Gemüts-Stillung

[63] Sey still / gib Gott die Ehr! Er weiß die zeit zu finden:

in seiner vorsicht schatz ist sie schon ausgetheilt.

Sein Ziel wird durch gedult / durch murren nicht / ereilt.

Der Ball pflegt / schlägt man stark / aufs neue zu verschwinden.

Ein Schiff laufft Hafen ein / bey sanfft gelinden winden:

der ungedultes-Brauß die Anfurt nur verweilt.

Ein still-verwundter wird viel ehender geheilt.

Von freyheit unbekriegt / lässt Er sich eher binden.

Sich blinden / Gott vertraut / ist Haupt-vorsichtigkeit.

So höher ist sein Ziel / so minder es zu greiffen:

es wunder-herrlicht sich / mit längerung der zeit.

Die kostbarn Geister Säfft / gemach / gemach her träuffen.

so wenig als die Sonn versiht ihr untergehn /

kan Gott die rechte Zeit der Hülff' auch übersehn.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 63-64.
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