Welsche Sage

[345] Zu Turin, im alten Schlosse,

Sehen wir, aus Stein gemetzt,

Wie ein Weib mit einem Rosse

Sodomitisch sich ergötzt.
[345]

Und es heißt: daß jene Dame

Die erlauchte Mutter ward

Eines Fürstenstamms; der Same

Schlug fürwahr nicht aus der Art.


Ja, sie hatten alle wenig

Von der menschlichen Natur!

Und an jedem Sardenkönig

Merkte man die Pferdespur.


Stets brutal zugleich und blöde,

Stallgedanken, jammervoll,

Ein Gewieher ihre Rede,

Eine Bestie jeder Zoll.


Du allein, du des Geschlechtes

Letzter Sprößling, fühlst und denkst

Wie ein Mensch, und hast ein echtes

Christenherz, und bist kein Hengst.

Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 21972, S. 345-346.
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