Sechster Auftritt.

[209] Herberge. Ritter Eckard. Veit.


VEIT. Ihr hier, Herr Ritter! nun wäre die Sache einmal in Richtigkeit.

ECKARD. Was für eine Sache?

VEIT. Mit meiner Tochter. Sie soll in's Himmelsnahmen heurathen.

ECKARD. Ich wünsche ihr Glück.

VEIT. Was will ich auch machen? Wenn der Vogel flick ist, will er fliegen – und wenn das Mädchen erwachsen ist, will sie einen Mann. Das Beste ist also, der Vater willigt ein, sonst geräth sie auf Nebenwege, und dabey wird das Mädel geprellt.

ECKARD. Ihr sprecht gewiß aus Erfahrung.

VEIT. Traun! könntet fast Recht haben. 21 Jahre war ich verheurathet, nun bin ich schon 6 Jahre Wittwer – dürft mir glauben, Herr Ritter! hab' in meinem Wittwenstand oft manche Anfechtung zu bezwingen gehabt.

ECKHARD. Ha, ha, ha! – wäre das möglich!

VEIT. Ja – ja – und wer weiß, was jetzt geschieht, da mir der Bube die Dirne wegnimmt. – Werd's nicht allein so aushalten können.

ECKARD. Ihr seyd ja schon bey Jahren.

VEIT. Ha, ha, ha! aber immer noch in dem Alter, wo man ein Weiblein mit Ehren heimführen kann, ohne ausgelacht zu werden.


Lied.


Kein Alter ist von Liebe frey,

Die Wahrheit ist zwar nimmer neu.

Mit Kindern spielet schon die Liebe,

Sie fühlen tändelnd dunkle Triebe,

Und fliegt dem Jüngling Woll an's Kinn,

So schielt er schon nach Mädchen hin.


Kaum, daß der Frühling zwölfmal blüht,

Ist schon des Mädchens Herz entglüht.

Die Liebe röthet ihre Wangen,

Sie fühlt ein Hangen und Verlangen –[209]

So bald sie spinnen, kochen kann,

So wünscht sie sich schon einen Mann.


Der Liebe Macht ist wunderlich,

Sie zeigt sogar im Alter sich;

Ein Greiß liebt noch den Kuß von Schönen,

Läßt sich von Mädchen gern bedienen.

Vom Steckenpferd zum Knotenstab,

Folgt uns die Liebe bis ins Grab.


Ab.


Quelle:
Die romantisch-komischen Volksmärchen. Leipzig 1936, S. 209-210.
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