Dem deutschen Volk

[46] 1841


Deutschland, o zerrissen Herz,

Das zu Ende bald geschlagen,

Nur um dich noch will ich klagen,

Und in einer Brust von Erz

Schweigend meinen kleinen Schmerz,

Meinen kleinen Jammer tragen,

Vaterland, um dich nur klagen.


Lustig grünt dein Nadelholz,

Lustig rauschen deine Eichen;

In den neununddreißig Reichen

Fehlt ein einzig Körnchen Golds:

Freier Bürger hoher Stolz

Fehlt im Lande sondergleichen,

In den neununddreißig Reichen.


Wenn ein Sänger für dich focht,

Wenn ein Mann ein Schwert geschwungen,

Hast du scheu nur mitgesungen,

Hast du schüchtern mitgepocht;

Und man hat dich unterjocht,

Hat dich in den Staub gezwungen,

Weil du gar so still gesungen.


Ihr beweinet's und bereut's –

Und das nennt ihr deutsche Treue?

Laßt die Tränen, laßt die Reue,

Soll nicht einst der Enkel Teuts

Sterben an der Zwietracht Kreuz,

Kämpf' und handle, Volk, aufs neue,

Denn der Teufel ist die Reue!
[46]

Tritt in deiner Fürsten Reihn!

Sprich: die neununddreißig Lappen

Sollen wieder besser klappen

Und ein Heldenpurpur sein;

Ein Reich, wie ein Sonnenschein!

Ein Herz, ein Volk und ein Wappen!

Helf' uns Gott – so soll es klappen!


Quelle:
Herweghs Werke in drei Teilen. Band 1, Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart [1909], S. 46-47.
Lizenz:
Kategorien: