781. Der Mönch auf dem Gutleuthofe.

[695] (S.d. Limburg. Chronik S. 83.)


Am Main eine Viertelstunde unterhalb Frankfurt liegt der Gutleuthof, jetzt ein herrschaftliches Gut, ehedem ein Siechhaus, worin die guten Leute d.h. die Aussätzigen, von der Welt abgeschlossen verpflegt wurden. In der Nähe befindet sich der oben (Nr. 760) erwähnte Grindbrunnen, den man fälschlich auch Grünbrunnen genannt hat.[695]

Im Jahre 1369 lebte aber hier ein Barfüßermönch, auch ein Aussätziger. Der machte die besten Lieder und Reihen auf der Welt in Gedicht und Melodeien, daß ihm Niemand auf dem Rheinstrom oder in diesen Landen wohl gleichen mochte. Was er sang, das sangen die Leute alle gern, und alle Meister pfiffen, und andere Spielleute führten den Gesang und das Gedicht. Er sang dies Lied: »Ich bin ausgezehlet | Man weisset mich Armen vor die Thür | Untreu ich spühr | Nun zu allen Zeiten.« Item sang er: »May, May, May, die wonnigliche Zeit | Männiglicher Freude geit, | Ohn mir. Wer meynte das?« Item sang er: »Der Untreu ist mit mir gespielt etc.« Solche Lieder und Wundergesang machte er gar viele, und war das alles lustiglich zu hören.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 695-696.
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