Ode an Herrn Professor Zachariä

[25] Schon wälzen schnelle Räder rasselnd sich und tragen

Dich von dem unbedau'rten Ort,

Und angekettet fest an deinem Wagen

Die Freude mit dir fort.
[25]

Du bist uns kaum entwichen, und schwermütig ziehen

Aus dumpfen Höhlen (denn dahin

Flohn sie bei deiner Ankunft, wie fürm Glühen

Der Sonne Nebel fliehn)


Verdruß und Langeweile. Wie die Stymphaliden

Umschwärmen sie den Tisch und sprühn

Von ihren Fittichen Gift unserm Frieden

Auf alle Speisen hin.


Wo ist, sie zu verscheuchen, unser güt'ger Retter,

Der Venus vielgeliebter Sohn,

Apollos Liebling, Liebling aller Götter?

Bebt! Er ist uns entflohn.


O gäb er mir die Stärke, seine mächt'ge Leier

Zu schlagen, die Apoll ihm gab;

Ich rührte sie, dann flöhn die Ungeheuer

Erschröckt zur Höll hinab.


O leih mir, Sohn der Maja, deiner Ferse Schwingen,

Die du sonst Sterblichen geliehn;

Sie reißen mich aus diesem Elend, bringen

Mich nach der Ocker hin.


Dann folg ich ohnerwartet einstens ihm am Flusse;

Jedoch so wenig staunet er,

Als ging' ihm, angeheftet seinem Fuße,

Sein Schatten hinterher.


Von ihm dann unzertrennlich wärmt den jungen Busen

Der Glanz, der glorreich ihn umgibt.

Er liebet mich, dann lieben mich die Musen,

Weil mich ihr Liebling liebt.
[26]

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 2, Berlin 1960 ff, S. 25-27.
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