Morgenlied

[9] Im Ton: O höchster Gott, O unser lieber Herre.


1.

Das walte Gott, der uns auß lauter Gnaden

Erhalten hat für Leibs- und Seelenschaden.

Wir loben dich, weil deine Güt und Treu

Ist mit der Morgensonne wieder neu.


2.

Wir sind, O HERR! zu solchen Gnadengaben

Viel zu gering die wir empfangen haben:

Was soll mein Hertz dargegen legen dar

Als Lob und Danck auf deinen Brandaltar?


3.

Nim gnädig an das Opffer meiner Lippen,

Das ich dir gib' auf dieser Erden Klippen;

Entzünd in mir das Hertz mit deiner Brunst,

Auf daß ich stets empfinde deine Gunst.


4.

Weil ich noch hier auf Erden hab zu wallen,

So laß mich doch in keine Sünde fallen.

Gib, daß ich stets denck an deß Lebens End'

Und meinen Sinn nach deinem Willen wend'.


5.

Befihl, daß deiner Engel Schar mich leite

Und wider meine Feinde siegend streite;

Dann wann du dich nicht nimmest meiner an,

So weiß ich wohl, wie leicht ich irren kan.[9]


6.

Ach! sind für dir die Sperling' hoch geachtet,

Hast du die Zahl der kleinsten Haar betrachtet,

So wird bey dir auch nicht vergessen seyn,

Den du in deine Hand geschrieben ein.


7.

Laß deine Güt ob allen Frommen walten,

Du kanst sie wohl in Noht und Tod erhalten.

Regir vns, Herr, wir harren deiner Gnad

Und treten nun auff unsres Dienstes Pfad.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 9-10.
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