(XLVII.)

Der bestraffte Flucher.

[157] Bey allen Lastern ist eine Belustigung der Sinne /außgenommen bey dem fluchen und Gotteslästern /welches so viel erschröcklicher / als kein anders / weil dadurch der wolthätige Himmels-HErr unmittelbar beleidiget wird / der seine Sonne lässet auffgehen über Fromme und Böse / dessen Langmuth uns zur Busse leitet. Dieses Laster wird aus böser Gewonheit unvermerckter weise angenommen / daß man für keine Sünde hält / was die grosse Sünde ist / und mehr aus Unbedacht / als aus bösem Vorsatz die Entheiligung deß Namens Gottes über die Zungen springen lässet: deßweges aber nicht zu entschuldigen /sondern so viel mehr zu beschuldigen ist / und gewißlich nicht unbestrafft hingehet.

2. Die Frantzosen haben diese böse Art an ihnen /daß sie abscheulich / wegen deß geringsten Mißfallens fluchen / ja schertzweiß bey S. Peters Pantuffel /und der Jungf. Maria Schlaffhauben dieses und jenes betheuren. Dieses schändliche Laster[157] hatte auch an sich Guy / ein Pariser Kind / welchem sein Vater Antonian zugeordnet war / daß sie zu Orleans dem studiren nachsetzen / und in ihrer Eltern Fußstapffen tretten solten. Dieser Antonian vermahnte Guy / er solte doch den höchsten Gott mit seinem fluchen nicht so vorsätzlich erzörnen / wann er nicht in grosses Unheil kommen wolte. Guy nimmet die Vermahnung in guten auf / entschuldiget sich aber mit der bösen / und bey ihm bereit eingewurtzelten Gewonheit / er meine es deßwegen so böß nicht / und ist die Sünde / welche eine Gewohnheit worden / schwerlich zu meiden.

3. Nach dem dieses Guy Vater gestorben / und ihm der Zaum länger gelassen worden / hat er seiner Freyheit in allerley üppigkeit mißbraucht / darunter das Spielen die geringste: der Treuhertzigen Vermahnung aber seines Vättern war ihm gantz entfallen / und so offt ihm das Maul aufgegangen / hat er alle Reden mit ärgerlichen fluchen abscheulich gemachet / und die Erinnerung seines Vättern übel aufgenommen.

4. Als dieser Guy auf eine Zeit in dem Pallhaus spielet / und mit seinem Gegner über einen Streich streitet / wird bey den Zusehern / wie gebräuchlich /herumb gefragt. Inzwischen das Urtheil ergehet / vermeint Guy seine Sache gut zu machen / und lässet sich grausamer Wörter vernehmen / wie er Gott verleugnen wolte / wann er den Streich nicht gewonnen etc. Gott sol ihn straffen / und also bald eines jehen Todes sterben lassen etc.

5. Bevor nun der Ausspruch zu seinem Nachtheil geschiehet / leget er sich über die Galarie / als ob er einen Pallen nehmen wolte / und ist so bald starr todt / daß man kein Leben mehr an ihn spüren kunte. Es wurde aber beobachtet / daß er die letzten Wort noch nicht völlig außgeredet / als er dahin zu fallen angefangen.

6. Etliche haben sagen wollen / daß er ein Taschmesser bey sich getragen / mit welchem er sich in den Leib gestossen / damit er auff den Kirchhoff begraben /[158] und nicht als ein von Gott augenscheinlich gestraffter Flucher auf dem Schindacker hinaus geworffen wurde / welches der gantzen Freundschafft / noch mehr Spott zugezogen hette. Glaublicher aber ist /daß ihn der Gewalt Gottes gerühret / weil wißlich /daß man von einer so geringen Wunden nicht also bald zusterben pfleget / und daß das Häutlein über dem Hertzen nicht ohne grossen Schmertzen zerreisset.

7. Hieher schicket sich Salomons Spruch: Tod und Leben stehet in der Zungen Gewalt. »Irret nicht / sagt der Apostel / Gott läst sich nicht spotten / als welcher zu Mose gesagt: Führr den Flucher hinaus für das Lager / und laß alle / die es gehört haben / ihre Hände auf sein Haubt legen / und laß ihn die Gemeine steinigen / und sag den Kindern Israel: Welcher deß HErrn Namen lästert der sol deß Todes sterben. Daher vermahnet auch Syrach: Gewehne deinen Mund nicht zum schweren / und Gottes Namen vergeblich zuführen: Dann gleich wie ein Knecht der oft gesteupt wird nicht ohne Striemen ist: also kan auch der nicht rein von Sünden seyn / der oft schweret.«


8. Widerkehr.


1. Wie viel verderbt der Zungen Wort?

2. Sie ursacht manchen Meuchelmord /

3. Sie fährt den Menschen hier und dort /

4. Sie bringet Schaden fort und fort /

5. Und bleibet doch an ihrem Ort.

6. Sie ist der Krämer höchster Hort /

7. Und wenn sie ihnen wer verdort /

8. So solten sie nie seyn im Port.


8. Gott stürtzet manchen über Port /

7. Daß ihm im Tod die Zung verdort /

6. Weil er flucht seinem höchsten Hort.

5. Was hilft es dich an deinen Ort /

4. Wann du Gott schändest fort und fort?

3. Setzt dich in Jammer hier und dort /

2. Ja bringst dir selbst der Seelen Mord /

1. Bedenck deßwegen deine Wort.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 157-159.
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