Vor Gericht

[128] Von wem ich es habe, das sag ich euch nicht,

Das Kind! in meinem Leib.

»Pfui!« speit ihr aus: »die Hure da!«

Bin doch ein ehrlich Weib.
[128]

Mit wem ich mich traute, das sag ich euch nicht.

Mein Schatz ist lieb und gut,

Trägt er eine goldene Kett am Hals,

Trägt er einen strohernen Hut.


Soll Spott und Hohn getragen sein,

Trag ich allein den Hohn.

Ich kenn ihn wohl, er kennt mich wohl,

Und Gott weiß auch davon.


Herr Pfarrer und Herr Amtmann ihr,

Ich bitte, laßt mich in Ruh!

Es ist mein Kind, es bleibt mein Kind,

Ihr gebt mir ja nichts dazu.


Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960 ff, S. 128-129.
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