III.

[140] Nach einer andern Sage sollen die früher theils in Seydau lebenden, theils die in der Stadt Budissin nach ihnen[140] benannte Gasse in Menge bewohnenden Juden in dieser Höhle ihre Schätze und Kostbarkeiten verborgen haben, um dieselben bei den gegen sie verhangenen Verfolgungen zu sichern, zur Zeit der Noth davon Gebrauch zu machen und sie gelegentlich nach und nach unbemerkt fortzuschaffen. Da nun aber ihre Vertreibung plötzlich erfolgte, so hatten sie sich eilig, glücklich, nur mit dem Leben davon zu kommen, fortbegeben, und so die Schätze, deren Lagerstätte nur Wenigen bekannt gewesen, verlassen müssen. Diejenigen, welche Wissenschaft davon gehabt, waren gestorben und verdorben, und so ruhten diese Reichthümer noch im Schooße der Erde. Am Tage Ursulä des Jahres 1618 ging nun der Seydauer Martin Reike in diese Kluft, und gelangte an eine mit mehrern Riegeln und Schlössern verwahrte eiserne Thüre. Plötzlich vernahm er ein starkes Rauschen, gleich einem vom Felsen herabstürzenden Wasserfalle, und bemerkte, wie sich Schlösser und Riegel von selbst lösten. Ein furchtbarer Knall erfolgte, den Bauer ergriff die größte Angst und Bangigkeit, und zitternd und bebend enteilte er der Höhle, die sich vor seinen Augen verschloß und deren Stelle und Eingang er nimmer fand.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2, Dresden 21874, S. 140-141.
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