12.

Georg Herwegh

[329] Mein Deutschland trank sich einen Zopf,

Und du, du glaubtest den Toasten!

Du glaubtest jedem Pfeifenkopf

Und seinen schwarzrotgoldnen Quasten.


Doch als der holde Rausch entwich,

Mein teurer Freund, du warst betroffen –

Das Volk wie katzenjämmerlich,

Das eben noch so schön besoffen!


Ein schimpfender Bedientenschwarm,

Und faule Äpfel statt der Kränze –

An jeder Seite ein Gendarm,

Erreichtest endlich du die Grenze.


Dort bleibst du stehn. Wehmut ergreift

Dich bei dem Anblick jener Pfähle,

Die wie das Zebra sind gestreift,

Und Seufzer dringen aus der Seele:


»Aranjuez, in deinem Sand,

Wie schnell die schönen Tage schwanden,[329]

Wo ich vor König Philipp stand

Und seinen uckermärk'schen Granden.


Er hat mir Beifall zugenickt,

Als ich gespielt den Marquis Posa;

In Versen hab ich ihn entzückt,

Doch ihm gefiel nicht meine Prosa.«


Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21972, S. 329-330.
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