274. Die gefesselten Männer, das eiserne Gitter und der eine Nonne tragende Mönch am Dome zu Magdeburg.339

[228] Beim Ausgange des hohen Chors im Dome zu Magdeburg zur linken Hand im letzten Sitze sieht man ein geschnitztes Kloster, nach welchem ein Mönch eine Nonne trägt, wahrend der Teufel Pförtner ist und sie einläßt. Man weiß jedoch jetzt nicht mehr, was dies zu bedeuten hat.

Auf der rechten Seite des Domes unfern der Thüre sind zwei aus Holz in der Höhe an der Wand geschnitzte hölzerne Mannsbilder, mit Ketten und Banden am Halse, Leibe, Händen und Füßen hart angefesselt. Diese sollen bedeuten, daß im Jahre 1278 den 10. Januarius die beiden Grafen von Gleichen gefangen genommen wurden, so sich feindlich hatten vernehmen lassen, sie wollten diesen Thurm wieder einreißen und einen Pferdestall daraus machen. Mit ihnen sind 300 von Adel, ihre Bundesgenossen, erhascht, zu Magdeburg gefangen gehalten, aber nur mit Wasser und Brot gespeist worden, haben sich auch alle ranzioniren müssen. Den Grafen ist es auch nicht besser gegangen, bis sie sich mit 7000 Mark Silber losgekauft, zu dessen Gedächtniß jährlich den Armen in Magdeburg eine Spende ausgetheilt wird, und ihre Bildnisse sind zum Andenken an ihren Frevel an diese Stelle im Dome gesetzt worden.[228]

Endlich soll das große, ungemein künstlich gearbeitete Gitter, welches die sogenannte Ernestikapelle oder die Kapelle Unserer Lieben Frau unter den Thürmen einschließt, ein Schlosser mit Hilfe des Teufels verfertigt haben; weil aber daran eine Schraube fehlte, und von dem Teufel ausgemacht worden war, daß wenn der Schlosser keinen Fehler an der Arbeit des Teufels entdecken könne und doch einer daran wäre, er ihm verfallen sein solle, so ist dieser mit dem Schlosser zum Kirchendache hinausgefahren, da wo man noch jetzt zwei kleine Fallthüren sieht.

339

Nach Vulpius S. 39. 40 (mit Abbild.), und Ziehnert Bd. II. S. 130. S. auch Relßieg Bd. II. S. 394 etc.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 228-229.
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