[78] Referenten und Urthels-Verfassere und Schreiber.

Referenten und Urthels-Verfassere und Schreiber betriegen 1) Wenn sie auf die von[78] dem Richter oder denen Partheyen eingelauffenen Neben-Recommendationes reflexion machen und dahero die wahre Beschaffenheit der Sache nicht einsehen noch vortragen. 2) Wenn sie den statum controversiæ nicht richtig formiren, oder bey Vortrag des Facti einige Haupt-Umstände mit Fleiß übergehen. 3) Wenn sie, damit sie ihren Privat-Geschäfften desto besser obliegen können, die Relationes viele Wochen verzögern und die aufliegenden Bothen mit grossen Kosten der Partheyen lange warten lassen. 4) Wenn sie die Sententien dunckel und zweiffelhafft abfassen, ja wohl über etliche Punckta gar nicht sprechen und hiemit zu wege bringen, daß der eine Theil leuteriren oder doch um eine Declaration ansuchen muß und sie dahero noch mehr dabey verdienen können. 5) Wenn sie ihre Vota nur nach denen in der Jugend eingesogenen Vorurtheilen abfassen. 6) Wenn sie in ihren Urthels-Verfassungen nur denen præjudiciis ihrer Vorfahren in diesen Schöppen-Stuhl oder Facultät nachgehen, ohnerachtet sie überzeugt, daß solche gantz irraisonable sind. 7) Wenn sie Urtheile um deswillen reformiren, weilen sie bey einer ihnen widrigen Universität eingeholet worden. 8) Wenn sie aus Wohlgewogenheit gegen einen Richter und wegen ehemahls mit ihme gepflogener Freundschafft seine schon reformirte Bescheide wieder confirmiren. 9) Wenn sie was collegialiter beschlossen worden, wiederum eigenmächtig ändern. 10) Wenn die Urthels-Schreiber mehr fordern, als ihnen von denen Urthels-Verfassern befohlen oder vorgeschrieben ist. 11) Wenn sie denen Bothen attestata geben,[79] daß sie so und so viel Tage hätten warten müssen, da sich doch die Sache in der Wahrheit nicht also verhält. 12) Wenn sie die Acten lange bey sich behalten und solche dem Referenten nicht zu rechter Zeit übergeben und also denen Partheyen nicht geringe Unkosten verursachen.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Fortgesetztes Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket werden, Dritte Edition, Coburg 1730, [Nachdruck Leipzig 1981], S. 78-80.
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