Das XXXIX. Capitel.

Von Zorn / Neid / Eyfer / Mißgunst und Rachgier.

[440] Tres sunt regulæ juris naturalis:

bonestè vivere,

neminem lædere,

unicuique, suum tribuere.


Georgius Agricola der fürtreffliche Medicus, der erzürnete sich in einer Theologischen Disputation so hefftig / daß er drüber in ein hitziges Fieber fiel und starb. Impedit ira animum, ne possit cernere verum. Strig. pag. 234.


Der Zorn den Menschen also blend /

Daß er wedr guts noch böses kent /

Sich selbers auch und andre schänd.


Es gedenckt der H. Augustinus libr. 22. de Civ. Dei cap. 8. daß eine Mutter zu Cæsarea in Cappadocia einsten im hefftigen Grimm und Zorn / ihren sieben Söhnen und dreyen Töchtern hefftig gefluchet /darauff sie also bald in allen ihren Gliedern haben angefangen[441] zu zittern und zu beben / da sie endlichen vor Scham eines hie das andere dorten hinaus gelauffen im elend und armuth eine lange Zeit herumb gezogen / biß endlich einer davon namens Paulus mit seiner Schwester Palladia gen Hippon kommen / vor welche zwey Kinder eyferig zu Gott in der Kirchen zu Sanct Stephan gebeten / und durch Gottes Gnad der Straff in beyseyn deß H. Augustini und der Gemein sie wieder davon erlediget worden Sæpibus inclusit lingvam natura duabus.

König Matthias in Vngarn erzürnete sich auff eine Zeit so hefftig über seine Diener / daß sie ihm die frischen Feigen so er allererst aus Welschland überkommen hatte / verzehret hätten / daß er den Schlag darüber bekam und zur Erden sanck. Iræ remedium mora. Strig. pag. 802. & 234.

Als der Landgraff in Hessen / sich dem Keyser Carolo Qvinto auff unterhandlung Hertzog Moritzen und deß Churfürsten zu Brandeburg ergab / und der Keyser ihn ließ ins Gefängnüß legen / that es diesen zweyen Fürsten sehr weh / und griff der Fürst zu Brandenburg an seine Wehr im Zorn / und riß dieselbige halb heraus / steckte sie doch wieder nein / Hertzog Moritz aber sahe den Bischoff von Arras mit einem unfreundlichen Zornblick an / darüber der Bischoff viel sehrer erschrecken thät / als wenn ihm was anders begegnet wäre. Strig. pag. 241.[442]

Im Zorn geschicht viel böses / auch ist kein gemeinerer Wunsch im Zorn und Vngedult auff Erden / als daß vielmals die Leut ihnen den Tod am Halß wünschen / so doch gantz unrecht ist / und das hunderte mal nicht von Hertzen geht / und da es gleich von Hertzen gienge / wäre es doch nicht recht gethan.

Keyser Constantinus ließ die Klagschrifften der Bischoffe so bey ihm eingegeben waren / zu Nicea im Synodo ins Feuer werffen und verbrennen / ja er wolte sie gar nicht lesen. Chr. Carion.


Homo extræ corpus est suum, cùm irascitur.


Marcus der Römische Kriegs-Fürst als er auff eine Zeit in einem Gewölb gefangen gelegen / und der Mörder so zu ihm eingelassen worden ihn zu tödten solchen gesehen / hat er im Zorn ihm ein solches Gesicht gegeben / daß er darüber mit seinem blosen Schwerd entloffen. Inimica tenacius hærent. Barletius. Strig. pag. 60 & 243.


Der Zorn hindert eins Weisen muth /

Im Zorn weiß niemand was er thut /

Den Zorn mit fleiß gantz ernstlich meid /

Er kürtzt deß Menschen Lebn allezeit.


Der Scanderbeeg oder Fürst Georg in Epiro wenn derselbe mit den Türcken ein treffen thun wollen /[443] hat er sich vorher also hefftig erzürnet gehabt / daß ihm auch die Lippen sind auffgesprungen / und mildiglich Blut heraus gelauffen. Irato non est danda occasio nocendi. Strig.


Vince animos iramque tuam, qvi cætera vincis.


Es war vor Jahren ein Häuptman in Niederland der von Rose genand / von dem lieset man / so er ein treffen mit seinem Feind hat thun wollen / er sich darüber also ergrimmet / daß ihm sein Bart als ein Holtz erstarret. Strig. pag. 242.


Das ist fürwar ein weiser Mann /

So Zorn und Rach kan fahren lahn.


Athenodorus bittet den Keyser Augustum unterthenig / er wolle sich in seinem Zorn was moderiren, und keinen Abschied mehr ergehen lassen / er habe denn zuvor ein Griechisch Alphabet nach einander her erzehlt / solches hat dem Keyser so wol gefallen / daß er thn nicht von seinem Hoff hat weg lassen wollen. Strigenitius.


Frangitur ira gravis, si fit responsio svavis.


Als einsmals Keyser Augustus bey einem vornehmen Römischen Bürgern zu Gast aß / und dessen Diener ein köstlich Trinck-Geschirr zubrach / erzürnete[444] sich sein Herr also sehr darüber / daß er ihn deßwegen zum tode verurtheilete / der Keyser aber nahm sich seiner an / redete das beste darzu / und erhielte ihm also das leben. Errare humanum, sed perseverare diabolicum. Strigenitius.


Jeglicher Hader scheint erst klein /

Ohn einige Furcht arg zu seyn /

Ehe man sich aber recht ümbsieht /

Schrecklich Ding offt herausser bricht.


Als zu Corintho der Römer Legaten aus unvorsichtigkeit aus einem Hauß / als sie vorüber zogen / mit Wasser begossen wurden / habens ihre Herren vor eine grosse verachtung Schimpff und Spot auffgenommen / und im Zorn sich auch wider die Stadt in die Waffen begeben / und dieselbige in Grund verstöret. Si lædit qvod amas, hostem sapienter amabis. Strigenitius.

Man schreibet von dem Elephanten / daß er seinen Zorn fallen lässet / wenn er ein Lamb ansihet. Christen sollen dergleichen auch thun / und ihre zornige Affecten fallen lassen / wenn sie sich erinnern deß unschuldigen Lämblein Gottes.

Keyser Justinianus versties im Zorn den Kriegs-Helden Bellisarium / nahm ihm alle seine Gütter /also daß er letzlichen betteln muste. Rara fides hominum, qvia multi multa loqvuntur. Chron. Carion.[445]

In Illyrico oder Sclavonien sind Leute gefunden worden / die durch ihren gifftigen Zorn andere Leut erhitzen und vergifften können / daß sie darüber sterben müssen. Gellius.

So ein Weib in der Insel Creta iemanden beist oder kratzt im Zorn / so muß er deß todes seyn. Ut fragilis glacies interit ira morâ. Münsterus lib. 4. pagina 1285.

Anno Christi 1105. gibt Marggraff Heinrich zu Meissen und Lausnitz auff deß Schlosses Brücken dem Bischoff Benno eine Maulschellen / was geschihet / nach ausgang deß Jahrs Anno 1106. erscheinet er ihm eben daselbst / in einer erschrecklichen Gestalt nach seinem tod / daß der Marggraff hefftig erschrickt drüber sich entsetzte und endlichen gar auch starbe. Qvem superare potes, interdum vince ferendo. Faustus. pag. 319.


Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654, S. 440-446.
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