Eben dergleichen

[116] Hier bringen wir die Jahr

In Ach und Seuffzen zu

Hier schmachtet deine Schaar

In Arbeit sonder Ruh:

Hier eilen wir durch Zeiten

O Herr der Ewigkeiten/

Nach jenem grossen Tag

Den weder Sonnen-Lauff noch Abend schliessen mag.


Was sag ich/ wir vergehn

In dem die Zeit verfällt;

Doch werden ewig stehn

Die über Zeit und Welt

Hertz Seel und Sinn erheben/

Und in der Zeit dir leben

Der du nach kurtzer Last

Uns immer stete Ruh und Lust versprochen hast.


Wol! wol! erhalt mich denn

Weil Zeit noch/ daß ich nicht

Hochirrend mich verrenn.

Gieb daß ich meine Pflicht[116]

Zu rechter Zeit ablege.

Herr segne meine Wege/

Entzünde mir dein Licht;

So fürcht ich nichts ob Tag und Sonne mir gebricht.


Ist höchster GOTT noch mehr

Zu bitten hier erlaubt/

So halt bey reiner Lehr

Was deinen Worten glaubt.

Bekehre was verkehret/

Ni i weg was uns beschweret/

Verleihe deiner Schaar

Nach so viel herber Angst ein lieblich Freuden-Jahr.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 3, Tübingen 1963, S. 116-117.
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