Vorbericht zur ersten Auflage

[7] Es ist eine Lust, in den italienischen Bibliotheken herumzuwühlen: man spürt auch in den geringern zuweilen unbekannte Handschriften auf. Ob ich an dieser, von welcher ich hier die getreue Übersetzung liefre, einen guten oder schlechten Fund getan habe, mag jeder Leser für sich bestimmen. Ich entdeckte sie bei Cajeta in einer verfallnen Villa, die auf einer reizenden Anhöhe den zaubrischen Meerbusen beherrscht, unter alten Büchern und Papieren, als ich mit einem jungen Römer, während er die Verlassenschaft seines Oheims in Besitz nahm, einen glücklichen Herbst dort zubrachte.

Sollte verschiednen, wegen Ferne des Landes und der Zeit, einiges dunkel oder zu gelehrt vorkommen, so können sie solches bequem überschlagen und sich bloß an den Faden der Begebenheiten halten; in der Natur selbst müssen die Weisesten manches so vorbeigehn.

Vielleicht findet mein Freund noch anderswo das übrige der Geschichte; aus Familiennachrichten scheint hier Fiordimona, die man darin kennenlernen wird, ihre Tage beschlossen zu haben.

Der Verfasser setzt seiner Schrift folgende Fabel vor, um sinnlich zu machen, daß auch das Nützlichste unschuldigerweise schädlich sein kann:

›Ein wächserner Hausgötze, den man außer acht gelassen hatte, stand neben einem Feuer, worin edle campanische Gefäße gehärtet wurden, und fing an zu schmelzen.‹

Er beklagte sich bitterlich bei dem Elemente. ›Sieh,‹ sprach er, ›wie grausam du gegen mich verfährst! Jenen gibst du Dauer, und mich zerstörst du!‹

Das Feuer aber antwortete: ›Beklage dich vielmehr über deine Natur; denn ich, was mich betrifft, bin überall Feuer.‹

Geschrieben im Dezember 1785.
[7]

Bei der neuen Auflage dieses Werks ist zu erinnern, daß es 1785 fertig war. Einige Jahre nach Erscheinung desselben haben sich Begebenheiten zugetragen, die der Herausgeber, so plötzlich, nicht ahnden konnte. Man betrachte also manches nicht gegen ihn aus dem verrückten Gesichtspunkte. Auch hat er Gedanken, darin zerstreut, in spätern berühmten Schriften angetroffen; einen und den andern, seiner Meinung nach, zu weit getrieben.

Er will sich hiermit nur von dem vielleicht sonst künftigen Vorwurfe befreien, daß er sie daraus genommen habe; und weiß wohl, daß mehrere über gleiche Gegenstände ähnlich und gleich empfinden und urteilen können.

Eine Menge Druckfehler, die ein Nachdrucker häßlich vermehrte, sind ausgemerzt und einige Stellen ergänzt und berichtigt worden.

Und nun, Ardinghello, überlaß ich dich deinem Schicksal. Unter welschem Himmel erzeugt und in teutschem Wind und Wetter aufgewachsen, magst du darin bestehen oder vergehen.[8]

Quelle:
Wilhelm Heinse: Ardinghello und die glückseligen Inseln, Leipzig 51961, S. 7-9.
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