Neunte Szene


[724] Der Kastellan tritt ein.


ALBRECHT zum Kastellan. Halt! Noch kein Wort, und ob die Welt unterginge! Ja, Agnes, wenn ich bei Gott aufhören soll, muß ich bei dir anfangen, es gibt für mich keinen anderen Weg zu ihm! Geht es dir nicht auch so?

AGNES. Und käme jetzt der Tod, ich dürfte nicht mehr sagen: Du kommst zu früh!

ALBRECHT preßt sie an sich. All unsre Wollust mündet in Gott, was unsre enge Brust nicht faßt, das flutet in die seinige hinüber, er ist nur glücklich, wenn wir selig sind, soll er nicht glücklich sein? Er küßt sie. Und zuweilen stößt er die Welle zurück, dann überströmt sie den Menschen, und er ist auf einmal dahin, wandelt im Paradiese und spürt keine Veränderung! Wenn das jetzt käme!

AGNES. Nicht weiter, nicht weiter!

ALBRECHT läßt sie los. Das war eine Stunde! Nun komme die zweite! – Was gibts?

KASTELLAN. Botschaft von Eurem Herrn Vater! Ritter Preising!

ALBRECHT. Hierher! Kastellan ab.

AGNES will gehen.

ALBRECHT. Nein! So ists nicht gemeint, daß ich dich verleugnen will! Bleib! Wie der dich ansieht, sieht mein Vater dich auch an. Da wissen wir gleich, wie's steht!

AGNES. Laß mich, mein Albrecht! Es treibt mich fort! Dies Sie deutet auf das Diadem. wäre Herausforderung![724]

ALBRECHT. So geh da hinein, da ist ja auch noch ein Gemach, nicht wahr? Dann bist du mit drei Schritten wieder bei mir!

AGNES ab.

ALBRECHT. Kommt nur, ich lasse mich finden!


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 1, München 1963, S. 724-725.
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