Herbstgefühl

[230] Grünen, Blühen, Duften, Glänzen,

Reichstes Leben ohne Gränzen,

Alles steigernd, nirgends stockend,

Selbst die kühnsten Wünsche lockend:


Ja, da kann ich wohl zerfließen,

Aber nimmermehr genießen;

Solche Flügel tragen weiter,

Als zur nächsten Kirschbaum-Leiter.[230]


Doch, wenn roth die Blätter fallen,

Kühl die Nebelhauche wallen,

Leis durchschauernd, nicht erfrischend,

In den warmen Wind sich mischend:


Dann vom Endlos-Ungeheuren

Flücht' ich gern zum Menschlich-Theuren,

Und in einer ersten Traube

Sieht die Frucht der Welt mein Glaube.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Sämtliche Werke. 1. Abteilung: Werke, Berlin [1911 ff], S. 230-231.
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