Ein Lied vom Wein

[159] Vergessen hab ich im Lebensdrang

der Jugend lachende Lieder,

nun sitz ich allein auf der Zecherbank,

in den Römer starr ich hernieder ...

Nun sei du Wein meine Jugend!


Vergessen hab ich die Liebste mein,

schwer hab ich an ihr mich vergangen.

Erzähle mir wieder, du funkelnder Wein,

wie einst meine Lieder ihr klangen ...

Nun sei du Wein meine Liebe!


Vergessen die Heimath, wo Rosengesträuch

uns beide duftend umschlungen – –

Du gleissender Wein: die Gedanken verscheuch!

wie du oft meine Schmerzen bezwungen ...

Nun sei du Wein meine Heimath!

Quelle:
Otto Erich Hartleben: Meine Verse. Berlin 1905, S. 159-160.
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