihrer Landsleute wohl empfangen seyn werde. Junge Männer finden hier manche Vortheile, besonders auch daß sie bey Hof gern gesehen sind und daß sie Gelegenheit haben sich bey Lust- und Jagdpartien besonders Winterzeit zu bilden und zu ergetzen.

Auch meinen Kindern, wo die englische Literatur an der Tagesordnung ist, sind die jungen Männer willkommen; ich selbst spreche sie manchmal so wie ihre Lehrer, da ich mich denn sehr gern von ihren Fortschritten überzeuge sowohl in der Sprachkenntniß als sonstigem geselligen Betragen.

Dürfte ich aber eine Bitte hinzufügen, so wäre es die, mir die Barometerstände des Februars 1825, wie sie zu Dublin beobachtet worden, gelegentlich zu übersenden. Ich habe diesen Monat zur Vergleichung bedeutender Erscheinungen gewidmet; es ist mir gelungen, von Osten her viele Beyträge zu erhalten, deshalb würden mir die entferntesten westlichen sehr zu statten kommen.

Den Wissenschaften, Ihnen und Ihren würdigen Freunden treu und unwandelbar ergeben.

Weimar 30. Juni 1826.[84]


41/68.


An Charles Sterling

[Concept.]

[10. Juli 1826.]

Ihr Schreiben vom [25. Februar d. J.], mein Theuerster, hat mir und den Meinigen sehr viel Vergnügen gemacht; denn wir halten auch in jeder Entfernung Ihr Andenken hoch und werth und hätten wohl von Zeit zu Zeit gewünscht zu erfahren, wie es Ihnen ergeht.

Bey uns ist nicht alles gegangen, wie es sollte. Ottilien war gerathen um ihrer Gesundheit willen sich an's Reiten zu gewöhnen; aber ehe hievon einiger Nutzen zu spüren war, ereignete sich das Unglück, daß sie vom Pferde stürzte und sich verletzte, schon acht Wochen leidet, aber bey fortdauernder Besserung einer baldigen Genesung entgegen sieht.

Ihr hiesiger Aufenthalt, mein Werthester, hat uns Glück gebracht, denn seit der Zeit haben immerfort bildungslustige junge Männer aus den drey Königreichen [sich] bey uns eingefunden. Gegenwärtig studiren deren zwölfe hier, muntere junge Leute, in verschiedenen Graden fleißig und fortschreitend.

Durchreisende Personen Ihrer Landsleute, vorzügliche Männer und Frauen, haben wir auch mit Vergnügen bey uns gesehen und nicht ermangelt, ihren kürzeren und längeren Aufenthalt so angenehm und nützlich als möglich zu machen.

[85] Wie schmerzlich wir den Verlust unseres verehrten wie bewunderten Lord Byron empfinden, wird ein treues Mitgefühl Ihnen selbst aussprechen. Jetzt nun gar, wo der Ort, den er in Griechenland zuerst betreten, zu Grunde gegangen und vielleicht sogar das Haus zerstört ist, das der werthe Mann bewohnte.

Es bedarf keines weiteren Zusatzes, um sehr viel, ja alles zu sagen. Möge es uns Überbliebenen so wohl gehen, als die Zeiten, in die wir gekommen sind, und das menschliche Geschick, das über uns alle waltet, nur immer erlauben will.

Weimar den 30. Juni 1826.


41/69.


An Johann Heinrich Meyer

Mit herzlichem Vergnügen und treuster Theilnahme erwidere die guten Nachrichten, die Sie uns von Ihrem Befinden ertheilen. Ich kann kaum an das Vergangene denken, noch weniger wagte ich auszusprechen, wie schmerzlich mir die Entfernung der letzten Monate gewesen, in der uns Ihr Übel so traurig gehalten. Möge Carlsbad, wie es sich schon sonsten an uns bewiesen, auch dießmal seine Kräfte bewähren.

Sulpiz Boisserée blieb noch einige Tage bey mir, sein Umgang war mir höchst merkwürdig; da er von einer ganz andern Seite als mir in's Leben eingegangen und sich auch dort, wegen inneres und äußeres[86] Interesses, festhalten muß, so hat er sich doch durch große Thätigkeit, durch ein vieles, reiches und mühsames Treiben zu einer solchen Höhe des Standpunctes erhoben, daß er nichts Gutes und Tüchtiges abzulehnen braucht. Auch von dem Einzelnen des Pariser Wesens wußte er viel zu erzählen, da er verschiedene Epochen dort erlebt hat.

Nun befindet sich Zelter hier, dessen Gegenwart mir doppelten Vortheil bringt, weil ich sowohl das Fundament und die Ausbreitung seines Thuns abermals lebhaft erkenne, als auch veranlaßt werde alles hervorzuholen, was Interessantes bey mir verborgen und vergessen liegt.

Und so bleibt denn mein einziger Wunsch, daß Ihre Rückkehr sich hieran schließen möge; denn eine freundschaftliche Theilnahme fördert mehr als eine sonst von außen ernöthigte Thätigkeit.

treulichst

Weimar den 11. Juli 1826.

Goethe.


41/70.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

Morgen, Mittwoch den 12. Juli, wird Unterzeichneter mit Herrn Professor Zelter sich einzufinden, um Herrn Oberbaudirector Coudray abzuholen, und zwar gegen 1 Uhr, um sich nach der Bürgerschule zu verfügen.

[87] Nachher würde man zusammen ein frugales Mittagsmahl einnehmen.

Mit den besten Wünschen und Aussichten.

Weimar den 11. Juli 1826.

Goethe


41/71.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

kommen gnädigst meiner Schuldigkeit zuvor, die ich eben abzutragen im Begriff stand. In der Zwischenzeit hat ich mich gar sehr gefreut, Höchst Dieselben in heiterer, gutes Andenken darbietender Gegend zu wissen; auch der nur flüchtige Gebrauch geprüfter heilsamer Wasser wird seine Wirkung nicht verfehlt haben.

Nach dem werthen Grafen Sternberg und seinen ernstlichen Anstalten fühl ich eine wahrhafte Sehnsucht; leider schrieb ich ihm lange nicht, denn ich habe mich bisher in gar wunderlichen, von der Natur entfernten Regionen aufzuhalten gehabt.

Vor allen Dingen aber habe von Rath Vogel zu melden, dessen Persönlichkeit mir und andern gar wohl gefällt. Er ist klar, offen, heiter, sich selbst deutlich und wird es dadurch auch bald andern. Sein Handwerk versteht er aus dem Grunde, seine Ansichten sind schnell und bestimmt, so auch seine Anordnungen; in seinem ganzen Thun und Lassen ist eine Art von[88] preußischer Entschiedenheit, aber keine Spur von Anmaßlichem, Affectirtem, viel weniger Zurückhaltendem und heimlich Sinnendem.

Ich habe ihn diese wenige Tage her mehrfältig prüfen können; er assistirte dem Verband meiner Halswunde, wobey mir sein Urtheil, Rath und Zeugniß sehr zur Beruhigung diente; auch würde sie sich schon geschlossen haben, wenn man es nicht für besser achtete, sie noch ein wenig offen zu halten.

Meine diätetischen Gebräuche hab ich ihm gleichfalls vorgelegt, da er denn mein Kreuzbrunnenmaaß schon auf die Hälfte reduzirt hat und mich nach und nach ganz davon entwöhnen möchte. Wir wollen sachte verfahren.

Übrigens leb ich der Hoffnung, daß Ew. Königlichen Hoheit Prüfung ihm gleichfalls zu Gunsten ausfallen werde.

Gar manches Capitel hab ich mit ihm durchgesprochen; besonders auch traut er sich in medicinischer Polizey etwas zu und erweist sich durchaus seinen Empfehlungen gemäß.

Darf ich nun noch erwähnen, daß ich in der gegenwärtigen weimarischen Einsamkeit durch Freundesbesuche bin erfreut worden. Mit Sulpiz Boisserée ward ein schöner Theil altniederdeutscher Kunstgeschichte durchgearbeitet. Sein mehrmaliger Aufenthalt in Paris ließ mich in die verschiedenen Epochen der dortigen Zustände hineinblicken, sowohl politischer als[89] künstlerischer Verhältnisse. Professor Rauch, von dort herkommend, erzählte das Allerneuste.

Nun hat sich Zelter bey mir eingefunden, da denn das Particulare der Musik und die daran sich knüpfenden Universalia zur Sprache kommen. Gestern hat er die Orgel gesehen und belobte die Veränderungen. Morgen werden wir die Bürgerschule besuchen, zur allgemeinen Schulstunde. Und so fahren wir fort im Genuß der friedlichen Tage zu verweilen, indessen Ew. Königliche Hoheit ein Bild des Krieges in Berg und Thälern hervorzaubern.

W. d. 12. Jul. 1826.


41/72.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey abermals eine Masse Manuscript, welches wahrscheinlich bis auf den 12. Bogen reichen wird. Das allenfalls noch Fehlende kann zunächst eingesendet werden.

Herr Zelter grüßt zum allerschönsten die sämmtlichen jenaischen Freunde und wünscht sie wohlwollend und wohlbehaglich beysammen zu treffen; mich aber schmerzt, daß ich ihn bey seinem vorhabenden Besuche nicht begleiten kann. Mich bestens empfehlend, auf neue Nachrichten Ihres Herrn Vaters sehr begierig.

Weimar den 12. Juli 1826.[90]


41/73.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche mir die letzte Manuscript-Sendung gefällig zurück zu schicken; es hat sich in der kurzen Zeit einiges ergeben, welches nähere Bestimmung und Einschaltung nöthig macht. Die Blätter folgen bald zurück.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

Weimar den 14. Juli 1826.


41/74.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke zuvörderst auf's allerbeste wegen neuster Mittheilung des väterlichen Reisejournals; es ist eine gar angenehme Empfindung mit einem einsichtigen Welt- und Menschenkenner in gute Gesellschaft einzutreten und sich überall wohl empfangen zu sehen.

Der treffliche Zelter bereitet sich heute zur Abreise; gern möcht ich ihn noch halten, doch gönn ich den lieben Jenaischen die wenigen Tage, die er noch zuzugeben hat.

Die revidirten Bogen 7 und 8 kommen hiebey zurück. Von der Tabelle erbitte mir noch eine Revision.

[91] Auch das Manuscript liegt wieder bey und kann nunmehr ohne weiteres abgedruckt werden.

Sobald ausgemittelt ist, zu wieviel Columnen Manuscript noch nöthig sey, bitte mir es anzuzeigen, daß ich schickliche Auswahl treffe. Es bleibt für's nächste Stück noch manches übrig.

Das Beste wünschend, mich allseits empfehlend, in guten Stunden auch mit Freund Zelter mein zu gedenken bittend. Ein wohlgetroffnes Porträt von ihm ist mir zurück geblieben.

Weimar den 18. Juli 1826.


41/75.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

verehrteste Frau Gemahlin, welcher angelegentlichst empfohlen zu seyn wünsche, hat die Gnade gehabt mir die Reisebeschreibung des Herzogs Bernhard, welche dankbarlichst anbey zurückerfolgt, zu gar erfreulichem Durchlesen vor einiger Zeit mitzutheilen. Was ich auch hier wieder bewunderte, war die Strategie, womit der Zug unternommen und ausgeführt wurde; es ist kein zufälliger Schritt und also auch kein unnützer. Der Reisende erscheint durchaus im Gleichgewicht; alle seine Eigenschaften begleiten sich geschwisterlich, und wer ihn nicht kennte, müßte gar eigen[92] herumrathen. Man sieht einen überall willkommenen Welt- und Lebemann, einen wohlunterrichteten geprüften Militär, einen Theilnehmenden an Staats- und bürgerlichen Einrichtungen, bey Gastmahlen und Tänzen an seinem Platz, gegen Frauen-Anmuth nicht unempfindlich. Ferner sehen wir ihn bey öffentlichen Gelegenheiten beredt aus dem Stegreife, in der Conversation unterhaltend, mit Anstand frey gesinnt, seiner Würde sich bewußt und die Vortheile seines hohen Standes zu einem leichtern und rascheren Leben benutzend.

Dabey entzieht er sich keiner Unbequemlichkeit, er weiß vielmehr, besonders auf der Reise, die geselligen, oft beschwerlichen Fahrten zu Leben und Unterricht zu benutzen. In Philadelphia verließ ich ihn an dem wichtigen Jahrstage von Penns Ankunft an jenem waldigen Ufer, wo nun zwischen zwey Gewässern eine merkwürdige reiche Stadt bewohnbar ist.

Diese durch aufmerksames Lesen abgenöthigte Charakteristik möge verziehen seyn, da sie mit treuem redlichem Sinn aus dem Ganzen entsprungen ist.

Nun aber füge bescheiden eine Bitte hinzu: in der ersten Abtheilung, welche gegenwärtig unter Geh. Legations-Raths v. Conta Aufsicht abgeschrieben wird, findet sich eine Stelle, deren Copie mir erbitten möchte.

Auf dem Wege zwischen Boston und Albany findet der Reisende eine wunderliche Colonie, Abart von den Quäkers, die sich Schäkers nennen, im Cölibate leben,[93] in ihren religiosen Zusammenkünften auf die Einwirkung des Geistes harren, ihren Cultus aber mit einem fratzenhaften Tanze vollenden und abschließen. Diese Stelle wünschte ich, als ganz etwas Neues und Unerhörtes, den Freunden und Sammlern kirchengeschichtlicher Verrücktheiten gar zu gern [zu] überliefern.

Um nun aber aus der Unvernunft in das Vernünftige überzugehen, vermelde schuldigst, daß wir die neue Bürgerschule besucht haben. Das Gebäude bewirkt schon selbst Cultur, wenn man es von außen ansieht und hineintritt. Die rohsten Kinder, die solche Treppen auf- und abgehen, durch solche Vorräume durchlaufen, in solchen heiteren Sälen Unterricht empfangen, sind schon auf der Stelle aller düstern Dummheit entrückt und sie können einer heitern Thätigkeit ungehindert entgegen geben. Die Lehrart selbst war mir zu fremd und neu, als daß ich mir davon einen deutlichen Begriff hätte machen können, indessen mußte man gut davon denken, da die Kinder mit Schnelligkeit und Heiterkeit Fragen beantworteten und Aufgaben lösten.

Zu dem nach allzu großer Hitze sich genießbarer einrichtenden Wetter wünsche Glück; wie denn alles was sich ereignet, mit dem Unternommenen übereinstimmen möge.

Weimar den 20. Juli 1826.[94]


41/76.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

übersende schuldigst durch Rath Vogel, dem ich einen gnädigen Empfang wünsche eine so eben von Director Schreibers erhaltene Depesche.

Was Raiz preta betrifft, kommt man denn doch nach und nach aus dem Ungewissen in's Sichere, leider zugleich aber auch in's Unbedeutende. Den Wassersüchtigen ist, wie man merkt, abermals alle Hoffnung abgeschnitten.

Von meinem Gebrechen wird auf Befehl Rath Vogel gründliche Nachricht geben. Die reine Schließung der Wunde zu befördern wendet man gegenwärtig den Höllenstein an, welcher denn wenigstens als Ausgeburt des Fegefeuers betrachtet werden darf.

Manches Unternommene gelingt indessen, und mich freut gar sehr zu hören, daß das Militär zu Höchst Ihro Zufriedenheit sich erwiesen hat.

Darf ich meinen Wunsch Höchst Ihro Frau Gemahlin angelegentlichst empfohlen zu seyn wiederholen und mich unwandelbar unterzeichnen.

Weimar den 21. Juli 1826.[95]


41/77.


An Ulrike von Pogwisch

Nun darf ich nicht länger säumen dir, meine liebe Tochter, gegen deinen baldigen Brief auch von uns einige Nachricht zu geben. Zuvörderst aber wirst du der verehrtesten Großmama die sämmtlichen Familienglieder in auf- und absteigender Linie freundlich an's Herz legen, mit den treusten Wünschen für glückliche Wirkung der verordneten Heilquellen.

Sodann vermelde ich, daß Zelters Mittwoch den 19. Juli nach Tische abgereist sind, nachdem wir gar gute Stunden mit einander zugebracht hatten. Doris war sehr betrübt, sie entfernte sich ungern aus einer wohlwollenden heitern Umgebung. Sie hielten sich einige Tage in Jena auf, Ottilie war mit hinüber gegangen, wo sich Schopenhauers gar ländlich behagen. Übrigens hatte der Consul manches zu richten und zu schlichten, benahm sich aber dabey nach gewohnter Weise kurz und bündig.

Von Engländern ist zu sagen: daß der gute Cromie, nachdem ihn Schmeller glücklich abconterfeit, wiewohl ungern, nach wiederholtem Zaudern abgereist sey und, wenn er Urlaub erhalten kann, lieber in Weimar als in Indien verschmachten möchte.

Herr Johnson ist auch unvermuthet angekommen, heiter und gesprächig; verziehen aber ist ihm noch nicht, daß er den landstreicherischen Liebling entlarvt[96] und vertrieben hat. Gegenwärtig versucht er in Wilhelmsthal sein Glück, wohin sämmtliche Engländer nach und nach wallfahrteten.

Lord Gower, der einiges von meinem Faust übersetzte, kam von Petersburg, wohin er den Herzog von Devonshire begleitet hatte, eilends hier durch, verweilte nur eine Viertelstunde, die er mir schenkte. Derselbe hätte bey längerem Aufenthalt großes Unheil anrichten können; es ist ein durchaus schöner Mann und, wie die Frauenzimmer sagen würden, interessant. Sein Blick sagt, daß ihm irgend etwas abgeht, und ich denke, man würde sich beeilen diesen Mangel zu ersetzen, die Lücke seines Zustandes auszufüllen.

Noch muß ich bemerken, daß Herr Johnson erzählte: ein gewisser Capitän Smith habe sich mit ihm verabredet zu der Berliner Revue zu kommen.

Ferner erwarten wir Demoiselle Sontag; was sie uns von ihrem Talente gönnen wird, muß die Zeit lehren. Frau v. Wegener und Herrn General-Superintendent bitte mich schönstens zu empfehlen; auch hoffe nächstens auf fortgesetzte Nachricht.

treulichst

Weimar den 22. Juli 1826.

Goethe.[97]


41/78.


An Georg Friedrich Benecke

Ew. Wohlgeboren

gefällige Sendungen waren immer von Wichtigkeit; die letzte ist überraschend und so ehrenvoll als betrübend. Mir gibt es ganz eigene Gedanken, daß der unbegreifliche Mann mich gerade auf den Sardanapal besonders anwies, da ich diesem Stück von jeher vor andern günstig gewesen. Der königliche Leichtsinn, die Anmuth des griechischen Mädchens, die ganz eigene wundersame Verbindung zwischen den zwey Personen verscheuchen alle hypochondrischen Gespenster, womit der treffliche Dichter seine Freunde zu ängstigen pflegt, sie erscheinen nur hier und da gleichsam aus den Winkeln hervortretend.

Doch ich muß mich hüten von den Vorzügen dieses Stücks zu sprechen; man erschöpft eine solche Production niemals durch Nachdenken, bey'm jedesmaligen Lesen ist sie wieder neu.

So ging es mir auch dießmal. Lebhaft aber regte sich der Wunsch, dem Dichter dagegen etwas Freundliches erwidert zu haben; nun ist er nicht zu erfüllen, und man kommt in Gefahr sich abzuquälen über die Frage: wie dieses, von seiner eigenen Hand bezeichnete Exemplar so lange vorenthalten werden konnte, wie die mir erwiesene Freundlichkeit so lang ein Geheimniß blieb, ja durch die Zuschrift von Werner[98] noch mehr verdeckt und aller Nachforschung entzogen wurde.

Bin ich nun Ew. Wohlgeboren diese ganz unerwartete Entdeckung schuldig, verdank ich Ihnen ein Zeugniß, das mir besonders in diesen Tagen ganz unschätzbar seyn mußte, so werden Sie überzeugt seyn, daß ich diese günstige Einwirkung auf mich und meine Zustände nach ihrem ganzen Werth anzuerkennen weiß.

Kann ich noch erleben, daß jenes intentionirte Monument wirklich zu Stande kommt, so wird es eine ganz eigene Klarheit über meine Tage verbreiten.

Ich bin gewiß, daß Ew. Wohlgeboren das Nähere, sobald es zu Ihrer Kenntniß kommt, mir geneigtest mittheilen und die Hand bieten werden, daß ich ungesäumt meine theilnehmende Pflicht erfülle.

In vorzüglichster Hochachtung

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 27. Juli 1826.

J. W. v. Goethe.


41/79.


An Sulpiz Boisserée

[28. Juli 1826.]

Sie erhalten hiebey, mein Werthester, sechs Aushängebogen des neusten Hefts von Kunst und Alterthum, möge darin Sie manches ansprechen. Ich habe[99] einiges Alte vielleicht Veraltete mit eingeschaltet; der gleichen Dinge werden am schicklichsten nach dem dreißigsten Band meiner Werke aufgeführt werden. Doch mag zum Versuche das hingehen.

Ihre Bemerkungen kamen zu rechter Zeit; die bewußten Stellen konnten nach Ihrem Sinne eingeschaltet werden.

Zelter blieb acht Tage bey mir und es ward mir stärkend, in der Nähe dieses vorzüglichen Mannes auch nur kurze Zeit zu leben; er brachte, mit seiner tüchtig gründlichen Individualität, den Nebenklang des Berliner wundersamen Elements mit, wodurch ich denn freylich in ganz fremde Regionen versetzt ward.

Nächstens werde das Heft Kunst und Alterthum geendigt sehen und mich alsdann auf die Wanderjahre werfen; ich lasse mir offenes Feld und will nicht voraus wissen, was es werden soll, mit Gefahr in's Humoristische zu gerathen.

Von naturwissenschaftlichen Betrachtungen bin ich deshalb ganz abgeschlossen. Ich finde mich in diesem Fach, in einer gar wunderlichen Lage; die mit mir übereindenken, handeln wacker und trefflich, so daß ich nichts hinzuzufügen brauche; mit den Gegengesinnten ist eben so wenig zu sprechen, als ob man sich mit der fremdesten Völkerschaft unterhalten wollte, und so bringt das Entgegengesetzte dieselbe Wirkung hervor: das Schweigen. Das Interesse strebt indessen immerfort, und ich wünsche zu erleben, daß mir Raum[100] werde, mich über so würdige Angelegenheiten in einigem Zusammenhange zu erklären.

Sollte etwas Einzelnes gelingen, was Ihren Wünschen gemäß wäre, so werd es gewiß nicht vorenthalten.

treulichst

Weimar den 26. Juli 1826.

Goethe.


41/80.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

Herrn Vater haben wir alle Ursache doppelt und dreyfach Glück zu seiner Reise zu wünschen, denn er reist auch ganz eigentlich für uns, indem er uns der schönsten Ergebnisse theilhaft macht. Wie gern begleiten wir ihn durch das alterthümliche Nürnberg, durch das vielzeitige Augsburg zu dem jugendlich belebten München; wir finden uns überall in der besten Gesellschaft und freuen uns der heitersten Aufnahme. Möge es immerfort ihm gleichmäßig gelingen. Anbey den revidirten Bogen 9, das weitere Nöthige zunächst, mit Dank für die gar schickliche Stellung der einzelnen Aufsätze, größerer und kleinerer, auch so wohlbesorgte Correctur, welches alles auf gute Aufsicht und Übersicht hindeutet. Mit den aufrichtigsten Empfehlungen und Wünschen.

Weimar den 29. Juli 1826.[101]


41/81.


An Ludwig Olivier

[Concept.]

[Anfang August 1826.]

Ew. Wohlgeboren

gefälligen Antrag, in die neue Ausgabe meiner Werke mit eingreifen zu wollen, habe zwar mit Dank zu erkennen, befinde mich aber nicht in dem Falle davon Gebrauch zu machen, indem schon alles entschieden eingeleitet ist und mir überhaupt ganz unbekannt blieb, welche Theilnahme Sie eigentlich beabsichtigen. Der ich unter den besten Wünschen mich und mein Vorhaben fernerhin empfehle.


41/82.


An Friedrich Theodor von Müller

Es ist sehr schön, mein Theuerster, viel Gereister und Reisender, daß Ihr lieber Brief gerade so ankommt, daß ich so viele gute und freundliche Nachrichten erwidern kann. Ich beginne daher sogleich von demjenigen, was an mir Bleibendem vorbeyreiste, eilig aufzuzeichnen. Zelters Verweilen brachte mir unsägliches Gute, ich konnte ihm manches inzwischen Entstandene, Gesammelte, Redigirte vorlegen und von ihm wieder empfangen, was in der Zwischenzeit von ihm ausgegangen und sich an ihn angeschlossen hatte. Außer einer trefflichen Phantasie von Hummel[102] entwickelte sich leider nichts Musikalisches in unserer Umgebung, indessen benutzten wir treulich Tag und Stunde auf mancherley Weise. Bibliothekar Spiker trat ein, gab Gelegenheit zu reicher Unterhaltung. Zelter und seine Tochter blieben bis zum 19. Juli; Schmeller hatte dessen Bild recht glücklich festgehalten.

Der Band Tragödien von Lord Byron, mir schon 1821 zugedacht und zugeschrieben, war, wenn ich nicht irre, schon bey Ihrer Abreise bey mir angekommen; dadurch ward ich angeregt Sardanapal, die bei den Foskaris, Cain wieder zu lesen, zu immer größerm Erstaunen des bewundernswürdigen Talents.

An Kunst und Alterthum wurde fortgedruckt, so daß der Schluß dieses Stücks schon in die gierigen Hände des Setzers gelangen konnte und ein abgeschlossenes Exemplar bey Ihrer Rückkunft aufwarten kann.

Herr Präsident Weyland ist von Paris zurückgekommen, von gesundem jugendlichem Ansehn; die von ihm übernommene großherzogliche Biographie dünkt mir sehr gut gerathen; er hat die Stellung, in der er sich befand und befindet, vollkommen gut genutzt; er konnte auftreten als vieljähriger Mitlebender und Mitwirkender, die Mittelglieder so wie die Resultate überschauend. Mit Gradheit und Aufrichtigkeit, gebildetem Sinn und Vortrag. Diese bedeutende Arbeit hätte in keine bessere Hände gelangen können.

Auch ist mir seine Rückkehr durch manches Mitgebrachte sehr erfreulich gewesen. Stapfers Übersetzung[103] meiner dramatischen Werke kamen dadurch vollständig in meine Hände; Baron Cuvier sandte die besondern Abdrücke seiner im Institut neuerlichst gehaltenen Vorträge. Wenn man sie nach einander mit Ruhe liest, so erstaunt man über den Reichthum des wissenschaftlichen Gehalts, über das bewegte Leben, wodurch dieser zusammengeführt wird, wie über die Klarheit und Faßlichkeit des Vortrags. Der Gelehrte, der Welt- und Geschäftsmann treten vereint auf.

Zufällig sind mir in diesen Tagen der neuste Plan von Paris und sehr schöne topographische Kupfer dieser Weltstadt zur Hand gekommen, und ich wüßte nicht alles zu erwähnen, was mich nöthigt, meine Gedanken öfters in jenen Gegenden walten zu lassen.

Freund Meyer ist glücklich wieder von Carlsbad zurück, nach eigenem und des Arztes Zeugniß von den so geprüften Quellen auch dießmal begünstigt.

Der gleichfalls zurückgekommene Herr v. Conta bringt das Gleiche, am meisten aber Frau Oberkammerherrin, brieflich und mündlich durch die Rückkehrenden, rühmt sich eines allgemeinen Wohlseyns, ja erfreulichster Verjüngung.

Unserm werthen Herrn General-Superintendenten ist es nicht so gut in Franzenbrunnen gegangen, er hat es mit Marienbad vertauscht. Was Frau Gräfin Henckel und Fräulein Ulrike von diesen Wassern zu sagen haben, ist uns noch nicht ganz klar geworden.

[104] Von Wilhelmsthal hört man nur das Allerbeste; Serenissimus werden gerade heut in Brückenau angelangt seyn. Daß es Ihnen dort so wohl gegangen, freut mich von Herzen, ob sich gleich einige Betrübniß dazu mischt, daß meine Immobilität mich abhält, dem wohlwollenden Fürsten und Herrscher mich gleichfalls zu nähern und für so viel Gnade mich dankbar zu erweisen.

Gerade in diesem Zusammenhang kann ich nicht verschweigen, daß eines jungen Braunschweiger Mahlers, Ludwig Sebbers, gar hübsches Talent mich verleitet hat, ihm mehrere Stunden zu gewähren, da er eifrigst wünschte mein Porträt auf Porzellan zu mahlen. Er will in München des Königs Majestät als Kronprinzen mit Glück auf eine Vase gemahlt haben; meine Züge hat er mit Sorgfalt auf eine Tasse gebracht und sich dabey in seinem Fach eben so geschickt als aufmerksam bewiesen. Die Unterhaltung mit ihm war nicht ohne Nutzen, wenn ich auch nur das berechnen wollte, daß ich von der Technik dieses so weit ausgebreiteten Metiers mich sehr unterrichten konnte.

Am wenigsten darf ich vergessen zu referiren, daß Rath Vogel von Wilhelmsthal sehr glücklich zurückgekommen; er hat sich dort gefallen, weil er gefiel, wovon ein eigenhändiges Zeugniß des Fürsten zu mir gelangt ist.

Heinrich Müller hat ein paar Blätter geschickt, woraus wenigstens ersichtlich ist, daß er nicht feyert;[105] ein einzelnes Porträt, welches man gelten läßt, wenn man es nicht mit Bendixens Arbeit vergleicht, dazu ein wunderliches Familienbild: ein Vater mit wohlgebildeten erwachsenen Söhnen und einer Tochter. Der Papa sitzt und sieht so impassible drein wie Fürst Talleyrand auf dem Congreßkupfer. So sehen denn auch die Kinder aus dem Bilde heraus und vor sich hin, eben als wenn sie weder dem Vater noch sich einander angehörten. Der gute Künstler hat es wohl gefühlt und bevorwortet seine Arbeit durch das Unerfreuliche seines Gegenstandes. Möge seine Reise nach Paris ihn auf das beste fördern! ich bin durch die ausführliche Unterhaltung mit Boisserée über diese Technik so von ihrer Schwierigkeit durchdrungen, daß ich für den Einzelnen, der sich damit befaßt, kaum ein günstiges Gelingen hoffen darf.

Demoiselle Sontag, auf die ich niemals viel gerechnet habe, zu lange in Paris aufgehalten, hat sich nur durchgeschlichen, um in Berlin zu rechter Zeit anzukommen. Mir ist es nach meiner Weise wirklich angenehm; denn was man nicht immer haben kann, soll man lieber ganz entbehren. Überhaupt bin ich dahin gelangt, am liebsten ein vernünftiges Wort zu hören. Sie aber hat doch etwas versäumt, denn ihr war zugedacht, was sie hätte aufweisen können. Und dann wissen Sie doch auch, daß der Dichter nicht gerne sieht, wenn sein Licht unter dem Scheffel verlischt und er einen guten Einfall secretiren muß.

[106] Glücklich sind Sie daher zu preisen, mein Theuerster, daß es Ihnen so schön gelungen ist, ein Geschenk in Brückenau zurück zu lassen, das gewiß Freude gemacht hat und machen wird.

Zelter ist wieder in Berlin freudig angelangt, hat mich mit einer gar hübschen Composition erquickt, von der auch Sie, wie ich hoffe, fröhlich aufgeregt werden sollen. Hiemit aber sey es übergenug, und nur zum Schlusse noch die allerbesten Grüße den werthen Freunden in Pempelfort. Bey Ihrer Rückkehr, hoff ich, werden Sie mir Local und Bewohner auf das lebhafteste vergegenwärtigen. Und so immerfort eine glückliche Reise!

treulichst

Weimar den 3. August 1826.

Goethe.


41/83.


An Siegmund August Wolfgang Herder

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

wieder einmal auf das freundlichste zu begrüßen und mein Andenken zu erneuern ergreif ich mit Vergnügen eine sich mir anbietende Gelegenheit, wobey ich mir Ihre gefällige Mitwirkung erbitte.

Man wünscht eine Sammlung sächsischer Mineralien und zwar:[107] 1) Stufen derjenigen Metalle, um welcher willen der königlich sächsische Bergbau getrieben wird.

2) Herrschende Gangarten, in welchen sich diese Metalle finden.

3) Bergarten, das Gebirgsgestein, worin das Edlere enthalten ist.

4) Irgend sonstige Mineralien von einiger Bedeutung, wenn sie auch nicht unmittelbar auf die Metallerzeugung Bezug haben sollten.

Da, wie ich höre, ein Magazin solcher Stufen in Freyberg angelegt ist, wo sie nach einer gewissen Taxe abgelassen werden, so wollt ich bitten in obengemeldetem Sinne eine Sammlung auszeichnen zu lassen und mir den Catalog davon vorläufig gefällig mitzutheilen. Man würde 100 bis 120 rh. sächsisch gern daran wenden. Eine mittlere, jedoch instructive Größe, etwa von 3 Zoll, würde angenehm seyn, doch wäre bey einzelnen Exemplaren streng zu verfahren nicht nöthig.

Da diese Sammlung zur freyen und heitern Übersicht einer so wichtigen Gebirgsgegend Veranlassung geben soll, so ist außer Ihnen, theuerster Freund, niemand geeignet, das Nothwendige und Nützliche in diesem Falle übersichtlich zu beurtheilen und mir Gelegenheit zu verschaffen, eine mir hochgeschätzte Person nach eigenem Wunsch zu verbinden. Fände man der Sache gemäß, sich bey gedachten Gegenständen auf Herrn v. Charpentiers Werk zu beziehen, so würde[108] der beabsichtigte Zweck vielleicht noch geschwinder erreicht; doch sey dieses alles Ihrem einsichtigen Ermessen und Anordnen völlig anheim gestellt.

Darf ich nun in Hoffnung einer von Ihrer Seite fortgesetzten Theilnahme auch von mir etwas melden und dadurch unsere letzten Gespräche gewissermaßen fortsetzen, so habe ich zu sagen, daß ich diese drey Jahre her einheimisch geblieben und deshalb nicht wie sonst, von böhmischer Gebirgsgegend angelockt, meinen geologischen Neigungen habe folgen können; ja daß ich diesen Studien vielleicht schon völlig entfremdet wäre, wenn nicht mein Sohn, den ich Ihnen empfohlen wünsche, diese Fäden wieder aufgenommen und sich zum sorgsamen Bewahrer und Vermehrer meiner Sammlungen bestellt hätte. Nun aber werde ich, durch gute Ordnung und Reinlichkeit, wie ich System und Gebirgsfolge vorfinde, öfters angelockt dasjenige in Schubladen zu betrachten, was mich sonst auf hohen Berggipfeln und in den tiefsten Gruben jedesmal nur an eigener Stelle lebhaft interessiren konnte. Mein körperliches Befinden erlaubt mir übrigens noch in dem, was mir obliegt, nach meiner Weise thätig zu seyn. Fahren Sie fort in dem Vigor Ihrer Jahre einem so bedeutend belohnenden Geschäft freudig vorzustehen und lassen mich auf Gegenwärtiges nicht lange ohne Erwiderung.

Weimar den 30. Juli 1826.[109]


Glück auf!

Zur Nachschrift also Glück auf! Beykommendes lag zur Absendung bereit, als mir das werthe schöne Festblatt freundlichst zur Hand kam und mich in die treulichen Glückwünsche so vieler Frohgesinnten mit einstimmen hieß.

Wenn ich mir nun in diesem Augenblick die sämmtliche Vorzeit wieder zurückrufe und Sie, mein Theuerster, vom Knaben auf, bis zu jetzigem hohen Gelingen im Fortschritt zu denken habe, so muß ich auch dieß als einen Segen des hohen Alters erkennen, der uns, wenn so vieles zu ermangeln anfängt, in den Unsrigen, wie in den lieben Zeitangehörigen oft unvermuthet, wenn auch nicht unerwartet beglückt.

Ich sehe Sie an einer Stelle, wo ich einen geprüften Freund viele Jahre thätig wußte, in einer Lage, von woher mit mir ein stets freundlich belehrendes Verhältniß unterhalten ward. Genießen Sie Ihres thätigen Lebens, wo Sie jedes Gute, was Ihnen begegnen kann, täglich verdienen, und erfreuen sich unter Mühen und Sorgen der Gunst eines hohen Fürsten und der beyfälligen Mitwirkung vieler Guten und Verständigen, und zugleich der reinen eigenen Zufriedenheit. Lassen Sie mich an Ihrem Gelingen von Zeit zu Zeit theilnehmen. Selbst die wichtigsten Geschäfte erlauben uns wohl einmal an den entfernten Freund mit Wohlwollen hinzuschauen. Wiederholt und unablässig Glück auf![110]


Zweyte Nachschrift.


Abermals ein angenehmes Ereigniß heißt mich die vorliegenden Blätter zurückzuhalten und noch etwas Freundliches hinzuzufügen. Ihr Bruder, der gute Emil, besucht mich mit seiner muntern schwarzäugigen Gattin, gar sehr an ihre Mutter erinnernd, und einer zarten wohlgebildeten Schwägerin. Letztere wird, hör ich, längere Zeit in Weimar zubringen, wo die Meinigen sie pflegen und unterhalten sollen, denn es gibt bey uns Geselligkeit und Gefälligkeit aller Art. Dießmal haben wir uns im Chor über Ihre Beförderung erfreut und eine herzliche Nacherleuchtung zu denen vielen hundert Grubenlichtern gefeyert. Möge es Ihnen wohlergehen und ich es bald unmittelbar vernehmen!

Weimar den 3. August 1826.


41/84.


An Therese Huber, verw. Forster

[Concept.]

[Etwa 3. August 1826.]

Es ist mir zwar nicht unbekannt geblieben, daß mehrere Moralphilosophen über das Alter und dessen Zustände geschrieben, ich habe jedoch keine dieser Abhandlungen gelesen, weil ich ein unvermeidliches Menschenschicksal, wenn es mir bestimmt seyn sollte, wie so manches Andere zu erfahren und zu erkennen[111] dachte. Jetzo, da ich in diese Epoche hereingetreten bin, finde ich, daß neben manchen Unbilden auch vieles Erfreuliche in diesen Jahren zu erleben ist; denn was könnte uns werther und angenehmer seyn, als wenn wir uns schmeicheln dürfen, daß diejenigen, die uns früher Antheil und Gewogenheit gegönnt, solche Gesinnungen viele Jahre erhalten, gehegt, ja gesteigert haben. Hienächst kommt noch, daß wir selbst hiedurch nicht allein begünstigt sind, sondern auch in den Nachkommenden, sowohl unmittelbar eigenen, als der nächsten vielleicht schon hingegangenen Freunde, neues Leben auftreten sehen, wozu wir ihnen denn Glück und Freude und zugleich Gefaßtheit und Ausdauer in dem unwillkommenen Falle wünschen, der sich so manchmal zwischen unsere guten Tage hineinstellt, und wie die Nacht, obgleich nicht so willkommen und erquicklich, den Verlauf unserer Stunden durchschneidet.


41/85.


An Carl Friedrich Christian Steiner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

finde Veranlassung um eine kleine Gefälligkeit zu ersuchen.

Man hat von Seiten Großherzoglicher Oberaufsicht die Intention, Herrn Professor Riemer in seinem[112] gegenwärtigen Quartier einen Kochofen setzen zu lassen. Wollten Sie sich wohl dahin verfügen, Ort und Gelegenheit ansehen und das Weitere veranstalten, so würden Sie mich dadurch verbinden. Angenehm wär es mir, den dazu erforderlichen Aufwand vorläufig zu erfahren, für dessen Bestreitung ich zuletzt Sorge tragen würde.

Weimar den 4. August 1826.


41/86.


An Philipp Christian Weyland

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

hätte über die hier zurückkommende vorzügliche Arbeit gar manches Gute und Schöne zu sagen, wobey ich mich denn doch mündlich und schriftlich vielleicht genirt fühlte.

Ich fasse daher den Entschluß einen copeylichen Auszug aus einem Brief an Herrn Canzler b. Müller beyzulegen, welchem ich ganz unbewunden meine freudige Theilnahme an dem gelungenen Werke rücksichtslos aussprach. Nehmen Ew. Hochwohlgeboren dieses freundlich auf, haben Sie die Güte in Wilhelmsthal mich allseits zu Gnaden und Andenken bestens zu empfehlen und bey Ihrer Rückkehr mir eine weitere Unterhaltung gefällig zu gönnen.

In vorzüglichster Hochachtung

Ew. Hochwohlgeboren.

Weimar den 5. August 1826.[113]


41/87.


An Carl Friedrich Zelter

Glück also und gutes Behagen zur Rückkehr in's Häusliche! mögest du dich dort finden, wie du mich hier gelassen hast. Mir bleibt unser Zusammenleben von großer Bedeutung, möge es dir gleichfalls gesegnet seyn.

Deine lieben musikalischen Hieroglyphen sollen sich bald vor meinem Ohre auflösen, und ich werde gewiß daran mich ergötzen und erquicken.

Ein Unsriger, von Paris zurückkehrend, hat mir gar Angenehmes mitgebracht. Der Übersetzer meiner dramatischen Werke, Albert Stapfer, sendet mir den vierten und letzten Theil zu Complettirung des Ganzen und veranlaßt mich zu gar manchen Betrachtungen. Die neustrebenden Franzosen können uns gar gut brauchen, wenn sie ihre bisherige Literatur als beschränkt, einseitig und stationär vorstellen wollen. Sie setzen mit alter Gewalt eine allgemeinere Kenntniß der sämmtlichen Literaturen durch. Veranlasse doch, daß die Zeitschrift Le Globe (nicht der englische The Globe) in Berlin gehalten werde; über diesen Punct schien der gute Spiker höchst beschränkt, so daß ich auch gleich abbrach.

Von Baron Cuvier habe gleichfalls eine höchst interessante Sendung: es sind die besondern Abdrücke seiner in der Akademie neuerlichst gehaltenen Vorträge,[114] theils wissenschaftliche Übersichten, theils sogenannte Elogen, nach dem Tod einzelner Männer Darstellung ihres Wesens und Wirkens. Wenn man sie nach einander mit Ruhe liest, so erstaunt man über den Reichthum des wissenschaftlichen Gehaltes, über das bewegte Leben, wodurch dieser zusammengeführt wird wie über die Klarheit und Faßlichkeit des Vortrags; der Gelehrte, der Welt- und Geschäftsmann treten vereint auf.

Von Demoiselle Sontag weißt du jetzt mehr als ich; vor einiger Zeit hieß es, sie sey im Stillen hier durchgegangen, ich wunderte mich darüber nicht, denn es war gerad' noch Zeit zum Geburtstag des Königs anzulangen. Jetzt sagen sie, am 10. werde sie hier seyn. Das wollen wir denn abwarten oder Nachricht, daß sie bey euch schon wieder bewundert worden.

Erwünschte Abendunterhaltung mit Freund Riemer gewährt uns jetzt die belobte Correspondenz; wir gehen sie durch, revidiren, corrigiren, interpungiren, und so gibt es ein reines Manuscript für jede Zukunft. Dein Porträt steht auf der Staffeley, theilnehmend und Zeugniß gebend. Gewiß ist diese bildliche Gegenwart, als Fortsetzung der wirklichen, höchst erfreulich. Nichts kann die Versicherung eines wohlzuge brachten Lebens mehr gewähren als ein so unmittelbarer Blick an die dreyßig Jahre hinterwärts, wenn uns da ein reiner, mäßiger, aber auf's Gute[115] und Vortreffliche unverwandt gerichteter Schritt zur Ansicht kommt. Ich freue mich, den Überrest des Jahrs dieser belohnenden Sorgfalt für das glücklich abgeschlossene Manuscript zu widmen.

Nächstens das Weitere mit den sechs letzten Aushängebogen; hierbey ein einzelner, mit Dank für die Mittheilung.

treu angehörig

Weimar den 5. August 1826.

J. W. v. Goethe.


41/88.


An Doris Zelter

Vorstehendes, ohne Wunsch und Gruß, von der lieben Tochter hingeschriebenes, begleite herzlich mit beyden. Möge Doris so oft in Gedanken bey uns sein, als wir sie heranwünschen.

W. d. 5. Aug. 1826.

Goethe.


41/89.


An Carl Friedrich Zelter

Als ich das Verzeichniß übersah deiner vielfachen Compositionen zum Divan, fiel mir überhaupt auf, daß man viel zu leichtsinnig umgehe mit dem Guten und Edlen, was uns der Tag bringt, und es eben so hingehen lasse wie das gemeine Gewöhnliche; und ich bedauerte daher so manche schöne deiner Compositionen,[116] welche mir durch die Hände gegangen, ohne daß ich wüßte wohin. Mein Verdruß war aber gemildert, als ich den Notenschrank eröffnete und ihn fand wie ein altes Archiv unbenutzt, aber unberührt.

Hiebey folgt also das Verzeichnis, das ich sogleich fertigte, wozu sich vielleicht eins und das andere noch hinzu findet. Überschaue nun, was du mit Bequemlichkeit mir weiter mittheilen kannst. An Eberwein ist schon einiges übergeben, er will es mir durch Choristen und Seminaristen vortragen lassen. Und so gelangt das Entschlafene wieder zum Leben, das Eingeschlafene wird wach.

Von Demoiselle Sontag weiß ich noch weiter nichts zu sagen als das allgemein Bekannte: daß sie mit der heimlichen Heyrath, unter höchstem Beyfall geschlossen hat. Den weitern Verlauf nächstens.

Mehr nicht für heute. Einige Büchlein und Hefte liegen bereit, sie folgen ehestens mit der fahrenden Post, sobald ich den Schluß von Kunst und Alterthum hinzufügen kann.

Und hiemit allen guten Geistern befohlen.

treu gesinnt

Weimar den 8. August 1826.

Goethe.[117]


41/90.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

[Etwa 8. August 1826.]

Ew. Königliche Hoheit

erlauben gnädigst anzuzeigen, daß die Ausstellung der freyen Zeichenschule im Jägerhause eröffnet sey. Wollten Höchst Dieselben diesen mehr oder minder sehenswerthen Versuchen und Leistungen einige Blicke schenken, so wird es zu allgemeiner Ermunterung und Belohnung gereichen.


41/91.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

erlauben mit wenigem eine mich interessirende Anfrage die von mir früher gewünschten und von Denenselben zugesagten Exemplare der Anzeige meiner Werke sind noch nicht bey mir angekommen.

Wahrscheinlich hat man sie nicht unmittelbar gesendet, sondern einem andern Transport beygepackt.

Wollten Sie nun geneigtest verfügen, daß mir Meldung geschähe, wohin die Sendung ergangen, damit ich deshalb weiter nachforschen könne, oder, wenn sie noch nicht abgeschickt wäre, deren Spedition anzuordnen. Desgleichen überlasse zu gefälliger Entschließung, ob es nicht räthlich seyn möchte, den[118] Exemplaren des neuesten Stückes von Kunst und Alterthum gedachte Anzeige gleichfalls beyzulegen. Es möchte dieß um so räthlicher scheinen, als ich darin über meine Werke manches einzuleiten und anzuführen versucht habe.

Der ich mir die Ehre gebe mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 9. August 1826.

J. W. v. Goethe.


41/92.


An Alfred Nicolovius

[Concept.]

Für Ihren thätigen Antheil herzlich dankend übersende Gegenwärtiges, das vielleicht in Ihrer Sammlung noch nicht vorhanden ist. Bewahren Sie es auf zu meinem Andenken.

Leider kann ich die Anzeigen meiner neuen Ausgabe noch nicht senden, doch erwarte ich sie jeden Tag, und es erfolgen sogleich mehrere Exemplare mit aufrichtigem Dank für Ihre treuen Bemühungen.

Nächstens kommt auch ein neues Kunst und Alterthum: V. Bandes 3. Stück nebst einer Anzeige, welche wie die früheren einschalten zu lassen bitte.

Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Vater auf's beste. Seit drey Monaten habe ich mich mit und an[119] meiner guten Schwiegertochter getröstet. Sie hat viel und unangenehm gelitten; ich viel weniger, wobey ich immer zufrieden seyn konnte, da ich in dem, was von mir verlangt wird und was ich von mir verlangen muß, nicht gestört ward.

Soviel für dießmal, zunächst das Weitere.

den 10. August 1826.


41/93.


An Carl Friedrich Zelter

Weder den Schluß von Kunst und Alterthum, noch einige Anzeigen meiner Werke kann ich heute senden. Da ich aber weiß, daß du ohnehin gern einzeln liesest, so sende vorläufig den 2. Theil der Ilias, wo du wohl eine und die andere Rhapsodie dir zueignen wirst.

Für Herrn Streckfuß lege gleichfalls ein Buch bey mit einigen Worten in Reimen und Prosa. Möge er das zu meinem Andenken aufbewahren. Manzoni ist ein Dichter, der verdient, daß man ihn studire. Wenn Jahre dahin sind, wird er in der Literatur einen gar schönen Platz einnehmen.

Kaum erwehre ich mich gegen vielfältige Anlässe die mich abziehen wollen von den notwendigsten Schritten.

Zu den Fragmenten des Phaethon hat sich wieder eine gar hübsch erläuternde und eingreifende Stelle[120] gefunden. Wer kann wissen, was sich alles an einen Lebenspunct anschließt.

Eure Nachtigall flattert noch immer umher; sie ist, sagt man, an die See gezogen und wird erst Ende des Monats bey uns durchkommen, da wir denn hoffen dürfen sie gleichfalls zu bewundern.

Ein wunderliches Ereigniß muß ich auch noch melden: Ein junger Porzellanmahler aus Braunschweig hatte mir durch Vorzeigen von seinen Arbeiten soviel Vertrauen und Neigung eingeflößt, daß ich seinen dringenden Wünschen nachgab und ihm mehrere Stunden gewährte. Das Bild ist zu aller Menschen Zufriedenheit wohl gerathen. Wenn es glücklich durch den Brand durchkommt, so wird es, sowohl um sein selbst willen als der schönen Zierrathen, zu Hause ihm eine gute Empfehlung seyn. Er heißt Ludwig Sebbers und kam reisend hier durch.


Sibillinisch mit meinem Gesicht

Soll ich im Alter prahlen!

Jemehr es ihm an Fülle gebricht

Desto öfter wollen sie's mahlen!


So habe ich billigermaßen über diese Bemühungen gescherzt; man muß es eben geschehen lassen.

Zugleich vermelde, daß deine Rauchische Büste immer mehr zu Ehren kommt. Lassen sich in Marmor die Erhöhungen der Stirn, ohne die Form allzusehr zu unterbrechen, als in die Höhe gezogene Haut[121] darstellen, da sie jetzt als Knochen erscheinen, so möchte das Ganze trefflich zu nennen seyn. Durch das immerwährende Brillentragen freylich haben sich die Hautfalten über den Augen wundersam ausgezeichnet.

immerfort

Weimar den 12. August 1826.

Goethe.


[Beilage.]

Als ich vor einigen Tagen Herrn Streckfußens Übersetzung des Dante wieder zur Hand nahm, bewunderte ich die Leichtigkeit, mit der sie sich in dem bedingten Sylbenmaaß bewegte. Und als ich sie mit dem Original verglich und einige Stellen mir nach meiner Weise deutlicher und gelenker machen wollte, fand ich gar bald, daß schon genug gethan sey und niemand mit Nutzen an dieser Arbeit mäkeln würde. Inzwischen entstand das kleine Gedicht, das ich in beykommendes Buch einschrieb.

Das Trauerspiel Adelchi möge Herr Streckfuß zu meinem Andenken bewahren; kennt er es noch nicht so wird es ihm Freude machen; reizt es ihn zur Übersetzung, so wird er dem deutschen Jambus einen gleichen Dienst leisten wie dem Trimeter, wenn er dem italiänischen Vortrag sich gleichfalls anschmiegen wollte, welches noch eher angeht, da ihn der Reim nicht hindert. Wie ich darüber denke, zeigt sich deutlich aus dem Monolog des Swarto und wird auch ohnedieß einem so einsichtigen Manne alsobald[122] entgegen kommen. Die ganze Tragödie läßt sich in Recitativ auflösen. Auf deine Composition bin ich höchst verlangend.


41/94.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch die Bemerkung zum Phaethon ein ganz besondres Vergnügen gemacht. Ich habe sogleich den Diogenes Laertius zur Hand genommen und dasjenige was Sie mir anzeigten, auch im Zusammenhange vollkommen bestätigt gefunden; hiernach auch einen kleinen Aufsatz versucht, den ich zur Prüfung beylege. Es könnte derselbe, insofern Sie ihn billigen, gelegentlich in Kunst und Alterthum mitgetheilt werden.

Wollen Sie dem beykommenden Cellini Ihre gewohnte geneigte Fürsorge gönnen, so werden Sie Ihrem Verdienste um meine Arbeiten abermals eine Stufe hinzufügen.

ergebenst

Weimar den 12. August 1826.

J. W. v. Goethe.


41/95.


An Ulrike von Pogwisch

Gott zum Gruß! meine liebe Ulricke also den 18ten bey guter Zeit das Weitere! Weimar d. 12. Aug. 1826.

Goethe.[123]


41/96.


An Gerhard Friedrich Ludwig Wagener

[Mitte August 1826?]

Wenn Sie ein gutes neues Stück zum dritten September auffinden könnten, so würde ich Ihnen rathen, den Hamlet lieber noch ruhen zu lassen. Wolff hat ihn früher öfter gegeben, und das weimarsche Theaterpublicum ist gewöhnt, an den Geburtstagen unserer Herrschaften stets etwas Neues zu sehen. Besprechen Sie sich doch mit Kanzler v. Müller.


41/97.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

abermals mit einem freundlichen Ersuchen anzugehen, veranlaßt mich die eintretende Epoche, wo ich für so vieles Gute und Herzliche doch auch wieder etwas frisch Empfundenes erwidern möchte.

Wollten Sie daher die Gefälligkeit haben Beykommendes nach Weise des vorigen Blättchens absetzen zu lassen und mir eine Revision übersenden, so werd ich es als eine besondere Gefälligkeit ansehen. Ich wünsche davon zweyhundert Abdrücke und solche Sonnabend den 26. d. M. durch die Botenfrau zu erhalten.

Geneigte Aufnahme diesem Blatte wünschend und mich bestens empfehlend.

Weimar den 20. August 1826.[124]


41/98.


An Philippe Albert Stapfer

[Concept.]

[Ende August 1826.]

Daß Sie mein durch Herrn Präsidenten Weyland ausgesprochenes dankbares Andenken freundlich aufgenommen und mir dagegen Ihre schätzbare Übersetzung nunmehr vollständig mittheilen wollen, hat mir eine besondere Freude gemacht, vorzüglich auch da ich der Recension Ihrer so bedeutenden Arbeit in der Zeitschrift Le Globe in diesen Tagen alle Aufmerksamkeit zu schenken Ursache hatte. Ersehen Sie gefällig aus beykommendem Hefte, was ich sowohl über jenen Aufsatz als die von Ihnen mit so viel Liebe und Sorgfalt gefaßte Notiz zu äußern Gelegenheit nahm, und Sie werden daraus ersehen, daß es in einem so hohen Alter die angenehmste Empfindung erregt, wenn eine talentvolle Jugend den Spuren unseres Lebensganges durch so manche labyrinthische Verwicklung aufmerksam zu folgen geneigt ist.


41/99.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe zuvörderst für die nunmehr vollständige Sendung der Aushängebogen zu danken; dann aber auf das lebhafteste für das so schnell und zierlich abgedruckte[125] Gedicht. Da ich nichts dabey zu erinnern wüßte, indem es eben so correct als freundlich erscheint, habe sogleich eine vorläufige Widmung beygeschrieben, der ich freundliche Aufnahme wünschen und hoffen darf.

Mein Sohn, der so eben nach Jena hinübergeht, nimmt solches mit, und dient auch diese Gelegenheit zu schnellerer Förderniß.

An denen gewiß nunmehr höchst reichen Mittheilungen Ihres Herrn Vaters ersuche mich wie bisher geneigtest theilnehmen zu lassen.

Weimar den 22. August 1826.


41/100.


An Franz von Elsholtz

Ew. Wohlgeboren

angenehmes Schreiben vom 18. Juli erhalte, wegen Abwesenheit des Herrn Kanzler v. Müller, erst am 21. August und erwidere eilig nur weniges, und zwar mit Vergnügen, da ich vermelden kann, daß ich die erste Scene sehr wohl gerathen finde. Wenn Sie in einigen Puncten von meinem Vorschlag abgingen, so hatten Sie vollkommen recht, da Sie die Eigenheiten Ihrer Charaktere, Gang und Ziel Ihres Stückes besser im Sinne haben werden als ich.

Nun wäre denn von der letzten Scene des ersten Acts zu reden, die ich für sehr schwierig hatte. Indessen wird ja wohl Nachdenken und Verhandlung[126] darüber das eigentlich Erforderliche auch hervordrängen. Baldmöglichst das Weitere.

Für die fortgesetzte Sendung der Eos danke zum schönsten, mit freundlichem Ersuchen, beykommende Anzeige gefällig einzurücken. Sobald ein vollständiges Exemplar in meinen Händen ist, übersende solches zu etwaiger Benutzung. Das Beste wünschend.

aufrichtig theilnehmend

Weimar den 22. August 1826.

J. W. v. Goethe.


41/101.


An Johann Heinrich Meyer

Nach weiterer Überlegung finde doch besser, wenn Sie beykommendes wohlgerathene Zeugniß eigenhändig schreiben. Ich sende es daher mit einem Briefblatte und der Bitte, solches morgen früh mit hereinzubringen. Ich füge sodann einige Worte hinzu, da ihm an unsern beyfälligen Äußerungen sehr viel gelegen ist.

Das Beste wünschend, das Weitere morgen zu besprechen hoffend.

treulichst

Weimar den 22. August 1826.

Goethe.


Vielleicht sprechen Sie, im Hereinfahren, einige Minuten bey mir ein.[127]


41/102.


An Christian Georg Carl Vogel

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit unserm jungen geschickten Künstler Schmeller einige Stunden zu gönnen, damit ich das Vergnügen habe auch Ihr Bild in meiner Sammlung zu sehen.

Mit den besten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 22. August 1826.

J. W. v. Goethe.


41/103.


An Rudolf Weigel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche, mir von denen im dritten Verzeichniß angebotenen Blättern gefällig zu übersenden:

Nr. 33. A. Blooteling. 2 Bl. Die Judenkirchhöfe bey Amsterdam. Nach Ruysdael. Querfolio

2 rh. 20 gr.

Nr. 36. J. van Aken. 4 Bl. Die Rheingegenden. Nach Sachtleven. Querfolio-Blätter Nr. 18 – 21


2 rh. 20 gr.

5 rh. 16 gr.

Ich wünsche solche zwischen Pappen sorgfältig gepackt und übermache den Betrag sogleich.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 23. August 1826.[128]


41/104.


An Carl Friedrich Zelter

Hierbey also der Schluß des dießmaligen Heftes. Möge dir darin mehreres gefällig seyn. Im Grunde aber habe ich mit deinen zehn Seiten meinen übrigen 182 großen Schaden gethan: denn wer diese Bogen liest, spricht von dem musicalischen Stern und nimmt von der übrigen Milchstraße keine Notiz. Doch gönne ich dir am liebsten diesen Triumph und freue mich des guten Eindrucks. Das übersendete Blättchen war mir ganz angenehm; solche Windstöße sind gut, die Düsternheit der deutschen Buchhandeley immer mehr und mehr aufzuklären, die Decke zu lüpfen, unter welcher Autor und Publicum bedrängt und betrogen sind, und die Sosien ihr lucratives Spiel forttreiben. Das Reich ist nun unter sich selbst uneinig, und wir wollen sehen, Vortheil davon zu ziehen. Wird jener Aufsatz gedruckt, so soll es mir sehr angenehm seyn.

Mit Riemern wird die Correspondenz fortgelesen zu erbaulicher Unterhaltung. Noch habe ich kein Wort gefunden, das man zurücknehmen sollte, vielmehr nehmen wir uns in unsrer tagtäglichen Beschränktheit gar liebenswürdig aus.

Die mit Dank anerkannte Partitur wird ausgeschrieben; wenn die Ferien vorbeygegangen, wo die Chorvögel alle ausgeflogen sind, darf ich mit Sicherheit[129] erwarten, dieses und andere deiner theuern Werke zu erhalten. Herrn Gartendirector Lenné empfiehl mich gelegentlich. Ich möchte wohl mit einem solchen Manne das Feld durchwandern, wohin ich jetzt nur, wie Moses, vom Berge hinsehe.

Diesseits und jenseits des Jordans

der Deine

Weimar d. 26. Aug. 1826.

G.


41/105.


An Gottlob Heinrich Adolph Wagner

[Concept.]

Es begegnet mir seit einiger Zeit soviel Gutes, daß, wenn ich nicht eine redliche Selbstkenntniß, welche uns immer auf die Überzeugung unserer Mängel zurückführt, mir von jeher als Leitfaden festgehalten hatte, ich nun befürchten müßte, aus dem wahren und reinen Kreise, den Gott und die Natur mir vorschreiben wollen, irrend herauszuweichen.

Wie ich mich aber jetzt fühle, kann ich für Ihre Widmung aufrichtig danken, da ich daraus ersehe, daß mein Bestreben auf Sie einen solchen Einfluß ausgeübt hat, wodurch auch Ihr Geist eifrig zu streben und daß Ihnen Mögliche zu leisten ernstlich angeregt worden.

Ihr Unternehmen ist groß und bedeutend, und es darf mich freuen, daß Sie meiner dabey vorzüglich[130] denken wollen. Fahren Sie in dem glücklich begonnenen Geschäfte muthig fort. Empfehlen Sie mich Herrn Fleischer auf's beste und bleiben meiner dankbarsten Erinnerung versichert.

Weimar den 26. August 1826.


41/106.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

verfehle nicht Beyliegendes sogleich zu übersenden. Es gelangte anonym, wie es ist, zu mir; ich vermuthe jedoch, daß es irgendwo gedruckt hervortreten werde.

Da diese, wie mir scheint, gerechte Forderung des Publicums mit allem, was ich leider so oft habe hören müssen, auch mit meinem und der Meinigen Vortheil genau übereinkommt so muß ich freylich wünschen, daß Dieselben eine dieser wichtigen Angelegenheit angemessene Entschließung baldigst fassen möchten.

Nach dem Tode der Frau v. Schiller ist die Ausgabe meiner Correspondenz mit dem seligen Vater wieder zur Sprache gekommen. Das Manuscript liegt vollkommen reinlich zur Übergabe bey der Hand. Nach der erwarteten Ankunft des zweyten Sohnes vermelde das Weitere.

Der Druck des letzten Heftes von Kunst und Alterthum ist so eben abgeschlossen; ich werde das[131] Honorar bey Herrn Frege erheben lassen und dasselbe auf die ältere Rechnung stellen, welche sich meistens saldiren wird.

Die gewünschten Anzeigen der neuen Ausgabe meiner Werke sind noch nicht bey mir angekommen.

Mit den aufrichtigsten Wünschen in vollkommen vertrauender Hochachtung.

Ew. Hohchwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 26. August 1826.

J. W. v. Goethe.


41/107.


An Sulpiz Boisserée

Hiebey also die zweyte Hälfte des Heftes. Möge das, was Ihre Angelegenheit betrifft, einigermaßen genugthuend und von dem Übrigen dieses und jenes erfreulich seyn. Ich habe mir indessen große Mühe aufgeladen, um den vierten Band der ersten Lieferung der neuen Ausgabe recht gewichtig zu machen und eine seit zwanzig Jahren ruhende Arbeit wieder aufgenommen: Helena, ein Zwischenspiel zu Faust, in die zweyte Abtheilung gehörig, ruhend auf der Fabel: Faust habe vom bösen Geist den Besitz der Helena gefordert. Es ist eine Arbeit, die Masse macht, ganz rhythmisch, zwanzig Bogen geschrieben.

Indeß ich nun mein Möglichstes thue, scheint das Verfahren des Herrn Verlegers etwas bedenklich.

[132] Die Exemplare der Anzeige vom 4. März datirt, sind noch nicht in meinen Händen; keinen meiner Freunde konnte ich daher aufrufen. Erst in diesen letzten Tagen des Augusts kommt die buchhändlerische Anzeige, vom Juli datirt, mit der Allgemeinen Zeitung zum Vorschein, und doch steht der Subscriptionstermin noch zur Michaelismesse.

Neues großes Bedenken erregt beyliegendes Blatt dessen Original anonym zu mir gekommen. Ich habe es Herrn v. Cotta geschickt und ihn um seine Gedanken gebeten. Hätte ich Sie in Stuttgart gewußt, so hätte ich es durch Sie gesendet; wo Sie aber auch seyn mögen, wenden Sie alles zum Besten.

Geben Sie mir Nachricht, daß Sie Gegenwärtiges und wo? getroffen hat, auch inwiefern Ihre Angelegenheit vorwärts geht. Unsere gnädigsten Herrschaften sind glücklich und wohl zurückgekehrt. Mit unserm neuen Hofmedicus haben wir alle Ursache zufrieden zu seyn. Durch einen von Paris zurückkehrenden Freund habe ich eine höchst angenehme Sendung von Herrn v. Cuvier erhalten, ich werde durch unsern dahin reisenden Ober-Baudirector Coudray schönstens zu danken wissen. Wie befindet man sich auf der Mühle? Die vegetabilischen Zeichen eines fortdauernden Andenkens habe leider dieses Jahr vermißt.

Der Beylage freundlichen Empfang.

for ever

Weimar d. 26. Aug. 1826.

Goethe.[133]


41/108.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

gestrige gnädigste Theilnahme nicht persönlich auf das dankbarste erwidert zu haben ist mir höchst schmerzlich und hoffe bald die Vergünstigung, mich deshalb entschädigen zu dürfen.

Weimar den 29. August 1826.


41/109.


An Charlotte von Stein

Beyliegendes Gedicht, meine Theuerste, sollte eigentlich schließen:

»Neigung aber und Liebe unmittelbar nachbarlich- angeschlossen lebender, durch so viele Zeiten sich erhalten zu sehen, ist das allerhöchste was dem Menschen gewährt seyn kann.«

Und so für und für!

W. d. 29. Aug. 1826.

Goethe.


41/110.


An Jacob Friedrich Fries?

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben den gewünschten Theodoliten nunmehr und hoffentlich in gutem Zustande erhalten. Sollte er, da[134] er lange Zeit geruht, vielleicht einiges Ausputzen oder sonstige Reparatur benöthigt seyn, so würden Sie gefälligst dem Mechanicus Sieglitz das Instrument anvertrauen und zu dessen Herstellung ihm die nöthige Anleitung geben.

In vorzüglichster Hochachtung mich unterzeichnend.

Weimar den 29. August 1826.


41/111.


An Clementine de Cuvier

[Concept.]

[Ende August oder Anfang September 1826.]

Sie gönnen, theuerstes Fräulein, meinen dichterischen Arbeiten mehrfache Theilnahme, so versichern mir wenigstens meine von Paris rückkehrenden Freunde; auch wollen Sie, fügt man hinzu, dem Dichter selbst einigen Antheil schenken. Hierauf gründet sich mein Vertrauen, Gegenwärtiges abzusenden, wozu die Rückkehr des Herrn Präsidenten Weyland mit verpflichtet.

Er bringt mir nämlich von Seiten Ihres Herrn Vaters unschätzbare Hefte, welche mich in diesen Tagen zu erfreulich-belehrenden Studien veranlaßten. Denn wenn ich auch einige dieser trefflichen Aufsätze früher kannte, so wirken sie nun gedoppelt, indem sie eine Reihe von Ansichten über die wissenswerthesten Regenstände eröffnen. Nun freut es mich erst, daß ich dem[135] labyrinthischen Gange der Naturforschung nach meiner Weise durch so viele Jahre gefolgt bin, da ich mich nicht unwerth fühle, auf den Gipfeln, welche die Wissenschaften erreicht haben, begünstigt von den vorzüglichsten Männern, gleichfalls umher zu schauen und dasjenige mit einem Blick zu erfassen, wo ich sonst mit Mühe mich durchzuwinden hatte.

Diesen Überblick bin ich den Arbeiten Ihres Herrn Vaters wiederholt schuldig geworden, und wie sehr ich dafür dankbar sey, wird, wie ich glaube, besser und andringlicher von einer geliebten Tochter ausgesprochen, als wenn ich unmittelbar dem würdigen Manne mich genähert hätte. Wie wollte ich die tausendfältigen Einwirkungen und Bezüge in ein schickliches Maaß zusammenfassen und mit wenigem von dem sprechen, was unendlich ist.

Hier, mein theuerstes Fräulein! lassen Sie mich schließen, damit ich die Gränze eines Briefs nicht überschreite. Empfehlen Sie mich Ihrem verehrten Herrn Vater auf's lebhafteste und gewinnen Sie Überbringern eine freundliche Aufnahme; es ist Herr Coudray, ein talentvoller geprüfter Mann, schon früher in Paris unter Leitung des Herrn Durand sowie in Italien der Kunst sich befleißigend, nunmehr Ober-Baudirector in großherzoglichen Diensten, mir ein werther Hausfreund. Er wird meine Bitte wiederholen: daß Sie in Ihrem schönen Kreise eines Entfernten gedenken mögen, der Ihnen in manchem Sinne so nah geworden.[136]


[Beilage.]

Geneigtest zu gedenken.


Unterzeichneter besitzt eine Sammlung organischer Fossilien, welche, ohne sehr zahlreich zu seyn, von der frühsten Epoche, vom Übergangs-Thonschiefer an bis zu den letzten der aufgeschwemmten, ja der Torflager, von jeder Zeitstufe einige Beyspiele enthält. Nur fehlen durchaus Exemplare derjenigen uralten Thiergeschlechter, welche bey Paris in Gyps und Kalk gefunden werden und deren Entdeckung man ganz allein Herrn v. Cuvier schuldig ist. Nur wenige bedeutende Theile, als Zähne und dergleichen würden die Lücke genugsam ausfüllen. Könnte man von den eyerlegenden Vierfüßlern auch nur Ein Exemplar erhalten, so würde man solches mit großem Dank erkennen.


41/112.


An Heinrich Carl Friedrich Peucer

[Concept.]

[Anfang September 1826]

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen, wenn ich Ihrer freundlichen Einladung nicht Folge leiste. In den Mittagsstunden einer so heißen Zeit getrau ich mich nicht das kühle Gebäude zu betreten. Erlauben Sie nächstens nach einer gepflogenen weitern Verabredung mir dieses Vergnügen.[137]


41/113.


An Johann Heinrich Hose

[Concept.]

Sie haben, mein werthester Herr! durch das meinem Fest gewidmete Gemählde mir das größte Vergnügen gemacht, indem es ein unschätzbares Urbild auf die gelungenste Weise wieder vor Augen bringt. Es ist dem Raphaelischen einzigen Talent gemäß, überall zugleich großartig und anmuthig zu seyn. Auf das verbindlichste dank ich Ihnen, daß Sie meine Umgebung so würdig schmücken wollen; tagtäglich wird es mir Freude machen, und ich werde mich desjenigen immer mit Anerkennung erinnern, von dem so viel Erfreuliches wohlmeynend und kunstreich mir zugedacht war. Herr Hofrath Meyer freut sich gleichfalls eine so wohlgerathene Arbeit an Serenissimi höchstem Geburtsfeste mit aufgestellt zu sehen.

Die besten Wünsche hinzufügend.

Weimar den 1. September 1826.


41/114.


An N.N.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende ein an mich gelangtes ziemlich seltsames Schreiben, mit dem Ersuchen, in dieser Sache nach Kenntniß und Einsicht zu verfahren.

Mit vorzüglicher Hochachtung mich unterzeichnend.

Weimar den 1. September 1826.[138]


41/115.


An das Mineralien-Comptoir in Heidelberg

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten mit dem nächsten Postwagen ein Kistchen mit Mineralien, wie mir solches von Herrn Rath Grüner aus Eger gesendet worden. Das Verzeichniß des Inhalts liegt hierbey. Er hat keine Preise hinzugefügt in der Meynung, daß bey solchem Tauschhandel nicht sowohl der Sender als der Empfänger die fraglichen Gegenstände zu schätzen habe. Wollen Sie ihn daher mit einer billigen Gegensendung, die ich auch gern vermittlen würde, befriedigen und Ihre ferneren Wünsche dabey aussprechen, so wird sich ein für beide Theile vortheilhaftes Verhältniß gewiß anknüpfen. Mit den besten Wünschen und vielen Empfehlungen an den Herrn Geh. Rath v. Leonhard.

Weimar den 3. September 1826.


41/116.


An Friedrich Theodor von Müller

Verzeihen Sie, mein Theuerster, wenn ich Ihr Kommen um h. 10 Uhr ablehne. So eben habe schon zwey leidige Negativen ungern erlassen. Noch weis ich nicht einmal ob sie singen wird. Hören wir sie doch alle diesen Abend. Nochmals Verzeihung

d. 4. S. 26.

G.[139]


41/117.


An Sulpiz Boisserée

[6. September 1826?]

Die gedruckte Anzeige von Goethe's sämmtlichen Werken im Format der Taschenausgabe ist datirt: Weimar den 1. März 1826. Stuttgart den 4. März 1826. Dieselbe steht aber erst im Intelligenzblatt des Morgenblattes am 19. Juli 1826. Auch die buchhändlerische Anzeige daselbst vom 12. August 1826, datirt Stuttgart den 24. Juli.

In der Beylage der Allgemeinen Zeitung zu Nr. 233, den 21. August, dieselbe buchhändlerische Anzeige gleichfalls datirt vom 24. Juli und auch hier wie vorher bleibt immer der Termin zu Michael gestellt.

Die von mir gewünschten und mir zugesagten Exemplare jener Anzeige in Taschenformat, datirt vom 1. März, sind erst den 6. September in meine Hände gelangt; es ist also ein halbes Jahr für mich ungenützt verstrichen, und meine Freunde haben vergebens diese Anzeige begehrt um sich theilnehmend und wirksam zu zeigen.

In dem über diese Angelegenheit abgeschlossenen Contract soll die Subscription gleich nach geschlossenem Vertrag beginnen, der Druck Michaelis anfangen und noch ein halb Jahr zu meinen Gunsten offen bleiben;[140] nun ist aber ein halbes Jahr versäumt und die Michaelismesse kann erst als der Termin, wo die Subscription angeht, angesehen werden und muß bis wieder Michael 1827 offen stehen, wenn der Inhalt des Contracts erhalten werden soll.


Früher aufgesetzt, gegenwärtig zum Überfluß mitgetheilt.

G.


41/118.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

[6. September 1826.]

Ew. Königlichen Hoheit

habe die Verpflichtung anzuzeigen, daß die Ausstellung der freyen Zeichenschule sich gnädigster Nachsicht empfiehlt. Darf ich bitten, mir die Zeit andeuten zu lassen, wann Ihro verehrte, höchst erfreuliche Gegenwart zu hoffen seyn dürfte?


41/119.


An Johann Heinrich Meyer

Der Frau Großherzogin, mein Theuerster, habe die Ausstellung gemeldet. Sie wird morgen um 11 Uhr hinfahren, und weil das Wetter so gut ist, werd ich hingehen. Seyn Sie deswegen unbesorgt und bleiben in Ihrer Ruhe.

[141] Hiebey nun eine Anfrage: Ich erinnere mich eines Bildes von Orgagna, Dantes Hölle vorstellend, und finde sie nicht in der Etruria pittrice. Wissen Sie mir anzudeuten, wo ich sie suchen soll?

Mein Andenken im höchsten hohen Kreise zu erhalten bittend.

treulichst

Weimar den 6. September 1826.

Goethe.


41/120.


An Carl Friedrich Zelter

Da mein vorräthiges Briefpapier unerträglich durchschlägt, so will ich mich einmal in größerem Format vernehmen lassen.


Also Weimar den 6. September 1826.

Erstlich will ich vermelden, daß die unter dem 10. August angekündigte literarische Sendung aus Paris hier noch nicht angekommen sey; ich müßte sie denn in diesen turbulenten Tagen unter dem, was unter mancherlei Zungen und Sprachen an mich gelangt, übersehen haben; denn es war mir noch nicht möglich alles zu sortiren und einzeln zu beachten. Dem 28. August folgte nur allzuschnell der dritte September, eine große Fremdenzahl berührte mich doch auch, ob ich gleich von aller öffentlichen Erscheinung entschuldigt blieb. Gestern um Mitternacht verließ Demoiselle Sontag erst einen freundlichen, bey mir[142] versammelten Cirkel, ich will aber doch eilen gegenwärtige Sendung los zu werden.

Was ich in Bezug auf Dante beylege, lies erst mit Aufmerksamkeit! Hätte das, was ich anrege, unser guter Streckfuß vom Anfang seiner Übersetzung gleich vor Augen gehabt, so wäre ihm vieles, ohne größere Mühe, besser gelungen. Bey diesem Original ist gar manches zu bedenken; nicht allein was der außerordentliche Mann vermochte, sondern auch was ihm im Wege stand, was er wegzuräumen bemüht war; worauf uns denn dessen Naturell, Zweck und Kunst erst recht entgegen leuchtet. Besieh es genau; wenn du fürchtest, es möchte ihm weh thun, so erbaue dich lieber selbst daraus und verbirg es. Indessen, da er gewiß einer neuen Auflage entgegen arbeitet, kann es ihm im Ganzen und Einzelnen beyräthig seyn.

Die Tabelle der Tonlehre ist nach vieljährigen Studien und, wenn du dich erinnerst, nach Unterhaltungen mit dir, etwa im Jahr 1810 geschrieben. Ich wollte den Forderungen an einen physikalischen Vortrag keineswegs genug thun, Umfang und Inhalt aber mir selbst klar machen und andern andeuten; ich war auf dem Wege, in diesem Sinne die sämmtlichen Capitel der Physik zu schematisiren. Gegenwärtige Tabelle fand ich bey'm Aufräumen des Musikschrankes, ich hatte sie nicht ganz vergessen, wußte aber nicht, wo ich sie suchen sollte. Ob ich diese Tabelle dir[143] jemals mitgetheilt, weiß ich nicht. Eben so vermiss ich noch mehrere Aufsätze, die mir vielleicht ein Zufall erwünscht wieder in die Hände führt.

Die umständliche Kenntniß des wohlwollend-heitern Berliner Mittwoch-Festes ist mir durch die Haude- und Spenersche Zeitung zugekommen. Dein kritischwürdernder Antheil nimmt sich dabey gar trefflich aus; ich bin auf die Gedichte selbst verlangend und wünsche wohl, daß du den wackern Männern in meinem Namen etwas Freundliches ausrichten möchtest. Soll ich dir eine Anzahl unterzeichneter Blättchen, wie du schon erhieltest, übersenden? Ich habe zu diesem Mittel gegriffen, um gegen die vielen Freundlichkeiten nicht ganz zu verstummen.

Die Composition des Liedchens freut mich sehr. Auch hier zu Lande wollte niemand recht Spaß verstehen; die lieben Vereinerinnen fanden es doch allzu wahr und mußten zugestehen, was sie verdroß. Der patriotische Schleyer diente vieles zuzudecken, man schlich darunter hin nach herkömmlichster Art und Liebesintriguen-Weise.

Daß Demoiselle Sontag nun auch klang- und tonspendend bey uns vorüber gegangen, macht auf jeden Fall Epoche. Jedermann sagt freylich, dergleichen müsse man oft hören und der größte Theil säße heut schon wieder im Königstädter Theater. Und ich auch. Denn eigentlich sollte man sie doch erst als Individuum fassen und begreifen, sie im Elemente[144] der Zeit erkennen, sich ihr assimiliren, sich an sie gewöhnen dann müßt es ein lieblicher Genuß bleiben. So aus dem Stegreife hat mich das Talent mehr verwirrt als ergetzt. Das Gute, das ohne Wiederkehr vorübergeht, hinterläßt einen Eindruck, der sich der Leere vergleicht, sich wie ein Mangel empfindet.


So aber will ich schließen und, zum Überfluß, bemerken: Diese Rolle enthalte:

1) Eine Anzahl Dankblättchen, auch einige Anzeigen meiner Werke.

2) Einiges über Dante, nach vorhergängiger Überlegung Herrn Streckfuß mitzutheilen.

3) Eine Tabelle, welche den Inhalt der Tonlehre darstellt. Kann zu dessen Vollständigkeit etwas beygetragen werden, so wird es mich erfreuen. Die Methode der Aufstellung mag zugegeben werden.


Das vollständige Exemplar von Kunst und Alterthum erscheint nächstens. Gar mancherlei fernerer Mittheilung vorbehaltend.

treulichst

Weimar den 9. September 1826.

Goethe.[145]


41/121.


An den Herzog Bernhard

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

habe in diesen feyerlichen Tagen schuldigst aufzuwarten einigen Anstand genommen; gegenwärtig geschieht es schriftlich, um bescheiden anzufragen: wann ich vielleicht zu ruhiger Stunde gelegen komme? Sehr wünschte, noch ferner an Höchst Ihro schönem Reisegewinn Theil zu nehmen, auch die Erlaubniß meine Wünsche und Hoffnungen wegen des höchstinteressanten Tagebuchs äußern zu dürfen.

Zu Gnaden und Huld mich fernerhin angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 10. September 1826.


41/122.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

haben mich abermals durch die umständliche Nachricht des hold und geistreich unternommenen Festes wahrhaft verpflichtet. Hiebey dringen sich gar mancherlei Betrachtungen auf. Erlauben Sie mir die allgemeinsten:

Alles, was sich ereignet, erfreulich oder unerfreulich, müssen wir zuletzt geschehn seyn lassen; dabey ist denn aber jedesmal die genauste Kenntniß des Vorgegangenen[146] wünschenswerth und beruhigend. Hievor danke ich nun zum allerbesten, mit Hoffnung und Wunsch, daß die Glieder der werthen dießmal vereinten Gesellschaft, zu welchem Feste sie sich auch versammeln dürften, auch meiner gedenken möchten.

Gar manches, was ich darüber zu sagen hätte, verspare ich auf eine andere Gelegenheit. Nur soviel! Es werden Tage kommen, wo man erkennen wird, daß man in solchem Falle sich eben selbst feyert. Die reine Bildungslust, jedem einwohnend, auf eine friedliche Ausgleichung sittlicher Verhältnisse hinstrebend, sie ist's, die sich gesellig am freudigsten offenbart. Daß die Erinnerung an mich hiezu Anlaß gibt, habe ich für ein Glück zu achten. Jener Trieb war von Jugend an der meinige, und es ist ein eigen ehrenwerthes Schicksal das ich gerade in ein gleichsinnig wirkendes Jahrhundert eintraf. Doch waren übereilte gewaltsame, heimtückische Manifestationen ganz gegen meine Begriffe und Einsichten, so daß ich sehr alt werden mußte, um mich mit dem sogenannten Zeitgeist einigermaßen wieder auszusöhnen und ihn von seinen widerwärtigen Verkörperungen zu unterscheiden.

Sie sehen, daß ich rede da, wo ich zu schweigen gedachte, aber ich müßte keinen bessern Commentar zu Ihrem werthen Brief; jede Zeile desselben phosphorescirt von allerliebster Neigung und herzlichem Wohlwollen.

Soviel für heute, mehreres nächstens.

[147] Herrn Canzler v. Müller beneide, für die Acta dancke zum schönsten, wegen abstrusen Briefes bitte um Entschuldigung. Nächstens das freyere, weitere.

treulichst

W. d. 11. Sept. 1826.

Goethe.


41/123.


An N.N.

[Concept.]

Geneigtest zu gedenken.

Das englische Werk A description of the collection of ancient Terracottas in the British Museum enthält so allerliebste Basreliefs in gebranntem Thon, daß ich mir längst einige Abgüsse derselben gewünscht habe.

Herr Geh. Rath Beuth ließ bey seiner Durchreise nach London mich hoffen, daß er mir einige davon mittheilen werde. Wäre bey seiner glücklichen Wiederkunft möglich mir nur wenige zu verschaffen, so würde ich es dankbarlichst erkennen und diese edlen Kunstwerke zu dauerndem Andenken des Gebers bey mir aufbewahren.

Weimar den 11. September 1826.


41/124.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Wenn bey Gelegenheit des fraglichen Werks, dem Sie ein so schönes Zeugniß geben, auch meiner in Gutem gedacht wird, kann es mir nicht anders als zu Freuden und Ehren gereichen.

Weimar den 11. September 1826.[148]


41/125.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

Ew. Hochwohlgeboren

haben so vielfach bewiesen, daß Sie mir irgend etwas Angenehmes zu erzeigen die Geneigtheit hegen, und ich nehme mir daher die Freyheit, Dieselben abermals zu ersuchen, in einem vorliegenden Geschäft eine gefällige Vermittelung zu übernehmen.

Ich habe auf Anordnung des königlich sächsischen Kirchenraths und Oberconsistoriums zu Dresden einen von demselben ausgestellten Schein in Betreff des mir allergnädigst zugestandenen Privilegiums an den Herrn Bücherinspector gegenwärtig, wie ich höre, Johann Michael Jäger, einzusenden, damit jene allerhöchste Intention den Buchhändlern insinuirt und zur Nachachtung bekannt gemacht werde.

Da es nun höchst wünschenswerth ist zu erfahren, daß beyliegendes, in dieser Absicht ausgefertigte Schreiben gedachtem Bücherinspector sicher und gewiß zu Handen gekommen, so habe ich Ew. Hochwohlgeboren ersuchen wollen, selbiges besorgen zu lassen und, wie solches geschehen, mir geneigte Nachricht zu geben. Der ich diese Gelegenheit ergreife, mich Denenselben angelegentlichst zu empfehlen und mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

Weimar den 12. September 1826.

J. W. v. Goethe.[149]


41/126.


An Johann Michael Jäger

[Concept.]

Wohlgeborner

insonders hochzuehrender Herr!

Aus einer Beylage gezeichnet A belieben Ew. Wohlgeboren die Ursache zu entnehmen, welche mich zu gegenwärtigem Schreiben veranlaßt. Ihro des Königs von Sachsen Majestät haben mein allerunterthänigst angebrachtes Gesuch um ein Privilegium für die neue vollständige Ausgabe meiner Werke mit allerhöchster Gewährung zu begnadigen geruht, welches mir vorläufig durch einen von Ihro Majestät höchstverehrlichem Kirchenrath und Ober-Consistorium unterschriebenen und besiegelten Schein bekannt geworden.

In demselben wird mir nun zur Pflicht gemacht solchen den Buchhändlern, durch den zu Leipzig bestellten Bücherinspector insinuiren zu lassen, indem widrigen Falls, der Verfassung gemäß, die Insinuation als nicht geschehen anzusehen sey.

Indem ich nun vernehme, daß Ew. Wohlgeboren gedachte Stelle bekleiden, so habe nicht verfehlen wollen, eine vidimirte Abschrift gedachten Scheines Denenselben hierdurch vorzulegen und zugleich geziemend zu ersuchen, die desfalls nöthige Insinuation zu veranstalten.

Wie nun aber hiebey nöthig ist anzuzeigen, welchem Verleger gedachte Ausgabe contractmäßig überlassen sey, so geschieht solches gleichfalls hiemit,[150] indem die Beylage B den Beweis gibt, daß hierüber mit der J. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart eine Übereinkunft getroffen worden.

Der ich die Ehre habe, diese mir so wichtige Angelegenheit bestens empfehlend, mich mit vorzüglichster Hochachtung zu unterzeichnen.

Weimar den 12. September 1826.


41/127.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

mögen gefällig das neuste Stück von Kunst und Alterthum freundlich ansehen.

Ingleichen das beyliegende Gedicht, welches, wie schon gesagt, gleich den Riemerschen Stanzen auf mein Jubiläum, gedruckt zu sehen wünsche. Den unmaßgeblichen Vorschlag zum Titel bitte Professor Riemer zu communiciren. Er wird ja wohl die Revision übernehmen, wie ich mir denn auch ein solches Probeblatt erbitte.

Der mitgetheilte Gesang will mir ganz wohl gefallen, doch werde ich ihn noch einmal genauer durchsehen.

Könnte ich Dieselben heute auf einen Augenblick sprechen, so würde mir einiger Anfragen Aufklärung erbitten.

gehorsamst

Weimar den 13. September 1826.

J. W. v. Goethe.[151]


41/127a.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[13. September 1826.]

K.[önigliche] H.[oheit]

Diese leidige Bremse ist mir als Erbstück von Meiner guten Mutter schon viele Jahre sehr unbequem. Sie wiederholt das selbe Spiel das ihr in der Jugend allenfalls kleidete wieder, spricht von Nachtigallen und zwitschert wie ein Zeisig. Befehlen Ew. [Königliche] H.[oheit] So verbiet ich ihr in allem Ernst Onkelhaft jede weitere Behelligung. Ohnehin sind Höchst Dieselben vor Treibereyen hier und sonst nicht einmal sicher zu stellen.[55]


41/128.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie heute, mein Werthester, zur gewöhnlichen Stunde mit uns speisen, so sind Sie schönstens willkommen. Die Schiller und Herr Canzler sind von der Gesellschaft. Wir gingen um 4 Uhr auf die Bibliothek und eröffneten dort die Kiste. Noch manches ist ferner zu bereden wegen der nächsten sonderbaren Function. Mündlich das Übrige.

treulichst

Weimar den 14 September 1826.

Goethe.


41/129.


An Sulpiz Boisserée

Hiebey mein Werthester! die letzten Bogen, denen ich ein günstiges Wohlgefallen, die schon keimenden Blätter, denen ich ein glückliches Wachsthum wünsche. Die Pflanze verlangt alles mäßig, Wärme und Feuchtigkeit; Frost erträgt sie nicht.

Ihr Brief und des Herrn v. Cotta Schreiben sind angekommen. Die Antworten nächstens. Man muß nicht irre noch zaghaft werden, wenn man bey'm Ausfahren aus dem Hafen auf eine Sandbank stößt; mit einiger Anstrengung gelangt man doch zuletzt in See.

Mündlich käme man über vieles geschwinder hinaus und über die Zweifel, die unsereinem aufstoßen, der[152] von der ganzen Technik nichts versteht; deshalb man unschlüssig wird, wo der Eingeweihte keinen Anstand nimmt.

Von Helena nächstens mehr. In der Anzeige stand nichts davon, denn sie ward erst kurz vor ihrer Ankunft fertig, und ich hätte sie Ihnen gar zu gern vorgelegt. Sie soll in den vierten Band kommen, unmittelbar vor die letzte Abtheilung der zahmen Xenien. Es wird daraus mein eifriges Bestreben hervorgehen, unser Unternehmen so werth zu machen als möglich; und da darf ich denn wohl hoffen, daß auch mir und den Meinigen das Gebührende zu Gute komme.

Gar manches hätte ich zu schreiben, und wie der Zweck, den ich auch schon in dem letzten Stück von Kunst und Alterthum verfolgte, durch das Morgenblatt zu erreichen wäre; ich müßte nur erst völlig vergessen, daß es lange Zeit zu meinem Schaden und Verdruß wirkte und wohl das einzige Beyspiel gab, daß ein Verleger seinen eignen Verlag discreditirt.

Zu meinem Geburtstag und andern folgenden Feyerlichkeiten sind gar hübsche Dinge hervorgegangen; auch habe ich selbst den Herzog Bernhard, der aus Amerika zurückkam, mit einem anständigen Gedichte begrüßt. Sein ununterbrochenes Tagebuch ist von dem größten Werth; ich bitte ihn nur, daß er es nicht zersplittert, sondern zusammenhält. Das Öffentliche,[153] wovon er spricht, kann wohl ein anderer auch gesehen haben, aber doch nicht so in Bezug zu den socialen Verhältnissen, die ihm als genialen Welt- und Kriegsmann überall zugänglich waren. Gelegentlich mehr hierüber.

Von einer merkwürdigen beynah geheimen Feyer zu Schillers Andenken nächstens das Mehrere. Einiges darüber wird schon im Publicum verlauten; wie es aber eigentlich zusammenhängt, ist nicht leicht zu erforschen.

Nur um die Hälfte sollten wir näher seyn! Das Leben wird immer prägnanter, und wie würde sich das Gute durch Mittheilung steigern lassen. Tausend Lebewohl!

treulichst

Weimar 15. Sept. 1826.

Goethe.


41/130.


An Joseph Max

[Concept.]

[15. September 1826.]

Ew. Wohlgeboren

erwidere auf Dero gefälliges Schreiben mit wenigem Folgendes: an dem als Vorwort zu Alonzo abgedruckten kurzen Aufsatze weiß ich nichts zu erinnern. Es soll mir angenehm seyn, wenn er gute Wirkung thut. Wollen Sie mir die bis jetzt abgedruckten Bogen, und so fort bis zu Ende, nach und nachzuschicken,[154] so gelingt es mir vielleicht, ein Nachwort gleicher Art mitzutheilen; denn es wäre gut, wenn das Personal des ganzen Romans am Schlusse noch aufgeführt würde. Ich will es zwar nicht versprechen, aber es wenigstens im Auge behalten.

Danckbar für geneigtes Andencken, das Beste wünschend.


41/131.


An Johann Heinrich Meyer

Ich weiß nicht, ob Ihnen schon gesagt worden, daß Herr Kolbe von Düsseldorf mein Porträt in Lebensgröße hierher schicken würde; der Herr Canzler war entzückt davon, mir aber konnte die Beschreibung kein rechtes Zutraun einflößen. Nun ist es da, und ich für meine Person finde es nicht erfreulich; andere sehen es wenigstens zweifelnd an und mögen sich nicht gern darüber äußern. Es war zu unsrer Ausstellung bestimmt und soll sodann nach Berlin wandern zu der dortigen. Es bleibt daher nur einige Tage hier auf der Bibliothek aufgestellt. Ich mag Sie darauf nicht einladen, Sie würden dagegen vielleicht gerechter als ich, aber doch nicht erbaut seyn. Soviel mußte melden, damit Sie nicht durch sonstige Einladung, ohne zu wissen, wovon eigentlich die Rede ist, überrascht werden.

treulichst

Weimar den 15. September 1826.

Goethe.[155]


41/132.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche durch Gegenwärtiges um einige Exemplare des heute vorzutragenden Gedichtes; sodann aber um gefällige Abschrift des Gebetes, um, wenn schon entfernt, darin andächtig einzustimmen. Vor der Absendung der Exemplare über's Weltmeer wünschte noch einiges zu besprechen. Als correspondirendes Mitglied des Lyceums der Naturgeschichte zu Neu-York möchte ich namentlich dieser Anstalt ein Exemplar widmen. Zu der heutigen Feyer alles Gute wünschend.

gehorsamst

Weimar den 15. September 1826.

Goethe.


41/133.


An Carl Friedrich Zelter

Hier, mein Bester, das Neuste vom Tage, ja von der Stunde! So eben wird das Gedicht Sprachweise vorgetragen, wir möchten's nachher aber auch gerne singen. Dem Rhythmus nach gehts wohl auf Thäers Gesang, doch möchte der wichtigere Gehalt auch einen ernstern Griff sich verdienen. Dies sey dir anheimgestellt. Mit herzlichen Grüßen und Wünschen.

W. d. 15. S. 1826.

G.[156]


41/134.


An Sophie Doris Elise Meyer

Aufschieben darf ich nicht, der Frau Gevatterin für den lieben Brief zu danken. Vorerst aber lassen Sie mich sagen, daß ich einige Jahre her durch die lästigen Geschäfte in der Enge gehalten, alle Umsicht nach außen beynahe verlor, nun aber, wieder befreyt und erlös't, mich so gerne nach den entfernten geprüften Freunden umsehe. In diesem Sinn erließ ich meine Sendung und freue mich nun, sie so wohl aufgenommen zu sehen.

Der heitern Zeit, die Sie bey uns jugendlich zubrachten, erinnere ich mich immer gern mit Antheil, der sich auf's neue belebt, indem es Ihnen mit dem werthen Gatten und den theuern heranwachsenden Kindern so wohl geht. Ich hoffe künftighin öfter von Ihnen zu hören und an der vielfachen Thätigkeit Ihres Freundes lebhaftern Antheil zu nehmen.

Einer Sendung an ihn schließe nächstens etwas bey, das Ihrem Wunsche sich nähert. Es ist noch übrig geblieben gerade aus der Zeit, wo ich die Freude hatte, Sie hier zu bewirthen; gegenwärtig dürfte es nicht mehr zu finden seyn.

Meinen guten Pathen grüßen Sie schönstens, er möge uns allen zur Freude sich ausbilden; den kunstreichen Sohn lassen Sie immer, wenn auch ohne Anweisung, fortzeichnen. Besonders aber wünsche ich,[157] er bossirte die überschickten Medaillen; auch nach der Natur Hände, Gesichter, Füße und dergleichen. Es ward einmal ein kleiner Fuß aus Thon von ihm hergesandt, der wirklich Aufmerksamkeit erregte. Auch den Flaxmanischen Homer lassen Sie ihn öfters zeichnen und wieder zeichnen; die menschliche Gestalt erscheint darin in gar trefflicher Bewegung.

Soviel für dießmal; möge ich immerfort das Beste vernehmen.

Mit den besten Grüßen und Wünschen.

treu anhänglich

Weimar den 15. September 1826.

J. W. v. Goethe.


41/135.


An Carl Friedrich von Reinhard

Auch mit diesem Hefte, verehrter Freund! muß ich wiederholen, daß ich mich bey'm Verfassen und Redigiren desselben im voraus gefreut habe, meinen theuern Abwesenden, denen ich so lange geschwiegen und von denen ich wenig vernommen, werde dadurch einiges Angenehme zubereitet. Hier ist es, wie es gelingen wollen, und möge nun erfreuen, aufregen und Gedanken veranlassen, die es nicht bringt.

Ich habe diese schönen Sommerwochen her ein körperlich-zufälliges Übel geduldet, ohne eigentlich zu leiden. Billigen Forderungen an meine Geisteskräfte[158] konnte ich genug thun. Ich habe einiges hervorgebracht, das sich aufweisen läßt, manches Andere in's Ganze gearbeitet, in der Absicht, daß die ersten Sendungen meiner Werke immer bedeutender werden möchten, sodann um den übrigen auch manchen Vortheil zu verleihen.

Freundliche Mittheilungen aus Frankreich, besonders von Herrn Cuvier, haben mich in die Naturbetrachtung gezogen. Die fast tagtägliche Unterhaltung mit den Herren vom Globe gibt mir viel zu denken. Ich sehe recht gut, daß ihre Zwecke weiter liegen, als mir in meinem Alter zu blicken erlaubt ist; aber ihre Betrachtungen, rückwärts und vorwärts, sind mir wichtig belehrend; geben doch ihre Schrift- und Blattgenossen selbst ihnen das beste Zeugniß, bey Gelegenheit ihrer Äußerungen in der Sache Montlosiers. Fürwahr, sie sind streng und kühn, gründlich und mitunter rhadamanthisch; sie sprechen absichtlich, deshalb man sich ihnen nicht hingeben darf; sie zeigen durchaus einen großen Verstand den man bewundert, wenn man auch nicht beystimmt.

Übrigens ist das Weltwesen so groß und erstaunlich, daß ich mir auf meinem kleinen Boote durch die große Kriegsflotte wie mich durchwindend erscheine. Schwimmt doch alles neben mir, aber dem Auge nicht meßbar und dem Sinne nicht faßlich.

Indessen ich nun wie ein wachender, nicht erwachter Epimenides die vorübergezogenen Lebensträume[159] durch den Flor einer bewegten Gegenwart beruhigt schaue, saus't Freund Müller in der weiten Welt umher, neue Genüsse zu suchen, ältere zu wiederholen. Und da hoffe ich denn, er wird bey seiner Rückkehr auch das Nähere von Ihrem Wohlbefinden und glücklichen Zustande zu kennen geben. Freylich haben Sie jetzt, da die Flagge vom Admiralschiff St. Johannes weht, einen prägnanten Augenblick zu beachten.


So weit war ich gekommen, als Herr Canzler mir von einer neulich unternommenen Reise meldet. Möge das schöne Wetter, das wir haben, auch Sie begleiten. Das Heft Kunst und Alterthum geht an Ihren Herrn Sohn und möge bey der Rückkehr freundlich angeblickt werden. Der liebenswürdigen Reisegefährtschaft bitte mich bestens zu empfehlen. Gar schön wär es, wenn ich, wie von einem frühern Ausflug, auch einige Nachricht späterhin erhalten könnte.

treu angehörig

Weimar den 20. September 1826.

Goethe.


41/136.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

[Concept.]

Sehr angenehm traf es zusammen, daß ich den schönen Aufsatz, übersandt den 5. October 1825,[160] die regelmäßige Verstäubung todter Fliegen behandelnd, unter meinen Papieren fand und beherzigte, zugleich aber in einem Glase Brunnenwasser, das nicht lange gestanden hatte, eine todte Fliege sah, wo jene so genau beschriebene Verstäubung sich fadenartig um den untern Theil des Körpers und zwar gleichfalls ganz regelmäßig gebildet hatte. Ich setze sie sogleich in Branntwein und überschicke sie mit der Fahrenden, denn ich darf gegenwärtig meine Gedanken in dieses Feld nicht wenden.

Möge Ihnen alles zur Freude gereichen und ein wohlangelegtes Fest künftig nicht wieder verkümmert werden. Ich darf darüber nicht weiter sprechen, denn was wäre zu sagen, was Sie nicht schon gedacht haben.

Ein beygelegtes Festgedicht erwecke Ihre Theilnahme.

Weimar den 21. September 1826.


41/137.


An Friedrich Theodor von Müller

Da man, meiner Meynung nach, mit dem verrückten Wiener sich nicht weiter einlassen sollte, weil dabey nichts Vernünftiges heraus kommen kann, so wünsche Ew. Hochwohlgeboren mündlich darüber zu sprechen.

Weimar den 21. September 1826.

G.[161]


41/138.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Sollte Herr Hofrath Döbereiner des künstlichen starken Magneten nicht bedürfen, so wünsche solchen auf eine Zeitlang, um nur einige physikalische Vermuthungen daran prüfen zu können. In dem Falle der Übersendung dient Gegenwärtiges als Empfangschein.

Hochachtungsvoll das Beste wünschend.

Weimar den 22. September 1826.

Goethe.


41/139.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey den Abdruck des wichtigen Publicandums zurück. Es wäre gut sich noch einmal darüber zu besprechen.


Schillers

Gedächtniß-Feyer

scheint mir sehr angemessen. Auf der dritten Seite bemerkte ich, daß, da der junge Schiller toto titulo eingeführt ist, meinem Sohn auch wohl die gleiche Ehre gebühre. Das Rähmchen würde freylich anders wünschen; es sieht gar zu neckisch aus für so einen ernsten Gegenstand; ich würde die einfachste Verzierung vorziehen.

gehorsamst

Weimar den 22. September 1826.

Goethe.[162]


41/140.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke zuerst auf das verbindlichste für Sendung und Förderniß. Was die Schriftproben betrifft, so wünschte eine Cursiv-Schrift zu sehen, welche wenn man mit den Lettern des Ariosts Prosa drucken wollte, sich dazu schickte und gut ausnähme.

Das Weitere nächstens, mich eilig und treulich empfehlend.

Weimar den 23. September 1826.


41/141.


An Ulrike von Pogwisch

Da Gegenwärtiges, meine gute Ulrike, dich schon in der Annäherung trifft, so begrüße ich [dich] schönstens, mit dem Wunsche, daß du bey deiner Rückkehr recht wohl und gesprächig seyn mögest, und ich so von Schifffahrt wie von Theatern könne bestens und umständlichst benachrichtigt werden.

Grüße alle Berliner Freunde zum allerschönsten und bringe mir besonders schöne Stickmuster zu Kopf- und Sophakissen mit, auf daß mein buntreiches Wollenmagazin aufgebraucht werde, ehe es die Motten verzehren.

[163] Hier hat es nicht an Fremden gefehlt, die uns ohne weitere Reisebemühung und Abenteuer sehr bequem zu freundlicher Unterhaltung gediehen.

Nicht allein von den westlichen, sondern auch von den nördlichen Inselgruppen fanden sich angenehme und unterrichtete Personen; Ottiliens Bücherschrank ward auf's neue bevölkert, wogegen ich viele poetisch-moralische Wechselbriefe eigenhändig auszustellen hatte.

Auf unserm Theater schlagen sie Kaiser, Könige und gute Stücke todt, indessen Staberles Wirkung auch nach und nach abnimmt, weil er sich durch das Spiel in vernünftigern Stücken gar sehr verschlimmert hat.

Von Heirathen und übrigen frauenzimmerlichen Angelegenheiten werden Schwestern und Freundinnen das Nähere vermeldet haben und vermelden. Da wir aus Festen und Gedichten gar nicht herauskommen, sende das Allerneuste.

Auf Wiedersehen also!

treulichst

W. d. 25. Sept. 1826.

J. W. v. Goethe.


41/142.


An Kaspar von Sternberg

[26. September 1826.]

Daß ich meinen gnädigsten Herrn in Gedanken nach Prag begleitet und weimarische Freunde in Carlsbad besucht habe, beides mit dem Wunsche, den[164] unterhaltenden und belehrenden Umgang des verehrten Freundes zu genießen, darf ich nicht aussprechen noch versichern. Möge gegenwärtiges, sehr tumultuarisch zusammengebrachte Paquet geneigt aufgenommen werden; ich sende es ab unter dem Vorbehalt von mancherlei andern Mittheilungen, welche beweisen sollen, daß ich nicht müßig noch meiner Freunde uneingedenk geblieben bin. Dagegen ich mir denn auch Nachricht und Kenntniß erbitte, wie der verehrte Freund seine Zeit benutzt, was er von seiner Reise weiter aufzeichnen möge, was ihn zunächst umgibt und interessirt.

Bey mir drängt sich so vieles zusammen, wovon erst in einiger Zeit genießbare Resultate, wie ich hoffe, sich ergeben werden; die Aussicht aber auf ein persönliches Erscheinen im künftigen Frühjahre, die man mir eröffnete, bleibt mir das Allerwünschenswertheste.

Tausend Lebewohl! und Verzeihung dieses höchst tumultuarisch zusammengebrachten, aber nicht weiter zu verspätenden Paquets.

treu anhänglich

Weimar den 21. September 1826.

Goethe.


Gegenwärtige Sendung enthält:

1) Kunst und Alterthum V, 3, dem geneigten Empfänger gewidmet.

2) Ein Exemplar, mit Bitte, solches an Professor Zauper zu befördern.

[165] 3) Einiges auf Herzog Bernhards Reise nach den Vereinigten Staaten Bezügliches.

4) Anfrage wegen einer merkwürdigen Versteinerung.

5) Einige botanische Notizen.

6) Ein Gedicht zum 28. August.

7) Einige Exemplare Anzeigen von Goethe's Werken.

8) Herrn Professor Pohls Ultimatum über die Eschwegische Raiz preta.


Auch mit diesem Hefte, verehrter Freund, muß ich wiederholen, daß ich mich bey'm Verfassen und Redigiren desselben im voraus gefreut habe, meinen theuren Abwesenden, denen ich so lange geschwiegen und von denen ich wenig vernommen, werde dadurch einiges Angenehme zubereitet. Hier ist es, wie es gelingen wollen und möge nun erfreuen, aufregen und Gedanken veranlassen die es nicht bringt.

Ich habe diese schönen Sommerwochen her ein körperlich-zufälliges Übel geduldet, ohne eigentlich zu leiden. Billigen Forderungen an meine Geisteskräfte konnte ich genugthun. Ich habe einiges hervorgebracht, das sich ausweisen läßt, manches Andere in's Ganze gearbeitet, in der Absicht, daß die ersten Sendungen meiner Werke immer bedeutender werden möchten, sodann um den übrigen auch manchen Vortheil zu[166] verleihen. Wie denn hiebey einige Exemplare der Anzeige zu gefälligem Gebrauch erfolgen.

Sollte das französische Journal Le Globe bis zu Ihnen gelangt seyn oder dort Eingang finden können, so darf nicht erst bitten, solches zu beachten. Personen höhern Standes und Einsicht dürfen es nicht ungelesen lassen. Die erste Nummer des 4. Bandes ist den 15. August ausgegeben worden. Diese Blätter geben uns dreymal die Woche viel zu denken. Ich sehe recht gut, daß ihre Zwecke weiter liegen, als mir in meinem Alter und nach meinen Gesinnungen auszublicken erlaubt ist; aber ihre Betrachtungen rückwärts und vorwärts sind höchst belehrend. Die Verfasser zeigen sich streng und kühn, gründlich und mitunter rhadamantisch; sie sprechen absichtlich, deshalb man sich ihnen nicht hingeben darf, mit großem Verstand und Umsicht, die man bewundert, wenn auch nicht beystimmt. Der Zeitgeist läßt sich hier klar, mächtig und furchtbar erblicken.

So eben vernehme, daß die drey ersten Theile des Globe wieder abgedruckt werden sollen und Subscription darauf angenommen wird. Sollte das alles schon bekannt seyn, so möge das Gegenwärtige als Zeugniß meines Antheils gelten. Jeder Staats- und es Weltmann sollte sich wöchentlich solche Betrachtungen verschaffen, wenn er sie auch vor der Menge secretirt, die ohnehin nur zufällig gebraucht oder mißbraucht, was ihr der Art geboten wird.

[167] Freundliche Mittheilungen aus Frankreich, besonders von Herrn Cuvier, haben mich wieder in die Naturbetrachtung gezogen. Die Elogen von Beauvais, Banks, Hauy, Berthollet, Richard, Thouin, deren verschiedene ich schon einzeln gekannt, nunmehr in Einem Bande zu sehen, hinter einander wegzulesen, ist von großer Bedeutung.

»Solche Mühe hat Gott den Menschen gegeben.« Im Arbeiten belohnen wir uns selbst, und die Resultate sind denn doch auch erfreulich. Herrn Cuviers beide Vorträge über die Veränderungen der neusten Chemie und die praktischen Vortheile derselben, so wie der Vortrag über den Zustand der Naturgeschichte und ihren Zuwachs seit dem Frieden geben die schönsten Übersichten. Am reichsten aber und vollkommen zusammenhängend ist der Discours sur les révolutions de la surface du globe 1826, die dritte Ausgabe, wo der Verfasser alles benutzt hat, was seit der ersten ist bemerkt worden. Es zeigt dieses Werk den gegenwärtigen Zustand der Geologie auf das klarste, und ich erkenne es mit höchstem Dank. Doch fällt mir bey meiner Art, die natürlichen Dinge zu betrachten, jenes geistreiche Wort dabey ein: »Der Franzose liebt das Positive und wenn er's nicht findet, so macht er es.« Dieses ist zwar aller Menschen angeborne Natur und Weise, die ich, wenn nicht zur Erbsünde doch wenigstens zur Erbeigenheit rechnen möchte und mich deshalb möglichst davor zu hüten oder vielmehr sie auszubilden suche.

[168] Der Mensch gesteht überall Probleme zu und kann doch keines ruhen und liegen lassen; und dieß ist auch ganz recht, denn sonst würde die Forschung aufhören; aber mit dem Positiven muß man es nicht so ernsthaft nehmen, sondern sich durch Ironie darüber erheben und ihm dadurch die Eigenschaft des Problems erhalten; denn sonst wird man bey jedem geschichtlichen Rückblick confus und ärgerlich über sich selbst. Jahrzehnte haben wir uns mit Berthollet in den Wahlverwandtschaften abgemüdet, die man jetzt so wenig als meinen Roman will gelten lassen.

Wenn Herr Cuvier mit seinem obgenannten Discours mich zu den animalischen Resten der spätesten Epochen geführt hat, so nahm ich, weiter in der Weltbildung zurückschreitend, die sehr schöne Vorlesung: Regensburg den 20. September 1824 wieder zur Hand, um mich erfreulich zu belehren.

Die Terrämotisten bringen mich dagegen nicht aus der Fassung; von Zeit zu Zeit findet man doch noch hie und da ein vernünftiges Wort.

»Wenn die Herren fortfahren die Erde von Grund aus zu erschüttern, so muß die Wissenschaft davon einen harten Stoß erleiden.«

Russell

Weimar den 19. September 1826.

G.


Beykommendes Gedicht begrüßte unsern Herzog Bernhard zu seiner glücklichen Rückkehr aus Amerika;[169] das ununterbrochene Tagebuch seiner fast zweyjährigen Wanderungen durch die Vereinigten Staaten ist höchst erfreulich. Die neusten Reisen haben immer das Reizende der Zeitung; wenn diese die letzten Weltereignisse überbringen, so stellen jene die neusten Zustände dar, und da sie das Vergangene mitnehmen müssen, so sieht man auf einmal das Beharren, Vorschritt und Rückschritt. Nächstens mehr über die vorzüglichen Eigenschaften und Eigenheiten dieser weitläufigen Hefte; indessen nur einige Stellen wie ich sie heute las.

(Da aber noch Platz übrig ist, setze hier her, wie ich mich vor einiger Zeit darüber ausdruckte.)

»Was ich vorzüglich bewunderte, war die Strategie, womit der Zug unternommen und ausgeführt wurde; es geschieht kein zufälliger Schritt und also auch kein unnützer. Der Reisende erscheint durchaus im Gleichgewicht; alle seine Eigenschaften begleiten sich geschwisterlich, und wer ihn nicht kennte, müßte gar eigen herumrathen. Man sieht einen überall willkommenen Welt- und Lebemann einen wohlunterrichteten geprüften Militär, einen Theilnehmenden an Staats- und bürgerlichen Einrichtungen, bey Gastmahlen und Tänzen an seinem Platz, gegen Frauen-Anmuth nicht unempfindlich. Ferner sehen wir ihn bey öffentlichen Gelegenheiten beredt aus dem Stegreife, in der Conversation unterhaltend, mit Anstand frey gesinnt, seiner Würde sich bewußt und die Vortheile seines[170] hohen Standes zu einem leichtern und raschern Leben benutzend.

Dabey entzieht er sich keiner Unbequemlichkeit. er weiß vielmehr, besonders auf der Reise, die geselligen oft beschwerlichen Fahrten zu Leben und Unterricht zu benutzen. In Philadelphia verließ ich ihn an dem wichtigen Jahrstage von Penns Ankunft an jenem waldigen Ufer, wo nun zwischen zwey Gewässern eine merkwürdige reiche Stadt bewohnbar ist.«


Fossile Muschel.

Vom Berg Salève bey Genf, entdeckt vom Herrn de Luc und von ihm Bivalve Pennigène genannt. Zu lesen ist die nähere Beschreibung Voyage de Saussure dans les Alpes, Tom. I § 244, und die Abbildung Tab. II fig. 5 und 6 zu sehen.


Ich erhielt aber eine solche von Ihro Durchlaucht dem Fürsten

von Thurn und Taxis,

sie findet sich auf seiner Herrschaft in Böhmen, von welcher den Namen vergessen habe und leider unter meinen Papieren nicht finden kann; daher wünsch ich denselben zu erfahren.


Im Namen meines Sohnes, der sich ehrerbietig empfiehlt, um einige Exemplare Trilobiten ersuchend.

23. S. 26.

G.[171]


Vorstehendes wäre als der Abschluß einer weitläufigen Correspondenz zu betrachten, welche, auf Veranlassung des Langsdorffischen Trompetenstoßes, zwischen Herrn Nees v. Esenbeck, Martius, mir und andern, mit Theilnahme unsres gnädigsten Herrn und einiger hiesigen Ärzte geführt ward. Hieraus erhellet, daß die Irrung hauptsächlich durch eine falsche Abbildung verursacht war, an der nun wohl weiter nichts aufzuklären seyn dürfte.

G.


Ein von dem Ausfluß der Elbe herkommender Freund gibt folgende Nachricht: das mit vielen erdigen Theilen geschwängerte Wasser dieses großen Flusses jetzt, von der Fluth zurückgehalten, auf jedem angeschwemmten Kies die fruchtbaren Theile nieder. Da erscheint denn im ersten Jahre

Salicornia herbacea,

welche tiefe Wurzeln schlägt und das Land befestigt.

Dann kommt

Salsola Kali.

Zuletzt, bey völlig gebildetem Boden, kommt

Triglochin maritimum.

Man glaubt hier ein Analogon urzeitlicher Pflanzensteigerung zu erblicken.

Verzeihung, daß ich Eulen nach Athen trage![172]


41/143.


An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Ew. Hochwohlgeboren

haben von jeher auf das freundlichste meinen Eigenheiten nachgesehen und sind denselben mit besonderem Antheil jederzeit entgegenkommen. Sollten Sie auch gegenwärtig lächlen, daß ich dieser Sendung einige Wichtigkeit beylege, so wird Ihr schöner Aufsatz, den ich immer, wie unter meinen Papieren, so in Gedanken verwahre, mich genugsam rechtfertigen. Es mußte mir des Nachdenkens werth scheinen, daß, wenn dort der aufgelöste Organismus sich als Verstäubung manifestirt und schon mitunter als zellige Faser erscheint, derselbe hier um den entseelten Körper einen zusammenhängenden Nimbus bildet und alle Verstäubung sich zu einem Continuum ordnet, und zwar in derselben Maaße, wie sie vorher elastisch abstoßend in einem leichtern Element wirkte, hier in einem dichtern vollkommen zusammenhängend erscheint.

Man mag so gern das Leben aus dem Tode betrachten und zwar nicht von der Nachtseite, sondern von der ewigen Tagseite her, wo der Tod immer vom Leben verschlungen wird.

Sollte dieß einfache Präparat auch nicht so glücklich zu Ihnen kommen, um zu fortgesetzten mikroskopischen Untersuchungen dienen zu können, so findet sich vielleicht die gleiche Erscheinung noch in diesem[173] Spätjahr; denn es war zu Anfang Septembers, daß ich sie gewahr geworden. Auf alle Fälle wünschte ich, daß Sie diesem gesteigerten Phänomen dieselbe Aufmerksamkeit wie jenem erstern freundlich gönnen möchten. Leider darf ich nur mit flüchtigen Blicken in die lebendige Natur, wo ich so gern sonst meinen Aufenthalt nahm, mich hinauswenden und mich an dem, was Freunde leisten, erquicken und aufrichten.

Hiebey die Abschrift von Doctor Pohls Aufklärung über die Raiz preta; wahrscheinlich fehlte sie dem letzten Briefe, da ich nicht immer für die Accuratesse meiner Hauscanzley stehen kann.

Fernere Nachsicht und freundliche Theilnahme mir erbittend.

unwandelbar

Weimar den 27. September 1826.

J. W. v. Goethe.


41/144.


An das Mineralien-Comptoir in Heidelberg

[Concept.]

[27. September 1826.]

Ew. Wohlgeboren

werden die von mir unter dem 10. d. M. mit dem Postwagen abgesendete Kiste mit böhmischen Mineralien nun wohl erhalten haben. Aus einem später eingegangenen Schreiben des Herrn Rath Grüner in Eger ersehe jedoch, daß in derselben auch einige für mich bestimmte Exemplare befindlich gewesen. Da sie[174] sich auf irgend eine Weise, besonders aber da sie in dem an das Comptoir gerichteten Verzeichniß nicht enthalten sind, auszeichnen werden, so ersuche Sie mir dieselben in einem Kästchen wohl verpackt durch die fahrende Post zu übersenden.

Der ich mit den besten Wünschen mich zu unterzeichnen die Ehre habe.


41/145.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hiebey, mein Theuerster, das Verzeichniß der ausgestellten Bilder mit dem Ersuchen, hiernach die Versetzung der Schüler und die allenfallsigen Prämien zu überdenken und mir, besonders über letzteres, nähere Auskunft zu geben. Ich wäre nicht abgeneigt, zu bestimmen und zu widmen:


1 Serenissimi Jubelmedaille

1 Serenissimae desgl. in Silber

1 Loosische

Ferner in Bronze soviel nöthig wären. Haben Sie die Güte das Vorliegende zu überdenken, dann mir das Weitere zu vermelden und so auch diese Angelegenheit abzuschließen.

treulichst

W. d. 27. Sept. 1826.

G.[175]


41/146.


An Johann Heinrich Meyer

Unter dankbarstem Anerkennen des höchsten Vertrauens gebe Folgendes zu bedenken:

Was der Maler Sebbers vermag, haben Sie, theuerster Freund, selbst beurtheilt; er hat es an meinem Bilde auf jener Tasse lobenswerth geleistet; aber ich darf nicht verschweigen, daß ich ihm wohl zwanzigmal, zu Stunden und halben Stunden gesessen, sowohl zu der ersten Anlage, welche schon fertig genug erschien, als nach zweymaligem Brennen zum Retouchiren. Er hat sich aber hiebey keinen Strich, keinen Punct aus dem Gedächtniß, willkürlich oder zufällig erlaubt; daher denn freylich ein sehr ähnliches und lobenswürdiges Bild entstanden ist.

Ob er unter weniger günstigen Bedingungen bey jungfräulichen jugendlichen Bildnissen eben so glücklich seyn werde, ist nicht vorauszusehen; wie denn jedes Porträtiren immer als ein Wagestück zu betrachten ist. Vielleicht wartete man ab, wie das Bildniß des Herrn Erbgroßherzogs und seines durchlauchtigen Herrn Bruders gelänge; Capellmeister Hummel hat er gleichfalls gezeichnet. Doch möchte aus diesem allen kaum ein Schluß zu ziehen seyn; denn das zarte Jugendliche ist nicht so leicht als das markirte Alter zu fassen und nachzubilden. Mehreres mündlich nächstens.

treulichst

Weimar den 27. September 1826.

Goethe.[176]


41/147.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königl. Hoheit

geruhen aus beykommendem Acten Fascikel gnädigst zu entnehmen wie das mit Höchstjhrer vorgängiger Anordnung und Billigung unternommene Geschäft, die Schillerischen Reliquien betreffend, nunmehr zu stande gekommen und abgeschlossen worden. Durch öffentliche Feyer suchte man dieser bedenklichen Angelegenheit die schicklichste Würde zu geben, und so wird man denn mit Beruhigung das Weitere abwarten können.

Da nun aber alles dieses nur in Gefolg höchster Gewährung geschehen konnte, wovon mich beyliegendes Blat des Canzlers v. Müller benachrichtigte, so wollte nunmehr, um das Nächste zu beendigen, hiedurch geziemend gebeten haben: es möge gefällig seyn die verwilligten Einhundert Ducaten an Rath Kuhn, als den Geschäftsträger der Schillerischen Erben gnädigst auszahlen zu lassen, wie denn von Seiten Großh. Oberaufsichts Cassa das Gleiche ungesäumt zu leisten wäre.

Dem bisher Verhandelten gnädigsten Beyfall; mir aber Fortdauer eines beglückenden Wohlwollens angelegentlichst erbittend

Ew. Königl. H.

Weimar d. 27. Sept. 1826.[177]


41/148.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ein freundliches Lebenszeichen, welches vor kurzem erhielt und mir den Beweis gab, daß der verehrte Freund sich, auch in gegenwärtiger Abgeschiedenheit, immer thätig verhalte und sich für würdige Gegenstände fortwährend interessire war mir höchst erfreulich. Also zu schneller Erwiderung! Was die antike Rustica betrifft, darf ich ein altes, von mir für römisch durchaus geachtetes Monument, den viereckten Thurm auf der Festung zu Eger, anführen. Hier ist nun diese Art, vier Seiten des Steins zu behauen, recht am Platze, da nämlich, wo sie unmittelbar an einander stoßen, die fünfte äußere nur so viel, als zur richtigen Fügung nöthig ist, zu bearbeiten, die innere sechste ganz roh zu lassen. Bey einem äußerst festen Gestein, einem lavaähnlichen Basalt, gab sich die Sache ganz natürlich und macht, wie alles Gute und Nützliche, wohl auch durch den mannichfaltigen Anblick eine treffliche Wirkung. Ich lege ein Stück von dem Gestein bey, woraus das Zweckmäßige gedachter Mauerart hervorgeht.

Das neue Heft von Kunst und Alterthum empfehle ich zu herkömmlich freundlicher Aufnahme. Die Herausgabe meiner sämmtlichen Werke, wovon einige Anzeigen beyliegen, hielt mich ab, früher damit hervorzutreten, indessen hoffe, daß ich meine Zeit auch[178] zur Freude meiner werthen Abwesenden verwendet habe, wie ich denn besonders die ersten fünf Bände vorzüglich auszustatten glücklich genug bin.

In die Natur konnt ich nur Seitenblicke werfen, aber auch so schon haben sich meine früheren Ansichten bestätigt und erweitert. An Mitarbeiter ist in dieser wunderlichen Zeit nicht zu denken; jeder will sich den Weg durch den Wald selbst durchhauen und denkt nicht, daß er sich und anderen größeren Vortheil brächte, wenn er den einmal eingeleiteten recht gut chaussirte und fahrbar machte. Ist mir ein längeres Leben gegönnt, so hoff ich noch manches so zu stellen, daß es den Nachkommen zu Gute gereiche, d. h. daß die wahre Ansicht sich nur durch den practischen Nutzen bewähre.

Baldige Erwiderung hoffend, das Weitere nächstens zusagend.

treulich

Weimar den 28. September 1826.

Goethe.


41/149.


An Friedrich Theodor von Müller

Nachdem die heiligen Reste, über unser Hoffen und Erwarten, nahezu vollständig zusammengebracht und beygelegt worden; so bitte die beyden Männer billig honoriren zu lassen; ich werde wenn dieses geschehen, von meiner Seit noch ein Gratial hinzufügen. Mich des glücklichen Erfolgs freuend.

W. d. 28. S. 1826.

Goethe.[179]


41/150.


An Sulpiz Boisserée

Tausend Dank, mein Allerbester, für fortgesetzte Theilnahme; Herr v. Cotta wird das an ihn gerichtete Schreiben communiciren, deshalb nur weniges. Ich setze voraus, daß aus der durch mancherlei zu entschuldigende Umstände verspäteten Anzeige mir kein Schaden erwachse, sondern die mir zu Gunsten laufende Subscription bis Michaelis 1827 bestimmt werde.

2) Dagegen ich das Ökonomisch-Mercantilische in vollem Vertrauen: Herr v. Cotta werde nach seiner gründlichen Einsicht alles zu gemeinsamem Besten leiten, demselben überlasse.

3) Manches andere daselbst ausführlicher. Auch wird die Frage aufgeworfen: ob die erste Sendung zu Ostern erscheinen könne?

4) Über andere Puncte, welche Zeit haben, erwarte nähere Aufklärung.


Vorzüglich aber wiederhole den Wunsch: daß die zunächst in's Publicum zu erlassende Anzeige mit Ihnen, mein Theuerster, besprochen und mir sodann mitgetheilt werde.

Zugegeben, daß jene anonyme Bemerkung aus einem Gemisch von gutem und bösem Willen entsprungen so geht dagegen aus einer Bemerkung des[180] Herrn Hahns hervor, daß die vornehmste Buchhandlung in Hannover keinen deutlichen Begriff von den Fortschritten der deutschen Literatur gewonnen habe; denn eben daß die Schillerischen Werke so häufig angeschafft wurden, dieß hat meinen Arbeiten den Weg durch alle Classen des Publicums gebahnt, wie sich bald zeigen wird; alles geht jetzt mit der Schnellpost, so auch die Verbreitung des Fortbildens in's Allgemeine. Nicht weniger muß die Herausgabe unserer Correspondenz, die auf 1000 Nummern von Briefen und Billetten hinansteigt, erst recht unser gemeinsames und unzertrennliches Wirken anschaulich und allgemein begreiflich machen, daß einer ohne den andern nicht zu verstehen ist.

In Hoffnung baldigen Erwiederns,

treulich

W. d. 29. S. 1826.

Goethe.


Nachschriftlich.

So eben meldet mir ein Reisender, er habe in Wien einen auffallend großen Anschlagzettel gesehen, worin ein Buchhändler (dessen Namen ich leider vergessen) sich bey der neuen Ausgabe meiner Werke als in Gesellschaft mit der Cottaschen Buchhandlung ausgesprochen und angemeldet habe.

Obgleich dieses nicht wahrscheinlich, so ist doch die Verwegenheit, so wie die schwer zu entwicklenden Schleifwege solcher Menschen immer apprehensiv. Ich[181] bitte daher um nähere Aufklärung, Nachricht und Beruhigung.


Wieder ein leidig Zwischenspiel! Lassen Sie nicht ab, treulich zu wircken. Ich bin ganz Ohr und guter Wille.

G.


41/151.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren.

1) Das verlangte erste Vierteljahr der Iris von 1826.

2) Die Schillerischen Reliquien, gefundene und nicht vorhandene paralellisirt.

3) Die beiden Aufsätze, wobey zu bemerken ist, daß Bedenken Bedenklichkeit erregt; mündlich noch einiges.

4) Das Lied ist bey'm Abschreiber.

5) Nach Berlin ist kein weiteres Festgedicht gegangen, kleinere Scherze waren an Zelter beygelegt.

6) Darf ich hoffen, Sie heute Abend zu sehen; Fräulein v. Jakob und Papa werden mich besuchen.

Sie ist aus dem Serbenlande gar anmuthig zurückgekehrt.

Weimar den 29. September 1826.

G.[182]


41/152.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey, mein Bester, die Tabelle, von der die Frage zu seyn scheint; Hoffmann wird sie leicht verschaffen. Wenn es verlangt wird, bestell ich sie, indem ich eine für's Museum, die andere für unsere Anstalten wünschte, und so ließ' ich noch zwey für Ihro Hoheit mitkommen. Die Tabelle, die in meinem blauen Zimmer gegenwärtig hängt, ist die Ihrige zur ältern Kunstgeschichte.

Wohlbefinden und Heiterkeit!

Weimar den 29. September 1826.

G.


41/153.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

danke verbindlichst für die ausführliche Darlegung des gegenwärtigen Zustandes unseres wichtigen Geschäfts und erwidere Folgendes:

Die Ursachen der verspäteten Anzeigen ergeben sich zu deutlich, als daß darüber etwas weiter zu sagen wäre; nun aber ist die Hauptsache daß mir dieses unvorgesehene Ereigniß nicht zum Schaden gereiche, vielmehr die Anzeige als erst Michael in's Publicum tretend angesehen werde, und also die mir contractmäßig auf ein Jahr zu Gunsten lautende Subscription[183] bis Michael 1827 offen bleibe. Dieses vorausgesetzt will ich alles Übrige, was sich auf's Mercantilische bezieht, Ew. Hochwohlgeboren Einsicht völlig überlassen.

1) Findet man gerathener den Subscrptionstermin zuerst bis Ostern festzusetzen, so habe nichts dagegen, wenn derselbe alsdann bis Michael verlängert wird.

2) Was die Erhöhung des Preises nach abgelaufenem Subscriptionstermin betrifft, sey gleichfalls Herrn v. Cotta anheimgegeben, ob er sie wolle eintreten lassen oder nicht.

3) Den erhöhten Rabatt, welchen man den Buchhändlern zugestehen will, billige gleichfalls und werde mit vollem Vertrauen wie gesagt erwarten, was zu beiderseitigem Vortheil veranstaltet wird. Jedoch bemerke:

a) Daß in einer zur eintretenden Michaelis-Messe zu erlassenden Erklärung gedacht werde, daß alles mit meiner Einwilligung geschehe, auch bemerkt werde, daß nach Verhältniß der Subscription das Honorar sich steigere. Über die Art, wie beides auszusprechen, bitte mit Herrn Boisserée zu berathen, auch die sodann in's Publicum zu erlassende Erklärung mir gefällig mitzutheilen.

b) Entsteht sodann die Frage, ob durch die Verspätung der Anzeige auch der Druck verspätet sey? ober ob versprochenermaßen die erste Lieferung Ostern 1827 herausgegeben werden könne?

[184] c) Von lateinischen Lettern kann in der Taschenausgabe die Rede nicht seyn, welche genau in Druck und Papier wie die Anzeige zu halten ist. Man hat dieß als eine Übereinkunft mit dem Publicum anzusehen. Inwiefern lateinische Lettern bey der Octavausgabe anzuwenden? setzt eine weitere Berathung voraus.

d) So wie der Punct, ob man Supplementbände um die erste Ausgabe zu ergänzen bewilligen wolle? welches, wie die Sache liegt, Schwierigkeiten haben wird; wobey auch die Frage entsteht, wie das Interesse des Autors dabey allenfalls zu wahren sey?

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar d. 30. Sept. 1826.

J. W. v. Goethe.


Nachschriftlich.

So eben meldet mir ein Reisender, er habe in Wien einen auffallend großen Anschlagezettel gesehen, worin ein Buchhändler (dessen Namen ich leider vergessen) sich bey der neuen Ausgabe meiner Werke als in Gesellschaft mit der Cottaschen Buchhandlung ausgesprochen und angemeldet habe.

Obgleich dieses nicht wahrscheinlich, so ist doch die Verwegenheit, so wie die schwer zu entwickelnden Schleifwege solcher Menschen immer apprehensiv. Ich bitte daher um nähere Aufklärung, Nachricht und Beruhigung.[185]


41/154.


An Heinrich Ludwig Friedrich Schrön

Da mich die Edinburger Aufgabe gleichfalls interessirt, so sende beykommende Mappe leer zurück, mit dem Wunsche,

1) die graphische Darstellung vom Monat Juli nochmals einzusehen;

2) auf einem Riemen die Barometerstände vom 17. Juli unsrer Beobachtungsorte gezeichnet zu erhalten. NB. Frankenheim an seinem eignen Platze.

3) Ferner wünsche die Beantwortung der Frage: Was kann die Herren Edinburger bewogen haben, den 17. Juli und 15. Januar als Beobachtungstage anzuberaumen.

Weimar den 30. September 1826.

J. W. v. Goethe.


41/155.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

nehme mir die Freyheit eine schöne Dame zuzuführen, die sich denn selbst einleiten und einschmeicheln möge.

Eigentlich aber zu reden wünsche diesem sonderbaren Werke eine freundliche Aufnahme; so problematisch es auch scheinen mag, wird es der Wissende sich leicht erklären. Eines möchte ich bevorworten: Wenn das eigentlich Fehlerhafte der reimlos rhythmischen[186] Stellen allerdings zu tilgen seyn möchte, so würde man dabey doch nicht allzu genau verfahren; bisher habe ich es mit Professor Riemer durchgegangen, bis wir müde wurden. Möchten Ew. Wohlgeboren es Ihrer gewohnten Aufmerksamkeit werth achten.

ergebenst

Weimar den 30. September 1826.

J. W. v. Goethe.


41/156.


An Friedrich Theodor von Müller

Haben Ew. Hochwohlgeb. die Güte eiligst vorzubeugen daß über H. B. Reise Journal nicht disponirt werde. Die Sache ist von der größten Wichtigkeit.

W. 31. S. 26.

G.


41/157.


An Friedrich Theodor von Müller

Käme Hr. Grillparzer heute früh um eilf Uhr zu mir, so würde er Schmellern finden, bereit uns sein Bildniß zu erhalten.

Das Übrige im Laufe des Tags.

W. d. 2. Octbr. 1826.

Goethe.


41/158.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Mein Sohn hatte sich bey Ihnen, werthester Herr Doctor, auf heute angemeldet, allein er ist[187] diese Nacht von einem schon mehrmals eingetretenen Übel befallen worden. Ich melde dieß, damit Sie den Herrn Prorector und Curator davon benachrichtigen, auch Färbern solches wissen lassen. Er hofft, da diese Anfälle nur vorübergehend sind, bald hinüber zu kommen und das Geschäft abzuthun.

Bey dieser Gelegenheit spreche ich den Wunsch aus, daß die Tagebücher, bis zur Versiegelung fortgeführt, mir baldmöglichst eingesendet werden.

Das Beste treulich wünschend

Weimar den 5. October 1826.

J. W. v. Goethe.


41/159.


An Johann Heinrich Friedrich Schütz

[Concept.]

Ich freute mich, mit meiner Schwiegertochter und Fräulein v. Pogwisch morgen bey Ihnen einzutreffen und nach alter Weise einen guten Tag zusammen zuzubringen. Eingetretene Hindernisse halten uns ab; wir bedauern es herzlich und wünschen, daß ein freundlicher Tag uns bald entschädigen möge.

Weimar den 5. October 1826.


41/160.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey etwas Manuscript mit dem höflichsten Ersuchen, eine Seite mit der größeren Schrift, wovon[188] die Probe neulich erhalten, setzen und abdrucken zu lassen. Ich lege das schon vorgewiesene Buch bey, mit welchem wir, wenn die Sache zu Stande käme, zu rivalisiren hätten. Mehr sage für heute nicht, als daß ich mich schönstens und bestens empfehle.

Weimar den 7. October 1826.


41/161.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey Lied und Composition für des Herrn v. Gagern Excellenz, wo ich mich bestens zu empfehlen bitte. Das andere Lied durch Musik zu erhöhen und beleben habe den trefflichen Zelter in diesen Tagen gebeten. Von den Berliner Gedichten ist nur Ein Exemplar angelangt, welches nächstens mittheile, um so mehr als der wackere Zelter auf die Weimarischen Kunstfreunde compromittirt hat. Manches Andere zunächst.

gehorsamst

Weimar den 7. October 1826.

J. W. v. Goethe.


41/162.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Beygehend, mein Werthester, die Berliner Gedichte. Da der treffliche Zelter sein Urtheil, das zwischen Nr. 7 und 12 getheilt war, den Weimarischen Kunstfreunden[189] vorlegt, so werden Sie gefällig die Sammlung durchsehen. Mündlich das Weitere.

Beyliegende Anfrage bitte gelegentlich zu beachten. Hypsistarier ist eine Secte, der man sich anschließen möchte, wenn sie sich erklären, nur das Höchste schätzen zu wollen.

Weimar den 7. October 1826.

G.


41/163.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[10. October 1826.]

Ew. Königlichen Hoheit

1) lege einen gestern angekommenen Brief des Ober-Baudirector Coudray lieber alsobald vor, als daß ich ihn durch Abschreiben verzögerte. Es geht dem wackern Manne wie einem jeden, der eine solche Reise unternimmt, man freut sich auf's Ganze und erschrickt vor dem Einzelnen. Vielleicht gönnen Höchst Dieselben wenn es das Geschäft erlaubt, ihm noch einige Frist, die sowohl ihm als der Sache gewiß zu Gute käme.

2) Gestern hat mich ein mir zugewiesener Anblick zugleich erfreut und betrübt: die Geschicklichkeit und Thätigkeit des jungen Künstlers war musterhaft; sein früher Tod ist höchlich zu bedauern, man dürfte ihn einen gebornen Maler nennen; alles was er hinterläßt beweist, wie glücklich er auffaßte, wie sorgfältig[190] er zeichnete und wie zierlich befriedigend er ausführte. Sowohl was er nach der Natur als nach andern gearbeitet, beweist seine gute Anlage und das Bestreben zu vollenden. Leider, daß eine solche Würdigung zur Leichenrede wird.

3) Die Einführung Göttlings ist geschehen, der schuldige Bericht deshalb erfolgt nächstens. Ich erkenne die Anstellung dieses vorzüglichen Mannes mit freudigem Dank; ich hoffe, er wird nun erst zeigen, was er vermag, da er Gelegenheit findet.

Vorbehältlich einiges Andern.


41/164.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

[Concept.]

[11. October 1826.]

Vorstehendes wird Ihnen gewiß als Erwiderung Ihres Briefs vom 1. October, den ich den 9. erhalte, lieb und werth seyn. Ich füge nichts hinzu, denn es beweist zugleich meinen Wunsch, daß der so lange ersehnte Pariser Aufenthalt Ihnen und uns erfreulich und vortheilhaft seyn möge. Ich befinde mich wohl mit den Meinigen; auch den Ihrigen geht es, wie ich höre, gut. Sagen Sie mir ein Wort, daß Sie Gegenwärtiges empfangen haben. Ein Duplicat sende sicherheitswegen an Herrn Baron v. Cuvier. Leben Sie wohl und genießen dieser wichtigen Tage froh und gesund.[191]


41/165.


An Carl Friedrich Zelter

Fräulein Ulrike ist glücklich zurückgekommen, hat gut gesehen und erzählt gar wacker. Dabey fällt mir aber auf, daß es eine sehr gewöhnliche prosaische Sache sey, in Berlin anzukommen, überall herumzugehen und manches Interessante zu besuchen; im Theater sich das Wunderlichste vorgaukeln zu lassen und in der Singakademie die höchste gründlichste Freude zu genießen. Indessen erscheint mir das alles als ein Mährchen. Erhalte mir durch Freundes Antheil das Gefühl vom Wahrsten.

Das Liederheftchen ist höchst merkwürdig und an deinem Urtheil wäre nicht zu mäkeln; ich finde es ganz gemäß, ich denke, die Freunde werden es auch so finden. Die Einleitung war mir lieb und werth, wer mag sich nicht gern in einem wohlwollenden Spiegel beschauen? Nenne mir den Verfasser und danke schönstens.

Was mein Verhältniß zum deutschen Theater betrifft wollt ich wohl zum nächsten Montag, vor oder nach dem 28., als Confession stiften, wenn jener Freund von seiner Seite die Forderungen, die man an mich hätte machen können, aufstellte, wir tauschten die Aufsätze alsdann aus und es würde hübsche Aufklärungen geben.

Grillparzer ist ein angenehmer wohlgefälliger[192] Mann; ein angebornes poetisches Talent darf man ihm wohl zuschreiben, wohin es langt und wie es ausreicht, will ich nicht sagen. Daß er in unserem freyen Leben etwas gedrückt erschien, ist natürlich.

Der Bezug von Madame Schröder zur Medea hat mir eingeleuchtet. Für den freundlichen Brief der Madame Milder danke zum schönsten. Wenn Herr Geheime Rath Beuth mir die gefällig zugesagten Basreliefe sendet, werd ich solche höchst dankbar annehmen. Um sichersten geschieht es durch den Fuhrmann, wohlgepackt, vielleicht auch durch die fahrende Post, auf jede Weise unfrankirt. Und also auch eine großväterliche Collegenschaft! welche zu Heil und Frommen gereichen möge!

Versäume ja nicht zu der übersendeten Tabelle schriftlich zu weissagen. Du siehst ihr den Ernst an, wie ich dieses ungeheure Reich wenigstens für die Kenntniß zu umgränzen gesucht habe. Jedes Capitel, jeder Paragraph deutet auf etwas Prägnantes; die Methode des Aufstellens kann man gelten lassen, sie war von mir gewählt, weil ich sie der Form nach meiner Farbenlehre anzuähnlichen gedachte. Noch manches Andere hatte ich vor, das aber bey dem velociferischen Leben seitwärts zurückblieb.

Man sollte sich bey Zeiten sagen, daß alles zu vermeiden räthlich ist, was man sich nicht im Genuß aneignen oder productiv, sich selbst und andern zur Freude, bethätigen kann.

[193] Nun aber geben mir solche im Vorbeyeilen flüchtig angelegte Versuche mehr als billig Mühe, jetzt da ich zu meiner neuen Ausgabe gern manche Einzelheiten und Entwürfe, die nicht unwerth sind, möchte zurecht stellen und einrücken; es ist schwer ein früher Gedachtes dem Ausdruck nach gelten zu lassen, man möcht es immer gleich umsprechen und umschreiben, das geht auch wieder nicht. Dir ist gewiß der Fall bey wiederaufgenommenen früheren Compositionen vorgekommen.

Nun aber will ich noch in Eile dich freundlich ersucht haben, dem trefflichen thätigen Felix schönstens zu danken für das herrliche Exemplar ernster ästhetischer Studien; seine Arbeit, so wie die seines Meisters, soll den Weimarischen Kunstfreunden in den nächst zu erwartenden langen Winterabenden eine belehrende Unterhaltung seyn.

Auch haben eben diese Freunde die Festlieder näher betrachtet, und da bleibt denn dein Ausspruch völlig unangefochten; auch wollen sie versuchen den übrigen Ungenannten etwas Charakter- und Verdienstgemäßes auszusprechen.

Und so den allerschönsten Dank für das durch Schiller gesendete Lied. Ich hoffe, daß nach und nach durch solche Beyhülfe meine Umgebung wieder tonselig werden wird.

Durch unsere Zurückkommenden hab ich von dir, deinem neuen Wohn- und Ganghause das Nähere[194] vernommen; ich wiederhole, daß mich Herr Geheime Rath Beuth durch einige Gypssendung sehr glücklich machen wird, und ich zehre gar lange an etwas der Art.

Von neuen Restaurations- und Wiederbelebungs-Versuchen in diesem Fache nächstens. So auch Euripidisches.

Gott erhalt uns im Alten und beym Alten!

Weimar den 11. October 1826.

G.


41/166.


An Johann Wolfgang Döbereiner

[11. October 1826.]

Ew. Wohlgeboren

sind aus Erfahrung selbst überzeugt, daß es eine höchst angenehme Empfindung sey, wenn wir eine bedeutende Entdeckung irgend einer Naturkraft technisch alsobald zu irgend einem nützlichen Gebrauch eingeleitet sehen; und so bin ich in dem Falle mich Ew. Wohlgeboren immer dankbar zu erinnern, da Ihr so glücklich erfundenes Feuerzeug mir täglich zur Hand steht und mir der entdeckte wichtige Versuch von so thatkräftiger Verbindung zweyer Elemente, des schwersten und des leichtesten, immerfort auf eine wundersame Weise nützlich wird.

Nehmen Sie daher auch für das übersendete Heft meinen verpflichtetsten Dank und bleiben überzeugt, daß die darin ausgesprochene rühmliche Anerkennung[195] eines vorzüglichen Mannes, der sich unwandelbar an die Geschäfte hält, denen auch ich seit vielen Jahren ergeben bin, mir nicht weniger theilnehmende Freude gewährt.

In vorzüglicher Hochachtung

ergebenst

Weimar den 7. October 1826.

J. W. v. Goethe.


41/167.


An Friedrich Wilhelm Ernst von Schiller

Ew. Hochwohlgeboren

sende in Gemäßheit gnädigster Resolution, welche beykommende Abschrift eines höchsten Handbillets ausweist, die an Ihren Herrn Vater gerichteten Briefe und Billets wieder zurück, von welchen das letzte an mich behalten, und ergreife die Gelegenheit Ihnen meinen Antheil an dem hiesigen Aufenthalte und den Wunsch ferneren Glücks und Gedeihens aufrichtig auszusprechen.

treulichst

Weimar den 12. October 1826.

J. W. v. Goethe.


41/168.


An Joseph Max

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

muß leider, indem ich für das Überschickte den besten Dank sage, bedauern, daß ich Ihren ferneren Wünschen[196] nicht entsprechen kann. Den Roman Don Alonzo nochmals durchzudenken würde mir gegenwärtig unmöglich fallen; lassen Sie also das Vorwort, wie Sie es mir gesendet, in die Welt gehen.

Was von einem höchst unterrichteten Manne über Pandurang Harri gesagt ist, wäre als Recension dankenswerth, obgleich nicht vollkommen gerecht zu nennen; eine empfehlende Einleitung hätte allerdings milder seyn sollen.

Was den Rabatt auf meine Werke betrifft, werden Sie nach neuerer Entschließung, wovon zunächst Runde eingehen wird, sowie Ihre sämmtlichen Herren Collegen gar wohl zufrieden seyn.

Der ich diese Angelegenheit bestens empfehle und, insofern es unter dem Drang der Umstände möglich ist, gern etwas Gefälliges zu erweisen gesinnt bin.

Weimar den 14. October 1826.


41/169.


An Georg Friedrich Fleischer

Ew. Wohlgeboren

vermelde mit Bedauern, daß es mir gegenwärtig unmöglich fällt, Ihren Wünschen zu willfahren. Sollte ich in der Folge zu Ihrem Unternehmen etwas beytragen können, so würde es mit Vergnügen thun, der[197] ich mich und das Meinige zu freundlicher Mitwirkung bestens empfehle.

ergebenst

Weimar den 14. October 1826.

J. W. v. Goethe.


41/170.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

einiges zu vermelden bitte um Erlaubniß.

1) Die an Hofrath v. Schiller gerichteten Briefe sind dem Sohne befohlner Maßen übergeben worden; das ausgenommene Billet folgt hierbey, weil es niemand wagen würde ein Blatt, worauf Ihro verehrte Hand ruhte, zu vertilgen.

2) Sendet Cammerherr Graf Bedemar, aus Schottland rückkehrend, einige Steine zu der ansehnlichen Edelsteinsammlung. Ich überliefere sie zierlich eingepackt, wie sie anlangen, und wünsche nur, daß ihrer Kleinheit die Größe ihres Werths entgegen stehen möge.

3) Secretär Kräuter meldet, daß Höchst Dieselben eine Landcharte von Jena herüber wünschen, konnte sich aber nicht deutlich erklären, von welcher Art und welche sie sey; darf ich hierüber nähere Bestimmung erbitten.

Weimar den 16. October 1826.[198]


41/171.


An Sulpiz Boisserée

Den besten Dank, daß Sie auch dießmal meine Unruhe vorläufig beschwichtigt haben; fahren Sie fort, dieses sich immer mehr aufklärende Geschäft zur völligen Reinheit zu befördern; erlauben Sie, was mir vorkommt, gleich und aufrichtig mitzutheilen und bleiben Sie überzeugt, daß ich mich hüten werde, selbst eine Verwirrung zu veranlassen. Scheint man mich dießmal doch einigermaßen mißverstanden zu haben! Denn wie hätt ich auch nur argwöhnen können, Herr v. Cotta wolle an dem mit mir allein abgeschlossenen Contract, der sich einem Societätscontract nähert, einen Dritten theilnehmen lassen; oder auch, was den Vertrieb betrifft, ein anderes als mit allen andern Buchhändlern eingetretenes Verhältniß eingehen.

Ich habe selbst nach Wien geschrieben, um auch über den vorliegenden Fall ganz in's Klare zu kommen. Ferner muß ich denn auch mich über den Punct, daß Herr v. Cotta denkt, man könne die zwey letzten Bände der ersten Lieferung weglassen und die zwey ersten der folgenden dafür anschließen, deutlich erklären: daß ich darin nicht einwilligen kann. Gerade dieses Überspringen ist mit ein Hauptgravamen gegen die Schillerische Ausgabe, es würde unser Geschäft sogleich verdächtig machen. Herr v. Cotta, dem alles[199] Technische zu Gebote steht, wird gewiß das Möglichste thun, unser Versprechen buchstäblich aufrecht zu erhalten.

Und lassen Sie mich die Sache etwas höher angreifen und aussprechen: der Autor lebt, und da ihm der Ewige noch Kräfte verleiht, will er sich auch noch lebendig erweisen. Diese fünf Bände sollen nicht blos eine gemeine Lieferung seyn (ich will endigen, wie ich angefangen habe), den Werth der fünf Bände, insofern sie schon dort sind, kann man beurtheilen; aber die angekündigte Helena soll zu dem fünften Bande noch etwas bringen, was sich niemand erwartete.

(Die Fortsetzung nächstens.)

treulichst

Weimar den 17. October 1826.

Goethe.


41/172.


An den Maler Gläser

[17. October 1826]

Ew. Wohlgeboren

kann versichern, daß es mir sehr unangenehm ist, Sie wegen Ihres verdienstlichen Bildes so lange in Ungewißheit zu sehen; was aber diejenigen Gaben betrifft, welche unserm gnädigsten Herrn zum Jubiläum eingesendet wurden, so lag es nicht in meinem Bereich, etwas darüber zu verfügen. Da Sie aber deshalb, wie Sie anzeigen, nicht honorirt worden, so habe[200] wenigstens veranlaßt, daß solches zurückgesendet werde. Dabey kann ich versichern, daß die Weimarischen Kunstfreunde von Ihrem Bemühen und Leisten das Beste denken, wie ich denn auch daran einen schätzenswerthen Künstler erkenne. Nehmen Sie zu einiger Ergetzlichkeit die auf Serenissimum geprägte Jubelmedaille, zu der ich eine andere hinzufüge, bey welcher sich meiner zu erinnern bitte.

Ergebenst

Weimar den 14. October 1826.

J. W. v. Goethe.


41/173.


An den Herzog Bernhard

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

gedachte nach Höchst Ihro Rückkunst eine Bitte mündlich vorzulegen, welche schriftlich zu thun ich mich gegenwärtig entschließe. Es ist nämlich die: Höchst Dieselben mögen Überbringern dieses, dem geschickten Maler Schmeller, erlauben Ihr Bildniß zu zeichnen, damit es, auch in persönlicher Abwesenheit, uns durch seine Gegenwart erfreue.

Der ich mich zu ferneren Gnaden und Hulden zu empfehlen für ein hohes Glück achte.

Weimar den 18. October 1826.[201]


41/174.


An Wilhelm von Humboldt

Brief und Sendung, verehrtester Freund, gaben mir ein höchst erwünschtes Zeichen fortdauernden Andenkens und freundlicher Theilnahme. Möchte ich nur auch von Ihrem Wohlbefinden gleichermaßen versichert seyn; ich für meine Person habe mich nicht zu beklagen: ein Schiff, das nicht mehr die hohe See hält, ist zu einem Küstenfahrer vielleicht immer noch nütze.

Ich habe den ganzen Sommer zu Hause zugebracht und ungestört an der Ausgabe meiner Werke fortgearbeitet. Erinnern Sie sich wohl noch, mein Theuerster, einer dramatischen Helena, die im zweyten Theil von Faust erscheinen sollte? Aus Schillers Briefen vom Anfang des Jahrhunderts sehe ich, daß ich ihm den Anfang vorzeigte, auch, daß er mich zur Fortsetzung treulich ermahnte. Es ist eine meiner ältesten Conceptionen, sie ruht auf der Puppenspiel-Überlieferung, daß Faust den Mephistopheles genöthigt, ihm die Helena zum Beylager heranzuschaffen. Ich habe von Zeit zu Zeit daran fortgearbeitet, aber abgeschlossen konnte das Stück nicht werden, als in der Fülle der Zeiten, da es denn jetzt seine volle 3000 Jahre spielt, von Troja's Untergang bis zur Einnahme von Missolunghi. Dieß kann man also auch für eine Zeiteinheit rechnen, im höheren Sinne; die Einheit des Orts und der Handlung sind aber auch im gewöhnlichen[202] Sinn auf's genauste beobachtet. Es tritt auf unter dem Titel:

Helena

classisch-romantische

Phantasmagorie.


Zwischenspiel zu Faust.


Das heißt denn freylich wenig gesagt, und doch genug, hoff ich, um Ihre Aufmerksamkeit auf die erste Lieferung lebhafter zu richten, die ich von meinen Arbeiten zu Ostern darzubieten gedenke.

Dann frag ich mit mehr Zuversicht: Sie erinnern sich wohl noch eines epischen Gedichts, das ich gleich nach Beendigung von Herrmann und Dorothea im Sinn hatte: Bey einer modernen Jagd kamen Tiger und Löwe mit in's Spiel; damals riethen Sie mir die Bearbeitung ab, und ich unterließ sie; jetzt, bey'm Untersuchen alter Papiere, finde ich den Plan wieder und enthalte mich nicht, ihn prosaisch auszuführen, da es denn für eine Novelle gelten mag, eine Rubrik, unter welcher gar vieles wunderliche Zeug cursirt.

Das Bild eines recht lebendigen Weltlebens ist übrigens in dieser letzten Zeit in meine Clause gekommen, das mich sehr unterhält: das Journal des Herzogs Bernhard von Weimar, der im April 1825 von Gent abreiste und vor kurzem erst wieder bey uns eintraf. Es ist ununterbrochen geschrieben, und[203] da ihn sein Stand, seine Denkweise, sein Betragen in die höchsten Regionen der Gesellschaft einführten, er sich in den mittlern Zuständen behagte und die geringsten nicht verschmähte, so wird man auf eine sehr angenehme Weise durch die mannichfaltigsten Lagen durchgeführt, welche unmittelbar anzuschauen mir wenigstens von großer Bedeutung war.

Nun aber muß ich versichern, daß mir und Riemern das übersendete Programm recht zu Gunsten gekommen und über Sprache und Philosophie zu verhandeln gar löblichen Anlaß gegeben. Abgeneigt bin ich dem Indischen keineswegs, aber ich fürchte mich davor, denn es zieht meine Einbildungskraft in's Formlose und Difforme, wovor ich mich mehr als jemals zu hüten habe; kommt es aber unter der Firma eines werthen Freundes, so wird es immer willkommen seyn, denn es gibt mir die erwünschte Gelegenheit mich mit ihm zu unterhalten von dem, was ihn interessirt und gewiß von Bedeutung seyn muß.

Nun aber, da ich mich zum Schluß anschicke, vermelde ich nur, daß ich beschäftigt sey, die aufgelösten Wanderjahre in ihren alten und neuen Theilen, als zwey Bände zusammenzufassen und zu vereinigen, bey welcher Arbeit mir nichts erfreulicher seyn könnte als den Hauptwanderer, Ihren hochverehrten Herrn Bruder bey uns zu begrüßen und von seiner immergleichen Thätigkeit unmittelbar zu vernehmen; wie ich denn auch Ihrer theuern Frau Gemahlin die besten Nachwirkungen[204] der in so hohen Regionen gesuchten Cur herzlich anzuwünschen nicht unterlasse.

und so für und für

in treulichster Theilnahme

Weimar den 22. October 1826.

Goethe.


41/175.


An Carl Friedrich Zelter

Hierbey ein freundliches Wort unsrer Kunstliebenden dahier; mögen es die dortigen leicht und heiter nehmen, wie es gegeben ist. Nenne mir den Verfasser der Einleitung, vielleicht auch der übrigen Dichtenden.

Da ich unter meinen Papieren krame, um das Mittheilbare zu sondern, kommt es mir gar seltsam vor, daß die Wohlwollenden mich besser kennen als ich mich selbst, und daß ich ihnen kaum was Neues zu sagen habe; denn was ich früher für mich behielt, hat sich schon von selbst, in Gefolg von Zeit und grober Wirkungen, entwickelt und ergeben. Doch werde ich den Vortheil benutzen, über manches aufrichtiger zu seyn, wie man es wohl in der Masse vermischter Aufsätze, gleichsam außer der Zeit, eher wagen darf, als wenn man einzeln, am laufenden Tage etwas in's Publicum bringt, was den Leuten vor die Köpfe fährt und womit sie nicht zu gebaren wissen.

Das Bild eines recht lebendigen Weltlebens ist übrigens in dieser letzten Zeit in meine Clause gekommen,[205] das mich sehr unterhält: das Journal des Herzogs Bernhard von Weimar, der im April 1825 von Gent abreiste und vor kurzem erst wieder bey uns eintraf. Es ist ununterbrochen geschrieben, und da ihn sein Stand, seine Denkweise, sein Betragen in die höchsten Regionen der Gesellschaft einführten, er sich in den mittlern Zuständen behagte und die geringsten nicht verschmähte, so wird man auf eine sehr angenehme Weise durch die mannichfaltigsten Lagen durchgeführt, welche unmittelbar anzuschauen mir wenigstens von großer Bedeutung war.

Und soviel für dießmal, damit der Brief heute noch auf die Post komme. Gar manches bleibt zu sagen und mitzutheilen, wozu ich mir baldige freundliche Anregung erbitte

und so für immer und ewig!

Weimar den 22. October 1826.

G.


[Beilage.]


DasGoethe-Fest in Berlin

gefeyert

von der Mittwochs-Gesellschaft

am 28. August 1826.

Diese Liedersammlung ist eben so mannichfaltig als charakteristisch, sowohl in Bezug auf den Gegenstand, indem sie verschiedene Seiten desselben hervorhebt,[206] als in Absicht des Tons, den sie anstimmt und der vom Feyerlichen durch das Innige, Gemüthliche bis in's Heitere und Scherzhafte sich herabläßt und aus diesem sich wieder zu Ernst, Würde und Feyer erhebt.

Die einleitende Rede beginnt mit gutem Humor, der nur zu spielen und zu scherzen scheint und doch bedeutende Wahrheiten ausspricht, und sich so den Übergang zu einer neu angestellten Betrachtung über die kritische Eigenschaft des Dichters und hiermit zu einem frischen Lobe desselben in der Anerkennung seiner Selbstbeherrschung zu bahnen weiß.

Nr. 1. Als Aufruf zur Feyer, würdig feyerlich, tüchtig selbst.

Nr. 2. Nähere Bezeichnung des Gegenstandes in seiner allgemeinsten Charakteristik.

Nr. 3. Zarte Veneration einer Solo-Stimme.

Nr. 4. Erkennt das Glückliche im Mißgeschick und fühlt sich dankbar angeregt in dem Besitz des Einzigen.

Nr. 5. Gemüthlich, im Tone des Goetheschen Liedes: »In allen guten Stunden.«

Nr. 6. Odenartig, feyerlich, mysteriös, eine lebendige Gallerie der Werke des Dichters vorführend.

Nr. 7. Innig. Indirectes Lob des Dichters im Lobe der Natur.

Nr. 8. Ist eine Art Pendant zu Nr. 6, wie jenes mystisch, so dieses räthselhaft, in einem altdeutschen Meistertone, nicht ohne satirischen Anklang.

[207] Nr. 9. In dem Tone fortfahrend und ihn in's Heitere wendend.

Nr. 10. Die Heiterkeit in Zuversicht ausgehend.

Nr. 11. Innig, gefühlvoll bis zum Galanten, in's Heitere auslaufend und nochmals eine Bilder-Gallerie von Goetheschen Productionen aufstellend.

Nr. 12. Groß, prächtig in Bild und Klang, alles Frühere zusammenfassend und zu einem Kranze verbindend.


41/176.


An Sulpiz Boisserée

(Fortsetzung.)

Verzeihen Sie, mein Bester, wenn ich Ihnen exaltirt scheine; aber da mich Gott und seine Natur so viele Jahre mir selbst gelassen haben, so weit ich nichts Besseres zu thun, als meine dankbare Anerkennung durch jugendliche Thätigkeit auszudrücken. Ich will des mir gegönnten Glücks, so lange es mir auch gewährt seyn mag, mich würdig erzeigen und ich verwende Tag und Nacht auf Denken und Thun, wie und damit es möglich sey.

Tag und Nacht ist keine Phrase, denn gar manche nächtliche Stunden, die dem Schicksale meines Alters gemäß ich schlaflos zubringe, widme ich nicht vagen und allgemeinen Gedanken, sondern ich betrachte genau, was den nächsten Tag zu thun? daß ich denn[208] auch redlich am Morgen beginne und so weit es möglich durchführe. Und so thu ich vielleicht mehr und vollende sinnig in zugemessenen Tagen, was man zu einer Zeit versäumt, wo man das Recht hat, zu glauben oder zu wähnen, es gebe noch Wiedermorgen und Immermorgen.

Die Helena ist eine meiner ältesten Conceptionen, gleichzeitig mit Faust, immer nach Einem Sinne, aber immer um und um gebildet. Was zu Anfang des Jahrhunderts fertig war ließ ich Schillern sehen, der, wie unsere Correspondenz ausweist, mich treulich aufmunterte fortzuarbeiten. Das geschah auch; aber abgerundet konnte das Stück nicht werden, als in der Fülle der Zeiten, da es denn jetzt seine volle dreytausend Jahre spielt, vom Untergange Troja's bis auf die Zerstörung Missolunghi's; phantasmagorisch freylich, aber mit reinster Einheit des Orts und der Handlung.

Und so mag es genug seyn! Ist dieß aber nicht schlimmer, als wenn ich gar nichts gesagt hätte? Welchen Werth man endlich auch dem Stücke zuschreiben mag, dergleichen habe ich noch nicht gemacht, und so darf es gar wohl als das Neuste gelten.

Da ich nun wieder lese, was hier auf dem Papier steht, so frage ich mich, ob ich es denn auch fortschicken soll? Denn eigentlich soll man nicht reden von dem, was man thun will, nicht von dem, was man thut, noch was man gethan hat. Alles Dreyes[209] ist gewissen Inconvenienzen unterworfen, die nicht zu vermeiden sind. Warum wohnen wir nicht näher an einander! daß man sich noch einige Zeit freyer und vollständiger mittheilen könnte.

Zelter hat mir meine Briefe, die sich beynahe von 30 Jahren her datiren, zugesendet; sie liegen nunmehr mit den meinen verschränkt in reinlichster Abschrift vor mir. Zwey Abende der Woche lese ich sie mit Riemern durch, um Schreibfehler, Interpunction und sonst zu berichtigen. Jedesmal gedenke ich Ihrer und wünsche Sie zu uns her. Auch hiebey bewährt sich die alte Wahrheit: man soll wenig thun, aber Tüchtiges und es wirken lassen nach Zeit und Umständen. Wie manches, was wir vor 10-15 Jahren unter uns mit einiger Scheu kaum auszusprechen wagten, ist jetzt trivial geworden, und kaum weiß die Welt, was sie gewonnen hat, und die damals nicht wußten, was sie wollten, wissen's noch nicht. Nach meinem Bedünken bleiben diese 3 Foliobände Manuscript noch einige Lustra liegen; denn es wäre Schade, wenn man einiger Rücksichten wegen die erbaulichsten Spitzen abstumpfen wollte. Übrigens ist alles höchst unschuldig, nur Dünkel und Vorurtheil hätten sich zu beschweren und beide verflüchtigen sich mit der Zeit. – Um baldige aufmunternde Erwiderung bittet,

und so fortan!

Weimar den 22. October 1826.

G.[210]


41/177.


An Alfred Nicolovius

Schon längst, mein werthester Neffe, würde ich dir geschrieben haben, wenn ich nur etwas zu melden hatte, was du nicht schon wüßtest, das heißt denn also, daß dein Andenken hier am Orte noch sehr lebhaft ist...

Die Einladung zur Subscription auf meine Werke erhältst du nächstens, und ich bin überzeugt, daß es dein eigener Wunsch und Trieb ist, dieses Unternehmen zu begünstigen. Die Fortsetzung des von dir angefertigten, sehr artigen, poetisch-historisch-kritisch-bildlichen Cataloges über das, was sich von den frühesten Zeiten her auf meine Arbeiten bezieht, hat mich an manches Vergessene erinnert, ja mich von unbekannt Gebliebenem benachrichtigt...

Nun aber, da du als der bereitwilligste Geschäftsführer berühmt bist, der nicht allein das Aufgetragene besorgt, sondern die Aufträge, welche man ihm geben könnte, voraus erräth, übernimm das fromme Geschäft, beykommendes Blatt deinem Vater ehrerbietigst vorzulegen.

Der Wunsch mehrerer wackerer Männer ist darin deutlich ausgesprochen; er ist auch der meine; aber das Urtheil über die Möglichkeit der Erfüllung kommt deinem Vater allein zu. Die Schwierigkeiten sind uns nicht unbekannt, die Mittel sie zu heben außer[211] unserm Gesichtskreise; es kommt also hier nur darauf an, ob dein Vater einige Hoffnung gäbe und den Weg andeuten möchte, den man zum Ziele einzuschlagen hätte.

Einer in bedrängten Umständen von einem Hausvater in den besten Jahren verlassenen Familie zu Hülfe zu kommen, ist eine Aufgabe, selbst für vereinte Wohlwollende schwer zu lösen; weshalb ihnen denn nicht zu verargen ist, wenn sie sich dort nach Hülfe umsehen, woher so manchem geholfen wird. Erhalte Verzeihung wegen der Anfrage, bitte um möglichste Theilnahme und laß mich hierauf, so wie auf die vorstehenden Puncte bald einige Nachricht wissen.

Mit den besten Wünschen und Hoffnungen treulichst

Weimar 28. October 1826.

G.


41/178.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[30. October 1826.]

Ew. Königlichen Hoheit

die schottischen Edelsteine wieder zurücksendend bemerke, daß solche einen wirklichen Werth dadurch wohl erhalten, indem sie uns Anzeige geben, daß dergleichen auch in jenen Gegenden vorgefunden werden, wie denn auch schon in Irland Topase, den sächsischen gleich, gefunden worden. Die große Consequenz und Congruenz der Gebirgs-Urgebilde über den ganzen Erdboden wird dadurch immer deutlicher.

[212] 2) Ein Schreiben des Ober-Baudirectors Coudray lege gleichfalls bey, worin er, seinen Urlaub dankbar anerkennend, vermeldet, daß er sich desselben bis zu Ende des Monats zu bedienen, sodann aber seine Rückreise anzutreten gedenke. Ich freue mich sowohl für den Dienst als für meine Person des Nutzens, den er von dieser frischen Umsicht gewonnen hat.

Desto mehr ist das Abscheiden Talma's zu bedauern, besonders da in einer gewissen Folge von Zeit die Bemerkung sich machen läßt: daß wohl Talente immerfort geboren werden, daß es ihnen aber mehr und mehr an gründlicher und ruhiger Ausbildung zu ermangeln scheint. Was uns die französischen Blätter von seinem Leben und künstlerischen Bestrebungen mittheilen, wird im höchsten Grade zu bewundern und zu billigen seyn. Die Bemühungen der Geistlichkeit bey seinem Abscheiden deuten auf alle Fälle darauf hin, daß man Skandale zu vermeiden keineswegs besorgt ist.


41/179.


An Franz von Elsholtz

Ew. Hochwohlgeboren

verlieren bey unsern Communicationen ja den Hauptpunct nicht aus den Augen, daß meine Vorschläge blos consultativ sind, und daß dem Dichter immer die Freyheit bleibt zu entscheiden, was ihn am sichersten zum Zweck führt. Können Sie auf irgend eine Weise[213] die Härten austilgen, die mir eigentlich in dieser Scene anstößig waren, so werden Sie gewiß auch meine Zufriedenheit bewirken. Es soll mich freuen, eine so verdienstliche Arbeit vom poetischen Stapel auf das Theatermeer auslaufen zu sehen.

Mit vorzüglichster Hochachtung,

gehorsamst

Weimar 1. November 1826.

J. W. v. Goethe.


41/180.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mit den allerschönsten Grüßen bitte der werthesten Frau Gevatterin zu vermelden, daß ich, ihren Wünschen gemäß, nächstens ein Schwänchen zusammen machen und übersenden, dabey um einiges bitten und anderes vermelden werde.

Mit den besten Wünschen

Weimar den 1. November 1826.

Goethe.


41/181.


An Franz Ignaz von Streber

[Concept.]

[3 November 1826.]

Hochwürdiger, Hochwohlgeborener

Hochzuverehrender Herr.

Ew. Hochwürden übersende hiebey zugesagtermaßen die mir zu hohen Ehren gereichende Medaille in zwey Exemplaren für das königliche Münzkabinett, woselbst[214] sie aufbewahrt zu sehen mir als ein großer Vorzug erscheinen muß. Die Ursache der Verzögerung erklärt sich mit wenigem: die ersten etwas eilig behandelten Stempel erfreuten sich nicht des höchsten Beyfalls; und wie es zu geschehen pflegt, daß, wenn der erste Wurf verunglückt, man sich nachher durch Bedenklichkeiten und Zaudern von der Absicht entfernt sieht, so ging es auch hier, bis man sich endlich bey dem gegenwärtigen Gelingen beruhigte.

Darf ich bitten die einzelne Medaille zu meinem Andenken aufzubewahren und bey Betrachtung derselben mir eine geneigte Erinnerung zu schenken. Möcht ich nun eine allgemeine Reflexion hier beyfügen, so wär es die, daß man in einem langen Leben durch manche Schicksale geprüft seyn muß, um von einer solchen Gabe sich nicht erdrückt zu fühlen. Und so darf ich mich denn wahrhaft glücklich halten, wenn ich zu bekennen wage, daß ich eine solche Auszeichnung ihrem ganzen Werthe nach zu schätzen weiß und zugleich ihrer mit Freyheit zu genießen mich fähig fühle, wobey mir aber die Überzeugung zu statten kommt, daß man einer unwandelbaren Neigung und unverbrüchlichen Treue mehr als einem besondern Verdienste einen solchen Lohn zuzuschreiben hat.

Sollte es Gelegenheit geben mich Ihro Majestät dem Könige allerunterthänigst in's Gedächtniß zu rufen, so würde dadurch einer meiner angelegentlichsten Wünsche erfüllt.[215]


41/182.


An Christian Daniel Rauch

Ew. Wohlgeboren

bin in dem Laufe der letzten Monate so viel Freundliches schuldig geworden, indem mir, wenn auch nicht unmittelbar, von Ihren ununterbrochenen Arbeiten gar mancher Genuß zu Theil ward. Nun aber bin ich aufgefordert Ihnen den besten und treulichsten Dank abzutragen für die unausgesetzte Theilnahme und Einwirkung, die Sie der mir bestimmten Medaille haben gönnen wollen. Ich müßte meine Freude nicht mit Worten auszudrücken darüber, daß Herrn Brandt, nach soviel zweifelhaften Bemühungen, gelungen ist eine Arbeit zu vollenden, die ihm Ehre macht und die gewiß ein jeder Beschauer mit Freuden besieht. Was ich dabey empfinde, den dieses Kunstwerk so nahe angeht, mag ich gern mit dem Allerwenigsten nur andeuten; doch sey mir erlaubt eine allgemeine Reflexion hier beyzufügen: daß man in einem langen Leben durch manche Schicksale geprüft seyn muß, um von einer solchen Gabe sich nicht erdrückt zu fühlen. Und so darf ich mich denn wahrhaft glücklich halten, wenn ich zu bekennen wage, daß ich eine solche Auszeichnung ihrem ganzen Werthe nach zu schätzen weiß und zugleich ihrer mit Freyheit zu genießen mich fähig fühle, wobey mir aber die Überzeugung zu statten kam, daß man einer unwandelbaren Neigung und unverbrüchlichen[216] Treue mehr als einem besondern Verdienste einen solchen Lohn zuzuschreiben hat.

Herrn Brandt bitte meinen schönsten Dank freundlichst auszusprechen für die Bemühungen, an denen er es in diesem Geschäft nicht hat fehlen lassen. Möge Nachdenken und Übung, wozu er im Laufe dieses Jahres Gelegenheit gehabt, ihm bey seinen künftigen Arbeiten recht kräftig zu Gute kommen. Denen Herren Schinkel und Tieck wünsche angelegentlichst empfohlen zu seyn. Wollte der erstere mir das erste Heft der architektonischen Entwürfe gelegentlich senden, welches mir mangelt, so würde das vorzügliche Werk, das ich seiner Gefälligkeit verdanke, völlig complett seyn.

Treu theilnehmend

ergebenst

Weimar den 3. November 1826.

J. W. v. Goethe.


41/183.


An Sulpiz Boisserée

Hierbey folgt sogleich die neue Anzeige zurück mit vielem Dank und wenig Abänderungen. Daß die durchgestrichene Stelle wegbleibe, werden Sie billigen, wenn Sie in Betracht ziehen, daß schon Seite 10 der ersten Anzeige dasselbe mit meines Namens Unterschrift gesagt worden und eine Wiederholung zudringlich scheinen möchte. Die Helena habe ich etwas ausführlicher angezeigt, damit kluge Leute eher ahnden, was es damit solle. Für Sie, mein Bester, will ich[217] den Vorhang noch etwas weiter lüpfen, indem ich eine Stelle aus Professor Göttlings Brief abschreiben lasse, der die Gefälligkeit hat, meine Werke Band vor Band in letzter Instanz durchzugehen.

Die Reinschrift für den Druck ist vollendet, muß aber noch in manchem Betracht sorgfältig revidirt werden. Sobald nichts mehr dabey zu bemerken ist erhalten Sie solche zu stiller Verwahrung.

Und nun, damit diese Sendung mit heutiger Post fortkomme, vermelde nur noch eilig, wie auf Ihren lieben Brief vom 23. October alsogleich eine Antwort angefangen worden, die zunächst ihre Endschaft erreichen und Sie aufsuchen wird.

Die Notiz aus dem Conversationslexikon über Ihre Sammlung finde nicht sogleich in den Tecturen, wo sie allenfalls zu suchen wäre; ich will nachdenken, wo sie zu finden seyn kann.

Beykommendes Briefchen bitte an seine Adresse zu bestellen. Herr Binder bietet mir abermals einige revolutionäre Münzen an, die mit Vergnügen bezahle, da sie über den Ocean kommen.

treulichst

für und für

W. d. 3. Nov. 1826.

G.


Beyliegenden Insinuations-Schein wird Herr v. Cotta zu seinen Acten nehmen; auch wird man nun überlegen haben, wie es mit den Privilegien zu halten sey.[218]


[Beilage.]


Auszug aus einem Briefe

Herrn Professor Göttlings

am 27. October 1826.


Ew. sende hierbey das Manuscript der Helena zurück; ich habe dieß sinnvolle Gedicht etwas länger behalten, um mich des Ganzen desto mehr zu versichern und am Besondern bewußter zu erfreuen. Es kann wohl nichts des alten Kothurns in Form und Ausdruck würdiger seyn als diese Darstellung der Poesie in dreyfacher Form: erst als classischantike, als deren Repräsentantin Helena mit ihrem unwiderstehlichen Zauber deshalb so schön gewählt ist, weil diese Gestalt in Epos und Drama den Griechen sich so innig verwachsen zeigt, daß beide Dichtgattungen fast nicht ohne sie gedacht werden können; ja diese Idee ist solch ein Dogma für die Griechen, daß der epische Herodot aller eigentlichen Geschichte Anfang mit dem Raube dieses schönen Weibes beginnen läßt. Dann die romantische Form, deren würdigster Vertreter Faust als eigenthümlichstes germanisches Erzeugniß ist pp.


(Weiter darf ich vor der Hand nichts mittheilen, ohne das Räthsel zu verrathen, obgleich die Auflösung schon aus dem Titel sich vermuthen läßt.)


41/184.


An Sulpiz Boisserée

Ihr werthes Schreiben vom 23. October war eben an dem Tage angelangt, als ich Abends wieder mit Professor Riemer die Zelterische Correspondenz durchging. An dieser vermehrt sich der Genuß, da sie sich durchaus gleich bleibt und noch so frisch ist, als wenn[219] sie gestern auf die Post gegeben wäre. Wenn ich mich wegen der Ursachen dieses guten Eindrucks befrage, so möchte ich sie darin suchen, daß die Freunde stets würdige Gegenstände mit Neigung und Wohlwollen behandeln, daß ihre Mißbilligung aufrichtig und unverstellt mit Mäßigung und Heiterkeit sich ausspricht. Und so hoffe ich, mein Bester, soll unser Briefwechsel auch noch in 20 Jahren aussehen.

Den Wunsch, manchmal etwas über meine Arbeiten im Morgenblatt vernehmen zu lassen, will ich bedenken. Leider hat mich das unerfreuliche Betragen unsres guten Schorn wieder scheu gemacht. Da war nicht einmal böser Wille, sondern eigentlich nur Ungeschicklichkeit. In der Hauptsache stimmte man ja glücklich überein, und bey einer so geringen Nebendifferenz hätte ein gewandter Redacteur ein freundlich Wort an seine Correspondenten erlassen. Genug, das bis dahin so schön gelungene Unternehmen wird gewissermaßen hiedurch vernichtet, indem das corpus controversiae niemandem vor Augen liegt; ich habe wenigstens meine Exemplare sämmtlich zurückgehalten, um den Fragen auszuweichen, deren mehrere schon an mich gekommen waren: was denn dieser Nachsatz heißen solle?

Verzeihen Sie diese weitläufige Darlegung. Alles, was zur Aufklärung unsrer Verhältnisse dienen kann, ist wohl werth, daß man eine Briefseite daran wendet, wobey ich mich abermals einer allgemeinen Betrachtung nicht enthalte: in allem Irdischen, Ökonomischen,[220] Finanziellen, Merkantilischen kann man vorsichtig mit jedermann Verbindungen eingehen, der Gewinn gibt sich klar, und der Verlust wird denn auch am Ende zu verwinden seyn; aber in höhern Regionen ist eine falsch ergriffene Verbindung im Ästhetischen, Sittlichen, Religiosen voller Gefahr, und jedes Mißlingen von traurigen Folgen. Ich tadle nicht, wenn Sie lächeln, daß ich schon wieder in's Allgemeine gehe; als ethischästhetischer Mathematiker muß ich in meinen hohen Jahren immer auf die letzten Formeln hindringen, durch welche ganz allein mir die Welt noch faßlich und erträglich wird.

Daß die Medaille so gut gerathen, eben am Jahrstag, am 7. November, wieder zum Vorschein kommt, dient mir zum großen Trost; denn diese ganze Zeit über lief dieses höchst bedeutende, einzige, vielleicht allzu kühne Unternehmen Gefahr zu mißglücken und in nichts aufzugehen. Es ist jedoch schön, daß gerade durch diese prüfende Erwartung die Last der übergroßen Kunst einigermaßen erleichtert werden sollte.

Da Vorstehendes noch zur rechten Zeit geschrieben ist, möge es mit der heutigen Sendung abgehen; ist Oberbaudirektor Coudray bey Ihnen, so grüßen Sie ihn zum schönsten; ist er schon vorüber, so haben Sie auf alle Fälle Dank für die guten Adressen, mit denen Sie ihn ausgestattet.

|: Wird fortgesetzt :|

Weimar den 3. November 1826.

G.[221]


41/185.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[7. oder 8. November 1826.]

Ew. Königlichen Hoheit

schon vor einem Jahre mir zugedachte, ganz unschätzbare Gabe hat sich im Verlauf dieser Zeit durch Höchst Ihro ununterbrochene Theilnahme und Einwirkung zu einem trefflichen Kunstwerk gesteigert. Jeder Beschauer, der den ästhetischen Sinn nunmehr völlig befriedigt sieht, fühlt auch zugleich den sittlichen erhöht, indem Absicht und Ausführung mit einander völlig übereinstimmen.

Was ich, auf den sich dieses schöne Werk unmittelbar bezieht, hiebey empfinden müsse, ist Höchst Denenselben nicht unbewußt. Gefühl, Sinn und Gedanke bleiben an den Pflichten freudig geheftet, die für mich seit so vielen Jahren immer wohlthätiger geworden sind.

Weimar den October 1826.


41/186.


An Heinrich Eberhard Gottlobund Caroline Paulus

Die schon heute vor einem Jahre mir gnädigst zugedachte, so ehrenvolle Medaille hat sich in der Zeit zu einem bedeutenden Kunstwerk gesteigert und gibt[222] mir den schönsten Anlaß, meine theuren geprüften Freunde auf's traulichste zu grüßen und mich ihrem ferneren Wohlwollen angelegentlichst zu empfehlen.

Weimar den 7. November 1826.

J. W. v. Goethe.[223]


41/186a.


An Friedrich Heinrich Wilhelm Körte

Die schon heute vor einem Jahr, mir gnädigst zugedachte so ehrenvolle Medaille hat sich in der Zeit zu einem bedeutendem Kunstwerk gesteigert und giebt mir den schönsten Anlaß meine theuren geprüften Freunde auf's traulichste zu grüßen und mich ihrem ferneren Wohlwollen angelegentlichst zu empfehlen.

Weimar d. 7. Nov. 1826.

J. W. v. Goethe.[55]


41/187.


An Sulpiz Boisserée

Das Ereigniß mit den Schillerschen Reliquien hat immer etwas Apprehensives, selbst für die, welche das Geschehene nicht mißbilligen, sogar für mich, der ich die Nothwendigkeit vorzuschreiten einsehend die Angelegenheit im Stillen geleitet und gefördert habe und nur da zurücktrat, als man sie, gegen meinen Plan, in's Öffentliche zog. Nur soviel sag ich noch im Vertrauen, daß für den Augenblick nicht allein der Schädel, sondern die sämmtlichen Knochenglieder durch abwägenden Fleiß unserer vergleichenden Anatomen zusammengebracht, nun auf großherzoglicher Bibliothek in einem anständigen Gehäuse ordnungsgemäß niedergelegt sind. Nun aber tritt meine Wirkung wieder ein und ich hoffe, durch die Art, wie ich diese köstlichen Reste zu bestatten gedenke, soll die ganze Fabel eine freundliche Auflösung finden, wobey man die unerfreulichen Mittelglieder gern vergessen wird. Mit der Schillerschen Familie bin ich im Stillen einig und Sie, mein Theuerster, sollen von den Ersten[223] seyn, zu erfahren, wie ich mich deßhalb erkläre; freuen würde mich's, wenn Sie erriethen, was eigentlich ganz nahe liegt.

Vorstehendes war geschrieben und sollte fortgesetzt werden, da trat der 7. November wieder ein, und für die freundlichste Zerstreuung war gesorgt; auch erhielt ich die Festexemplare der Denkmünze in drey Metallen mit wenigen, aber wahrhaft fürstlichen Worten. Zu gleicher Zeit finden sich die von Ihnen gewünschten Blätter, weshalb ich abbreche und siegele.

Nur will ich noch hinzufügen, daß ich eine längst gewünschte sehr schöne Sendung von Herrn Cuvier erhalten habe, original fossile Reste von Montmartre, auch köstliche belehrende Modelle, Abgüsse von bedeutenden, vielleicht einzigen Exemplaren. Sollten Sie irgend Gelegenheit haben, dorthin bemerken zu lassen, wie sehr mich diese Mittheilung gefreut, so geschieht mir eine Gefälligkeit; denn es macht sich in dem Elemente des breiten Reichthums nicht leicht jemand einen Begriff, wie angenehm-nützlich, ja hinreichend die kleinsten Einzelheiten aus Natur und Kunst mir zu statten kommen.

Gar manches treibt und drängt, sogar Mephistopheles regt sich wieder.

Tausend Gruß und Lebewohl.

eiligst und treulichst

Weimar den 10. November 1826.

G.[224]


41/188.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey einen Brief, den ich so eben von Augsburg erhalte. Haben Sie die Gefälligkeit, mir mit wenigem über die Anfrage baldigst Auskunft zu geben. Der ich, mit beygelegtem mir in diesen Tagen gewordenen Zeichen höchster Gunst und Wohlwollens, mich zu fernerem Andenken bestens empfehle.

ergebenst

Weimar den 11. November 1826.

J. W. v. Goethe.


41/189.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[12 November 1826.]

Ew. Königliche Hoheit

erlauben, daß ich die Anmeldung einer totalen Mondfinsterniß hiebey übersende. Dieses Gestirn wird übermorgen, Dienstag den 14. November, Abends ein wenig vor 5 Uhr, an unserem Horizonte völlig verfinstert heraufsteigen und, seine Bahn verfolgend, nach und nach an Licht zunehmen, welches ein sehr angenehmer Anblick seyn müßte, wenn die Witterung diese Stunden begünstigen wollte. Ew. Königlichen Hoheit wird diese Arbeit Schröns gewiß angenehm seyn. Auch Herr v. Müffling wird hiernach diesen hoffnungsvollen jungen Mann geneigt beurtheilen können.[225]


41/190.


An Friedrich Röhling

[Concept.]

Die mir übersendeten Mineralien von Dannemora waren mir sehr angenehm, welches dankbar erkenne. Sollten Sie auf Ihren Reisen an Orte gelangen, wo Bergbau getrieben wird, und mir von dem, worauf man daselbst den meisten Werth legt, auch nur kleine Stücke wie dießmal übersenden, so wird es mir zu einer unterhaltenden Belehrung dienen.

Der ich das Beste wünschend mich Ihrem geneigten Andenken empfehle.

Weimar den 14. November 1826.


41/191.


An Peter Christian Wilhelm Beuth

[Concept.]

[15. November 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch ein gefälliges Schreiben die geneigte Zusage, mir einige Abgüsse der englischen Terracotta's übersenden zu wollen, freundlichst wiederholt. Ich sage hierfür den geziemenden Dank, einen seltenen Genuß mir zum voraus versprechend, so wie höchst schätzbare aufklärende Belehrung.

Mögen indeß Dieselben beykommende, mir zu hohen Ehren gereichende Medaille wohlwollend ausnehmen; sie ist vom 7. November vorigen Jahrs datirt und hat sich seit der Zeit durch künstlerische Theilnahme[226] unserer Berliner Freunde zu einem bedeutenden Kunstwerk gesteigert, und sie muß mir um so schätzenswerther seyn, als sie mir Gelegenheit gibt mich entfernten Gönnern und Freunden zutraulich zu empfehlen.


41/192.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

[15. November 1826.]

Ew. Wohlgeboren

danke verbindlich für die mitgetheilten Bemerkungen und Anfragen, deren Aufklärung und Beantwortung hiebey erfolgt, in Hoffnung, daß sie genügend seyn werden. Bey dieser Gelegenheit versäume nicht auszusprechen, wie sehr es mich freut, dieses für mich so wichtige Geschäft mit Neigung und Aufmerksamkeit behandelt zu sehen, wozu ich es denn für die Folge nicht zu empfehlen brauche. Zugleich ersuche um die Gefälligkeit, mir die Aushängebogen, sobald eine Parthie beysammen ist, zu übersenden, und so auch einen jeden Band des Originals mir nach Beendigung des Drucks wieder zukommen zu lassen und sich meiner Dankbarkeit durchaus versichert zu halten.

Einer mit der fahrenden Post nachfolgenden wohlgemeinten Gabe eine freundliche Aufnahme wünschend nenne mich mit vorzüglicher Hochachtung.

Weimar den 14. November 1826.[227]


41/193.


An Friedrich Theodor Kräuter

[Concept.]

Herr Bibliotheks-Secretär Kräuter wird hierdurch ersucht, Herrn Artaria für das übersendete Kupfer zu danken, auch zu vermelden, daß Herrn Hofbanquier Elkan hier zu Bezahlung der 27 fl. 30 Kreuzer der Auftrag gegeben worden.

Der Abdruck des gedachten Blattes ist zwar nicht ein erster, sondern, wie aus Bartsch Vol. XV S. 434 Nr. 4 im Nachsatz zu ersehen ist, von den späteren im Verlag von Antonio Carenzano, dennoch aber sehr gut und jenen Preis wohl werth.

Sollte ein guter Abdruck von dem Blatte des Marc-Antonio nach Raphael, die Pest vorstellend und il morbetto genannt, irgend wo verkäuflich gefunden werden, so wünschte den allenfallsigen Preis zu erfahren. Freylich kommt auch hier alles auf den mehr ober minderen Werth des Abdrucks an.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 16. November 1826.


41/194.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

geruhen aus beykommender Schrönischen Meldung gnädigst zu ersehen, daß Luna die Aufmerksamkeit der[228] Astronomen eben so wenig begünstigt habe als die Sehnsucht der Liebhaber, worin sich denn beide wohl ergeben müssen.

Ingleichen erfolgt ein Schreiben des Präsidenten Nees v. Esenbeck mit beygefügtem ersten Theile des 13. Bandes Acta naturae curiosorum. Die javanischen Schwämme lassen abermals neue Wunder sehen, und die wohlausgeführten Tafeln verdienen allen Beyfall. Der Aufwand auf dieses Werk ist freylich sehr groß und wäre ohne neuere königliche Unterstützung, worüber man sich zu freuen alle Ursache hat, für die Folge nicht zu bestreiten gewesen.

Ob die Unio itineraria, die zu Eßlingen gestiftete Gesellschaft um naturhistorische, besonders botanische Reisen zweckmäßig zu befördern, schon Höchst Ihro Aufmerksamkeit erregen konnte, ist mir nicht bewußt. Von seiten der jenaischen botanischen Anstalt wäre nicht abgeneigt jährlich 15 fl. anzuwenden und geschäh es auch nur, um regelmäßig Nachricht zu erhalten, inwiefern dieses Unternehmen gedeiht.

Weimar den 16. November 1826.


41/195.


An Carl Gottlieb Reinhardt

Die zwölf von Herrn Reinhardt in Berlin eingesendeten Glaspasten nach geschnittenen Steinen der vormals v. Stoschischen, jetzt königlich preußischen[229] Gemmensammlung verdienen unbedingten Beyfall. Die farbigen Glaspasten derselben sind rein und schön, die rubinfarbigen höchst angenehm. Die Bilder haben sich vollkommen scharf ausgedruckt; das Verschneiden so wie das Poliren der Oberfläche ist mit nöthiger Sorgfalt behandelt, so daß Abdrücke in Wachs oder Siegellack die Bilder durchaus nett und deutlich zeigen und nirgends der Contur verletzt erscheint. Endlich dürfte der mäßige Preis von acht Silbergroschen die Pasten dem kunstliebenden Publicum durchaus empfehlen. Deshalb wir denn ganz unbedenklich den Wunsch äußern, daß dergleichen zum Siegeln in häufigen Gebrauch kommen mögen, wozu sie sich, wenn man das Siegellack nur wenig verkühlen läßt, gar wohl eignen. Dabey würde der Geschmack, die Neigung zum Guten und Schönen nur gewinnen und das Unerfreuliche immer entschiedener Unlust und Widerwillen erregen.

Weimar den 16. November 1826.

Goethe.


41/196.


An Alfred Nicolovius

[Concept.]

Nicht länger will ich säumen dir, mein guter Alfred, für das mannichfaltig Freundliche zu danken, das du mir und den Meinigen zeither erwiesen hast. Wolf besonders gedenkt deiner am öftesten, wenn er[230] sich bey mir die langen Abende mit Jahrmarkt und Weinlese spielend beschäftigt. Für die pergamentlichen Alterthümer danke zum schönsten und wünsche gelegentlich einiges Gefällige zu erwidern. Eine Bronze-Medaille vom 7. November wirst du durch Herrn Canzler v. Müller erhalten haben; ich kann noch ein paar schicken, wenn du sie zur Mittheilung an Freunde wünschen magst.

Gedanken von und nach Berlin steigen jetzt wie auf Himmelsleitern auf und ab. Ein hohes und frohes Brautpaar lebt und webt in einer behaglichen Atmosphäre, in der wir Ältere uns im Stillen erfreuen, wenn die jüngere [Welt], in Festen und Bällen schwelgend, schon künftige bedeutendere Tage und Nächte vorgenießt.

Ein schönes Bild von Lord Byron, gemalt von West, von Wedgewood gestochen, erscheint nächstens. Machen Sie die Liebhaber darauf aufmerksam, es wird nun bald ausgegeben werden. Die ersten Abdrücke auf chinesisch Papier werden sehr erfreulich seyn.

Ein paar gute Worte für Herrn Reinhardt liegen bey, empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Vater und überall, und so möge dieses nicht länger zurückgehalten werden.

Weimar den 17. November 1826.[231]


41/197.


An Johann Wilhelm Schneider

[Concept.]

Herr Johann Wilhelm Schneider wird hiedurch ersucht, an des Herrn Staats-Minister v. Goethe Excellenz eine Gansleber-Pastete zu 8 fl. mit dem Postwagen anher zu senden und einer baldigen Zahlung so wie vielleicht weiterer Bestellung gewärtig zu seyn.

Weimar den 17. November 1826.


41/198.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Mögen Ew. Hochwohlgeboren den guten Kühnel veranlassen, heute Abend um 4 Uhr sich bey mir ein zufinden, um etwa bis Sechs von seiner Composition hören zu lassen, auch selbst an diesem Vergnügen theilnehmen würde es mir besonders angenehm seyn.

Weimar den 17. November 1826.


41/199.


An Friedrich Wilhelm von Bielke

[Concept.]

[17. November 1826?]

Ew. Hochwohlgeboren

übersende hiebey die Kupfer des von großherzoglicher Bibliothek verlangten Graf Stackelbergischen Werks mit inständiger Bitte, bey Vorzeigung, wo die einzelnen[232] Blätter durch mehrere Hände gehen, die größtmögliche Sorgfalt zu beobachten, indem das Papier dieses Formats gar leicht zerknickt wird. Ich würde nach gefälliger Zurücksendung mit manchem Andern schuldigst aufwarten.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.


41/200.


An Heinrich Ludwig Friedrich Schrön

Sie erhalten hiebey, mein werther Herr Doctor, die Darstellung der leider für uns unsichtbar vorübergegangenen Mondfinsterniß wieder zurück, das Blatt nebst erklärender Beylage ist Serenissimo zu gnädigstem Wohlgefallen vorzeigt worden; auch liegt die vergleichende graphische Darstellung höchster und tiefster Barometerstände zu Jena gleichfalls bey.

Wie ich denn das in der meteorologischen Angelegenheit bisher Geschehene hier nochmals zu billigen nicht unterlasse und auf eine fernere aufmerksame Behandlung dieser Angelegenheit zum voraus mich freue.

Weimar den 17. November 1826.

J. W. v. Goethe.


41/201.


An Sulpiz Boisserée

Zuvörderst muß ich aussprechen, wie sehr mich die Hoffnung freut, daß durch des Herrn Grafen Reinhard[233] Vermittlung eine wichtige Angelegenheit verglichen werden könnte, wodurch auch die Ihrige der Entscheidung sich nähern würde. Wenn ich bedenke, in welchem lästigen Zustande ich das vorige Jahr zugebracht, um die Privilegiensache zu Rande zu bringen, so schwebt mir immer der Ihrige vor, von weit größerer Bedeutung und seit längerer Zeit einer günstigen Wendung entgegen harrend. Möge sich nur Ihre körperliche Lage befestigen, damit Sie so manchen Anforderungen die Stirne bieten können. Auch mir thut weh, die Früchte Ihrer vielfach gründlichen Studien nicht zeitig zu genießen; denn wenn man redlich um sich her sieht, so findet man bey mannichfaltigem Thun und Treiben oft das Wichtigste unerörtert.

Nun aber möge Sie die antike Schönheit freundlichst begrüßen; das reine Manuscript kann ich nur, wann es höchst nöthig ist, aus den Händen geben. Da der Guß nach dem so lange studirten Modell endlich geglückt ist, so wird nun des Ausführens und Ciselirens kein Ende. Möge indessen der Eintritt in den Porticus erfreulich seyn und Sie sich eine Weile daran ergetzen; wenigstens gibt er ein Vorgefühl des Innern, wenn auch darin manches Mysteriöse möchte verschlossen seyn.

Nun aber vermelde, daß unser wackerer Ober-Baudirector glücklich angelangt ist und viel zu erzählen hat, wie er durch unsre Empfehlungen nach allen[234] Seiten Raum gewonnen und überall die beste Aufnahme gefunden hat. Auf ein Schreiben an Fräulein Cuvier bringt er mir die freundlichste Antwort, da schon vorher eine sehr schätzbare Sendung Montmartrer Fossilien und instructiver Modelle angelangt waren. Ich werde durch Rückantwort und Gegensendung mich dankbar erweisen.

Nachricht geben muß ich sodann, daß in diesen Tagen uns von oben herab Freude und Hoffnung gegeben worden, indem unsere älteste Prinzeß Marie mit dem königlichen Prinzen Carl von Preußen verlobt ward, so daß, wie der vorige Winter mit Tod und Trauer begonnen, dieser nun mit Leben und Lust seinen Anfang nimmt. Diese, beiden Theilen und Zuständen höchst wünschenswerthe und angemessene Verbindung erheitert auch die Aussichten in die Zukunft, und man kann sich immer freuen, wenn das Rad, das sich nach unten gebogen, auch einmal sachte zum Aussteigen gelangt.

Nun will ich nur noch die Ankunft Ihres werthen Schreibens vom 16. November melden und noch hinzufügen, daß Ottilie sich von jenem bedenklichen Sturz genugsam wieder erholt hat, sich wieder putzen, Lippen und Füßchen wieder in Bewegung setzen mag.

treu angehörig

W. d. 22. Nov. 1826.

J. W. v. Goethe.[235]


41/202.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

die mir zu so hohen Ehren gereichende Medaille, als einem viele Jahre theilnehmenden und freundlichen Mitarbeiter, zutraulich übersendend, empfehle mich zu fernerem geneigten Andenken.

Wollten Sie mir das Mikroskop von Amici herüberschicken, so würde ich bey allenfallsiger Absendung und Rückkehr durch einen Kunstverständigen dessen Zustand verificiren lassen, damit wir uns aller Verantwortlichkeit entziehen.

Noch eine wissenschaftliche Anfrage: in nordamerikanischen Schriften ist von Fichten die Rede, welche, umgehauen, aus der Wurzel ausschlagen und Dickichte bilden; welche Species wäre das?

Mit den aufrichtigsten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 22. November 1826.

J. W. v. Goethe.


41/203.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

genießen jetzo der angenehmsten Familienabende, die Ihr Herr Vater durch lebhafte Unterhaltung erheitert.

[236] Gedenken Sie meiner dabey zu Zeiten und meines Wunsches, daran theilnehmen zu können.

Hiebey die Anfrage, ob Sie geneigt wären, den Druck eines neuen Stückes Kunst und Alterthum zu beginnen? Wir ruckten auf diese Weise thätig in's neue Jahr hinüber und könnten es zu Ostern bequem erscheinen lassen.

Weimar den 22. November 1826.


41/204.


An N.N.

[Concept.]

Im vierten Hefte des ersten Bandes zur Naturwissenschaft, Seite 267, findet sich Auskunft über das dem Herrn Professor Gruithuisen vorgewiesene Trinkglas. Dasselbe zeigt, bey wenig veränderter Stellung zu Licht, Schatten und Auge gelb und blau, grün und violett, und leistet dasjenige, was von allen trüben Mitteln zur Erscheinung gebracht wird, wegen seiner Form und dem besondern Glück des Einschmelzens vorzüglich und auffallend.

Ich lege hier bey 1) ein leicht getrübtes Glas, hellgelb und violett zeigend; 2) ein mehr getrübtes, röthlich gelb und hellblau zeigend, beide auf einem Täfelchen schwarz und weiß getheilt.

Jedes Tageslicht, besonders aber reiner Sonnenschein wird hiebey am besten wirken. In der Atmosphäre[237] ist mit einiger Aufmerksamkeit das Gleiche zu erblicken. Das wahre Fundament der Farbenlehre liegt jedem täglich vor Augen.

Weimar den 24. November 1826.


41/205.


An Johann Peter Eckermann

[Concept.]

Die Fortsetzung der im letzten Stück von Kunst und Alterthum abgebrochenen französischen Recension meiner dramatischen Werke vermisse ich unter meinen Papieren; hab ich sie Herrn Doctor Eckermann geborgt, so bitte um deren Zurücksendung.

Weimar den 25. November 1826.


41/206.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Habe ich etwa, als ich Ihnen neulich das Manuscript der Kunst-Recensionen überschickte, noch ein anderes zufällig beygelegt, das sich auf die französische Übersetzung meiner dramatischen Werke bezieht? Sie lagen beysammen und das letztere kann ich nicht finden. Erlauben Sie, mein Theuerster, daß ich heute Abend den Wagen schicke.

Weimar den 26. November 1826.[238]


41/207.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

gnädigst mitgetheilte Intention: die Herausgabe der Herzoglich Bernhardischen Tagebücher an das geographische Institut anzuknüpfen kann ich nur mit vollkommenster Beystimmung erwidern; der Vorgesetzte jenes Instituts ist mit geographischen und itinerarischen Kenntnissen durchaus vertraut und steht mit Männern vom Fach in Verbindung, welche dergleichen Arbeiten im Zusammenhang behandeln.

Sollte nun solchen Personen das gedachte Geschäft übertragen werden, so würden sie sich zur Pflicht machen, es in seinem Umfange zu überdenken, auch zu überlegen, auf welche Weise es anzugreifen und durchzuführen seyn möchte. Ist dieses geschehen und glaubte man alsdann, daß ich zum Besten einer Sache, die mich selbst höchlich interessirt, einiges beytragen könne, so werde mit Vergnügen die mir zugedachte Theilnahme bethätigen, wahrscheinlich aber nur das, worüber man übereingekommen, zu billigen haben.

Zu einiger vorläufigen gründlich einleitenden Instruction finde mich, nach einmaliger nur flüchtiger Durchlesung der sehr interessanten Hefte, nicht vorbereitet und unterrichtet genug.

[239] Doch werde mich zu allem und jedem, auch, wäre es gefällig, zu einer mündlichen Berathung, so schuldig als bereit finden lassen.

Weimar den 27. November 1826.


41/208.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[27. November 1826.]

Ew. Königlichen Hoheit

gestehe mit einem Gefühl, das sich der Beschämung nähert, wie ich die verschiedenen Symptome der Witterung, die mit einander nicht congruiren, zu deuten nicht getraue. Bey aller sorgfältigen Beobachtung und gewissenhaftem Nachdenken läßt sich nur soviel mit Gewißheit sagen, daß im Allgemeinen ein gesetzlicher Gang anzuerkennen ist, da sich das Jahr über im Durchschnitt alles wieder in's Gleiche setzt. Aber das theils Anerkannte, theils Geahnete auf's Einzelne anzuwenden scheint mir eine unüberwindliche Schwierigkeit und dieß besonders auch deswegen, weil man selbst wohl manches wahrscheinlich finden mag, bey andern aber schwerlich eine durchgängige Zustimmung erwarten darf.

In beyliegendem Briefe entschuldigt sich Schrön, daß er die auf den 29. d. M. bevorstehende Sonnenfinsterniß nur im Allgemeinen angeben könne, und setzt die Schwierigkeiten einer genauen Berechnung[240] aus einander. Daß man den für ihn auf einer auswärtigen Sternwarte zu wünschenden Aufenthalt in diesem Spätjahr nicht in Antrag gebracht, davon war der bisher zweifelhafte Zustand von Gotha einigermaßen die Ursache, vorzüglich aber die Einführung neuer Tabellen, ein Supplement zu den Instructionen für die Beobachter und die Belehrung eines neuen Gehülfen, welcher vor kurzem antrat. Wenn alles im Gange ist, wird künftiges Frühjahr wohl die Rede davon seyn können.

Ein gleichfalls beyliegendes Promemoria gibt genaue Auskunft über das Personal der gegenwärtig Beobachtenden und zeugt von Schröns fortdauernder Thätigkeit, wie denn noch andere Arbeiten desselben gelegentlich vorgelegt werden sollen.

Die ernste und eifrige Theilnahme, welche Ew. Königliche Hoheit an den serbischen Gedichten nehmen, gereicht mir zum größten Vergnügen. Dieser Völkerschaft und ihren poetischen Denkmalen bin ich schon seit vielen Jahren auf der Spur; erst jetzt aber werden wir mit der Fülle derselben durch das schöne und ausharrende Talent der Fräulein v. Jakob in Halle genugsam bekannt, und, wie Höchst Dieselben selbst bemerken, je mehr man Werth und Umfang dieser Darstellungen kennen lernt, desto mehr ziehen sie uns an. Alles ist neu: Nationalität, Persönlichkeit, Heldenthum, Religion und Aberglaube, innere und nachbarliche Verhältnisse. Darf ich das in Ihro Händen[241] befindliche, mir gewidmete Dedicationsexemplar Höchst Denenselben anbieten, wird es mir eine Freude seyn, meine alten wunderlichen Freunde, die Übersetzung und mich zugleich angelegentlichst zu empfehlen.


41/209.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey den Anfang des Manuscripts zu dem neuen Stücke von Kunst und Alterthum. Schmutz- und Haupttitel wollen wir bis zuletzt versparen, indem ich einige zeitgemäße Gedichte sogleich mitzutheilen gedenke.

Es wird mich freuen, wenn Sie diesem Stücke noch besonders einige typographische Aufmerksamkeit widmen wollen; auch würde ich gern auf Velinpapier Verzicht thun, wenn mir die Exemplare durchaus auf Papier wie Ihr neuer Tasso gereicht werden können.

Bey dem Manuscript habe Folgendes zu bemerken: Schiller hatte die Art, die aus fremden Sprachen abgeleiteten Worte mit lateinischen Lettern zu schreiben; da wir aber bey unserm Abdruck hiezu lieber deutsche Schrift nehmen, so wollt ich ersuchen hiernach Setzer und Corrector zu beauftragen.

Mich allseits schönstens empfehlend und das Beste wünschend.

Weimar den 29. November 1826.[242]


41/210.


An Amalie von Levetzow

[30. November 1826.]

Die, schon heute vor einem Jahr, mir gnädigst zugedachte so ehrenvolle Medaille hat sich in der Zeit zu einem bedeutenden Kunstwerk gesteigert und gibt mir den schönsten Anlaß meine theuern geprüften Freunde auf's treulichste zu grüßen und mich ihrem ferneren Wohlwollen angelegentlichst zu empfehlen.

Und so nehmen Sie denn auch, theuerste Freundin, zu meinem Gedächtniß einige Exemplare, die ich in der Hoffnung sende, daß in Ihrem lieben Kreise noch die herzlichen Gesinnungen obwalten, die bey mir unverändert lebendig geblieben sind. Schon vom siebenten November vorigen Jahrs ist die Medaille datirt; die verzögerte Ausprägung derselben aber ist eigentlich Schuld meines längeren Schweigens, da ich sie zu übersenden von Monat zu Monat hoffen konnte.

Sehe ich jedoch über diese lange Pause zurück, so kann ich von der vergangenen Zeit nicht viel Gutes rühmen. Der Tod des russischen Kaisers zerstörte die Geselligkeit des hohen Familienkreises, der Einfluß dieses Unfalls in seinen Folgen verbreitete sich leider über die nächsten Verhältnisse und so fortan, daß theils mitgetheilte Trauer, theils verhinderte Freude jedermann in Mißbehagen und Unmuth versetzte;[243] woraus wir uns nur erst wieder nach und nach erholen konnten.

Zu Anfang des Frühjahrs ward ich persönlich und in meinen häuslichen Umgebungen verletzt; meine gute und artige Schwiegertochter stürzte vom Pferde, gerade da ich zu eigener Aufheiterung ihrer am meisten bedurfte, und so hielten wir uns den Sommer über zwar in guter Fassung, auch ununterbrochener Thätigkeit, aber doch ohne eigentliches Behagen und sind nun froh eine solche Prüfung überstanden zu haben. Auch mag ich jetzt nur sprechen von dem, was vorüber ist, Ihre freundliche Theilnahme an dem Vergangenen, so wie ein liebevolles Andenken für die Zukunft erbittend.

Lassen Sie mich nunmehr wissen, daß es Ihnen diese Zeit her besser als dem Freund ergangen, sagen Sie mir von den guten und lieben Töchtern das Beste und Schönste, inwiefern Sie noch beysammen sind, oder inwiefern eine früher angedeutete Aussicht Sie getrennt hat. Von Marienbad und Carlsbad her hatte ich durch weimarische Freunde gute Nachricht, so wie ich nicht vergessen darf, daß die Fasanen zur rechten Zeit und in vollkommen genießbarem Zustande angelangt sind. Empfehlen Sie mich allseits und gedenken mein zur guten Stunde.

Verzeihung der fremden Hand! die meine wollte diesmal nicht recht fördern.

treu anhänglich

Weimar d. 7. Nov. 1826.

J. W. v. Goethe.[244]


41/211.


An C. B. Zeis

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nehme mir die Freyheit abermals höflichst zu ersuchen, beygehende Sendung an Frau Baronin v. Levetzow abgehen, nicht weniger die Ankunft des Gegenwärtigen, so wie den jetzigen Aufenthalt der Dame [mich] zunächst gefällig erfahren zu lassen.

Der ich mich, in dankbarer Anerkennung, mit besonderer Hochachtung unterzeichne.

Weimar den 30. November 1826.


41/212.


An Johann Heinrich Meyer

Um 11 Uhr, mein Werthester, besuchen mich unsere schönen lieben Prinzessinnen. Mögen Sie sich auch einfinden, so sind Sie willkommen. Haben Sie noch Oldendorps kleine Landschaften von Schulpforte und der Umgegend, die ich vermisse, bey sich so bitte solche Überbringern sogleich mitzugeben. Weimar den 3. December 1826.

G.


41/213.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

geistreiche Ansicht, daß man, verschiedene Völker in verschiedenen Epochen der Geschichte vergleichend, erst[245] zu einem sichern gemeinsamen Begriff gelange, stimme völlig bey. Steile Gebirgsgegenden, indem sie die Gefahren der Bewohner vermannichfaltigen, sondern Wehrhaftigkeit und Widerstand; sie befestigen ihre Wohnungen auf unzugänglichen Bergrücken und Gipfeln; das Gefühl von Unabhängigkeit entspringt, kleine und größere Händel, kürzere und längere Fehden sind unvermeidlich, und niemals werden sie sich vereinigen als gegen die im Flachlande angesiedelten Völker und Gewalten, über welche sie in jedem Sinne ein großes Übergewicht behaupten. So wogten zwischen England und Schottland die Baronen, und so wogten und wogen die Serbier noch zwischen ihren südlichen und nordöstlichen Nachbarn; deswegen erscheint auch in ihrer Poesie so gar anmuthig ihr Verhältniß zu Venedig und so kräftig, wenn auch zuletzt nicht glücklich, ihr Kämpfen gegen die Türken. Nach solchen Betrachtungen wird denn die Vergleichung, wie Höchst Dieselben sie anstellen, vom Grundsinn bis zur einzelsten Äußerung mehr angenehm und belehrend.

Der Autor des mitgetheilten Werkchens soll willkommen seyn; er hat Mineralogie und Geognosie recht hübsch inne, auch ist ein klarer praktischer Blick an ihm zu loben. Nur muß man es ganz besondern Umständen zuschreiben, daß er gleichsam einen Zauberkreis um eine bedeutende Gegend als genauer Beobachter herumzieht und die Mitte liegen läßt, die uns auf einmal das einzelne Bunte eines solchen[246] Reisezugs im Zusammenhang aufgeklärt hatte. Indessen ist das, was er liefert, immer sehr dankenswerth. Der bloße Anblick des Epidendrum elongatum setzt in Erstaunen, und man wird erinnert, daß die Luft mit ihrem Inhalt auch ein nahrhaft Element ist wie Wasser und Erde, daß noch immer Feuchtigkeiten darin enthalten sind, um so bedeutenden Wachsthum zu begünstigen. Selbst die rohrartige Gestalt der Pflanze reizt uns, das unsichtbare und kaum fühlbare Element, das uns umgibt, als eine Art von See zu betrachten, aus welchem wir Nahrung und Anregung unsres Daseyns empfangen.

Von meinen höchst beschränkten Pflanzenexemplaren ist in diesen Tagen die Cacalia articulata zur Blüthe gekommen, woran die Einleitung der Inflorescenz so wie der Blüthenstand selbst wunderbar genug die allgemeinen Gesetze auf die seltsamste Weise specifi cirt. Warum ist mir nicht gegönnt in dem reichsten belvedereschen Vorrath mehr ausgebreitete und bedeutendere Betrachtungen anzustellen?

Noch einige bey mir sich vorfindende Papiere füge dankbar hinzu.

Verehrend unterthänigst

Weimar den 5. December 1826.

J. W. v. Goethe.[247]


41/214.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende sogleich noch einiges Manuscript, das weitere folgt nach und nach.

Im Ganzen wünschte bey den Hauptaufsätzen neue Seiten; bliebe die vorhergehende zu leer, so könnte bey der Revision ein kleines schickliches Gedicht, ein Sprüchlein oder sonst ein Nachsatz eingeschaltet werden, wenn es Ihnen technisch nicht unbequem wäre. Der Druck nimmt sich wie bisher mit den wenigen Abänderungen sehr gut aus; alles kömmt auf's Papier an, woran denn freylich unsre meisten Hefte und Bücher kranken.

Die Meinigen, durch die freundliche Aufnahme wegen der Witterung genugsam entschädigt, sind glücklich zurückgekommen und empfehlen sich schönstens.

d. 9. Dec. 1826.


41/215.


An Moritz Oppenheim

Sie erhalten hierbey, mein werthester Herr Oppenheim, die mitgetheilten Skizzen dankbar zurück. Ein glückliches Malertalent ist darin nicht zu verkennen, und ich gestehe gerne, daß ich mich an den mannichfaltigen Gedanken und Compositionen erfreut habe.

[248] Wollen Sie mir zum freundlichen Andenken irgend ein Blatt bestimmen, so wünschte ich den kleinen Tobias, dessen gut gedachte Gruppe, als Träger von Licht und Farbe nochmals durchgesonnen, sich sehr gut ausnehmen würde; wobey ich dem Engel die Gestalt eines rüstig gesunden Wanderers wünschte, dem so besorgte Eltern allenfalls einen Jüngeren vertrauten. Statt der Flügel wünschte ich ihn allenfalls nur mit einem leichten Schein um den Kopf genialisch bezeichnet, stärker bewegt fortschreitend, mit dem ausgestreckten linken Arm winkend und so der Stellung wie dem Geiste nach mit der Gruppe näher verbunden. Das ungeduldige Hündchen componirt zwar jetzt mit dem Engel ganz gut; können Sie aber demselben Bewegung und Ausdruck von Scheu geben, welches freylich schwer seyn möchte, so wäre die Ahnung, welche die Thiere vor geisterhaften Erscheinungen haben sollen, dem Gegenstand gemäß schicklich ausgedrückt.

Sollten es Ihre Zustände erlauben, so begeben Sie sich in das Pariser Kunstelement; dort finden Sie für den jetzigen Augenblick am sichersten, was Sie zu Ihrer Ausbildung bedürfen.

Mit aufrichtiger Theilnahme.

ergebenst

Weimar den 9. December 1826.

J. W. v. Goethe.[249]


41/216.


An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen beykommende Sendung: zuvörderst den ersten Fascikel der brasilianischen Pflanzen, früher schon durch Director v. Schreibers angekündigt. Das illuminirte Exemplar ist besonders erfreulich, und mir war höchst angenehm das Geschlecht Manihot so gut ausgestattet zu sehen; die Stengelblätter der utilissima haben schon einen bedeutenden habitus, auf sonstige merkwürdige Eigenschaften der Pflanze hindeutend.

2) Folgt anbey das liebeslustige serbische Gedicht. Die Kleidung des schönen jungen Mädchens ist so bunt und wunderlich, daß man sich die Stickerey und Würkerey kaum so seltsam denken kann; doch finden sich ähnliche Zeuge an der Kleidung solcher Calabresen, welche von Serbiern abstammen.

3) Wen das schöne Porträt von van der Helst eigentlich vorstelle, wird schwer auszumitteln seyn. Der Auctionator Weigel in Leipzig, dem die nach diesem Meister gestochenen Blätter am ersten bekannt seyn müssen, könnte vielleicht darüber Auskunft geben; ich werde sogleich deshalb die Anfrage an ihn ergehen lassen.

Verehrend

unterthänigst

Weimar den 9. December 1826.

J. W. v. Goethe.[250]


41/217.


An Sulpiz Boisserée

Die gute und reine Aufnahme meiner eintretenden Helena, wenn schon gehofft und vorausgesehen, war mir höchst erfreulich. Hier abermals ein Schritt weiter, und ich denke, es muß Ihnen angenehm seyn zu sehen, wie das Räthsel sich verwickelt und entwickelt, wie Ihre Vermuthungen und Ahnungen sich erfüllen oder getäuscht werden. Übrigens haben Sie ganz recht gefühlt, daß dieser Quasi-Prolog mit reiner alterthümlicher Liebe verfaßt ist. Einige Stellen in dem Schillerischen Briefwechsel zeugen, daß ich vor zwanzig Jahren, als ich wieder an dieß Geschäft ging, bedauerte, nicht zu vollkommenem tragischen Ernst den Plan angelegt zu haten. Und so möge denn das Weitere uns zu fernerer freundlicher Unterhaltung dienen.

An Herrn Leybold habe in gegenwärtigem Falle, wie schon früher gedacht; auch gibt ihm Herr Coudray zunächst wie Sie das beste Zeugniß; doch ist die Gefahr zu groß, weil ein Bildniß hundert und aber hundert Reden und Widerreden ausgesetzt ist. Ich habe dergleichen Bildnisse seit vielen Jahren immer mit Undank und Unwillen belohnt gesehen; auch hätten wir dießmal die Berliner Künstler, mit denen man in Verhältniß steht, und die gewiß Ansprüche machen werden, entgegenstehen und wäre so in doppelter Gefahr.

[251] Indeß gebe ich nicht alle Aussicht auf und bemerke den Gang der Sache; Sie hören weiter davon.

Möchten Sie wohl nun einige Aufträge an Herrn v. Cotta übernehmen?

1) Danken Sie ihm schönstens für die übersendete zweyte Anzeige. Auch diese nimmt in Druck und Papier sich recht gut aus. Die völlige Gewißheit, daß die erste Lieferung zu Ostern hervortreten werde, ist mir zu großer Beruhigung. Freylich weiß ich recht gut, was für Anstalten und Arbeit dazu nöthig sind.

2) Die Anfrage: ob wir wohl gegen Weihnachten Kenntniß erhalten könnten, wie weit es mit der Subscription gekommen? Es müßte sich zu der Zeit doch schon etwas Bedeutendes hervorgethan haben.

3) Wäre es freundlich, wenn Herr v. Cotta mein opus supererogationis, wie ich die Helena wohl nennen darf, mit einem Dutzend Exemplaren des neuesten Faust honorirte. Ich wünschte sie auf feines Papier, ungeheftet und ungebunden. Gegen gränzenlose Gefälligkeiten von allen Seiten weiß ich kaum mit kleinen Attentionen mich dankbar zu erweisen. Ein sauber gebundenes Exemplar von Faust ist schon so eine Art von Gabe wozu ich denn auch die neuste Ausgabe von Werther zahlreich benutze.

4) Anfrage: Herr v. Cotta hat doch eine Medaille erhalten? Herr Canzler v. Müller, der schönstens grüßt, hat auch diese Sendung übernommen.

[252] 5) Ist Ihnen nachstehendes Buch bekannt, das ich in einem ältern Catalog angezeigt finde: Collection des pierres antiques dont la châsse des SS. trois rois mages est enrichie dans l'église metropole à Cologne, 4°, cum fig. Ich habe zwar leidliche Schwefelabgüsse aus der letztern Zeit, doch wäre es artig, durch dieses Werk vielleicht zu erfahren, was sonst da gewesen ist.

Es ist wohl unnöthig, was mir eben zu bemerken einfällt, daß wir auf dem Titel eines jeden Bandes meiner Werke, wie schon auf der Anzeige steht, »Unter des durchlauchtigsten deutschen Bundes schützenden Privilegien« zu setzen haben.

Ich lege ein nekrologisches Druckblättchen bey, es kömmt dadurch einer der ersten schönsten Gedanken unsres Fürsten bey seinem Regierungsantritt zur Evidenz, die bedrängten Waisenkinder aus ihrem Erziehungskerker zu befreyen und sogleich mit ihrem Lebensbeginn der lebendigen Mitwelt zu übergeben. Erlauben Sie, daß ich von Zeit zu Zeit dergleichen auf unsre innern und äußern Zustände sich Beziehendes vertraulich mittheile.

Nun aber schließe ich mit den besten Grüßen und Wünschen.

treu verbunden

Weimar den 10. December 1826.

Goethe.[253]


41/218.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

haben abermals die Gefälligkeit, die von Augsburg eingegangenen Bemerkungen zu berichtigen. Sie ergeben sich, wie mir es scheint, von selbst, doch habe ohne Ihr Mitwissen hierinne nichts erlassen wollen.

Der ich mich zu geneigtem Andenken bestens empfehle.

ergebenst

Weimar den 11. December 1826.

J. W. v. Goethe.


41/219.


An Friedrich Jacob Soret

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey zu gefälliger Absendung nach Genf sechs Exemplare der mir zu so hohen Ehren gereichenden Medaille. Mögen Sie eine davon Herrn Müller daselbst, welcher durch Vorlesungen über deutsche Literatur sich um uns verdient gemacht, abreichen lassen, so würde ich mich einer alten Schuld gegen denselben erledigt sehen.

Mit den besten Wünschen, Zutrauen und Ergebenheit.

Weimar den 11. December 1826.

Goethe.[254]


41/220.


An Johann Wilhelm Schneider

[Concept.]

Der Herr Staats-Minister v. Goethe ersucht Herrn J. W. Schneider, eine Pastete mit Fischwerk von mittlerer Größe gegen die Christfeyertage hierher zu senden; auch 3 Pfund ächte Perigord-Trüffeln beyzulegen; da denn sogleich die Zahlung beider Sendungen erfolgen wird.

Weimar den 13. December 1826.


41/221.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende hiebey die beantworteten Bemerkungen schleunig zurück und setze die Versicherung hinzu, daß ich mit Vergnügen eine Gelegenheit ergriff auszudrücken, wie sehr es mich erfreut und beruhigt, die Ausgabe meiner Werke in so guten Händen zu wissen. Da sich ergibt, wie schwer, ja unmöglich es sey, ein abzudruckendes Exemplar vollkommen rein und ohne zweifelhafte Stellen zu übersenden, so konnte nichts wünschenswerther seyn, als solches nochmals strenge durchgesehen zu wissen. Haben Sie ja die Güte, was Ihnen einigermaßen zweifelhaft vorkommt, zu überschreiben.

[255] Da es sich nicht wohl schicken will, daß wir die Privilegien in extenso geben, so ist wohl schon eingeleitet, auf dem Titel von jedem Theile die Worte zu setzen, wie sie auch schon auf der Anzeige stehen: Unter des durchlauchtigsten deutschen Bundes schützenden Privilegien.

Mit vorzüglichster Hochachtung

Ew. Wohlgeboren pp.

Weimar den 17. December 1826.


41/222.


An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit,

wage in gegenwärtigen bedeutenden Momenten mit den letzten meteorologischen Tafeln unterthänigst anzugehen mit bescheidener Frage, ob es Höchst Denenselben gefällig seyn möchte dem Verfasser derselben, dem Conducteur Schrön, zu Herrn General v. Müffling den Zutritt einzuleiten. Es scheint mir dieß eine gar gute Gelegenheit zu abermaliger Prüfung dieses fleißig, genau und zuverlässig arbeitenden jungen Mannes.

Ferner darf ich wohl gedenken, daß die Sammlung der früheren Tabellen noch in den Händen des Herrn v. Lindenau ist und die Restitution dieses Schatzes an unser meteorologisches Archiv wohl sehr wünschenswerth seyn möchte.

[256] Sodann bemerke vorläufig, daß die serbische Literatur noch mehr, in Tiefe und Breite, bekannt zu werden verspricht. Ein Serbier: Simeon Milutinovitsch, welcher mit Czerny George gefochten zu haben sich rühmt, hauset gegenwärtig in Leipzig und mit einem tüchtigen Schnurrbart, auch acht orientalisch-martiali schem Ansehn tritt er als Poet und Grammatiker auf. Er hat ein heroisches Gedicht in seiner Sprache und dem bekannten Sylbenmaaß in 4 niedlichen Duodezbänden drucken lassen, unter dem Titel: Serbianca; eine Schilderung des Aufstands-Krieges Serbiens enthaltend, das zwar vor mir liegt, mir aber noch ein verschlossenes Buch ist. Nächstens vermelde das Nähere über seine Herkunft, Lebensgeschichte und Dichtungen, woraus auf die eigenste Weise hervorgeht, daß jene uns so sehr zusagende ältere Poesie dort noch immer lebt und producirend wirkt.

Manches Andere zu schicklicher Zeit vorzutragen und mitzutheilen mir die Vergünstigung vorbehaltend.

Weimar den 18. December 1826.


41/223.


An Johann Lorenz Schmidmer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

mit Gegenwärtigem anzusprechen veranlaßt mich ein durch Herrn Hofrath Meyer erhaltener Catalog zur[257] Auction vom 8. Januar 1827. Ich finde darin Seite 16, Nr. 290 ein Paar Messer und Gabel von Elfenbein, eine Kindergruppe vorstellend, wofür, wenn sie unversehrt ist, etwa 10 fl. Commission gebe.

295-99. Fünf Majolicaschalen. Für jede würde ich 6 fl. alle zusammen 30 fl. committiren.

310. Ein Pferd von Bronze. Wäre allenfalls für 10-15 fl. zu erstehen.

Da man aber aus der Ferne den höhern oder geringern Werth solcher Gegenstände nicht beurtheilen kann, so gereicht es mir zum besondern Vortheil, an Ew. Wohlgeboren einen Mann zu kennen, bey dem man sich zutraulich hierüber Raths erholen darf. Da nun bis zur Auction noch einige Frist läuft, so ersuche Dieselben mich zu benachrichtigen, wie hoch allenfalls die genannten Gegenstände zu schätzen wären und für welchen Preis man solche zu erhalten hoffen dürfte, wornach ich dann meine Resolution alsobald anzeigen würde.

In dankbarer Erinnerung früherer Gefälligkeiten und in der angenehmsten Aussicht meine gegenwärtigen Wünsche erfüllt zu sehen, unterzeichne mich mit Hochachtung und Vertrauen.

Weimar den 19. December 1826.[258]


41/224.


An Johann Heinrich Meyer

Einen merkwürdigen Brief übersende, der das Echo unsrer Klage über die Alpen herüber bringt. Wünsche das beste Befinden und baldiges Wiedersehn.

Weimar den 19. December 1826.

G.


41/225.


An Franz Baumann

[Concept.]

Beykommendes Cereale habe vor beynahe 40 Jahren aus Sicilien mitgebracht und erst jetzt zufällig wieder vorgefunden. Dieser Waizen wird dort grano forte genannt und ist der ausgiebigere und deshalb geschätztere. Es würde angenehm seyn, wenn diese wenigen Körner in Jena sich vermehren ließen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 20. December 1826.


41/226.


An Christian Georg Carl Vogel?

[Concept.]

[26 December 1826.]

Ew. Wohlgeboren

empfangen, mit dem schönsten Morgengruße, meinen besten Dank für geneigten Beystand zu unerfreulicher Stunde und erlauben mir und den Meinigen, in ähnlichen[259] Fällen Ihren einsichtigen Rath und erprobte Hülfe auch ferner in Anspruch zu nehmen.

Mit den besten Wünschen und wahrer Hochachtung.


41/227.


An Friedrich Wilhelm Schwabe?

[Concept.]

[26. December 1826]

Ew. Wohlgeboren

haben mir und den Meinigen im vergangenen Jahre so viele Sorgfalt und Theilnahme gegönnt, daß ich meinen aufrichtigen Dank mit den besten Wünschen gegenwärtig auszusprechen nicht unterlassen darf.

Uns alle zu fernerem Antheil auf das angelegentlichste empfehlend.

Weimar den 23. December 1826.


41/228.


An Wilhelm Ernst Christian Huschke

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben die seit vielen Jahren an mir und den Meinigen wohlerprobte Theilnahme auch in dem letzten auf das lebhafteste bethätigt. Erlauben Sie, daß ich zum Schlusse die besten Wünsche zugleich mit meinem verbindlichen Danke hiermit ausspreche und uns, auch für die Folgezeit, sämmtlich angelegentlichst empfehle.

In vorzüglichster Hochachtung.

Weimar den [26.] December 1826.[260]


41/229.


An Johann Lorenz Schmidmer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gefällige Nachricht setzt mich in den Stand, die gegebenen Aufträge näher zu bestimmen. Daher würde denn folgendermaßen zu verfahren seyn:


Nr. 290. Messer und Gabel

mit elfenbeinernem Stiel

14 fl.

Nr. 295-99. Fünf Majolicateller

9 fl.

Nr. 310. Ein Pferd von Bronze

32 fl.

Nr. 403 und 4. Architekturstücke auf Glas: der Preis sey Ew. Wohlgeboren Urtheil überlassen, indem sich aus der Ferne hierüber nichts bestimmen läßt; auch kann derselbe nicht bedeutend gesteigert werden.

Der ich mit wiederholtem Dank für genaue Auskunft mich und diese kleine Angelegenheit zu geneigter Aufmerksamkeit bestens empfehle.

Weimar den 28. December 1826.


Was das Einpacken betrifft, darf ich Ew. Wohlgeboren bekannter Sorgfalt solches nicht besonders empfehlen. Das Pferd wäre wohl für sich ganz allein zu packen, da seine Schwere solches verlangt. Auch die Glasfenster haben Gefahr bey'm Transport. Doch sind Ihnen ja überall im Packen erfahrene Leute zur Hand.[261]


41/230.


An Sulpiz Boisserée

Sie erhalten, mein Theuerster, noch einen Brief zwischen Weihnachten und Neujahr, damit ein guter Eingang auf's künftige eröffnet werde. Ich schicke die besten und treusten Wünsche voraus für beiderseitiges Wohl und eine dauernde Fortsetzung unserer schönen Verhältnisse.

Auf besonderen Blättern lege bey, was ich mit Herrn Assessor Ernst v. Schiller, bey seinem letzten Hierseyn, wegen der väterlichen Correspondenz verabredet habe. Tragen Sie solches Herrn v. Cotta zu gelegener Stunde vor. Die Zeitungen sagen uns, daß der Vielseitige in den wichtigsten Landesgeschäften abermals zu bedeutendem Einfluß berufen sey, so daß er für mercantilische Einzelnheiten kaum Zeit und Aufmerksamkeit übrig haben möchte. Sie werden den schicklichen Augenblick benutzen und mir gelegentlich eine freundliche Entschließung zukommen lassen.

Sodann folgt abermals eine Sendung Helena und zunächst nun das Ganze, das Ihnen, hoffe ich, um desto genießbarer seyn wird, als Sie der Exposition dieses Räthsels eine Zeitlang Ihre Aufmerksamkeit gegönnt haben. Freylich bleibt bey so einer Arbeit bis auf die letzte Stunde, da man sie aus Händen gibt, immer noch etwas zu bemerken, zu bestimmen,[262] und man würde gar nicht fertig werden, wenn der Setzer nicht forderte.

Übrigens werde ich im nächsten Vierteljahr vorerst alles, was an der ersten Sendung noch zu thun wäre, beseitigen und dann an einer zwar angenehmen, aber doch bedenklichen Arbeit fortfahren, d.h. an der Sonderung, Reconstruction, Ausarbeitung und Abrundung der zwey Bände Wanderjahre. Es gibt ein wunderliches Opus, muß es aber auch werden nach den seltsamen Schicksalen, die es erdulden müssen.

Und so geht es denn immer weiter fort, damit die zwar wohlgeordnete und in Einem Schranke aufbewahrte Sammlung der 40 Bände noch durch mich in allen ihren einzelnen Theilen möge zurecht gestellt werden. Dieses ist meine größte ja einzige Angelegenheit, um eine testamentarische Verordnung darüber möglichst zu erleichtern.

In unserm Hof- und Staatskreise hat sich diese Zeit her manches Freundliche begeben; Prinz Carl von Preußen verlobte sich mit Prinzeß Marie, und so die ernsten wie die fröhlichen Feyerstunden gingen wünschenswerth vorüber. Weil aber zwischen die irdischen Freuden- und Hoffnungsmahle immer wo nicht ein Zank – doch ein Unglücksapfel hereinfällt, so war der Beinbruch des Königs von Preußen höchst widerlich unerwartet, dessen leidlicher Krankheitszustand und bald zu hoffende Genesung unsre schmerzliche Theilnahme denn auch wieder zu heilen anfängt.

[263] Es ist dießmal erfreulich zu sehen, wie ein junges Paar so hohen Standes wirklich von gegenseitiger Neigung ergriffen sey, was denn doch eigentlich dazu gehört, um einen solchen Schritt mit Zutrauen und Sicherheit zu thun. Seit dem Tode des Kaisers und den russischen Unbilden ist dieß eigentlich das erste Ereigniß, das die Gemüther unsrer höchsten Herrschaften von einem lange erduldeten Druck befreyt. Möge nichts Neues auf unsre Zustände lasten.

Angenehme Besuche sind mir diese Zeit her geworden: erst Alexander v. Humboldt, dann der ältere Bruder, welcher noch gegenwärtig ist. In solchen Unterhaltungen finde ich die erfreuliche Sicherheit, daß ich in meiner abgesonderten Lebensweise doch mit dem Gange der Welt und der Wissenschaft und was noch sonst am Tage etwas werth ist, in reinem Verhältniß bleibe. Womit ich denn für dießmal abschließe, manches Andere von Zeit zu Zeit mitzutheilen mit vorbehaltend.

Nur noch eins: das neue Stück Kunst und Alterthum ist im Gange; mögen Sie etwas von Ihren Unternehmungen und den neusten Vorschritten derselben gesagt haben, so theilen Sie es geneigt mit. Ist irgend ein Abdruck oder Probedruck zu Handen, so erbitte mir denselben. Auch, ob das Blatt nach Gérard, der Einzug Heinrichs des Vierten, welchen der ehrenwerthe Künstler mir durch Sie zugedacht hat, bald zu hoffen sey; im Handel ist es schon. Die[264] Unterhaltungen mit Oberbaudirector Coudray geben oft Gelegenheit, an die ersprießlichen Empfehlungen zu denken, die ihm von Ihrer Seite zu Theil wurden. Er grüßt schönstens.

Und so für's nächste wie für immer

treu angehörig

Weimar den 30. December 1826.

J. W. v. Goethe.

Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 42.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Haffner, Carl

Die Fledermaus. Operette in drei Aufzügen

Die Fledermaus. Operette in drei Aufzügen

Die Fledermaus ist eine berühmtesten Operetten von Johann Strauß, sie wird regelmäßig an großen internationalen Opernhäusern inszeniert. Der eingängig ironische Ton des Librettos von Carl Haffner hat großen Anteil an dem bis heute währenden Erfolg.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon