Die Erste Abhandelung.

[15] Cardenio. Pamphilius.

Der Schaw-Platz bildet Cardenii Gemach ab.


PAMPHILIUS.

So ist der Vorsatz denn durch keine Macht zu wenden?

CARDENIO.

Man halte mich nicht mehr in den verfluchten Enden:

Da ich in schnöder Lust / in toller Eitelkeit /

Und grimmer Angst verthan die beste Lebens-Zeit.

Wol dem / der nicht wie ich den Fuß hieher gesetzet;

Dem kein verfälschter Wahn den blinden Geist verletzet

Dem vor die Weißheit nie ein thöricht Weib beliebt.

Der nie den hohen Sinn durch herbe Lust betrübt

Wer war ich als an mir / sich mein Geschlecht erquickte:

Als mich ein Feind voll Neid nicht ohne Furcht anblickte:

Als die gelehrte Stadt mich mit Entsetzung hört!

Und meine Feder gleich der blossen Klingen ehrt.

Wer bin ich! leider nun! ein Schimpff der alten Ahnen!

Ein Spott deß nechsten Bluts: Was sind die Sieges-Fahnen[15]

Die ich allhier erjagt: Als jmmer neue Schmach:

Ein niemal friedlich Hertz vnd täglich wachsend ach!

Viel besser wenn ich mich in glantzen Stahl beschlossen

Und vor das Vaterland das frische Blut vergossen;

Viel besser wenn ich mich durch Thetis Schaum gewagt /

Und auff der wüsten See ein wüster Land erjagt.

Ich hatte mit mehr Ruhm die Faust an Pflug geschlagen:

Und dieses Feld gebaut das mich vmbsonst getragen

Ja vor der frembden Thür ein schimmlend Brot begehrt

Als hier mit Zeit vnd Gut die einig' Ehr verzehrt.

Ade den Stadt die ich mir zum Verterb geschauet:

Und du dem ich mich selbst bey manchem Fall vertrauet /

Nihm noch mein letztes an: Die Rechnung ist gemacht!

Die Segel sind gespannt: Ich scheide / gute Nacht!

PAMPHILIUS.

Du scheidest zwar von hier doch nicht auß meinem Hertzen!

Dem nichts dich rauben wird / doch laß mir deiner Schmertzen

Nicht falsches Denckmal zu! vnd gönne mir zu letzt /

Die Nachricht / wie du hier die Jugend auffgesetzt.

CARDENIO.

Die Nachricht wie ich hier in Wahnwitz mich verwirret:

Wie fern ich von dem Pfad der Tugend außgeirret?

Wol! wol! geschieht es zwar nicht sonder meine Pein!

So müß es dennoch dir ein Warnungs-Spiegel seyn!

Ich zehlte (wo mir recht) die zweymal eilfften ähren!

Als mich der Eltern Rath nach embsigem begehren /

An diesen Ort verschickt: Durch vnerschöpfften Fleiß

Zu kauffen Wissenschafft vnd nicht geschminckten Preiß

Durch auß gegründter Lehr! Ach freylich wol gemeynet!

Doch / wie wenn vns zu Nacht ein falsches Irrlicht scheinet:

Man offt den Weg verläst vnd in die Täuffen fällt /

In welchen man versinckt. So ists mit mir bestellt.[16]

Zwar erstlich! wust ich nichts als von berühmten Sachen

Die Menschen / trotz der Grufft / vnsterblich können machen;

Dafern Diane kam; gieng Phoebus über mir /

Sie funden bey mir nichts denn köstliche Papier!

Ich lehrt vnd ward gelehrt; vnd klüger vor den Jahren /

Manch greisser Bart erstarrt ob meinen gelben Haren /

Auch muntert ich den Leib zu allen Künsten auff /

Sprang auff ein hurtig Pferd / begab mich in den Lauff.

Begrieff das Lauten-Spiel / gewohnte frisch zu singen:

Bewegte mich im Tantz / verstand die Art zu ringen!

Und wo ich von mir selbst die Warheit melden kan /

Der Degen stand mir gleich der leichten Feder an.

PAMPHILIUS.

Ich hab es mehr denn offt gesehn vnd rühmen hören!

CARDENIO.

Ach leider! diesen Ruhm den ließ ich mich bethören.

Du triffst den rechten Zweck! der Dünckel nam mich ein!

Ich glaubt es könte mir kaum einer gleiche seyn /

Diß war die erste Bahn die mich von gutem führte:

Das war die erste Gifft die meine Sinnen rührte.

Kam jemand mir die quer vnd gab sich etwa bloß /

So war die Faust bereit / so gieng die Klinge loß.

Hiedurch ward allgemach mein jrrend Ehre kräncker /

Man hieß mich hier vnd dar den vnverzagten Zäncker:

Ich selbst nam in der Brunst mein Laster nicht in acht

Biß mich mein eigen Sinn auff neue Sprünge bracht /

Biß hieher war ich frey vnd hatte nichts geliebet:

Doch daß mir diese Pein die Sinnen nie betrübet /

Kam nicht von Tugend her: Weil mich der Wahn verkehrt

Ich schätzt auß Ubermut / nicht eine / meiner werth

Biß ich das Wunder-Bild Olympien beschauet:

Die mich vor dem ergetzt / ob der mir jetzund grauet:

Die als ein Wirbelwind mich hin vnd her gerückt /

Und mein zerscheitert Schiff in langem Sturm zustückt.

Ich sah sie vnd entbrand! sie fühlte neue Flammen![17]

Kurtz: Ihr vnd mein Gemüt die stimmten wol zusammen:

Mein Wahn / mein eigen Sinn / verlor sich allgemach.

Und meine Wilder-Art gab jhren Sitten nach.

PAMPHILIUS.

Die Liebe wenn sie wil verrichtet Wunder-Sachen:

Und kan die wilden zahm /die feigen kühne machen /

Sie meistert vnsern Geist / vnd mustert den Verstand

Sie schärfft den blöden Sinn / vnd stärckt die schwache Hand.

CARDENIO.

Wir waren gleich am Stand / wir waren eins von Sinnen:

PAMPHILIUS.

Kein ander Heurath-Gut hab ich je schätzen können.

CARDENIO.

Ihr tapfferes Geschlecht gab meinem nichts bevor /

So daß ich sie zur Braut / nach jhrem Wuntsch / erkor.

Ich ließ / als sie es stimmt / der schönsten Vater grüssen:

Und jhn von dieser Lieb' vnd treuem Anschlag wissen.

Er / wie mir kurtz hernach durch einen Freund entdeckt /

Ward von der Heurath durch mein Rasen abgeschreckt.

Ich sprach er / kenn' jhn wol: Sein Stamm ist sonder Tadel.

Die hohe Wissenschafft vergrössert seinen Adel.

Die Tugend / der Verstand steht seiner Jugend an!

Er ist ein solcher Mensch als jemand wüntschen kan:

Doch die zu freye Faust vertunckelt alle Sachen:

Die jhn in jeder Aug vnd Ohren herrlich machen /

Verzagten bin ich feind / vnd weiß der Ehre Ziel.

Jedoch Cardenio thut leider was zu viel!

Wolt' ich Olympien jhm gleich von Hertzen geben!

Bald wagt er sich zu frech vnd bringt sich vmb sein Leben!

So ist sie sonder Eh: Vielleicht auch sonder Ehr:

Rennt er den ander tod; so schmertzt es noch vielmehr.

Fast jhn der Richter nicht: So muß er flüchtig bleiben /

Und wir die Zeit in Angst vnd Bitterkeit vertreiben![18]

Drumb besser was zu früh als gar zu spät beklagt

Man meld' jhm daß ich schon Olympien versagt.

PAMPHILIUS.

O mehr den herber Schluß.

CARDENIO.

Schluß der mit tausend Threnen

Schluß der mit tausend Angst vnd vnerschöpfftem sehnen

Und beiderseits betraurt: Ward ich hierdurch verführt:

So ward Olympie wol lebendig gerührt!

Wie (schry sie) bin ich denn / auch eh' ichs weiß versprochen!

Kan diß ein Vater-Hertz! ist alle Trew gebrochen /

Gilt keine Liebe mehr! schlägt er sein werthes Kind /

Und dessen Wolfahrt denn so unbedacht in Wind?

Wer ists denn der mich kriegt: Werd ich auch lieben können:

Den der vmb meine Gunst kein Wort mir dörffen gönnen!

Bin ich so vnversehns vnd als im Traum versagt:

Nicht als ein freyes Kind / als ein erkauffte Magd?

Diß sprach sie vnd noch mehr; sie bat voll heisser Schmertzen:

Setzt mich Cardenio, setzt mich nicht auß dem Hertzen:

Wer weiß wo Zeit vnd Freund vnd Gott ein Mittel findt

Das mich mir wieder gibt vnd gantz mit euch verbindt

Wir schwuren denn auffs new' einander keusche Treue:

In äusserster geheim! ich gieng mit etwas scheue

Vor jhrem Fenster vmb / vnd nicht als wenn die Nacht

Der Himmel-Fackeln Heer in ihre Reyen bracht!

Ein unbefleckt Gespräch war diß was vns ergetzte:

Schaw aber wie auch hier mein Unglück mich verletzte:

Der Jungfraw Bruder gab auff mein besuchen acht

Und zog die reine Lieb' in schändlichen Verdacht.

Diane sah' herab mit gantzem Angesichte /

Als er mich überfiel; die Nacht ist was zu lichte /

Rieff er / Cardenio zu deiner Missethat.

Ist mir der Weg nicht frey? Dir steht die weite Stadt

Gantz offen: Meyde nur die meiner Eltern Gassen:[19]

Und solt ich mir von dir die Bahn verbitten lassen?

Er auff das Wort gefecht griff mich mit Eisen an!

Ich wich gleich einem der den Arm nicht regen kan /

Der Schwester Liebe stieß mich jeden Trit zurücke:

Er schriebs der Zagheit zu / vnd schertzte mit dem Glücke /

Wol! fleucht der alle trotzt! diß Wort war mir zu schwer /

Ich trat jhm auff den Leib vnd stieß die leichte Wehr /

Recht vnter seine Brust. Er sanck' / ich must entweichen

In dem sein weinend Hauß jhn / gleich entseelten Leichen /

Auß seinem Blut auffhub / vnd Artzt vnd Balsam sucht

In dem Olympie dem rauen Unfall flucht /

PAMPHILIUS.

Diß Schwerdt hat wie ich meyn' der Liebe Band zerhauen.

CARDENIO.

Wir Menschen jrren stets. Wo wir vns sicher trauen /

Sinckt vnser Schiff in Grund. Wenn mans verloren hält /

Hat das Verhängnüß offt das beste Glück bestellt.

Denn als Viren ermahnt: Den Stoß an mir zu rechen

Begunt er; er wolt ehr selbst seiner Zeit abbrechen;

Als dem zu wider seyn / der / was er frech begehrt

Ihm langsam / vnd getrotzt / hätt' ohne List gewehrt.

Was sag ich! er war kaum zu ersten Kräfften kommen

Die Feindschafft / wie mans nennt ward freundlich vnternommen /

Er ändert allen Haß in vnverfälschte Gunst

Und wüntscht Olympien werth meiner keuschen Brunst.

PAMPHILIUS.

So bricht die Sonn hervor nach rauen Donnerschlägen

Und dem mit Himmel-Feur vnd Schloß-vermischten Regen.

CARDENIO.

Sie brach vns freylich vor / doch wie sie schöner steht[20]

Im fall der Tag verkürtzt vnd sie zu rasten geht

Und schwartzen Nächten rufft. So lieff die schönste Wonne

In höchste Trübsal auß. Sie meine Seelen Sonne

Hatt' ander Hertzen auch in heissen Brand gesetzt /

Die sich unwissend' jhr an jhrem Glantz verletzt /

Doch keiner war so kühn sein Angst jhr zu entdecken:

Und jeder fand vor sich was mächtig jhn zu schrecken:

Lysander nam allein ein seltsam Mittel vor /

Und kauffte durch viel Gold der Kammer-Jungfer Ohr /

Die (O Verräther Stück) jhn in das Ruhe-Zimmer

Der keuschen Seele führt: Und (was vnendlich schlimmer)

Sich gantz vnwissend hilt. Wie nun die Nacht anbrach

Und mein' Olympie besucht jhr Schlaf-Gemach

Und der versteckte sich sie anzusprechen wittert

Und jhr zu Fusse fällt; erstarrt sie vnd erzittert

Und als das Schrecken jhr den Athem wieder gibt /

Rennt sie hell schreiend fort; Lysander laufft betrübt

Ob diesem Mißschlag durch: Wird heimlich ausgelassen

Durch die mit schuldig war. Er hatte schon die Gassen /

Als das entweckte Hauß sich ob der That bewegt

Und mit Gericht vnd Licht durch alle Kammern regt.

Olympe die nicht recht bey Nacht den Feind erkennet:

Hat als sie ward befragt auß Argwohn mich genennet /

Die Meynung ward verstärckt / weil man mich zimlich nah

Und bey noch offner Thür die Straß abwandeln sah.

Man hilt mich eilend fest / mir ward die That verwiesen.

Viren der anderwerts so trefflich mich gepriesen;

Zog diesen Schimpff zu Mut / vnd eiferte behertzt

Das ich sein Hauß vnd Stamm vnd Schwester so geschertzt /

Ich wand mein Unschuld vor / die man nicht hören wolte.

Weil der Beweiß zu viel nach jhrer Meynung golte.

Biß daß nach hartem Sturm die Sorgen-volle Nacht /

In Kummer / Unlust / Angst vnd Schwermut durchgebracht.[21]

Und der betrübte Tag vns all' auffs neue quälte /

Mich der Olympens Ehr vor gantz verloren zehlte:

Die Eltern die im Zorn sich über mich erhitzt:

Und den Verräther selbst den sein Gewissen ritzt

Olympiens Geschlecht trat bey dem Fall zusammen:

Die meisten suchten mich auß Eifer zu verdammen:

Die minder Anzahl doch gestützt durch mehr Verstand

Schlug besser Mittel vor vnd schloß daß meine Schand

Dem Ruhm Olympiens zu nahe lauffen könte:

Nichts besser denn: Als daß man mir die Jungfraw gönte

Und dämpffte den zu weit auß brechenden Verdacht.

Der Meynung fiel man bey: Es ward an mich gebracht.

PAMPHILIUS.

Diß gieng nach deinem Wuntsch.

CARDENIO.

Es gieng hier gantz verkehret

Auß Eifer hasst ich jetzt / was Lieb vnd Trew begehret

Ich sagt es klar herauß: Ich hätte sie geehrt

Als ihre Keuschheit nicht durch solchen Fall versehrt

Ich hätte sie geliebt: Als ich jhr nur behaget

Jetzt nun sie frembde selbst ins Schlaf-Gemach vertaget

Acht' ich mich was zu hoch vor eines andern Rest

Ich stellte Zeugen auff / die Sonnen-klar bevest;

Daß ich vmb selbte Stund' als mir Viren begegnet /

Geschieden vom Panquet vnd nüchtern sie gesegnet:

Daß weil bey ihnen Tag vnd Abend ich verzehrt;

Nicht möglich / daß durch List ich heimlich eingekehrt /

In ein verwahrtes Hauß das allerseits beschlossen:

Wenn schon bey später Nacht die Riegel vorgeschossen!

Sie zeugten! ich verfuhr. Der Vater ward bestürtzt

Und hätt auß Hertzeleid schier seine Zeit verkürtzt;

Als auch Olympie die er auff schärff'st ausfragte

Ihm vmb die Füsse fiel vnd naß von Threnen klagte:

Sie hätt in Furcht vnd Eil sich nicht recht vmbgeschaut

Und auß Vermuttung nur die That mir zugetraut.

PAMPHILIUS.

O wahres Ebenbild durch auß vermischter Dinge![22]

Wie ein erhitztes Roß durch vngewohnte Sprünge /

Den Ritter mit sich reist: Und führt nicht wie er wil;

So zeucht der Himmel vns von dem auff jenes Ziel.

CARDENIO.

Als nun durch diesen Sturm das Wasser recht getrübet:

Gibt sich Lysander an; streicht auß wie er geliebet

Entdeckt auch seine Schuld vnd bittet die zur Eh /

Die durch sein freveln ist gestürtzt in höchstes Weh.

Nichts daß mehr vnwerth sey / als Jungfern die die Zungen

Deß vnbedachten Volcks begeyvert vnd beschwungen:

Der Vater schlägt sie zu: Sie die in Haß entbrand

Gibt bloß / nur mir zu Trotz / Lysandern jhre Hand /

Lysandern auff den sie auß heisser Rach erzittert;

Und mir zu Trotz! weil sie mein Abschlag höchst erbittert.

PAMPHILIUS.

Und so vertäufft sie sich in ungeheure Noth.

CARDENIO.

Und mich noch zehnfach mehr in den gewissen Tod.

Gedencke wie die Seel' in Reu' vnd Angst gebrennet /

Als ich jhr Unschuld vnd Lysanders Trug erkennet:

Wie ich den Eifer-Sinn / wie ich den Tag verflucht /

Da ich so frech verschmäht was ich so steiff gesucht.

Ich fand Gelegenheit / doch nur zu meinen Schmertzen:

Da ich Olympien auß hochbetrübtem Hertzen

Tieff vmb Verzeihung bat / vnd / ob sie vnbewegt

Mir lange wider-stund; in neue Bande legt.

Wir trugen beyderseits Mitleiden mit einander:

Und liebten mehr als vor. Wir schrieben dem Lysander

Und dem Verhängnüß zu was sie vnd mich getrennt:

Und wuntschten seiner Lieb ein so erschrecklich End

Als falsch der Anfang war! schaw wie das Glücke spiele

In dem ich in dem Wahn gantz new Erquickung fühle

Und lesch' in höchster Gunst Lysanders Hoffnung auß:

Schreibt mir mein Vater zu vnd fordert mich nach Hauß /

Theils weil sein alter Leib durch Seuchen hart beschweret[23]

Theils weil sein Beystand jhn ans Königs Hof begehret:

Wie rett' ich beyde nun! Er wil getröstet seyn:

Hier wüntscht Olympe sich entbrochen jhrer Pein.

Er bittet: Sie noch mehr! doch auff sein fünfftes Schreiben:

Schwer ich Olympien unendlich trew zu bleiben /

Und eh der zweytte Mond im Himmel kan vergehn /

Schwer ich vor jhrem Aug' ohn alles falsch zu stehn.

Ich schwere durch Papier sie wöchentlich zu ehren:

Und sie von meiner Reiß vnd Wiederkunfft zu lehren.

Und mache mich von hier! ach! was ein Mensch gedacht;

Steht; was er jmmer thut doch nicht in seiner Macht!

Ich komme glücklich fort / deß Vatern Seuche schwindet

In dem er mich gesund in seinen Armen findet:

Der Hof steht seiner Bitt auff mein ersuchen zu:

Ich setz in kurtzer Zeit mein gantzes Hauß in Ruh

Hier kehr ich alles vmb. Ich schick vnzehlich Schreiben;

Die leider auff der Post gehemmt vnd liegen bleiben

Olympie die gantz nichts von mir wissen kan /

Klagt meinen Wanckelmut vnd duppelt Untrew an.

Mich / der kein Antwort könt' auff alle Brief empfangen /

Legt Kummer / vnd Verdacht vnd Feber-Hitz gefangen.

Doch richt ich mich zuletzt von meinem Siechbett' auff

Und mache / noch nicht recht erquickt / mich auff den Lauff.

Ach leider! viel zu spät. Alsbald ich an war kommen

Und nach Olympien vnd meinem Heil vernommen:

Erfahr ich! daß nunmehr Lysander sie ersetzt:

Ja daß jhr Heuraths-Tag bestimmt vnd angesetzt.

Ich hilts vor Phantasey. Biß mir ein Freund erzehlet:

Es hab Olympie sich lange Zeit gequälet /

Ob meinem aussen seyn / daß keinerley Bericht /

Kein Schreiben je ersetzt: Lysanders Angesicht

Wär jhr zwar wie vorhin unangenehm gewesen /

Lysander hätte selbst auß jhrer Stirn gelesen

Sein Ungunst / jhren Haß: Auch hätt er sich betrübt

Daß er auß Unvernunfft so freventlich geliebt /[24]

Und vnbedacht gesucht was er erbitten sollen:

Doch hab er sich selbselbst auffs höchste zwingen wollen

Zu der verlobten Dienst: Die letzlich jhn beklagt /

Daß er sein Glück vmb sie / die jhm doch feind / gewagt

Sie hätte die Geduld Lysanders müssen loben

Und allgemach mich gantz auß jhrem Sinn verschoben:

Lysander hätte diß genommen stracks in acht

Und jhr mitleidend seyn zu höchster Liebe bracht /

Sie wären denn nun zwey / doch zwey mit einem Hertzen:

Und feilte wenig Zeit zu jhren Hochzeit-Kertzen:

Ich nam die raue Post mit solchem Schrecken an /

Als kein verdampter Mensch sein Urtheil hören kan.

Noch unterließ ich nichts (wie kurtz die Zeit!) zu wagen

Ich sucht jhr meine Trew durch Schrifften vorzutragen.

Sie nam kein Schreiben mehr / vnd schickt auff letzte mir /

Stat Antwort / ein verwahrt doch ledig Blat Papir.

Ich ließ mich / als ein Weib / durch meine Freund anlegen:

Und trat jhr ins Gesicht auff offentlichen Wegen /

Und zog mein Unschuld an / sie wegerte Gehör

Und nams als stünd ich ihr nach jhrer reinen Ehr.

Der Himmel / sprach sie / hat mir eine Seel gegeben!

Ich bin Lysanders Braut / Cardenio mag leben!

Der Himmel hat von ihm mich gäntzlich abgeschreckt:

Der mir sein falsches Hertz zum zweytenmal entdeckt -

Mit diesem ging sie durch: Und ließ mich sonder Sinnen:

Wie wenn in Sterbens-Angst die Geister vns zerrinnen.

Mein Feber grieff mich an vnd hilt mich im Gemach

Biß daß jhr Heurath-Fest (O trüber Tag) anbrach!

Da hab ich mich erkühnt mit dreymal drey Gesellen /

Bey jhrem Lust-Panquet ein tantzen anzustellen

Wir traten in den Saal in schwartzer Trauer-Pracht

Verhüllt vnd gantz vermummt: Ich sprang in solcher Tracht[25]

Wie der verliebte Printz: Der den Verstand verloren /

Als seine Lust vor jhn den Medor auserkoren.

Lysander der vns nicht in dieser Wolck erkant /

Danckt vns mit höchster Ehr. Olympie entbrant'

Vor Ungeduld vnd Scham: Und ließ sich doch nicht mercken /

Umb meine Hoffnung nicht durch jhr Gesicht zu stärcken /

Celinde hat allein ich weiß nicht was erblickt

Dadurch sie mich entdeckt / sie schaute mich entzückt

Mit heissen Seuffzen an / die fruchtlos abgegangen /

Weil mich Olympie noch gar zu fest gefangen.

PAMPHILIUS.

Olympie die schon Lysanders eigen war?

CARDENIO.

Die Liebe wächst in Noth vnd stärckt sich durch Gefahr.

Und wüntscht / durch was nicht ist / vnd vnerhörte Sachen

Und nie gebahnte Weg' jhr Anschläg auszumachen.

Lysanders Hochzeit-Feur war schon in Asch verkehrt /

Doch meine Flamme nicht die heimlich mich verzehrt

Ich dacht auff neue Stück: Und als er einst verreiset;

Hatt ein erkauffte Magd mich in sein Hauß geweiset /

Ich kam denn als ein Weib die Frücht vnd äpffel trägt

Als sich Olympie zur Mittags-Ruh gelegt /

Es war gleich eins bey jhr / erblicken vnd erkennen:

Ich sah' jhr Angesicht vor Zorn vnd zittern brennen.

Und eh' ich reden könt' ach! sprach sie! ach zu viel!

Zu viel Cardenio! ein Ende mit dem Spiel!

Ich bin von Edlem Stamm; bin unbefleckt geboren:

Und wie du weist / zur Eh' vnd keuschen Ehr erkoren.

Die drey verbitten mir dich ferner anzusehn!

Cardenio von hier! ist nicht zu viel geschehn /

Daß du mein Hochzeit-Fest mit dem verstellten rasen

Ohn alle Schew entweyht: Und Funcken auffgeblasen /

Die / wenn mein sitsam seyn / mit schweigen nicht bedeckt /[26]

Ein vnaußleschlich Feur in Hauß vnd Hauß entsteckt.

Cardenio von hier: Wo nicht so magst du wissen:

Daß man dir auff mein Wort wird beyde Lichter schlissen /

Von hier vnd glaube diß / daß die dich ehrlich libt /

Die jetzt dich tödten kan / vnd dir das Leben gibt /

Wie? Sprach ich / laß ich mir mein rasen hier verweisen

Da man vmb Langmut mich / wo noch Vernunfft / soll preisen!

Laß ich Olympien in dieses Raubers Hand /

Der sie durch List erhält / der nie was Lieb' erkant.

Hat meine lange Trew so rau' ade verdienet:

Ich raß Olympie! Ich habe mich erkühnet

Zu einem Trauer-Spiel! ich komm in dein Gesicht /

(Ade Olympie) von dieser Stund' an nicht /

Als mit Lysanders Blut vnd meinem Blut gezihret;

So sprach ich vnd lieff stracks wo mich mein Grimm hin führet /

Schloß auch denselben Tag zu enden meine Noth.

Zu dämpffen meine Lieb' ins Feindes Blut vnd Tod.

PAMPHILIUS.

Doch ward der raue Schluß nicht schleunig fortgesetzet.

CARDENIO.

Weil das Verhängnüß mich mit neuer Glut verletzet /

Ich hatt auß jener Hof kaum heimwärts mich gekehrt

Als von Celinden mir ein Schreiben ward gewehrt.

Die bat / daß ich bey jhr wolt eine Nymfe schauen /

Die mir ein wichtig Stück gesonnen zu vertrauen.

Ich / als ich jhrem Brief in etwas nachgedacht

Begab mich bey jhr Hauß nicht viel vor Mitternacht /

Ich hört vmb jhre Thür Viol' vnd Lauten klingen

Doch mehr zu Schimpff' als Ehr' ich hört ein Liedlein singen

Von ihrem Wanckelmut / das ging mir bitter ein /

Ich fiel den Hauffen an / schlug mit dem Eisen drein.

Sie setzten sich zu Wehr: Und musten doch erliegen:[27]

Man sah Pandor vnd Hut / vnd Kling' vnd Harffe fliegen

Biß ich / vnd unverletzt / die Thür allein einnam

Da mir Celinde selbst erschreckt entgegen kam.

Sie danckte / daß ich sie bey dieser Zeit ersuchte:

Daß ich die Schaar verjagt: Die jhrer Tugend fluchte

Und jhren Ruhm verletzt (wo diß ein Schmach-Lied kan:)

Und bot zur Danckbarkeit sich mir zu eigen an.

Wir traten ins Gemach / da keine sonst zu finden:

Celind' vmbfing mich vnd vertraute mir Celinden:

Entdeckt jhr heisse Lieb' vnd wüntscht sie möchte mein:

Vor viel Olympien vnd strenge Buhlen seyn.

Ich schied' eh Titan kam die Sternen zu verschlissen:

Als ich den Tag hernach sie wolt' auffs new begrüssen;

Kam sie mir schöner vor vnd freyer denn vorhin:

Und fing halb seuffzend an. Cardenio ich bin /

Ich bin / Cardenio, die nur durch ihn kan leben:

Und die sich selbst vor jhn wolt' in die Flammen geben:

Doch wil er meiner Lieb ohn Leiden theilhafft seyn:

So lern' er wer ich sey / vnd geh den Rathschlag ein.

Ich / die von altem Stamm' vnd edlen Blut geboren:

Hab Eltern in dem Glantz der ersten Zeit verloren

Bin durch nicht treue Freund' vmb meiner Mutter Pracht;

Und vmb deß Vatern Gut durch Anverwandte bracht.

Krieg / Mangel / Haß vnd Noth hat mich so weit gerissen:

Daß ich der Keuschheit Blum zu letzt auffsetzen müssen /

Zwar einem / der durch Gold vnd Ansehn mich besprang

Doch durch nicht minder Lieb in dieses Hertze drang!

Und einig mich berührt: Auch wär' ich jhm vermählet

Wenn er nicht zimlich jung den Ritter-Stand erwehlet

Der ihm die Eh verbeut. Er hält mich noch allhier

Mit höchsten Kosten auff / vnd schicket für vnd für /[28]

Was zu ersinnen ist. Sein übergroß Vermögen

Kehrt in die Zimmer ein! wo nun jhm nicht entgegen

Cardenio daß ich dem zu Gebote steh /

Der vns so prächtig nährt / so leb ich sonder Weh

Zwar von Marcellus Gut / doch lieb ich jhn alleine

Cardenio mein Licht: Den ich auff ewig meyne!

Sie schloß mit einem Kuß! vnd ich gab alles nach

So schwimmt der Ulmen-Baum wenn jhn die strenge Bach

Auß seinem Grunde reist. So fiel ich mit Celinden

Durch reitzen schnöder Lust in vor verhaste Sünden

Ich der ein keusches Bild so Eifer voll geliebt

Ward durch befleckte Gunst in heisser Brunst betrübt /

PAMPHILIUS.

Ich zitter! ists Marcell der vnlängst vmb ist kommen:

CARDENIO.

Ja freylich; hör jetzt an wie jhm der Geist benommen;

Hör jetzt den frembden Fall / den ausser mir kein Man /

Umbständlich (wer er auch /) vor Augen stellen kan.

Wir zwey / Celind vnd ich / entbrant in gleichen Flammen:

Verfügten vns zwar offt doch sehr verdeckt zusammen

Und wären Zweiffels ohn noch lange nicht erwischt /

Wenn nicht mein Unverstand Marcellus Geist erfrischt /

Mich daucht es nicht genung daß mich Celind' erwehlet

Wenn ich nicht dieses Glück den Wäldern hätt' erzehlet /

Und in Gedichte bracht die sie mit Anmut sang

Wenn die geschickte Faust auff jhrer Laut' vmbsprang /

Hier rührt sein Unfall her / denn als er einmal kommen

Und in Celindens Hand ein lang Papier vernommen /

Beschwärtzt durch meine Brunst / erstarrt er vnd begehrt /

Zu wissen / welcher ihr so heissen Brief gewehrt /

Sie gibt zwar lachend vor doch zitternd im Gewissen:

Sie hätt' es Sylvien nechst auß der Faust gerissen /

Er zweiffelt vnd verbarg den Eifer der jhn nagt /[29]

Und noch dieselbte Stund auß jhrer Wohnung jagt.

Kaum war Marcellus fort als ich bey jhr erschienen:

Er wolte sich der Zeit zu seiner Spur bedienen

Vnd wie ich noch nicht recht beschritten jhr Gemach /

Kommt er von Zorn erhitzt mir auff der Ferschen nach.

Hilff Gott! wie haben wir vns alle drey befunden /

Die Zungen waren vns vor Grimm vnd Furcht gebunden.

Er fiel Celinden an / die Alabaster bleich /

Vnd plötzlich ward gefärbt durch seinen Backenstreich.

Eh' jhr noch warmes Blut vom Antlitz abgeflossen:

Kam seines durch mein Schwerdt auß seiner Brust geschossen /

Er taumelt vnd verging ich rieff Celind' auff / auff.

Hier ist nicht lange Frist: Wer leben wil der lauff:

Er / als wir in der Eil den besten Schmuck einpackten:

Vnd Gold / Geschmeid / vnd Stein in seidne Tücher stackten:

Erhub / wie schwach er war / sein sterbend Angesicht.

Vnd rieff mit schwacher Stimm: Ich bitt entweichet nicht

Cardenio ich wil dir meinen Tod verzeihen:

Wo du mir wilt dein Ohr vnd Faust vnd Beystand leihen /

Ich red ohn alle List: Komm fahre mich von hier

Ich schwere bey dem Thron deß Richters über mir

Daß ich auffs minste nicht durch Rache dich wil kräncken.

Ich suche nur mein End vnd Elend zu bedencken /

Ich bitte: Daß ich mich versöhnen kan mit Gott

Daß ich mein Hauß befrey von dem so herben Spott:

Als ob ich meinen Stand so schlecht in acht genommen

Daß ich sey durch ein Weib in diesem Ort vmbkommen:

Auch werdet jhr dadurch erlöst von Furcht vnd Flucht /

Wenn niemand meinen Tod von euren Händen sucht.

Siht jemand meine Wund' im Weg' vnd Hause bluten

Dem wil ich weil ich kan einpflantzen diß vermuten[30]

Ich sey durch frembde Feind vmbringet bey der Nacht /

Vnd durch dich auß der Noth zu meiner Wohnung bracht.

Ich bitte schlag nicht ab mein äusserstes begehren /

Komm führe mich von hier vnd von Celindes Zehren /

Vnd ließ auß meinem Blut wie groß jhr Vndanck sey:

Wie leicht jhr Wanckelmut! wie: Aber ich verzeih!

So viel / vnd lehnte sich an meine rechte Seiten.

PAMPHILIUS.

Vnd hast du dich erkühnt nach Hauß jhn zu begleiten.

CARDENIO.

Ich thats / als der mir selbst vnd meinem Leben gram!

Doch hilt er redlich Wort; als er ins Zimmer kam:

Vnd durch der Diener Fleiß entkleidet vnd geleget;

Hat sein der Artzt vmbsonst / wie weiß er auch / gepfleget:

Er schlug die Mittel auß: Vnd sucht in heisser Rew

Deß höchsten Königs Gunst vnd vnerschöpffte Trew.

Vnd gab den zweyten Tag den Geist in meinen Armen!

Nachdem er kurtz zuvor gerühmet mein erbarmen /

In aller Gegenwart; vnd so das Werck beschönt /

Daß anderwerts mich / jhn vnd sein Geschlecht verhönt.

PAMPHILIUS.

Ist diß Marcellus Fall! O heisser Durst der Ehren!

Den nicht die Rach-Lust kan vnd nicht der Tod versehren!

Der vor deß Feindes Angst / deß Himmels Ruh begehrt!

O Seele beßren Glücks vnd andren Abschieds werth.

CARDENIO.

Man glaub': Ich hab jhn offt geehrt mit meinen Threnen

Mit innerlicher Rew' vnd Kummer-vollem Sehnen!

Sein sterbendes Geberd' ermuntert mich die Nacht /

Vnd nimmt Celinden mir vnd alles auß der acht.

Ach wo verfiel ich hin: Wer bin ich vor gewesen!

Wer jetzt! wo werd' ich doch! wenn werd ich doch genesen!

Was stehst Olympie! was stehst du strenge mich![31]

Was hab ich auff gesetzt? Doch hat ein ander dich!

Auff! last vns denn von hier; du über-trew Gemüte!

Verzeihe daß ich noch mißbrauche deiner Güte

Verrichte was ich bat' vnd sey nach Mitternacht /

Wo meine Wohnung ist zu suchen mich bedacht.


Cardenio, Diener.


Geh werther Freund / geh hin / was ich dir noch verborgen;

Mein letztes Abscheid'-Stück entdecke dir der Morgen.

Die Reiß ist zwar bestimmt. Doch eh' ich komm ins Feld

Muß durch gerechten Zorn Lysander auß der Welt /

Ist diß mein Diener? Recht! wie? Hast du was vernommen?

DIENER.

Lysander wird gewiß noch diese Nacht ankommen:

Er ist nicht fern von hier / ich hab jhn selbst gesehn

Vnd rennt alsbald voran!

CARDENIO.

So ists vmb ihn geschehn.

Ich wil das falsche Blut vor morgen noch vergissen /

Vnd durch gewüntschte Rach ein langes Leid beschlissen

Der ist Olympie nicht deiner Liebe werth:

Der dich dem Rauber läst / dem du durch List beschert.


Reyen.


Der hohe Geist der in der Sterbligkeit /

Vnsterblich herrscht: Der seines Fleisches Kleid

Als eine Last / (so bald die Stunde schlägt

Die scheiden heist) gantz vnversehrt ablegt;


Der hohe Geist würd' alles was die Welt /

Was Lufft vnd See in jhren Schrancken hält /

Was künfftig noch / vnd was vorlängst geschehn;

Mit lachen nur vnd Miß-Preiß übersehn /
[32]

Dem Vogel Trotz! der in die Lufft sich schwingt

Ob schon der Schall der harten Donner klingt /

Vnd ob der Sonn' auff die er einig harrt /

Mit steiffem Aug sich wundert vnd erstarrt.


Der hohe Geist würd über alles gehn /

Vnd bey dem Thron der höchsten Weißheit stehn;

Wenn beyde Flügel jhm nicht fest gehemmt /

Vnd Füß vnd Leib mit schwerer Last beklemmt.


Alsbald er auff den Kreiß der Dinge trat

Erschrack der Fürst der zu gebitten hat

Der Vntern-Welt / der wenn er vmb sich blickt /

Neid / Haß vnd Grimm in vnser Licht außschickt.


Er schüttelte dreymal sein Schlangen-Har

Die Höll erbeb't; was vmb vnd vmb jhn war

Versanck in Furcht / die Glut schloß einen Ring

Als er entsteckt von heissem Zorn anfing;


Auff! Götter auff! die mit mir von dem Thron

Hieher gebannt: Es steht nach jener Kron

Die ich besaß / ein hoch-glückselig Bild

Das leider mehr bey seinem Schöpffer gilt!


Man ging zu Rath: Es ward ein Schluß erkist

Zu dämpffen was deß Menschen himmlisch ist /

Mit Macht vnd Trug! bald drungen auß der Nacht

Geitz / Hochmut / Angst / Einbildung / Wahn vnd Pracht.


Doch allen flog erhitzte Brunst zuvor

Die voll von List den Nahmen jhr erkor

Von steter Lieb' vnd vnter jhrem Schein

Die Hertzen nam mit Gifft vnd Gallen ein.
[33]

Ihr bot alsbald die Rach-Lust treue Hand

Die / leider! jetzt der allgemeine Tand

Auff dem Altar der tapffern Ehren ehrt /

Indem die Burg der Ehren wird zustört.


Die Rasereyen pochen was man schätzt /

Vnd heilges Recht auff festen Grund gesetzt;

Sie stecken Reich vnd Land mit Flammen an

Die auch kein Blut der Völcker dämpffen kan.


Sie färben See vnd Wellen Purpur-roth

Sie stürtzen Stül vnd Kronen in den Koth /

Vnd treten was auff Erden sterbens-frey

Vnd ewig / mit entweyhtem Fuß entzwey.


Sie reissen (ach!) deß Menschen reine Seel

Von jhrem Zweck in deß Verterbens Höl

Vnd ziehn / die den Gott gab den Himmel ein

Auß stiller Ruh / in jmmer-strenge Pein.

Quelle:
Andreas Gryphius: Cardenio und Celinde Oder Unglücklich Verliebete. Stuttgart 1968, S. 15-34.
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