681. Hans Kühnenburg.795

[640] Am westlichen Abhange des Bruchberges hängt eine ruinenartige Klippe, die Hans-Kühnenburg. Da hat sich in der Vorzeit einmal ein Ritter vor seinen Feinden verborgen gehalten. Nach und nach haben sich Mehrere zu ihm gefunden und mit diesen hat er erst seine Feinde überfallen und gezüchtigt, dann aber ist er ein Raubritter geworden. Da hat er die ganze Gegend geängstigt und viel zusammengeraubt, und weil er so verwegen gewesen ist, hat man ihn Hans den Kühnen oder den kühnen Hans genannt. Sein Schloß ist nun verwünscht in eine Klippe.

Es kam einmal des Nachts ein Köhlerjunge in die Nähe der Hans-Kühnenburg. Da sieht er unten am Fuße der Klippe eine Jungfrau, die trägt ein weißes Kleid und ein großes Bund Schlüssel in der Hand. Sie winkt ihm stillschweigend dreimal. Aber die Furcht hält ihn zurück. Wie sie[640] ihn zum dritten Mal gewinkt hat und er nicht kommt, da thut sie einen tiefen Seufzer und eine Thür öffnet sich, darin verschwindet sie. Wie das der Köhlerjunge des Morgens seinem Vater erzählt, schilt der ihn aus und sagt: »Du hättest ihr sollen nachgehen, das ist eine verwünschte Schloßjungfer gewesen. Dir war der Schatz zugedacht, der in der alten Burg liegt!« Die andere Nacht geht der Köhlerjunge wieder nach der Hans-Kühnenburg. Aber wer nicht kommt, das ist die Jungfrau.

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S. Harrys Bd. II. S. 34.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 640-641.
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