Auf meines schönsten Seelen-Herrschers Verspott-und Verspeyung

[140] Du reiner Gottheit-Glantz / den gar die Seraphinnen

sich unbedecket selbst / zu loben / wagen nicht!

wird mit dem Sündenschlamm / dem Speichel / hie verpicht

die Quell der Reinigkeit / lässt sich mit Koht umrinnen /

in dem am Thabor vor die Göttlich Schön' erschienen.

Der Höllen Vnflat jetzt das Drachen-Gifft anricht /

er schiest jetzt seinen Strahl in unser Lebens-Liecht.

Noch pfleget Gottes Lieb' im Speyungs-Meer zu brinnen.

Ach wesentliche Ehr der selbsten Göttlichkeit!

wie kanst des Spottes du doch fähig seyn / und dulten?

es ist kein' Eusserung der Liebes-Macht zu weit /

und nichts unleidenlich so Gott-gleich-grossen Hulden.

Je mehr die Göttlichkeit die Strahlen in sich rückt /

je mehrer deren Krafft aus deinem Leiden blickt.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 140-141.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte