Uber das aller heiligste Leiden meines Heilandes

[131] O Jesu / Gottes Sohn! wie soll ich recht aussprechen

die unaussprechlich Treu / so du an mir gethan?

vor lauter Lieb' und Gier / und Wunder / ich nicht kan

die starken Geistes trieb / den Schall der Wörter / brechen.

Die Geistesregungen / die grossen Wallfisch / stechen

die Hirnes-Dämme durch / und lassen keine Bahn

der Würckung / daß sie sich kan schwingen Himmel an.

Doch treue Herz-Andacht soll ihren Mangel rächen.

Was darf es auch viel Wort / wo Herz und Thaten reden.

ein jeder Striem lehrt mehr / als Platons ganze Witz.

So ist auch nur das Herz der Dank-erkäntnuß Sitz:

daß will zwar / wie die Zung / vor überfluß erblöden.

Weil deines Leidens Zweck / mich neu und Herrlich machen:

gieb neues Herz und Mund / zu preisen deine Sachen!

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 131-132.
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