Dritter Auftritt.

[176] Käsperle, hernach Günther von Schwarzenau.


KÄSPERLE. Ja – geht nur! was einmal der Böse in seinen Krallen hat, das läßt er nicht so leicht wieder aus. – Aber! was soll ich jetzt anfangen? – Günther tritt ein, bleibt an der Thüre stehen. Ich bin nur froh, daß Jedermann weiß, daß ich kein Courage hab.[176]

GÜNTHER kommt hervor. Da sagst du Wahrheit!

KÄSPERLE fängt an zu zittern, fällt auf die Knie, schließt die Augen zu. O weh! o weh! der Geist meines Herrn! Ach, Gnade, Barmherzigkeit! ich will ja alles bekennen.

GÜNTHER. Bist du von Sinnen, Kerl! was ist mit dir geschehen? So red' doch, Käsperle!

KÄSPERLE. Ach – du lieber Gott! nein! ich heiß nicht Käsperle – ich bin nicht der Käsperle – ich bin –

GÜNTHER. Sonderbar! Dein Gesicht straft dich Lügen!

KÄSPERLE. Der liebe Himmel weiß, warum ich dem Kerl gleich sehen muß. Für sich. Wenn ich mich nur dießmal in einen Affen oder so was umwandeln könnt.

GÜNTHER. Steh auf! du mußt mich nach Wien begleiten! hörst du, Käsperle!

KÄSPERLE immer noch mit geschlossenen Augen. Ihr hört's ja, daß ich der Käsperle nicht bin – so laßt mich nur mit Fried.

GÜNTHER. Wer bist du denn, Schurke!

KÄSPERLE. Ich – ich bin – ich bin ein Ritter aus dem Mohrenland, ich – ich heiß – Besinnt sich. g'strenger Herr! glaubt's mir, ich hab den verdammten Kerl gar nicht kennt, der sich Käsperle nennt, und der euer vormahliger Schildknappe war.

GÜNTHER. Mein vormahliger, sagst du?

KÄSPERLE. Nun freylich – denn ich denk doch, an dem Ort, wo ihr jetzt seyd, werdet ihr wohl keinen Schildknappen mehr brauchen.

GÜNTHER. So öfne nur deine Augen, und blick mich an, Narr!

KÄSPERLE. Ey ja wohl – das laß ich bleiben. Ich kann keinem Geist ins Gesicht sehen.

GÜNTHER. Geist! Für sich. Was muß denn dem Kerl im Kopf herumspucken. Laut. Jetzt steh auf, und sieh mich an, oder du sollst die Schwere meines Armes fühlen. Legt die Hand an das Schwert.

KÄSPERLE blickt etwas auf. Es – es ist wahr – nicht anders, als wenn er leibhaftig vor mir stände. Stotternd. Seyd – seyd ihr denn wirklich kein Geist, g'strenger Herr!

GÜNTHER. Wer berichtete dich denn mit einer so dummen Mähre? Greife mich an, und du wirst dich von meinem Daseyn überzeugen.

KÄSPERLE fühlt ihn an. Richtig, Fleisch und Bein wie unser eins – [177] Steht auf. Aber – um Vergebung, edler Herr! hat euch denn nicht auf der Stauffenburg der Böse – geholt?

GÜNTHER packt ihn am Hals. Schurke! noch einmal so eine Frage, und ich durchbohre dich in dem Augenblick!

KÄSPERLE schreyt. Zu Hülfe! – zu Hülfe! er hat mich schon am Kragen!


Quelle:
Die romantisch-komischen Volksmärchen. Leipzig 1936, S. 176-178.
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