Auf den aller theurest-und sauresten Blut-Angstschweiß

[135] Du aller Kräfften Krafft / der Lebens-Säffte Bronnen /

der Herzens-Geister Geist / der alle Ding' erquickt /

bist jetzt / O Wunder-Noht! vor Aengsten schier erstickt /

daß dir das Herz im Leib' ist wie ein Wachs zerronnen.

O HERR! du hast dadurch uns neue Krafft gewonnen.

Des Vatters Feuer-Aug dich grimmiglich anblickt /

die heisse Zornes-Glut / dich zu verzehren / schickt:

dadurch wir Ewig sind der Höllenflamm' entronnen.

Dein Blutes-Purpur-Thau / den Edlen Perlen gleicht:

die baisst und stösst man wol / wann man sie auf will lösen.

Du wurdest von dem Bach der Trübsal sehr geweicht /

und littest stöß' und schläg' / O Jammer! von den bösen.

Solch köstlich Wasser labt das fast-verschmachte Herz:

dein Perlen-Blut-Safft stillt / der Seelen Sündenschmerz.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 135-136.
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