Glück und Traum

[34] Du hast uns oft im Traum gesehen

Zusammen zum Altare gehen,

Und dich als Frau und mich als Mann.

Oft nahm ich wachend deinem Munde,

In einer unbewachten Stunde,

Soviel man Küsse nehmen kann.


Das reinste Glück, das wir empfunden,

Die Wollust mancher reichen Stunden

Floh wie die Zeit mit dem Genuß.

Was hilft es mir, daß ich genieße?

Wie Träume fliehn die wärmsten Küsse,

Und alle Freude wie ein Kuß.
[34]

Quelle:
Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960 ff, S. 34-35.
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