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[455] Der Graf Ernst von Klettenberg, sonst auch durch seine Tapferkeit im Bauernkriege bekannt und merkwürdig durch ein schönes ihm in der Kirche zu Walkenried errichtetes Grabmal, ritt einst an einem Sonntagsmorgen zu einem großen Gelage nahe bei Ellrich. Viele der geladenen Ritter waren hier, die hier um den Ehrenpreis, der dem besten Trinker zu Theil werden sollte, tranken. Der ausgesetzte Dank bestand in einer goldenen Kette. Viele Stunden tranken die Ritter, bis sich der Sieg mehr entschied, die meisten lagen auf dem Boden des Saales, einige lehnten an den Wänden und hielten sich dadurch in einer Art Gleichgewicht, nur einer von ihnen, Ernst von[455] Klettenberg, stand noch auf festen Füßen und ergriff als Sieger die goldene Kette, die auf dem Tische lag, und hing sie sich um den Hals.
Um sich dem Volke als Sieger zu zeigen, wankte er aus dem Gemach und befahl, sein Roß vorzuführen. Vier Knappen hoben ihn hinauf, und so ritt er unter dem Gekreisch der herzuströmenden Menge, um nach Klettenberg zurückzukehren. Als er durch die Vorstadt ritt, hörte er in der dem heil. Nicolaus geweihten Kirche die Vesper singen. Graf Ernst, in seinem Taumel, ritt durch das offenstehende Kirchthor mitten durch die versammelte Gemeinde hindurch bis vor den Altar. Der Gesang der Andacht ging in starres Anstaunen und bald in wildes Geschrei über. Aber nicht lange freute sich der wilde Graf seines Frevels, denn als das gespornte Roß jetzt die Stufen des Altars betrat, siehe, da fielen – o Wunder! – plötzlich alle vier Hufeisen von ihm ab und es sank nieder mit seinem Reiter.
Zum ewigen Andenken wurden diese vier Hufeisen an die Kirchthür angenagelt, wo sie Jahrhunderte lang wegen ihrer Größe angestaunt wurden, seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts aber kamen sie in das Inspectorat zu Ellrich, da jene Kirche eingestürzt ist.
585 | Nach Ottmar S. 115. |
Ausgewählte Ausgaben von
Sagenbuch des Preußischen Staats
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