Fünfter Auftritt

[39] SÖLLER im Alkoven.

O Tod! Er geht mit ihr! Weh mir! ich bin verloren.

Heraus aus deinem Nest.


Er wagt sich halb aus dem Alkoven und horcht.


Ich bin auf beiden Ohren

Entweder würklich taub. Sie ist doch noch nicht fort!

Und dennoch rührt sich nichts; ich höre nicht ein Wort.

Wie wär es, wenn ich mich ein bißchen näher machte?


Er wagt sich ganz leise an die große Türe.


Sie reden noch! Ganz leis. Zum Henker!


Er meint, es käme jemand, und fährt wie Blitz in Alkoven.


Sachte! Sachte!

Es kömmt kein Mensch.


Er will wieder heraus.


Versuch's!


Er traut nicht.


Das ist zuviel gewagt.


In der äußersten Karikatur von Verlegenheit.


Was fang ich an! Ich bin ein Hahnrei!


Er rennt mit dem Kopfe wider die Wand.


Ah! es ragt

An meiner Stirne schon das Zeichen meiner Würde

Hervor! Was ist zu tun?


Er schlägt auf die Tasche.


Komm, meine teure Bürde,

Komm, rette dich mit mir, und leite mich zum Wein.

Solang man trinken kann, kann man noch glücklich sein.[39]

Der wohlgekrönte Stand ist keiner von den bös'ten;

Als Hahnrei kann man sich eh als am Galgen trösten.


Eilig durch die Nebentüre fort.


Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 5, Berlin 1960 ff, S. 39-40.
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