[Was ist von deinem Lieben]

[167] Was ist von deinem Lieben,

Von Lust und heitrem Schmerz,

Was ist dir noch geblieben,

Sag an, mein armes Herz?


Ach, für mein selig Lieben,

Für Freud' und süßen Schmerz,

Ist mir nichts übrig blieben

Als Leid und bittrer Schmerz.


Was blieb für deine Treue,

Was blieb vom schönen Wahn,

Ob sie dich auch gereue,

Du armes Herz, sag an?


Für meine stille Treue,

Für meinen süßen Wahn

Blieb mir die bittre Reue:

Wollt' einen Schatten fahn.


So willst du alles lassen,

Willst fühllos sein wie Stein,

Da mußt du fliehn, mußt hassen,

Und mußt kein Herz mehr sein.


Ach, nimmer kann ich lassen

Den Schmerz, die liebe Pein,

Ich kann nicht fliehn, nicht hassen,

Will mich an Tränen freun.


Quelle:
Frank Spiecker: Luise Hensel als Dichterin. Evanston 1936, S. 167-168.
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