Gedichte zu »Götz von Berlichingen«

An Friedrich Wilhelm Gotter


Schicke dir hier den alten Götzen,

Magst ihn zu deinen Heil'gen setzen[194]

Oder magst ihn in die Zahl

Der Ungeblätterten stellen zumal.

Hab's geschrieben in guter Zeit,

Tags, Abends und Nachts Herrlichkeit,

Und find nicht halb die Freud so mehr,

Da nun gedruckt ist ein großes Heer.

Find, daß es wie mit den Kindern ist,

Da doch wohl immer die schönste Frist

Bleibt, wenn man in der schönen Nacht

Sie hat der lieben Frau gemacht.

Das andre geht dann seinen Gang

Und Rechnen, Wehn und Tauf und Sang.

Mögt euch nun auch ergötzen dran,

So habt ihr doppelt wohlgetan.

Magst, wie ich höre, dann allda

Agieren, tragieren Komödia

Vor Stadt und Land und Hof und Herrn:

Die sähn das Schattenspiel wohl gern.

So such dir denn in deinem Haus

Einen rechten, tüchtigen Bengel aus

Und gib ihm die Roll von meinem Götz

In Panzer, Blechhaub und Geschwätz.

Dann nimm den Weisling vor dich hin

In Pumphos, Kragen und stolzem Kinn

Und Spada wohl nach Spanier Art

Und Weitnaslöchern, Stützleinbart,

Und sei ein Falscher an den Frauen,

Laß dich zuletzt vergiftet schauen.

Und bring, da hast du meinen Dank,

Mich vor die Weiblein ohn Gestank.

Mußt alle garst'gen Worte lindern,

Aus Scheißkerl Schurken, aus Arsch mach Hintern –

Und gleich' das alles so fortan,

Wie du's wohl ehmals schon getan.
[195]

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 2, Berlin 1960 ff, S. 146-147,194-196.
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