Scena quarta.

[727] Vincentius Ladißlaus. Syluester. Valerius, etc.


VINCENTIUS LADISZLAUS machet den Brieff, in welchen ein Schnuptüch geleget, auff, siehet nach dem Nahmen, er nun Angelicam darinnen findet, küsset er den Brieff, schlegt an die Brust, hüpffet vor frewden auff, vnd spricht.

Angelica, O Angelica,

Du aller schönst Angelica.

SYLUESTER.

Herr Obrster, was sind das vor Brieff,

Die der Jung bracht, der jtzt her lieff?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Ewr Fürstliche Durchleuchtigkeit,

Weiß was wir nur vor kurtzer zeit,

Vertrawter Sach geredet han,

Itzt kömpt vns nu die antwort an,

Die Sach hat nu ein richtign Gang,

Wir sagn Ewr Gnadn zum höchsten danck,

Vnd schickt vns diß Schnuptuch hiebey

Zum zeichen jhrer Lieb vnd trew.


Küsset das Schnuptuch.


SYLUESTER.

So bin ich nicht vmbsonst da gwesn,

Last mich doch auch den Brieff durchlesn.

VINCENTIUS LADISZLAUS lißt den Brieff, repetirt etliche mal jhren Namen vnd spricht.

Angelica, O Angelica,

Du aller schönst Angelica.


Er schlegt an die Brust hüpfet wie ein Affe, vnd stelt sich gar manierlich an.


SYLUESTER.

Was Gott zusammen füget wol,

Solches der Mensch nicht scheiden sol,

Wir wollen hier nicht lang zu machn,

Sondern bald greiffen zu den Sachn,[727]

Wenn das Eisn warm ist in der Glut,

So ist es noch zu schmieden gut,

Ich wolt das jhr die Braut hier hett,

Das sie nur würd gesetzt ins Bett,

Ich will euch lassn anrichtn heut,

Ein kurtz vnd lustige Hochzeit,

Kompt nur dieweil ins Zimmer mit mir,

Biß man das Bett macht fertig hier.


Syluester gehet abe, vnd im weggehen spricht.


VINCENTIUS LADISZLAUS.

Domine Valeri, seht jhr

Wir sind nu wol gewesen hier,

Wir habn die schön Angelicam

Allhier erworbn, von Edlem Stamm,

Vnd nun wil sichs nicht andrs gebürn,

Weil wir sie solln von hinnen führn

Das wir ein Frewdenmal richten an,

Drumb geht flugs hin, vnd last alls stan,

Bestelts wie jhr köndt auff das best,

Damit wenn auff den Abnd die Gest,

Mit vnsr geliebten Braut einkamn,

Wie jr jtzundt hier habt vernamn,

Das alles fertig sey vollauff,

Last nichts nicht mangeln am ein kauff,

Es koste vns gleich was es woll,

Am einkauff jo nichts mangeln soll.

VALERIUS.

Edler, Ehrnvester Juncker mein,

Ich wils bestellen bald vnd fein,

Wünsch ewr Ehrnvest von Gottes wegn,

Zu diesem Standt, glück, heil vnd segn.


Gehen abe. Immittelst wird musicirt.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 727-728.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Goldoni, Carlo

Der Diener zweier Herren. (Il servitore di due padroni)

Der Diener zweier Herren. (Il servitore di due padroni)

Die Prosakomödie um das Doppelspiel des Dieners Truffaldino, der »dumm und schlau zugleich« ist, ist Goldonis erfolgreichstes Bühnenwerk und darf als Höhepunkt der Commedia dell’arte gelten.

44 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon