hh) Rübezahl thut einem unbescheidenen Zutrincker Bescheid.

[327] Ein anderer Schlesischer Student erwehnte gegen mir, daß unlängsten ein paar Kauf-Diener auß Breßlau über das Gebürge reisen wollen, darzu sie einen Gefehrten gedungen haben, nehmlich einen Mann von selbigem Gebirge, als der die beste Bahne könte zeigen, und ihnen am richtigsten in Böhmen würde verhelffen. Zur Reise aber hatten sie sich mit Proviant versehen, und auf ein Jnterim eine Flasche Bier mit sich genommen. Wie sie aber unterwegens gewesen, hatte ihnen gut gedeuchet, ein wenig zu speisen und zu trincken, darzu sie sich denn hatten niedergesetzt, drüber einer ungefehr den Rübezahl in der Ferne auf einem Baum sitzen siehet. Dieser nun, wie er ein lustiger Cumpe gewesen war, also hatte er flugs, die Flasche in der Hand habend, gesaget: »Es gilt dir, Rübezahl.« Drüber ihr Bothe war erschrocken, und flugs aufs Gesicht niedergefallen, dem Geiste gleichsam eine abbittliche Ehrerzeigung für den ruchlosen Gast zu thun, wie die Leute denn droben also sollen gewohnet seyn, wenn sie den erzörneten Berg-Gott versöhnen wollen, als den sie ohne das nicht provociren, ärgern, oder äffen, weil sie seine Ein- und Beiwohner seyn. Aber was geschiehet weiter drauf? Wie des Kramers Diener kaum die Flasche niedergesetzt hatte, da war Rübezahl in der Furi heruntergefahren kommen, hatte die Flasche mit sich in die Luft gerissen, solche erstlich zusehens außgesoffen, und hernach herunterwerts auf den Boden geworffen mit solchem Ungestüme, daß sie, ich weiß nicht in wie viel Stücke zersprungen. Ferner hat er hierauf ein gräßliches Ungewitter erreget, daß sie nicht anders gedacht hatten, als es käme der jüngste Tag, wie sie denn auch kaum ihr Leben darvon gebracht haben. Das heist einem unbescheidnen Gaste Bescheid thun.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 327.
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