Zehnter Auftritt

[78] Frosch. Alfred. Später Rosalinde.


FROSCH. Herr Notar Blind, hier ist der Herr von Numero 12, der Sie zu sprechen wünscht!

ALFRED in Eisensteins Schlafrock und Kappe. Es ist aber niemand zu sehen.

FROSCH. Das ist auch unmöglich, denn der ist ja – Blind! Für sich. Verdammter Slibowitz! Ab.

ALFRED allein. Ich muß gestehen, mein Abenteuer fängt an, mich zu langweilen. Es ist bereits Tag, und, wie es scheint, kümmert sich kein Mensch um mich. Ist das der Lohn meiner Diskretion? Rosalinde tritt herein. Aber nein, ich bin nicht verlassen; die Himmlische kommt selbst, mich in meinem Kerker zu trösten. Fürwahr, das ist edel, das ist geradezu romantisch![78]

ROSALINDE. Hier ist von keiner Romantik die Rede! Hören Sie!

ALFRED. Ich höre.

ROSALINDE. Sie müssen so bald wie möglich fort von hier!

ALFRED. Ach ja, darum möchte ich auch bitten!

ROSALINDE. Mein Gatte kann jeden Augenblick hier erscheinen; er darf Sie nicht finden, am wenigsten in diesem Aufzuge!

ALFRED. Richtig, er könnte mir übelnehmen, daß ich seinen Schlafrock annektierte!

ROSALINDE. Er hat sich zwar unwürdig benommen, unverantwortlich ...

ALFRED. Ja, unverantwortlich, daß er mich so lange schmachten ließ in diesem Arreste!

ROSALINDE. Während er sich bei einem Souper des Prinzen Orlofsky amüsierte!

ALFRED. Bei meinem Prinzen! Oh, der Schlankel!

ROSALINDE. Aber nichtsdestoweniger ist meine Lage entsetzlich, und ich weiß mir keinen Rat.

ALFRED. Vielleicht weiß der Notar Rat, den ich mir eben herholen ließ.

ROSALINDE. Ein Notar!

ALFRED zur Tür blickend. Hier ist er schon!


Quelle:
Johann Strauß: Die Fledermaus. Text nach H. Meilhac und L. Halévy von C. Haffner und Richard Genée, Stuttgart 1976, S. 78-79.
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