45. Der Schmied von Bernau.89

[54] In der Stadt Bernau hat einmal ein Grobschmied gelebt, ein arger Sünder, Flucher und Schlemmer. Endlich ist er krank geworden und da ihm das Stillliegen im Bett und Hungern nicht gefiel, da hat er laut ausgerufen: ach, wenn mich doch der Teufel holte! Aber der Teufel ist wirklich gekommen, hat ihn beim Kragen genommen und durch die Luft geführt. Als sie nun so dahingefahren und vor dem Himmelsthor vorbeigekommen, da hat der listige Schmied den Teufel gebeten, er möge ihn doch, ehe er ihn zur Hölle schleppe, einmal durch die Himmelspforte hineinschauen[54] lassen, und der Böse, der sonst mit Niemand Mitleid gehabt, hat sich des armen Schelmes erbarmt, und ihm seinen Willen erfüllt und gestattet, einen Augenblick durch die Pforte hinein zu schauen zu den seligen Geistern. Der aber hat schnell seine Mütze durch das Gitter hineingeworfen und zu dem Teufel gesagt, er solle so lange warten, bis er sich seine Mütze wiedergeholt, ist auch stracks hineingegangen und auf Befragen St. Peters, was er hier wolle, sich schnell auf seine Mütze gesetzt und geantwortet: Ich sitze auf meinem Eigenthum! Als nun der Teufel mit lautem Geschrei seine Seele verlangte, da ist der Herr selbst zu dem Schmied getreten, hat ihm geheißen, der Wahrheit gemäß seine Sünden zu bekennen. Das hat er auch treulich gethan, der Herr hat aber mit dem armen reuigen Sünder Mitleid gefühlt, ihn heißen sitzen bleiben und der Teufel mit langer Nase abziehen müssen.

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Nach Th. Hell's Abendzeitung No. 253 metrisch bearbeitet von L. Tarnowski in Nodnagel's Poet. Sagenbuch der Deutschen S. 195.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 54-55.
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